Das doppelte Geschlecht.
Studien zur Bisexualität in Ritus und Mythos
von Hermann Baumann, Reimer Verlag, Berlin, 1986 (1955), 425 Seiten
Das Buch ist einzigartig in seinem Thema.
Es gib einige Bücher die das Thema streifen, oder einige spezielle Aspekte behandeln.
Aber wer eine Untersuchung über die menschliche Sexualität sucht, die alle Kulturen
der Welt einschließt, und nicht eurozentrisch oder US-zentrisch ist, der hat keine Wahl,
da gibt es bis jetzt nur diese Schrift.
Das Thema Sexualität wird hier nicht auf medizinischer Ebene behandelt, sondern
auf der sozialen und sozialpsychologischen Stufe, welche die Entstehung von Mythen
und deren Fortbestand, sowie Wandel mit einbezieht.
Die Studie untersucht sexuelles Sozialverhalten im weltweiten Vergleich.
Die künstliche dichotome Trennung in zwei Geschlechtern (weiblich-männlich) war eine,
weltweit gesehen, seltene Anschauungsweise, die nur in patriarchalen Gesellschaften
zu finden ist. Die Mehrheit der Weltkulturen erkannte sogenannte weibliche und männliche
Eigenschaften in allen Geschlechtern. "Alle" deswegen, weil es sehr viele Kulturen gab,
in denen mehr als 2 Geschlechter als Faktum anerkannt wurden. Sie unterschieden auch
"Verhalten" von "Materie". Somit hatten sie nicht die falsche zwangsweise Zuordnung von
"weiblichem" Verhalten mit weiblichem Leib, und dem entsprechenden beim Mann.
Frauen und Männer haben in sich immer beides. Die Präferenzen das eine oder andere
nach aussen zu manifestieren, ist eine persönliche Wahl. Somit gab es auch bei
vielen Völkern Riten, in denen Frauen und Männer das Verhalten der anderen
imitierten und die Rollen tauschten.
Baumann wuchs in einer extrem patriarchalen Gesellschaft auf, der unserigen, und
so konnte er viele Beobachtungen nicht einordnen, da sein Bezugssystem das der
christlichen westlichen Gesellschaft war. Das aber macht seine Beobachtungen
nicht ungültig! Für mich wurde dieses Buch zur wichtigsten ethnologischen Quelle
was die Entstehung von Mythen auf Weltebene betrifft.
Aus dem Inhaltsverzeichnis:
I. der kultische Geschlechtswandel
II. Austausch männlicher und weiblicher Geschlechtspotenzen
III. bisexuelle Seelen
IV. bisexuelle Gottheiten
V. das doppelte Geschlecht und der Weltmythos
Am Ende gibt es noch einen großen Kartenteil, aus dem man die weite Verteilung
dieser Glaubenssystemen ermessen kann.
Ciao!
Nicole
Das doppelte Geschlecht.
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