Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

Der aus meiner Sicht schändliche Vorstoß einiger Bundestagsabgeordneter für ein generelles Sexkaufverbot stößt Gott sei Dank auf weiteren politischen Widerstand, etwa von Die Linke.queer

https://www.queer.de/detail.php?article_id=36160

Kasharius grüßt solidarisch

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Lucille
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Lucille »

Josefas Antwort-Video:


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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

Danke @Lucille,

dem ist nichts hinzuzufügen!

Kasharius grüßt

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

...außer vielleicht doch noch folgende rechtliche Anmerkungen:

Josefa Nereus weißt völlig zu Recht darauf hin, dass ein dauerhaftes sog. Sexkauf-Verbot nicht aufgrund der derzeitigen Corona-Eindämmungsverordnungen der 16 Bundesländer erlassen werden könnte. Wegen der weitreichenden verfassungsrechtlichen Folgen bedarf es dazu eines vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat zu verabschiedenen Gesetz. Dabei müssten vor dem Hintergrund des schon existierenden Prostituiertenchutzgesetz und den darin enthaltenen Anmeldungs- und Genehmigungsverfahren die rückwirkenden Effekte und Grundrechtseingriffe beachtet werden. Das Bundesverfassungsgericht sagt zu dieser Problematik in ständiger Rechtsprechung das Folgende:

1. Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318 Rn. 42 f.>; 135, 1 <13 Rn. 37>), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BVerfGE 132, 302 <318 Rn. 42 f.>; 135, 1 <13 Rn. 37>). Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 <145 f.>; 30, 367 <386>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318 Rn. 42>; 135, 1 <13 Rn. 38>). Dies ist der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“; vgl. BVerfGE 127, 1 <16 f.>). Eine Rechtsnorm entfaltet hingegen unechte Rückwirkung, wenn sie auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich entwertet (vgl. BVerfGE 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318 Rn. 43>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. September 2016 - 1 BvR 1299/15 -, www.bverfg.de, Rn. 20).
https://www.bundesverfassungsgericht.de ... 91417.html zu Neuregelungen im Erneuerbaren-Energie-Gesetz

Und im Prostituiertenschutzgesetz steht in § 38

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend evaluiert die Auswirkungen dieses Gesetzes auf wissenschaftlicher Grundlage unter Einbeziehung der Erfahrungen der Anwendungspraxis und eines wissenschaftlichen Sachverständigen, der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag zu bestellen ist. Die Evaluation setzt am 1. Juli 2022 ein. Der Evaluationsbericht ist dem Deutschen Bundestag spätestens am 1. Juli 2025 vorzulegen.
https://www.gesetze-im-internet.de/prostschg/__38.html

Ergo:Ganz so ad hoc, wenn überhaupt, liebe Aboli-MdB´s wird es mit der Realisierung Eurer Verbotsphantasien nicht gehen; fragt mal Leute, die sich auskennen...

Kasharius grüßt

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Theresa
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Theresa »


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deernhh
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

Jetzt wollen mal die Abolitionistinnen alle mal die Luft anhalten, denn jetzt schreibt mal eine echte Sexworkerin, die nur durch Sexwork ihren Lebensunterhalt verdient, angemeldet, registriert, Hurenausweisinhaberin, absolut selbstständig ohne Zuhälter (was ist ein Zuhälter?), arbeitend nur auf eigene Rechnung, kein Kindheitstraumata (sexueller Missbrauch, Gewalt etc.: was ist das?), glückliche Kindheit, absolut drogenfrei (Kokain, Heroin, Gras, Tabletten, Alkohol: was sind das für Sachen? Muss ja fit sein, denn mein Körper und mein Aussehen verunstalte ich doch nicht durch Drogen), absolutes Körperbewusstsein (ich weiß um meine Vorteile und Nachteile zum Beispiel in Sachen Ernährung (muss ja fit, schön und taff sein), meine Gesundheit (regelmäßige Frauenarztbesuche allein schon aus eigenem Interesse), regelmäßig Schlaf, eigene Privatwohnung mit eigenem Mietvertrag (da arbeite ich nicht. Die Privatwohnung ist nur für mich allein ganz privat). Zimmer/Wohnung zum Arbeiten woanders, habe Krankenversicherung, bin Steuerzahlerin.

Mal im Ernst: Sie und die 16 Bundestagsabgeordneten wollen Sexkauf in Deutschland nach dem schwedischen Modell verbieten?

Sie meinen, weil es wegen Covid-19, Corona, angeblich so gut geklappt hätte, dass Prostitution aus Ihrem Blickfeld verschwunden sei, könne man es so fortsetzen?

Nicht Sie Abolitionistinnen haben und hatten eigentlich die Ressourcen, Sexworkerinnen beim Ausstieg aus dem Sexwork aufzufangen, sondern der Staat.

Es ist ja bekannt, dass es verboten ist, als Trittbrettfahrer*innen aufzutreten, indem man Geld (Growfunding (das dürfen nur echte Vertretungen machen, die echt und wirklich die Rechte der Sexarbeiter*innen vertreten und eben gerade nicht die Sexkaufverbotsbefürworterinnen) einsammelt, nur um zu versuchen, die eigenen Ressourcen von nur minimalst auf eeeetwas mehr bzw. höher hinzukriegen und eventuell besser bewerten zu können.
Sie als Abolitionistinnen haben erst dann das Recht, Geld zu sammeln, wenn vom Staat die echte Gemeinnützigkeit mit öffentlicher Rechtslegenschaft, wofür das gespendete Geld eingesetzt wurde und wieviel Geld wofür eingesetzt wurde bzw. in welcher Höhe das Geld wofür eingesetzt werden soll, anerkannt.
Erst dann gäbe es einen Gütesiegel.
So wie bei Bio-Lebensmitteln oder Tierschutz, nä?

Aber bis jetzt habe ich noch nichts von einer Gemeinnützigkeit oder ähnliches mit staatlich vergebenem Siegel mitgekriegt.
Hmmmm ....

Eher nur groß gespuckte Töne zur eigenen narzisstischen Selbstdarstellung bevorzugt in Mainstraem-Medien via Zeitung, Internet.
Nur: Wo sind Ihre nachweisbaren Ergebnisse eines vollständig bewerkstelligen Ausstiegs eine/r Sexworkerin*in aus der Prostitution?
Wohl nur vielleicht bei fünf von laut Ihren angeblich phantasierten Zahlen von angeblich 400.000 (was auch noch nicht mal stimmt, denn die Zahl der Sexarbeiter*innen in Deutschland ist weitaus niedriger) Sexarbeiter*innen.

Mal eine Frage:
Haben Sie als Abolitionist oder Abolitionistin oder sonst wer mal irgendwo eine obdachlose Prostituierte ohne Wohnung mal selbst auf einer Parkbank schlafen gesehen (man bedenke mal Ihre geschätzte Zahl von angeblichen 400.000 Sexarbeiter*innen, die in Ihren Augen durch Corona ja alle obdachlos sein soll(t)en?
Nein? Warum nicht?

Darum: Weil die Sexarbeiter*innen generell sowieso dauerhaft eine private Wohnung / festen Wohnsitz haben, sei es in Rumänien, Bulgarien, Deutschland oder sonst wo, nur eben einige Sexarbeiter*innen dienstlich von Ort zu Ort als echte Selbstständige tätig sind und es natürlich bekloppt ist, an jedem anderen Ort eine teure Wohnung für vielleicht mal nur einen Monat für nach Feierabend anzumieten. Dann lieber für diese Zeit Hotel. Fahren doch alle sowieso nach einiger Zeit zum ihren festen Wohnsitz zurück.

Ich habe noch nicht gehört, dass Versicherungsvertreter oder Handlungsreisende, die ja auch von Ort zu Ort dienstlich reisen, sich jedes Mal nur für eine kurze Zeit sich einen festen Wohnsitz an jeweiligem Arbeitsort suchen müssen. Die gehen ins Hotel und nach der Arbeit nach einer gewissen Zeit an einem fremden Ort geht's wieder zurück in die eigene private Wohnung, egal, ob in Rumänien, Bulgarien, Deutschland, Österreich...

Nur: Die Sexarbeiter*innen zahlen alles selbst: Zum Beispiel
Zimmermiete und Spesen bei Auswärtsarbeitsplätzen, während zum Beispiel Versicherungsvertreter alles vom Arbeitgeber erstattet bekommen.
Da verstehe ich nicht, warum so auf uns Sexarbeiter*innen gehackt wird.

Tja: Was die Zeitungen und Internet anbetrifft, ist auch schon wieder obsurk:
Bevor die Anzeigen über das Internet lief, zahlten Sexarbeiter*innen jahrzehntelang Werbeanzeigen in Zeitungen:
Meist 30 € pro Tag!!!!
Und ausgerechnet diese Zeitungen, die damals über uns SW durch die Anzeigen genügend Geld verdient haben, machen wegen den Abolitionistinnen Stimmung gehen uns SW?
Hallo? Geht's noch mit der Doppelmoral?
Klar, war und ist teuer, deshalb schwengten wir SW rum auf Internetanzeigen, mit Folge, dass Fotos von uns SW mit dabei sind, die wiederum von einigen Puffbetreiber*innen, wenn es zum Beispiel um Löschung geht, missbraucht werden.

Und Fotografen stellen sich auf, die geschossene Fotos an uns SW für deftige Preise verkaufen.
Naja, ich sage es mal so, dass durch uns Sexarbeiter*innen an der Basis ein echter nicht zu verachtender Wirtschaftszweig gewachsen ist, mit horrend hohen Steuerzahlungen.

Und darauf wollen Sie als Politiker*innen, die den Sexkaufverbot unterschrieben haben, die milliardenhohen Steuerzahlungen verzichten?
Ok, ich sage es mal so:
Sie verzichten drauf, dann verlange ich, dass Sie jede einzelne SW, ob mit oder ohne gewungenen Hurenausweis, richtig und ehrlich unterstützen, damit weiter gearbeitet werden kann, und weiterhin milliardenhohen Steuern sicher sind.

Schlimmer sind die, die kostenlosen Sex oder One-Night-Stands zum Beispiel per Tinder suchen, ohne vom Staat kontrolliert zu werden, ohne Kondom konsumieren, und für diesen Sex eben keine Steuern zahlen. Gerade diese Leute dürfen Sex auch in Coronazeiten genießen und keine Steuern zahlen und sind nicht registriert, dürfen aber unbehelligt ohne Stigmatisierung ihr Leben leben.
Das geht gar nicht!
Deswegen wollen wir SW unsere Rechte!

Übrigens:
Sie wollen Sexkaufverbot nach dem ursprünglichen schwedischen Modell?
Das würde ich mir sehr genau überlegen, denn:

Ausgerechnet in oder während der Corona-Pandemie war es ausgerechnet Schweden, das Land, das Shutdown seeeehr vernachlässigt hat:

Das Leben lief wie immer so weiter, als ob es Corona nie gegeben hätte, mit dem Ergebnis, dass die Totenrate im Vergleich zur Einwohnerzahl um ein Vielfaches höher ist als in anderen Ländern, und das beim Sexkaufverbot a'la nordischen Modell.
Ironie: Ich könnte lachen oder weinen ....

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floggy
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Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von floggy »

Ja, es macht echt wütend, immer auf den selben Mist Antworten zu müssen.
Dabei bekommen die Politiker und Sozialverbände nichts auf die Reihe:

* echte Berufsalternativen und abgestimmte Umschulungshilfen;
ohne bürokratische Erfolgsnachweise a la Psychotherapie von Krankenkasse bezahlt
* ausreichend Wohnungen für Frauen und Kinder die von hâuslicher Gewalt betroffen sind;
ich höre immer nur das Gejammere der Steuerverwalter
* bezahlbare Bürgerversicherung
* Anerkennung aller EU-Krankenversicherungen; welches Problem ist größer und unlösbarer
als die Unterlassung medizinischer Notversorgung?
* Gleicher Lohn für Frauenarbeit
* beitragsfreie Kitas etc
* Rücknahme des Gesetzes wonach Alleinerziehende den Erzeuger gegen ihren Willen
nennen müssen um Unterstützung zu bekommen

Sorry, ich weiß, ich habe noch zwanzig Punkte vergessen. Aber ich muß jetzt an meine Fitness
denken und raus aus dem Internet. Also alles reines Ablenkungsmanöver, Volksverdummung,
Volksverarschung. Aber ich habe diese Volks(ver)treter auch nicht gewählt. Wir treten zurück.

Ist es denn so schwer einzusehen, dass es so manche Frauen reizt, Sexualität im Rahmen der
Prostitution auszuleben? Und alles was gefordert wird sind gleiche Rechte.

Super, ich kann noch was ergänzen. Das wollte ich schon lange einmal festhalten, weil es mir
so wichtig erscheint. Keine Ahnung wer Karl R. Popper ist, und welche Meinung er in 'Die offene
Gesellschaft und ihre Feinde' vertreten hat. Den Satz jedenfalls verstehe ich voll und ganz.

''Ich glaube, ich sehe heute klarer als zuvor, daß alle unsere Nöte und Schwierigkeiten einen
Ursprung haben, der bewundernswert und gesund, wenn auch sehr gefährlich ist: sie sind die
Folge unseres ungeduldigen Bemühens, das Los unserer Mitmenschen zu verbessern.''
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

Der FREITAG schlägt sich auf die Seite der SW und nennt alle 16 Abgeordneten mit Funktion und Fraktionszugehörigkeit - SPD (3) CDU (13)

hier der Link zum Artikel

https://www.freitag.de/autoren/asansoer ... rona-krise

Hier die Liste und der Brief im Wortlaut:

Das sind die 16 Abgeordneten, die ein Sexkaufverbot fordern:

Gewerkschafterin Le­ni Breymaier (SPD)
Vizechef der Unionsfraktion und ehemalige Gesundheits­minister Hermann Gröhe (CDU)
Mediziner Karl Lauterbach (SPD)
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), Sprecherin der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz
Katja Isabel Leikert (CDU)
Annette Widmann-Mauz (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Migration
Theologe Frank Heinrich (CDU)
Rechtsanwalt Johannes Fechner (SPD)
Finanzwirtin Antje Tillmann (CDU)
Jurist Volker Ullrich (CDU)
Michael Brand (CDU), Schwerpunkt Sterbebegleitung, Ausbau Palliativmedizin
Martin Patzelt (CDU), ehem. OB von Frankfurt
Tierärztin Maria Flachsbarth (CDU)
Methild Heil (CDU), Vorsitzende des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen
Soziologin Yvonne Magwas (CDU)
Rechtsanwalt Marc Henrichmann (CDU)

Hier das Schreiben an die Ministerpräsidenten:

Sehr geehrte Ministerpräsidenten, nach den Beschlüssen der MPK vom 6.5.2020 stehen weitere Schritte zur Lockerung der Corona-bedingten Verhaltensregeln an. Die Bundesländer sind aufgerufen, in einigen gewerblichen Bereichen über Lockerungen zu entscheiden.

Wir möchten Ihnen zunächst unseren herzlichen Dank aussprechen, dass bisher davon abgesehen wurde, die Öffnung von Bordellen zuzulassen. Zugleich möchten wir Sie bitten und mit allem Nachdruck auffordern, hierbei zu bleiben und weiterhin keine Lockerungen im Bereich der Prostitution zuzulassen. Es dürfte zum einen auf der Hand liegen, dass Prostitution die epidemiologische Wirkung eines Super-Spreaders hätte: Social Distancing ist i.d.R. mit sexuellen Handlungen nicht vereinbar. Die Verbreitung würde schnell viele Freier und ihre PartnerInnen, Familien, Freunde und Kolleginnen und Kollegen einbeziehen. Bei Nachverfolgung der Ansteckung dürfte dieser Kontakt oftmals verschwiegen werden. Mit aller Klarheit wollen wir aber auch den weiteren, ebenso wichtigen Grund nennen: Wir halten die Zustände in der Prostitution für die dort Tätigen in der großen Mehrzahl der Fälle für menschenunwürdig, zerstörerisch und frauenfeindlich. Entgegen einem weit verbreiteten Klischee sind die meisten Prostituierten (v.a. osteuropäische oder afrikanische Frauen) keinesfalls freiwillig in der Prostitution, sondern wurden und werden getäuscht, erpresst und bedroht. Das Ausmaß an sexuellen Übergriffen, an massiven physischen und psychischen Verletzungen durch täglich vielfache, erzwungene Penetration ist vielen, auch Ihnen möglicherweise nicht bekannt. Wie Freier denken und handeln, die ihr vermeintlich erkauftes Recht auch gegen erkennbaren Widerwillen und Ekel durchsetzen und die Frauen demütigen lässt sich beispielsweise in Freierforen nachlesen, in denen Freier die „Ware“ Frau und ihre „Dienstleistung“ bewerten. Die scheinbare Normalität von Sexkauf zeigt sich u.a. daran, dass Abifeiern und Junggesellenabschiede im Bordell keine Seltenheit mehr sind. Deutschland gilt international als das „Bordell Europas“. Eine Entschließung des Europäischen Parlaments fordert Deutschland dringend dazu auf, die geltende gesetzliche Regelung zu revidieren.1 Hierzu und zu authentischen Berichten von Polizisten, Aussteigerinnen und (echten) Hilfsorganisationen verweisen wir auf die beigefügten Links.2 Vieles spricht für die Einführung des Nordischen Modells, mit dem erstmals in Schweden der Sexkauf unter Strafe gestellt wurde. Für Freier und Zuhälter sind damit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr verbunden, während die Prostituierten nicht kriminalisiert werden. Diesem Modell sind bereits Frankreich, Norwegen, Island und Irland gefolgt, Israel folgt zum Juli 2020; in etlichen weiteren Ländern gibt es Bestrebungen, diesem Model zu folgen. Die Annahme des geltenden Prostituiertenschutzgesetzes, Prostitution sei ein normaler Beruf, ist schon jetzt durch die Praxis widerlegt. Nicht zuletzt hat sich im Zusammenhang mit der Schließung der Bordelle bestätigt, dass viele Frauen offenbar keine
unabhängige, private Existenz mit Wohnung, Anmeldung, Sozialversicherung etc. haben. Viele sind nach der Schließung in ihre Heimatländer zurück verbracht worden, andere sind in den Bordellen verblieben (- und fürchten nun, die „Mietkosten“ zusätzlich „abarbeiten“ zu müssen). Nur ca. 33.000 von geschätzt bis zu 400.000 sind mittlerweile registriert; keine 100 davon sind als Angestellte sozialversichert (Leider erfolgen viel zu wenige Kontrollen des Zolls auf Schwarzarbeit bzw. Scheinselbständigkeit, Einhaltung des Mindestlohns etc). Oftmals weiß keine Behörde, dass diese Frauen in Deutschland sind. Sie sind ihren Zuhältern völlig ausgeliefert. Diesen Frauen hilft nicht die Wiedereröffnung der Bordelle, wie z.T. zu lesen ist, sondern ein Verbot des Sexkaufs und eine Tätigkeit/Ausbildung in einem existenzsichernden Beruf. Auch wenn das Nordische Modell Zwangsprostitution nicht verhindern kann, wird der Markt für derartige sexuelle Ausbeutung und Menschenhandel in Deutschland damit am nachhaltigsten gestört und die Position der Prostituierten gegenüber rücksichtslosen Freiern und Zuhältern gestärkt. Wir werden auch dieses Thema weiter verfolgen und hoffen bis dahin auf Ihre Unterstützung durch das klare Signal des Shut down für die Bordelle.

Freundliche Grüße aus Berlin
16 Unterzeichner

https://www.bayern-reporter.com/2020/05 ... sverbot-3/

Und hier noch ein verbotskritischer Artikel des ND

https://www.neues-deutschland.de/artike ... esung.html

Kasharius grüßt

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certik
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von certik »

"...1 Hierzu und zu authentischen Berichten von Polizisten, Aussteigerinnen und (echten) Hilfsorganisationen verweisen wir auf die beigefügten Links..."
Diese Links würden mich sehr interessieren - leider habe ich diese noch nirgends entdecken können. Kennt sie jemand?
* bleibt gesund und übersteht die Zeit der Einschränkungen *

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Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von floggy »

In der OOZ kritisiert Herr Weinberg, daß der Vorstoß der 16 Abgeordneten völlig
sinnlos sei, und mahnt, mit einem (Sexkauf) Verbot würde man die Frauen in
dunkle Keller und in die Illegalität drängen. Das also sagt der Politiker, der
zusammen mit Frau Schön (stellvertretende Fraktionsvorsitzende)
für das am 04.02.2015 beschlossene Zwangsouting verantwortlich ist.

Ob er jetzt in den 'dunklen Kellern' auch die rein rechnerisch
existierenden 350.000 nicht angemeldeten Sexworkers vermutet,
und wegen ihnen Albträume hat?

Also ich denke nicht, daß die Sitte in München jetzt in 'dunklen Kellern'
nach den verbotswidrig arbeitenden Migrantinnen sucht, nachdem
maßgebliche Grenzen wieder offen sind. Die durchstöbern sicherlich
das Internet und die Hotelbetten, aber keine 'dunklen Keller'. Dabei
behindern sie die bestmögliche Kundenauswahl, und gefährden die
Verhandlungen über die jetzt notwendigen Corona Schutzmaßnahmen,
abgesehen vom psychisch belastenden Stressfaktor, Einreiseverbot zu
bekommen.

Geht's noch volksverdummender Herr Weinberg?
Wo Schatten ist, muß auch Licht sein.

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malin
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von malin »

Ach ja, die dunklen Keller...ich glaube tatsächlich diese Vorstellung hat sich maximal in den Köpfen festgesetzt, die Frau als hilfloses Wesen in Ketten, preisgegeben einer erzwungenen und ungewollten Sexualität. Es wäre vermutlich zu bedrohlich es anders zu sehen denn es MUSS so sein: Sex, also der weibliche, nur und maximal in der "geschützten" Sphäre einer Mann-Frau (Liebes-) Beziehung.

Das ist insofern schon bitterkomisch ist doch die klassische Beziehung der aktuell gefährlichste Bereich für eine Frau in Europa. Nie trägt sie ein größeres Risiko körperlich zu Schaden zu kommen als in dem Moment wenn sie die Beziehung verlassen will, sich trennt - ein Blick in die Statistik deckt da Abgründe auf.

Und doch denkt kein Mensch darüber nach Beziehungen zu verbieten (zum Glück), sondern man versucht zumindest zaghaft die zugrunde liegenden Strukturen zu verstehen. Gut so, denn die sind in klassischen Beziehungen und SW eigentlich identisch: die fatale Neigung sich zuviel gefallen zu lassen, überschrittene Grenzen nicht zu realisieren, eigene Grenzen nicht setzen zu können, nicht erlernte Selbstfürsorge.

Ich selbst habe eine Erziehung genossen die mich genau darauf geprägt hat: sein höflich, fügsam und lieb wehre dich nicht, setze keine Grenzen. Bullshit. Und genau so wurde ich dann auch behandelt, es war übel.
Dann begann ich mit sexwork. Das war dann ein wahrer Crashkurs in Eigenständigkeit! Im Laufe dieser Jahre habe ich alles gelernt was es über das Leben und die Menschen zu wissen gilt: dass man seine eigenen Grenzen erstmal klar definieren muss um sie zu setzen, dass man gutherzig und loyal sein sollte aber nicht blöd, dass es primär auf Taten ankommt und nicht auf Worte, dass man sehr sehr feine Antennen entwickeln und eine sich unterschwellig aufbauende Bedrohlichkeit erkennen und verlassen kann. Das hat mir im Job, im Studium und im Privatleben gleichermaßen sehr geholfen. Und es hat mich bis heute vor gewalttätigen Situationen sehr gut bewahrt.

Das sollten sie den Menschen vermitteln, egal ob im Sexbusiness oder anderswo: lass dir nichts bieten, sei eigenständig, liebe wen du willst, hab Sex mit wem du willst, sei verantwortungsvoll anderen aber auch Dir! [sic!] gegenüber.
Und wenn das mal nicht so klappt bieten wir dir Beratungs- und Hilfsangebote, wertschätzend, lösungsorientiert und unmoralisierend - egal in welcher Branche du arbeitest.

Ich bin mir extrem sicher dann gäbe es viel weniger Gewalt, in privaten Beziehungen genauso wie im sexwork. Die Mechanismen sind die selben.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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deernhh
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

INTERVIEW
"Sind pfui und sollen deshalb nicht mehr stattfinden": Prostituierte schießt gegen Lauterbach

Aktualisiert: 22.05.20, 07:04
julia dombrowsky

Die Rotlichtbezirke in Deutschland sind seit Ausbruch des Coronavirus wie ausgestorben. Geschlossene Bordelle, keine Prostitution mehr an den Straßen – auch Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen befinden sich im Lockdown. Der Berufsverband der Branche stellte am Dienstag ein Hygienekonzept vor, das er zusammen mit Gesundheitsämtern ausgearbeitet hatte.

Doch jetzt haben 16 Bundestagsabgeordnete der Union und SPD (darunter Karl Lauterbach) in einem Brief an die Länder gefordert, Prostitution nicht nur von der schrittweisen Lockerung auszunehmen, sondern käuflichen Sex komplett zu verbieten. Die Begründung: Es handle sich dabei um eine menschenunwürdige Tätigkeit, die virologisch Superspreader-Potential hätte.

"Typisch", findet Johanna Weber. Sie sitzt im Vorstand des Berufsverbands für erotische und sexuelle Dienstleistungen e.v. (BesD) und meint: Trotz Schmuddel-Image ist es auch in der Sexbranche möglich, Corona-Vorschriften einzuhalten. Watson sprach mit ihr über Prostituierte, denen ihr Erspartes ausgeht, Infektionsketten in Bordellen und welche Gefahren sich durch ein längeres Berufsverbot ergeben.

"Ich finde es sehr problematisch, dass die Corona-Krise als Vorwand genutzt wird, um durch die Hintertür ein Verbot der Prostitution durchzukriegen."
Johanna Weber zu watson

watson: Was denken Sie über die aktuelle Forderung nach einem langfristigen Shutdown der Prostitution?

Johanna Weber: Ich finde es sehr problematisch, dass die Corona-Krise als Vorwand genutzt wird, um durch die Hintertür ein Verbot der Prostitution durchzukriegen. Wir kennen die Gruppe bereits, die sich da zu Wort meldet. Dieselben Politiker haben schon früher ein Problem mit unserem Berufsstand gehabt. Wir wären jederzeit bereit, uns mit denen zusammenzusetzen und sinnvolle Lösungen für Probleme in der Branche zu finden, aber eine Zusammenarbeit war bislang leider schwierig.
Die vorgeschlagene Lösung ist also Ihrer Meinung nach nicht sinnvoll.

Was sie fordern, sind ja Aussteigeprojekte nach dem schwedischen Modell. Wir nennen die übrigens Umstiegsprojekte, weil wir die Sexarbeit nicht als Sackgasse betrachten. Es fehlen allerdings für viele Sexarbeitende die Alternativen. Umstiegsprojekte für diejenigen Kolleginnen, die aufhören wollen, finden wir wichtig, aber dafür braucht es dann auch entsprechende Fachleute und jede Menge Geld.

"Gerade jemand wie Herr Lauterbach müsste doch in Zeiten von Corona ganz andere Themen auf der Agenda haben."
Scheinbar sind Sie von dem Vorstoß nicht überrascht.

Vom Thema selbst nicht. Vom Zeitpunkt allerdings schon. Gerade jemand wie Herr Lauterbach müsste doch in Zeiten von Corona ganz andere Themen auf der Agenda haben. Es ist durchaus möglich, Prostitution so zu gestalten, dass sie den derzeitigen Pandemieplänen genügen. Dass jetzt keine Gruppensex-Partys stattfinden können, ist völlig klar. Aber in den meisten Fällen geht es um Eins-zu-eins-Kontakt. Und damit kann man arbeiten.

Für mich ist klar: Den Politikern, die sich da zusammengetan haben, geht es nicht um Corona, sondern generell um die Abschaffung der Prostitution. Als seriöser Politiker sollte man solche persönlichen Motive aber – gerade in Krisen-Zeiten – aus der Arbeit raushalten.

Angenommen, das Verbot würde dennoch durchgesetzt. Würde das in Zeiten von Corona helfen?

Der Gedanke dahinter ist ja immer: 'Wenn ich die Prostitution verbiete, findet sie nicht mehr statt.' Das ist ein Irrglaube. Die Problemfaktoren sind ja alle schon verboten, zum Beispiel Menschenhandel, Zuhälterei, Ausbeutung oder Sex gegen den Willen der Prostituierten. So etwas kann besser verhindert werden, je transparenter das Gewerbe ist.

Ein Prostitutions-Verbot führt dazu, dass gerade die Sexarbeiter, die auf das Geld angewiesen sind, illegal auf dem Straßenstrich oder in Hotels arbeiten. Rein vom Infektions-Gedanken her ist das viel gefährlicher, weil Hygienestandards nicht geprüft und Infektionsketten nicht mehr nachvollzogen werden können. Kurz gesagt: Logisch ist dieser Vorschlag im Sinne von Corona nicht.

Sie glauben, hier wird mit zweierlei Maß gemessen?

Ja, eindeutig. Wir sind "pfui" und deshalb sollen wir nicht mehr stattfinden. Selbst das Gesundheitsamt sieht infektionstechnisch keinen Unterschied zwischen einer normalen Massage und einer erotischen. In unserer Branche kommen auch nicht solche Menschenmassen zusammen wie in der U-Bahn. Wir haben also nicht mit anderen Infektions-Problemen zu kämpfen als andere Branchen auch.

Wie geht es den Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen seit Corona?

Der Großteil der Branche hat einen festen Wohnsitz und ist normal beim Finanzamt angemeldet. Für die gilt dasselbe wie auch für andere Selbstständige, die keine laufenden Kosten haben: Sie leben momentan von ihren Rücklagen. Die Soforthilfegelder, die vom Staat als Ersatz für die fehlenden Einkünfte angekündigt wurden, sind ja nur für Betriebskosten. Aber ähnlich wie ein freier Musiker können Sexarbeiter das Geld nicht verwenden. Viele suchen nach schnellen Jobs, aber die sind derzeit rar. Wichtig wäre eine Perspektive. Dann könnten die Betroffenen zumindest absehen, ob sie drei Monate überbrücken oder sich langfristig nach anderer Arbeit umsehen müssen.

Und wenn man keine Rücklagen hat?

Dann wird es prekär. Was machen wir mit all den Sexarbeitenden, die durch die Netze fallen? Die kein Erspartes haben oder zu schlecht ausgebildet sind für andere Jobs? Die vielleicht nicht gut Deutsch sprechen? Die sollen ja während Corona nicht in die Illegalität gezwungen werden. Wir haben für diese Fälle einen Nothilfefonds gegründet und können so besonders bedürftigen Kolleginnen unter die Arme greifen. Es ist toll, wie viele Spenden da eingehen. Trotzdem merken wir, wie uns auch dieses Geld durch die Finger rinnt. Es muss was passieren. Ich finde es eine Frechheit, dass sich die Politiker nicht viel eher darum Gedanken machen, als solche Forderungen zu stellen.

Das allergrößte Problem der Branche sind aber langfristig die Arbeitsplätze, also die Bordelle. Die stehen seit über zwei Monaten leer, die Kosten laufen aber weiter. Geht das so weiter, sind in einem halben Jahr alle pleite. Und wo sollen wir dann arbeiten?

"Während der Dienstleistung darf der Mund-Nase-Schutz auch nicht abgesetzt werden."
Johanna Weber zu watson

Wie könnte denn so ein Corona-Betrieb im Bordell aussehen?

Da kann man sich zwei Faktoren zunutze machen: Erstens herrscht in einem Bordell nur Eins-zu-eins-Kontakt und zweitens wollen die Freier sowieso niemanden sonst sehen. Die wollen ihrem Nachbarn sicher nicht plötzlich auf dem Flur begegnen. Spontane Besuche wären dann erstmal nicht möglich, der Kunde müsste telefonisch einen Termin abmachen und dann holt die Prostituierte ihn an der Tür ab.

Im Zimmer gelten die Hygienerichtlinien: Hände waschen, während des Vorgesprächs 1,5 Meter Abstand halten und dann darf während der Dienstleistung der Mund-Nase-Schutz auch nicht abgesetzt werden. Klar ist das blöd, kann man aber machen. In der Regel haben die Bordelle sowieso schon gute Reinigungskonzepte, die aber problemlos erweitert werden können, wie mir die Betreiber immer wieder versichern. Heißt also: Lüften, Türklinken desinfizieren, intensiv zwischen den Besuchen putzen. Wie es auch andere Betriebe handhaben.

Aber Freier wollen ja meist nicht erkannt werden. Wie sollen dann da Infektionsketten gesichert werden?

Unser Plan wäre es, dass die Kunden einen Zettel, Briefumschlag und Kugelschreiber bekommen, ihre Handynummer und E-Mail aufschreiben und auf den Umschlag Datum und Uhrzeit ihres Besuchs notieren. Diese Umschläge könnten wir vier Wochen aufbewahren und danach entsorgen. Die meisten Kunden kennen und vertrauen den Sexarbeitern und wollen auch selbst informiert sein, da sehe ich also kein Problem. Sollte dann tatsächlich ein Corona-Fall auftreten, könnte man sofort nachvollziehen, wer miteinander in Kontakt war und den Freier kontaktieren.

https://www.watson.de/leben/interview/4 ... uns-gehabt

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

Noch mal zum Brief der 16 Abgeordneten:

Auch hier fühle ich mich wegen des Duktus des Schreiben an die behindertenpolitischen Debatten der 80ziger erinnert. Damals wurde, insbesondere Menschen mit Lernschwierigkeiten das sexuelle Selbstbestimmungsrecht abgesprochen. Unkontrollierte Schwangerschaften, Unfähigkeit zur Elternschaft oder zügellose Triebhaftigkeit sollten gar deren Sterilisation grundsätzlich ermöglichen. Hier ein zeitgenössischer Artikel aus der ZEIT von Ernst Klee https://www.zeit.de/1988/17/es-geschieh ... ettansicht .

Ich sehe hier Parallelen zu dem Bild, was die Abgeordneten, darunter auch ein Theologe, von SW transportieren.

Kasharius grüßt

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Lucille
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Lucille »

Die Parallelen sind leider nur zu offensichtlich :-(

BTW, Schwedens totalitärer, offen missionarischer Anspruch an den Habitus des Ideal-Bürgers hat übrigens eine entsprechend häßliche Historie im gesamten letzten Jahrhundert …

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@Lucille

aber behindertenpolitisch war Schweden in den 80zigern top;auch in Sachen SExualität und Behinderung

Kasharius grüßt

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

Niedersachsens Justizministerin bezieht Stellung gegen Abgeordnetenforderung nach Prostitutionsverbot

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersa ... a3184.html

Kasharius grüßt

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deernhh
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von deernhh »

Hannover -
Justizministerin: Nach Lockdown gibt es wieder Prostitution
22. Mai 2020, 8:28 Uhr
Krankheiten - Hannover

Justizministerin: Nach Lockdown gibt es wieder Prostitution

Justizministerin Barbara Havliza (CDU) nimmt an einer Landtagssitzung teil. Foto: Peter Steffen/dpa/Archivbild (Foto: dpa)
Direkt aus dem dpa-Newskanal

Osnabrück (dpa/lni) - Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hält die Forderung nach einem Sexkaufverbot nicht für durchsetzbar. "Ich bin mir sicher, dass wir (nach dem Corona-Lockdown) rechtlich wieder in den Zustand zurückkehren wie vor der Corona-Pandemie", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Dies betreffe auch Bereiche, die "von manchen für falsch oder verwerflich gehalten werden, wie etwa den Konsum von Genussmitteln oder die Prostitution".

Angesichts der coronabedingten Schließung von Bordellen fordert eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten von Union und SPD ein Sexkaufverbot und Ausstiegsprogramme für Prostituierte. Der während der Corona-Krise verhängte Shutdown für Prostitution dürfe nicht gelockert werden, verlangen sie in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief an die Regierungschefs der Länder.

Die 16 Politiker, die das Schreiben unterzeichnet haben, wollen die aus ihrer Sicht in den meisten Fällen menschenunwürdige, zerstörerische und frauenfeindliche Tätigkeit untersagen, zu der die Frauen gezwungen würden. "Diesen Frauen hilft nicht die Wiedereröffnung der Bordelle, sondern eine Ausbildung oder Tätigkeit in einem existenzsicherndem Beruf."

https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/ ... -99-145043


Havliza: Alle Corona-Einschränkungen werden komplett wieder fallen
Auf Presseportal.de lesen
22.05.2020 – 05:00

Osnabrück (ots)

Havliza: Alle Corona-Einschränkungen werden komplett wieder fallen

Niedersächsische Justizministerin steht zur Freigabe von Prostitution und verteidigt die Corona-App

Osnabrück. Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hat Forderungen eine Absage erteilt, nach dem Corona-Lockdown ausgewählte Einschränkungen fortbestehen zu lassen. In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) sagte sie, "ich bin mir sicher, dass wir rechtlich wieder in den Zustand zurückkehren wie vor der Corona-Pandemie". Dies betreffe auch Bereiche, die "von manchen für falsch oder verwerflich gehalten werden, wie etwa den Konsum von Genussmitteln oder die Prostitution". Wenn jemand etwas anderes wollte, "käme er damit nicht durch", zeigte sich die Christdemokratin trotz entsprechender aktueller Forderungen einer Parlamentariergruppe aus dem Bundestag überzeugt. "Wir sind nach meinem Eindruck das Land in Europa, das am meisten, auch historisch begründet, ein Gespür dafür hat, wenn Grund- und Freiheitsrechte der Menschen beschnitten werden", fügte die Ministerin hinzu.

Für die gegenwärtigen Corona-Proteste zeigte Havliza Verständnis. "Ich finde es gut, wenn Menschen ihre Sorgen artikulieren." Die Demonstrationen könnten auch Anlass sein zu prüfen, ob man als Staat übers Ziel hinausgeschossen sei. Mit Bedauern sehe sie allerdings die "ungute Mischung aus Verschwörungstheoretikern und Extremisten, die sich dazugesellen und verunsicherte Bürger noch weiter verunsichern".

Mit Blick auf die geplante Corona-App widersprach die Ministerin Befürchtungen, diese könne auch zu anderen Zwecken genutzt werden als zur Bekämpfung der Pandemie. "Mancher Strafverfolger würde das vielleicht so sehen", antwortete sie auf die Frage, ob die App für die Ermittler nicht verführerisch sei. "Aber nicht alles, was praktisch ist, ist in unserem Rechtsstaat auch erlaubt", sagte Havliza. "Eine anlasslose Dauerüberwachung von Bewegungen durch die Corona-App für den Fall, dass jemand vielleicht irgendwann einmal kriminell wird, halte ich für nicht denkbar."

Kritik der Opposition, in der politischen Arbeit im Landtag nicht hinreichend eingebunden worden zu sein, wies Havliza zurück. "Die Ausschüsse und Gremien des Landtags waren in unsere Entscheidungen durchaus eingebunden, wir haben regelmäßig informiert." Die eingeschränkte Arbeit des Landtags ändere sich ja bereits. "Die Opposition hat sehr deutlich gemacht, dass sie eine stärkere Einbindung wünscht. Das wird jetzt auch geschehen", sagte die Ministerin zu.

https://www.presseportal.de/pm/58964/4603026
Zuletzt geändert von deernhh am 22.05.2020, 21:48, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Lucille »

Lieber Kasharius,
Schweden konnte sich nach dem II.Weltkrieg von diversen, nennen wir es Mitmachaktionen in Geist und Tat, wundersam unter den Teppich kehrend freisprechen: sowas gab es doch nur in Hitlerdeutschland.

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Kasharius
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von Kasharius »

@Lucille

ja, aber vielleicht hat Nachkriegs-Schweden aus der Geschichte damals schneller gelernt,als Wirtschaftswunder-Deutschland - jedenfalls behindertenpolitisch...

um hier nicht abzuschweifen leite ich mal......

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certik
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Re: Sexarbeit- Über Sexkauf-Verbot

Beitrag von certik »

Sehr gut gefällt mir der Beitrag von quer:
* bleibt gesund und übersteht die Zeit der Einschränkungen *