Razzia-Blog (Sammelthema)

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

#61

Beitrag von Lycisca »

Hanna hat geschrieben:Problem der Steuerehrlichkeit bzw. des Kondomzwangs in Bayern.
In D ist die Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und dem Bundesfinanzhof in München durchdrungen vom Menschenrechtschutz.

1.) D ist Mitglied bei der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Darüber hinaus garantiert die Verfassung die Achtung der Menschenwürde und die daraus abgeleiteten sehr weitgehenden Schutz- und Abwehrrechte. Weiter zählt die Konvention nach Art 6 Abs 2 vom Vertrag über die Europäische Union zum Rechtsbestand der Union und aller Mitgliedstaaten (europäisches Primärrecht).

2.) Es besteht in der Rechtsliteratur in D Konsens, dass das Sexualleben als Kernbereich der Privatsphäre zum Bereich des absoluten Nichtwissens für den Staat zählt. Auch bei Abhörmaßnahmen besteht ein absoluter Vorrang des Schutzes dieser Privatsphäre (auch im Frühjahr 2008 vom BVerfG bestätigt).

3.) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, und in Übereinstimmung mit der Rechtsliteratur in D, bewirken grundrechtswidrige Ermittlungen (wie die beschriebenen) ein Beweisverwertungsverbot im Steuerverfahren und dieses Verbot hat darüber hinaus eine Fernwirkung: Auch Beweise, die für sich legal ermittelt wurden, dürfen nicht verwertet werden, wenn der Grund ihrer Ermittlung Wissen ist, das durch eine Menschenrechtsverletzung gewonnen wurde. Allerdings schützt die Fernwirkung nur das Opfer der Menschenrechtsverletzung selbst (Schutz vor Benachteiligung im Genuss der Menschenrechte nach Art 14 der Konvention).

Somit folgt:

a) Eine verdeckte Ermittlung der Sittenpolizei, um Prostitution aufzudecken, die nach dem internationalen Rechtsverständnis öffentlich ist, ist in keinem Fall "notwendig in einem demokratischen Staat", weil eine öffentliche Handlung auch öffentlich beobachtet werden kann. Eine damit verbundene Verletzung der Privatsphäre (Hausrecht) ist somit eine Menschenrechtsverletzung in allen Mitgliedsstaaten der europäischen Menschenrechtskonvention, unabhängig von konkreten Polizeibefugnissen, also auch in D.

b) In D sind dann die Ergebnisse einer solchen verdeckten Ermittlung unverwertbar im Steuerverfahren.

c) Auch der Kondomzwang kann in D nur im Bereich der öffentlichen Werbung wirken. Der Sexualakt selbst ist grundsätzlich privat.

Hanna
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 908
Registriert: 08.10.2007, 19:06
Ich bin: Keine Angabe

Sperrbezirk

#62

Beitrag von Hanna »

@Lysisca
zunächst mal danke für die Auskunft.
da du rechtskundig zu sein scheinst, wie beurteilst du folgenden Fall:

eine Frau arbeitet in ihrer Privatwohung im Sperrbezirk und wurde vom "bösen" Nachbarn angezeigt.

de jure unkorrekt, die Polizei brachte dies durch einen Kontrollanruf und anschließenden Besuch in ihrer Wohnung heraus, wobei sie sich zunächst als Freier ausgab. Ist das zulässig?
Besteht ferner ein Unterschied ob sie selbst in ihrer Mietwohnung arbeitet oder ein anderes Mädchen dort für sich auf 50/50 Basis arbeiten läßt?

Wie ist ferner die Praxis in den verschiedenen Bundesländern?
Wer kann darüber berichten?

lg, Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

Re: Sperrbezirk

#63

Beitrag von Lycisca »

Zuerst ein großes Caveat:
Hanna hat geschrieben:rechtskundig zu sein scheinst
Ich bin keine Juristin, but I am learning on the job: Denn ich wurde bereits selber das Ziel einer verdeckten Ermittlung samt nachfolgendem Steuerverfahren. Dagegen habe ich mich gewehrt und von den von mir konsultierten Rechtsexperten und ihren Schriftsätzen gelernt.

Zu deinem Fall:
Frau in ihrer Privatwohung ... Polizei ... Besuch in ihrer Wohnung ... wobei sie sich zunächst als Freier ausgab.
Das ist genau der in einem anderen Thread beschriebene Fall: Die Polizei hat Art 8 Abs 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention in Bezug auf die Achtung der Wohnung verletzt, indem sie sich unter einem falschen Vorwand in die private Wohnung der Frau einschlich.

Eine solche Verletzung des Hausrechts ist nur zulässig, wenn sie 1.) sowohl aufgrund eines Gesetzes erfolgte und wenn 2.) dieses Gesetz und seine Anwendung notwendig in einem demokratischen Staat sind.

Die Voraussetzung 2 ist nun ganz sicher verletzt, denn bei Prostitution als öffentlicher Handlung ist ein Eindringen in die Privatsphäre in keinem Fall notwendig. Die Voraussezung 1 ist ebenfalls in den meisten Rechtsstaaten der Welt nicht gegeben, weil reines Verwaltungshandeln keine Anti-Mafia-Methoden erfordert. Schließlich stellt sich zu 1 die Frage, ob im beschriebenen Fall überhaupt Prostitution vorliegt, weil gelegentlicher Sex gegen Geld ist grundsätzlich privat ... dann fehlt dem Polizeihandeln jegliche Grundlage.

Im beschriebenen Fall liegt also eine unzulässige Verletzung von Art 8 EMRK auf der Hand.

Zu der Zusatzfrage: Klar ist es ein Unterschied, wenn ein anderes Mädchen dort auf 50/50 Basis arbeitet. Denn dann ist allenfalls das Mädchen im Recht auf Achtung der von ihr gemieteten Wohnung (Business Premise) verletzt. Ob die Frau auch eine Verletzung ihrer Privatsphäre nachweisen kann, möchte ich nicht ausschließen, kann ich mir aber nicht vorstellen ... sie wohnt und arbeitet ja offenbar ganz woanders. Ob die Frau aus einer Verletzung der Privatsphäre von jemand anderem (z.B. im Steuerverfahren zu ihrem 50% Anteil) eine Fernwirkung für ein Beweisverbot geltend machen kann, ist in D noch nicht durchjudiziert. (In den USA, wo "Früchte des vergifteten Baums" grundsätzlich nicht geerntet werden dürfen, gibt es Urteile des Supreme Court, wo Rechtsverletzungen gegen Dritte zu keinem Beweisverbot geführt haben.)

Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

Rotlichtrazzien als Einkunftsquelle für korrupte Polizisten

#64

Beitrag von Lycisca »

Dass Sexworker Opfer von Übergriffen sind, wenn verdeckte Ermittler der Polizei unterwegs sind, ist altbekannt. Allerdings haben die Frauen nur wenig Geld, daher "begnügen" sich die die Polizeibeamten mit sexuellem Missbrauch:
Police officers, they were abusive. The undercover cops asked me to have sex with them, straight and oral, in order to drop the charges
Quelle: Raymond, "Prostitution on Demand", Violence Against Women, 10, 2004
Die Variante, dass die Freier von der Polizei erpresst werden, ist wesentlich lukerativer. Es ist erstaunlich, dass erst kürzlich ein Polizeichef diese Methode zur Gehaltsaufbesserung erfunden hat:

Der langjährige Polizeichef von Grant Park, Illinois, USA wurde Anfang Juni von einer Grand Jury in Springfield unter Anklage gestellt, weil er Rotlichtrazzien benutzt hat, um im Zeitraum von 7 Monaten mindestens 400.000 US $ an Bestechungsgeldern einzunehmen: Zuerst hat er laut Anklage bei einer verdeckten Ermittlung ein Callgirl erpresst, für ihn zu arbeiten, wenn er sie nicht anzeigen soll. Dann hat er in ihrem Namen im Internet Inserate aufgegeben und im Rahmen der verdeckten Ermittlung gegen Freier fast 100 getäuschten Männern, die von ihm nicht anzeigt und öffentlich bloßgestellt werden wollten, das gesamte zum "Date" mitgebrachte Bargeld abgenommen.

Quelle: Chicago Tribune

Wie die Rechtsdatenbank zeigt, sind in Österreich auch einige verdeckte Ermittler der Polizei auf der Suche nach "Geheimprostituierten" unterwegs gewesen: Ob es da auch zu "erotischen" Abenteuern und kleinen Gehaltsaufbesserungen gekommen ist? Hat die Dienstaufsicht in dieser Richtung jemals nachgeforscht?
Zuletzt geändert von Lycisca am 01.07.2008, 23:58, insgesamt 2-mal geändert.

Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

Re: Rotlichtrazzien als Einkunftsquelle für korrupte Polizis

#65

Beitrag von Lycisca »

PS.: Das Callgirl hat 10% der Summe erhalten, damit sie mitmacht, ihr übliches Honorar (Zuckerbrot und Peitsche) ... aber gleichzeitig ihre wirtschaftliche Basis zerstört, weil sie keinen Stammkunden gewonnen hat

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Ungelöste Zwangslage von Frauen in der Sexarbeit - Hexenjagd

#66

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Prostitution

Das schnelle Geld


NRZ, 01.07.2008, Jan Jessen
, 23 Kommentare

An Rhein und Ruhr. Hartz IV und Niedriglöhne fördern die Prostitution. Immer mehr Frauen gehen wegen ihrer miserablen wirtschaftlichen Situation anschaffen, berichten Beratungsstellen und Zoll. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit führt regelmäßig Razzien im Milieu durch.

Mandy schafft seit einigen Wochen in dem Duisburger Club an. (Foto: Alexandra Umbach) (fotoagentur-ruhr)


Herrenbesuche sind an sich nicht ungewöhnlich und gern gesehen, hier in der unscheinbaren geklinkerten Doppelhaushälfte in Duisburg. Jetzt gerade haben die Damen aber überhaupt keine Lust auf die übliche professionelle Distanzlosigkeit. Wäre auch nicht angemessen. Der Zoll ist da. Die Chefin, blond, schlank, Ende 40, sitzt sichtlich genervt in der kleinen, braun getäfelten Küche mit den moosgrünen Fliesen und den vielen Telefonen im Regal, raucht eine Zigarette nach der anderen und versucht die Fahnder mit rauer Stimme davon zu überzeugen, dass in ihrem Club alles mit rechten Dingen zugeht. „Telefonmarketing und Zimmervermietung” steht auf ihrer Visitenkarte. Schwarzarbeit? „Hamm' wir hier nicht.”

Davon sind Zollinspektor Ralf Kedaj und seine Kollegen vom Hauptzollamt Duisburg nicht wirklich überzeugt. Bei ihren Kontrollen im Milieu greifen sie immer öfter Frauen auf, die sich prostituieren, weil sie mit ihrem mageren Gehalt oder Hartz-Leistungen nicht über die Runden kommen.



"Für viele Frauen reicht es vorne und hinten nicht mehr"

„Ganz klar”, hat Kedaj vor der Razzia gesagt, „für viele Frauen reicht es vorne und hinten nicht mehr, deswegen versuchen immer mehr, etwas im Rotlichtmilieu dazu zu verdienen”. Ein Fall für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit werden die Frauen dann, wenn sie ihren Nebenjob [beim Finanzamt] nicht angemeldet haben. Fliegt auf, dass sie beispielsweise Arbeitslosengeld II bekommen und zusätzlich Geld im horizontalen Gewerbe verdienen, müssen sie mit einem Verfahren wegen Leistungsmissbrauch rechnen.

Melli* schwant wohl schon, dass ihr ein solches Verfahren ins Haus steht. Sie steht angelehnt an die Massagebank in einem der Zimmer, hat die Arme schützend vor dem schwarzen Bademantel verschränkt. Missmutig beantwortet die dunkelhaarige Mittvierzigerin mit dem vom Leben gezeichneten Gesicht die Fragen des Beamten, der auf dem Wasserbett vor ihr sitzt und Notizen macht. Dass sie hier nur Hausarbeit macht, will er ihr nicht so recht abnehmen. Nicht verwunderlich. Melli hat Erfahrung satt im Milieu.



"Soll man vielleicht Banken überfallen?"

Vor zwei Jahrzehnten hat sie sich entschieden, ihren Körper zu verkaufen, nach Abitur, Ausbildung, einer kurzen Zeit als Model. „War halt schnelles Geld”, sagt sie, „das hat mir persönlich nichts ausgemacht.” Vor der Geburt ihres ersten Kindes hat sie aufgehört. Jetzt ist sie zweifache Mutter, ihr Mann ist arbeitslos, was soll man tun? „Es ist nicht einfach, heute klar zu kommen, bei den steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen”, referiert sie. Alles rede über Kinderarmut, ereifert sich Melli, und dass die Kleinen zu fett würden. „Aber wie soll ich denn den Sportverein bezahlen, oder gesunde Lebensmittel? Man steht morgens auf, und das erste, an das man denkt, ist Geld. Das ist grausam.” Sie habe vollstes Verständnis für die Frauen, die sich prostituierten, sagt sie, „oder soll man vielleicht Banken überfallen?”

Es ist kaum möglich, eine Entwicklung im Dunstkreis der gesellschaftlichen Wahrnehmung mit belastbaren Zahlen zu unterfüttern. Ähnliche Beobachtungen wie Ralf Kedaj und seine Kollegen machen aber auch Beratungsstellen. „Natürlich gibt es eine Zunahme der Prostitution als Nebenjob”, erklärt Mechthild Eickel von der Bochumer Beratungsstelle Madonna. „Immer mehr Frauen leben in prekären Verhältnissen und wollen ihr Einkommen aufstocken.”



Im 19. Jahrhundert blühte die Prostitution unter Niedriglöhnerinnen

Wirklich neu ist dieses Phänomen nicht: Ende des 19. Jahrhunderts waren im Deutschen Reich die Löhne für Arbeiterinnen so niedrig, dass viele sich ein Zusatzeinkommen suchten. Der Berliner Wirtschaftswissenschaftler Stefan Welzk weiß von einer von den Regierungen der deutschen Länder 1887 in Auftrag gegebenen Untersuchung [ohne Quellenangabe :-( ], in der beispielsweise aus Erfurt berichtet wurde: „Soweit die Näherinnen einen unsittlichen Lebenswandel führen, dürften sie hierzu vornehmlich durch ihren geringen Verdienst veranlassst werden.” Welzk folgert: „Damals sahen die bürgerlichen Sozialreformer jeden Lohnkampf zugleich auch als eine Sittlichkeitsbewegung an.”

Lässt man die ausbleibende moralische Empörung außen vor, scheint sich Geschichte also ein stückweit zu wiederholen. „Das ist knallharte Realität”, sagt Christine Noll von der Essener Beratungsstelle Nachtfalter. „Wir haben vermehrt Anfragen von Frauen, die sich bewusst für die Prostitution entscheiden und die sich erkundigen, was man da beachten muss.” Frauen jeden Alters seien darunter, viele Hausfrauen und Mütter, aber auch junge Mädchen, die ohne Chance auf einen Ausbildungsplatz zu Hause säßen, sich aber einen Lebensstil wie ihre arbeitenden Freundinnen leisten wollten.



"Wir mussten immer sparen und sparen"

Mandy*, die in ihrem viel zu knappen roten Nachthemd auf der Küchenbank unter dem Poster mit der Aufschrift „Teamwork” in dem Club in Duisburg sitzt und unter ihrem dick aufgetragenen Makeup verunsichert lächelt, ist so ein junges Mädchen. Sie ist Türkin, ihre Mutter weiß nicht, womit ihre Tochter ihr Geld verdient. 18 ist sie, sagt sie, die Schule hat sie abgebrochen wegen dem Stress zu Hause, ja, der Vater hat sie geschlagen, manchmal, und dann die Mutter verlassen und die schafft das alleine nicht, mit den beiden anderen Kindern. Und dann hat sie ihrer Mutter noch einen Haufen Schulden eingebrockt, sagt Mandy, weil sie gerne mal was am Telefon bestellt hat und so. „Wir mussten immer sparen und sparen. Zu Hause waren alle unglücklich.” Aber warum ausgerechnet Prostitution? Naja, sagt Mandy, sie hätte eben einen Zuhälter im Bekanntenkreis gehabt, und warum nicht, „das ist doch schnelles Geld, da kann man sich jetzt was leisten. Ich rauche doch auch”. Dann geht Mandy nach nebenan, ins Wohnzimmer, und schaut sich eine Folge von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten” an.

Die Hausherrin, die offiziell nur die Zimmer an die Frauen vermietet, hat Mandy die ganze Zeit sehr genau beobachtet. „Hier klopfen ständig Frauen an, die nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen”, sagt sie, lacht kehlig und bläst versonnen den Rauch ihrer Zigarette in die Luft. „Eigentlich bin ich eine Sozialarbeiterin.”

Am nächsten Tag stellt sich heraus, dass Mandy 17 ist und erst in zwei Monaten volljährig wird. Die selbsternannte Sozialarbeiterin erwartet jetzt ein Strafverfahren wegen Anleitung Minderjähriger zur Prostitution. Und Mandys Mutter wird vom Job ihrer Tochter erfahren. Weil sie Arbeitslosengeld II bezieht und ihre Tochter mit in ihrer „Bedarfsgemeinschaft” lebt, wird gegen sie ein Verfahren wegen Leistungsmissbrauchs eröffnet.

(NRZ)
* Namen von der Red. geändert
http://www.derwesten.de/nachrichten/nrz ... etail.html





Entgegen den medial hochgeredeten und gefeierten Fortschritten durch das Prostitutionsgesetzes (ProstG) schaffen es viel Frauen nicht legal als Sexarbeiterin zu arbeiten.

Das Gesetz funktioniert nicht.

Damit wird Polizei und Behörden abermals zum Angstgegner für wahrscheinlich einen Großteil aller Sexarbeiterinnen. Statt Freund und Helfer gegen Gewaltübergriffe und Ausbeutung, wendet sich der staatliche Verfolgungsdruck gegen eh schon präkarisierte Bevölkerungsgruppen.

Da läuft mächtig was falsch. Und die offiziell verlautbarte Prostitutionsfeindlichkeit der Frauenministerin hat daran einen entscheidenden Anteil, indem sie dem überkommene Stigma neue Kraft schenkt.

Was sich hier abspielt kann man als neuerliche stigmakonforme Hexenverfolgung der Prostituierten interpretieren. Allerdings Prostitutionskontrolle in neuem Gewand und mit dem scheinheiligen Argument, wir haben Euch ein Gesetz gezimmert und ihr wollt Euch dennoch immer noch nicht als Prostituierte behördlich melden, also seid ihr selbst schuld verfolgt zu werden. Wir können den Zwang soweit erhöhen, bis es keine Geheimprostituierte mehr gibt und alle als Prostituierte amtsbekannt sind.


Was benötigt wird:
  • Es muß endlich die von mir geforderten Legalisierungsworkshops und Coming-out-Gruppen für Sexarbeiterinnen geben. Sie müssen staatlich gefördert und von den Beratungsstellen unterstützt werden.
  • Es muß kochrezeptartige Legalisierungs-Merkblätter für die SexarbeiterInnen geben, die Klartext reden und umfassend sind, vgl. mein Falt-Flyer zur Arbeit in der Sexarbeit. Sie dürfen nicht daherkommen wie Amtsverlautbarungen wie von der Wiener-Gesundheitszwangsuntersuchung/Deckel und dürfen auch nicht wichtige Gestaltungsmöglichkeiten verschweigen wie z.B. die Versteuerung im Heimatland wie beim Flyer der Finanzverwaltung Rheinland Pfalz.
  • SexarbeiterInnen müssen beteiligt werden bei der Organisation (Regulierung) von Sexarbeit!






.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 02.07.2008, 18:53, insgesamt 3-mal geändert.

Hanna
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 908
Registriert: 08.10.2007, 19:06
Ich bin: Keine Angabe

#67

Beitrag von Hanna »

das wesentliche scheint mir hier nur teilweise die Stigmatisierung zu sein, sondern die behörden- und wie du richtig schreibst beratungsferne der Betroffenen.

das Gesetz ist ok.du must aber breite Teile der Bevölkerung erst wieder aus ihrer Schwarzarbeitermentalität herausholen, genauso wie du den oberen Schichten ihre Steuerhinterziehungsmentalität austreiben mußt (was ja mittlerweile durch Statuierung von Exempeln geschieht)
und du bräuchtest auch zielneutrale NGOs (also keine die auf Ausstieg fixiert sind), die solche Aufklärungsarbeit leistet, bzw. das Arbeitsamt.
deine Forderungen bez. Aufklärung unterstütze ich voll!
Marc of Frankfurt hat geschrieben: Was benötigt wird:
Es muß endlich die von mir geforderten Legalisierungsworkshops und Coming-out-Gruppen für Sexarbeiterinnen geben. Sie müssen staatlich gefördert und von den Beratungsstellen unterstützt werden.

Es muß kochrezeptartige Legalisierungs-Merkblätter für die SexarbeiterInnen geben, die Klartext reden und umfassend sind, vgl. mein Falt-Flyer zur Arbeit in der Sexarbeit. Sie dürfen nicht daherkommen wie Amtsverlautbarungen wie von der Wiener-Gesundheitszwangsuntersuchung/Deckel und dürfen auch nicht wichtige Gestaltungsmöglichkeiten verschweigen wie z.B. die Versteuerung im Heimatland wie beim Flyer der Finanzverwaltung Rheinland Pfalz.


SexarbeiterInnen müssen beteiligt werden bei der Organisation (Regulierung) von Sexarbeit!



Hartz IV schafft allerdings gerade durch die Möglichkeit von Schwarzarbeit neue Ungerechtigkeiten:
Denn der durch Hartz IV Benachteiligte ist derjenige, der aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht mehr arbeiten kann. Für den ist Hartz IV zu wenig und für den schwarzarbeitenden Teil unangemessen.

ich persönlich plädiere sowieso dafür, daß jemand der uneingeschränkt arbeitsfähig ist maximal noch eine Förderung zur Berufsausbildung bekommt!
Wer gesund ist, keine Kinder zu erziehen hat und nicht arbeitet, braucht auch keine staatliche Unterstützung.

*duck und wech*

Hanna
Augen gab uns Gott ein Paar / um zu schauen rein und klar / um zu GLAUBEN was wir lesen / wär ein Aug' genug gewesen (aus HH. zur Teleologie)

Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

Der Staat als Zuhälter?

#68

Beitrag von Lycisca »

Die Fahndung nach steuerflüchtigen Prostituierten in D lässt vermuten, dass die Legalisierung der Prostitution nicht aus Menschenfreundlichkeit erfolgte, sondern aus Verzweiflung:

Reiche Bürger sind unantastbar, wenn sie klug planen (z.B. Stiftung in A, Wohnsitz ebenfalls nach A verlegen), weshalb Steuern aus dem Mittelstand und der Unterschicht abgepresst werden müssen, notfalls mit Razzien.

Innovativ ist China: Da betreibt die Polizei in Kunming selbst Bordelle und passt genau auf, dass die Angestellten ja alles abliefern.
Quelle: Elizabeth J. Remick, "Police-Run Brothels in Republican Kunming", in: Modern China, 33 (2007)
Breaking from practice in the rest of China, local officials in Republican Kunming selected an unusual strategy for controlling prostitution: police-managed brothel compounds called jiyuan. In the face of social resistance from many groups, the jiyuan subjected prostitutes to unusually high levels of surveillance and state intervention, as a local state bureaucracy was created to monitor the brothels. This phenomenon is theoretically significant because it illustrates how apparently "private" gender systems result in distinct local state formations.
In den USA setzen kriminelle Polizeioffiziere diese Idee auf privatwirtschaftlicher Basis um: Sie rekrutieren Frauen bei Razzien und zwingen sie dann, in ihren Bordellen zu arbeiten (Umwandlung von freiwilligen Prostituierten zu Zwangsprostituierten durch die Polizei zum Nutzen einzelner Polizisten).
Quelle: Raymond, "Prostitution on Demand", Violence Against Women, 10 (2004)

In A gibt es ebenfalls Tendenzen dazu (Landesgesetze zur Prostitution), dass Prostitution nur in Bordellen betrieben werden soll/darf, die staatlich leichter überwacht werden können und wo auch Steuern leichter einzuheben sind. Freelance Prostitution außerhalb des Bordells wird in A, so wie in China, mit Polizeimethoden verhindert. Die Frage bei allen diesen Razzien von Polizei und Steuerfahndung ist, ob China für demokratische Staaten in Europa eine Vorbildfunktion haben soll?

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Links

#69

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Razzia TV

Braunschweig:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=39459#39459



Tessin:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=39470#39470




Menschenhandel ergibt sich oft als Delikt wegen einer branchen-speziellen Altersgrenze. Statt volljährig = 18 Jahre zu sein, werden erwachsene Sexarbeiterinnen Minderjährigen gleichgestellt. Sexarbeiterinnen müssen 21 Jahre alt sein um nich als gehandelt zu gelten. Ist das Diskriminierung oder Schutz? Schutz vor Sex, Schutz vor Ausbeutung, Schutz vor Geldverdienen, Schutz vor Migration, Schutz vor Prostitution oder Prostitutionskontrolle?





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Spitzel überwachen Sperrgebiete

#70

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier ein Berufungs-Urteil aus Thüringen:

600 Euro Strafe wg. verbotener Prostitution
im Sperrgebiet d.h. Gemeinde kleiner 30.000 Einwohnern.

Von Agent-Provokateur = Scheinfreier der Kriminalpolizei entdeckt.

viewtopic.php?p=39691#39691

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

So kann es auch laufen:

#71

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Transsexuelle Sexworker WG
wehrt sich gegen Agent-Provokateur der Polizei


Boston U.S.A.

Undercover ‘john’ takes on trannies, pimps



Jessica Van Sack By Jessica Van Sack / The Beat
Monday, July 7, 2008 - Updated 5d 22h ago
Jessica Van Sack is the Herald's Boston police bureau chief covering crime and justice. She works out of City Hall where you can send tips to jvansack at bostonherald.com




FOTO
‘That’s part of the job’: A detective’s work as an undercover ‘john’ busting Brighton brothels is not for the feint of heart.



James Fong has been trapped inside houses of ill repute by giant naked trannies. He’s been groped by man-hungry madams. As an undercover cop busting Brighton brothels, Sgt. Detective Fong has had to endure sights and sounds that would send most straight-laced men into another line of work.

“That’s part of the job,” said Fong, who may well be the Hub’s most prolific sex-scouting “john.”

Most days and nights find Fong playing the part of escort-seeker in what has become one of the most fruitful crime crackdowns for Boston Police District D-14.

Three years since he became the worst nightmare of hookers and pimps in Brighton, Fong has fine-tuned the job into an art. Other town departments have enlisted his training, and the feds have even been known to call and ask him to help them finish the job.

In a recent interview at the District D-14 station, Fong explained his methods: Each potential bust begins online. Fong trolls the adult classifieds on Web sites such as www.craigslist.com and www.Eros.com looking for unlucky targets in the Allston-Brighton neighborhood.

Fong has had to attain a certain fluency in the online lingo of illicit sex. For instance, the term “john” is passe. Men looking to hook up with hookers are now called “hobbyists.” Transsexual escorts are denoted by the letters “TS.”

Fong arranges a meeting through a pimp who’s inevitably at the other end of an ad. The pimp will direct him to an apartment or hotel, wherever the call girls have set up their brothel.

Once inside, Fong’s job is to obtain the probable cause required for an arrest. That means he and the hooker must agree on a price. After the dollar figure is decided, then comes the tricky part: finding a way to leave - without raising suspicions that he’s a cop.

This is where the art comes in. Fong has already assumed a character. Sometimes he’s a doctor. A lawyer. Or a business owner looking for a tryst [Stelldichein]. He’s established that he’s a busy person by the time one of his fellow detectives calls with some type of “emergency.”

“The alarm is going off in your store,” is a typical dodge.

“Doctor, one of your patients needs you” is another.

And there’s also the tried and true tactic of pretending to be low on cash. Fong goes to the ATM. A swarm of police return in his place.





But even Fong has his limits. He reached his at the Commonwealth Avenue apartment of a transsexual working girl named “Leeza.”

“Before we do anything, you have to get dressed up,” said Leeza, shedding her overcoat to reveal a surgically altered woman-in-the-making underneath. “I want you to wear this.”

It was the sight of lady’s lingerie - thoughtfully laid out in different sizes and colors by the prostitute - that prompted Fong to do something he’d never before done: turn around and walk out. Silently.

Leeza was the one who got away.
But that was all right with Fong.
“It just wasn’t gonna happen,” he says.



Original
http://news.bostonherald.com/news/regio ... id=1105340

Kommentare
http://news.bostonherald.com/news/regio ... mmentsArea





Protestaktion
gegen Transphobie
und
gegen Putophobie


Einzigartiger Muster-Protestbrief:


viewtopic.php?p=39855#39855





.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Rockerbande oder OK?

#72

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hells Angels Interview:


«Wir hatten ja nichts zu verstecken»

Die Bundesanwaltschaft ermittelt seit viereinhalb Jahren gegen die Zürcher Hells Angels, unter anderem wegen des Verdachts, die Hells seien eine kriminelle Organisation. Der heutige Präsident nimmt erstmals Stellung.


Was sind die Hells Angels?

Alois B.: Wir sehen uns ganz klar als Motorradklub. Wir sind aber auch eine Familie. Wir leben hier einfach unseren Stil. Unsere Philosophie ist das Biken, das Zusammenleben. Man ist 24 Stunden am Tag ein Hells Angel, nicht nur sieben Stunden. Wir leben unsere Welt.

Den Hells Angels wird vieles nachgesagt: dass sie mit Drogen zu tun haben, mit Prostitution, mit Gewalt

Wenn man mich mit Respekt behandelt, dann kommt auch Respekt retour. Wirft man aber mit Scheisse auf mich, dann kommt Scheisse retour. Das möchte ich dazu sagen.

Drogen, Prostitution, Gewalt?

Mit Drogenhandel, mit harten Drogen, haben wir nichts zu tun. Sicher gibt es den einen oder anderen, der mal einen Joint raucht, wie der andere ein Bierchen trinkt. Das ist nicht verboten bei uns.

Gegen die Hells Angels wird seit der Razzia im März 2004 ermittelt. In den Ermittlungsakten ist zum Beispiel von Hanfhandel im grossen Stil die Rede, von einer Indoor-Anlage, in die auch Sie als damaliger Vizepräsident Geld investiert haben sollen.

Ich verstehe nicht, weshalb ein derartiges «Gschiss» wegen einem Hanfgarten gemacht wird. Jeden zweiten Tag kann man in der Zeitung lesen, dass irgendwo ein Hanfgarten aufgeflogen ist. Das hat mit einer kriminellen Organisation aber nichts zu tun. Es stimmt, einer von uns hatte einen Hanfgarten. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Auch gegen Sie wird ermittelt.

Ja. Es geht um diesen Hanffall. In den Einvernahmen musste ich immer wieder hören: Sie sind Vizepräsident, sie müssen von allem gewusst haben – mich versucht man überall irgendwie hineinzudrücken.

Das ist ein Stück weit nachvollziehbar. Als Vizepräsident, der Sie damals waren, muss man doch wissen, was läuft.

Sollte man, ja. Ich wusste aber von vielem, was da lief, nichts.

Welchen Bezug haben Sie zum Rotlichtmilieu?

Mit Prostitution haben wir überhaupt nichts zu tun. Das kann ich mit gutem Gewissen sagen. Ich bin jetzt seit 25 Jahren im Klub. Es hat früher sicher einzelne Mitglieder gegeben, die Freundinnen hatten, die anschafften. Heute ist das nicht mehr verboten. Deshalb sehe ich keinen Grund, weshalb das ein Problem sein sollte.

Sie leugnen also nicht, dass es Kontakte zum Milieu gibt?

Wenn man im Kreis 4 oder 5 aufgewachsen ist und dort heute noch lebt, dann kennt man viele Leute. Auch solche, die dem Milieu zuzuschreiben sind.

Aber spielen die Hells Angels eine aktive Rolle im Milieu?

Nein. Wir haben mit Zuhälterei und Prostitution nichts zu tun.

Was ist mit den aktenkundigen Buttersäureanschlägen auf Bordelle? Das riecht doch nach Verdrängungskampf im Milieu?

Das betrifft mich nicht.

Für den Anschlag war aber ein Hells Angel verantwortlich.

Ja.

Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Einzeldelikten – aber auch wegen Verdacht auf eine kriminelle Organisation.

Diesen Vorwurf weisen wir zurück. Das Bundesgericht hat den Begriff kriminelle Organisation definiert. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass wir weit davon entfernt sind.

Das schliesst aber nicht aus, dass einzelne Mitglieder durchaus kriminell sein können.

Ja.

Und dürfen?

Ich sehe das nicht so eng. Es hat Vorfälle gegeben, die eher unschön waren. Aber die müssen auch erst bewiesen werden.

Vor der Razzia wurde zwei Jahre lang verdeckt ermittelt. Haben Sie nie Verdacht geschöpft?

Es hat sicher Hinweise gegeben. Wir haben diese aber zu wenig wahrgenommen.

Welche Hinweise hatten Sie?

Es hat ab und zu geknackt im Telefon. Und wir haben auch gemerkt, dass die Ermittler uns gelegentlich nachgefahren sind, dass uns auf die Finger geschaut wurde.

Haben Sie diese Hinweise nicht Ernst genommen?

Nein. Wir hatten ja nichts zu verstecken.

Damals war es eher ruhig um die Hells Angels. Wie erklären Sie sich die gross angelegte Razzia?

Im Nachgang zum 11.September schnürten viele Länder Pakete gegen Terrorismus, gegen Geldwäscherei und gegen organisierte Kriminalität. Auch unsere Bundesanwaltschaft wurde mit viel Geld und mit politischem Segen aufgerüstet. Diese musste der Politik im Gegenzug natürlich versprechen, auch entsprechende Fälle zu liefern. Diese blieben aber aus.

Die Razzia brachte einiges an den Tag. Die Hells Angels sind nicht nur die Unschuldslämmer, als die sie sich gelegentlich darzustellen versuchen.

Wie gesagt, wir sprechen hier von Einzeldelikten. Und diese müssen vom Gericht erst noch bewiesen werden. Sollte dies gelingen, werden die einzelnen Mitglieder zur Rechenschaft gezogen und dafür auch geradestehen. Es ist aber so: Die Hells Angels sind eine Gruppe von Leuten, die versuchen, die mögliche Freiheit, die man in der Schweiz noch hat, voll und ganz auszunützen. Und ich habe auch nichts dagegen, wenn es mal ein bisschen mehr ist.

Es wurden Waffen beschlagnahmt. Gehört das zur Freiheit?

Das ist nichts Atypisches. 80 Prozent der Waffen in der Schweiz sind in Privatbesitz. Wir besitzen sie legal. Und: Alle Waffen wurden einem ballistischen Test unterzogen. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass eine unserer Waffen im Zusammenhang mit einem Verbrechen gebraucht wurde.

Laut den Ermittlungsprotokollen sollen einige Hells-Mitglieder einen Raub auf einen Geldtransporter geplant haben.

Ich kann dazu nicht näher Stellung nehmen, weil ich nicht involviert war. Nur so viel: Geredet wurde viel, ausgeführt wurde schlussendlich aber nichts.

Aber ist es alltäglich, dass am Rockerstammtisch über einen Raub diskutiert wird?

Wenn man so zusammensitzt, wird doch viel erzählt. Wem ist das nicht auch schon passiert. Der eine hat vielleicht Schulden oder braucht Geld, und dann dreht sich das Gespräch schnell einmal um einen Banküberfall. Und was unterscheidet einen Banküberfall von einem Überfall auf einen Geldtransporter? Nicht viel, finde ich.

Beides sind kriminelle Taten.

Wenn man es ausführt, ja.

Harleys, Luxusautos, Schmuck, mit dem ihr kokettiert: Viele Besitztümer der Hells Angels deuten auf einen gewissen Reichtum hin. Der Link zu krummen Geschäften ist schnell gezogen.

Ich kann nur für mich sprechen. Ich bin Geschäftsmann, habe zehn Angestellte, verdiene gutes Geld, versteuere auch gutes Geld. Aber: Die Geldbeschaffung an sich hat mit dem Klub nichts zu tun.

Die Geldbeschaffung hat nichts mit dem Klub zu tun, die kriminellen Taten sind Einzeldelikte und haben auch nichts mit dem Klub zu tun – ihr tut alles, um den Verdacht vom Klub zu lenken. Kann man das trennen?

Ja. Das kann und muss man sogar trennen. So ist es auch in unseren Statuten beschrieben. Das war immer so. Und wird immer so bleiben.

Wie sind die Hells Angels aber organisiert? Handelt jeder einzelne letztlich autonom?

Ich bin froh, wenn ich weiss, dass neue Leute nicht kriminell sind, wenn sie in den Klub wollen. Zudem muss sich jeder gut überlegen, ob er etwas tun will, was den Klub schlussendlich negativ belasten könnte. Kommt irgendetwas auf den Klub zurück, muss der Einzelne mit Konsequenzen rechnen.

Mit welchen?

Mit dem Ausschluss zum Beispiel.

Im Ausland geht die Loyalität den Hells Angels gegenüber sehr weit, gelegentlich bis hin zum Mord.

Es ist richtig, dass wir alle die gleiche Jacke und das gleiche Emblem tragen, dass wir von einer Familie sprechen, und zwar weltweit. Aber: Wenn es zum Beispiel in Kanada Tote gibt oder wenn anderswo mit harten Drogen gehandelt wird, dann heisst das nicht, dass wir das hier in der Schweiz gutheissen.

Wie weit geht die Loyalität hier?

Sicher nicht bis zu Mord.

Es ist noch keinem Land gelungen, den Hells Angels den Stempel einer kriminellen Organisation aufzudrücken.

Deshalb frage ich mich auch, warum die Bundesanwaltschaft nicht gegen die wirklich kriminellen Organisationen ermittelt, zum Beispiel gegen die Ostblockorganisationen. Hier kann ich mit Bestimmtheit sagen: Die gibt es. Und: Da ist Fleisch am Knochen. Wieso also ermittelt die Bundesanwaltschaft nicht in diesen Kreisen und versucht, dort ein Resultat hinzubekommen? Dieses Resultat würde auch die Politik befriedigen – anders als die Ermittlungen gegen uns.




Interview: Martin Kaiser
http://www.espace.ch/artikel_561104.html

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Re: Rockerbande oder OK?

#73

Beitrag von ehemaliger_User »

BernerZeitung in espace.ch hat geschrieben:...Es ist noch keinem Land gelungen, den Hells Angels den Stempel einer kriminellen Organisation aufzudrücken....
Ist ja auch schwierig. Denn es handelt sich immer um rechtlich selbständige Clubs. 1983 wurde die Gruppe in Hamburg als kriminelle Vereinigung verboten, 2000 die Düsseldorfer.

Die Stuttgarter Hells Angels organisieren z.B. Benefizkonzerte zu gunsten von Obdachlosen, ihr Präsident ist ein gefragter Fotograf (http://www.lutz-schelhorn.de/).

Der Interviewte ist voller Widersprüche: 24 Stunden Hells Angel auf der einen Seite - aber ihn als Vize geht es nichts an, was seine Mitglieder so treiben?

Neulich entdeckt:

Eigentlich geben harte Rocker keine Interviews. Warum auch? Sie stehen unter Beobachtung der Polizei und genießen das Misstrauen der Bürger. Aber unser Mitarbeiter Thorben Leo war hartnäckiger, als die Rocker es gewöhnt sind – und erweichte so das raue Herz von Hells Angel Richard Böhlig

Artikel in der max August 2008
Dateianhänge
Hells Angels_max.pdf
(220.36 KiB) 7618-mal heruntergeladen
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

Fundstück

#74

Beitrag von Lycisca »

Ich habe ein bisschen gestöbert, wieso es in Österreich (vor allem Tirol 2005) zu einer Schwemme von verdeckten Ermittlungen der Sittenpolizei gekommen ist. In der Parlamentskorrespondenz Nr. 737 vom 20.10.2004 ist dazu im Sicherheitsbericht beim Innenausschuss nachzulesen, wem dies vermutlich zu verdanken ist:
Bundesminister Ernst Strasser teilte mit [...] Bezüglich der Prostitution arbeite man in den Städten mit den Magistraten zusammen. Es wurde auch eine Reihe von operativen Maßnahmen wie verdeckte Ermittlung, Sondereinheiten und eigene Analyseeinheit beim BKA ergriffen
Die mit illegalen verdeckten Ermittlungen verbundenen Verletzungen von Menschenrechten (die Sondereinheiten sind wohl der so unrühmlich in Erscheinung getretene Ermittlungsbereich "Menschenhandel" bei den Landeskriminalämtern) haben in Folge die Höchstgerichte und Verwaltungssenate intensiv beschäftigt (siehe auch in diesem Forum einige Threads).

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Wir SW wollen nicht 'gerettet' werden!!!

#75

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Sexarbeiterinnen aus den Bordellen in Chiang Mai, Thailand

haben sich getroffen und über die Razzien und sog. Rettungsaktionen der Staatsgewalt gesprochen




Sie haben folgendes Poster entwickelt:

Bild

Das Poster kommt von der Sexworkerhilfsorganisation Empower
www.empowerfoundation.org



Auf der linken Seite stehen die Gründe,
warum sie nicht gerettet werden wollen:
  1. Wir verlieren unsere Ersparnisse und unsere Privatsachen.
  2. Wir werden eingesperrt.
  3. Wir werden von vielen Leuten verhört.
  4. Sie zwingen uns Zeuge zu werden.
  5. Wir werden festgesetzt bis zum Prozesstermin.
  6. Wir werden festgesetzt bis zur Abschiebung.
  7. Wir werden zu Umschulungen genötigt.
  8. Wir bekommen keinerlei Entschädigungen von Niemandem.
  9. Unsere Familien müssen sich Geld leihen und verschulden um zu überleben, während wir rumsitzen.
  10. Unsere Familien sind verstört.
  11. Wir sorgen uns um unsere Familien.
  12. Fremde kommen in unsere Wohngebiete und erzählen Dinge über uns.
  13. Die Mitbürger und die Soldaten bereiten unseren Angehörigen Probleme.
  14. Unsere Familienangehörigen müßen den Soldaten 'Gebühren' und Schmiergeld zahlen.
  15. Wir werden nach Hause geschickt.
  16. Militärische Übergriffe aber keine Arbeit warten auf uns zuhause.
  17. Meine Familie hat Schulden.
  18. Wir müssen einen Weg zurück nach Thailand suchen und von vorne anfangen.
Auf dem Foto sieht man nur einen Teil der Liste, die erarbeitet wurde. Aber erstmals gibt es so eine Dokumentation von den Frauen aus den Bordellen, dank dem Asia-Pacific Network of Sex Workers (APNSW)
http://apnsw.org/apnsw.htm



Quelle:
Blog von Laura Agustín
Autorin des Buches: "Sex at the Margins: Migration, Labour Markets and the Rescue Industry"





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 07.12.2008, 16:32, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
nina777
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 5025
Registriert: 08.05.2008, 15:31
Wohnort: Minden
Ich bin: SexarbeiterIn

München: SW erkennungsdienstlich behandelt

#76

Beitrag von nina777 »

Bezahlter Sex im Hotel: Polizei jagt Liebesdamen

München - Immer mehr Prostituierte arbeiten in den Sperrbezirken Münchens.



Sie heißen Elena, Natascha, Svetlana oder Tara. Sie sind blutjung, viele von ihnen kommen aus Osteuropa – und arbeiten als Prostituierte, nach Deutschland gelockt mit falschen Versprechungen. Sie stehen im Internet oder sitzen an Hotelbars. Hotelangestellte haben ihre Handynummern, die sie diskret an Gäste weitergeben. Es ist ein geheimes Geschäft, das in Münchner Hotels abläuft – und ein illegales. Bezahlter Sex ist nur außerhalb des Sperrbezirks erlaubt. Die Münchner Polizei greift jetzt durch: 22 Damen wurden schon überführt, rund 800 überprüft – gegen Begleitagenturen und Massagesalons wird wegen des Verdachts des Menschenhandels ermittelt.

Hintergrund der Sex-Razzien: Die illegale Prostitution im Sperrbezirk hat in den letzten Monaten wieder stark zugenommen. Gerade zu Messezeiten floriert das Geschäft mit dem bezahlten Sex auf dem Hotelzimmer. Die Damen werden meist von Begleitagenturen vermittelt, die hundertfach im Internet zu finden sind – oder sie warten in den besseren Hotels an der Bar auf Geschäftsmänner, die ein diskretes Schäferstündchen suchen.

Einige der gut 800 überprüften Prostituierten waren jünger als 21 Jahre. Sie wurden von Begleitagenturen und Betreibern von Massagesalons mit falschen Versprechen von Osteuropa nach Deutschland gelockt. „Gegen sie wird wegen des Verdachts des Menschenhandels und der Förderung der Prostitution ermittelt“, sagt Polizeisprecherin Sabine Allertseder.

Die Rathaus-Grünen haben wegen der massiven Überprüfungen jetzt eine Anfrage an Oberbürgermeister Christian Ude gestellt. „Wir wissen von Frauen, die erkennungsdienstlich behandelt worden sind und deren Handys beschlagnahmt wurden“, sagt Lydia Dietrich, Stadträtin von Bündnis90/Die Grünen. Die Anfrage kam zustande, nachdem sich eine Prostituierte an die Grünen-Stadträtin gewandt hatte. „Diese Frau arbeitet seit 25 Jahren in diesem Geschäft. Ihr Handy wurde sichergestellt.“ Lydia Dietrich will deshalb wissen, auf welcher Rechtsgrundlage das geschehen ist.

Die Münchner Beratungsstelle Mimikry fordert schon lange, Prostitution im Sperrbezirk zu erlauben: „Gerade in Hotels sollte es legalisiert werden“, sagt Leiterin Carmen Jörg. „Natürlich ist es richtig, wenn die Polizei gegen Agenturen vorgeht, die im Verdacht des Menschenhandels stehen.“

In München arbeiten derzeit etwa 2500 legale Prostituierte. Zum Oktoberfest dürfte die Zahl nur leicht steigen – das Geschäft mit dem Sex läuft längst nicht mehr wie früher.

Jacob Mell

In München gibt’s 27 Sperrbezirke

Es gibt einen Stadtplan von München, der ist in erster Linie rot. All die roten Flächen bedeuten Rotlicht-Verbot, also Verbot von käuflichem Sex! Damen, die innerhalb dieser Sperrbezirke bei der Ausübung der Prostitution erwischt werden, kommen mit dem Gesetz in Konflikt. Und das wird teuer. Wiederholungstäterinnen droht sogar das Gefängnis!

Die Rechtsverordnung der Regierung von Oberbayern über das Verbot der Prostitution zum Schutze des öffentlichen Anstandes und der Jugend in München legt in München 27 Sperrbezirke fest. Zusammen genommen umfassen diese alle Wohngebiete. Verboten ist die Prostitution ohnehin in Parks und auf Bahnflächen. Bleiben also nur ein paar Gewerbegebiete sowie so lauschige Orte wie „die Stichstraße mit Wendeschleife (Zufahrt zu Mülldeponie)“, wie in Paragraph 2 der Verordnung nachzulesen ist.

Die meisten Hotels befinden sich im Sperrbezirk. Damit sind in diesen Hotels weder die Anbahnung noch das schnelle Geschäft mit dem Sex erlaubt. Vorsicht: Scheinfreier der Polizei werfen immer ein strenges Auge auf verdächtige Frauen!

Prostituierte, die zum ersten Mal im Sperrbezirk erwischt werden, kriegen von der Stadt ein Bußgeld aufgebrummt. Üblicher Satz: 300 Euro!

Beim zweiten Mal wird die Staatsanwaltschaft aktiv, denn nun gehen die Behörden davon aus, dass die Frauen „beharrlich“ handeln. Paragraf 184d Strafgesetzbuch sieht einen Strafrahmen von Geldstrafen bis zu sechs Monaten Gefängnis (für Wiederholungstäterinnen) vor. Staatsanwalt Manfred Kastlmeier zur tz: „Bei ganz Hartnäckigen gibt es schon mal Vollzugsstrafen.“ Vollzug heißt: Rein in den Knast!

E. Unfried

http://www.tz-online.de/de/aktuelles/mu ... 46958.html

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Illegale Prostitution

#77

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Fünfhaus
Razzia in Rotlichtszene

Aktion scharf in Rudolfsheim-Fünfhaus:

Im Kampf gegen die illegale Prostitution haben Polizei und Magistratsbehörden in der Nacht auf Samstag Kontrollen in einschlägigen Lokalen und in der Prostitutionsszene durchgeführt.

Laut Polizei wurden insgesamt zehn Rotlichtlokale überprüft. Dabei wurden zwei illegal in Österreich lebende Personen festgenommen, sie befinden sich in Schubhaft.

Die Behörden verhängten außerdem 45 Anzeigen, unter anderem wegen Verstößen gegen das Prostitutionsgesetz und dem Fremdenpolizeigesetz. (mm)

http://www.wienweb.at/content.aspx?menu=1&cid=155725




Was alles kann illegale Prostitution sein?

- Prostitution, die an diesem Ort und zu dieser Zeit verboten ist (vgl. Sperrbezirksregelungen wie z.B. generelles Verbot der Prostitution in deutschen Gemeinden unter 30.000 Einwohnern in vielen Regierungsbezirken. Oder weil wie in Östereich in der Nähe eine Kirche ist etc.)

- Schwarzarbeit der Prostitution, wo der Kunde keine Quittung mit Angabe der in der Dienstleistung enthaltenen Steuer auf seinen Namen ausgestellt haben will und der Dienstleister keine Steuern abführt.

- Prostitution, wo der Anbieter keine Arbeitserlaubnis hat.

- Prostitution, wo der Anbieter keine Aufenthaltserlaubnis hat.

- Prostitution, wo einer der Beteiligten nicht volljahrig (18 Jahre) ist.

- Prostitution, wo der Anbieter unter 21 Jahren ist und nicht absolut unabhängig arbeitet.

- Prostitution, wo der Anbieter als Menschenhandelsopfer definiert wird, etwa aus solch simplen Gründen, weil der die Landesprache nicht beherrscht, über Umstände der Prostitutionsausübung d.h. Arbeitsbedingungen getäuscht wurde, in wirtschaftlicher Abhängigkeit steht und z.B. Schulden hat beim Vermittler (siehe Palermo Protokol in diesem Forum).

- Prostitution, die arbeitsteilig organisiert wird es aber keine Zusammenarbeits-, Bordell- oder Vermittlungsagentur-Erlaubnisse gibt.

Fällt also ziemlich viel drunter. Also immer ein guter Grund für eine Razzia.
Prostitution, wo unsafer Sex praktiziert wird, fällt meist jedoch leider nicht darunter (Ausn.: siehe bayerische Kondomverordnung).
Soweit zu den sog. Schutzgesetzen des Staates.





International fordern Sexworker und Sexworkerinteressenvertreter deshalb
Entkriminalisierung von Sexarbeit:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=42883#42883





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 30.09.2008, 12:17, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
ETMC
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 381
Registriert: 19.03.2006, 01:38
Wohnort: Wien
Ich bin: Keine Angabe

#78

Beitrag von ETMC »

ein Punkt wäre noch hinzuzufügen

+ Wohnungsprostitution die nach dem Gesetz verboten ist in Wien, die aber NIE kontrolliert wird.....
Am sichersten ist Prostitution in Wien in Wohnungen - die darf weder Magistrat noch Polizei betreten - ein Schelm wer böses dabei denkt...
liebe Grüsse
ETMC
------------------------------
Wer Freiheiten aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.
Benjamin Franklin (1706-90),
------------------------------

Benutzeravatar
Lycisca
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 1242
Registriert: 17.03.2007, 15:18
Wohnort: Umgebung Wien
Ich bin: Keine Angabe

Verdeckte Ermittlungen Instrument Sicherheitspolizeigesetze

#79

Beitrag von Lycisca »

ETMC hat geschrieben:Am sichersten ist Prostitution in Wien in Wohnungen - die darf weder Magistrat noch Polizei betreten - ein Schelm wer böses dabei denkt...
Das stimmt, zumindest für Rest-Österreich, nicht ganz. Die Polizei hat seit mehreren Jahren systematisch verdeckte Ermittler eingesetzt, die als Freier getarnt in Wohnungen eingedrungen sind. (Vermutlich war dies "vorauseilender Gehorsam" gegenüber dem damaligen Innenminister Strasser, siehe Beitrag weiter oben.) Es hat danach eine Reihe von Maßnahmenbeschwerden bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten gegeben, die z.T. bis zum Verwaltungsgerichtshof gekommen sind.

Das Ergebnis: Verdeckte Ermittlungen sind ein Instrument des Sicherheitspolizeigesetzes und als solche nur im Zusammenhang mit der Aufdeckung von schweren Verbrechen zulässig. Ihr Einsatz zur Auslotung der Wohnungsprostitution ist ein Missbrauch. Demnach waren die meisten Ermittlungen der Polizei gesetzwidrig. Da die Achtung der Wohnung ein grundlegendes Menschenrecht ist, das in allen Staaten der Welt respektiert wird, waren sie daher Menschenrechtsverletzungen.

Wenn allerdings die Wohnungsprostitution auffällig wird (z.B. Anzeigen der Nachbarn), dann kann die Polizei einen rechtmäßigen Grund für Ermittlungen haben und dabei auch die Wohnung betreten, ohne Grundrechte zu verletzen.

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe
Kontaktdaten:

Großrazzia in Sexarbeitsstätte in München

#80

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Bayerische Kondomverordnung als Razzia-Begründung, um gegen das Gewerbe und ausbeuterische Tendenzen vorzugehen?


Kondomverbot für Prostituierte: Razzia im Bordell



* Prostituierte sollen in einem Münchner Bordell zum Verzicht auf Kondome gezwungen worden sein.
* Foto: dpa


Die Geschäftsführer im Bordell "Pascha" [in München, nicht Köln etc.] sollen Prostituierte gezwungen haben, beim Sex mit Freiern auf Kondome zu verzichten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die beiden Rotlichtgrößen wegen dirigierender Prostitution.


MÜNCHEN - Die schönsten Frauen der Welt – und das auch noch mit Geld-Zurück-Garantie.

Kein Zweifel, im Bordell "Pascha“ glänzt man nicht mit bescheidener Zurückhaltung. Weil die Mädchen angeblich aber auch gezwungen wurden, ohne Kondome zu arbeiten, stellten Staatsanwaltschaft und Kripo das Truderinger Etablissement auf den Kopf. Gegen die beiden Bordell-Chefs ermittelt jetzt die Polizei.



Die Kripo kam mit 80 Mann ins Bordell

Mit 80 Mann marschierte die Kripo am zweiten Wiesn-Wochenende im Pascha am Stahlgruberring auf: 67 Kunden, 30 Liebesdamen und die beiden Bordell-Chefs Leonhard E. (48) und Herbert W. (73) dürften von der Razzia wenig erbaut gewesen sein. Von Mitternacht bis Montagmorgen acht Uhr durchstöberten die Beamten jeden Winkel des Bordells. 79.000 Euro beschlagnahmten die Fahnder.

Noch weniger wird [den Geschäftsführern] Leonhard E. und Herbert W. der Grund des nächtlichen Besuchs gefallen haben: Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Rotlichtgrößen "dirigistische Zuhälterei“ vor.



Oralsex ohne Kondom

Bei der Sitte, dem Kommissariat 35, waren Hinweise eingegangen, wonach die Frauen im Pascha gezwungen worden sind, ohne Kondome zu arbeiten. Kunden sollen ihr Geld zurück erhalten haben, wenn die Prostituierten Oralsex ohne Kondom verweigerten. "Frauen, die diese Geschäftsgebahren von vorneherein ablehnten, durften in dem Club erst gar nicht arbeiten“, heißt es.

Die Münchner Staatsanwaltschaft sieht darin den Tatbestand der dirigierenden Zuhälterei erfüllt. "Die Frauen konnten nicht frei über die Ausübung sowie die Art und Weise der Prostitution entscheiden“, erklärt Oberstaatsanwalt Anton Winkler.



Anzeigen gegen elf Prostituierte wegen Strafvereitelung

Zur Rechenschaft gezogen werden nun die beiden Geschäftsführer des Etablissements. Doch auch elf ihrer Liebesdamen bekommen Ärger mit der Polizei. Sie hatten bei der Vernehmung zunächst bestritten, dass ihnen Kondome verboten worden waren. Offenbar wollten sie die Bordell-Bosse schützen. Erst später gaben die Frauen kleinlaut alles zu. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie wegen Strafvereitelung.

Ralph Hub
http://www.abendzeitung.de/muenchen/56748


Bild-Zeitung:
http://www.bild.de/BILD/muenchen/aktuel ... ungen.html





War safer Sex hier nur der Vorwand, um zum weltberühmten Ernte-Dank-Fest ein Medienspektaktel gegen Prostitution zu starten und wirkungsvoll geschäftsschädigend die Prostitutionskunden abzuschrecken, um damit zu zeigen wer Herr im Land über alle Ernteerträge ist?

Wie sollen 80 Polizeibeamte im Sturmangriff auf eine Sexarbeitsstätte die Kondomanwendung beim intimen, privaten Sex besser überprüfen und sicherstellen können, als unspektakulär gesammelte und evt. vereidigte Zeugenaussagen, Gesundheits-Prävention-Teams für Freier- und Sexworker-Aufklärung und SexarbeiterInnen-Erwachsenenfortbildungsangebote?





Bayerische Kondomverordnung:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=22584#22584

Kontroverse im Kölner Pascha:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=19502#19502





.
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 03.10.2009, 13:20, insgesamt 1-mal geändert.

Antworten