ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
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- Admina
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Freier sollen bestraft werden
Von Mira Gajevic
Man sehe Prostituierten nicht an, ob sie zum Verkauf ihres Körpers gezwungen wurden, argumentierte lange die SPD. Jetzt lenkte sie gegenüber der Union ein. Foto: Getty Images/Megustadesign
BERLIN –
Lange waren Union und SPD darüber zerstritten, wie man mit Freiern von Zwangsprostituierten verfahren soll, jetzt haben sich die Parteien geeinigt: Künftig werden Männer, die Opfer von Menschenhandel für Sex bezahlen, bestraft.
Union und SPD haben sich darauf geeinigt, Freier von Zwangsprostituierten künftig zu bestrafen. Das heißt, gegen Männer, die wissentlich die Zwangslage von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen, soll künftig strafrechtlich vorgegangen werden. Das Strafmaß ist noch unklar, das Bundesjustizministerium wird nun einen entsprechenden Straftatbestand erarbeiten.
Union zeigt sich zufrieden
Die Freierbestrafung war bis zuletzt umstritten in der großen Koalition. Während die Verschärfung eine der Kernforderungen der Union war, hatte die SPD dies als kontraproduktiv abgelehnt. Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) war skeptisch, hat dem Drängen der Union nun aber nachgegeben.
Unionsfraktionsvize Thomas Strobl zeigte sich zufrieden mit der Einigung. „Mit der Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten werden wir den Menschenhandel zumindest teilweise „austrocknen“, können. Unsere Rechtsordnung muss klar und deutlich machen: Ein solches Verhalten geht gar nicht“, sagte der CDU-Politiker der Berliner Zeitung. Wenn Freier wegbleiben, dann treffe das die Menschenhändler dort, wo es ihnen weh tue, an ihrem Geldbeutel.
SPD muss sich beugen
Die SPD hatte vergeblich argumentiert, dass Experten von Polizei, Justiz und Frauenberatungsstellen eine Bestrafung von Freiern ablehnen würden, da diese wichtige Partner bei der Bekämpfung von Zwangsprostitution sein könnten. Oft seien es Freier, die der Polizei und den Behörden wichtige Hinweise geben oder die betroffenen Frauen ermutigen, Anzeige gegen ihre Peiniger zu erstatten. Dies würden die Freier aber nur dann weiterhin tun, wenn ihnen keine Strafe drohe, hieß es in einem Papier der SPD-Fraktion zu dem Thema. Unklar sei zudem, woran der Freier überhaupt erkennen könne, dass es sich um eine Frau handelt, die mit Gewalt genötigt werde, sich anzubieten. Strobl erklärte dagegen: „Hilft der Freier der Zwangsprostituierten und erstattet Anzeige, wird er nicht bestraft.“
Auch die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker begrüßte die Einigung. „Im Kampf gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland sind wir heute einen entscheidenden Schritt weitergekommen“, so die CDU-Politikerin. Ohne Nachfrage gebe es auch weniger Anreize, Frauen sexuell auszubeuten. Zusammen mit der Regelung der Prostitution helfe dies den Frauen am meisten.
Bordell-Erlaubnis und Kondompflicht
Vor wenigen Wochen hatten sich Union und SPD bereits darauf verständigt, Prostitution in Deutschland stärker zu regulieren. Einig sind sich die beiden Koalitionäre darin, eine Erlaubnispflicht für Bordelle einzuführen. Voraussetzung dafür wird unter anderem eine Zuverlässigkeitsprüfung der Betreiber sein. Das heißt, wer als Menschenhändler vorbestraft ist, wird dann keinen Puff mehr eröffnen dürfen. Bordelle sollen zudem stärker kontrolliert werden können, menschenunwürdige Praktiken wie Gangbang-Partys oder Flatrate-Sex verboten werden. Für Prostituierte soll eine Meldepflicht eingeführt werden.
Umstritten sind allerdings noch die Kondompflicht und die Anhebung des Mindestalters für Prostituierte von jetzt 18 auf 21 Jahre, beides Forderungen der Union, die die SPD bislang ablehnt. Zuständig dafür ist das SPD-geführte Bundesfamilienministerium. Ministerin Manuela Schwesig hält von beiden Anliegen des Koalitionspartners nicht viel. Vor allem die Erhöhung des Mindestalters von Prostituierten wird im Ministerium kritisch gesehen. Dort wird befürchtet, dass dies jüngere Frauen in die Illegalität dränge. Zudem sei eine solche Altersgrenze verfassungsrechtlich fraglich. Denn wie könne man begründen, dass Volljährige, denen sonst alles erlaubt werde, sich nicht freiwillig prostituieren dürfen, lautete ein anderer Einwand. Ein Gesetzentwurf soll noch in diesem Herbst vorgelegt werden.
http://www.berliner-zeitung.de/politik/ ... 14828.html
Von Mira Gajevic
Man sehe Prostituierten nicht an, ob sie zum Verkauf ihres Körpers gezwungen wurden, argumentierte lange die SPD. Jetzt lenkte sie gegenüber der Union ein. Foto: Getty Images/Megustadesign
BERLIN –
Lange waren Union und SPD darüber zerstritten, wie man mit Freiern von Zwangsprostituierten verfahren soll, jetzt haben sich die Parteien geeinigt: Künftig werden Männer, die Opfer von Menschenhandel für Sex bezahlen, bestraft.
Union und SPD haben sich darauf geeinigt, Freier von Zwangsprostituierten künftig zu bestrafen. Das heißt, gegen Männer, die wissentlich die Zwangslage von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen, soll künftig strafrechtlich vorgegangen werden. Das Strafmaß ist noch unklar, das Bundesjustizministerium wird nun einen entsprechenden Straftatbestand erarbeiten.
Union zeigt sich zufrieden
Die Freierbestrafung war bis zuletzt umstritten in der großen Koalition. Während die Verschärfung eine der Kernforderungen der Union war, hatte die SPD dies als kontraproduktiv abgelehnt. Auch Justizminister Heiko Maas (SPD) war skeptisch, hat dem Drängen der Union nun aber nachgegeben.
Unionsfraktionsvize Thomas Strobl zeigte sich zufrieden mit der Einigung. „Mit der Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten werden wir den Menschenhandel zumindest teilweise „austrocknen“, können. Unsere Rechtsordnung muss klar und deutlich machen: Ein solches Verhalten geht gar nicht“, sagte der CDU-Politiker der Berliner Zeitung. Wenn Freier wegbleiben, dann treffe das die Menschenhändler dort, wo es ihnen weh tue, an ihrem Geldbeutel.
SPD muss sich beugen
Die SPD hatte vergeblich argumentiert, dass Experten von Polizei, Justiz und Frauenberatungsstellen eine Bestrafung von Freiern ablehnen würden, da diese wichtige Partner bei der Bekämpfung von Zwangsprostitution sein könnten. Oft seien es Freier, die der Polizei und den Behörden wichtige Hinweise geben oder die betroffenen Frauen ermutigen, Anzeige gegen ihre Peiniger zu erstatten. Dies würden die Freier aber nur dann weiterhin tun, wenn ihnen keine Strafe drohe, hieß es in einem Papier der SPD-Fraktion zu dem Thema. Unklar sei zudem, woran der Freier überhaupt erkennen könne, dass es sich um eine Frau handelt, die mit Gewalt genötigt werde, sich anzubieten. Strobl erklärte dagegen: „Hilft der Freier der Zwangsprostituierten und erstattet Anzeige, wird er nicht bestraft.“
Auch die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker begrüßte die Einigung. „Im Kampf gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland sind wir heute einen entscheidenden Schritt weitergekommen“, so die CDU-Politikerin. Ohne Nachfrage gebe es auch weniger Anreize, Frauen sexuell auszubeuten. Zusammen mit der Regelung der Prostitution helfe dies den Frauen am meisten.
Bordell-Erlaubnis und Kondompflicht
Vor wenigen Wochen hatten sich Union und SPD bereits darauf verständigt, Prostitution in Deutschland stärker zu regulieren. Einig sind sich die beiden Koalitionäre darin, eine Erlaubnispflicht für Bordelle einzuführen. Voraussetzung dafür wird unter anderem eine Zuverlässigkeitsprüfung der Betreiber sein. Das heißt, wer als Menschenhändler vorbestraft ist, wird dann keinen Puff mehr eröffnen dürfen. Bordelle sollen zudem stärker kontrolliert werden können, menschenunwürdige Praktiken wie Gangbang-Partys oder Flatrate-Sex verboten werden. Für Prostituierte soll eine Meldepflicht eingeführt werden.
Umstritten sind allerdings noch die Kondompflicht und die Anhebung des Mindestalters für Prostituierte von jetzt 18 auf 21 Jahre, beides Forderungen der Union, die die SPD bislang ablehnt. Zuständig dafür ist das SPD-geführte Bundesfamilienministerium. Ministerin Manuela Schwesig hält von beiden Anliegen des Koalitionspartners nicht viel. Vor allem die Erhöhung des Mindestalters von Prostituierten wird im Ministerium kritisch gesehen. Dort wird befürchtet, dass dies jüngere Frauen in die Illegalität dränge. Zudem sei eine solche Altersgrenze verfassungsrechtlich fraglich. Denn wie könne man begründen, dass Volljährige, denen sonst alles erlaubt werde, sich nicht freiwillig prostituieren dürfen, lautete ein anderer Einwand. Ein Gesetzentwurf soll noch in diesem Herbst vorgelegt werden.
http://www.berliner-zeitung.de/politik/ ... 14828.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Der Justizminister hatte vollkommen recht mit seinen Bedenken. Ein derartig schwammiger Tatbestand passt nicht zur Kultur eines Rechtsstaats. Eine aktive Beteiligung am Zwang ist ohnehin schon strafbar, ob Zuhälter oder Freier.
Das Gesetzesvorhaben fügt sich in eine generell zu beobachtende Tendenz, Missstände "indirekt" zu bekämpfen. Man kriminalisiert oder pönalisiert den Endverbraucher, beispielsweise in der Frage der Bekämpfung der Kinderarbeit: der europäische Textilhändler soll die Verantwortung dafür übernehmen, dass sein pakistanischer Lieferant keine Kinderarbeit eingesetzt hat, die nach deutschen Vorstellungen unzulässig wäre. Mit anderen Worten: staatliche Aufgaben und Verantwortungen sollen an Private delegiert werden. (Anmerkung: das bewusste Veranlassen von Kinderarbeit ist natürlich jetzt schon strafbar.)
Diese GroKo ist jetzt etwas mehr als ein Jahr im Amt und hat bislang nichts als Unfug produziert.
Das Gesetzesvorhaben fügt sich in eine generell zu beobachtende Tendenz, Missstände "indirekt" zu bekämpfen. Man kriminalisiert oder pönalisiert den Endverbraucher, beispielsweise in der Frage der Bekämpfung der Kinderarbeit: der europäische Textilhändler soll die Verantwortung dafür übernehmen, dass sein pakistanischer Lieferant keine Kinderarbeit eingesetzt hat, die nach deutschen Vorstellungen unzulässig wäre. Mit anderen Worten: staatliche Aufgaben und Verantwortungen sollen an Private delegiert werden. (Anmerkung: das bewusste Veranlassen von Kinderarbeit ist natürlich jetzt schon strafbar.)
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14.10.2014
PROSTITUTION
"Jeden Kauf von Sex verbieten"
Lea Ackermann im Gespräch mit Christine Heuer
In der Bundesregierung wird zur Zeit eine Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten diskutiert. Schwester Lea Ackermann von der Hilfsorganisation "Solwodi" begrüßt die Idee im Deutschlandfunk: "Es wäre ein kleiner Anfang, ein Signal." Aber sie formulierte auch noch drastischere Forderungen.
Ackermann, die für Solwodi ("Solidarity with Women in Distress", zu deutsch: "Solidarität mit Frauen in Not") arbeitet, nannte die Bestrafung "das Mindeste, was man tun kann". Sie will noch schärfere Gesetze. "Wir gehen weiter, wie in Schweden soll jeder Kauf von Sex verboten werden."
Das ein Verbot das Problem nicht beseitige, wisse sie. "Wir verbieten ja auch den Diebstahl und wissen, dass geklaut wird. Frauen und Mädchen werden ausgebeutet, das ist ungeheuerlich. Frauen müssten auf die Barrikaden gehen, dass sie als Ware gehandelt werden." Besonders kritisierte sie sogenannte Flatrate-Bordelle: "8,90 Euro für eine Frau, ein Bier, ein Würstchen - können Sie sich was Schlimmeres vorstellen?"
Das Interview in voller Länge:
Christine Heuer: Strengere Regeln, aber kein Verbot der Prostitution - so will die Bundesregierung gegen die schlimmsten Aspekte des angeblich ältesten Gewerbes der Welt vorgehen. Ein neues Gesetz ist auf dem Weg. Union und SPD haben sich unter anderem, so ist zu hören, auf eine Erlaubnispflicht für Bordelle, stärkere Kontrollen und eine Meldepflicht für Prostituierte geeinigt, vor allem aber darauf, den Freiern von Zwangsprostituierten mit Strafe zu drohen.
Am Telefon ist Schwester Lea Ackermann, Vorsitzende und Gründerin von Solwodi. Das steht für „SOLidarity with Women in Distress", übersetzt „Solidarität mit Frauen in Not", eine Hilfsorganisation, die sich unter anderem um Zwangsprostituierte kümmert. Guten Morgen, Schwester Lea.
Lea Ackermann: Guten Morgen.
Heuer: Die Große Koalition will die Regeln für Prostitution verschärfen. Darüber reden wir gleich ausführlich. Als erstes aber möchte ich Sie fragen, was sich denn die Frauen von der Politik wünschen, mit denen Solwodi arbeitet. Was ist das dringendste Anliegen der Betroffenen, um die es geht in dieser Gesetzgebung?
Ackermann: Das dringendste Anliegen ist, dass die Frauen selbstbestimmt sind, dass sie wählen können und dass sie vielleicht in einem Beruf anders ihr Leben verdienen können.
Heuer: Also ein Ende der Zwangsprostitution?
Ackermann: Auf jeden Fall.
Heuer: Nun will ja die Große Koalition Freier von Zwangsprostituierten bestrafen. Das zeichnet sich ab, auch wenn man noch nicht weiß wie. Hören denn mit einer solchen Strafandrohung Frauenhandel und Zwangsprostitution auf?
Ackermann: Das ist das Mindeste, was man tun kann. Es ist doch ungeheuerlich, wenn die Frauen signalisieren, dass sie das nicht wollen, dass sie nicht freiwillig da sind, und die Freier gehen darüber hinweg, und manchen, denen ist das furchtbar egal, und für andere ist das genau der Kick. Unsere Forderungen gehen eigentlich weiter. So soll wie in Schweden und den nordischen Ländern jeder Kauf von Sex unter Strafe gestellt werden. Kein großes Strafmaß, sodass die Freier mal nachdenken, was sie da anrichten. Es werden junge Mädchen, Frauen, die hilflos sind, ausgebeutet in unserem Land. Das ist so ungeheuerlich, ich kann es Ihnen gar nicht sagen. Und ich kann nicht verstehen, dass nicht alle Frauen auf die Barrikaden gehen, dass sie als Ware gehandelt werden.
"Es wäre ein Signal"
Heuer: Bestraft werden soll aber nur, Schwester Lea, wer weiß, was er tut, wenn er zur Zwangsprostituierten geht. Ist es nicht furchtbar leicht, sich da herauszureden?
Ackermann: Natürlich! Natürlich ist es furchtbar leicht. Aber es wäre mal ein kleiner Anfang. Es wäre ein Signal. Sie müssen ja auch bedenken, dass Gesetze Signalwirkung haben. Wir verbieten ja auch den Diebstahl und wissen, dass trotzdem in großen Kaufhäusern geklaut wird.
Heuer: Also Symbolik. Nun glaubt die CDU, mit der Strafe für die Freier würden Männer abgeschreckt und der Markt würde so ausgetrocknet. Glauben sie das auch? Ist das nicht naiv?
Ackermann: Das ist ein Anfang in die richtige Richtung. Bisher hat man gar nichts gemacht. Und wenn Sie das sehen, das Elend, es ist ein größerer Sklavenmarkt als im 18. Jahrhundert. Es sind junge Mädchen, die zu uns kommen, aber auch ältere. Das ist egal. Wir haben ein junges Mädchen von 15 Jahren bekommen, die ist aus einem Kinderheim geholt worden und drei Jahre hier in Deutschland angeboten worden, auch in Flatrate-Bordellen. Das ist doch unglaublich, unmenschlich. Das sind wirklich große Straftaten!
Heuer: Menschenunwürdige Praktiken, Sie sprechen das gerade an, Flatrate-Sex zum Beispiel. Die will die Regierung auch verbieten.
Ackermann: Ja! Dass sie das nicht schon lang tut? Für 8,90 Euro eine Frau, ein Bier, ein Würstchen. Können Sie es sich noch schlimmer vorstellen?
Heuer: Nein, kann ich nicht. Ich finde das genauso schrecklich wie Sie. Aber die Frage ist doch: Lässt sich so etwas gesetzlich verbieten? Wie soll man das kontrollieren?
Ackermann: Es gibt doch auch Mord, den man gesetzlich verbietet, und man schafft damit nicht alle Morde aus der Welt. Ich meine, man muss Gesetze machen, um den Menschen zu sagen, das geht nicht. Es muss natürlich auch begleitend was geschehen. Es muss natürlich die Polizei aufgestockt werden. Man muss sich auch überlegen, wie sollen diese Bordelle kontrolliert werden. Deshalb wäre es wesentlich einfacher, den Kauf von Sex unter Strafe zu stellen, und dann wären so große Bordelle und all das gar nicht mehr möglich. Heute kann sich nicht mal eine Stadt dagegen wehren, wenn ein Großbordell in ihr errichtet wird. Die Stadträte haben nicht das Sagen. Das ist doch unglaublich. Die Bürger können auf die Barrikaden gehen, das Großbordell wird gebaut. In Saarbrücken haben sie es erlebt und jetzt sind andere Städte dran.
Heuer: Sie sind und haben das jetzt auch zweimal in unserem Gespräch gesagt dafür, die Prostitution ganz zu verbieten. Als Beispiel gilt da immer Norwegen. Dort ist die Prostitution grundsätzlich verboten. Aber ist sie verschwunden?
Ackermann: Es ist der Kauf von Sex verboten. Es ist ein ganz neues Bild der Frau und des Mädchens. Die sind nicht käufliche Ware. Das ist schon mal sehr, sehr gut. Wir können alle Probleme, die die Menschheit hat, ja doch nicht auslöschen. Wir können doch die Krankheiten nicht abschaffen. Und trotzdem haben wir doch nie aufgehört, dagegen zu kämpfen!
"Es ist mehr kriminelles Tun an den Frauen geschehen"
Heuer: Wir können die Krankheiten nicht abschaffen. Aber Kritiker einer schärferen Regelung zur Prostitution führen ja immer ins Feld, dass mit der Illegalität die Frauen noch rechtloser werden, weil sie gar keinen Zugang mehr zur Hilfe haben.
Ackermann. Das ist Quatsch! Das ist absoluter Quatsch! Die Illegalität in unseren Städten und überhaupt in diesem ganzen Geschäft ist genauso groß und noch größer, seit Prostitution ein Beruf wie jeder andere ist. Es ist doch nicht weniger geworden, es ist mehr geworden. Es ist mehr kriminelles Tun an den Frauen geschehen.
Heuer: Die Regierung, sagen Sie, ist auf dem richtigen Weg, aber es reicht einfach noch nicht aus?
Ackermann: Genau so würde ich sagen, ja.
Heuer: Schwester Lea Ackermann, Vorsitzende und Gründerin von Solwodi, einer Hilfsorganisation, die unter anderem Zwangsprostituierten hilft. Schwester Lea, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Ackermann: Bitte schön. Guten Morgen!
http://www.deutschlandfunk.de/prostitut ... ram:play=1
PROSTITUTION
"Jeden Kauf von Sex verbieten"
Lea Ackermann im Gespräch mit Christine Heuer
In der Bundesregierung wird zur Zeit eine Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten diskutiert. Schwester Lea Ackermann von der Hilfsorganisation "Solwodi" begrüßt die Idee im Deutschlandfunk: "Es wäre ein kleiner Anfang, ein Signal." Aber sie formulierte auch noch drastischere Forderungen.
Ackermann, die für Solwodi ("Solidarity with Women in Distress", zu deutsch: "Solidarität mit Frauen in Not") arbeitet, nannte die Bestrafung "das Mindeste, was man tun kann". Sie will noch schärfere Gesetze. "Wir gehen weiter, wie in Schweden soll jeder Kauf von Sex verboten werden."
Das ein Verbot das Problem nicht beseitige, wisse sie. "Wir verbieten ja auch den Diebstahl und wissen, dass geklaut wird. Frauen und Mädchen werden ausgebeutet, das ist ungeheuerlich. Frauen müssten auf die Barrikaden gehen, dass sie als Ware gehandelt werden." Besonders kritisierte sie sogenannte Flatrate-Bordelle: "8,90 Euro für eine Frau, ein Bier, ein Würstchen - können Sie sich was Schlimmeres vorstellen?"
Das Interview in voller Länge:
Christine Heuer: Strengere Regeln, aber kein Verbot der Prostitution - so will die Bundesregierung gegen die schlimmsten Aspekte des angeblich ältesten Gewerbes der Welt vorgehen. Ein neues Gesetz ist auf dem Weg. Union und SPD haben sich unter anderem, so ist zu hören, auf eine Erlaubnispflicht für Bordelle, stärkere Kontrollen und eine Meldepflicht für Prostituierte geeinigt, vor allem aber darauf, den Freiern von Zwangsprostituierten mit Strafe zu drohen.
Am Telefon ist Schwester Lea Ackermann, Vorsitzende und Gründerin von Solwodi. Das steht für „SOLidarity with Women in Distress", übersetzt „Solidarität mit Frauen in Not", eine Hilfsorganisation, die sich unter anderem um Zwangsprostituierte kümmert. Guten Morgen, Schwester Lea.
Lea Ackermann: Guten Morgen.
Heuer: Die Große Koalition will die Regeln für Prostitution verschärfen. Darüber reden wir gleich ausführlich. Als erstes aber möchte ich Sie fragen, was sich denn die Frauen von der Politik wünschen, mit denen Solwodi arbeitet. Was ist das dringendste Anliegen der Betroffenen, um die es geht in dieser Gesetzgebung?
Ackermann: Das dringendste Anliegen ist, dass die Frauen selbstbestimmt sind, dass sie wählen können und dass sie vielleicht in einem Beruf anders ihr Leben verdienen können.
Heuer: Also ein Ende der Zwangsprostitution?
Ackermann: Auf jeden Fall.
Heuer: Nun will ja die Große Koalition Freier von Zwangsprostituierten bestrafen. Das zeichnet sich ab, auch wenn man noch nicht weiß wie. Hören denn mit einer solchen Strafandrohung Frauenhandel und Zwangsprostitution auf?
Ackermann: Das ist das Mindeste, was man tun kann. Es ist doch ungeheuerlich, wenn die Frauen signalisieren, dass sie das nicht wollen, dass sie nicht freiwillig da sind, und die Freier gehen darüber hinweg, und manchen, denen ist das furchtbar egal, und für andere ist das genau der Kick. Unsere Forderungen gehen eigentlich weiter. So soll wie in Schweden und den nordischen Ländern jeder Kauf von Sex unter Strafe gestellt werden. Kein großes Strafmaß, sodass die Freier mal nachdenken, was sie da anrichten. Es werden junge Mädchen, Frauen, die hilflos sind, ausgebeutet in unserem Land. Das ist so ungeheuerlich, ich kann es Ihnen gar nicht sagen. Und ich kann nicht verstehen, dass nicht alle Frauen auf die Barrikaden gehen, dass sie als Ware gehandelt werden.
"Es wäre ein Signal"
Heuer: Bestraft werden soll aber nur, Schwester Lea, wer weiß, was er tut, wenn er zur Zwangsprostituierten geht. Ist es nicht furchtbar leicht, sich da herauszureden?
Ackermann: Natürlich! Natürlich ist es furchtbar leicht. Aber es wäre mal ein kleiner Anfang. Es wäre ein Signal. Sie müssen ja auch bedenken, dass Gesetze Signalwirkung haben. Wir verbieten ja auch den Diebstahl und wissen, dass trotzdem in großen Kaufhäusern geklaut wird.
Heuer: Also Symbolik. Nun glaubt die CDU, mit der Strafe für die Freier würden Männer abgeschreckt und der Markt würde so ausgetrocknet. Glauben sie das auch? Ist das nicht naiv?
Ackermann: Das ist ein Anfang in die richtige Richtung. Bisher hat man gar nichts gemacht. Und wenn Sie das sehen, das Elend, es ist ein größerer Sklavenmarkt als im 18. Jahrhundert. Es sind junge Mädchen, die zu uns kommen, aber auch ältere. Das ist egal. Wir haben ein junges Mädchen von 15 Jahren bekommen, die ist aus einem Kinderheim geholt worden und drei Jahre hier in Deutschland angeboten worden, auch in Flatrate-Bordellen. Das ist doch unglaublich, unmenschlich. Das sind wirklich große Straftaten!
Heuer: Menschenunwürdige Praktiken, Sie sprechen das gerade an, Flatrate-Sex zum Beispiel. Die will die Regierung auch verbieten.
Ackermann: Ja! Dass sie das nicht schon lang tut? Für 8,90 Euro eine Frau, ein Bier, ein Würstchen. Können Sie es sich noch schlimmer vorstellen?
Heuer: Nein, kann ich nicht. Ich finde das genauso schrecklich wie Sie. Aber die Frage ist doch: Lässt sich so etwas gesetzlich verbieten? Wie soll man das kontrollieren?
Ackermann: Es gibt doch auch Mord, den man gesetzlich verbietet, und man schafft damit nicht alle Morde aus der Welt. Ich meine, man muss Gesetze machen, um den Menschen zu sagen, das geht nicht. Es muss natürlich auch begleitend was geschehen. Es muss natürlich die Polizei aufgestockt werden. Man muss sich auch überlegen, wie sollen diese Bordelle kontrolliert werden. Deshalb wäre es wesentlich einfacher, den Kauf von Sex unter Strafe zu stellen, und dann wären so große Bordelle und all das gar nicht mehr möglich. Heute kann sich nicht mal eine Stadt dagegen wehren, wenn ein Großbordell in ihr errichtet wird. Die Stadträte haben nicht das Sagen. Das ist doch unglaublich. Die Bürger können auf die Barrikaden gehen, das Großbordell wird gebaut. In Saarbrücken haben sie es erlebt und jetzt sind andere Städte dran.
Heuer: Sie sind und haben das jetzt auch zweimal in unserem Gespräch gesagt dafür, die Prostitution ganz zu verbieten. Als Beispiel gilt da immer Norwegen. Dort ist die Prostitution grundsätzlich verboten. Aber ist sie verschwunden?
Ackermann: Es ist der Kauf von Sex verboten. Es ist ein ganz neues Bild der Frau und des Mädchens. Die sind nicht käufliche Ware. Das ist schon mal sehr, sehr gut. Wir können alle Probleme, die die Menschheit hat, ja doch nicht auslöschen. Wir können doch die Krankheiten nicht abschaffen. Und trotzdem haben wir doch nie aufgehört, dagegen zu kämpfen!
"Es ist mehr kriminelles Tun an den Frauen geschehen"
Heuer: Wir können die Krankheiten nicht abschaffen. Aber Kritiker einer schärferen Regelung zur Prostitution führen ja immer ins Feld, dass mit der Illegalität die Frauen noch rechtloser werden, weil sie gar keinen Zugang mehr zur Hilfe haben.
Ackermann. Das ist Quatsch! Das ist absoluter Quatsch! Die Illegalität in unseren Städten und überhaupt in diesem ganzen Geschäft ist genauso groß und noch größer, seit Prostitution ein Beruf wie jeder andere ist. Es ist doch nicht weniger geworden, es ist mehr geworden. Es ist mehr kriminelles Tun an den Frauen geschehen.
Heuer: Die Regierung, sagen Sie, ist auf dem richtigen Weg, aber es reicht einfach noch nicht aus?
Ackermann: Genau so würde ich sagen, ja.
Heuer: Schwester Lea Ackermann, Vorsitzende und Gründerin von Solwodi, einer Hilfsorganisation, die unter anderem Zwangsprostituierten hilft. Schwester Lea, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Ackermann: Bitte schön. Guten Morgen!
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Koalition streitet weiter
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13.10.2014 12:24 Uhr

Freier von Zwangsprostituierten gehen straffrei aus, wenn sie Anzeige erstatten.
Das Bundesjustizministerium dementiert eine Einigung zur Bestrafung von Freiern. Vor allem die SPD kritisiert das Vorhaben.
Über das geplante Gesetz gegen Zwangsprostitution gibt es in der großen Koalition weiterhin Kontroversen: Eine Sprecherin von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wies am Montag einen Bericht zurück, demzufolge sich Union und SPD auf eine Bestrafung von Freiern geeinigt haben. "Es gibt noch keinerlei Vorfestlegung", sagte die Sprecherin. Zuvor hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Montag berichtet, Union und SPD hätten sich auf die Bestrafung von Freiern geeinigt, die willentlich und wissentlich die Lage von Zwangsprostituierten ausnutzten. "Wir prüfen, wie der Koalitionsvertrag umgesetzt werden kann", sagte die Sprecherin von Maas.
Demgegenüber sagte Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) dem "Kölner Stadtanzeiger": "Mit der Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten werden wir den Menschenhandel zumindest teilweise austrocknen können." Er fügte hinzu: "Unsere Rechtsordnung muss klar und deutlich machen: Ein solches Verhalten geht gar nicht."
Die Freierbestrafung war zuletzt umstritten in der Koalition. Während die Verschärfung eine der Kernforderungen der Union war, gab es bei der SPD Kritik daran. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte darauf verwiesen, dass Hinweise auf Fälle von Zwangsprostitution häufig von Freiern kämen. Wenn die Kunden bestraft würden, stünden sie vielleicht als Quelle nicht mehr zur Verfügung. Dem will die Union wiederum dadurch begegnen, dass Freier straffrei bleiben sollen, wenn sie einen Fall von Zwangsprostitution zur Anzeige bringen. Strobl sagte dazu: "Hilft der Freier der Zwangsprostituierten und erstattet Anzeige, wird er nicht bestraft." Auch die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker begrüßte die Einigung. "Im Kampf gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland sind wir heute einen entscheidenden Schritt weitergekommen", sagte die CDU-Politikerin dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Ohne Nachfrage gebe es auch weniger Anreize, Frauen sexuell auszubeuten. Zusammen mit der Regelung der Prostitution helfe dies den Frauen am meisten.
Im Koalitionsvertrag von 2013 hatten Union und SPD vereinbart: "Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen." Union und SPD hatten bei den Beratungen über die Gesetze gegen Zwangsprostitution im August eine Teileinigung erzielt. Demnach soll es künftig eine Anmelde- und Erlaubnispflicht für Bordellbetriebe geben, Geschäftsmodelle wie Flatrate-Sex und Gang-Bang-Partys sollen verboten werden. Strittig ist aber weiterhin auch die Frage, ob für die Ausübung der Prostitution künftig ein Mindestalter von 21Jahren gelten soll, wie es in der Union gefordert wird. AFP
http://www.tagesspiegel.de/politik/zwan ... 29738.html
13.10.2014 12:24 Uhr

Freier von Zwangsprostituierten gehen straffrei aus, wenn sie Anzeige erstatten.
Das Bundesjustizministerium dementiert eine Einigung zur Bestrafung von Freiern. Vor allem die SPD kritisiert das Vorhaben.
Über das geplante Gesetz gegen Zwangsprostitution gibt es in der großen Koalition weiterhin Kontroversen: Eine Sprecherin von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wies am Montag einen Bericht zurück, demzufolge sich Union und SPD auf eine Bestrafung von Freiern geeinigt haben. "Es gibt noch keinerlei Vorfestlegung", sagte die Sprecherin. Zuvor hatte der "Kölner Stadt-Anzeiger" vom Montag berichtet, Union und SPD hätten sich auf die Bestrafung von Freiern geeinigt, die willentlich und wissentlich die Lage von Zwangsprostituierten ausnutzten. "Wir prüfen, wie der Koalitionsvertrag umgesetzt werden kann", sagte die Sprecherin von Maas.
Demgegenüber sagte Unionsfraktionsvize Thomas Strobl (CDU) dem "Kölner Stadtanzeiger": "Mit der Bestrafung von Freiern von Zwangsprostituierten werden wir den Menschenhandel zumindest teilweise austrocknen können." Er fügte hinzu: "Unsere Rechtsordnung muss klar und deutlich machen: Ein solches Verhalten geht gar nicht."
Die Freierbestrafung war zuletzt umstritten in der Koalition. Während die Verschärfung eine der Kernforderungen der Union war, gab es bei der SPD Kritik daran. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte darauf verwiesen, dass Hinweise auf Fälle von Zwangsprostitution häufig von Freiern kämen. Wenn die Kunden bestraft würden, stünden sie vielleicht als Quelle nicht mehr zur Verfügung. Dem will die Union wiederum dadurch begegnen, dass Freier straffrei bleiben sollen, wenn sie einen Fall von Zwangsprostitution zur Anzeige bringen. Strobl sagte dazu: "Hilft der Freier der Zwangsprostituierten und erstattet Anzeige, wird er nicht bestraft." Auch die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker begrüßte die Einigung. "Im Kampf gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel in Deutschland sind wir heute einen entscheidenden Schritt weitergekommen", sagte die CDU-Politikerin dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Ohne Nachfrage gebe es auch weniger Anreize, Frauen sexuell auszubeuten. Zusammen mit der Regelung der Prostitution helfe dies den Frauen am meisten.
Im Koalitionsvertrag von 2013 hatten Union und SPD vereinbart: "Wir werden nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen, vorgehen." Union und SPD hatten bei den Beratungen über die Gesetze gegen Zwangsprostitution im August eine Teileinigung erzielt. Demnach soll es künftig eine Anmelde- und Erlaubnispflicht für Bordellbetriebe geben, Geschäftsmodelle wie Flatrate-Sex und Gang-Bang-Partys sollen verboten werden. Strittig ist aber weiterhin auch die Frage, ob für die Ausübung der Prostitution künftig ein Mindestalter von 21Jahren gelten soll, wie es in der Union gefordert wird. AFP
http://www.tagesspiegel.de/politik/zwan ... 29738.html
Always forgive your enemies; nothing annoys them so much. - Oscar Wilde

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Artikel für nicht deutschsprachige Kolleg*innen
Artikel & Übersetzungen für nicht deutschsprechende Kolleg*innen
Lügen und Wahrheiten über das deutsche Prostitutionsgesetz
Lies & Truths about the German Prostitution Act | An Introduction for the Uninitiated
Mensonges & Vérités autour de la Loi Allemande sur la Prostitution | Une introduction pour les non-initiés
La Legge Tedesca sulla Prostituzione: Bugie e Verità
Un'introduzione per chi non lo sapesse
Runder Tisch Prostitution NRW präsentiert Abschlussbericht
Roundtable Prostitution presents Final Report
La Tavola Rotonda sulla Prostituzione ha presentato la Relazione Finale
Bisher keine französische Version, sorry.
Lügen und Wahrheiten über das deutsche Prostitutionsgesetz
Lies & Truths about the German Prostitution Act | An Introduction for the Uninitiated
Mensonges & Vérités autour de la Loi Allemande sur la Prostitution | Une introduction pour les non-initiés
La Legge Tedesca sulla Prostituzione: Bugie e Verità
Un'introduzione per chi non lo sapesse
Runder Tisch Prostitution NRW präsentiert Abschlussbericht
Roundtable Prostitution presents Final Report
La Tavola Rotonda sulla Prostituzione ha presentato la Relazione Finale
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@all
jaaaa, es gibt mich noch und ich bin auch nachwievor am Thema und am Forum interessiert. Allerdings wurde die Zeit sich hier im Forum zu äussern aufgrund vieler weiterer "Verpflichtungen" etwas knapper in den letzten Monaten. Zur aktuellen Diskussion um die Reform des Prostitutionsgesetzes möchte ich mich dann wieder genauer äussern, wenn erste Gesetzesentwürfe der Koalition öffentlich werden. Jedenfalls scheint es ja ein zähes Ringen der Koalitionäre um Kondompflicht und Freierbestrafung zu geben. Ich finde beides nicht erstrebenswert (weil) und völlig lebensfremd.
Auf bald sagt
Kasharius grüßt
jaaaa, es gibt mich noch und ich bin auch nachwievor am Thema und am Forum interessiert. Allerdings wurde die Zeit sich hier im Forum zu äussern aufgrund vieler weiterer "Verpflichtungen" etwas knapper in den letzten Monaten. Zur aktuellen Diskussion um die Reform des Prostitutionsgesetzes möchte ich mich dann wieder genauer äussern, wenn erste Gesetzesentwürfe der Koalition öffentlich werden. Jedenfalls scheint es ja ein zähes Ringen der Koalitionäre um Kondompflicht und Freierbestrafung zu geben. Ich finde beides nicht erstrebenswert (weil) und völlig lebensfremd.
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16.10.2014
Prostituierte in Rheinland-Pfalz
Landtag uneins über Hilfsmaßnahmen
Regierung und Opposition haben sich im Landtag über Hilfen für die Prostituierten in Rheinland-Pfalz gestritten. Verlässliche Angaben über deren Anzahl gibt es offenbar nicht
Die CDU-Opposition forderte am Mittwoch eine Anmeldepflicht für Prostituierte, eine Altersgrenze von 21 Jahren und eine Kondompflicht. Eine Anmeldekarte könne Huren schützen, weil sonst bei einem Verbrechen nicht einmal ihr Verschwinden auffalle, hieß es. Eine Altersgrenze ist laut CDU notwendig, da es unter den Prostituierten immer mehr sehr junge Frauen gebe.
Grünen-Fraktionsvize Anne Spiegel hält Zwänge und Pflichten dagegen nicht für hilfreich. Eine Kondompflicht sei absurd und weltfremd. "Wer soll das praktisch kontrollieren", fragte Spiegel. Im benachbarten Saarland gibt es allerdings schon eine Kondompflicht für Freier. Spiegel forderte stattdessen, Bordelle zu Mindeststandards bei Hygiene und Arbeitsbedingungen zu verpflichten. Familienministerin Irene Alt (Grüne) wandte sich gegen eine Altersgrenze von 21 Jahren: Diese würde junge Prostituierte nur in die Illegalität abdrängen, "wo sie Freiern und Zuhältern schutzlos ausgeliefert sind". Einig waren sich alle Fraktionen darin, dass die Beratungsangebote für Prostituierte mehr vernetzt werden müssten.
Hohe Dunkelziffer bei Prostituierten
Die Dunkelziffer bei den Prostituierten im Land ist hoch. Schätzungen gehen von rund 20.000 Frauen im Land aus, die als Prostituierte arbeiten. Diese Zahl nannte auch Grünen-Fraktionsvize Spiegel in der Debatte.
Nach SWR-Recherchen haben im vergangenen Jahr rund 3.300 Prostituierte eine tägliche Pauschalsteuer gezahlt. Für den Prostituierten-Hilfsverein Solwodi aus Boppard ist es unverständlich, dass das Familienministerium die genauen Zahlen nicht kennt. Eine Sprecherin des Vereins sagte dem SWR, wenn das Land den Prostituierten ernsthaft helfen wolle, müsse es zuerst wissen, wie viele es gebe. Denn nur so könnten etwa Anlaufstellen in Gesundheitsämtern entsprechend ausgestattet werden.
Pauschalsteuer seit 2008
Laut Landesamt für Steuern gibt es die Pauschalsteuer, aus der sich auch die ungefähre Zahl der Prostituierten im Land errechnen lässt, schon seit 2008. 25 Euro pro Tag muss eine Prostituierte demnach zahlen. Über diese Pauschalsteuer hat das Land im vergangenen Jahr fast 1,4 Millionen Euro eingenommen. Rheinland-Pfalz ist eines der wenigen Bundesländer, das im Rotlichtmilieu Steuern kassiert.
Die Bundesregierung in Berlin arbeitet derzeit an einer Änderung des Prostitutionsgesetzes Der Entwurf sieht eine Anmeldepflicht für Prostituierte vor. Die ganz genaue Zahl der Prostituierten lässt sich allerdings auch damit nicht ermitteln, weil es immer noch illegale Prostitution gibt.
http://www.swr.de/landesschau-aktuell/r ... 8/1v6cwoq/
Prostituierte in Rheinland-Pfalz
Landtag uneins über Hilfsmaßnahmen
Regierung und Opposition haben sich im Landtag über Hilfen für die Prostituierten in Rheinland-Pfalz gestritten. Verlässliche Angaben über deren Anzahl gibt es offenbar nicht
Die CDU-Opposition forderte am Mittwoch eine Anmeldepflicht für Prostituierte, eine Altersgrenze von 21 Jahren und eine Kondompflicht. Eine Anmeldekarte könne Huren schützen, weil sonst bei einem Verbrechen nicht einmal ihr Verschwinden auffalle, hieß es. Eine Altersgrenze ist laut CDU notwendig, da es unter den Prostituierten immer mehr sehr junge Frauen gebe.
Grünen-Fraktionsvize Anne Spiegel hält Zwänge und Pflichten dagegen nicht für hilfreich. Eine Kondompflicht sei absurd und weltfremd. "Wer soll das praktisch kontrollieren", fragte Spiegel. Im benachbarten Saarland gibt es allerdings schon eine Kondompflicht für Freier. Spiegel forderte stattdessen, Bordelle zu Mindeststandards bei Hygiene und Arbeitsbedingungen zu verpflichten. Familienministerin Irene Alt (Grüne) wandte sich gegen eine Altersgrenze von 21 Jahren: Diese würde junge Prostituierte nur in die Illegalität abdrängen, "wo sie Freiern und Zuhältern schutzlos ausgeliefert sind". Einig waren sich alle Fraktionen darin, dass die Beratungsangebote für Prostituierte mehr vernetzt werden müssten.
Hohe Dunkelziffer bei Prostituierten
Die Dunkelziffer bei den Prostituierten im Land ist hoch. Schätzungen gehen von rund 20.000 Frauen im Land aus, die als Prostituierte arbeiten. Diese Zahl nannte auch Grünen-Fraktionsvize Spiegel in der Debatte.
Nach SWR-Recherchen haben im vergangenen Jahr rund 3.300 Prostituierte eine tägliche Pauschalsteuer gezahlt. Für den Prostituierten-Hilfsverein Solwodi aus Boppard ist es unverständlich, dass das Familienministerium die genauen Zahlen nicht kennt. Eine Sprecherin des Vereins sagte dem SWR, wenn das Land den Prostituierten ernsthaft helfen wolle, müsse es zuerst wissen, wie viele es gebe. Denn nur so könnten etwa Anlaufstellen in Gesundheitsämtern entsprechend ausgestattet werden.
Pauschalsteuer seit 2008
Laut Landesamt für Steuern gibt es die Pauschalsteuer, aus der sich auch die ungefähre Zahl der Prostituierten im Land errechnen lässt, schon seit 2008. 25 Euro pro Tag muss eine Prostituierte demnach zahlen. Über diese Pauschalsteuer hat das Land im vergangenen Jahr fast 1,4 Millionen Euro eingenommen. Rheinland-Pfalz ist eines der wenigen Bundesländer, das im Rotlichtmilieu Steuern kassiert.
Die Bundesregierung in Berlin arbeitet derzeit an einer Änderung des Prostitutionsgesetzes Der Entwurf sieht eine Anmeldepflicht für Prostituierte vor. Die ganz genaue Zahl der Prostituierten lässt sich allerdings auch damit nicht ermitteln, weil es immer noch illegale Prostitution gibt.
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I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
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Hier ein noch interessanter Link zur Nachrichtenlage
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Kasharius grüßt
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Kasharius grüßt
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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Verpflichtung zur gewerblichen Anmeldung als Sexarbeitende
Kaum aus dem Ausland zurück waren Lara und ich heute beim Bremer Gewerbeamt. Lara wollte ihre gewerbliche Anmeldung erweitern und zeigte ihre Tätigkeit als Sexarbeiterin zum 15.10.2014 an. Dies war, nachdem wir um 08:20 Uhr die Behörde betreten und ein wenig gewartet hatten um 13:40 Uhr möglich. In den Vorjahren war die gwerbliche Meldung nur unter Begriffen wie Wellnessmassagen zulässig, da Bremen zu den Bundesländern gehörte, die Sexarbeit und den Bordellbetrieb nicht als gewerbliche Tätigkeiten anerkannten.
Wir waren daher überrascht, dass die Sachbearterin uns mitteilte,
dass eine Anmeldung als Sexarbeiterin jetzt in Bremen verpflichtend sei.
Sie zitierte dazu aus einer Email Ihrer Fachbereichsleitung vom Anfang August 2014. Die Fachbereichsleitung erklärte darin, dass in Zukunft (also in HB ab Anfang August 2014) die gewerblich Meldung als Prostituierte / Sexarbeitende verpflichtend sei.
Als Grund für diese Änderung wurde ein entsprechender Beschluss des Bund- un Länderausschusses Gewerberecht genannt.
Meine Frage:
Hat jemand diesen Beschluss vorliegen? Das wäre wichtig und interessant, weil der Ausschuss bisher die Meinung vertrat Sexarbeit sei keine gewerbliche Tätigkeit.
Kaum aus dem Ausland zurück waren Lara und ich heute beim Bremer Gewerbeamt. Lara wollte ihre gewerbliche Anmeldung erweitern und zeigte ihre Tätigkeit als Sexarbeiterin zum 15.10.2014 an. Dies war, nachdem wir um 08:20 Uhr die Behörde betreten und ein wenig gewartet hatten um 13:40 Uhr möglich. In den Vorjahren war die gwerbliche Meldung nur unter Begriffen wie Wellnessmassagen zulässig, da Bremen zu den Bundesländern gehörte, die Sexarbeit und den Bordellbetrieb nicht als gewerbliche Tätigkeiten anerkannten.
Wir waren daher überrascht, dass die Sachbearterin uns mitteilte,
dass eine Anmeldung als Sexarbeiterin jetzt in Bremen verpflichtend sei.
Sie zitierte dazu aus einer Email Ihrer Fachbereichsleitung vom Anfang August 2014. Die Fachbereichsleitung erklärte darin, dass in Zukunft (also in HB ab Anfang August 2014) die gewerblich Meldung als Prostituierte / Sexarbeitende verpflichtend sei.
Als Grund für diese Änderung wurde ein entsprechender Beschluss des Bund- un Länderausschusses Gewerberecht genannt.
Meine Frage:
Hat jemand diesen Beschluss vorliegen? Das wäre wichtig und interessant, weil der Ausschuss bisher die Meinung vertrat Sexarbeit sei keine gewerbliche Tätigkeit.
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- Admina
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Bei der 6. Bundesfachtagung Gewerberecht in Wetzlar , wo ich dran teilgenommen habe.
War der Stand am 6.10.2014 das die einzelne tätige Prostituierte KEIN Gewerbe anmelden kann.
Des weiteren haben sie einhellig sich dagegen ausgesprochen, mit der Begründung.
1. Wären sie personell nicht dazu in der Lage (ein Gewerberechtler sprach von jährlich 3% Personalabbau)
2. Sie hätten für unsere Branche keine Sachkenntnisse und fühlten sich überfordert, sollte das Gesetz werden
Eine Änderung ein entsprechendes Beschluss war am 6.10.2014 nicht bekannt. Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, das das Bremer Gewerbeamt rechtskonform handelt.
Den Beschluss würde mich jetzt interessieren.
Kann man den nicht anfordern?
Denn das glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe schwarz auf weiß.
War der Stand am 6.10.2014 das die einzelne tätige Prostituierte KEIN Gewerbe anmelden kann.
Des weiteren haben sie einhellig sich dagegen ausgesprochen, mit der Begründung.
1. Wären sie personell nicht dazu in der Lage (ein Gewerberechtler sprach von jährlich 3% Personalabbau)
2. Sie hätten für unsere Branche keine Sachkenntnisse und fühlten sich überfordert, sollte das Gesetz werden
Eine Änderung ein entsprechendes Beschluss war am 6.10.2014 nicht bekannt. Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, das das Bremer Gewerbeamt rechtskonform handelt.
Den Beschluss würde mich jetzt interessieren.
Kann man den nicht anfordern?
Denn das glaube ich erst, wenn ich es gesehen habe schwarz auf weiß.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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Fakten und Infos über Prostitution
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So wie von Klaus geschildert, stelle ich mir das ab 01.01.16 vor, wenn wir in unserer jeweilig zuständigen Stadt eine Anmeldung machen wollen (weil ja dann Gesetz):
Die linke Hand wird nicht wissen, was die rechte tut...
Ich bin schon jetzt gespannt darauf, wie mein zuständiges Amt auf meinen Anmeldeantrag als SW und Betreiberin reagieren wird.
Gruß,
LadyTanja
Die linke Hand wird nicht wissen, was die rechte tut...
Ich bin schon jetzt gespannt darauf, wie mein zuständiges Amt auf meinen Anmeldeantrag als SW und Betreiberin reagieren wird.
Gruß,
LadyTanja
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16.10.2014
Kein Tsunami: Wovor das Prostituiertenschutzgesetz die Prostituierten schützen soll
Die Novellierung des Prostitutionsgesetzes ist eines der Ziele der Großen Koalition und Gegenstand heftiger Diskussionen. Dabei besteht ein Konsens, dass es "Prostituiertenschutzgesetz" heißen soll. Damit erklärt oder erkennt die Regierung, dass die prostituierten Personen eine schutzbedürftige Bevölkerungsgruppe sind.
Ungeklärt bleibt aber die Gefahrendefinition: Vor wem oder was müssen denn die prostituierten Personen eigentlich geschützt werden? Vor der gesellschaftlichen Stigmatisierung?
Der Großteil der prostituierten Personen lehnt die Prostitution ab, will sich nur kurz aus der Geldnot helfen und so schnell wie möglich aus der Prostitution wieder aussteigen. Die meisten prostituierten Personen, auch wenn sie sich lange prostituieren, wollen nicht, dass diese Lebensphase Spuren in ihrer Biografie hinterlässt. Sie identifizieren sich gar nicht mit der Prostitution, sie bejahen sie nicht, sie wollen gegenüber dem Rest der Gesellschaft unsichtbar bleiben. Sie tragen also selbst zur Stigmatisierung bei.
Hoffentlich wird das neue Gesetz nicht versuchen, sie vor sich selbst zu schützen, sondern vor den realen Gefahren, denen sie ausgesetzt sind. Welche Gefahren also?
Vor wem soll das Gesetz sie schützen? Vor ihren Nachbarn?
Die Sperrgebietsverordnungen bewirken, dass die Bevölkerung außerhalb der Prostitution niemals erfährt, dass gerade um die Ecke Frauen sich prostituieren. Der Straßenstrich wird aus den Innenstädten verbannt, darf nur auf entlegenen Straßen außerhalb der Wohngebiete stattfinden. So schützt man aber nicht Prostituierte vor ihren Nachbarn, sondern umgekehrt die Nachbarn vor der Wahrnehmung der Prostitution.
Keine Mutter, kein Vater muss den unangenehmen Fragen ihrer oder seiner Kinder beantworten, was diese Frauen am Rande der Straße wohl machen und warum sie so dürftig angezogen sind. In den abgelegenen Straßen, wo Straßenstrich erlaubt ist, fährt keine Familienkutsche vorbei, also sind die Kinder vor der Wahrnehmung der Prostitution geschützt, oder vielmehr die Eltern vor unangenehmen Fragen.
Die Prostituierten sollten jedoch vor Angriffen und Übergriffen geschützt werden, aber das Gegenteil ist der Fall: Am Waldrand oder in abgelegenen Straßen sind sie solchen Gefahren viel eher ausgesetzt. Und wenn sie um Hilfe rufen, ist niemand da, der helfen könnte. Also werden die Prostituierten nicht davor geschützt, in Gefahrenzonen stehen zu müssen.
Vor wem also sollte das Gesetz die Prostituierten schützen? Vor ihren Zuhältern?
Die Zuhälterei besteht darin, Einkünfte aus der Prostitution einer anderen Person zu beziehen. Ob diese Einkünfte an eine Gegenleistung geknüpft sind oder nicht, ist vollkommen egal. Meistens erfüllt der Zuhälter eine Beschützerfunktion und rechtfertigt damit seine Anteile an dem Prostitutionsertrag.
Wenn aber aus dem Beschützer ein Tyrann wird, der die Frau zur Steigerung ihrer Einkünfte zwingt, damit sie zum Beispiel mit bestimmten Praktiken mehr Geld verdient, dann ist dies dirigistische Zuhälterei und ist verboten. Also sind nach der heutigen Gesetzeslage die Prostituierten vor Übergriffen ihrer Zuhälter bestens geschützt.
Warum sollte also der Schutz der Prostituierten vor ihren Zuhältern im Fokus der Gesetzgebung stehen?
Weil die Erpressung keine Straftat darstellt. Sie kann von der gesamten Situation der prostituierten Personen nicht isoliert werden. Diese stehen unter dem Druck, ihre ganze Familie im Heimatland versorgen zu müssen.
Die Funktion des Zuhälters wird nicht von einer einzigen Person eingenommen, sondern von der eigenen Verwandtschaft aufgrund deren Erwartungshaltung. Diese Art von Zuhälterei braucht keine sichtbaren Erpressungsmittel, die emotionale Abhängigkeit genügt.
Wie könnte man durch ein Gesetz diese Abhängigkeitsverhältnisse durchbrechen?
Diese erweiterten Familien sehen die Prostitution der Schwächsten ihrer Mitglieder als die allerletzte Armutsüberwindungsstrategie, die ihnen in einer desolaten Wirtschaftslage übrigbleibt.
Wird das Prostituiertenschutzgesetz die im Zuge des EU-Beitritts wegrationalisierten Sozialsysteme in Rumänien und Bulgarien wiederherstellen? Wird sie diskriminierten Roma-Familien einen Zugang zur Grundversorgung ermöglichen? Wird das Gesetz ganze Bevölkerungsteile vor der Armut schützen? Wäre das nicht der richtige Schutz, den diese Personen brauchen?
Sind es aber dann die BordellbesitzerInnen, die eine Gefahr darstellen, vor der per Gesetz die prostituierten Personen geschützt werden sollten?
Sie betonen immer wieder, wie effizient und professionell sie den Schutz der sich bei ihnen prostituierenden Personen gewährleisteten, wie bequem und sicher die Ausübung der Prostitution bei ihnen sei im Vergleich zum Straßenstrich.
Tatsächlich sind Bordellzimmer fast immer mit einem Wasseranschluss ausgestattet und ermöglichen einen Mindestmaß an Hygiene, die auf dem Strich nicht vorhanden ist. Allerdings stellt die Hygiene keine Garantie dafür dar, dass ansteckende Krankheiten sich nicht verbreiten. Die gefährlichsten Krankheitserreger werden bei Oral- oder Geschlechtsverkehr ohne Kondom übertragen, auch unter ansonsten guten hygienischen Bedingungen.
Die wenigsten BordellbesitzerInnen stellen aber den prostituierten Personen kostenlos Kondome zur Verfügung. Nur in Bayern, wo es im lokalen Gesetz steht, erinnern sie ihre Kunden per Aushang an die Kondompflicht. Die BordellbesitzerInnen sind in den seltensten Fällen ArbeitgeberInnen. Sie übernehmen also weder die Pflichten noch die Rechte von ArbeitgeberInnen und sollten keine Macht über die prostituierten Personen ausüben.
Die Mieten, die sie für die Zimmer verlangen, übersteigen bei Weitem den ortsüblichen Mietspiegel. Sie verschlingen einen Großteil der Einkünfte der Prostitution. Also sind die BordellbetreiberInnen eigentlich in einer Machtposition, die diejenige eines Arbeitgebers weit übersteigt; natürlich sind Überschreitungen ihrerseits zu befürchten.
Es ist auf jeden Fall gerechtfertigt, die prostituierten Personen vor ihnen schützen zu wollen. Die Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten, die die Regierung einzuführen gedenkt, ist eine längst überfällige Maßnahme, die verhindern soll, dass notorische Kriminelle ein Bordell eröffnen dürfen. Es werden endlich Auflagen definiert und erteilt, die ein Bordell erfüllen muss.
Werden hiermit prostituierte Personen besser vor Grenzüberschreitungen geschützt?
Das ist leider nicht zu erwarten. Es wird mit dem neuen Gesetz weiterhin nicht auszuschließen sein, dass Strohmänner eingesetzt werden, welche die Auflagen erfüllen. Druck auf die prostituierten Personen kann auch aus dem Hintergrund ausgeübt werden, von einer Person, deren Name auf keinem Dokument erscheint.
Prostituierte Personen bilden tatsächlich eine schutzbedürftige Personengruppe, und es wäre die Aufgabe des Gesetzgebers, seiner Schutzpflicht nachzukommen, um sie vor den realen Gefahren zu schützen.
Die meisten Grenzüberschreitungen, bis hin zu Gewaltakten, die prostituierte Personen tagtäglich erfahren, werden von Sexkäufern begangen. Sie kommen als Kunden, die sexuelle Handlungen kaufen wollen, erweisen sich aber als Gewalttäter, die mit Geld für Sex eigentlich einen Freibrief für Gewalt zu erkaufen glauben.
Von ihnen kommt die Nachfrage nach gefährlichen Praktiken, von ihnen kommt die Ablehnung der Benutzung von Kondomen. Und von ihnen kommen auch Bedrohungen, Beschimpfungen, herablassende Bemerkungen, die am Selbstwertgefühl nagen.
Wie will das Gesetz prostituierte Personen vor diesen Gefahren schützen, die ihnen von der eigenen Kundschaft drohen?
Die aktuellen Gesetzentwürfe sehen bestenfalls die Bestrafung der Kunden von Zwangsprostituierten vor, jedoch nicht die der übrigen Kunden. Das bedeutet, dass den Sexkäufern die Freiwilligkeit der prostituierten Person glaubwürdig vorgegaukelt werden muss, was meistens schon der Fall ist.
Die allerwenigsten Frauen trauen sich in der Interaktion mit einem Sexkäufer über ihre Not zu sprechen, geschweige denn um Hilfe zu bitten. Die Erpressungssituation und der Druck müssen nur weiter unsichtbar bleiben, und es wird sich kein Kunde strafbar machen.
Geschützt vor jedem Zwang sollen in der glamourösen Welt der "freiwilligen" Prostitution Frauen (und im geringeren Maß auch Männer) weiterhin ihre Sexualität als Ware anbieten dürfen und weiterhin diesen Gefahren ausgesetzt werden.
Übersehen dabei alle PolitikerInnen und EntscheidungsträgerInnen bewusst, dass die Gefahren von den Käufern ausgehen, selbst wenn diese sich (auch künftig) nicht strafbar machen? Und dass die Tatsache, dass es Käufer gibt, überhaupt das ganze System Prostitution aufrechterhält, welches eine tägliche Anhäufung von Übergriffen durch Männer gegen die sexuelle Selbstbestimmung bedeutet?
Wen will man aber tatsächlich mit dem ProstituiertenSchutzGesetz schützen?
Die Prostituierten sind es nicht - es ist viel eher das gute Gewissen der Sexkäufer, damit sie ungestört weiterhin diese Übergriffe begehen können, ohne sich einer Straftat schuldig zu machen.
Aber warum kaufen Männer überhaupt Sex?
Weil es eine unbändige männliche Sexualität gibt, die auf der Suche nach ihrer Befriedigung bereit ist, viel gesellschaftliches Übel und persönliches Leid in Kauf zu nehmen? Woher kommt denn diese Bereitschaft?
Sie entstammt dem patriarchalischen Glauben, der männliche Sexualtrieb stürze sich wie ein Tsunami auf die Menschheit, ohne dass ihm etwas entgegengesetzt werden könne. Die Menschheit dürfe nur Schadensbegrenzung betreiben, damit die dramatischen Folgen dieses Tsunamis nicht allzu schmerzhaft seien.
Doch es gibt eine gute Nachricht: Der männliche Sexualtrieb ist kein Tsunami. Wie sein weibliches Pendant kann er kultiviert und kontrolliert werden. Der Sexualtrieb ist eine wunderbare Kraft, die sowohl bei Frauen als auch bei Männern vorhanden ist, die Bindungen verfestigt und Menschen stärkt, die sich in Kunst äußert und die Kulturen bereichert.
Es ist an der Zeit, mit der patriarchalischen Vorstellung aufzuräumen, dass wir alle mit der Zerstörungswut des männlichen Sexualtriebes leben müssten, weil es alternativlos sei.
Es gibt Alternativen, es ist kein Tsunami in Sicht.
http://www.huffingtonpost.de/florence-h ... ef=politik
Kein Tsunami: Wovor das Prostituiertenschutzgesetz die Prostituierten schützen soll
Die Novellierung des Prostitutionsgesetzes ist eines der Ziele der Großen Koalition und Gegenstand heftiger Diskussionen. Dabei besteht ein Konsens, dass es "Prostituiertenschutzgesetz" heißen soll. Damit erklärt oder erkennt die Regierung, dass die prostituierten Personen eine schutzbedürftige Bevölkerungsgruppe sind.
Ungeklärt bleibt aber die Gefahrendefinition: Vor wem oder was müssen denn die prostituierten Personen eigentlich geschützt werden? Vor der gesellschaftlichen Stigmatisierung?
Der Großteil der prostituierten Personen lehnt die Prostitution ab, will sich nur kurz aus der Geldnot helfen und so schnell wie möglich aus der Prostitution wieder aussteigen. Die meisten prostituierten Personen, auch wenn sie sich lange prostituieren, wollen nicht, dass diese Lebensphase Spuren in ihrer Biografie hinterlässt. Sie identifizieren sich gar nicht mit der Prostitution, sie bejahen sie nicht, sie wollen gegenüber dem Rest der Gesellschaft unsichtbar bleiben. Sie tragen also selbst zur Stigmatisierung bei.
Hoffentlich wird das neue Gesetz nicht versuchen, sie vor sich selbst zu schützen, sondern vor den realen Gefahren, denen sie ausgesetzt sind. Welche Gefahren also?
Vor wem soll das Gesetz sie schützen? Vor ihren Nachbarn?
Die Sperrgebietsverordnungen bewirken, dass die Bevölkerung außerhalb der Prostitution niemals erfährt, dass gerade um die Ecke Frauen sich prostituieren. Der Straßenstrich wird aus den Innenstädten verbannt, darf nur auf entlegenen Straßen außerhalb der Wohngebiete stattfinden. So schützt man aber nicht Prostituierte vor ihren Nachbarn, sondern umgekehrt die Nachbarn vor der Wahrnehmung der Prostitution.
Keine Mutter, kein Vater muss den unangenehmen Fragen ihrer oder seiner Kinder beantworten, was diese Frauen am Rande der Straße wohl machen und warum sie so dürftig angezogen sind. In den abgelegenen Straßen, wo Straßenstrich erlaubt ist, fährt keine Familienkutsche vorbei, also sind die Kinder vor der Wahrnehmung der Prostitution geschützt, oder vielmehr die Eltern vor unangenehmen Fragen.
Die Prostituierten sollten jedoch vor Angriffen und Übergriffen geschützt werden, aber das Gegenteil ist der Fall: Am Waldrand oder in abgelegenen Straßen sind sie solchen Gefahren viel eher ausgesetzt. Und wenn sie um Hilfe rufen, ist niemand da, der helfen könnte. Also werden die Prostituierten nicht davor geschützt, in Gefahrenzonen stehen zu müssen.
Vor wem also sollte das Gesetz die Prostituierten schützen? Vor ihren Zuhältern?
Die Zuhälterei besteht darin, Einkünfte aus der Prostitution einer anderen Person zu beziehen. Ob diese Einkünfte an eine Gegenleistung geknüpft sind oder nicht, ist vollkommen egal. Meistens erfüllt der Zuhälter eine Beschützerfunktion und rechtfertigt damit seine Anteile an dem Prostitutionsertrag.
Wenn aber aus dem Beschützer ein Tyrann wird, der die Frau zur Steigerung ihrer Einkünfte zwingt, damit sie zum Beispiel mit bestimmten Praktiken mehr Geld verdient, dann ist dies dirigistische Zuhälterei und ist verboten. Also sind nach der heutigen Gesetzeslage die Prostituierten vor Übergriffen ihrer Zuhälter bestens geschützt.
Warum sollte also der Schutz der Prostituierten vor ihren Zuhältern im Fokus der Gesetzgebung stehen?
Weil die Erpressung keine Straftat darstellt. Sie kann von der gesamten Situation der prostituierten Personen nicht isoliert werden. Diese stehen unter dem Druck, ihre ganze Familie im Heimatland versorgen zu müssen.
Die Funktion des Zuhälters wird nicht von einer einzigen Person eingenommen, sondern von der eigenen Verwandtschaft aufgrund deren Erwartungshaltung. Diese Art von Zuhälterei braucht keine sichtbaren Erpressungsmittel, die emotionale Abhängigkeit genügt.
Wie könnte man durch ein Gesetz diese Abhängigkeitsverhältnisse durchbrechen?
Diese erweiterten Familien sehen die Prostitution der Schwächsten ihrer Mitglieder als die allerletzte Armutsüberwindungsstrategie, die ihnen in einer desolaten Wirtschaftslage übrigbleibt.
Wird das Prostituiertenschutzgesetz die im Zuge des EU-Beitritts wegrationalisierten Sozialsysteme in Rumänien und Bulgarien wiederherstellen? Wird sie diskriminierten Roma-Familien einen Zugang zur Grundversorgung ermöglichen? Wird das Gesetz ganze Bevölkerungsteile vor der Armut schützen? Wäre das nicht der richtige Schutz, den diese Personen brauchen?
Sind es aber dann die BordellbesitzerInnen, die eine Gefahr darstellen, vor der per Gesetz die prostituierten Personen geschützt werden sollten?
Sie betonen immer wieder, wie effizient und professionell sie den Schutz der sich bei ihnen prostituierenden Personen gewährleisteten, wie bequem und sicher die Ausübung der Prostitution bei ihnen sei im Vergleich zum Straßenstrich.
Tatsächlich sind Bordellzimmer fast immer mit einem Wasseranschluss ausgestattet und ermöglichen einen Mindestmaß an Hygiene, die auf dem Strich nicht vorhanden ist. Allerdings stellt die Hygiene keine Garantie dafür dar, dass ansteckende Krankheiten sich nicht verbreiten. Die gefährlichsten Krankheitserreger werden bei Oral- oder Geschlechtsverkehr ohne Kondom übertragen, auch unter ansonsten guten hygienischen Bedingungen.
Die wenigsten BordellbesitzerInnen stellen aber den prostituierten Personen kostenlos Kondome zur Verfügung. Nur in Bayern, wo es im lokalen Gesetz steht, erinnern sie ihre Kunden per Aushang an die Kondompflicht. Die BordellbesitzerInnen sind in den seltensten Fällen ArbeitgeberInnen. Sie übernehmen also weder die Pflichten noch die Rechte von ArbeitgeberInnen und sollten keine Macht über die prostituierten Personen ausüben.
Die Mieten, die sie für die Zimmer verlangen, übersteigen bei Weitem den ortsüblichen Mietspiegel. Sie verschlingen einen Großteil der Einkünfte der Prostitution. Also sind die BordellbetreiberInnen eigentlich in einer Machtposition, die diejenige eines Arbeitgebers weit übersteigt; natürlich sind Überschreitungen ihrerseits zu befürchten.
Es ist auf jeden Fall gerechtfertigt, die prostituierten Personen vor ihnen schützen zu wollen. Die Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten, die die Regierung einzuführen gedenkt, ist eine längst überfällige Maßnahme, die verhindern soll, dass notorische Kriminelle ein Bordell eröffnen dürfen. Es werden endlich Auflagen definiert und erteilt, die ein Bordell erfüllen muss.
Werden hiermit prostituierte Personen besser vor Grenzüberschreitungen geschützt?
Das ist leider nicht zu erwarten. Es wird mit dem neuen Gesetz weiterhin nicht auszuschließen sein, dass Strohmänner eingesetzt werden, welche die Auflagen erfüllen. Druck auf die prostituierten Personen kann auch aus dem Hintergrund ausgeübt werden, von einer Person, deren Name auf keinem Dokument erscheint.
Prostituierte Personen bilden tatsächlich eine schutzbedürftige Personengruppe, und es wäre die Aufgabe des Gesetzgebers, seiner Schutzpflicht nachzukommen, um sie vor den realen Gefahren zu schützen.
Die meisten Grenzüberschreitungen, bis hin zu Gewaltakten, die prostituierte Personen tagtäglich erfahren, werden von Sexkäufern begangen. Sie kommen als Kunden, die sexuelle Handlungen kaufen wollen, erweisen sich aber als Gewalttäter, die mit Geld für Sex eigentlich einen Freibrief für Gewalt zu erkaufen glauben.
Von ihnen kommt die Nachfrage nach gefährlichen Praktiken, von ihnen kommt die Ablehnung der Benutzung von Kondomen. Und von ihnen kommen auch Bedrohungen, Beschimpfungen, herablassende Bemerkungen, die am Selbstwertgefühl nagen.
Wie will das Gesetz prostituierte Personen vor diesen Gefahren schützen, die ihnen von der eigenen Kundschaft drohen?
Die aktuellen Gesetzentwürfe sehen bestenfalls die Bestrafung der Kunden von Zwangsprostituierten vor, jedoch nicht die der übrigen Kunden. Das bedeutet, dass den Sexkäufern die Freiwilligkeit der prostituierten Person glaubwürdig vorgegaukelt werden muss, was meistens schon der Fall ist.
Die allerwenigsten Frauen trauen sich in der Interaktion mit einem Sexkäufer über ihre Not zu sprechen, geschweige denn um Hilfe zu bitten. Die Erpressungssituation und der Druck müssen nur weiter unsichtbar bleiben, und es wird sich kein Kunde strafbar machen.
Geschützt vor jedem Zwang sollen in der glamourösen Welt der "freiwilligen" Prostitution Frauen (und im geringeren Maß auch Männer) weiterhin ihre Sexualität als Ware anbieten dürfen und weiterhin diesen Gefahren ausgesetzt werden.
Übersehen dabei alle PolitikerInnen und EntscheidungsträgerInnen bewusst, dass die Gefahren von den Käufern ausgehen, selbst wenn diese sich (auch künftig) nicht strafbar machen? Und dass die Tatsache, dass es Käufer gibt, überhaupt das ganze System Prostitution aufrechterhält, welches eine tägliche Anhäufung von Übergriffen durch Männer gegen die sexuelle Selbstbestimmung bedeutet?
Wen will man aber tatsächlich mit dem ProstituiertenSchutzGesetz schützen?
Die Prostituierten sind es nicht - es ist viel eher das gute Gewissen der Sexkäufer, damit sie ungestört weiterhin diese Übergriffe begehen können, ohne sich einer Straftat schuldig zu machen.
Aber warum kaufen Männer überhaupt Sex?
Weil es eine unbändige männliche Sexualität gibt, die auf der Suche nach ihrer Befriedigung bereit ist, viel gesellschaftliches Übel und persönliches Leid in Kauf zu nehmen? Woher kommt denn diese Bereitschaft?
Sie entstammt dem patriarchalischen Glauben, der männliche Sexualtrieb stürze sich wie ein Tsunami auf die Menschheit, ohne dass ihm etwas entgegengesetzt werden könne. Die Menschheit dürfe nur Schadensbegrenzung betreiben, damit die dramatischen Folgen dieses Tsunamis nicht allzu schmerzhaft seien.
Doch es gibt eine gute Nachricht: Der männliche Sexualtrieb ist kein Tsunami. Wie sein weibliches Pendant kann er kultiviert und kontrolliert werden. Der Sexualtrieb ist eine wunderbare Kraft, die sowohl bei Frauen als auch bei Männern vorhanden ist, die Bindungen verfestigt und Menschen stärkt, die sich in Kunst äußert und die Kulturen bereichert.
Es ist an der Zeit, mit der patriarchalischen Vorstellung aufzuräumen, dass wir alle mit der Zerstörungswut des männlichen Sexualtriebes leben müssten, weil es alternativlos sei.
Es gibt Alternativen, es ist kein Tsunami in Sicht.
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Interview with Theo from sex worker association Hydra e.V.
"There are already trade laws in place to take action against exploitation"
Interview with Theo from sex worker association Hydra e.V.
Englische Übersetzung des Interviews von Ariane mit Theo
Original hier
Übersetzung hier
Interview with Theo from sex worker association Hydra e.V.
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Always forgive your enemies; nothing annoys them so much. - Oscar Wilde

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RE: ProstG: Deutsches Prostitutionsgesetz
Gewerbemeldung als Sexarbeiterin in Bremen
Heute habe ich das Gewerbeamt der Stadt Bremen angeschrieben. Den Brief findet ihr unten. Bisher war es unzulässig, sich als Sexarbeiterin in Bremen anzumelden. Seit Anfang August soll das jetzt Pflicht sein. Ich selber möchte mich gewerblich richtig anmelden. Ich möchte immer offen dazu stehen Sexarbeiterin zu sein. Wer mich deswegen verurteilt ist für mich unmenschlich. Ich möchte ausserdem nicht, dass es eine Pflicht für uns gibt, uns gewerblich anzumelden. Alle sollen dass selber entscheiden können. Es ist nicht einfach als Sexarbeiterin bekannt zu sein. Das hat viele Schwierigkeiten zur Folge. Das müssen alle selber wissen, ob sie das auf sich nehmen können.
Dass es bisher in Bremen nicht erlaubt war sich gewerblich als Sexarbeiterin anzumelden, halte ich für eine Diskriminierung. Das hat mit beruflicher Gleichbehandlung nichts zu tun. Ausserdem sind amtliche Dokumente, die tatsachenwidrig sind, sicher nicht zulässig. Erst recht kann es nicht in Ordnung sein, dass in ein Dokument amtlich etwas hineingeschrieben wird, was meinen Aussagen nicht entspricht und ich dazu veranlasst werde so ein Dokument zu unterschreiben. Das hört sich für mich an wie Moldawien zur Zeit der Sowjetunion. Da war das normal. Demokratisch kann das nicht sein. Hier der Text
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20.10.2014
Prostituiertenschutzgesetz
Armutsprostitution nimmt zu - Frauen bekommen immer weniger Geld
Prostituierte in Frankfurt sind immer häufiger Südosteuropäerinnen aus ärmsten Verhältnissen. Freier zahlen immer weniger, und der Druck auf die Frauen wächst. Ein Teufelskreis. Das geplante Prostituiertenschutzgesetz könnte ihn durchbrechen helfen.
Frankfurt. Radka hatte den Versprechungen geglaubt. Sie folgte ihrem Bekannten von Bulgarien nach Frankfurt, um Geld zu verdienen und so ihren beiden Kindern ein besseres Leben zu bieten. Als sie dafür anschaffen musste, vertraute sie sich einer Streetworkerin an und fand Zuflucht vor ihrem Zuhälter im Frauenhaus. Doch schon einige Tage später arbeitete sie wieder als Prostituierte und war bald darauf aus Frankfurt verschwunden. Für Elvira Niesner von der Beratungsorganisation Frauenrecht ist Menschenrecht (FIM) ein typisches Schicksal. «Armuts- und Zwangsprostitution ist oft das Gleiche», sagt sie. «Die Frauen bleiben in der Situation, machen es aber nicht freiwillig.»
Die Armutsprostitution habe seit der EU-Osterweiterung 2007 stark zugenommen und bestimme in Frankfurt inzwischen weitgehend den Markt, sagt Niesner, deren Organisation seit den 1980er Jahren auch Prostituierte berät. Von den rund 1200 Huren, die sich jeden Tag in Frankfurt aufhalten, sind nach Schätzungen der Polizei etwa 70 Prozent Bulgarinnen oder Rumäninnen - zumindest in den Bordellen. Darüber hinaus ist das Dunkelfeld hoch.
«Die Armutsprostitution hat Standards und Arbeitsbedingungen verändert und etablierte, professionell tätige Frauen zum Ausstieg bewegt», sagte Niesner. Denn die Not nutzen die Freier und bezahlen weniger. «15 Euro für Alles sind keine Seltenheit.» Mit dem Preisverfall steigt der Druck auf die Frauen, die Kosten reinzuholen, wie Kriminalhauptkommissar Jürgen Benz sagt. Allein im Bahnhofsviertel gibt es 14 Laufhäuser mit insgesamt rund 620 Zimmern. Durchschnittlich 125 Euro müsse eine Prostituierte pro Nacht für ein Zimmer bezahlen. Dazu kämen 15 Euro Steuern.
«Viele Frauen wissen nicht, woher sie sonst Geld bekommen könnten», beschreibt Niesner die Notlage der Prostituierten. Die Abhängigkeit von ihren Partnern oder Zuhältern mache es den Frauen oft unmöglich, sich eine Alternative aufzubauen. Dazu komme häufig Druck, so wie bei Luba. Die Bulgarin hatte nach einigen Jahren in der Prostitution einen Job als Kellnerin gefunden, schaffte den Ausstieg dann aber doch nicht, weil ihr Mann und Zuhälter dies nicht wollte, und das gemeinsame Kind bei seiner Mutter in Bulgarien lebte.
Viele der Prostituierten kommen aus ärmsten Verhältnissen, haben früh Gewalt erfahren und kaum Schulbildung, sprechen weder Deutsch noch Englisch - und bringen oft ihre Zuhälter mit, erläutert Niesner. «Viele wissen nicht einmal, in welcher Stadt sie sind», sagt Benz. Die Frauen würden oft über das Internet angepriesen und arbeiteten dann einige Zeit in einem Hotel oder einer Wohnung bevor es an einen anderen Ort gehe.
Der Kontakt mit den Freiern und die finanziellen Vereinbarungen laufen über Handys der Zuhälter, die so die Geschäfte unter Kontrolle haben, und der Frau eine SMS ins Zimmer mit schicken, was mit dem nächsten Freier für wie viel Geld zu tun ist. Auf «100 plus X» schätzt Benz die Zahl der Terminwohnungen in Frankfurt. «Manche Gruppen tätowieren ihre Frauen.» Die Dunkelziffer sei groß, viele Opfer sagten aus Angst nicht aus.
Die Stadt Frankfurt will gegen Wohnungsprostitution vorgehen und wenigstens an der Sperrgebietsverordnung festhalten. Sie erlaubt Prostitutionsbetriebe nur in ausgewiesenen Zonen wie dem Bahnhofsviertel. Vor dem Bundesverwaltungsgericht kämpft die Stadt am 17. Dezember für das Verbot der Prostitution in einem Wohnhaus, in dem sich überwiegend «Massagesalons» angesiedelt hatten. Der Hessischen Verwaltungsgerichtshof hatte dies gekippt. Die Begründung: Prostitution außerhalb ausgewiesener Toleranzzonen dürfe nicht mehr pauschal als Störung der öffentlichen Sicherheit eingestuft werden.
Gegen Häuser, in denen nur eine oder wenige Wohnungen für Prostitution genutzt würden, könne die Stadt wenig tun, sagt eine Sprecherin des Ordnungsdezernats. «Selbst dann nicht, wenn sich wie im Stadtteil Bockenheim Nachbarn beschweren, weil die Freier sie nachts betrunken rausklingeln.»
Grundsätzliche Verbesserungen für die Frauen könnte die große Koalition bringen. Sie will das älteste Gewerbe der Welt bis 2016 neu ordnen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bereitet ein Gesetz vor, bei dem der Schutz der Frauen vor Gewalt und Ausbeutung, aber auch Hilfen beim Ausstieg obenan stehen sollen. Justizminister Heiko Maas plant Änderungen im Strafrecht - zum besseren Schutz vor Menschenhandel und Zwangsprostitution.
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Arm ... 75,1088607
Prostituiertenschutzgesetz
Armutsprostitution nimmt zu - Frauen bekommen immer weniger Geld
Prostituierte in Frankfurt sind immer häufiger Südosteuropäerinnen aus ärmsten Verhältnissen. Freier zahlen immer weniger, und der Druck auf die Frauen wächst. Ein Teufelskreis. Das geplante Prostituiertenschutzgesetz könnte ihn durchbrechen helfen.
Frankfurt. Radka hatte den Versprechungen geglaubt. Sie folgte ihrem Bekannten von Bulgarien nach Frankfurt, um Geld zu verdienen und so ihren beiden Kindern ein besseres Leben zu bieten. Als sie dafür anschaffen musste, vertraute sie sich einer Streetworkerin an und fand Zuflucht vor ihrem Zuhälter im Frauenhaus. Doch schon einige Tage später arbeitete sie wieder als Prostituierte und war bald darauf aus Frankfurt verschwunden. Für Elvira Niesner von der Beratungsorganisation Frauenrecht ist Menschenrecht (FIM) ein typisches Schicksal. «Armuts- und Zwangsprostitution ist oft das Gleiche», sagt sie. «Die Frauen bleiben in der Situation, machen es aber nicht freiwillig.»
Die Armutsprostitution habe seit der EU-Osterweiterung 2007 stark zugenommen und bestimme in Frankfurt inzwischen weitgehend den Markt, sagt Niesner, deren Organisation seit den 1980er Jahren auch Prostituierte berät. Von den rund 1200 Huren, die sich jeden Tag in Frankfurt aufhalten, sind nach Schätzungen der Polizei etwa 70 Prozent Bulgarinnen oder Rumäninnen - zumindest in den Bordellen. Darüber hinaus ist das Dunkelfeld hoch.
«Die Armutsprostitution hat Standards und Arbeitsbedingungen verändert und etablierte, professionell tätige Frauen zum Ausstieg bewegt», sagte Niesner. Denn die Not nutzen die Freier und bezahlen weniger. «15 Euro für Alles sind keine Seltenheit.» Mit dem Preisverfall steigt der Druck auf die Frauen, die Kosten reinzuholen, wie Kriminalhauptkommissar Jürgen Benz sagt. Allein im Bahnhofsviertel gibt es 14 Laufhäuser mit insgesamt rund 620 Zimmern. Durchschnittlich 125 Euro müsse eine Prostituierte pro Nacht für ein Zimmer bezahlen. Dazu kämen 15 Euro Steuern.
«Viele Frauen wissen nicht, woher sie sonst Geld bekommen könnten», beschreibt Niesner die Notlage der Prostituierten. Die Abhängigkeit von ihren Partnern oder Zuhältern mache es den Frauen oft unmöglich, sich eine Alternative aufzubauen. Dazu komme häufig Druck, so wie bei Luba. Die Bulgarin hatte nach einigen Jahren in der Prostitution einen Job als Kellnerin gefunden, schaffte den Ausstieg dann aber doch nicht, weil ihr Mann und Zuhälter dies nicht wollte, und das gemeinsame Kind bei seiner Mutter in Bulgarien lebte.
Viele der Prostituierten kommen aus ärmsten Verhältnissen, haben früh Gewalt erfahren und kaum Schulbildung, sprechen weder Deutsch noch Englisch - und bringen oft ihre Zuhälter mit, erläutert Niesner. «Viele wissen nicht einmal, in welcher Stadt sie sind», sagt Benz. Die Frauen würden oft über das Internet angepriesen und arbeiteten dann einige Zeit in einem Hotel oder einer Wohnung bevor es an einen anderen Ort gehe.
Der Kontakt mit den Freiern und die finanziellen Vereinbarungen laufen über Handys der Zuhälter, die so die Geschäfte unter Kontrolle haben, und der Frau eine SMS ins Zimmer mit schicken, was mit dem nächsten Freier für wie viel Geld zu tun ist. Auf «100 plus X» schätzt Benz die Zahl der Terminwohnungen in Frankfurt. «Manche Gruppen tätowieren ihre Frauen.» Die Dunkelziffer sei groß, viele Opfer sagten aus Angst nicht aus.
Die Stadt Frankfurt will gegen Wohnungsprostitution vorgehen und wenigstens an der Sperrgebietsverordnung festhalten. Sie erlaubt Prostitutionsbetriebe nur in ausgewiesenen Zonen wie dem Bahnhofsviertel. Vor dem Bundesverwaltungsgericht kämpft die Stadt am 17. Dezember für das Verbot der Prostitution in einem Wohnhaus, in dem sich überwiegend «Massagesalons» angesiedelt hatten. Der Hessischen Verwaltungsgerichtshof hatte dies gekippt. Die Begründung: Prostitution außerhalb ausgewiesener Toleranzzonen dürfe nicht mehr pauschal als Störung der öffentlichen Sicherheit eingestuft werden.
Gegen Häuser, in denen nur eine oder wenige Wohnungen für Prostitution genutzt würden, könne die Stadt wenig tun, sagt eine Sprecherin des Ordnungsdezernats. «Selbst dann nicht, wenn sich wie im Stadtteil Bockenheim Nachbarn beschweren, weil die Freier sie nachts betrunken rausklingeln.»
Grundsätzliche Verbesserungen für die Frauen könnte die große Koalition bringen. Sie will das älteste Gewerbe der Welt bis 2016 neu ordnen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) bereitet ein Gesetz vor, bei dem der Schutz der Frauen vor Gewalt und Ausbeutung, aber auch Hilfen beim Ausstieg obenan stehen sollen. Justizminister Heiko Maas plant Änderungen im Strafrecht - zum besseren Schutz vor Menschenhandel und Zwangsprostitution.
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/Arm ... 75,1088607
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
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20.10.2014
ZWANGSPROSTITUTION
"Freier von Zwangsprostituierten bestrafen"
Prostituierte im Frankfurter Bahnhofsviertel und in anderen Rotlichtbetrieben Hessens sollen nach dem Willen der Koalition in Berlin besser geschützt werden. Justizministerin Kühne-Hörmann befürwortet dabei die Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten.
FRANKFURT/WIESBADEN -
Das Frankfurter Bahnhofsviertel gehört zu den bekanntesten Rotlichtbezirken der Republik - die Schattenseiten der Prostitution sind Alltag. Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) macht sich daher für das von der großen Koalition in Berlin geplante Gesetz zum besseren Schutz von Prosituierten stark. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erklärt die Juristin, weshalb sie die zwischen SPD und Union umstrittene Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten dabei für richtig hält.
Warum reicht das Prostitutionsgesetz von 2002 nicht aus?
Zwangsprostitution und sogenannte Flatrate-Bordelle zeigen, dass beim Thema Prostitution etwas schief läuft. Mit dem im Jahr 2002 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführten Prostitutionsgesetz waren viele Hoffnungen und Erwartungen verbunden. Man wollte eine liberalere, aufgeklärtere (Welt)Sicht auf Prostitution schaffen, das Selbstbestimmungsrecht der in der Prostitution Tätigen stärken und typische Begleitkriminalität wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten sowie Zuhälterei bekämpfen. Aber: Im Grunde mussten wir schon 2007 bei der ersten Evaluierung des Gesetzes feststellen, dass nicht alle diese Erwartungen erfüllt werden konnten. Prostitution ist eben keine normale Dienstleistung.
Welche negativen Auswirkungen sehen Sie?
Durch Flatrate-Partys zum Beispiel, wird das Individuum zu einer Billigware erniedrigt. Hier darf der Staat nicht tatenlos zuschauen. Die weiteren mit dem Prostitutionsgesetz verbundenen Probleme, insbesondere die kriminellen Begleiterscheinungen der Prostitution und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Prostituierten, wurden zudem kaum angegangen. Im Gegenteil: Sie verstärkten sich durch weitere Faktoren, wie die EU-Osterweiterung, aber auch dem Umstand, dass in anderen Europäischen Ländern, etwa in Frankreich, sehr restriktiv mit der Prostitution umgegangen wird. Die Folge ist, dass in Deutschland ein riesiger Markt für Prostitution entstanden ist, der nur schwer kontrolliert werden kann.
Die große Koalition in Berlin plant ein neues Gesetz, das Prosituierte besser schützen soll. Zu den zwischen SPD und CDU strittigen Punkten gehört der Wunsch der Union, die Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Was spricht dafür?
In dem Anliegen, Freier, die wissentlich Zwangsprostitution ausnutzen, unter Strafe zu stellen, sind sich wahrscheinlich alle einig. Die Frage ist, wie man einen solchen Straftatbestand konstruiert, damit er auch wirksam angewandt werden kann. Einer Strafnorm für Freier von Zwangsprostituierten liegt die Überlegung zugrunde, dass durch die Freier erst ein entsprechender Markt geschaffen wird, dem so die Basis entzogen werden soll. Dieser Gedanke ist dem Strafrecht nicht unbekannt. So gibt es diesen Gedanken zum Beispiel auch im Bereich der Kinderpornografie, bei der Eigenbesitzverschaffung.
Wie könnten Freier von Zwangsprostituierten überführt werden?
Gegen eine «Freierstrafbarkeit» wird vor allem vorgebracht, dass einschlägige Taten nicht nachweisbar sein würden, weil die Strafverfolgungsbehörde dem Freier ein vorsätzliches Handeln nachweisen müssten. Dies wird in der Regel wohl kaum möglich sein, denn die Hintermänner der Zwangsprostitution werden im Rahmen eines «normalen» Freierkontaktes eher nicht in Erscheinung treten. Zudem würde der Freier in die Position des Beschuldigten eines Strafverfahrens einrücken, was ihm auch dessen Rechte verschaffe, nämlich das Auskunftsverweigerungsrecht, was die Bekämpfung des Menschenhandels im Ergebnis erschweren würde.
Befürworten Sie trotz dieser Bedenken eine generelle Strafbarkeit für Freier von Zwangsprostituierten?
Diese Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. Dennoch sollte der Umstand, dass der erforderliche Vorsatz des Freiers möglicherweise nicht leicht nachzuweisen sein wird, für die Frage, ob ein bestimmtes, strafwürdiges Verhalten strafbewehrt werden soll, keine Rolle spielen. Es sollte zumindest versucht werden, im Rahmen der Ausgestaltung des Tatbestandes, die Nachweisproblematik handhabbar zu machen. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, wenn eine entsprechende Regelung im Gesetzentwurf enthalten sein wird.
http://www.fr-online.de/rhein-main/zwan ... 89904.html
ZWANGSPROSTITUTION
"Freier von Zwangsprostituierten bestrafen"
Prostituierte im Frankfurter Bahnhofsviertel und in anderen Rotlichtbetrieben Hessens sollen nach dem Willen der Koalition in Berlin besser geschützt werden. Justizministerin Kühne-Hörmann befürwortet dabei die Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten.
FRANKFURT/WIESBADEN -
Das Frankfurter Bahnhofsviertel gehört zu den bekanntesten Rotlichtbezirken der Republik - die Schattenseiten der Prostitution sind Alltag. Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) macht sich daher für das von der großen Koalition in Berlin geplante Gesetz zum besseren Schutz von Prosituierten stark. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erklärt die Juristin, weshalb sie die zwischen SPD und Union umstrittene Bestrafung der Freier von Zwangsprostituierten dabei für richtig hält.
Warum reicht das Prostitutionsgesetz von 2002 nicht aus?
Zwangsprostitution und sogenannte Flatrate-Bordelle zeigen, dass beim Thema Prostitution etwas schief läuft. Mit dem im Jahr 2002 von der rot-grünen Bundesregierung eingeführten Prostitutionsgesetz waren viele Hoffnungen und Erwartungen verbunden. Man wollte eine liberalere, aufgeklärtere (Welt)Sicht auf Prostitution schaffen, das Selbstbestimmungsrecht der in der Prostitution Tätigen stärken und typische Begleitkriminalität wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten sowie Zuhälterei bekämpfen. Aber: Im Grunde mussten wir schon 2007 bei der ersten Evaluierung des Gesetzes feststellen, dass nicht alle diese Erwartungen erfüllt werden konnten. Prostitution ist eben keine normale Dienstleistung.
Welche negativen Auswirkungen sehen Sie?
Durch Flatrate-Partys zum Beispiel, wird das Individuum zu einer Billigware erniedrigt. Hier darf der Staat nicht tatenlos zuschauen. Die weiteren mit dem Prostitutionsgesetz verbundenen Probleme, insbesondere die kriminellen Begleiterscheinungen der Prostitution und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Prostituierten, wurden zudem kaum angegangen. Im Gegenteil: Sie verstärkten sich durch weitere Faktoren, wie die EU-Osterweiterung, aber auch dem Umstand, dass in anderen Europäischen Ländern, etwa in Frankreich, sehr restriktiv mit der Prostitution umgegangen wird. Die Folge ist, dass in Deutschland ein riesiger Markt für Prostitution entstanden ist, der nur schwer kontrolliert werden kann.
Die große Koalition in Berlin plant ein neues Gesetz, das Prosituierte besser schützen soll. Zu den zwischen SPD und CDU strittigen Punkten gehört der Wunsch der Union, die Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Was spricht dafür?
In dem Anliegen, Freier, die wissentlich Zwangsprostitution ausnutzen, unter Strafe zu stellen, sind sich wahrscheinlich alle einig. Die Frage ist, wie man einen solchen Straftatbestand konstruiert, damit er auch wirksam angewandt werden kann. Einer Strafnorm für Freier von Zwangsprostituierten liegt die Überlegung zugrunde, dass durch die Freier erst ein entsprechender Markt geschaffen wird, dem so die Basis entzogen werden soll. Dieser Gedanke ist dem Strafrecht nicht unbekannt. So gibt es diesen Gedanken zum Beispiel auch im Bereich der Kinderpornografie, bei der Eigenbesitzverschaffung.
Wie könnten Freier von Zwangsprostituierten überführt werden?
Gegen eine «Freierstrafbarkeit» wird vor allem vorgebracht, dass einschlägige Taten nicht nachweisbar sein würden, weil die Strafverfolgungsbehörde dem Freier ein vorsätzliches Handeln nachweisen müssten. Dies wird in der Regel wohl kaum möglich sein, denn die Hintermänner der Zwangsprostitution werden im Rahmen eines «normalen» Freierkontaktes eher nicht in Erscheinung treten. Zudem würde der Freier in die Position des Beschuldigten eines Strafverfahrens einrücken, was ihm auch dessen Rechte verschaffe, nämlich das Auskunftsverweigerungsrecht, was die Bekämpfung des Menschenhandels im Ergebnis erschweren würde.
Befürworten Sie trotz dieser Bedenken eine generelle Strafbarkeit für Freier von Zwangsprostituierten?
Diese Argumente sind nicht von der Hand zu weisen. Dennoch sollte der Umstand, dass der erforderliche Vorsatz des Freiers möglicherweise nicht leicht nachzuweisen sein wird, für die Frage, ob ein bestimmtes, strafwürdiges Verhalten strafbewehrt werden soll, keine Rolle spielen. Es sollte zumindest versucht werden, im Rahmen der Ausgestaltung des Tatbestandes, die Nachweisproblematik handhabbar zu machen. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, wenn eine entsprechende Regelung im Gesetzentwurf enthalten sein wird.
http://www.fr-online.de/rhein-main/zwan ... 89904.html
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.
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22.10.2014
NRW: Der Abschlussbericht zur Prostitution liegt vor
Prostitution lässt sich nicht verbieten - unter diesem Motto legte Ministerin Barbara Steffens im Oktober einen Abschlussbericht zur Stärkung der Rechte von SexarbeiterInnen vor. Die rot-grüne Landesregierung hatte Anfang 2011 entschieden, einen "Runden Tisch Prostitution" einzurichten. Er machte seine Arbeit sehr gründlich und unter Beteiligung der fachlich zuständigen 8 NRW-Ministerien, der kommunalen Spitzenverbände, der Gleichstellungsbeauftragten der Kommunen und der Beratungsstellen für Prostituierte eingerichtet. Auch BordellbetreiberInnen und Prostituierte waren Teil dieser Fachrunde - ein ungewöhnlicher Ansatz auch die Betroffenen einzuladen und nicht, wie so oft bei politischen Meinungsbildungsprozessen, "Außen vor" zu lassen. Erklärtes Ziel der Landesregierung war es, die Situation von Prostituierten in Nordrhein-Westfalen zu verbessern und Prostitution aus der gesellschaftlichen Grauzone herauszuholen.
Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter legte den 100 Seiten starken Abschlussbericht vor. Er wurde innnerhalb von zweieinhalb Jahren erarbeitet und einschließlich seiner Empfehlungen mit allen Mitgliedern des Runden Tisches abgestimmt und veröffentlicht.
In Dortmund werden insbesondere bei der SPD die von der rot-grünen Landesregierung gemeinsam getragenen Empfehlungen für Interesse sorgen, hatte sich doch vor allem die lokale SPD in Dortmund für den stadtweiten Sperrbezirk und eine stadtweites Verbot der Straßenprostitution stark gemacht.
Der Runde Tisch war breit aufgestellt - ein Zeichen dafür, dass das Thema Prostitution und die Bedingungen der SexarbeiterInnen in NRW ernst genommen wird. Es wurden über 70 Sachverständige aus Wissenschaft und Praxis zu den einzelnen Themenschewerpunkten gehört. Beteiligt war nicht nur das grün besetzte Ministerium, dass mit dem Ressort "Emanzipation" fachlich nah am Thema ist, sondern auch jede Menge SPD-geführten Ministerien: Das Finanzministerium, das Justizministerium, das Verbraucherministerium, das Ministerium für Inneres und Kommunales, das Arbeits- und Sozialministerium (unter dem Minister Guntram Schneider aus Dortmund), das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und das Familienministerium.
Das Resümee des Abschlussbericht zur Straßenprostitution macht deutlich, dass die Landesregierung sich für einen lösungsorientierten Ansatz entschieden hat. Sie stellt fest,
"dass kommunale Konzepte zur Schaffung von Räumen, in denen Straßenprostitution sicher unter Wahrung der schützenswerten Interessen anderer ausgeübt werden kann, erforderlich sind."
In Dortmund gibt es zur Zeit kein kommunales Konzept für die Notwendigkeit, in geschützten Räumen auf der Straße arbeiten zu können. Gegen diese Einschränkung ihrer freien Berufsausübung hatte die Prostituierte Dany K. geklagt - in dem Abschlussbericht wird das zur Zeit am OVG Münster anhängige Verfahren erwähnt. Die Stadt Dortmund hat einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt - die Berufung wurde nun zugelassen. Das Verfahren wird also möglicherweise vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt - gegebenenfalls vor dem Oberverwaltungsgericht. Der Ausgang des Prozesses wird nicht nur von den Prostituierten und den Beratungsstellen mit Spannung erwartet, sondern auch von anderen Kommunen in NRW.
Solange der Rechtsstreit zwischen der Prostituierten und der Stadt Dortmund noch nicht endgültig entschieden ist, besteht das bundesweit beachtete "Dortmunder Modell", das Prostitution entkriminalisieren und eine Art Vertrauensverhältnis zwischen Ordnungshütern und Prostituierten fördern, sollte, nicht mehr. Es wurde mit der Schliessung des Strichs an der Ravensbergerstraße im Bereich Straßenprostitution abgeschafft. Das Dortmunder Modell ist auch deswegen nicht unwichtig, weil Vertrauen eine Rolle spielt, wenn es darum geht, ob eine Frau Gewalttaten anzeigt oder nicht.
In Düsseldorf möchte man, dass die Interessen der AnwohnerInnen, Prostituierten, Kunden, Ordnungs- und Gesundheitsämter, der Polizei und der Beratungsstellen gleichermaßen beachtet und in tragfähige Konzepte eingebunden werden. Es ist Zeit, dass man sich in Dortmund wieder an einen fisch setzt und die notwendigen Konsequenzen aus dem Bericht zieht und sichere Räume für Straßenprostitution. Ein Kompromiss muss gefunden werden. Schwer vorstellbar, dass sich das SPD-regierte Dortmund gegen die geballte Kompetenz aus gleich 7 sozialdemokratisch geführten Ministerien wehren wird.
Der Runde Tisch empfiehlt:
1. Straßenprostitution ist eine eigenständige Kategorie der Prostitution. Sie bietet Prostituierten wie Freiern spezifische Möglichkeiten, die aus unterschiedlichen Gründen genutzt werden.
2. Straßenprostitution regelt sich nicht von selbst. Ignorieren und passives
Dulden sind auf Dauer genauso wenig sinnvolle Strategien wie
räumliche Verdrängung der Prostitution und die Konzentration allein auf repressive Maßnahmen. Die in der Kommune bestehende Situation sollte vielmehr analysiert,gestaltet und im Rahmen eines Gesamtkonzeptes gesteuert werden.
3. Da Armuts- und Elendsprostitution (z.B. drogenabhängiger Frauen) am ehesten
in Form von Straßenprostitution stattfindet, sollten vor Ort Räume geschaffen
werden, in denen sie sicher unter Wahrung schützenswerter Belange Anderer ausgeübt werden kann. Die Abgrenzung und Ausweisung derartiger Räume kann durch den Erlass von Sperrbezirksverordnungen unterstützt werden, diese
sollten allerdings durch weitere Maßnahmen flankiert werden.
4. Erfahrungen zeigen, dass Lösungen umso tragfähiger sind, je mehr es gelingt, die Interessen aller Beteiligten (Prostituierte, Freier, Anwohnerinnen und Anwohner, Ordnungs- und Gesundheitsamt, Polizei, Beratungsstellen usw.) dabei einzubinden.
5. Ohne Aufklärung der Öffentlichkeit und Werben um Akzeptanz ist dieser Prozess nicht erfolgreich zu gestalten. Erforderlich sind eine Versachlichung des Themas und ein fairer respektvoller Umgang aller mit einander.
Der Runde Tisch war sich einig, dass eine Regulierung ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist und für mehr Rechtssicherheit sorgt. Ein reines Verbot ist keine Regulierung. Wer den Beruf der Prostitution ausüben will, sollte das nach Auffassung des Ministeriums für Emanzipation unter rechtsstaatlichen und menschenwürdigen Bedingungen tun können. Sicher ist: In der Illegalität ist dies kaum möglich.
http://www.ruhrbarone.de/nrw-der-abschl ... -vor/92867
NRW: Der Abschlussbericht zur Prostitution liegt vor
Prostitution lässt sich nicht verbieten - unter diesem Motto legte Ministerin Barbara Steffens im Oktober einen Abschlussbericht zur Stärkung der Rechte von SexarbeiterInnen vor. Die rot-grüne Landesregierung hatte Anfang 2011 entschieden, einen "Runden Tisch Prostitution" einzurichten. Er machte seine Arbeit sehr gründlich und unter Beteiligung der fachlich zuständigen 8 NRW-Ministerien, der kommunalen Spitzenverbände, der Gleichstellungsbeauftragten der Kommunen und der Beratungsstellen für Prostituierte eingerichtet. Auch BordellbetreiberInnen und Prostituierte waren Teil dieser Fachrunde - ein ungewöhnlicher Ansatz auch die Betroffenen einzuladen und nicht, wie so oft bei politischen Meinungsbildungsprozessen, "Außen vor" zu lassen. Erklärtes Ziel der Landesregierung war es, die Situation von Prostituierten in Nordrhein-Westfalen zu verbessern und Prostitution aus der gesellschaftlichen Grauzone herauszuholen.
Die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter legte den 100 Seiten starken Abschlussbericht vor. Er wurde innnerhalb von zweieinhalb Jahren erarbeitet und einschließlich seiner Empfehlungen mit allen Mitgliedern des Runden Tisches abgestimmt und veröffentlicht.
In Dortmund werden insbesondere bei der SPD die von der rot-grünen Landesregierung gemeinsam getragenen Empfehlungen für Interesse sorgen, hatte sich doch vor allem die lokale SPD in Dortmund für den stadtweiten Sperrbezirk und eine stadtweites Verbot der Straßenprostitution stark gemacht.
Der Runde Tisch war breit aufgestellt - ein Zeichen dafür, dass das Thema Prostitution und die Bedingungen der SexarbeiterInnen in NRW ernst genommen wird. Es wurden über 70 Sachverständige aus Wissenschaft und Praxis zu den einzelnen Themenschewerpunkten gehört. Beteiligt war nicht nur das grün besetzte Ministerium, dass mit dem Ressort "Emanzipation" fachlich nah am Thema ist, sondern auch jede Menge SPD-geführten Ministerien: Das Finanzministerium, das Justizministerium, das Verbraucherministerium, das Ministerium für Inneres und Kommunales, das Arbeits- und Sozialministerium (unter dem Minister Guntram Schneider aus Dortmund), das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr und das Familienministerium.
Das Resümee des Abschlussbericht zur Straßenprostitution macht deutlich, dass die Landesregierung sich für einen lösungsorientierten Ansatz entschieden hat. Sie stellt fest,
"dass kommunale Konzepte zur Schaffung von Räumen, in denen Straßenprostitution sicher unter Wahrung der schützenswerten Interessen anderer ausgeübt werden kann, erforderlich sind."
In Dortmund gibt es zur Zeit kein kommunales Konzept für die Notwendigkeit, in geschützten Räumen auf der Straße arbeiten zu können. Gegen diese Einschränkung ihrer freien Berufsausübung hatte die Prostituierte Dany K. geklagt - in dem Abschlussbericht wird das zur Zeit am OVG Münster anhängige Verfahren erwähnt. Die Stadt Dortmund hat einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt - die Berufung wurde nun zugelassen. Das Verfahren wird also möglicherweise vor dem Bundesverwaltungsgericht fortgesetzt - gegebenenfalls vor dem Oberverwaltungsgericht. Der Ausgang des Prozesses wird nicht nur von den Prostituierten und den Beratungsstellen mit Spannung erwartet, sondern auch von anderen Kommunen in NRW.
Solange der Rechtsstreit zwischen der Prostituierten und der Stadt Dortmund noch nicht endgültig entschieden ist, besteht das bundesweit beachtete "Dortmunder Modell", das Prostitution entkriminalisieren und eine Art Vertrauensverhältnis zwischen Ordnungshütern und Prostituierten fördern, sollte, nicht mehr. Es wurde mit der Schliessung des Strichs an der Ravensbergerstraße im Bereich Straßenprostitution abgeschafft. Das Dortmunder Modell ist auch deswegen nicht unwichtig, weil Vertrauen eine Rolle spielt, wenn es darum geht, ob eine Frau Gewalttaten anzeigt oder nicht.
In Düsseldorf möchte man, dass die Interessen der AnwohnerInnen, Prostituierten, Kunden, Ordnungs- und Gesundheitsämter, der Polizei und der Beratungsstellen gleichermaßen beachtet und in tragfähige Konzepte eingebunden werden. Es ist Zeit, dass man sich in Dortmund wieder an einen fisch setzt und die notwendigen Konsequenzen aus dem Bericht zieht und sichere Räume für Straßenprostitution. Ein Kompromiss muss gefunden werden. Schwer vorstellbar, dass sich das SPD-regierte Dortmund gegen die geballte Kompetenz aus gleich 7 sozialdemokratisch geführten Ministerien wehren wird.
Der Runde Tisch empfiehlt:
1. Straßenprostitution ist eine eigenständige Kategorie der Prostitution. Sie bietet Prostituierten wie Freiern spezifische Möglichkeiten, die aus unterschiedlichen Gründen genutzt werden.
2. Straßenprostitution regelt sich nicht von selbst. Ignorieren und passives
Dulden sind auf Dauer genauso wenig sinnvolle Strategien wie
räumliche Verdrängung der Prostitution und die Konzentration allein auf repressive Maßnahmen. Die in der Kommune bestehende Situation sollte vielmehr analysiert,gestaltet und im Rahmen eines Gesamtkonzeptes gesteuert werden.
3. Da Armuts- und Elendsprostitution (z.B. drogenabhängiger Frauen) am ehesten
in Form von Straßenprostitution stattfindet, sollten vor Ort Räume geschaffen
werden, in denen sie sicher unter Wahrung schützenswerter Belange Anderer ausgeübt werden kann. Die Abgrenzung und Ausweisung derartiger Räume kann durch den Erlass von Sperrbezirksverordnungen unterstützt werden, diese
sollten allerdings durch weitere Maßnahmen flankiert werden.
4. Erfahrungen zeigen, dass Lösungen umso tragfähiger sind, je mehr es gelingt, die Interessen aller Beteiligten (Prostituierte, Freier, Anwohnerinnen und Anwohner, Ordnungs- und Gesundheitsamt, Polizei, Beratungsstellen usw.) dabei einzubinden.
5. Ohne Aufklärung der Öffentlichkeit und Werben um Akzeptanz ist dieser Prozess nicht erfolgreich zu gestalten. Erforderlich sind eine Versachlichung des Themas und ein fairer respektvoller Umgang aller mit einander.
Der Runde Tisch war sich einig, dass eine Regulierung ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist und für mehr Rechtssicherheit sorgt. Ein reines Verbot ist keine Regulierung. Wer den Beruf der Prostitution ausüben will, sollte das nach Auffassung des Ministeriums für Emanzipation unter rechtsstaatlichen und menschenwürdigen Bedingungen tun können. Sicher ist: In der Illegalität ist dies kaum möglich.
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I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.