Beratungstelle-Experten zum Thema Flatratebordell ??
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Beratungstelle-Experten zum Thema Flatratebordell ??
Hallo
Ich bin vor ein paar Tagen über einen Zeitungsartikel zur Diskussion über Flatratebordelle gestolpert.
Mir sind darin die Aussagen der Streetworkerin aufgefallen die Kondompflicht für Sexworker usw fordert.
Fehlt nur noch die Forderung nach dem Gesundheitsattest und dann sind wir wieder dort wo wir vor der legalisierung der Prostitution waren.
http://www.derwesten.de/nachrichten/wp/ ... etail.html
Experten meinen, Flatrate-Sex verstoße gegen das Gesetz
Hagen. Am Anfang stand der „All-inclusive”-Urlaub, dann kam das Telefon-Komplett-Angebot. Ärger gab es beim Flatrate-Trinken, doch seit Bordelle Sex zum Pauschaltarif anpreisen, kocht die Empörung richtig hoch. Experten für Prositution betrachten die Lage differenzierter.
„Alles ist möglich. Sex mit allen Frauen so oft du willst, so lange du willst und wie du willst” - so reißerisch wirbt seit einigen Wochen eine Bordell-Kette für Flatrate-Sex zum Billigtarif von 70 Euro tagsüber und 100 Euro am Abend. Sexistisch nennen das Kritiker, eine Verletzung der Menschenwürde, eine Herabwürdigung von Frauen zu einer Ware wie Essen und Trinken, eine moderne Form von Sklaverei.
Und diese Urteile dürften auch der Hintergrund für eine großangelegte Razzia am vergangenen Wochenende gewesen sein, bei der 700 Polizisten und 10 Staatsanwälte vier Bordelle, unter anderem in Wuppertal durchsuchten und Verstöße gegen Hygiene- und Sozialbestimmungen feststellten. Aber gegen das grundsätzlich Anstößige des Konzeptes gibt es offenbar keine Handhabe.
Verstoß gegen Prostitutionsgesetz
[U]Das verwundert Gisela Zohren, Mitarbeiterin und der Dortmunder Mitternachtsmission, einer traditionsreichen Beratungsstelle für Prostituierte. Denn sie sieht in dem Konzept einen Verstoß gegen das Prostitutionsgesetz, nach dem Frauen das Recht haben müssen, selbst zu bestimmen, für welches Geld sie welche Leistung erbringen. Und in den Pauschalclubs müssten sich die Frauen permanent zur Verfügung halten. Zumindest versprächen das Werbesprüche wie „26 Frauen - jung, willig, machen alles”. Und wenn es in der Realität dann nicht zugehe wie in der Werbung, wenn die Frauen, wie behauptet wird, Verträge haben, nach denen sie nur anbieten müssen, was sie anbieten wollen, dann handele es sich um unlauteren Wettbewerb. Und gegen den gebe es auch Gesetze.[/U]
Streetworkerin: „Das sind arme Menschen. Für die sind 20 oder 30 Euro viel Geld.”
Insgesamt aber sind die Flatrate-Bordelle - 50 soll es bundesweit geben - für Szenekundige nicht das vordringliche Problem. Emilija Mitrovic, Expertin bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, nennt zwar die aggresive Werbung „widerlich und frauenfeindlich”, die Debatte aber einen Ausdruck von Doppelmoral. Schließlich gebe es eine Nachfrage. Wichtiger fände sie Muster-Arbeitsverträge, die Prostituierten Sicherheiten für später böten.
Sieht sie neuen Preisdruck durch die Wirtschaftskrise? Da ist sie skeptisch. „Zwischen 10 Euro auf dem Drogenstrich und 1000 Euro im Luxusclub gibt es schon lange alles.” Das Hamburger Geizhaus - Slogan: Geiz macht geil - lockt seit Jahren mit einer Halbstunden-Pauschale. Stefanie Klee vom Bundesverband sexuelle Dienstleistungen betont, Rabattaktionen habe es im Rotlicht-Milieu immer gegeben. Ohne Internet habe die Allgemeinheit bloß selten davon erfahren.
Beitritt osteuropäischer Länder zur EU erhöhte Konkurrenzdruck
Trotzdem hat sich viel geändert, meint Gisela Zohren. Der Beitritt osteuropäischer Länder zur EU habe den Konkurrenzdruck massiv erhöht. Bulgarische und rumänische Frauen, die legal als Selbständige arbeiten dürften, die teilweise Analphabetinnen seien, gäben sich mit wenig Geld zufrieden und akzeptierten Bedingungen, die nicht in Ordnung sind. „Das sind arme Menschen, die unerfahren im Gewerbe sind. Für die sind 20 oder 30 Euro viel Geld.” Eine Tagespauschale von 100 oder 200 Euro klingt attraktiv.
Das Geschäftsmodell lohnt sich wohl. In den Etablissements mit Tiefpreis-Garantie herrscht Betrieb. Es geht schließlich nicht um Moral, es geht um Geld. Wie in anderen Wirtschaftsbereichen auch. [U]Deshalb fordert Gisela Zohren auch Standards wie anderswo, hygienische Bestimmungen wie in der Gastronomie, klare Vorgaben beim Bauordnungs- und Gewerberecht. Und die Pflicht, Kondome zu benutzen. Auch mit dem Verzicht auf die wird geworben. Selbstbestimmt? Das klingt eher nach bitterer Not.[/U]
Ich bin vor ein paar Tagen über einen Zeitungsartikel zur Diskussion über Flatratebordelle gestolpert.
Mir sind darin die Aussagen der Streetworkerin aufgefallen die Kondompflicht für Sexworker usw fordert.
Fehlt nur noch die Forderung nach dem Gesundheitsattest und dann sind wir wieder dort wo wir vor der legalisierung der Prostitution waren.
http://www.derwesten.de/nachrichten/wp/ ... etail.html
Experten meinen, Flatrate-Sex verstoße gegen das Gesetz
Hagen. Am Anfang stand der „All-inclusive”-Urlaub, dann kam das Telefon-Komplett-Angebot. Ärger gab es beim Flatrate-Trinken, doch seit Bordelle Sex zum Pauschaltarif anpreisen, kocht die Empörung richtig hoch. Experten für Prositution betrachten die Lage differenzierter.
„Alles ist möglich. Sex mit allen Frauen so oft du willst, so lange du willst und wie du willst” - so reißerisch wirbt seit einigen Wochen eine Bordell-Kette für Flatrate-Sex zum Billigtarif von 70 Euro tagsüber und 100 Euro am Abend. Sexistisch nennen das Kritiker, eine Verletzung der Menschenwürde, eine Herabwürdigung von Frauen zu einer Ware wie Essen und Trinken, eine moderne Form von Sklaverei.
Und diese Urteile dürften auch der Hintergrund für eine großangelegte Razzia am vergangenen Wochenende gewesen sein, bei der 700 Polizisten und 10 Staatsanwälte vier Bordelle, unter anderem in Wuppertal durchsuchten und Verstöße gegen Hygiene- und Sozialbestimmungen feststellten. Aber gegen das grundsätzlich Anstößige des Konzeptes gibt es offenbar keine Handhabe.
Verstoß gegen Prostitutionsgesetz
[U]Das verwundert Gisela Zohren, Mitarbeiterin und der Dortmunder Mitternachtsmission, einer traditionsreichen Beratungsstelle für Prostituierte. Denn sie sieht in dem Konzept einen Verstoß gegen das Prostitutionsgesetz, nach dem Frauen das Recht haben müssen, selbst zu bestimmen, für welches Geld sie welche Leistung erbringen. Und in den Pauschalclubs müssten sich die Frauen permanent zur Verfügung halten. Zumindest versprächen das Werbesprüche wie „26 Frauen - jung, willig, machen alles”. Und wenn es in der Realität dann nicht zugehe wie in der Werbung, wenn die Frauen, wie behauptet wird, Verträge haben, nach denen sie nur anbieten müssen, was sie anbieten wollen, dann handele es sich um unlauteren Wettbewerb. Und gegen den gebe es auch Gesetze.[/U]
Streetworkerin: „Das sind arme Menschen. Für die sind 20 oder 30 Euro viel Geld.”
Insgesamt aber sind die Flatrate-Bordelle - 50 soll es bundesweit geben - für Szenekundige nicht das vordringliche Problem. Emilija Mitrovic, Expertin bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, nennt zwar die aggresive Werbung „widerlich und frauenfeindlich”, die Debatte aber einen Ausdruck von Doppelmoral. Schließlich gebe es eine Nachfrage. Wichtiger fände sie Muster-Arbeitsverträge, die Prostituierten Sicherheiten für später böten.
Sieht sie neuen Preisdruck durch die Wirtschaftskrise? Da ist sie skeptisch. „Zwischen 10 Euro auf dem Drogenstrich und 1000 Euro im Luxusclub gibt es schon lange alles.” Das Hamburger Geizhaus - Slogan: Geiz macht geil - lockt seit Jahren mit einer Halbstunden-Pauschale. Stefanie Klee vom Bundesverband sexuelle Dienstleistungen betont, Rabattaktionen habe es im Rotlicht-Milieu immer gegeben. Ohne Internet habe die Allgemeinheit bloß selten davon erfahren.
Beitritt osteuropäischer Länder zur EU erhöhte Konkurrenzdruck
Trotzdem hat sich viel geändert, meint Gisela Zohren. Der Beitritt osteuropäischer Länder zur EU habe den Konkurrenzdruck massiv erhöht. Bulgarische und rumänische Frauen, die legal als Selbständige arbeiten dürften, die teilweise Analphabetinnen seien, gäben sich mit wenig Geld zufrieden und akzeptierten Bedingungen, die nicht in Ordnung sind. „Das sind arme Menschen, die unerfahren im Gewerbe sind. Für die sind 20 oder 30 Euro viel Geld.” Eine Tagespauschale von 100 oder 200 Euro klingt attraktiv.
Das Geschäftsmodell lohnt sich wohl. In den Etablissements mit Tiefpreis-Garantie herrscht Betrieb. Es geht schließlich nicht um Moral, es geht um Geld. Wie in anderen Wirtschaftsbereichen auch. [U]Deshalb fordert Gisela Zohren auch Standards wie anderswo, hygienische Bestimmungen wie in der Gastronomie, klare Vorgaben beim Bauordnungs- und Gewerberecht. Und die Pflicht, Kondome zu benutzen. Auch mit dem Verzicht auf die wird geworben. Selbstbestimmt? Das klingt eher nach bitterer Not.[/U]
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- wissend
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Re: Beratungstelle-Experten zum Thema Flatratebordell ??

@Draganadragana hat geschrieben:Mir sind darin die Aussagen der Streetworkerin aufgefallen die Kondompflicht für Sexworker usw fordert. Fehlt nur noch die Forderung nach dem Gesundheitsattest und dann sind wir wieder dort wo wir vor der legalisierung der Prostitution waren.
Mich stört das Auftreten dier Helferindustrie schon lange! Da treten Expertinnen zum Thema vor das Mikrofon und stellen Forderungen in den Raum und erwecken dabei den Anschein, wie wenn sie für Sexarbeiterinnen sprechen würden. Und wenn man sich dann die Expertinnen genauer ansieht, dann fragt man sich, was für Leute das überhaupt sind. Welche Interessen sie vertreten.
Die im Bericht genannte Mitternachtsmission in Dortmund hat eine Webseite auf der unter Anderem zu lesen ist:
Und das sind dann die Leute, die als Experten sprechen? Spätestens bei dem Satz von der Webseite ist dann alles klar:Prostitution macht Körper und Seele kaputt
Ich habe Niemand beauftragt mein Seelenheil zu retten! Und deshalb haben die auch keine Berechtigung für mich oder auch meine Kolleginnen etwas zu fordern!Bei allen gesellschaftlichen Veränderungen in den letzten 90 Jahren wie etwa der Zunahme von Zwangsprostitution verbindet nach wie vor ein ganzheitlicher Ansatz die "Seelenrettung" mit der Sozialarbeit.
Kondompflicht?
Ich arbeite sauber! Das braucht mir keine Expertin erzählen. Ich finde es diksriminierend, wenn Jemand fordert man solle mich per Gesetz dazu zwingen.
Die Journalisten sollten Sexarbeiterinnen befragen - nicht die Retterindustrie, die sich dann eigenmächtig aufschwingt Regeln aufstellen zu wollen. SexarbeiterInnen müssen selbstbestimmt arbeiten können - das heißt aber auch, dass sie selbst entscheiden sollen - und nicht die Retter, unter welchem Namen sie auch immer auftreten.
Magda
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Hallo Dragana,
ganz klar will niemand mehr die Untersuchungspflicht zurück. Aber ich finde auch, das bestimmte Standards für unseren Beruf wichtig sind. Dazu gehört selbstverständlich,das Benutzen eines Kondoms.
Sowieso für GV als auch für orale Praktiken.
Um selbsbestimmt und frei arbeiten zu können ist es doch wohl wichtig, daß ich auf meine Gesundheit achte.
Liebe Grüße Anita
ganz klar will niemand mehr die Untersuchungspflicht zurück. Aber ich finde auch, das bestimmte Standards für unseren Beruf wichtig sind. Dazu gehört selbstverständlich,das Benutzen eines Kondoms.
Sowieso für GV als auch für orale Praktiken.
Um selbsbestimmt und frei arbeiten zu können ist es doch wohl wichtig, daß ich auf meine Gesundheit achte.
Liebe Grüße Anita
Nur durch die Hoffnung bleibt alles bereit, immer wieder neu zu beginnen.
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- wissend
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Hallo Sonne
Du hast schon Recht! Aber so wie ich den Artikel verstehe fordert diese Mitternachsmission eine Kondompflicht per Gesetz - Und das sehe ich im Widerspruch zu meiner Selbstbestimmung (ich arbeite ausschließlich mit Kondom! Ich will aber nicht dazu gezwungen werden - und schon gar nicht von Jemand dem es um die Rettung meines Seelenheils geht und der meint: Prostitution macht Körper und Seele krank! Ich bin schon längere Zeit in dem Geschäft - und ich weigere mich als "Krank" zu gelten - Standards? Ja, klar! Bin ich auch dafür! Aber bitte unter den gleichen Voraussetzungen. Eine Expertin die mich für krank erklärt - mich zum Opfer degradiert, deren Seele man retten muss, ist für mich keine Expertin die für meinen Beruf Standards einfordern oder noch schlimmer entwickeln kann.
Ich bin für Kondome! Aber nicht für Zwangsverordnungen!
Magda
Du hast schon Recht! Aber so wie ich den Artikel verstehe fordert diese Mitternachsmission eine Kondompflicht per Gesetz - Und das sehe ich im Widerspruch zu meiner Selbstbestimmung (ich arbeite ausschließlich mit Kondom! Ich will aber nicht dazu gezwungen werden - und schon gar nicht von Jemand dem es um die Rettung meines Seelenheils geht und der meint: Prostitution macht Körper und Seele krank! Ich bin schon längere Zeit in dem Geschäft - und ich weigere mich als "Krank" zu gelten - Standards? Ja, klar! Bin ich auch dafür! Aber bitte unter den gleichen Voraussetzungen. Eine Expertin die mich für krank erklärt - mich zum Opfer degradiert, deren Seele man retten muss, ist für mich keine Expertin die für meinen Beruf Standards einfordern oder noch schlimmer entwickeln kann.
Ich bin für Kondome! Aber nicht für Zwangsverordnungen!
Magda
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RE: Beratungstelle-Experten zum Thema Flatratebordell ??
Hallo Ihr!
Ich finde das zitierte Interview auch nicht besonders glücklich, da der von Magda geäußerte Vorwurf (Forderung nach Verboten bzw. staatlichen Zwängen) tatsächlich herausgelesen werden könnte. Ich glaube aber nicht, dass dies die grundsätzliche Einstellung der Dortmunder Mitternachtsmission widerspiegelt.
@Magda
Auf der Webseite findet man unter Anderem auch ein eindeutiges Statement, welches in unserem Sinne ist, welches die Selbstbestimmtheit der Sexarbeit unterstreicht:
Ich zitiere:
Stellungnahme (der Mitternachsmission Dortmund)
zur Diskussion von Menschenhandel in die Zwangsprostitution, Arbeitsmigration in die Prostitution und Prostitution als legale sexuelle Dienstleistung im Sinne des ProstG
Seit einiger Zeit berichten die Medien verstärkt über Menschenhandel in die Zwangsprostitution, Arbeitsmigration in die Prostitution und Prostitution als sexuelle Dienstleistung. Dabei werden diese verschiedenen Bereiche häufig vermischt. Wir halten es für wichtig, dass hier klar unterschieden wird:
Prostitution i.S. des Prostitutionsgesetzes (ProstG) ist eine freiwillig erbrachte sexuelle Dienstleistung, die einen einvernehmlichen Vertrag zwischen erwachsenen GeschäftspartnerInnen voraussetzt.
Durch das ProstG wird denjenigen rechtliche Sicherheit und Zugang zu den Sozialversicherungssystemen gewährt, die diese Tätigkeit freiwillig ausüben. Legale Arbeitsbedingungen und menschenwürdige Arbeitsplätze tragen dazu bei, Prostitution zu entkriminalisieren und den Ausstieg aus der Prostitution zu erleichtern.
Migration zum Zwecke der Ausübung der Prostitution ist gleichzustellen mit anderen Formen der Arbeitsmigration. MigrantInnen, die zu diesem Zweck einreisen unterliegen den gleichen rechtlichen Bestimmungen wie andere ArbeitsmigrantInnen.
Menschenhandel in die Prostitution (Zwangsprostitution) ist sexuelle Gewalt an Frauen und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzes (StGB, §§ 232 ff.) und damit ein schweres Verbrechen.
Eine Vermischung führt zu falschen Perspektiven und Deutungen und verhindert einen korrekten und adäquaten Umgang mit der Thematik, z.B. Gesetzesentwürfen, polizeilichen Maßnahmen, Stellungnahmen etc.
Deshalb plädieren wir für eine konstruktive und sachgerechte Diskussion und Berichterstattung.
Liebe Grüße
Christian
Ich finde das zitierte Interview auch nicht besonders glücklich, da der von Magda geäußerte Vorwurf (Forderung nach Verboten bzw. staatlichen Zwängen) tatsächlich herausgelesen werden könnte. Ich glaube aber nicht, dass dies die grundsätzliche Einstellung der Dortmunder Mitternachtsmission widerspiegelt.
@Magda
Auf der Webseite findet man unter Anderem auch ein eindeutiges Statement, welches in unserem Sinne ist, welches die Selbstbestimmtheit der Sexarbeit unterstreicht:
Ich zitiere:
Stellungnahme (der Mitternachsmission Dortmund)
zur Diskussion von Menschenhandel in die Zwangsprostitution, Arbeitsmigration in die Prostitution und Prostitution als legale sexuelle Dienstleistung im Sinne des ProstG
Seit einiger Zeit berichten die Medien verstärkt über Menschenhandel in die Zwangsprostitution, Arbeitsmigration in die Prostitution und Prostitution als sexuelle Dienstleistung. Dabei werden diese verschiedenen Bereiche häufig vermischt. Wir halten es für wichtig, dass hier klar unterschieden wird:
Prostitution i.S. des Prostitutionsgesetzes (ProstG) ist eine freiwillig erbrachte sexuelle Dienstleistung, die einen einvernehmlichen Vertrag zwischen erwachsenen GeschäftspartnerInnen voraussetzt.
Durch das ProstG wird denjenigen rechtliche Sicherheit und Zugang zu den Sozialversicherungssystemen gewährt, die diese Tätigkeit freiwillig ausüben. Legale Arbeitsbedingungen und menschenwürdige Arbeitsplätze tragen dazu bei, Prostitution zu entkriminalisieren und den Ausstieg aus der Prostitution zu erleichtern.
Migration zum Zwecke der Ausübung der Prostitution ist gleichzustellen mit anderen Formen der Arbeitsmigration. MigrantInnen, die zu diesem Zweck einreisen unterliegen den gleichen rechtlichen Bestimmungen wie andere ArbeitsmigrantInnen.
Menschenhandel in die Prostitution (Zwangsprostitution) ist sexuelle Gewalt an Frauen und ein Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzes (StGB, §§ 232 ff.) und damit ein schweres Verbrechen.
Eine Vermischung führt zu falschen Perspektiven und Deutungen und verhindert einen korrekten und adäquaten Umgang mit der Thematik, z.B. Gesetzesentwürfen, polizeilichen Maßnahmen, Stellungnahmen etc.
Deshalb plädieren wir für eine konstruktive und sachgerechte Diskussion und Berichterstattung.
Liebe Grüße
Christian
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- wissend
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Re: RE: Beratungstelle-Experten zum Thema Flatratebordell ?

Gerade deshalb sollten sie nicht herablassende Interviews über Sexarbeiterinnen geben und Dinge fordern die sie 1. nicht zu fordern berechtigt sind und 2. unsere Lage in das vorige Jahrhundert zurückkatapultieren würden.Zwerg hat geschrieben:Deshalb plädieren wir für eine konstruktive und sachgerechte Diskussion und Berichterstattung.
Ich selbst arbeite seit einigen Jahren in Wien und dort ist man als Sexarbeiterin noch mit Methoden des Mittelalters (Zwangsregistrierung und Zwangsuntersuchung) belastet. Von der Argumentation her finde ich nicht viel Unterschied zur MM.
Gibt es von Denen eine Stellungnahme bezüglich Zwangsuntersuchung? Ich habe im Netz nichts gefunden.
Magda
PS.: Kann ja sein, dass die ganz in Ordnung sind - Aber das Interview ist es nicht!
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@ Magdalena
Niemand hat Dich als krank bezeichnet. Es gibt genug andere Berufe, die auch krank machen - es trifft nicht jede(n).
Streetwork macht krank. Viele SozialarbeiterInnen sind davon betroffen, wenn sie nichts dagegen unternehmen.
Eine Stellungsnahme der Mitternachtmission gegen Zwangsuntersuchungen in Deutschland gibts vermutlich deshalb nicht im Internet, weil in NRW in vielen Städten der Bockschein schon in den 80er Jahren abgeschafft wurde. (Die letzten Bundesländer waren Sachsen und Baden-Württemberg im Jahre 2001). Und das www wurde 1991 freigegeben und hat erst mit dem Mosaic-Browser ab 1993 seinen Siegeszug angetreten.
Das hat die Leiterin der Mitternachtsmission 2007 geschrieben: Schreiben so "Helfer"?
Das Prostitutionsgesetz ist aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern, die diese stark nachgefragte Dienstleistung anbieten, aber gesellschaftlich an den Rand gedrückt und verachtet werden.Akzeptanz stellt sich jedoch nicht automatisch mit der Verabschiedung eines Gesetzes ein. Doppelmoral und Heuchelei verschwinden nicht über Nacht durch verordnete Gerechtigkeit. Es wird noch ein weiter Weg sein bis Prostitution gesellschaftlich anerkannt ist.
Jutta Geißler-Hehlke
Dortmunder Mitternachtsmission
22.11.07
Niemand hat Dich als krank bezeichnet. Es gibt genug andere Berufe, die auch krank machen - es trifft nicht jede(n).
Streetwork macht krank. Viele SozialarbeiterInnen sind davon betroffen, wenn sie nichts dagegen unternehmen.
Eine Stellungsnahme der Mitternachtmission gegen Zwangsuntersuchungen in Deutschland gibts vermutlich deshalb nicht im Internet, weil in NRW in vielen Städten der Bockschein schon in den 80er Jahren abgeschafft wurde. (Die letzten Bundesländer waren Sachsen und Baden-Württemberg im Jahre 2001). Und das www wurde 1991 freigegeben und hat erst mit dem Mosaic-Browser ab 1993 seinen Siegeszug angetreten.
Das hat die Leiterin der Mitternachtsmission 2007 geschrieben: Schreiben so "Helfer"?
Das Prostitutionsgesetz ist aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen und Männern, die diese stark nachgefragte Dienstleistung anbieten, aber gesellschaftlich an den Rand gedrückt und verachtet werden.Akzeptanz stellt sich jedoch nicht automatisch mit der Verabschiedung eines Gesetzes ein. Doppelmoral und Heuchelei verschwinden nicht über Nacht durch verordnete Gerechtigkeit. Es wird noch ein weiter Weg sein bis Prostitution gesellschaftlich anerkannt ist.
Jutta Geißler-Hehlke
Dortmunder Mitternachtsmission
22.11.07
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Hallo Magda,
ich nehme seit einigen Jahren regelmäßig an den Treffen der AG Recht Prostitution teil. Daher kenne ich Gisela persönlich. Sie ist eine sehr engagierte Frau, die 100%ig auf der Seite der SW steht.
Ich kenne nur ganz wehnige Leute, die mit soviel Herzblut an der Sache arbeiten wie sie.
Das was Christian und ehemaliger_User geschrieben haben, macht den Standpunkt der Mitternachtsmission doch deutlich.
Keiner dort denkt wir sind kranke, arme Seelen und niemand will weitere Zwangsverordnungen für uns.
Ganz liebe Grüße Anita
ich nehme seit einigen Jahren regelmäßig an den Treffen der AG Recht Prostitution teil. Daher kenne ich Gisela persönlich. Sie ist eine sehr engagierte Frau, die 100%ig auf der Seite der SW steht.
Ich kenne nur ganz wehnige Leute, die mit soviel Herzblut an der Sache arbeiten wie sie.
Das was Christian und ehemaliger_User geschrieben haben, macht den Standpunkt der Mitternachtsmission doch deutlich.
Keiner dort denkt wir sind kranke, arme Seelen und niemand will weitere Zwangsverordnungen für uns.
Ganz liebe Grüße Anita
Nur durch die Hoffnung bleibt alles bereit, immer wieder neu zu beginnen.
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- wissend
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Hallo Sonne!
Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass diese Gisela das Herz am rechten Fleck hat - aber ich frage mich halt ob es vereinbar ist auf der Seite der Sexarbeiterinnen zu stehen und gleichzeitig auf der Webseite zu schreiben - Prostitution macht Körper und Seele kaputt und eine Kondompflicht einführen zu wollen!
Das Interview zeigt eine herablassende Art gegenüber ausländischen Sexarbeiterinnen. Ich kann es nicht aushalten, wenn Jemand (noch dazu wenn er bzw. sie mit der Kirche zu tun hat) Regeln aufstellen will. Meiner Meinung nach wissen Sexarbeiterinnen ganz gut selbst wo die Grenzen sind. Und wenn sie es nicht wissen, dann ändert eine Strafandrohung überhaupt nichts daran. Die Leute gehen in den Untergrund (siehe Österreich Zwangsuntersuchung) oder gehen das Risiko einach ein. Die Sexarbeiterinnen welche sich an alle Vorschriten halten werden durch die zusätzlichen Verbote doch nur weiter unter Druck gesetzt - und die anderen machen vielleicht noch Geld damit
Magda
Wie ich schon sagte: Mag sein das diese Gisela und die Mitternachsmission völlig in Ordnung ist damit. Die Webseite der Mitternachtsmission und auch dieses Interview ist es nicht.
Ja, ich kann mir schon vorstellen, dass diese Gisela das Herz am rechten Fleck hat - aber ich frage mich halt ob es vereinbar ist auf der Seite der Sexarbeiterinnen zu stehen und gleichzeitig auf der Webseite zu schreiben - Prostitution macht Körper und Seele kaputt und eine Kondompflicht einführen zu wollen!
Das Interview zeigt eine herablassende Art gegenüber ausländischen Sexarbeiterinnen. Ich kann es nicht aushalten, wenn Jemand (noch dazu wenn er bzw. sie mit der Kirche zu tun hat) Regeln aufstellen will. Meiner Meinung nach wissen Sexarbeiterinnen ganz gut selbst wo die Grenzen sind. Und wenn sie es nicht wissen, dann ändert eine Strafandrohung überhaupt nichts daran. Die Leute gehen in den Untergrund (siehe Österreich Zwangsuntersuchung) oder gehen das Risiko einach ein. Die Sexarbeiterinnen welche sich an alle Vorschriten halten werden durch die zusätzlichen Verbote doch nur weiter unter Druck gesetzt - und die anderen machen vielleicht noch Geld damit
Magda
Wie ich schon sagte: Mag sein das diese Gisela und die Mitternachsmission völlig in Ordnung ist damit. Die Webseite der Mitternachtsmission und auch dieses Interview ist es nicht.
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Wenn die Helfer Sexworker opfern
Gutgemeint ist bisweilen das Gegenteil von gut.
Natürlich wollen Helfer nicht etwas explizit nachteiliges für ihre Klientinnen. Aber manchmal scheinen sie gar nicht zu merken wo der Stachel der Diskriminierung und Kriminalisierung in welchen Wunden bohrt.
Zum Beispiel dann, wenn eine Anti-Flatrate-Bordell-Hetze durchs Land braust und damit das angeblich menschenwürdeverletzende von Sexarbeit von Migrantinnen per se festgestellt werden soll ...
Oder dann, wenn in den eigenen Papieren oder Webseiten der Hilfsorganisationen Anti-Prostitutionswerturteile niedergeschrieben sind.
Zumindest ist es vom Standpunkt der Sexworker unklug sich in solchen Diskursen auf eine Seite von nur einem Teil der SexarbeiterInnen zu schlagen und damit die Branche öffentlich auseinanderzudividieren und verletzlich zu machen.
Viele Sozialberatungsstellen können ja auch gar nicht ernsthaft wissen, was die KlientInnen wirklich wollen, da es ja gar keine institutionalisierten partizipativen Strukturen in der Helferindustrie gibt.
Und dann wenn sich viele Sexarbeiterinnen in einem öffentlichen Brief und Anzeigen gemeldet haben, wird das nicht ernst genommen als Anlaß den Dialog und Inklusion zu fordern, sondern eine faktenschaffende Razziapolitik wird unkommentiert geduldet oder wie oben sogar mit Argumenten gestützt, auch wenn statt den rufmordartig unterstellten Menschenhandelsopfer nur kleinere Hygienemängel im Wellnessbereich aufgespürt werden.
Da läuft vom Prinzip her was falsch, auch wenn einzelne Sozialarbeiter sehr liebenswerte und altruistische Menschen sein mögen.
"Es gibt kein richtiges Leben im Falschen"
[Adorno, Minima Moralia].
.
Natürlich wollen Helfer nicht etwas explizit nachteiliges für ihre Klientinnen. Aber manchmal scheinen sie gar nicht zu merken wo der Stachel der Diskriminierung und Kriminalisierung in welchen Wunden bohrt.
Zum Beispiel dann, wenn eine Anti-Flatrate-Bordell-Hetze durchs Land braust und damit das angeblich menschenwürdeverletzende von Sexarbeit von Migrantinnen per se festgestellt werden soll ...
Oder dann, wenn in den eigenen Papieren oder Webseiten der Hilfsorganisationen Anti-Prostitutionswerturteile niedergeschrieben sind.
Zumindest ist es vom Standpunkt der Sexworker unklug sich in solchen Diskursen auf eine Seite von nur einem Teil der SexarbeiterInnen zu schlagen und damit die Branche öffentlich auseinanderzudividieren und verletzlich zu machen.
Viele Sozialberatungsstellen können ja auch gar nicht ernsthaft wissen, was die KlientInnen wirklich wollen, da es ja gar keine institutionalisierten partizipativen Strukturen in der Helferindustrie gibt.
Und dann wenn sich viele Sexarbeiterinnen in einem öffentlichen Brief und Anzeigen gemeldet haben, wird das nicht ernst genommen als Anlaß den Dialog und Inklusion zu fordern, sondern eine faktenschaffende Razziapolitik wird unkommentiert geduldet oder wie oben sogar mit Argumenten gestützt, auch wenn statt den rufmordartig unterstellten Menschenhandelsopfer nur kleinere Hygienemängel im Wellnessbereich aufgespürt werden.
Da läuft vom Prinzip her was falsch, auch wenn einzelne Sozialarbeiter sehr liebenswerte und altruistische Menschen sein mögen.
"Es gibt kein richtiges Leben im Falschen"
[Adorno, Minima Moralia].
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- aufstrebend
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Ich habe die Vermutung, dass sich der Beitrag der Mitternachtmission insbes. auf Dortmund bezieht und insbes. auf den Straßenstrich
und die dort herrschen Zustände.
Dort gibt es nicht gerade wenige SW aus dem südosteurop. Ländern die FO zu (sehr) günstigen Preisen anbieten bzw. sich von den Kunden
auf ein solch niedriges Preisniveau drücken lassen.
Auch gibt es ein paar SW aus eben diesen Ländern die sogar komplett ungeschützten GV anbieten bzw. durch einen kleinen Obolus der
Kunden dies mit sich machen lassen.
Es hat auch in den letzten Monaten einige Abtreibungen gegeben - wobei ich aktuell keine Zahlen nennen kann - die MitarbeterInnen der
bekannten Beratungsstellen wie Kober, Mitternachtsmission, etc. haben da sicherlich Zahlen zu und betreiben nun seit dem vermehrten
Auftreten der Abtreibungen auch mehr Aufklärungsarbeit incl. einer Dolmetscherin.
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/d ... 930,548433
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/d ... 930,547192
http://www.ruhrnachrichten.de/nachricht ... 346,537467
und die dort herrschen Zustände.
Dort gibt es nicht gerade wenige SW aus dem südosteurop. Ländern die FO zu (sehr) günstigen Preisen anbieten bzw. sich von den Kunden
auf ein solch niedriges Preisniveau drücken lassen.
Auch gibt es ein paar SW aus eben diesen Ländern die sogar komplett ungeschützten GV anbieten bzw. durch einen kleinen Obolus der
Kunden dies mit sich machen lassen.
Es hat auch in den letzten Monaten einige Abtreibungen gegeben - wobei ich aktuell keine Zahlen nennen kann - die MitarbeterInnen der
bekannten Beratungsstellen wie Kober, Mitternachtsmission, etc. haben da sicherlich Zahlen zu und betreiben nun seit dem vermehrten
Auftreten der Abtreibungen auch mehr Aufklärungsarbeit incl. einer Dolmetscherin.
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/d ... 930,548433
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/d ... 930,547192
http://www.ruhrnachrichten.de/nachricht ... 346,537467