Matthis Schärers schöne Tochter Marie hat schon früh ihre Mutter verloren und wird nun unter der strengen Aufsicht ihres Vaters von der Wirtschafterin erzogen. Als der Magister Ruppertus Splendidus um ihre Hand anhält, ist Schärer überglücklich, denn Ruppertus ist der Bastardsohn eines Grafen. Marie jedoch ist skeptisch und fürchtet sich vor der Ehe mit dem Unbekannten und tatsächlich hat es Ruppertus nur auf ihre reiche Mitgift abgesehen und ersinnt einen teuflischen Plan, der die Familie in ihr Unglück stürzt. Marie - von allen verachtet und mit Schimpf und Schande aus ihrer Heimatstadt Konstanz gejagt - wird halbtot von der Wanderhure Hiltrud gefunden. Nach einigem Zögern schließt sich das junge, hübsche Mädchen der erfahrenen Frau an und wird selbst zur Wanderhure, von dem Gedanken an Rache ausgefüllt.
Im Gegensatz zu der Jüdin Lea aus "Die Goldhändlerin" ist Marie anfangs eher eine angepasste, brave, sogar etwas naive Bürgerstochter. Doch das Unrecht, das ihr angetan wird, macht aus ihr im Laufe der Zeit eine starke, junge Frau, die um ihr Überleben zu kämpfen weiß. So meistert sie das Leben als Wanderhure mit Hilfe der sympathischen "Hübschlerin" Hiltrud recht schnell, obwohl sie immer wieder mit ihrem Schicksal hadert und die ihr widerfahrene Ungerechtigkeit rächen möchte. Marie wird fünf Jahre ihres Lebens von einem fast alles verzehrenden Hass auf ihre einstigen Peiniger getrieben, spart das Geld, das sie von ihren Freier erhält und findet schließlich wieder nach Konstanz zurück.
Ich habe den Eindruck, dass sich Iny & Elmar Lorentz mit jedem Buch steigern. War ich beim Schluß der "Kastratin" noch etwas skeptischer, konnte ich "Die Goldhändlerin" bereits mit vollem Genuss lesen. Doch "Die Wanderhure" schlägt alles in den Schatten! Von der ersten Seite an war ich gefangen in Maries Welt, entwickelte selbst einen unbeändigen Hass auf ihre Peiniger, war fasziniert von der Welt der Wanderhuren, über die man im Verlauf der Geschichte sehr viel wissenswertes erfährt. Einzig sehr zartbesaitete Leser/innen sollten vorgewarnt sein, denn die Handlungen des Buches sind oft sehr grausam, obwohl keine Schandtat zu plastisch erzählt wird und die Geschichte so auch nie "abrutscht".
Iny & Elmar erzählen eine von Anfang an spannende Geschichte in einer so flüssig zu lesenden Sprache, dass "Die Wanderhure" für mich persönlich bereits jetzt zu einem der Higlights des Jahres wurde - einige werden das eine oder andere Tränchen vergiessen ;)
Das Buch zieht einen von der ersten Seite an in das Flair des Mittelalters. Die Lebensumstände sind gut recherchiert und werden detailgetreu und echt rübergebracht. Der Leser kann sich problemlos in diese Zeit hineinversetzen.
Iny Lorentz - Die Wanderhure
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