ZwangsFreier Kriminalisierung

Wer mit Menschen zu tun hat, hat oft genug auch mit Dummköpfen zu tun. Macht eurem Ärger Luft. Es bleibt unter euch. Ebenso sollen hier aber auch vorbildliche Klienten aufgeführt werden. Wie sieht der ideale Klient aus?
Doris67
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Beitrag von Doris67 »

Kasharius: Na dann schaun wir mal, ob die tatsächlich die deutschen Grenzen für alle Arbeitnehmer aus ärmeren Ländern dichtmachen... denn das wären dann ja alles Gezwungene. Oder ob sie die reinlassen aber ganz pragmatisch in Arbeitslager stecken, so was konnte Deutschland ja früher schon gut.

Die Kombination von globalisierungsverliebtem Neoliberalismus und ausländerfeindlichem Nationalismus führt offenbar zu faschistoiden Kollektivpsychosen. Es kommen harte Zeiten...
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friederike
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von friederike »

@Kasharius,

nicht ganz: noch (also auch nach dem Maas'schen Gesetzesentwurf) bleibt der Kunde straffrei, der Ware aus dem Supermarktregal entnimmt, obwohl der Regaleinräumer aus einer wirtschaftlichen Zwangslage heraus diese Tätigkeit aufgenommen hat.

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lust4fun
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Re: RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von lust4fun »

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friederike hat geschrieben:Nach dem Gesetzesentwurf ist der strafbarkeitsauslösende Tatbestand eine "Meta-Motivation" der Prostituierten. Mit einer Frau Sex zu haben, die diesen konkreten Sex nicht will, ist Vergewaltigung und bereits heute strafbar. Dieser Gesetzesentwurf zielt daher auf den Fall, dass die Frau den konkreten Sex will, aber sie will ihn eigentlich nicht wollen, sondern muss ihn aus bestimmten Gründen unfreiwillig doch wollen. Diese verdrehte Konstellation führt nicht nur zu Beweisproblemen, sondern begrifflich zu einer gedanklichen Brezelform.
Liebe friederike, deine Beschreibung ist klasse!

Ich habe bei diesem Thema eine komplette Brezel im Kopf und kann es überhaupt nicht mehr sortieren.

Bei Zwangsprostitution denkt man unwillkürlich in den Kategorien der Tatort-Krimis. Ich bin ein reicher Schnösel und lasse mir von einem Zuhälterring ein Mädchen in die Wohnung kommen. Dieses Mädchen wollte mich natürlich nicht. Sie weint, ist verzweifelt... Wenn der Zwang von mir ausgeübt wird, ist es Vergewaltigung, klar.

Aber das Gesetz meint etwas ganz anderes. Einen Fall, in dem die Gewalt nicht von mir ausgeht, sondern von Dritten. Die SW selbst will mir ja ausdrücklich ihr Angebot machen. Die Zwangslage wird von mir nicht verursacht, sondern ausgenutzt.

Hat der Gesetzgeber also im Blick, dass es Prostitution geben kann, die dem Freier eine Freiwilligkeit vorgaukelt? Es wäre ein sehr moderner Ansatz, denn jedes Produkt braucht, um erfolgreich zu sein, den schönen Schein.

Nun sagt aber der Minister, dass es, weil dieser Zwangshintergrund schwer zu erkennen sei, nur um offensichtliche Fälle gehe, z. B. wenn die SW um Hilfe bitte. Wenn also beim Freier ein Vorsatz bestehe.

Es ist dann aber nicht klar, was diese Konstruktion von der Vergewaltigung (siehe oben) unterscheidet.

Ein Gesetz also, das seinen Rahmen so weit ausdehnt, dass schon ein Sachverhalt von "wirtschaftlicher Notlage" als Oder-Kriterium definiert wird. Gleichzeitig wird gleich im Voraus gesagt, dass die Strafverfolgung nichts anderes im Blick habe als Vergewaltigung.

Neuer Versuch:
Ist das Gesetz pädagogisch gemeint? Ein Kommentar deutet es so: "Männer müssen für Unrecht sensibilisiert werden." Ist dies Aufgabe eines Gesetzes?

Oder ist die Absicht, einen Druck aufzubauen, dass Freier zu Helfern der Polizei werden? Straffreiheit gegen Anzeige. Freier, wir wollen euch gar nichts Böses, wir brauchen euch doch!

Oder ist das Gesetz gar die fortschrittlichste Fassung einer Vergewaltigungs-Definition, in der nicht nur ein konkreter Widerstand des Opfers zählt?

Habt ihr die Brezel im Kopf besser entwirrt?

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Kasharius
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Beitrag von Kasharius »

@lust4fun

ich kann das Kompliment an @friederike jetzt auf Dich bezogen nur wiederholen. Jetzt hätten wir schon (mindestens) zwei Sachverständige für die (hoffentlich zu erwartenden) Anhörungen zu den geplanten Gesetzen.

Bravo, bravo!!!

Kasharius grüßt

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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von friederike »

@lust4fun,

die Brezel entspricht der Gehirnstruktur feministischen Denkens. Beim Bundesjustizminister sehe ich langsam eher das Pürree als zerebrale Struktur.

Die Anforderungen an ein Gesetz, das einen strafrechtlichen Tatbestand schafft, sind deutlich höher als unser Justizminister das verinnerlicht hat. "Für Unrecht sensibilisieren", "Zeichen setzen" und so weiter genügt hier nicht.

Der Gesetzesentwurf wirkt so, dass Sexarbeit als Ausweg für Frauen in Zwangslagen unterbunden werden soll. Frauen müssen also in Zukunft schuldenfrei sein, über ein hohes Einkommen verfügen, wünschenswerte Anschaffungen wie z. B. ein Luxusfahrzeug, Reitpferd oder Taucherausrüstung bereits getätigt haben und so weiter, um sich prostituieren zu können, ohne ihre Freier strafrechtlichen Risiken auszusetzen.

Ich habe Prof. Thomas Fischer angeschrieben, den Verfasser des besten Kommentars zum Strafgesetzbuch und Kolumnisten der ZEIT, ob dieser Gesetzentwurf nicht einmal Gegenstand einer Glosse aus seiner Feder sein sollte, einschließlich der verwirrten Aussagen des Ministers.

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Beitrag von Kasharius »

@friederike

na ich hoffe doch Prof Fischer wird der (dritte) Sachverständige in den hoffentlich zu erwartenden Anhörungen...

UND was sind den nun die "besonderen Räume" in denen nach des Bundesjustizministers Meinung Zwangsprostitution stattfindet...? Jedenfalls keine Supermarktregale....aber sorry, ick werd schon wieder zynisch....

Kasharius grüßt und geht jetzt nach Hause

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Re: RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von lust4fun »

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friederike hat geschrieben:Frauen müssen also in Zukunft schuldenfrei sein, über ein hohes Einkommen verfügen, wünschenswerte Anschaffungen wie z. B. ein Luxusfahrzeug, Reitpferd oder Taucherausrüstung bereits getätigt haben und so weiter, um sich prostituieren zu können, ohne ihre Freier strafrechtlichen Risiken auszusetzen.
Und diese Übrigbleibenden sind dann diejenigen, die in der ganzen Debatte und für die Beschreibung des Feldes "Prostitution" ohnehin nicht zählten, weil sie nur das Bild verfälschten. Die, die man "schützen" wollte, sind dann nicht mehr da...

Danke euch, Kasharius und friederike. Hab über die kulinarisch-zerebralen Strukturbetrachtungen herzlich gelacht! Brezeln statt Pürree!

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Beitrag von fraences »

Die Stellungnahme des Frauenrats

Da sieht man wie abolististisch sie gegenüber Prostitution sind.

Deutscher Frauenrat zum Gesetzentwurf zur strafrechtlichen Verfolgung von Zwangsprostitution: Wichtiges Zeichen gegen Menschenhandel
(Berlin) - Der Deutsche Frauenrat begrüßt das geplante Gesetz, wonach Freier von Zwangsprostituierten künftig mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft werden können.

"Damit wird ein wichtiges Zeichen gegen Menschenhandel gesetzt. Denn alle Menschen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel ausnutzen, müssen strafrechtlich verfolgt werden. Was für Freier gilt, gilt umso mehr für MenschenhändlerInnen und ZuhälterInnen, die zukünftig mit zehn Jahren Haft bestraft werden können. Ausschlaggebend wird aber sein, wie aus einem gut gemeinten ein gutes Gesetz wird. Dafür muss die Strafverfolgung von Menschenhandel wesentlich konsequenter und effektiver vorangetrieben werden als bisher. Wir begrüßen auch, dass mit dem geplanten Gesetz eine klare Trennung zwischen legaler Prostitution einerseits und Menschenhandel und Zwangsprostitution andererseits vollzogen wird. Denn ein generelles Verbot von Prostitution halten wir aus verschiedenen Gründen für kontraproduktiv - auch oder gerade für die Bekämpfung von Menschenhandel," so Susanne Kahl-Passoth, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrats.

http://verbaende.com/news.php/Deutscher ... l?m=109352
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
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Beitrag von friederike »

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Frauenrat hat geschrieben:Damit wird ein wichtiges Zeichen gegen Menschenhandel gesetzt.
Da haben wir es schon wieder. Niemand will mehr ordentliche und handwerklich saubere Gesetze machen. Alle wollen nur noch "ein Zeichen setzen" so wie der Hund seinen Haufen hinterlässt. Zugunsten der Hunde muss allerdings angemerkt werden, dass Hunde nach Möglichkeit versuchen ihren Haufen zu vergraben.
Frauenrat hat geschrieben:MenschenhändlerInnen und ZuhälterInnen
Das ist doch mal hübsch - so sieht Geschlechtergerechtigkeit aus :003

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Beitrag von Kasharius »

@Friedericke

also Deine Formulierungskünste bzw. Deine Allegorien lassen mich ehrfurchtsvoll verharren :002

Zum Frauenrat: Er begrüßt die Trennung zwischen legaler und Zwangsprostitution. Na da hat aber jemand nicht aufgepasst Betrachtet man beide Gesetzentwürfe zusammen, ist die optimistisch wahrgenommene Trennlinie realiter kaum zu erkennen.

Die Frage nach der richtigen Strategie gegen diese Ergüsse stellt sich. Konstruktive oder fundamentale Opposition a la Sonthofen im Stile FJS ....

Bin gespannt auf Eure Ansicht. Was meine ich mit Sonthofen? Ich bin ja auch interessierter Nostalgiker. Von daher siehe hier

https://de.wikipedia.org/wiki/Sonthofen-Strategie

und zum vertieften Schmöckern hier

http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/ ... f/41533728

Kasharius grüßt

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Re: RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Arum »

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Doris67 hat geschrieben:         
Das ist m.E. auch die Absicht dahinter. Vor allem, wenn man eine, aus unserer Sicht, wirtschaftlich schlechte Lage im Herkunftsstaat der Sexarbeiterin als Zwang im Sinne des Gesetzes definiert, wie es das Bundesjustizministerium m.W. schon angedacht hat. Dann wären nämlich plötzlich sämtliche Sexarbeiterinnen aus z.B. Rumänien und Bulgarien automatisch und ausschließlich Zwangsprostituierte, auch wenn sie völlig unabhängig arbeiteten. Es zeigt sich wieder einmal, daß Prostitutionspolitik immer Migrationspolitik ist. Und daß Kundenbestrafung de facto Hurenbestrafung ist.
Ja, und hier liegt ein klare gesetzliche Ungleichheit vor. Denn, genau genommen heisst das also, wer aus Armutsgründen irgendeine Arbeit nachgeht, wird von der Armut dazu gezwungen. Das hiesse also, dass ein Hartz4-Empfänger keine Arbeit annehmen könnte, über die er über den Hartz4-Satz hinauskäme. Hiesse also auch, dass jeder Kunde (auf welcher Ebene auch immer) von welchem Unternehmen auch immer, wo ehemalige Hartz4-Empfänger angestellt sind, ja sogar ein solches Unternehmen selber, belangt werden müsste.

Solange dies nicht der Fall ist (und ich schätze irgendwie, dass ist so und bleibt so....), liegt hier eine gravierende Verfassungswidrigkeit, Artikel 3, Gleichheit vor dem Gesetz. Würde ich mal meinen.

Und wenn das stimmt, müsste man ein solches Gesetz in Karlsruhe doch kippen können. Oder auch, vielleicht gibt es irgendwo noch vernünftige Politiker.... Chance eher verschwindend gering, aber man weiss ja nie...
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Jupiter
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Jupiter »

Ich kann leider immer noch nicht den Zweck dieser speziellen Regelung für SW sehen.
Nach Meinung des Justizministers werden diese Frauen scheinbar in besonderen Räumen "gehalten"; meint er damit, dass diese in Zellen sitzen? Anderseits wird sich jeder Freier hüten, irgendwelche Auffälligkeiten der Polizei zu melden, da er ja dann ggf. bestraft werden kann.

Auf der anderen Seite, sollte endlich mal klar und deutlich festgelegt sein, dass wenn eine Frau "Nein" sagt, dies auch "Nein" bedeutet (dies gilt m.E. auch innerhalb einer Ehe/Partnerschaft). Stattdessen wird auf Grund der Sylvester-Er­eig­nise an den Paragrafen herumgeschraubt, weil man sich nicht zu einer klaren Regelung durchringen kann.

Die Auflage der EU, den Menschenhandel zu sanktionieren, sehe ich nirgendwo eine Regelung. Es ist allgemein bekannt, wie Leute in Zusammenhang mit Leiharbeit und Werkverträge menschenunwürdig behandelt werden.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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friederike
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Re: RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von friederike »

@Jupiter,

tatsächlich wäre eine Besinnung auf das eigentliche Ziel, den Menschenhandel zu eliminieren, der richtige Schritt. Wenn man die Chimäre der Zwangsprostitution aufgibt, fallen viel mehr Missstände in den Blick. Aber die Politik hat sich in die Idee verliebt, den Freiern Kontrollaufgaben zuzuordnen.

Einige Deiner Anmerkungen habe ich aber nicht verstanden: 

 Bild
Jupiter hat geschrieben:Anderseits wird sich jeder Freier hüten, irgendwelche Auffälligkeiten der Polizei zu melden, da er ja dann ggf. bestraft werden kann.
Dafür hat der Gesetzesentwurf eine Regelung bereit: der anzeigende Freier soll straffrei bleiben.
Jupiter hat geschrieben:Auf der anderen Seite, sollte endlich mal klar und deutlich festgelegt sein, dass wenn eine Frau "Nein" sagt, dies auch "Nein" bedeutet (dies gilt m.E. auch innerhalb einer Ehe/Partnerschaft).
Was meinst Du damit? Der Entwurf wird doch verfolgt, die ziemlich weitgehenden Tatbestandsvoraussetzungen der physischen Gewaltanwendung, Gefahr für Leib und Leben und schutzloser Lage für die Vergewaltigung durch niedrigere Schwellen zu ersetzen.

Man muss natürlich Abstrusitäten vermeiden wie sie zur Zeit an den amerikanischen Universitäten betrieben werden, wo eine vorherige förmliche Zustimmungserklärung verlangt wird und bereits die Erzeugung eines einseitigen subjektiven unguten Gefühls zu schwersten Sanktionen führt.
Jupiter hat geschrieben:Die Auflage der EU, den Menschenhandel zu sanktionieren, sehe ich nirgendwo eine Regelung. Es ist allgemein bekannt, wie Leute in Zusammenhang mit Leiharbeit und Werkverträge menschenunwürdig behandelt werden.
Das Thema Leiharbeit und Werkverträge müsste man doch heraushalten, sonst landet man bei Frau Nahles und ihrer Jobvernichtung. Für den Menschenhandel sieht die Regierung aber durchaus Regelungen vor. Wie gut sie sind stet auf einem anderen Blatt.

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Jupiter
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Jupiter »

@Friederike

Ich denke, dass die überwiegende Anzahl der Freier dies "Hobby" anonym ausüben wollen. Es wird zwar eine entsprechende Straffreiheit vorgesehen, aber wenn hier eine "Personalienfeststellung" erfolgt, dann wird eine Meldung lieber unterlassen. Um Missstände abzustellen, werden Stellen benötigt, welche wirklich die Interessen der SW verfolgen (z. B. Sorgentelefon). Ob die in D etablierten "Rettungsdienste" dies könnten, muss erst ein massives Umdenken erforderlich werden.

Zu Leiharbeit / Werkvertrag ist seit gestern die Meldung da, dass die CSU ihre Blockade einer Gesetzesänderung aufkündigt. Mal schaun, was daraus wird. Dies Thema haben ja mittlerweile auch die Gewerkschaften im Focus. Man sieht es aktuell bei VW.

Gruß Jupiter
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Klaus Fricke
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Klaus Fricke »

Vielleicht sind diese Überlegungen, die zum Teil Bezug auf das in diesem Thread bereits Gesagte nehmen,
zum Teil andere Aspekte betrachten, für die weitere Diskussion hilfreich.
Mein Bruder, der den Text freundlicherweise gelesen hat, ist jedenfalls der Meinung, dass er sich für Archive eignet.



Zur Kriminalisierung der Kundschaft von SW

Die von Herrn Mass angedachte Kriminalisierung von Kunden kommentierte eine SW-Aktivistin (@ friederike, s.o. Beitrag 155 zu diesem Thema) mit der Analogie Supermarkt. In Zukunft müssen sich KäuferInnen in Supermärkten vor Warenentnahme vergewissern, dass die Dienstleistungen die in Warenplatzierung und Warenproduktion eingegangen sind, nicht von Menschen erbracht wurden, die diese Leistungen z.B. aufgrund einer materiellen Notlage erbracht haben. Tun die KäuferInnen dies nicht, bzw. melden Sie bei sich ergebendem Verdacht, den Sie wenigstens nicht leichtfertig verworfen haben, bzw. den sie leichtfertig handelnd und beoabachtend nicht erworben haben, diesen nicht den zuständigen Stellen, nehmen Sie in Kauf ein System der Zwangsdienstleistungen zu fördern. Drei Monate bis fünf Jahre Haft wären analog zur Kriminalisierung der Kundschaft von SW zu veranschlagen! Ob nicht einige Menschen, die Regalservice in Supermärkten machen, diese Dienstleistung aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus erbringen, wäre also in Zukunft ein Verdacht, dem alle Käuferinnen nachzugehen und nicht leichtfertig zu verwerfen hätten. Unsere SMART-Phones und T-Shirts hätten wir wohl als Beweismaterial der Staatsanwaltschaft zu übergeben, da nur Leichtfertige davon ausgehen können, das in die Produktion dieser Waren nicht Dienstleistungen auf der Grundlage von wirtschaftlichen oder persönlichen Notlagen eingegangen sind. Die Zuhälter in den Telekom-Shops etc, müssten wir nicht leichtfertig Verdacht verwerfend, wohl zur Anzeige bringen.

Es gibt eine 54seitige Formulierungshilfe / Begründung der Bundesregierung zu einem Gesetzentwurf der CDU/CSU/SPD (1), in dem die Kriminalisierung von Kundschaft der SW in Tatbestandsmerkmale gefasst wird. Sofern diese Kundschaft, so steht es dort, wenigstens leichtfertig (2) sexuelle Dienstleistungen annimmt, die auf der Grundlage von einer persönlichen, einer wirtschaftlichen oder einer aus dem Aufenthalt in einem fremden Land sich ergebenden Notlage (Zwangslage) erbracht wird, machen KundInnen von SW sich strafbar. Ein in Strafrecht gegossenes Prüfungsgebot für Kundschaft von Dienstleistungen (und Waren in die bei der Produktion Dienstleistungeneingegangen sind) auf Ausbeutungsfreiheit.

Zudem sind alle 18 bis 21 jährigen Personen, die sexuelle Dienstleistungen anbieten, nach diesem Entwurf per se aufgrund der Annahme ihrer mangelnden Reife als in einer Notlage sich befindliche Menschen definiert, bei denen sich die Kundschaft strafbar macht, sofern wenigstens leichtfertig (ohne Prüfung des Alters) deren Dienstleistungen angenommen werden, egal wie glaubhaft die Dienstleistenden erklären, sie würden der Tätigkeit aus eigenem Willen nachgehen. Der Gruppe der 18 bis 21 Jährigen wird, sie grundrechtswidrig entmündigend (degradierend, entwürdigend), ihre Geschäftsfähigkeit entzogen (Verstoss gegen Recht auf freie Entfaltung der Person, Verstoss gegen Gleichbehandlungsprinzip).

Die Kriterien wirtschaftliche oder persönliche oder auslandsspezifische Notlage in Verbindung mit dem strafrechtlichen Gebot der nicht leichtfertigen (verständigen) Prüfung der Anbietenden von sexuellen Diensten durch die Kundschaft auf das Vorliegen dieser Kriterien sind ein Drohpotential, das einen gewissen Prozentsatz von Kundschaft wahrscheinlich davon abhalten wird, jüngere Anbietende und migierte Anbietende aufzusuchen. Es handelt sich also um einen Gesetzentwurf, der nicht nur die Kundschaft durch sehr unbestimmte Tatbestandsmerkmale kriminalisiert (grundrechtlich unzulässig: Bestimmtheitsgebot rechtlicher Vorgaben), diese zu Misstrauen und Spitzelei (?Blockwardmetalität?) verpflichtet, sondern in der Konsequenz EU-Migration rechtswidrig behindert. Es stellt daneben einen Konkurrenzschutz für ältere deutsche SW dar, der jüngere aus dem EU Ausland stammende (potentielle) SW nicht nur in ihrem Recht auf Freizügigkeit und freie Berufswahl behindert (Grundrechtsverstoss gegen Gleichbehandlung und Berufsfreiheit) sondern bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit schädigt. Da dies die Dispositionen von migrierenden SW bereits jetzt betrifft, wäre, so Meinhard Starostik (https://de.wikipedia.org/wiki/Meinhard_Starostik) auf den 4. Frankfurter Prostitutionstagen, schon jetzt eine Betroffenheit dieser SW erreicht, die eine Klage begründen könnte.


An Volkes Stelle

Nicht nur, das neofaschistische Gruppierungen salonfähig sind und zu deren "Befriedung", deren Erpressungen sich willig beugend, sie, so erscheint es, dankbar annehmend, eilfertige Sicherheits- und Migrationspolitik betrieben wird, anstatt diese menschenverachtende Politik zu skandalisieren: Dem Neofaschismus wird grundrechtsabschaffend und menschenrechtswidrig der juristische Boden bereitet. Das Massengrab Mittelmeer ist das neue Instrument des Genozids, in das die neuen Zäune des wehrhaften Europa, die ungewollten Völker kanalisieren. Outgesourcte Barbarei light.

Freiheits- und Menschenrechte sind als Leitgedanken aus dem Diskurs geraten. Sie fehlen, ein bemerkenswertes Kartell des Schweigens, über das noch im anderen, im SW Zusammenhang zu reden ist, fast vollständig im aktuellen Diskurs. Im öffentlichen Diskurs geht es vielmehr um die Technokratie der Bewältigung. Das Böse wird banal, der Ausnahmezustand Alltag, die Staats-Ermächtigung alternativlos (hätte Eichmann seine Freude?). Die Stellung des Staates als grundrechtsverpflichteter Garant befindet sich in systemischer Auflösung, er entbindete sich rechtsförmig von seiner Gewärleistungspflicht. Sukzessive, schleichend wird staatliche Gewalt grundrechtsbefreit. Staats-Ermächtigung durch eine Salamitaktik der Rechtsförmigkeit von Menschenrechtslosigkeit. Rechtsförmiger, postdemokratischer Terror. In diesen Terror ordnet sich die Diffamierung der SW als Entwürdigung der Frau (Kind-Mädchen) ein.

Kind-Mädchen-Frau tritt die Nachfolge der abgehalfterten Figur des Volkes als gemeinschaftsbildendes Ideolgem an. Deren dikursiv konstruierte sexuelle Würde ist die Trennlinie zwischen dem Wir, dem überlegenen neuen Menschen, dieser neuen "Rasse" und den minderwertigen (da arm, also zu entmündigenden) Anderen. Die SW, in der Sex entmystifiziert zum sozio-ökonomisch-kulturellem Gegenstand der Kommunikation und des Handelns geworden ist, der Sex, der individuell jenseits akzeptierter sozialer Normierung (Liebes- / Paarbeziehung / "soziale Verantwortung") vollzogen wird, widersetzt sich dieser einseitig konstruiert, repressiven Fauen-Sex-Würde, verflüssigt sie in Sexualitäten, die jenseits der Mann/Patriarch - Frau/Opfer Dichotomie alltäglich millionenfach auf Augenhöhe vollzogen werden. Volkes Stelle einehmend durchzieht die Erzählung von der verletzten sexuellen Würde von Kind-Mädchen-Frau, einem neuen heiligen Gral gleich, die massenmedialen Erzählungen in Tatort & Co, in denen Gut und Böse, das Wir und die Anderen in soziale Gewalten des Alltags transformiert werden. Um diesen neuen heiligen Gral des Schutzes von Kind-Mädchen-Frau wird von den neuen Gerechten des Gleichstellungs- und Opferdiskurses, schwarzen PriesterInnen huldigend, getanzt. Der Entmystifizierung des SEXUS durch den Alltag der SW gilt der Bannstrahl der PriesterInnen und die Geschichten, in denen diese neue Propaganda die grundlegende Erzählung darstellend, von Tatort, Mankell & Co variert werden.

Banal Böse werden neue Gruppen von Parias definiert, derer sich zu entledigen, die westlich-wohlhabend-weiß-sexuell-in-den-Zaum-genommene Menschenwürde alternativlos sauber von den neuen Technokraten verlangt. An die Stelle der Erzählung vom überlegenen Volk, dessen Lebensraum es zu schützen und mehren gilt, tretten Kind-Mädchen-Frau, deren Schutz via "Kölner Progromnacht" (?Reichstagsbrand?) und Menschenhandelshyterie alternativlos innere und äussere Einzäunung auslösen. Die äussere Einzäunung endet im schlimmsten Fall auf dem Grund des Mittelmeer. Ein im Sinne des Schweigens guter, da unsichtbarer, geeigneterer Platz, als Idomenis es sein könnten. Die Verräumlichung des Schweigekartells im Realen.

Die innere Einzäunung findet sich z.B. in der unhinterfragten, alltäglichen zum o.g. Gesetz werdenden Hurophobie und im Hurenstigmatisierung, deren Folgen, im Gegensatz zur z.B. Homophobie oder zum Antiziganismus, die in Zahlen belegt zum kulturellen Allgemeinwissen gehören, weithin unerforscht oder vergessen sind. Wer spricht heute über die Registrierung der SW im deutschen Faschismus, denen die Deportierung in KZ's und Wehrmachtsbordelle, der psychische, soziale und physische Tod folgte? Wer beabsichtigt eine erneute Registrierung? Wo bleibt die Skandalisierung dieses Tatbestandes?

Die Verdrängung der Formen, des Umfanges und der Folgen von Hurophobie und Hurenstigma aus dem Diskurs um die Regulierung der SW, das Schweigen über die konkreten Formen dieser Realität, macht diese zum rechten Alltag. Ein weiteres Kartell des Schweigens, das, was den Alltag des Antisemitismus in faschistischen Deutschland, die massenhafte aktive oder hinnehmende Beteiligung am Genozid und dessen Rechtfertigung und Verdrängung betrifft, in Nachkriegsdeutschland erst durch die Wehrmachtsausstellung ab 1995 tatsächlich soziokulturell durchbrochen wurde und was Hurophobie, Hurenstigma und neue vom Mittelmeer (?nachhaltig-natürlich?) ereldigte, sich anbahnende Genozide betrifft, noch der soziokulturellen Durchbrechung bedarf.

Es besteht Angesichts des neuen Heiligen Opfer-Grals Kind-Mädchen-Frau, deren sexuelle Unversehrtheit und Unbeflecktheit, deren Würde auch vor Ihnen selber, insbesondere sofern sie im Alter von 18 bis 21 Jahren der SW nachgehen, zu schützen sei, wenig Grund zum Optimismus, dass die Verseuchung mit Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit als Technik zur Sicherung von Privilegien und Macht nicht weiterhin ein Kontinuum ist, dem Diskriminierung, soziale Ächtung, Rechtfertigung zu Angriffen auf die Geächteten, Selbstverachtung, Depression, Drogenmissbrauch, Suizide dieser Geächteten, bis hin zu deren Kriminalisierung, Inhaftierung und Vernichtung folgt. Die nicht erzählte Geschichte der Ächtung der SW, deren Ausgrenzung aus den Diskurs um die straf- und ordnungsrechtliche Regulierung der SW, legen es nahe, dass die SW als Feld genutzt wird, Verachtung Anderer zu normalisieren und der freien Entfaltung der Persönlichkeit, innerer Einzäunung ins Äussere übertragend, repressive soziale und rechtlichen Grenzen zu setzen. Freiheit wird zum Produkt von Sicherheit. Repression ist Freiheit.

Der Erzählung vom Schutz der konstruierten, der repressiven Kinder-Mädchen-Frauen-Würde, deren Kern das Normativ der geschlechtsunabhägigen (treuen) Paarbeziehung ist, deren affirmative Wirkung schon Hegel beschreibt (3), ist eine vom "neuen Menschen", an dessen Herausbildung andere Ideologien gescheitert sind. Neototalitär unter den Vorzeichen medialer Omnipräsenz und tendentieller Omnipotenz medialer Player, mag sie mehr Aussicht auf Erfolg haben, als vorhergehende Versuche der Erziehung oder gar Züchtung des "neuen Menschen". In Schweden gehört die Verachtung von SW in der Folge des Sexkaufverbotes und der Diskussion um es, so kann man sagen, zum Volkscharakter. Deutlich mehr als 50 % der Schweden lehnen Sexarbeitende gegenüber einem Drittel Ablehnung vor Verabschiedung des Gesetzes, zwischenzeitlich ab (4). Dieser Erfolg bei der Heranziehung eines Menschen neuen Typs zu Lasten der Verachtung von Menschen mit anderen Lebensentwürfen, könnte ein Indiz sein, das Grund zum Pessimismus gibt.

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Staatsdoktrin und Volkscharakter, mit diesem schwedischen Wesen, dieser neuen neoliberalen bürgerlichen Erzählung, des Technokratischen, Alternativlosen, die Tatort, Wallander, & Co varieren, wird emanzipativem Denken und Handeln das Stigma der Unwürde aufbrennend, die Konterrevolution gegen das Zeitalter der Aufklärung betrieben, dessen Erfolg mit der bürgerlichen Erzählung von der romantischen Liebe begann (5).


Quellen

(1)
Formulierungshilfe der Bundesregierung für einen Änderungsantrag der Fraktionen CDU, CSU und SPD Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates – Drucksache 18/4613 – mit den Beschlüssen des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzge ... onFile&v=1
abgerufen am 10.04.2016, ca 11:00
(wurde hier bereits von @ frances verlinkt, siehe Beitrag 154)

(2)
ebenda, S.8
"der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste."

(3)
Deutshchlandfung Feature,
Freundschaft in der modernen Gesellschaft - Eine Seele in zwei Körpern
Von Tabea Grzeszyk und Lotta Wieden
Druckansicht, insbesondere S. 5 ff
«Dass es die Liebesbeziehung in unseren Tagen überhaupt zu so einem hohen Stellenwert gebracht hat, hat jedoch nicht nur mit der Romantik und dem Zeitalter der Empfindlichkeit zu tun, sondern auch mit sozialpolitischen Erwägungen. Einen besonders starken Einfluss auf diese Entwicklung hatte um 1820 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, seinerzeit gehandelt als "preußischer Staatsphilosoph". "Der hat also wesentlich dabei mitgearbeitet die Verfassung zu schreiben, wenn man so sagen will. Und Hegel sah, dass Freundesgruppierungen eine tatsächliche soziale Kraft darstellen können. Nimm 5,6,7,8 Befreundete, die eine gemeinsame Idee haben, die sich organisieren, daraus entsteht schon eine Kraft, die politisch gefährlich sein kann, die also tatsächlich Machtstrukturen unterwandern kann."
http://www.deutschlandradiokultur.de/fr ... _id=336537
abgerufen am 10.04.2016, ca 12:50 Uhr

(4)
Radio Sweden P6
Sex-Kauf-Verbot ohne Wirkung
Veröffentlicht: måndag 2 februari kl 11:01
Bericht auf der Grundlage eines Gespräches mit Kristina Ljungros, Vorsitzende des Zentralverbandes für Sexualaufklärung in Schweden (RFSU)
«Prostituierte leiden unter negativer Einstellung
„Ein Ziel des Gesetzes war es, eine negative öffentliche Meinung gegenüber den Käufern von sexuellen Diensten zu schaffen. Das ist gelungen. Gleichzeitig ist aber auch die Haltung gegenüber den Verkäufern von sexuellen Diensten wesentlich negativer geworden und das wollen wir absolut nicht“, sagte Ljungros im Schwedischen Rundfunk.
Immer mehr für Kriminalisierung von Prostitution
Ihre Aussagen basieren auf einer Studie der Hochschule Malmö, die RFSU in Auftrag gegeben hatte. Demnach sind mittlerweile mehr als die Hälfte aller Schweden dafür, auch den Verkauf von sexuellen Diensten zu kriminalisieren. Vor Einführung des Gesetzes im Jahr 1999 wollte das nur ein Drittel. Das Sex-Kauf-Verbot kriminalisiert den Freier, lässt aber die Prostituierten unbehelligt.»
http://sverigesradio.se/sida/artikel.as ... el=6083072, abgerufen am 10.04.2016, ca 11:30

(5)
Eva Illouz
Warum Liebe weh tut
Suhrkamp 2011
«Was fasziniert uns noch heute an Figuren wie Emma Bovary oder Heathcliff und Catherine, den unglücklich Liebenden aus Emily Brontës »Sturmhöhe«? Und vor allem: Was unterscheidet uns von ihnen? Gibt es einen Unterschied zwischen dem Liebeskummer zu Zeiten Jane Austens und der Art und Weise, wie wir ihn heute erfahren und damit umgehen?« (aus dem Verlagstext zur Veröffentlichung)

und

Gefühle in Zeiten des Kapitalismus
Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2004, Institut für Sozialforschung an der, Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Rezension
https://www.querelles-net.de/index.php/ ... ew/537/545
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Hamster
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Hamster »

Von mir ganz editiert.
Hamster
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Klaus Fricke
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Klaus Fricke »

Bezug
der inzwischen von @ Hamster editierte obige Beitrag


Danke @ Hamster, dass Sie die Schlagwörter , die Ihnen an dem Text wichtig sind, zusammenfassen. Ihre Zusammenstellung öffnet einen interessanten, wenn auch verstörenden Blick auf ihre verkürzende Interpretation des Textes. Zu behaupten, dass dies die Schlagwörter seien, die ich («Klaus Frickes Schlagwörter») benutzen würde, um den Text einzuordnen, ist allerdings verwegen und unzulässig. Dazu sage ich

Nein Danke

Die von Ihnen als «Klaus Frickes», also meine Schlagwörter bezeichneten Begriffe, verfälschen die Grundaussagen meines Textes. Es wäre angenehm, wenn Sie dies korrigieren, und klarstellen würden, das die Auswahl dieser Wörter und deren Bewertung als Schlagwörter, die den Text einordnen, ihrem Denken entspringt.

Klarstellend hier meine zentralen Schlussfolgerung im Zusammenhang mit der Einordnung der Anti-SW-Politik in politisch-soziale Enntwicklungen:

«Die nicht erzählte Geschichte der Ächtung der SW, deren Ausgrenzung aus dem Diskurs um die straf- und ordnungsrechtliche Regulierung der SW, legen es nahe, dass die SW als Feld genutzt wird, Verachtung Anderer zu normalisieren und der freien Entfaltung der Persönlichkeit, innerer Einzäunung ins Äussere übertragend, repressive soziale und rechtlichen Grenzen zu setzen. Freiheit wird zum Produkt von Sicherheit. Repression ist Freiheit.
...
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit als Staatsdoktrin und Volkscharakter, mit diesem schwedischen Wesen, dieser neuen neoliberalen bürgerlichen Erzählung des Technokratischen, Alternativlosen, die Tatort, Wallander, & Co varieren, wird emanzipativem Denken und Handeln das Stigma der Unwürde aufbrennend, die Konterrevolution gegen das Zeitalter der Aufklärung betrieben, dessen Erfolg mit der bürgerlichen Erzählung von der romantischen Liebe begann» (Hvhbg. K.F.)

Interssanter als die individuelle Auswahl von Schlagwörtern, unter die Sie meinen Text einzuordnen scheinen - ihre Anmaßung diese in meinem Namen vorzustellen, sei Ihnen vergeben - fände ich Antworten auf inhaltliche Fragen meines Textes: Teilen Sie die Schlussfolgerungen? Folgen Sie der Argumentation?



p.s.
Die Höflichkeitsform 'Sie' wurde, die Etikette der Augenhöhe verletzend, mich und Lara vorsätzlich abwertend, verleumdend, beleidigend und stigmatisierend, von @ Hamster eingeführt: http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=12889 Beitrag 8. Dort schreibt @ Hamster:

«Am 3.4.2014 fand in Bremen eine Veranstaltung "Prostitution - Macht - Geschlecht" statt, an der u.a. die Zentralstelle fuer die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (ZGF), die Polizei und Sie beide, Ehepaar Lara Freudmann und Klaus Fricke, teilnahmen. Dabei wurde u.a. auch Ihre Wuchermiete von 300 € die Woche zur Sprache genannt.»

Für ihre meine Frau und mich persönlich verletzenden Äusserungen (u.a. die Verleumdung mit der behaupteten Straftat Wuchermiete) hat @ Hamster sich im gleichen Thread im Beitrag 17 und für weitere persönlich uns verletzende Äusserungen hier http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=12979, Beitrag 1, entschuldigt, ist jedoch weder unserer Einladung zu einem klärenden Gespräch noch der Anregung sich auf sexworker.at verifizieren zu lassen gefolgt.

Der von @ Hamster gewählten Form folgend, habe ich meinen Text im Sinne der von @ Hamster gewählten "Höflichkeitsform" editiert.


-
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Klaus Fricke
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RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Klaus Fricke »

@ Hamster schrieb:

Meine Meinung:
Ich finde es ganz schlimm, dass Herr Fricke diese Schlagwoerter in diesen Threat setzt.
Ich finde, es gehoert in den Geschichtsunterricht.


Ich glaube, dass die Aufforderung zur Verschiebung der Diskussion um die Geschichte der Vernichtung, Kriminalisierung oder auch "nur" Ächtung der SW in den Geschichtsunterricht und eine Aufforderung, Begriffe, die ohne Begründung als schlimm bewertet werden, der (Aus-) Löschung zu unterziehen, kein Beitrag zur Anerkennung und Qualifizierung der SW sind. Sich dem Kartell des Schweigens, dem damit von @ Hamster die Tür geöffnet wird, anzuschließen, kann nicht Aufgabe dieses Forums sein.

Damit ist natürlich nicht gemeint, dass der Diskurs um die Zulässigkeit meiner Begriffe, Begründungen und Schlussfolgerungen unzulässig oder unwichtig ist. Ob die politisch-soziale Entwicklung, so wie ich dies annehme, tatsächlich postdemokratisch und aktuell mit der Gefahr neofaschistischer Vefärbung zu beschreiben ist, ob es zulässig ist auf Entwicklung hin zum deutschen Faschismus und Ereignisse im deutschen Faschismus, die die SW betrafen hinzuweisen und diese mit heutigen Entwicklungen zu verknüpfen, das sind sicher Themen, die zu diskutieren sind.

Ich für meine Person, als Traumatisierter einer faschistisch geprägten Herkunftsfamilie und Traumatisierter aus der Verfolgung als SW-Aktiver durch eine sogenannte Bürgerinitiative, die uns (Mietende, SW, Gäste, Lara und mich) in Bremen freiheitsberaubend, nötigend und beleidigend, geschützt und toleriert von der Polizei unser Hoyerswerda deja vus bereitet haben, nehme mir das Recht, diese Verknüpfungen als Teil einer Analyse herzustellen und pflichte dem bei, was Rüdiger Bender sagt:

„Was ich an diesem Ort [Topf und Söhne, die Firma stellte die Verbrennungsöfen der KZ's für das faschistische Deutschland her] gelernt habe, ist, dass man nie glauben kann, man hätte mit den Dingen nichts zu tun. Man muss ganz früh nein sagen, wann immer es zu Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit kommt, weil man nie sicher sein kann, dass bestimmte nächste Schritte ausbleiben würden.“ Rüdiger Bender ist leitender Mitarbeiter der Erinnerungsstätte Topf & Söhne. Das Zitat stammt aus dem Film von Ute Gebhardt, 3 Sat, 27.01.2016, ab 23:54 (Mitschrift K.F.)
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Doris67
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Beitrag von Doris67 »

Ein Artikel zur Kundenbestrafung, der den Nagel auf den Kopf trifft: http://www.huffingtonpost.com/cas-mudde ... 44972.html
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Zwerg
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Beitrag von Zwerg »

Die derzeitige Prostitutionspolitik ist meines Erachtens durch Frauenfeindlichkeit - und vielleicht noch mehr Ausländerfeindlichkeit geprägt. Da gerade in der "sichbaren Sexarbeit" MigrantInnen vorzufinden sind und ich auch diverse Aussagen von PolitikerInnen sich genau darauf beziehen, kenne, so ist der Vergleich mit "früheren Zeiten" zwar erschreckend, aber IMHO doch nicht ganz von der Hand zu weisen. Sicherlich kann man über drastische Formulierungen diskutieren - darf aber dabei nicht vergessen, dass wir (auch ich als Teil der Moderationsteams) zum Teil unsere Erfahrungen und somit auch unsere Emotionen unbewusst einbringen. Auch ich empfinde ob der derzeitigen öffentlichen Diskussion mehr Zorn, als ich empfinden sollte - eine emotionslose Diskussion ist im Hinblick auf unsere GegnerInnen nur mehr sehr schwer möglich (und das liegt eindeutig nicht an uns).

Die KundInnenbestrafung hat (und bewirkt) nicht im Geringsten den Schutz der SexarbeiterInnen im Fokus, sondern ausschließlich deren Vertreibung aus dem öffentlichen Raum.

Liebe Grüße

christian