Stern "Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen&qu

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
translena
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 374
Registriert: 15.05.2007, 13:16
Wohnort: Essen
Ich bin: Keine Angabe

Deutschland Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen

Beitrag von translena »

Prostitution in Deutschland Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen
Prostitution in Deutschland Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen

Seit Monaten wird in Deutschland über eine Reform des Prostitutionsgesetzes debattiert. Wie es Frauen in dem Gewerbe tagtäglich ergeht und wie schwer der Ausstieg ist, zeigen diese Geschichten.
Lilja aus Rumänien, Niki und Katalin aus Ungarn haben die ersten Schritte gemacht, um aus dem Gewerbe endgültig auszusteigen. stern TV traf die drei Frauen bereits vor einem Jahr. Nacht für Nacht haben sie ihre Körper verkauft. Sie wurden Nutte, Schlampe und Hure genannt – und mussten sich viel gefallen lassen. Sex mit Fremden, ohne Kondom. Der Standardpreis: 30 Euro für 20 Minuten ohne Extras. In Laufhäusern und Bordellen gelten zum Teil Dumpingpreise ab fünf Euro.

Sex zu kaufen ist in Deutschland legal und billig. Seit 2002 haben wir eines der liberalsten Prostitutionsgesetze in Europa. Schätzungen zufolge arbeiten hierzulande zwischen 300.000 und 400.000 Frauen in der Prostitution – mehr als in anderen europäischen Ländern. Da keine Anmeldepflicht besteht, gibt es keine genauen Zahlen, die Dunkelziffer wird hoch angesetzt. Ein Großteil der Prostituierten kommt wie Lilja, Niki und Katalin aus Osteuropa hierher, um Geld für ihre Familien daheim zu verdienen. Katalin ist 25 Jahre alt und versorgt ihre Eltern und ihre Tochter in Ungarn mit, ihr Kind sieht sie ein Mal im Jahr. Die 20-jährige Lilja ernährt sogar eine Großfamilie mit 12 Menschen. Die Mädchen schicken jeden Monat etwa 500 nach Hause, etwa 1800 Euro bezahlen sie für ein heruntergekommenes Puff-Zimmer, in dem sie leben und arbeiten. 400 Euro benötigen sie zum Leben. Somit müssen die Frauen 2700 Euro verdienen. Das entspricht etwa 90 Freiern - drei pro Nacht, mindestens.

Beratungsstellen als Hoffnungsträger

Niki arbeitet inzwischen in einer Fabrik für 8,50 Euro pro Stunde, täglich von halb sieben bis zwei Uhr. Sie lebt jetzt mit einem deutschen Mann zusammen, einem ehemaligen Kunden: Günther, 56 Jahre. Für Niki hat ein neues Leben begonnen, doch das gelingt nicht vielen. Das Café La Strada im Stuttgarter Rotlichtviertel ist eine der wenigen Hilfsangebote für Prostituierte. Hier versuchen auch Lilja und Katalin einen Ausweg zu finden. Ekel und Entsetzen sind mittlerweile Apathie und Hoffnungslosigkeit gewichen. Die Frauen stumpfen ab. Das weiß auch Julia Wege von der Beratungsstelle in Mannheim: "Es ist nicht das leichteste, aus der Prostitution auszusteigen, weil viele Frauen keine Arbeitsverträge haben. Sie haben sehr lange in dem Bereich gearbeitet, aber keine Nachweise und keine Steuern bezahlt, und das macht es schwierig."

In ihre Beratungsstelle kommen mittlerweile jede Woche etwa zehn Frauen, die einen Ausweg suchen. Bei "Amalie" finden die Frauen einen geschützten Raum, hell und freundlich - frei von Männern. Sie bekommen ein warmes Essen, Kondome und medizinische Versorgung. Kurzfristige Hilfen. Der Weg in ein normales Leben ist hingegen langwieriger, die 35-jährige Ivelina will es trotzdem versuchen. Julia Wege hilft ihr, Anträge für das Jobcenter auszustellen, um übergangsweise Leistungen beantragen zu können: Neben Papieren und Arbeitsnachweisen brauchen die Frauen auch ein Bankkonto, eine Versicherung und eine feste Wohnung. All das kann Monate dauern. Ivelina muss eine Art Lebenslauf erstellen – mit einer Liste der Straßen, wo sie sich angeboten hat.

Viele Frauen fallen nach dem Ausstieg aus dem Gewerbe tief: Häufig wissen sie nichts mit sich anzufangen, erfassen erst dann, was sie ihr Leben lang gemacht haben. Manche werden alkohol- oder drogensüchtig, der Weg zurück auf die Straße ist nicht weit. Eine psychologische Betreuung bekommen nur wenige.
Gesetzesreform soll den Ausstieg erleichtern

Seit Herbst 2013 berät die Bundesregierung über eine Reform des derzeitigen Prostitutionsgesetzes von 2002. Darin ist geplant, eine Anmeldepflicht für die Frauen einzuführen, Bordellbetreiber stärker zu kontrollieren und sogenannten "Flatrates" zu verbieten. Ungeklärt ist bislang, ob das Mindestalter von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt wird, ob und wie Freier von Zwangsprostituierten bestraft werden, ob eine Kondompflicht und Gesundheitsuntersuchungen verpflichtend werden sollen.

Die wohl wichtigste Verbesserung für Frauen wie Lilja, Katalin oder Ivelina aber wird sein, dass auch der Ausstieg aus der Prostitution erleichtert werden soll, sofern sich die Modellprojekte und Ausstiegsprogramme bewährt haben. Falls die Reform nicht scheitert, könnte das neue Prostitutionsgesetz Anfang 2016 in Kraft treten.
http://www.stern.de/tv/sterntv/prostitu ... paign=alle

Benutzeravatar
bienemaya
Gelehrte(r)
Gelehrte(r)
Beiträge: 381
Registriert: 22.03.2012, 21:57
Ich bin: Keine Angabe

Stern "Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen&qu

Beitrag von bienemaya »

Seit Monaten wird in Deutschland über eine Reform des Prostitutionsgesetzes debattiert. Wie es Frauen in dem Gewerbe tagtäglich ergeht und wie schwer der Ausstieg ist, zeigen diese Geschichten.

ilja aus Rumänien, Niki und Katalin aus Ungarn haben die ersten Schritte gemacht, um aus dem Gewerbe endgültig auszusteigen. stern TV traf die drei Frauen bereits vor einem Jahr. Nacht für Nacht haben sie ihre Körper verkauft. Sie wurden Nutte, Schlampe und Hure genannt – und mussten sich viel gefallen lassen. Sex mit Fremden, ohne Kondom. Der Standardpreis: 30 Euro für 20 Minuten ohne Extras. In Laufhäusern und Bordellen gelten zum Teil Dumpingpreise ab fünf Euro.

Sex zu kaufen ist in Deutschland legal und billig. Seit 2002 haben wir eines der liberalsten Prostitutionsgesetze in Europa. Schätzungen zufolge arbeiten hierzulande zwischen 300.000 und 400.000 Frauen in der Prostitution – mehr als in anderen europäischen Ländern. Da keine Anmeldepflicht besteht, gibt es keine genauen Zahlen, die Dunkelziffer wird hoch angesetzt. Ein Großteil der Prostituierten kommt wie Lilja, Niki und Katalin aus Osteuropa hierher, um Geld für ihre Familien daheim zu verdienen. Katalin ist 25 Jahre alt und versorgt ihre Eltern und ihre Tochter in Ungarn mit, ihr Kind sieht sie ein Mal im Jahr. Die 20-jährige Lilja ernährt sogar eine Großfamilie mit 12 Menschen. Die Mädchen schicken jeden Monat etwa 500 nach Hause, etwa 1800 Euro bezahlen sie für ein heruntergekommenes Puff-Zimmer, in dem sie leben und arbeiten. 400 Euro benötigen sie zum Leben. Somit müssen die Frauen 2700 Euro verdienen. Das entspricht etwa 90 Freiern - drei pro Nacht, mindestens.

Beratungsstellen als Hoffnungsträger

Niki arbeitet inzwischen in einer Fabrik für 8,50 Euro pro Stunde, täglich von halb sieben bis zwei Uhr. Sie lebt jetzt mit einem deutschen Mann zusammen, einem ehemaligen Kunden: Günther, 56 Jahre. Für Niki hat ein neues Leben begonnen, doch das gelingt nicht vielen. Das Café La Strada im Stuttgarter Rotlichtviertel ist eine der wenigen Hilfsangebote für Prostituierte. Hier versuchen auch Lilja und Katalin einen Ausweg zu finden. Ekel und Entsetzen sind mittlerweile Apathie und Hoffnungslosigkeit gewichen. Die Frauen stumpfen ab. Das weiß auch Julia Wege von der Beratungsstelle in Mannheim: "Es ist nicht das leichteste, aus der Prostitution auszusteigen, weil viele Frauen keine Arbeitsverträge haben. Sie haben sehr lange in dem Bereich gearbeitet, aber keine Nachweise und keine Steuern bezahlt, und das macht es schwierig."

In ihre Beratungsstelle kommen mittlerweile jede Woche etwa zehn Frauen, die einen Ausweg suchen. Bei "Amalie" finden die Frauen einen geschützten Raum, hell und freundlich - frei von Männern. Sie bekommen ein warmes Essen, Kondome und medizinische Versorgung. Kurzfristige Hilfen. Der Weg in ein normales Leben ist hingegen langwieriger, die 35-jährige Ivelina will es trotzdem versuchen. Julia Wege hilft ihr, Anträge für das Jobcenter auszustellen, um übergangsweise Leistungen beantragen zu können: Neben Papieren und Arbeitsnachweisen brauchen die Frauen auch ein Bankkonto, eine Versicherung und eine feste Wohnung. All das kann Monate dauern. Ivelina muss eine Art Lebenslauf erstellen – mit einer Liste der Straßen, wo sie sich angeboten hat.

Viele Frauen fallen nach dem Ausstieg aus dem Gewerbe tief: Häufig wissen sie nichts mit sich anzufangen, erfassen erst dann, was sie ihr Leben lang gemacht haben. Manche werden alkohol- oder drogensüchtig, der Weg zurück auf die Straße ist nicht weit. Eine psychologische Betreuung bekommen nur wenige.

Gesetzesreform soll den Ausstieg erleichtern

Seit Herbst 2013 berät die Bundesregierung über eine Reform des derzeitigen Prostitutionsgesetzes von 2002. Darin ist geplant, eine Anmeldepflicht für die Frauen einzuführen, Bordellbetreiber stärker zu kontrollieren und sogenannten "Flatrates" zu verbieten. Ungeklärt ist bislang, ob das Mindestalter von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt wird, ob und wie Freier von Zwangsprostituierten bestraft werden, ob eine Kondompflicht und Gesundheitsuntersuchungen verpflichtend werden sollen.

Die wohl wichtigste Verbesserung für Frauen wie Lilja, Katalin oder Ivelina aber wird sein, dass auch der Ausstieg aus der Prostitution erleichtert werden soll, sofern sich die Modellprojekte und Ausstiegsprogramme bewährt haben. Falls die Reform nicht scheitert, könnte das neue Prostitutionsgesetz Anfang 2016 in Kraft treten.

Gesetzesreform soll den Ausstieg erleichtern

Seit Herbst 2013 berät die Bundesregierung über eine Reform des derzeitigen Prostitutionsgesetzes von 2002. Darin ist geplant, eine Anmeldepflicht für die Frauen einzuführen, Bordellbetreiber stärker zu kontrollieren und sogenannten "Flatrates" zu verbieten. Ungeklärt ist bislang, ob das Mindestalter von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt wird, ob und wie Freier von Zwangsprostituierten bestraft werden, ob eine Kondompflicht und Gesundheitsuntersuchungen verpflichtend werden sollen.

Die wohl wichtigste Verbesserung für Frauen wie Lilja, Katalin oder Ivelina aber wird sein, dass auch der Ausstieg aus der Prostitution erleichtert werden soll, sofern sich die Modellprojekte und Ausstiegsprogramme bewährt haben. Falls die Reform nicht scheitert, könnte das neue Prostitutionsgesetz Anfang 2016 in Kraft treten.

http://www.stern.de/tv/sterntv/prostitu ... 53402.html

Benutzeravatar
bienemaya
Gelehrte(r)
Gelehrte(r)
Beiträge: 381
Registriert: 22.03.2012, 21:57
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von bienemaya »

... Ivelina muss eine Art Lebenslauf erstellen – mit einer Liste der Straßen, wo sie sich angeboten hat....

Wer will denn das wissen? Kann mir das jemand erklären? Fällt dies unter verfrühtes Bewegungsprofil?

Von 2700,- Euro auf 8,50 Euro Brutto pro Monat... der Lebensentwurf für Familie und Kind(er) mitzusorgen wird wohl mit diesem Stundenlohn nicht mehr möglich sein. Die "anständige Moral" wirbt ungeniert für den Billiglohnsektor.

... Häufig wissen sie nichts mit sich anzufangen...

Welch dreiste Veralgemeinerungen; ein "Hoch" auf die Rettungsindustrie!

translena
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 374
Registriert: 15.05.2007, 13:16
Wohnort: Essen
Ich bin: Keine Angabe

RE: Stern "Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffe

Beitrag von translena »

Eigentlich ist es doch ganz einfach warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen:

1.Es gibt nur wenige einigermassen gutbezahlte Jobs
2.Prostitution im Lebenslauf ist immer noch ein Problem
und muss irgendwie kaschiert werden.

Im Grunde sind es die gleichen Gründe warum viele Frauen in die Prostitution einsteigen.
Geldmangel,Schulden,Arbeitslosigkeit

Nicht umsonst ist der Anteil der Prostituierten bei den transsexuellen Frauen höher wie bei den biologisch geborenen Frauen,denn für transsexuelle Frauen gibt es noch weniger Jobpersperpektiven auch wenn Sie gute Qualifizierungen haben. Ich habe es selbst einige Male erlebt in dem mir sinngemäss mitgeteilt wurde:
"Jede soll so leben wie Sie oder Er es mag , aber unsere Gesellschafft sei noch nicht so weit und die Kunden würden das nicht akzeptieren."
Ich habe im Sommer eine Umschulung als Fachinformatikerin/Systemintegration mit guten Ergebnissen abgeschlossen, bis jetzt habe ich auf meine vielen Bewerbungen nur Absagen bekommen und das obwohl grade in der Informatik doch Fachkräftemangel herrschen soll.
Meiner Meinung muss sich in den Köpfen der Gesellschafft
etwas ändern.Die Stigmatisierung von Sexworkern und von Transsexuellen muss ein Ende haben.
Erst wenn es kein Einstellungshinderniss mehr ist eine Vergangenheit als Sexworkerin zu haben und einigermassenbezahlte Jobs für ehemalige Sexworkerinnen zur Verfügung stehen wird der Ausstieg auch einfach möglich sein.

Doris67
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 1127
Registriert: 20.06.2012, 10:16
Wohnort: Strasbourg
Ich bin: SexarbeiterIn

Beitrag von Doris67 »

Und wann lesen wir einen Artikel namens "Warum nur wenige Prostituierte den Ausstieg wollen"?...
Mitglied der Confédération Nationale du Travail

xtabay
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 320
Registriert: 18.03.2014, 21:36
Wohnort: 1190
Ich bin: Keine Angabe

Re: Stern "Warum nur wenige Frauen den Ausstieg schaffe

Beitrag von xtabay »

          Bild
bienemaya hat geschrieben: Niki arbeitet inzwischen in einer Fabrik für 8,50 Euro pro Stunde,
Und das fällt dann großartig unter "Ausstieg geschafft" ??? :017

(Wo ist bitte das :Kopf-Wand: Smily??)

Benutzeravatar
Kasharius
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 4103
Registriert: 08.07.2012, 23:16
Wohnort: Berlin
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

Beitrag von Kasharius »

@all

Ich habe gedacht die Reform des Prostitutionsgesetzes sieht gewerberechtlich eine Erlaubnispflicht für Betreiber und keine Anmeldepflicht für Frauen vor.

Außerdem erschließt sich mir nach den gegenwärtig diskutierten gesetzlichen Neuregelungen nicht, wie im Unterschied zu jetzt, der Ausstieg aus der Sexarbeit erleichtert werden soll.

Schließlich frage ich mich, wie der Reformgesetzgeber Flate-Rate definieren wird und wo er das Verbot sog. Flate-Rate Bordelle verankern will; ich halte ein derartiges generelles Verbot für verfassungswidrig.

Kasharius warnt den Gesetzgeber vor den Mühen der Ebnew und grüßt

Doris67
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 1127
Registriert: 20.06.2012, 10:16
Wohnort: Strasbourg
Ich bin: SexarbeiterIn

Beitrag von Doris67 »

xtabay : Genau darum geht es doch in Wirklichkeit : Unabhängige Leute in das Lohnsklavensystem zurückzuzwingen.
Mitglied der Confédération Nationale du Travail