Biggi - im Schatten der Nacht

Buchtips für Sexworker oder von Sexworkern
Benutzeravatar
nina777
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 5025
Registriert: 08.05.2008, 15:31
Wohnort: Minden
Ich bin: SexarbeiterIn

Biggi - im Schatten der Nacht

Beitrag von nina777 »

14.10.2010

Im Rotlicht-Milieu gibt es keinen Glamour

Bad Nenndorf (rwe). Da sage noch einer, das Internet mache dem Buch den Garaus. Bei dem Bad Nenndorfer Manfred Herrmann ist eher das Gegenteil der Fall. Dank neuer Technik, Bücher auf Bestellung drucken zu können, hat der Kriminalbeamte nach fast 30 Jahren einen Roman veröffentlicht.


So lange lag das Manuskript für „Biggi – Im Schatten der Nacht“ in der Schublade. Darin nimmt Herrmann den Leser mit in die harte Welt der Prostitution. In eine Welt ohne Schampus, Gucchi-Brillen und all dem Glamour, der dem Rotlicht-Milieu im Fernsehen und in Filmen manchmal anhaftet. Die Geschichte um das Mädchen Biggi basiert auf Tatsachen. Grundlage sind Erlebnisse und Gespräche, die der Bad Nenndorfer mit Prostituierten hatte, als er drei Jahre bei der „Sitte“ in Braunschweig war.

Die Ausweglosigkeit für die Frauen in dem System brachte ihn dazu, sich an die Schreibmaschine zu setzen und die Erfahrungen der Mädchen zu Papier zu bringen. Doch damals fand sich noch kein Verlag für seine schonungslosen Blick auf das brutale Geschäft mit der Lust.

Auf 211 Seiten geht es um Biggi, die im Krankenhaus erwacht und sich langsam bruchstückhaft daran erinnert, wie sie in der 11. Klasse einen Zuhälter kennenlernte, die Schule abbrach und so immer mehr abrutschte in einen Sumpf aus Alkohol, Drogen und Prostitution, bis sie unter den Rotlichtgrößen wie eine Ware gehandelt wurde. Ein Ausstieg, so lernte Herrmann damals, gelingt so gut wie keiner der Frauen, auch wenn diese lange daran glauben.

Der 58-jährige Polizist, der heute im Landeskriminalamt arbeitet und vielen Nenndorfern auch als früherer Vorsitzender der örtlichen CDU noch bekannt sein dürfte, veröffentlichte seine Geschichte über den jungen Internet-Verlag „tredition“. Sein Manuskript ließ er unverändert, denn auch wenn sich das Drama in der Bundesrepublik der siebziger und achtziger Jahre abspielt, hat das Thema an Aktualität nichts verloren. Als Beispiel nennt Hermann das Treiben der mittlerweile auch in Deutschland aktiven „Loverboys“, die Teenagern erst den Kopf verdrehen und dann in die Pornoindustrie schleusen.

Es ist der Anfang des Strudels, aus dem es kein Entrinnen gibt. Hermann wählte extra die Sprache der Milieus, hofft auf deren abschreckende Wirkung. Am schikanösen, gewalttätigen und unmenschlichen Umgang der Kunden und Zuhälter mit den „Nutten“, aber auch an deren rohem Umgang untereinander gibt es für ihn nichts zu verharmlosen. So sieht er sein Werk nicht nur als Lückenfüller zwischen den Erfolgsromanen „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ und „Minusmann“, sondern auch als Pflichtlektüre für Eltern und jugendliche Mädchen. Nach seinen Erfahrungen, die noch weit über das Geschriebene hinausgehen, erfolgt der Einstieg in die Prostitution aus allen Gesellschaftsschichten.

Mehr zum Autor findet sich unter www.manfred-herrmann.de, das Buch „Biggi - im Schatten der Nacht“ kostet 16,99 Euro, ist zu beziehen unter www.tredition“.de oder zu bestellen im Buchhandel (ISBN 978-3-86850-824-6).

http://www.schaumburger-zeitung.de/port ... 77471.html
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.

Benutzeravatar
Josef_K.
unverzichtbar
unverzichtbar
Beiträge: 178
Registriert: 02.10.2010, 14:48
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Josef_K. »

Nun ja ... wie die Story sich mir darstellt, merkt man deutlich, dass das Manuskript 30 Jahre in der Schublade geschlummert hat.

Kann es ein, dass dieses Buch eher was für Nostalgiker ist, die für Geschichten aus der Zeit der "Nutella-Bande" empfänglich sind?

In der Tat ist das Treiben der "Loverboys" in gewisser Weise eine Renaissance der Zuhälter alten Schlages, die es in verminderter Zahl natürlich immer noch gegeben hat. In der heutigen abgeklärten Gesellschaft dürfte aber nicht zu befürchten sein, dass die Halbwelt früherer Tage wieder aufersteht. Obwohl die - und das muss ich gestehen - einen ganz besonderen Reiz auf mich ausgeübt hatte. Ich habe leider nur den Abgesang in den frühen 1990ern erleben dürfen, als die besten Zeiten längst vorüber waren. Und von diesem Reiz ist heute rein gar nichts mehr zu spüren. Schade eigentlich ... finde zumindest ich ...

J.K.
"Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor diese kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger als die größten Spitzbuben, die in der Welt sind." (König Friedrich II. im Jahre 1779)