Papstbesuch 2011 in Berlin-Erfurt-Freiburg

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fraences
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Papstbesuch 2011 in Berlin-Erfurt-Freiburg

Beitrag von fraences »

Da ich grad in Freiburg war und dort die Stimmung wahrgenommen habe, die geprägt ist von genervten Städten.

Aus Sicherheitsgründen werden Kanaldeckel zugeschweißt, die Fenster müssen in den Strassen, wo der Papamobil (http://www.autobild.de/artikel/mercedes ... 03198.html ) lang fährt geschlossen bleiben, AB A5 wird gesperrt; das Messegelände weiträumig abgeschirmt, nicht zu vergessen, das der Papstbesuch 30 Millionen kostet. (Allein für Freiburg 13 Millionen):

Ein Taxifahrer ironisch: ”Es feht nur noch das Auslegen der Strassen mit einem roten Teppich.Ich werde am Wochenende auf jeden Fall nicht in Freiburg sein."

Zum aktuellen Anlaß folgendes Interview:

Vor dem Besuch von Benedikt XVI.
"Die Leute werden kaum zuhören"


David Berger war ein Shootingstar im Vatikan - bis er sich als homosexuell outete. Im stern.de-Interview kritisiert er Weltfremdheit und Demokratiefeindlichkeit des deutschen Papstes.

Herr Berger, begrüßen Sie den Besuch des Papstes in Deutschland?

Ich habe nichts dagegen, dass der Papst die Katholiken in Deutschland besucht. Problematisch ist, dass es zugleich ein Staatsbesuch ist.

Warum? Weil er deswegen auch im Bundestag sprechen kann?

Der Auftritt im Bundestag geht weit über kirchliche Anliegen hinaus. Das ist eine PR-Aktion für den Vatikan. Ich frage mich, wie das ideell zu begründen ist. Der Bundestag gründet seine Existenz auf ein klares Bekenntnis zur Demokratie. Der Papst hat die Demokratie und die offene Gesellschaft mehrfach als "Diktatur des Relativismus" bezeichnet - und stattdessen die "Diktatur der Wahrheit" gefordert.

Warum darf er trotzdem sprechen?

Weil es politisch eine Win-Win-Situation ist. Er bekommt die große Bühne, dafür dürfen sich katholische Abgeordnete in seinem Glanz sonnen.

Wenn der Papst als Staatsoberhaupt verstanden werden soll: Wie würden Sie seine Herrschaft im Vatikanstaat beschreiben?


Als absolute Monarchie. Der Papst steht über allem, herrscht über alles, auch über das Kirchenrecht. Es gibt so gut wie keine demokratischen Elemente, mal abgesehen von der Papstwahl - bei der Kardinäle votieren, die der Vorgänger ernannt hat.

Hat der Papst in Deutschland eigentlich noch eine politische Schutzmacht mit Ausnahme der "Bild"-Zeitung? Selbst die CSU hat die Schwulenehe inzwischen abgenickt.

So ist es. Wenn es um konkrete Fragen geht, sind die allerwenigsten Politiker mit dem Papst einverstanden. Sie werden nach seiner Rede applaudieren, aber keine Konsequenzen ziehen. Diese Haltung ist auch unter jungen Leuten verbreitet. Fragt man sie auf dem Weltjugendtag, ob sie ihr Leben danach ausrichten, was der Papst sagt - kein Sex vor der Ehe, keine künstlichen Verhütungsmittel -, antworten sie zu 90 Prozent: Nein, natürlich nicht. Das ist für uns auch nicht so wichtig. Was zählt, ist das Zusammensein im Glauben.

Heißt das: Niemand nimmt den Papst mehr so richtig ernst?

Das ist der Punkt. Das hat einerseits mit den lebensfernen Ansichten zu tun. Andererseits hat der Papst auch viel Glaubwürdigkeit verspielt, denken Sie nur an die Rehabilitation des Holocaust-Leugners Richard Williamson. Das hat zur Folge, dass die Leute kaum noch zuhören, selbst wenn der Papst etwas Sinnvolles, Wichtiges sagt, beispielsweise zum überbordenden Materialismus im 21. Jahrhundert.

In seinem "Wort zum Sonntag" in der ARD hat der Papst über Gotteserkenntnis gesprochen, aber keine Silbe zu aktuellen Fragen gesagt. Ist die katholische Kirche unter Benedikt XVI, alles in allem, aus der Zeit gefallen?

Eindeutig. Es ist nicht zu übersehen, dass Benedikt XVI und seine Getreuen die Fühlung für das, was Menschen bewegt, verloren haben. Der Papst vertritt Positionen des 19. Jahrhunderts, die keiner mehr versteht.

Sie meinen zum Beispiel den Zölibat?

Den Zölibat, die Rolle der Frau, der Umgang mit Homosexualität. Der Nuntius des Papstes hat vor den Vereinten Nationen gefordert, es müsse weiter möglich sein, Homosexualität zu kriminalisieren - und das zu einem Zeitpunkt, da die Regierung in Uganda darüber nachgedacht hat, die Todessstrafe für Homosexuelle wieder einzuführen. Für solche Haltungen gibt es in der freien Welt kein Verständnis.

Was soll die Reise durch Deutschland bezwecken?

Der Vatikan weiß natürlich, dass die Katholische Kirche wegen des Missbrauchsskandals im vergangenen Jahr viel verloren hat: Glaubwürdigkeit, Spenden, Mitglieder. Da die deutsche katholische Kirche eine der finanzkräftigsten weltweit ist, kann man sie nicht kampflos aufgeben. Und was ist die Antwort? Eine große Show, es sollen jubelnde Menschen zu sehen sein. Das müssen übrigens nicht einmal Deutsche sein. Es ist bekannt, dass für die Messe im Berliner Olympia-Stadion systematisch unter katholischen Polen geworben wurde. Damit sie auch kommen, hat der Vatikan im Eiltempo Johannes Paul II selig gesprochen. Das hat Benedikts Popularität in Polen natürlich gesteigert.

Glauben Sie, dass mit Papst Benedikt XVI. die konservative Ära im Vatikan endet?

Nein. Jeder im Vatikan, mit dem ich darüber gesprochen habe, sagt das Gegenteil. Der nächste Papst wird wahrscheinlich aus Lateinamerika oder Afrika kommen. Er wird zwar in der Außendarstellung moderner sein, aber in moraltheologischen und sozialen Fragen noch konservativer als der jetzige Papst. Dafür hat Benedikt XVI. gesorgt. Sie müssen sich nur anschauen, welche Macht das ultrakonservative Opus Dei unter seinem Pontifikat gewonnen hat. Es gibt kaum noch einen Bischofsstuhl, der nicht mit einem Sympathisanten oder Mitglied des Opus Dei besetzt wird. Bei den Kardinälen sieht es nicht viel anders aus. Es wäre schon ein Wunder, wenn unter diesen Bedingungen ein Liberaler Papst werden könnte.

Was hält der Priesternachwuchs davon?

Die Alten kennen wenigstens noch die Zeiten des reformfreudigen Zweiten Vatikanischen Konzils. Die junge Garde nicht. Sie ist bewusst konservativ bis sehr konservativ und kokettiert sogar damit. Sie weiß, dass sie mit dieser Haltung Karriere machen kann.

Wird sich der Papst zumindest offensiv mit den Missbrauchsopfern in Deutschland auseinandersetzen?

Ich hoffe, dass er den Skandal öffentlich anspricht. Und er hat ja bereits angekündigt, dass er sich mit Missbrauchsopfern treffen wird. Ich kann aber auch verstehen, wenn Missbrauchsopfer das ablehnen, weil sie sich ein zweites Mal - durch Instrumentalisierung - missbraucht fühlen. Die katholische Kirche arbeitet inzwischen zwar enger mit den Strafverfolgungsbehörden zusammen, hat aber strukturell gar nichts verändert. An den Ursachen - das Zölibat, die weltfremde Ausbildung von Priestern, die Abwesenheit von Frauen, die Kirche als esoterische Parallelgesellschaft - will der Papst um keinen Preis rühren. Das ist für Missbrauchsopfer bitter.


http://mobil.stern.de/op/stern/de/ct/de ... /?mobile=1
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Beitrag von ehemaliger_User »

Und wer macht die Kanaldeckel nachher wieder auf? Wer entschädigt die Geschäfte?

Der ganze Sicherheitswahn soll doch nur die Macht zeigen - sonst nichts.

Komisch, ich höre keine Forderung "Die Katholiken sollen den Polizeieinsatz bezahlen" - so wie in Stuttgart immer wieder die Forderung an die S21-Demonstranten erhoben wird.

In einer Stadt wie Berlin mit über 60 % konfessionslosen Einwohnern ist die Diskrepanz noch viel extremer.

Ich denke, es wird höchste Zeit, dass in Deutschland endgültig die Trennung zwischen Staat und Kirche vollzogen wird. Die diplomatischen Beziehungen zum Vatikanstaat würde ich beenden, die Anerkennung als Staat ebenfalls. Schliesslich gibt es ja keine echte Staatsbürgerschaft.

Damit könnten auch künftige Werbeauftritte des Papstes im Bundestag unterbunden werden.

Verstösst nicht der Staat Vatikanstadt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention?

Mit welchem Anspruch hat der "Heilige Stuhl" ständigen Beobachterstatus bei den Vereinigten Nationen? Gilt das auch für andere Religionen?
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Robby
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Beitrag von Robby »

na,na,na
nicht so kritisch
freut euch doch

IHR SEID PAPST !!


schöne grüße aus österreich
robby

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Marc of Frankfurt
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Papst-Cam

Beitrag von Marc of Frankfurt »


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Beitrag von friederike »

Ich war bei der Papst-Messe im Olympiastadion und habe auch die Bundestagsrede gehört. Beides waren grossartige Erlebnisse. Die Bundestagsrede war ein Meisterstück - wahrscheinlich für die allermeisten Abgeordneten (vor allem für Ströbele & Co.) eher zu schwierig. Aber hier spricht einer, der den Gedankenstrom von zweieinhalbtausend Jahren Europa verarbeitet.

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fraences
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Beitrag von fraences »

Ja, Frederike,

die Parlamentsrede hat mir soweit ich es hier im den Artikel nachlesen konnte, auch gefallen:

Parlamentsrede

Papst Benedikt XVI. redet Politikern ins Gewissen


"In seiner rund 30-minütigen philosophisch geprägten Rede über die Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaats sagte der Heilige Vater im Bundestag, letzter Maßstab eines Politikers für seine Arbeit dürfe „nicht der Erfolg und schon gar nicht materieller Gewinn sein. Der Erfolg ist dem Maßstab der Gerechtigkeit, dem Willen zum Recht und dem Verstehen für das Recht untergeordnet.“ Die Politik müsse „Mühen um Gerechtigkeit sein und so die Grundvoraussetzung für Frieden schaffen“. Er erinnerte an die Zeit des Nationalsozialismus, der den Staat zum Instrument der Rechtszerstörung gemacht habe."

"Die Papstrede erhielt viele positive Reaktionen: Unionsfraktionschef Volker Kauder sagte, die Ansprache habe deutlich gemacht, „dass wir uns immer wieder fragen müssen: Was sind die wahren Grundlagen für unsere Entscheidungen?“ SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte: „Wer hingehört hat, konnte hören, dass es die Aufgabe an Politiker ist, Regeln zu setzen.“ Linke-Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte, dass der Papst sich nicht über Krieg und Frieden sowie die zunehmende Armut ausgelassen habe. "


http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell ... issen.html
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Beitrag von Aoife »

Schwierige Frage ... und im gemischtgläubigen Deutschland vielleicht aus gewohnter Toleranz unterbewertet.

Unter traditionell katholischen Iren ("ich bin gut katholisch - ich weiß wo die Kirche ist") fällt es uns offensichtlich sehr viel schwerer da zwischen Pabst-Show und stattfindendem und stattgefunden habendendem Mißbrauch (insbesondere von Kindern, aber auch in den Magdalene laundries) zu trennen, mit dem Ergebnis, dass die meisten meiner Freunde bezweifeln, dass der Papst überhaupt katholisch ist.

Auch wenn die Frage, ob Irish Americans uns Luftunterstützung geben werden, wenn wir den Vatikan besetzen und die Kunstschätze zum Wohle der Armen auf ebay versteigern nicht unbedingt einen unmittelbaren militärischen Schlag ankündigt, so zeigt sie doch eine sehr viel kritischere Einstellung auf, als ich sie in Deutschland erkennen kann.

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von fraences »

Liebe Aoife,

wobei mir die Gespräche mit den Freiburgern schon sehr überrascht hat.

Nicht ein Einziger mit dem ich sprach, befürwortete den Papstbesuch in ihrer Stadt, im Gegenteil sie hielten die Sicherheitsmassnahmen und die Kosten für völlig überzogen und sagten mit dem Geld könnte man viel Besseres und Sinnvolles für die Not in die Welt tun.
Für eine sehr traditionelle, erzbischöfliche Stadt ( alle Fakulitäten sind hier erzkatholischer Ursprung)sehr erstaunlich-

Liebe Grüße, Fraences
(
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Beitrag von ehemaliger_User »

Zur Parlementsrede fiel mir spontan der Satz "vor der eigenen Türe kehren" ein.

Wie sagte er so schön: "Aber dass in den Grundfragen des Rechts, in denen es um die Würde des Menschen und der Menschheit geht, das Mehrheitsprinzip nicht ausreicht, ist offenkundig" - aber kein Wort darüber, warum das Kirchenrecht die Menschenrechte teilweise mit Füssen tritt.

Den Papst im Bundestag reden zu lassen verträgt sich meiner Meinung nach nicht mit der weltanschaulichen Neutralität des Staates.
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Beitrag von fraences »

Das der Papst zu diesen Worte findet und sie grad im Bundestag ausspricht, zeigt die Realität und die Notwendigkeit auf in den wir mit den Politiker sind.
Finde da steckt schon eine gute Potion Ironie drin.

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Beitrag von friederike »

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ehemaliger_User hat geschrieben:... warum das Kirchenrecht die Menschenrechte teilweise mit Füssen tritt.
Ehrlich?
ehemaliger_User hat geschrieben:Den Papst im Bundestag reden zu lassen verträgt sich meiner Meinung nach nicht mit der weltanschaulichen Neutralität des Staates.
Warum das eigentlich? Der Staat ist auch parteipolitisch neutral - gleichwohl reden dort sehr häufig Parteipolitiker. Der Bundestag tut gut daran, mit Leuten im Gespräch zu stehen, die etwas zu sagen haben. Das haben sie heute wirklich getan, die Rede hatte Substanz (beispielsweise die Auseinandersetzung mit Hans Kelsen, die zu denken gibt).

Man kann nicht auf der einen Seite "Europa" betonen und auf der anderen Seite die kulturellen Wurzeln ignorieren wollen, die uns mit unseren Nachbarn verbinden. Und zu diesem historischen Humus gehört die katholische Denktradition dazu - und der Papst hat heute aus einer abendländischen Sicht gesprochen, nicht mit einer rein katholischen Brille.

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Beitrag von Aoife »

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fraences hat geschrieben:LFür eine sehr traditionelle, erzbischöfliche Stadt ( alle Fakulitäten sind hier erzkatholischer Ursprung)sehr erstaunlich-
Ganz klar, liebe Fraences, auch in Deutschland gibt es durchaus kritische Stimmen die sich durch das *wir* sind Papst nicht mundtot machen lassen, aber das scheint mir (ev. kulturell bedingt?) nur eher oberflächliches Intellektualisieren zu sein ... wobei ich gerne zugebe (und mich mit Bewertungen ja auch bewußt zurückhalte) dass das für deutsche Verhätnisse möglicherweise dem Zweifel am katholisch-Sein des sog. Papstes durchaus entsprechen könnte.

Also ich weiß einfach nicht, ob die Pabstkritik hierzulande möglicherweise ebenso grundlegnd ist wie wir es mit weit eindeutigeren Worten praktizieren ... aber es wäre schön, wenn es so wäre.

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Beitrag von Aoife »

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friederike hat geschrieben:Und zu diesem historischen Humus gehört die katholische Denktradition dazu - und der Papst hat heute aus einer abendländischen Sicht gesprochen, nicht mit einer rein katholischen Brille.
Auch wenn jedem klar sei dürfte, dass ich da anders denke - oder vielmehr gerade darum:

Vielen Dank Friederike für deine papbstpositiven Einwände ... oder wie ich andernorts immer wieder betone: Ich bin nicht dominant, das sind einfach diese O'Neill Gene :002 wir brauchen verschiedene Meinungen, und gerade da hier relative Einstimmigkeit herrscht möchte ich mich bei dir, liebe Friederike, für deine andere Einstellung bedanken!

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Papstbesuch 2011 in Berlin-Erfurt-Freiburg

Beitrag von friederike »

Lieben Dank ':002'!

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Marc of Frankfurt
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Dokumentation

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Papst Rede


25 min

Teil 1 (2)
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=YUREBdEMsWY[/youtube]

Redetext: http://charismatismus.wordpress.com/201 ... 22-9-2011/





Presseecho und Kritiken:
  • Theologe und sein Studienkollege Prof. Hans Küng:

    In der Rolle des Rechtsgelehrten hat der Papst seine kontroversen Positionen versteckt.
    Die Rede war abgehoben, nicht fürs Deutsche Volk, nichteinmal für die meisten Abgeordneten.
    Er hat die Ökologiebewegung für seine Zwecke instrumentalisiert.
    Natur ist vorgegeben und mache sittliche Normen ableitbar behauptet die kirchliche Naturrechtslehre. Aus dem Naturrecht wird daher die strenge Sexualmoral abgeleitet (Verbote: Verhütung, Abtreibung, Homosexualität, Ehebruch, Wiederheirat Geschiedener, Sexarbeit...).
    Das ist im Grunde überholt.
    Der Papst macht es wie der Geheimdienstmann Putin und hat das Personal in seinem Umkreis völlig ausgetauscht.
    Er kommt daher wie der letzte Vetreter des Absolutismus.
    www.radioeins.de/programm/programmbeitr ... estag.html
  • www.faz.net/artikel/C32826/kommentar-di ... 91103.html
  • Kath. Fundamentalisten (Katholiban): www.kreuz.net/article.13945.html
  • www.evangelisch.de/themen/religion/gen% ... werte48837
  • Marc: Der römische Papst und die wilden Skyten-Horden

    Der Papst formuliert ausländerfeindlich über die Skyten [heute Kasachstan]: "...wo Unrecht Gesetz ist..."
    Ob es da um eine alte auf Mißverständnissen beruhende Streitigkeit zwischen christlicher Kirche und jüdischem König Aschkenas geht, kann ich nicht beurteilen, sehe aber Anknüpfungspunkte im Recht der modernen Eigentumsökonomie (Kredit-/Schuldgeldsystem).

    Bei dem Reitervolk der Skyten hatte nur derjenige Sozialprästige und Bürgerrechte, der Vieh besaß. Andererseits gab es bei den Nichtsesshaften noch keine Landwirtschaft und kein Grundeigentum d.h. Natur und ökologische Frage waren sozialistisch-kollektivistische Allmende. Vieles war somit anders als bei den antiken Griechen. Die kannten Eigentum aber hatten dafür auch das Recht auf Mundraub.

    Sozialisten sagen "Eigentum ist Diebstahl" und die Bankster, die nach der Finanzkrise mit 'to big to fail' ganze Staatskassen leergeräumt haben, geben neuen Grund diese Interpretation zu durchdenken. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) wäre da ein christlich-caritativer Weg im Sinne der päpstlichen frohen Botschaft "Deus caritas est".

    BGE-Postkartenaktion:
    https://fbcdn-sphotos-a.akamaihd.net/hp ... 8651_n.jpg
  • David Berger

    Der Papst hat den "Naturrechtsbegriff" wieder aufgefrischt. Damit kann er weiterhin erklären, dass Homosexualität widernatürlich und die Unterordnung der Frau gegeben sei. "Es hat mich gewundert, wie viele Angeordnete geklatscht haben", sagt Berger, der selbst lange als katholischer Theologe für den Vatikan gearbeitet hat und nach seinem Outing alle Ämter aufgeben musste.
  • Demo: Keine Macht den Dogmen

    15.000 demonstrierten friedlich
    www.berlin.lsvd.de/cms/index.php?option ... &Itemid=80
    www.sueddeutsche.de/politik/papst-demo- ... -1.1147889
    https://fbcdn-sphotos-a.akamaihd.net/hp ... 5527_n.jpg
    www.derPapstkommt.de
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 27.09.2011, 18:18, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von ehemaliger_User »

Was ist dann mit dem Vergleich, in der Gesellschaft gäbe es "gute und schlechte Fische, Unkraut und Weizen"? Wer hat das Recht, Menschen als Unkraut zu bezeichnen?

Der Papst fordert mehr Gelassenheit und Toleranz. Damit kann er aber nicht seine eigene Organisation meinen. Warum werden sonst katholische Mitarbeiter in Kliniken etc. gekündigt, die nach einer Scheidung wieder heiraten?

Vielleicht meinte Woelki, als er von Berlin als "Stadt der Martyrer" redete, die Überfriffe in Berliner Jesuitenschulen?

@Friederike
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Marc of Frankfurt
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Trennung von Staat-Kirche in Gefahr?

Beitrag von Marc of Frankfurt »

„Eine brandgefährliche Rede“

Kommentar von David Berger zur Rede des Papstes im Deutschen Bundestag



Veröffentlicht: 27.09.2011

Dr. theol. habil. David Berger, früher Herausgeber der Zeitschrift „Theologisches“ mit einer Professur an der Päpstlichen Akademie des Heiligen Thomas von Aquin, kommentiert die Rede des Papstes im Deutschen Bundestag
:


„Die Rede Papst Benedikts XVI. im Bundestag hat quer durch fast alle Parteien und Medien sehr schnell großen Zuspruch gefunden. Man zeigte sich erleichtert, dass der Papst nicht durch antisemitische, homophobe oder frauenfeindliche Thesen aufgefallen und ganz im akademisch-ruhigen Ton theoretischer Erwägungen geblieben ist.


Auf der Basis dieser Erleichterung blieb eine kritische Sicht auf die vom Papst in den Mittelpunkt gestellte klassische Naturrechtslehre weithin aus oder sie wurde gar völlig falsch als Plädoyer für die ökologische Bewegung interpretiert.


Die Rede war alles andere als das. Sie war eine große Apologie [Verteidigungsrede, Rechtfertigung] für das klassische, vormoderne Naturrecht, das die Basis aller politischen Entscheidungen sein muss – und zwar jenseits aller demokratischen Meinungsfindung.


Dabei wurde bewusst mit dem sehr weiten Begriff des Naturrechts gespielt, der – wie der Begriff “Natur” auch – äußerst dehnbar ist. So ist allbekannt, dass etwa das antike Naturrecht, dass der Papst hoch leben lässt, die Sklaverei als im Naturrecht verankert sieht.

Dass diese mittelalterlich-frühneuzeitliche Naturrechtslehre, die heute kein ernst zu nehmender Wissenschaftler mehr vertritt, für Benedikt die wichtigste Argumentationsbasis in fast allen heiß umstrittenen Fragen ist, hat offensichtlich keiner bemerkt: die Minderbewertung der Frau in der Kirche, die Ächtung der Homosexuellen, die Verteufelung der künstlichen Verhütungsmittel usw. So wird besonders im Bereich der Homosexualität vom Papst und anderen kirchlichen Dokumenten immer wieder deren Widernatürlichkeit unterstrichen. [Bei Sexarbeit und Prostitution genauso. Anm.]

Die Berufung auf das Naturrecht bildet sogar die Basis nicht mehr nur praktizierte Homosexualität, sondern sogar die Veranlagung strikt abzulehnen: Schon die homosexuelle Veranlagung ist für den Papst etwas, was gegen die von Gott ursprünglich gewollte Natur steht (Licht der Welt, 180).

Dass diese in staatlichen Zusammenhängen nicht mit der Bibel, sondern mit dem Naturrecht begründet wird, macht die Sache umso gefährlicher. Denn dieses vom Papst postulierte Naturrecht ist nicht demokratischen Abstimmungen anheim gegeben und völlig unabhängig von religiösen Bekenntnissen. Es bindet alle Menschen und Völker aller Zeiten vor jeder demokratischen Abstimmung.

Wo ein Staat sich nicht an diese von Benedikt favorisierte Rechtsbasis hält und z.B. gleiche Recht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften einführt, wird er zur “Räuberbande” (Benedikt zitiert hier Augustinus).

Das Naturrecht bildet die ideologische Basis für den Vatikan, auf der er auf völkerrechtlichen Konferenzen mit Staaten wie Saudi-Arabien und dem Iran eng zusammen arbeitet, um dort einen Abbau von Frauen, Religionskritiker und Homosexuelle diskriminierenden Gesetzen zu verhindern.

Wenn man diese Zusammenhänge bedenkt, die sich eindeutig aus dem gesamten Denken Benedikts und den Interventionen des Vatikans in den letzten Jahren in gesellschaftlichen Fragen ergeben, ist man sehr verwundert, wie positiv diese Rede auch von jenen aufgenommen wurde, die seit vielen Jahren eben jene menschenverachtenden Aktionen des “Heiligen Stuhls” hart kritisieren.“


http://derpapstkommt.lsvd.de/?p=1303





.

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Marc of Frankfurt
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Energische Papstkritikerin

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bild
Prof. theol. Uta Ranke-Heinemann


"Die frohe Botschaft der Bordelle"

"Den männlichen Prostituierten Kondome erlaubt"


Radiointerview:
www.radioeins.de/programm/sendungen/mod ... g_bei.html




___
Als Stricher/Callboy/male sex worker kann ich im Gegensatz zu Prof. Uta Ranke-Heinemann eine "frohe Botschaft der Bordelle" beim röm. Papst nicht erkennen.

Kondome zu verwenden ist für sexuell aktive Menschen bereits privat und bei unbezahltem Vergnügen eine gesunde Selbstverständlichkeit. Es bedurfte für mich im Sexarbeiter-Job nicht der Legitimation durch sein Buch "Licht der Welt".

M.E. ist die Bewertung der Prostitution durch Rom genauso falsch und verlogen wie die der Homosexualität oder des Naturrechts. Die Kirche vermischt ständig freiwillige Sexarbeit und (informelle) Migration mit Ausbeutungsverhältnissen wie sog. Zwangsprostitution, Menschenhandel, Sexsklaverei. Die Stimme der Sexworker wird systematisch unterdrückt.

Doch intensive polizeiliche Aufklärungsarbeit der letzten Jahre belegt, dass sich unter den geschätzten 200-400.000 Sexworkern in Deutschland, die täglich Millionen Sexdienstleistungen vermarkten, nur wenige Opfer im Promillebereich existieren:

Zeitreihe der abgeschlossenen Menschenhandels-Verdachtsfälle (victims - Opfer) in den letzten Jahre mit steigender öffentlicher Sensibilität und vermehrten Polizei-Kontrollen d.h. teilweise menschenverachtenden und stigmatisierenden Bordell-Razzien. Quelle: BKA
2002 -- 811 victims (Prostitutionsgesetz ProstG eingeführt)
2003 - 1235 victims
2004 -- 972 victims
2005 -- 642 victims
2006 -- 775 victims
2007 -- 689 victims
2008 -- 676 victims
2009 -- 710 victims.

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Re: Trennung von Staat-Kirche in Gefahr?

Beitrag von Aoife »

Leider ist diese Kritik an der Papstrede nicht weniger brandgefährlich als die Papstrede selbst:

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:Denn dieses vom Papst postulierte Naturrecht ist nicht demokratischen Abstimmungen anheim gegeben und völlig unabhängig von religiösen Bekenntnissen. Es bindet alle Menschen und Völker aller Zeiten vor jeder demokratischen Abstimmung.
Die Gefahr liegt im ersten Wort des Zitats: Denn

Hier wird ganz unterschwellig und in der Verkleidung eines logischen Diskurses der Faschismus idealisiert. Durchaus wohl auch Sinne der Papstrede, so das Rede und "Kritik" den Eindruck einer good cop - bad cop - Strategie erwecken.

Nicht Naturrecht ist falsch, nicht "demokratische" Meinungsfindung und totalitäre Durchsetzung dieser Meinung sind gut, sondern der Papst lügt schlichtweg, wenn er die Perversionen einiger Theologen als "Naturrecht" ausgibt.

Homosexualität ist ebensowenig wie Prostitution unnatürlich, und der Versuch dess Herrn Berger diejenigen, die nicht strengkatholisch genug glauben um Menschenrechtsverletzungen der Kirche unhinterfragt zu schlucken für "demokratisch legitimierte" Menschenrechtsverletzungen zu gewinnen ist kaum zu übersehen. Selbstverständlich existiert ein Naturrecht, und dass der Begriff vom sog. Papst in schändlicher Weise mißbraucht wird sollte niemanden dazu veranlassen auf sein naturgegebenes Recht zu verzichten und sich der Diktatur gewählter "Volksvertreter" zu unterwerfen.

Vielleicht ist es an dieser Stelle notwendig, auf die grundlegende Philosophie der Demokratie einzugehen. Die Anerkennung von Mehrheitsentscheidungen beruht auf der Überlegung dass absulute Wahrheit kein Mensch postulieren kann und somit wenigstens die Mehrheit zufriedengestellt werden sollte, es geht also darum, dass eine prinzipiell unbeweisbare und praktisch möglicherweise falsche "Wahrheit" möglichst wenig Schaden anrichten soll.

An sich wohl ein ehrenwerter Ansatz, aber an welchem Weltbild müssen Menschen leiden, die "möglichst wenig Schaden" für das absolute Optimum halten? Somit muß jeder, der nicht grundpessimistisch eingestellt ist zunächst einmal ein Naturrecht akzeptieren, das es jedem Menschen erlaubt möglichst gut und glücklich zu leben, demokratische Entscheidungen sind nur dort zulässig, wo es Konflikte gleichwertiger Naturrechtsgüter gibt.

Und da tritt nun ein "Papst" auf, der unter hypothetischen Vorstellungen was für die Zeit nach unserem Tod wohl das Beste wäre ein teils überliefertes, teils aus eigenen Unzulänglichkeiten zusammengebasteltes "Naturrecht" behauptet, das in der Natur, nämlich dem Streben des Menschen nach Wohlergehen, keinerlei Wurzel hat.

Und ja, ich schreibe absolut bewußt dass das auch aus eigenen Unzulänglichkeiten des Menschen "Papst" stammt, die Behauptung von Herrn Berger dieses Weltbild sie "mittelalterlich und frühneuzeitlich" stellt eine völlig unangemessene Verunglimpfung des Mittelalters dar, praktisch alles an der katholischen Kirche, einschließlich ihrer "Geschichtsschreibung" (also IHRER Darstellung des Mittelalters) ist rein neuzeitlich!

Es macht also absolut keinen Sinn päpstliches "Natur"recht gegen "moderne" Demokratie zu diskutieren, sondern es muß darum gehen, dem Menschen, der trotz aller Körperlichkeit doch zuallererst ein psychisches Wesen ist das "psychologische Naturrecht" zuzugestehen:

Pervers ist was Opfer schafft, alles Andere ist Normal."

Und während Kirchen und Demokratien gerne darüber streiten können, wer von beiden perverser ist, sollten vernünftige Leute sich vom einem so wenig wie vom anderen instrumentalisieren lassen - dazu auch noch zu völlig sachfremden Zwecken, denn weder Kirche noch demokratischen Politikern geht es um die Menschen ... es geht ausschließlich um Kapital und seine Erträge.

So, das mußte jetzt mal raus :002

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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Marc of Frankfurt
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Theologen zum Papstbesuch

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Benedikt XVI. besucht Deutschland

Mit der Arroganz des Vatikans



25.09.2011,
Ein Gastbeitrag von Friedhelm Hengsbach

Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ.,
74, einer der renommiertesten Sozialethiker Deutschlands. Der Jesuit hat Philosophie und später Theologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Zwischen 1992 und 2006 leitete er das Oswald-von-Nell-Breuning-Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik und lehrte an der Universität der Jesuiten St. Georgen in Frankfurt am Main. Mittlerweile lebt Hengsbach in Ludwigshafen und gehört der Jesuitengemeinschaft im dortigen Heinrich-Pesch-Haus an.



Papst Benedikt XVI hat im Bundestag eine vielbeachtete Rede gehalten. Aber gehörte sie an diesen Ort?
Nein - sagt der Jesuit und Sozialethiker Friedhelm Hengsbach. Sie sei eine Provokation.

[...]

Wenn es um Fragen der Menschenwürde geht, reicht das Mehrheitsprinzip als Maßstab ebenso wenig aus wie der Rückgriff auf religiöse Normen.

Dem gegenüber nennt der Papst Natur und Vernunft als die allgemein verbindlichen Rechtsquellen, die in der schöpferischen Vernunft Gottes gründen. Sie sind in die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und in das Grundgesetz der Bundesrepublik eingeflossen.

[...]

Gehört eine solche Rede in den Deutschen Bundestag?
Es gibt gute Gründe, diese Frage zu verneinen, finde ich.

Als wer oder was spricht der Papst zu den Abgeordneten, die sich religiös und weltanschaulich plural orientieren?
Als Landsmann, der an seiner Heimat und seinem Vaterlands Anteil nimmt?
Als Bischof von Rom und höchster Amtsträger der katholischen Kirche?
Oder als Staatschef eines anachronistischen Territoriums, der nicht einmal die europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet hat?

Der aus dem Turmfenster gleiches Recht für Frauen predigt, es den katholischen Frauen innerhalb der Kirchenmauern verweigert?


Auch inhaltlich provoziert die Rede einige Einwände. Dem Metaphysiker aus Rom ist die Ableitung von Vorschriften aus der Erkenntnis von Sachverhalten nicht problematisch, selbst zeitnahe Rechts- und Sozialphilosophen fechten ihn nicht an.

Den Begriff der Natur verwendet er doppeldeutig:
Mal meint er die natürliche Umwelt,
mal den Kern des Menschseins,
mal die gerechte Ordnung einer Gesellschaft.


Was bedeutet der Satz: "Die Erde hat eine Würde in sich"?
Will er bestreiten, dass Menschen die einzigen Subjekte moralischer Urteilsbildung sind?
Oder will nur darauf hinweisen, dass alle Lebewesen als objektive Zwecke zu respektieren sind?

Unterstellt die Zauberformel: "Ökologie des Menschen" einen beliebigen Naturalismus, der biosomatische Erklärungen zur Rechtfertigung einer patriarchalen Sexualmoral missbraucht?

Wer soll definieren, was die Natur des Menschen ist, was den Menschen zum Menschen macht? Kein außenstehender Beobachter kann die Gerechtigkeit einer pluralen Gesellschaft situationsfern buchstabieren. Gerechtigkeit muss in öffentlicher Auseinandersetzung und Verständigung gesucht werden.

Die Menschenrechtsideen und ihre Realisierung aus dem christlichen Schöpferglauben abzuleiten, gelingt wohl nur mit Hilfe einer Geschichtsklitterei, die den erbitterten kirchlichen Widerstand verklärt.

Und schließlich: Ich nehme nicht an, dass der Papst mit dem Hinweis auf die gewachsene Identität Europas die religiös nicht musikalischen Abgeordneten oder die an Gott glaubenden Muslime von dem Europa im Werden ausschließen wollte.


www.sueddeutsche.de/politik/benedikt-xv ... -1.1148909




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Mit Bibelworten die Homosexuellen ausrotten:

Eine Katastrophen-Nachlese von Prof. Dr. Uta Ranke-Heinemann



Zeittafel der Homosexuellenverfolgung durch die röm. kath. Kirche:

10. bis 6. Jahrhundert vor Christus:
Altes Testament 3. Buch Mose 20: "Wenn ein Mann bei einem Mann liegt wie man bei einer Frau liegt, sollen sie getötet werden."

ca. 60 nach Christus:
1. Korintherbrief 6,9 von Apostel Paulus: "Die Knabenschänder/Homosexuellen werden das Reich Gottes nicht erben." Das griechische Wort arsen-o-koites (männlicher Beischläfer) ist falsch mit Knapbenschänder übersetzt. Für die Deutschen Christen gilt bis heute Homosexualität = Knabenschändung [vergleichbar auch die ähnlich falsche propagandistische Gleichsetzung vieler Christen: Prostitution = Menschenhandel/Zuhälterei].

390 nach Christus:
Kaiser Theodosius der Große, Codex Theodosianus 9,7,6: "alle Homosexuellen sind zu verbrennen", größtes antikes Blutbad mit 7.000 Toten im Zirkus Maximus von Thessalonike nach Volksaufstand um homosexuellen Wagenlenker.

1532:
Gerichtsordnung Kaiser Karl V. im heiligen Römischen Reich (HRR inkl. Deutschland und Österreich): "Wenn ein Mann mit einem Mann, eine Frau mit einer Frau Unkeusches treibt, soll man sie der allgemeinen Gewohnheit nach mit dem Feuer vom Leben zum Tod richten" (Artikel 116).

1581:
Bericht über portugiesische Homosexuellenbruderschaft in der Kirche Saint Jean an der Porta Latina in Rom. Montaigne berichtet 8 oder 9 dieser Bruderschaft seien auf Veranlassung der Inquisition verbrannt worden.

1586:
Papst Sixtus V. läßt einen Prister verbrennen und den mißbrauchten/verführten Knaben gleich mit.

1750:
Paris, Place de Grève (Hôtel de Ville/Rathausplatz): letzte bekannte Verbrennung von Homosexuellen (Sodomiter) in Europa.

1991:
Weltkatechismus editiert von Kardinal Ratzinger. Regel Nr. 2357: "es sei besser, die eigenen Töchter zur Vergewaltigung preiszugeben als homosexuelle Akte zuzulassen."

Auch heute noch:
Ermordungen, Steinigungen z.B. in USA durch bibeltreue Protestanten und in muslimischen Ländern...


Ihre Bücher:
- Eunuchen für das Himmelreich, Katholische Kirche und
Sexualität,
25. erweiterte Auflage, HeyneTaschenbuch 2008
- Nein und Amen. Mein Abschied vom traditionellen Christentum,
HeyneTaschenbuch 2011


Heute treffen sich die katholischen Bischöfe in Fulda, um die Papstaussagen zu diskutieren.


Zeittafel der modernen Schwulenbewegung:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=102888#102888

Zeittafel der modernen Sexworkerbewegung:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=4508&start=82