29.9.2014
Prostitution während des Oktoberfests 2014
After-Wiesn: Sex! - Der AZ-Bordell-Report
Wenn die Zelte auf der Wiesn schließen, geht es in den Clubs und Bars erst los. Auch in den Bordellen der Stadt herrscht Hochbetrieb. Die AZ hat sich dort mal umgeschaut.
München - Weiß-blaue Wimpelketten hängen vor den rotlackierten Wänden, von der verspiegelten Decke baumeln hellblaue Papierfächer. Ein bisschen bayerisches Flair inmitten von rotem Lack und Leder. Es ist 23 Uhr, die großen Wiesn-Zelte haben gerade geschlossen. Wenn sich die Theresienwiese leert, beginnt in Münchens ältestem Bordell, dem Leierkasten, die Rush-Hour.
"Du merkst einfach, dass mehr los ist in der Stadt. Vor allem an den Wochenenden wird s hier richtig voll. Die wollen hier noch ein bisschen weiterfeiern" Olaf G. (Name geändert) betreibt den Leierkasten, erst im Juni ist er nach einer Großsanierung neu eröffnet worden (AZ berichtete). Es ist die erste Wiesn im neuen Laden. Das Geschäft brummt.
Der tätowierte Hüne sitzt in seinem Büro im Erdgeschoss des Bordells. Die Musik aus der Bar schallt dumpf herüber. Immer wieder geht die Tür auf. Frauen kommen herein, holen Mülltüten und Küchentücher. Auf einem großen Monitor verfolgt der Betreiber das Geschehen im Leierkasten: Kameras überwachen Flure und die Bar.
Es läuft erst an. Eine Frau im Bikini tanzt an einer der Stangen. Im Flur schwankt ein Mann in Lederhose bedrohlich, einzig die Wand hinter ihm verhindert, dass er umkippt. "Die kommen schon noch", sagt G.. Er wird recht behalten.
Das Geschäft mit dem After-Wiesn-Sex ist lukrativ.
Prostituierte aus dem ganzen Bundesgebiet und dem Ausland reisen an, um während der Wiesn in München zu arbeiten, sagt Polizeisprecher Werner Kraus. "Wir schätzen, dass die Zahl der Prostituierten in den zwei Oktoberfestwochen um 70 bis 100 Prozent steigt", sagt Kraus. Genau könne man es gar nicht sagen.
Wer nur während der Wiesn in München arbeiten will, bekommt im Leierkasten kein Zimmer. Es gibt schlicht keinen Platz. Knapp 40 Frauen arbeiten im Leierkasten - alle selbstständig, alle freiwillig und bei der Polizei registriert, heißt es. "Bei uns geht jede, die anfängt erst mal zur Sitte", sagt Betreiber Olaf G.. Erst dann kann sie eines der 38 Zimmer im Leierkasten auf Tagesbasis mieten und bekommt einen Zimmerschlüssel an einem langen roten Schlüsselband mit dem Schriftzug des Bordells ausgehändigt. Es ist eine Absicherung für ihn. Wenn die Polizei sagt, es sei alles in Ordnung, dann werde das ja auch so sein. Dass sein Haus sauber sei, darauf legt er großen Wert.
Groß geändert haben sie im Leierkasten nichts für die Wiesn. Das Oktoberfest ist ein Selbstläufer. Ein bisschen Deko und an den Wochenenden Freibier an der Bar. "Wiesnbier natürlich", sagt der Betreiber. Viel trinken die meisten Besucher hier ohnehin nicht mehr. Wer nach der Wiesn hier anstrandet, hat meist schon die ein oder andere Maß intus. "Wir reinigen die Toiletten jede Stunde, das ist auch notwendig", sagt Olaf G..
In den zwei oberen Stockwerken liegen die Zimmer. Die Bodenfliesen glänzen frisch poliert, die Wände des schmalen Gangs sind rot gestrichen. Vor den Zimmern sitzen Frauen auf Barhockern. Die Beine übereinandergeschlagen warten sie auf Freier. Neben den Zimmertüren hängen kleine Bildschirme. Wechselnde Fotos zeigen die aktuelle Mieterin des jeweiligen Zimmers: in Strapsen, oben ohne, mal von der Seite, mal von vorne. Manche Frauen haben ihre Gesichter auf den Bildern verpixelt.
Gleich am Anfang des Gangs liegt Michelles Zimmer. Das breite Bett füllt den Raum fast aus. Auf dem Nachttisch stehen mehrere Flaschen Babyöl griffbereit, ein Paar Handschellen liegt auf der dünnen Matratze.
Michelle ist zierlich, die dunklen Haare fallen offen auf ihre nackten Schultern. In ihrer Arbeitskleidung sitzt sie auf dem Bett. Unterwäsche, sehr knapp, mit viel Spitze - wie bei den meisten hier. Dass sie über 40 ist, sieht man ihr nicht an. 20 Jahre sei sie schon im Geschäft, erzählt sie. Dieses Jahr sei es ihr siebtes Oktoberfest.
Sie entschuldigt sich für den Geruch im Zimmer. Ein Bote hat gerade Essen geliefert, viel Zeit dafür hat sie nicht. Ihre Tage während der Wiesn sind lang: "Ich fange so gegen halb zehn an und arbeite bis morgens, zwischendurch ein paar Stunden Schlaf." Gut doppelt so viele Freier habe sie während der Wiesn.
Es ist kurz nach Mitternacht. An ihrer geöffneten Tür laufen immer mehr Männer vorbei, schauen kurz rein und gehen weiter zum nächsten Zimmer. Viele der Freier tragen Tracht an diesem Abend - auch die Touristen, berichtet Michelle. In den vergangenen Tagen hatte sie Kunden aus Kanada, Finnland, Schweden und Italien. Für die wird die neue Lederhose dann nach ein paar Maß auch mal zum Hindernis, erzählt sie. "Die Träger und die Knöpfe, alles nicht so einfach wenn die betrunken sind."
Der Pegel ist schon viel höher während der Wiesn. "Es gibt schon auch Besoffene, die laufen oben durch die Gänge und klopfen an die Türen", erzählt G. - richtig Ärger mit betrunkenen Freiern gebe es aber selten, man setzt auf Deeskalation. Für den Fall, dass eine der Frauen auf ihrem Zimmer Probleme mit einem Freier bekommt, ist in jedem Zimmer ein Notknopf neben dem Bett angebracht. Wird der gedrückt, ertönt im Büro ein Alarm, auf einem kleinen Monitor erscheint die Zimmernummer und einer der Security-Mitarbeiter eilt zur Hilfe. Genutzt werde der Knopf zum Glück nur selten, heißt es im Leierkasten.
"Viele sagen auch: Weißt du, ich bin eh betrunken, lass uns ein bisschen reden. Gestern hab ich drei Mal nix gemacht", erzählt Michelle. Bezahlen müssen die Männer dann trotzdem.
Zeit ist Geld - während der Wiesn erst recht.
Polizeisprecher Werner Kraus hat selbst lange bei der Sitte gearbeitet. Dass betrunkene Freier nur reden wollen, ist nicht die Regel. "Wenn der Alkoholpegel steigt, ist oft auch das Aggressionspotenzial erhöht - betrunkene Freier, die randalieren oder gewalttätig werden, gibt es immer wieder", sagt Kraus. Für anschaffende Frauen, die auf sich allein gestellt sind und nicht in einem Bordell oder Laufhaus mit Security arbeiten, wird es dann schnell gefährlich.
1 Uhr. Die Bar im Leierkasten ist voll. Dicht gedrängt stehen Männer von Anfang 20 bis deutlich über 60 an der Bar. Viele Trachtler, nur die wenigsten sind alleine gekommen. Dazwischen stehen leicht bekleidete Frauen, die Schlüssel zu ihren Zimmern griffbereit. Aus den Boxen dröhnt lauter Elektro, zwei Italiener in Lederhosen probieren es mit schreien.
Hier finden Sie alle News rund um das Oktoberfest 2014
In der Mitte der Bar tanzt eine junge Frau, sie trägt Hotpants und ein knappes Bikini-Oberteil. Sie zwinkert einer Gruppe von Trachtlern zu, die prosten, noch etwas schüchtern, mit Bierflaschen zurück. Das rote Schlüsselband hat sie um ihr Handgelenk gewickelt. Es dauert noch ein bisserl, bis es zum Einsatz kommt.
Auf dem Parkplatz halten die Taxis im Minutentakt. Erst im Morgengrauen werden die Letzten den Leierkasten verlassen. Ein oder zwei Stunden nur wird geschlossen und geputzt – dann beginnt hier der nächste Wiesn-Sause.
http://www.abendzeitung-muenchen.de/inh ... ce00d.html
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.