Hallo rene-hb
Du führst hier interessante Aspekte auf...
rene-hb hat geschrieben:da zur zeit in diversen postings massiv subjektive meinungen als gloreiche vergangenheit dargestellt werden, möchte ich auch meine meinung kurz darstellen.
Ich vermute mal beinahe, dass Du diese Aussage (auch) vor allem auf meine Beiträge beziehst, die ja zwangsläufig nicht nur von einem "hier und heute" gefärbt, sondern von Erfahrungen über einen längeren Zeitraum geprägt sind.
Da ich die Zeit Ende der 80er Jahre bis hin ins 21. Jhr. nun mal hautnah (sozusagen als Zeitzeugin

) erlebt und miterlebt habe, kann ich mich selbst nicht "auseinanderklamüsern" und zwischen den Zeiten zerteilen (die sich ja doch gewaltig unterscheiden) und mein Leben und meine Berufs- und Milieu-Erfahrung nur als ein Ganzes sehen und wiedergeben, und dadurch fliesst natürlich in Konsequenz auch immer mal wieder etwas aus der Vergangenheit in meine Beiträge ein...
Wenn wir in diesem Gewerbe nicht vollkommen im Sodom und Gomorra, in Diktatur ausländischer (vor allem osteuropäischer) "Manager", in Preisdumping, "ohne"-Service, und all dem, was nicht nur das Geschäft und die Huren kaputt macht untergehen möchten, gibt es meiner Meinung nach nur einen Weg, der ausserdem gesellschaftlich und gesellschaftspolitisch auf mehr Anerkennung stossen kann, und das ist ein Stück weit
"Zurück in in die Zukunft"...
rene-hb hat geschrieben:von einer "hurenehre" die "nachkobern" oder "falle schieben" als selbstverständliche arbeitsweisen in einigen bereichen der sexarbeit verklärt, möchte ich mich total distanzieren.
Da gebe ich Dir vollkommen recht und bin Deiner Meinung!
Vielleicht habe ich mich auch mißverständlich ausgedrückt...
Selbstverständlich dienten Nachkobern und Falle schieben nicht unbedingt der Hurenehre (zumal diese Praktiken in der Wohnungsprostitution nicht gerne gesehen wurden, sondern im Laufhaus gang und gebe waren); auch vor 10 Jahren distanzierten sich viele Frauen, die in der Wohnung gearbeitet haben, klar davon.
Der Begriff Hurenehre zielte vor allem darauf ab, klar zwischen Beruf und Privatleben der SW zu differenzieren.
Ich finde einfach, das geht uns vollkommen verloren und verkommt derweil immer mehr.Wir waren diesbezüglich früher wesentlich
moderner und fortschrittlicher als wir es heute sind, und gehen doch nicht nach vorne, sondern entwickeln uns zurück.Gleichzeitig streben wir es aber an, von der Gesellschaft anerkannt zu werden... wie soll das gehen?
Das ist doch ein Paradoxum und ich kann da ehrlich gesagt auch jeden soliden Menschen verstehen, zumal wenn er sich überhaupt nicht mit dem Gewerbe auseinandergesetzt und auch keine Ambitionen dazu hat, wenn er ein negatives Bild von uns SW hat, da wo wir jetzt stehen.
rene-hb hat geschrieben:weiterhin möchte ich es als totalen fortschritt betrachten, dass nicht mehr die mehrheit der SW für zuhälter arbeiten muss.
Ich finde, das geht an der Realität vorbei, rene...
Ich bin sogar der Überzeugung, das HEUTE sehr viel mehr SW Zuhälter haben, als es früher der Fall war!
Es ist doch keineswegs so, dass Huren (weibl. wie männl.) früher gezwungen waren, einen Zuhälter zu haben!!!
Hinter fast allen Läden standen zwar Männer (die übrigens dafür gesorgt haben, dass NICHT "ohne"-Servie angeboten und NICHT unter Preis gearbeitet wurde, nur um das mal richtig zu stellen!), aber geführt wurden die Läden fast alle von Frauen (meist den Frauen dieser Männer, nicht selten miteinander verheiratet oder den sog. Brandpartien, Hauptfrauen).
Ich weiss nicht, wie es vor Mitte der 80er Jahre war, aber ab dato haben
die wenigsten Frauen mit einem Zuhälter gearbeitet oder einem Beschützer (ich spreche von Wohnungsprostitution, auf der Strasse sah es vermutlich anders aus), es wurden eher noch vollkommen solide Männer von manchen Frauen zu (möchte-gern) "Zuhältern" gemacht, was aber heute auch nicht anders ist.
Das Bild, dass jede Frau nur mit Zuhälter arbeiten konnte und gearbeitet hat, ist schlichtweg falsch.
Die Zuhälter (und zwar die eher nicht so netten), kamen erst mit den Osteuropäerinnen nach Deutschland (kann mir vorstellen, nach Österreich auch).Kaum eine Osteuropäerin kam und kommt "alleine" nach D.Und schau' mal, wie viele Osteuropäerinenn derweil hier arbeiten, ergo stehen auch viel mehr Männer dahinter...
rene-hb hat geschrieben:eine zeit zu glorifizieren zu der es mehr als heute üblich war, dass zuhälter den ton angaben, ist für mich nicht akzeptabel.
Liegt sicherlich in der Natur, dass man dazu neigt, die Vergangenheit zu glorifizieren, aber ich denke ich verglorizifiere sie in diesem Gewerbe keineswegs, sondern führe nur Vergleiche an.Und dahinter kann sich das Gewerbe heute leider grossenteils einfach verstecken :(
Wie gesagt, dass Zuhälter "den Ton angaben", kann ich definitiv so nicht bestätigen, und wenn sie es getan haben (die heut kaum mehr existenten Altluden), dann war es für das Gewerbe (und für die einzelne Hure) nicht verkehrt im Vergleich zum Sodom und Gomorra in 2007!.
Heute ist es doch viel mehr so, dass die Zuhälter den Ton angeben und zwar die ausländischen Zuhälter, denn durch diese haben wir doch Dumpingpreise, "ohne"-Service und diesen ganzen Mist, der alles kaputt macht, was bis noch vor nicht allzu langer Zeit noch gut war...
Das soll kein Plädoyer an die Zuhälter von früher sein (ich hatte niemals einen, und die allermeisten meiner Kolleginnen auch nicht), einfach nur mal eine Richtigstellung.
rene-hb hat geschrieben:für sehr bedenklich halte ich es ausserdem ein anlernen von neueinsteigerinnen in einem von zuhältern dominiertem system zum zweck der regulierung im sinne dieser zuhälter, mit einer einstiegsberatung von freien & selbstständigen SW oder beratungsstellen gleichzusetzen.
Das sehe ich überhaupt nicht so, im Gegenteil, denn das Anlernen von Neueinsteigerinnen würde eben besonders auch
diese selbst! vor Zuhältern und Zuhälterei, vor dumping, ohne Kondom arbeiten, ihre Seele verkaufen für 30 Euro etc.,
schützen!