Wir waren heut mal ein bissl aktiv...
Filmbeitrag:
http://www.sat1bayern.de/news/20140821/ ... eudenhaus/
Artikel N-TV
Donnerstag, 21. August 2014
Ausstieg aus der Prostitution
Schwesig besucht Huren-Selbsthilfeprojekt
Frauenministerin Schwesig will das älteste Gewerbe der Welt neu ordnen. Dafür muss sie nicht nur die Vorstellungen von Union und SPD unter einen Hut bringen - sondern bekommt auch von den Prostituierten selbst ordentlich Druck.
Sexarbeiterin Ulrike hat sich in ihr weit geöffnetes Dekolleté ein großes "P" geklebt. "P" wie Prostitution. An der linken Schulter der 36-Jährigen prangt ein schwarzes Dreieck, so wie es die Huren während des Nationssozialismus tragen mussten - ähnlich wie Juden den gelben Stern und Schwule den rosa Winkel. "Keine Zwangsregistrierung sämtlicher Sexarbeiterinnen", steht auf dem Protestplakat.
Lautstark macht eine Handvoll Huren ihrem Ärger über die aktuellen Koalitionspläne zur Neuordnung der Prostitution Luft. "Unsere Anonymität ist unser Schutz", sagte Ulrike. "Ich betreibe kein "Gewerbe", sondern biete Dienstleistungen an." Ortstermin mit Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) bei den Prostituierten-Selbsthilfeprojekten Opera und Kassandra in Nürnberg. Hier suchen Huren, bisweilen auch Stricher, Rat und Hilfe - gleich ob sie aussteigen oder im Milieu weiter arbeiten wollen.
Wer tatsächlich raus will, bekommt Unterstützung bei Umschulung und Sprachunterricht. "Das schwierigste ist dabei die psychosoziale Unterstützung", erklärt Kassandra-Sprecherin Bärbel Allborn. Die betroffenen Frauen müssten sich angesichts ihrer gesellschaftlichen Stigmatisierung "erst einmal wieder bewusst machen, dass sie im Leben viel mehr können, als nur die Beine breit zu machen."
Ein Gewerbe, wie jedes andere
Neben dem Nürnberger Modellprojekt unterstützt der Bund zwei weitere in Freiburg und Berlin mit insgesamt 2,2 Millionen Euro einschließlich wissenschaftlicher Begleitung. Ende 2014 sollen die Erfahrungen ausgewertet werden. Die Koalition will bis 2016 das älteste Gewerbe der Welt in Deutschland neu ordnen. Schwesig bereitet dazu ein Prostituiertenschutzgesetz vor, bei dem der Schutz der Frauen vor Gewalt und Ausbeutung, aber auch Hilfen beim Ausstieg obenan stehen sollen. Justizminister Heiko Maas (SPD) plant zudem Änderungen im Strafrecht - zum besseren Schutz vor Menschenhandel und Zwangsprostitution.
Das Eckpunktepapier von Schwesig sieht unter anderem vor, dass Prostituierte ihre Arbeit in den Kommunen künftig an- und abmelden müssen. Auf der Basis dieses "Nachweisdokumentes" sollen sich dann Huren und Bordell-Betreiber auf eine Art Arbeitsvertrag einigen. Bei Kontrollen durch Behörden ist dieses "Rechtsverhältnis" vorzuzeigen. So sollen die Frauen vor allem vor Ausbeutung und Wuchermieten durch den Betreiber der Prostitutionsstätte geschützt werden. Schwesig sagt: "Wir wollen dieses Gewerbe so behandeln wie jedes andere auch. Das kann kein rechtsfreier Raum bleiben."
"I love my job."
Doch einige Hurengruppen, wie etwa "Dona Carmen" (Frankfurt/Main), sehen die An- und Abmeldepflicht als "Zwangsregistrierung". Das "Nachweisdokument" bezeichnen sie als "Prostituiertenausweis". Sie sehen die Pläne der Koalition im krassen Widerspruch zum Grundrecht auf freie Berufsausübung und auch zum EU-Recht, dass die "Verarbeitung personenbezogener Daten über das Sexualleben" verbiete, heißt es auf einem Flugblatt der Sexarbeiterinnen mit der Überschrift "I love my job."
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Die angestrebte Neuordnung der Gesetze geht auf einen Vorstoß der Union bei den Koalitionsverhandlungen zurück. Auch Schwesig räumt ein, dass das 2002 verabschiedete rot-grüne Prostitutionsgesetz dringenden Nachbesserungsbedarf hat. Eine 2007 von Ursula von der Leyen (CDU) - damals noch Familienministerin - vorgelegte Evaluierung des Gesetzes versandete in den Bundestagsausschüssen. In der voerletzten Wahlperiode (2005 bis 2009) griff die damalige Familienministerin Kristina Schröder (CDU) das Thema nicht auf.
Schwesig muss bei dem Vorhaben nicht nur die unterschiedlichen Vorstellungen der Fachpolitiker von Union und SPD unter einen Hut bringen. Auch Hurenverbände, Hilfsorganisationen wie Vertreter des Gewerbes "Sexuelle und erotische Dienstleistungen" liegen mit ihren Ansichten häufig ebenso völlig konträr auseinander. Dies zeigte nicht nur eine Anhörung im Ministerium, sondern auch die zum Teil hitzigen Debatten unter den Huren während des Schwesig-Besuches in Nürnberg.
http://www.n-tv.de/panorama/Schwesig-be ... 65296.html