Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Tilopa
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Tilopa »

@Eddy: Super Zusammenfassung! Danke!

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Ariane
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Ariane »

Vielen Dank @Eddyfür deine Arbeit. Ich habs bei Twitter geteilt und ich soll dir von einigen Nutzern Grüsse und Dank ausrichten.

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Eddy
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Eddy »

Und hier noch etwas zur 12-fach erhöhten Sterblichkeit von SW, die gern von Prostitutionsgegnern und Befürwortern des Nordischen Modells berichtet wird:

http://freepdfhosting.com/48f2535606.pdf

Auch zur freien Verwendung!

Eddy

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Zwerg
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Zwerg »

@Eddy Danke!

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

@Eddy
Auch ich bedanke mich.

Liebe Grüße von mir

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deernhh
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

An alle Sexkkaufgegner*innen, wollen Sie alle solche Verhältnisse wie in Schweden?
Schauen Sie sich bitte den Film an!


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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

Ein Artikel von Ende letzten Jahres zum SEx-Kauf-Verbot aus der Taz

https://taz.de/Diskussion-um-Strafen-fu ... /!5647022/

Kasharius grüßt

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

...und neues von den Abolis, in diesem Fall Frau Kraus, aus dem ländle....

https://bnn.de/lokales/karlsruhe/initia ... lle-gewalt

Kasharius grüßt

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Thorja
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Thorja »

..."das Zur-Verfügung-Stellen des Körpers zur sexuellen Benutzung"...

Menschenverachtende Diktion.

Auch wenn man innerhalb der abolitionistischen Ideologie bleibt, ist noch immer nicht nachvollziehbar, warum es per definitionem im Umkehrschluss KEIN Zur-Verfügung-Stellen des Körpers zur sexuellen Benutzung ist, wenn KEIN Geld den Besitzer wechselt.

Ein "Zur-Verfügung-Stellen des Körpers zur sexuellen Benutzung" ist für mich grundsätzlich vorstellbar. Rollenspiele, oder auch Missbrauchskonstellationen. Ich sehe aber nicht, wo die definitorische Entstehung dieses Tatbestands durch die Bezahlung ist. Die Entstehung dieses "Zur-Verfügung-Stellens" passiert irgendwo anders, in der Phantasie der Beteiligten, oder in der Ausübung von Gewalt. Das ist aber alles vollkommen unabhängig von Geld. Das passt alles hinten und vorne nicht zusammen.
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@Thorja

"Das passt alles hinten und vorne nicht zusammen" - eben drum. Das genau kennzeichnet die Argumentation der Abolitionisten und belegt nach meiner Ansicht erneut, dass es denen gar nicht um die Sache geschweige den um die Rechte (ausgebeuteter) SW geht. Sie wollen ihre zutiefst reaktionäre Weltsicht durchsetzen.

Viel interessanter und m.E. bedrückender ist die Argumentation des OVG Berlin-Brandenburg vom Oktober letzten Jahres; habe ich gerade reingestellt....

Kasharius grüßt Dich

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Boris Büche »

"Karlsruhe gegen Sexkauf" bekommt im Hauptteil der Lokalzeitung kräftig Gegenwind aus der Praxis (Diakonie):

Anita Beneta hält das Nordische Modell für „schizophren“. „Wir wollen nicht, dass Männer etwas kaufen, aber es darf trotzdem angeboten werden? Das macht keinen Sinn“, sagt sie. Außerdem komme man ja nur über die Prostituierten an die Freier heran, um diese zu bestrafen.

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Veraguas »

Ist
..."das Zur-Verfügung-Stellen des Körpers zur sexuellen Benutzung"...
so etwas ähnliches was in romantisierender Umschreibung in bürgerlichen Kreisen auch "Hochzeitsnacht" oder bis vor wenigen Jahren "einklagbare eheliche Pflicht" genannt wird?
Welches Problem auch immer in der Gesellschaft besteht-
der Staat weiss eine völlig irre Problemlösung die niemandem nützt, aber Arbeitsplätze im Beamtenapparat schafft. H.S.

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

Prostitution

"Deutschland ist zum Paradies für Zuhälter und Freier geworden"

Wenn Männer für dreißig Euro mit einer Frau machen können, was sie wollen, welches Frauenbild entsteht da? Die SPD-Politikerin Leni Breymaier will Sexkauf verbieten.

Ein Gastbeitrag von Leni Breymaier

30. Januar 2020, 11:40 Uhr

Prostitution: Hamburg-St. Georg: Hier gilt eine sogenannte Kontaktverbotsverordnung. Freier dürfen Prostituierte nicht ansprechen. © Christian Charisius/​dpa

Die SPD-Politikerin Leni Breymaier sagt, dass die Mehrheit der Frauen nicht freiwillig in der Prostitution arbeitet. Die Sexarbeiterin Kristina Marlen erwidert in ihrem Text: Sexarbeit sollte besser vom Stigma befreit werden. Für Prostituierte wäre es verheerend, wenn Sexkäufer künftig bestraft würden. Das Streitgespräch zwischen den beiden können Sie hier lesen.

Wir sehen nur die Spitze des Eisbergs. Mit diesem Bild beschreibe ich unsere Wahrnehmung der Prostitution, der Zwangsprostitution, des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, kurz gesagt von moderner Sklaverei. Ich verwende das Bild für eine innergesellschaftliche Debatte zur Prostitution. Diese Debatte hat an Fahrt aufgenommen.

Von einem Eisberg sehen wir nur die Spitze. Nicht die schwere, tiefe Masse, die sich bedrohlich unter der Wasseroberfläche auftürmt. Dieser Beitrag ist mein Versuch einer Sehhilfe, auch unter Wasser:

Seit der Liberalisierung im Dezember 2001 wurde Prostitution in Deutschland salonfähig. Damals hatte der Gesetzgeber die selbstbestimmte, unabhängige, Steuern zahlende, sozialversicherte Prostituierte vor Augen. Ein gut gemeinter, maßgeblich von den Grünen vorangetriebener Feldversuch, der heute 17 Jahre andauert und krachend gescheitert ist.

Die damalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, SPD, spricht sich heute für das sogenannte Nordische Modell aus.

Auch ich befürworte diesen in Schweden, Norwegen, Irland und Frankreich geltenden Regelungsansatz von Prostitution, der Sexkauf verbietet, Freier bestraft und Prostituierte entkriminalisiert. Der aber vor allem Ausstiegshilfen anbietet sowie gesellschaftliche und schulische Aufklärung und Informationen über Sexualität beinhaltet. Letzteres halte ich für einen der wichtigsten Bestandteile. Es geht mir nicht um Moral, es geht um Menschenrechte.

Oft wird argumentiert, mit dem Nordischen Modell sei ein Anstieg der Gewalt an Frauen einhergegangen. Kajsa Wahlberg, Schwedens Berichterstatterin für Aktivitäten gegen Menschenhandel sowie Leiterin der Abteilung Menschenhandel der Stockholmer Polizei, versicherte mir, dass das nicht stimmt. Es wird kein Anstieg der Gewalt an Frauen verzeichnet.

Das EU-Parlament hat bereits 2014 mit großer Mehrheit für das Nordische Modell gestimmt. In der Resolution hieß es, "dass die wirksamste Methode, den Handel mit Frauen und Mädchen zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zu bekämpfen und die Geschlechtergleichstellung zu verbessern, das in Schweden, Island und Norwegen umgesetzte und derzeit in verschiedenen europäischen Ländern geprüfte Modell ist, nachdem der Kauf von sexuellen Dienstleistungen eine Straftat darstellt, die Dienstleistungen von Prostituierten hingegen nicht strafbar sind".

Drehscheibe des Menschenhandels
Auch nach der EU-Osterweiterung ist Deutschland zur Drehscheibe des Menschenhandels in Europa und zum Paradies für Zuhälter und Freier geworden. In den Bordellen und auf dem Straßenstrich sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung. Das können wir alle spätestens seit dem Stuttgarter Paradise-Prozess 2019 wissen. Wo Jürgen Rudloff, der Saubermann der deutschen Bordelle, der lange durch die Medien tingelte und Bordelle als Wellness-Oasen für den Mann weichzeichnete, unter anderem wegen Beihilfe zum schweren Menschenhandel verurteilt wurde. Das Landgericht Stuttgart nannte die liberale Prostitutionsgesetzgebung in Deutschland in seinem Urteil als einen der Gründe, der die Machenschaften ermöglichte. Diese Hinweise müssen wir in der Politik ernst nehmen.

Das deutsche Rotlichtmilieu ist fest in der Hand international agierender organisierter Kriminalität. Oft mit eigenen Gesetzen, eigenen Richtern, eigenen Vollstreckern. Die Frauen haben kaum Zugänge zu unseren Hilfesystemen, sind nicht krankenversichert. Oft wissen sie nicht, in welcher Stadt sie sich gerade befinden. Tatsächlich handelt es sich um ein Milliardengeschäft zulasten der Frauen: 15 Milliarden Euro, so Schätzungen, werden in der Rotlichtbranche in Deutschland durchschnittlich pro Jahr umgesetzt.

Die Rechte einer Minderheit rechtfertigen nicht das Elend der Mehrheit
Die EU-Kommission veröffentlichte Ende 2018 ihren zweiten Bericht zur Bekämpfung des Menschenhandels seit Annahme der entsprechenden Richtlinie. Sie fordert darin die Mitgliedstaaten auf, die Bekämpfung von Menschenhandel als Priorität zu erklären und alle notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung von Menschenhandel zu ergreifen.

Dem Bericht zufolge ist der Menschenhandel zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung nach wie vor die am häufigsten gemeldete Form. Es wurde ein starker Anstieg bei der Zahl von Frauen und Mädchen festgestellt, die über die zentrale Mittelmeerroute zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung in die EU geschmuggelt werden. Die Opfer würden in der Sex- und Unterhaltungsindustrie ausgebeutet, was durch die rasche technologische Entwicklung und die Nutzung des Internets für Werbedienstleistungen und die Anwerbung von Opfern erleichtert wird. Zu den neuen dokumentierten Vorgehensweisen zählten die Pornografie, die Nutzung von Live-Webkameras und der sexuelle Missbrauch von Kindern per Live-Fernschaltung.

Zentral ist für mich, dass der EU-Kommission zufolge die Feststellung Europols – es gibt Mitgliedstaaten, in denen Prostitution legal ist, was es Menschenhändlern viel einfacher macht, ein legales Umfeld zur Ausbeutung ihrer Opfer zu nutzen – in Berichten von Mitgliedstaaten bekräftigt wird.

Darin heißt es, dass Menschenhändler dazu neigen, ihre Opfer in Länder zu bringen, in denen die Prostitution reguliert ist und rechtmäßig ausgeübt wird. In diesem Zusammenhang stellt Europol fest, dass in einigen EU-Mitgliedstaaten, in denen Prostitution legal ist, Verdächtige Kinder neben erwachsenen Opfern in einem legalen Geschäftsumfeld (wie zum Beispiel Bordell, Rotlichtviertel, Sexclub) ausbeuten konnten, häufig mit der Unterstützung der Geschäftsführer, da die Prostitution von Minderjährigen aufgrund der Tatsache, dass "Kunden" in der Regel geneigt sind, mehr für Sex mit einem Kind zu bezahlen, äußerst profitabel sein kann.

Die EU-Kommission lässt uns wissen:

Über die Hälfte (56 Prozent) des Menschenhandels fand zu Zwecken der sexuellen Ausbeutung statt; hierbei handelt es sich nach wie vor um die am meisten verbreitete Form.
Über zwei Drittel (68 Prozent) der registrierten Opfer waren weibliche Personen (Frauen und Mädchen; ohne Berücksichtigung der Daten des Vereinigten Königreichs beträgt der Anteil 77 Prozent). Nahezu ein Viertel (23 Prozent) der registrierten Opfer waren Kinder. 44 Prozent der registrierten Opfer waren EU-Bürger.
Zu den Top-fünf-EU-Ländern, was die Staatsangehörigkeit der registrierten Opfer anbelangt, zählten Rumänien, Ungarn, die Niederlande, Polen und Bulgarien.
Die Top-fünf-nicht-EU-Länder, was die Staatsangehörigkeit der registrierten Opfer anbelangt, waren Nigeria, Albanien, Vietnam, China und Eritrea.
Wenn vor solchen Zahlen sich die Diskussion contra Nordisches Modell in Deutschland auf Fachtagungen, wie etwa im November 2019 in der Hamburger SPD-Landesvertretung, darauf fokussiert, dass die Stigmatisierung von Prostituierten das größte Problem sei, dann sehe ich mein Bild von der Spitze des Eisbergs bestätigt. In Deutschland wird eine Debatte geführt, die nach wie vor davon ausgeht, Prostitution sei von Zwangsprostitution trennscharf zu unterscheiden. Die davon ausgeht, dass es sich um Menschen in der Prostitution handelt, die ihre Entscheidung, sich zu prostituieren, frei und gleich als Individuen getroffen haben. Diese Debatte blendet für mich viel zu viel aus. Der Blick auf die Realität zeigt, wie wir es im Bericht der EU-Kommission lesen, wie wir es in Berlin auf der Kurfürstenstraße oder bundesweit in den Rotlichtbezirken sehen, wie wir es im Stuttgarter Paradise-Prozess erleben konnten, dass diese Freiwilligkeit und Autonomie, wenn überhaupt, sich auf eine Minderheit in der Prostitution beschränkt. Für mich rechtfertigen die Rechte dieser Minderheit nicht das Elend der Mehrheit.

Aspekte wie sexuelle Selbstbestimmung und Feminismus werden auf eine ungute Weise gleichgesetzt mit der Ausübung von Prostitution. Vielleicht gibt es den einen oder die andere, die sich in der Prostitution selbst verwirklicht. Aber das Recht, sich prostituieren zu dürfen, ist für mich kein Ziel des Feminismus. Gerne zitiere ich hier die Studie von Rahel Gugel, Professorin für Recht in der Sozialen Arbeit, wonach "... Prostitution Ausdruck geschlechtsspezifischer struktureller und sexueller Diskriminierung von Frauen ist, (und) die Entscheidung von Frauen für die Prostitutionsausübung deshalb als zumindest hoch defizitär in ihrer Freiwilligkeit bewertet werden muss ...".

Wir müssen den ganzen Eisberg im Blick haben, nicht nur seine Spitze
Nicht nur, aber vor allem als Politikerin ist für mich das Grundgesetz relevant, das seit 25 Jahren die Gleichstellung als Staatsauftrag formuliert. In der Prostitution jedoch manifestiert sich unter anderem seit viel zu langer Zeit weltweit und quer durch alle Gesellschaften ein Macht- und Gewaltinstrument zur Unterdrückung, Erniedrigung und Vermarktung von (hauptsächlich) Frauen und Mädchen durch (maßgeblich) Männer.

Die Bedingungen, die Frauen vulnerabel für Ausbeutung und Gewalt in der Prostitution machen, sind sehr vielfältig. Zwar werden mit der Einführung des Nordischen Modells nicht alle dieser Bedingungen geändert, doch ist die damit einhergehende gesellschaftliche Ächtung, wie sie in Schweden im Laufe der vergangenen 20 Jahre die Perspektive der Menschen auf Prostitution verändert hat, nicht zu unterschätzen. Stattgefunden hat dort seit der Einführung des Nordischen Modells 1999 ein gesellschaftlicher und zivilisatorischer Mentalitätswandel, auf den ich viel Hoffnung setze. Eine vergleichbare Debatte in der Bundesrepublik etwa ist die um das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Ein Gesetz, das der Deutsche Bundestag erst am 8. Juli 2000 beschlossen hat. Sicherlich hat dieses Gesetz leider noch nicht bewirkt, dass Gewalt gegen Kinder nicht mehr stattfindet. Dennoch bin ich überzeugt, dass nichtsdestotrotz ein Mentalitätswechsel angestoßen und eine Bewusstwerdung der Gesellschaft bewirkt wurde.

Ich bemühe hier das oft wiederholte Argument, dass auch andere Straftaten wie Mord oder Diebstahl nicht gänzlich durch die beinahe weltweit herrschende verbietende Gesetzgebung aus der Welt zu schaffen sind. Dennoch gibt es hierzu einen global nicht infrage stehenden Konsens als Conditio humana.

Was die Debatte seit Jahren erschwert, ist die Doppelzüngigkeit in der Argumentation interessierter Kreise. Einerseits behaupten Bordellbetreiber, Zuhälter, Schlepper, Menschenhändler und Investoren, Prostitution sei ein Gewerbe wie jedes andere und ein Beruf wie jeder andere. Andererseits fordert auf der politischen Bühne ebendiese Seite mit ihren Protagonisten (sogenannte, aber praktisch mitgliederlose Interessenverbände von Prostituierten) regelmäßig, dass besondere Rahmenbedingungen und die erhöhte Schutzbedürftigkeit der "Branche" zu berücksichtigen seien. Das ist zuletzt mit dem Prostituiertenschutzgesetz aus Sicht dieser Lobby vortrefflich gelungen.

Im März 2019 forderte eine Gruppe von Ex-Prostituierten mit ihrem "Marsch der Überlebenden" für Deutschland das Nordische Modell. Anlässlich des 3. Weltkongresses gegen die sexuelle Ausbeutung an Frauen und Mädchen wurde zeitgleich die sogenannte Mainzer Erklärung verfasst, die ich unterstütze. Ein offener Brief an die Bundesregierung, als Appell deutscher und internationaler Überlebender der Prostitution und des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, von Nichtregierungsorganisationen, die unmittelbar und direkt die Opfer dieser Verbrechen unterstützen, von Aktivistinnen und Aktivisten für Menschen- und Frauenrechte, Organisationen und Bewegungen, die alle Formen sexueller und sexistischer Gewalt bekämpfen.

Mich treibt die Frage um, was die Entwicklung seit 2001 mit dem Frauenbild in dieser Gesellschaft macht. Es geht mir um die Frauen (und auch Männer), die ausgebeutet, benutzt, gedemütigt, geschlagen, vergewaltigt, traumatisiert werden. Es geht mir auch um unsere Gesellschaft. Wenn jeder Mann quasi überall für dreißig Euro und weniger mit einer Frau machen kann, was er will, welches Frauenbild hat, welches Frauenbild entwickelt er? Was hat das für Auswirkungen auf unsere Gesellschaft? Diesen gesellschaftlichen Diskurs will ich führen. Denn wir müssen den ganzen Eisberg im Blick haben, nicht nur seine Spitze.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte schrieb kürzlich in einer kritischen Stellungnahme zum Nordischen Modell, dass Studien der Entscheidung recht geben, auf ein Verbot zu verzichten, und dass zumindest mit der Diskussion um einen Richtungswechsel bis zur Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes gewartet werden möge. Die Evaluation beginnt im Sommer 2022, vorliegen wird der Evaluierungsbericht aber erst 2025. Das ist in sechs Jahren. Seit mehr als 17 Jahren wirkt nun in Deutschland die liberalisierte Gesetzgebung zur Prostitution. Nach meiner festen Überzeugung ist es für die Debatte höchste Zeit.

Wir regen uns zu Recht über jede Gewalt an Frauen und Mädchen auf. Warum endet die Empörung, sobald dafür bezahlt wird?

https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-0 ... edingungen

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

ach ja, die Leni.....

mehr sage ich dazu nicht.

Kasharius grüßt

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deernhh
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

@Kasharius
Ja, zu ihr bräuchte man auch nichts mehr zu sagen ....

@All
Dem Kommentar von Frau Breymeier oben ging ein Interview mit der Sexarbeiterin Kristina Marlen voraus. Siehe unten. Leider kann ich es nicht vollständig einstellen, da ich leider nicht Abonnentin "Der Zeit" bin.
Aber ich denke, das hier unten Eingestellte reicht auch so schon, da wir wissen, was wir SW wollen.

Freier oder unfreier?

Deutschland ist zum Bordell Europas geworden, sagt die SPD-Politikerin Leni Breymaier. Sie will künftig jeden Sexkäufer bestrafen. Das wäre für die Frauen keine Hilfe, entgegnet die Prostituierte Kristina Marlen. Es wäre verheerend.

Interview: Mariam Lau und Charlotte Parnack
29. Januar 2020, 16:51 UhrEditiert am 30. Januar 2020, 11:10 UhrDIE ZEIT Nr. 6/2020, 30. Januar 2020189 Kommentare

EXKLUSIV FÜR ABONNENTEN
DIE ZEIT 6/2020

Prostitution: Die SPD-Politikerin Leni Breymaier (rechts) im Gespräch mit der Prostituierten Kristina Marlen

Die SPD-Politikerin Leni Breymaier (rechts) im Gespräch mit der Prostituierten Kristina Marlen © Gene Glover für DIE ZEIT

Soll der Sexkauf verboten werden wie etwa in Schweden? Oder soll Prostitution besser enttabuisiert werden? Lesen Sie dazu auch Leni Breymaiers ausführliches Plädoyer für ein Verbot und Kristina Marlens Text gegen die Stigmatisierung der Sexarbeit.

Wählen Sie Ihren Zugang und lesen Sie weiter:
https://www.zeit.de/2020/06/prostitutio ... -breymaier

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Tilopa »

Der Artikel von Leni Breymaier ist unglaublich schlecht. Und die heruntergekommene, schon lange nicht mehr liberale Zeit freut sich über die Klickzahlen. Und stellt den Artikel der Sexarbeiteiterin hinter die Bezahlschranke. Ich dachte, dieser verblödete, bürgerlich-arrogante Tendenzjounarlismus könnte nicht noch dümmer werden. Aber man wird immer wieder eines besseren belehrt.

Positiv: Die Kommentatoren haben das Possenspiel längst durchschaut und geben fleißig Kontra. Und die SPD, die Leni Breymaiers arbeiterInnenfeindliche Hetze weiter in ihren Reihen duldet, ist nun - wie schon länger in Baden-Württemberg - auch bundesweit bei unter 12% angekommen.

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Jupiter
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Jupiter »

Hier der vollständige Bericht:

DIE ZEIT: Frau Breymaier, Kristina Marlen, gibt es ein Recht auf Prostitution?

Kristina Marlen: Ja. Jeder hat das Recht auf freie Berufswahl.

Leni Breymaier: Nein. Ganz sicher gibt es kein Recht auf Prostitution.

ZEIT: Auch nicht, wenn jemand sich frei dafür entscheidet?

Breymaier: Erst heute Nachmittag erzählte mir ein Sozialarbeiter der Szene aus einer süddeutschen Großstadt, in seinem Umfeld würden mindestens 95 Prozent der Frauen zur Prostitution gezwungen. Natürlich gibt es in der Öffentlichkeit auch Prostituierte – eloquent, selbstbewusst, gut aussehend –, die sagen: Ich mache den Job gerne und freiwillig. Aber diese wenigen rechtfertigen nicht das Leid der vielen anderen, der Zwangs- und Armutsprostituierten, der Loverboy- und Menschenhandels-Opfer. Deshalb fordere ich für Deutschland ein Verbot des Sexkaufs, wie es beispielsweise in Schweden praktiziert wird.

Marlen: Woher kommen diese 95 Prozent? Mit solchen Fantasiezahlen wird versucht, uns Sexarbeiterinnen gegeneinander auszuspielen und in Privilegierte wie mich und prekär arbeitende Kolleginnen auf der anderen Seite zu spalten. Ein Sexkauf-Verbot, wie Sie es fordern, würde genau die marginalisierten Sexarbeiterinnen, die Sie schützen wollen, weiter in die Illegalität drängen. Dort wären sie noch ungeschützter als jetzt. Es ist so verlogen!

Breymaier: Ich schütze keine "Sexarbeiterinnen", ich schütze Frauen in der Prostitution. Das Wort "Sexarbeiterinnen" benutze ich gar nicht. Was in der Prostitution passiert, hat nichts mit Sexualität zu tun. Ganz überwiegend ist es Gewalt, Demütigung, Menschenrechtsverletzung.

Marlen: Sie geben vor, Menschen helfen zu wollen – aber alle, die sich mit Menschenhandel befassen, ob Amnesty International, Human Rights Watch, die Deutsche Aidshilfe, das Deutsche Institut für Menschenrechte, haben in Studien festgestellt: Das Sexkaufverbot hilft nicht gegen Menschenhandel. Und es hat nirgends zum Rückgang von Prostitution geführt.

Breymaier: Von Prostitution lebt ein ganzes Milieu: Zuhälter, Bordellbetreiber und bestimmte Immobilienbesitzer. Alle, nur die Frauen nicht. Die Schweden sagen: Dieses schwerkriminelle Milieu ist nach der Einführung des Sexkaufverbots abgezogen. Nach Deutschland.

Marlen: Ein Sexkaufverbot verringert nur die sichtbare Prostitution und verdrängt sie ins Halbdunkle, ins Internet, wo man das Geschehen noch weniger kontrollieren kann. Sexarbeitende werden anfälliger für Gewalt, Erpressung und Bedrohung – und können das nicht mehr anzeigen. Auch Kunden übrigens nicht. Sie tun immer so, als sei der Kunde nur der Aggressor. Dabei ist er oft derjenige, der anzeigt, wenn er das Gefühl hat, hier stimmt etwas nicht.

Breymaier: Wie viele Anzeigen kennen Sie? Und zu Ihrem Punkt, dass die Prostitution ins Dunkle verdrängt würde: Wenn der Freier die Prostituierte dort findet, dann findet die Polizei sie dort auch.

Marlen: Wissen Sie eigentlich, Frau Breymaier, wie wichtig es ist, dass Frauen wie ich sich darüber austauschen, welche Kunden man lieber nicht reinlassen sollte? Ein Sexkaufverbot würde diese Vernetzung zum Risiko machen. Sie entziehen jeder Person, die Ihrer Theorie nicht folgt, Ihre Unterstützung.

Breymaier: Ich entziehe Ihnen nicht meine Unterstützung. Sie haben meine Unterstützung noch nie gehabt.

Marlen: Ihre Ignoranz negiert die Kämpfe, die wir seit den Siebzigerjahren weltweit ausfechten. Selbst auf Kontinenten, in denen Sexarbeit unter viel schlechteren Bedingungen stattfindet als hier, fordert unsere Bewegung eine Entkriminalisierung von Sexarbeit. Nur über die Stärkung der Rechte insbesondere marginalisierter Frauen können Lebens- und Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Breymaier: Ich glaube, wir haben hier ein Rassismusproblem.

Marlen: Ich soll ein Rassismusproblem haben?

Breymaier: Nicht Sie. Sondern die Gesellschaft. Der überwiegende Teil der Frauen, die in Deutschland anschaffen, kommen aus dem Ausland: aus Nigeria, aus Südosteuropa, viele sind Roma. Sie werden hergelockt oder von ihren Familien geschickt – und dann bleibt ihnen nichts von dem Geld. Sie kennen ja die Preise: Einmal eine Frau benutzen, mit ihr machen, was man will ...

Marlen: ... eine Frau benutzen? Was für eine respektlose Sprache ...

Breymaier: ... in Stuttgart kostet das 30 Euro. Die Frauen zahlen in Deutschland für ein Zimmer pro Tag 120 bis 160 Euro. Sie müssen also fünf bis sechs Freier bedienen, dann haben sie gerade mal ihr Zimmer bezahlt – aber noch nichts gegessen, kein Geld an ihre Familie geschickt und nicht die Schulden für ihre angeblichen Ausreisekosten abbezahlt. Die Frau verdient keinen Cent. Was daran ist faire Arbeit?



Ich liebe die Intimität, die Nähe und Wärme

Kristina Marlen

Marlen: So weit bin ich bei Ihnen: Es gibt horrende Arbeitsbedingungen in der Branche. Aber: Die gibt es auch anderswo. Warum regt sich zum Beispiel niemand über den Skandal um all die Menschen aus Osteuropa auf, die in der Fleischindustrie ausgebeutet werden? Wir müssen doch an die Wurzel des Problems ran: an die Tatsache, dass Ungleichheit und soziale Missstände in Europa so groß sind, dass Menschen sich in Ausbeutungsverhältnisse begeben müssen.

Breymaier: Über die Zustände in der Fleischindustrie rege ich mich auch auf. Aber der Unterschied zwischen einem Schlachter und einer Prostituierten ist, dass die Frauen körperlich und seelisch zerstört werden. Wenn sie es schaffen auszusteigen, brauchen sie Jahrzehnte, um sich in schwierigsten Traumatherapien ihre persönlichen Grenzen und ihre Würde wieder zu erarbeiten.

Marlen: Sexarbeit ist nicht nur Ausbeutung. Es gibt auch Menschen wie mich, die das als Berufung empfinden. Ich liebe die Intimität, die Nähe und Wärme. Ich gebe Menschen die Möglichkeit, so zu sein, wie sie sonst nirgends sein können, auch nicht in ihren Beziehungen ...

Breymaier: ... das sind doch Mythen und Legenden ...

Marlen: ... und es gibt ein breites Mittelfeld von Sexarbeitenden, die zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen sagen: So kann ich als Alleinerziehende am besten mein Kind durchbringen. Das findet in der Mitte der Gesellschaft statt.

Breymaier: Ach, kommen Sie. Wenn im Großbordell Paradise in Stuttgart die Frauen 16 Stunden am Stück arbeiten und bis vier Uhr morgens da zu sein haben, hat das nichts mit Nähe und Wärme zu tun. Und dann ist dabei doch keine Alleinerziehende, die abends um sechs ihr Kind ins Bett gebracht hat!

ZEIT: Frau Breymaier, es war die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder, die 2002 mit der Öffnung des Prostitutionsgesetzes dazu beigetragen hat, dass Deutschland heute eine so liberale Gesetzgebung hat. Warum kommt ausgerechnet aus der SPD jetzt die Forderung nach einem Sexkaufverbot?

Breymaier: Die Liberalisierung von 2002 war ja gut gemeint – übrigens damals ein Wahlkampfversprechen unseres grünen Koalitionspartners: Die Frauen sollten die Chance haben, sich sozial-, renten- und krankenversichern zu können. Sie sollten ihr Entgelt einklagen können und entstigmatisiert werden. Das Ganze hat aber dazu geführt, dass wir heute das Bordell Europas sind. Trotzdem ist der Blick der SPD mehrheitlich ein prostitutionsfreundlicher wie Ihrer geblieben, Frau Marlen. Ich vertrete in meiner Partei zurzeit eine Minderheitsmeinung.

Marlen: Zum Glück. Wir haben heute schon Strafgesetze gegen Vergewaltigung, gegen Nötigung, gegen Freiheitsberaubung und gegen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Es reicht, wenn die durchgesetzt werden. Ich wünschte, Sie würden sich mehr dafür interessieren, was es bringt, wenn man mit Sexualität arbeitet und sie nicht in die heimischen Betten verbannt. Wir erleben gerade eine sexualrepressive Welle, die alles stigmatisiert, was sich nicht im partnerschaftlichen, am besten von der Ehe gedeckelten, monogamen heterosexuellen Kontext bewegt. Sogar Tantramassagen fallen unter "sexuelle Dienstleistungen". Jegliche Formen der Sexualassistenz für Kranke und Behinderte. Das ist ein massiver Einschnitt in unsere Kultur!

ZEIT: Sie nennen Ihre Arbeit "feministisch".

Marlen: Natürlich! Ich bin eine der sexpositiven Feministinnen, die wissen, dass jede Form von Tabu am Ende auf die Kontrolle weiblicher Sexualität abzielt. Das Stigma der Hure und der Schlampe würde durch ein Sexkaufverbot noch verschärft. Alle Frauen hätten darunter zu leiden. In Ländern mit Sexkaufverbot wie in Schweden macht man sich schon durch das Mitführen von Kondomen verdächtig. Wir fallen in eine Ära von Denunziation und Verdächtigung, in der jede Frau potenziell eine Hure sein kann. Im Sexkaufverbot schwingt ja auch ein Volksauftrag mit: Alle sollen Prostitution verachten.



Einmal eine Frau benutzen kostet in Stuttgart 30 Euro

Leni Breymaier

ZEIT: Frau Marlen, haben Sie mal eine Zwangsprostituierte getroffen?

Marlen: Ich kenne viele Kolleginnen aus Osteuropa, die eine Migrationsentscheidung aus wirtschaftlichen Gründen getroffen haben. Wenn sie in ihrem Ausbildungsberuf im Heimatland arbeiten, so erklären sie mir, dann verdienen sie zehnmal weniger, als wenn sie sich hier prostituieren. Das ist eine nachvollziehbare Entscheidung. Natürlich gibt es Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Und es gibt Armutsprostitution. Aber es gibt eben auch viele Frauen, die sagen: Bevor ich als unterbezahlte Paketzustellerin Katzenstreu in den fünften Stock schleppe, gehe ich lieber zweimal die Woche in den Puff. All diesen Frauen wollen Sie die Existenzgrundlage entziehen.

Breymaier: Ganze Abi-Klassen gehen zum Feiern in den Puff, benutzen dort für 30 Euro Frauen und finden das ganz normal. Ich will, dass diese Gesellschaft dazu eine Haltung hat. Hier in Berlin stehen 13-jährige rumänische Mädchen auf dem Straßenstrich.

Marlen: Ja, das ist schlimm. Aber was bringt es der 13-Jährigen, wenn sie nicht mehr sichtbar an der Straße stehen darf – sondern irgendwo versteckt wird?

Breymaier: Es hilft, dass der Freier weiß, dass er etwas Verbotenes tut.

Marlen: Meine Kunden – 40 Prozent meiner Klientel sind übrigens weiblich – tun nichts Verbotenes.

Breymaier: Ich finde es nicht richtig, dass ein Geschlecht das andere kaufen kann. Wenn mein Kollege mittags losgeht und um die Ecke mit einer Frau machen kann, was er will: Mit was für einem Frauenbild kommt er hinterher zurück ins Büro?

Marlen: Das ist so verächtlich, was Sie sagen: eine Frau kaufen.

Breymaier: Mir hat erst letzte Woche ein Sozialarbeiter in Berlin von einer Frau erzählt, die stand bis wenige Stunden vor der Niederkunft auf dem Straßenstrich. Sie hat um 8.55 Uhr entbunden – und um 13 Uhr am gleichen Tag ist sie schon wieder anschaffen gegangen. Solche Zustände will ich nicht.

Marlen: Ich auch nicht. Deshalb fordern wir Rechte statt Verbote.
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

@Jupiter
Vielen Dank für Deine Einstellung über das Interview!

@Tilopa
Ja, Du hast recht, dass es nicht so toll war, dass "Die Zeit" das Interview nur für Abonnent*innen zur Verfügung stellte, den Kommentar der Frau Breymaier aber frei zugänglich schaltete.

Andererseits hat "Die Zeit" ja auch oft gute Argumente gegen Sexkaufverbot, für alle frei zugänglich, geschrieben.

Liebe Grüße von mir

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Jupiter
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Jupiter »

Ich habe als langjähriger Abonoment der Zeit über mein Kundenkonto Zugriff.

Wenn irgendwo Info.-Bedarf besteht, einfach melden.
Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von friederike »

Diese Breymaier ist einfach widerlich. Ich fühle mich regelrecht beiseite gekehrt von der. Sie stützt sich auf nichts als Tratsch, wie zum Beispiel von diesem Sozialarbeiter "aus der Szene" mit den 95%. Das Wort "Sexarbeiterin" will sie nicht benutzen - leiber "Prostituierte", um ihre Verachtung zu unterstreichen. Wenn es eng wird, greift sie zur "Rassismus"-Keule. Rechte anderer, zum Beispiel die meinen, zählen für sie nicht- :078

Es ist Zeit, dass die SPD in der Versenkung verschwindet.