Berlinale - Interview mit Juliette Binoche:
Ohne Scham und Scheu
Oscarpreisträgerin Juliette Binoche zeigt sich auf der diesjährigen Berlinale nackt und ungeschminkt - in ihrem Film "Elles" geht es um Prostitution. Entstanden ist er zu großen Teilen in Köln und Düsseldorf. Ein Interview über Sexualität und Abhängigkeiten
Der Film "Elles" mit Juliette Binoche wurde bereits beim Toronto Film Festival gefeiert. Am 29. März läuft er bundesweit in den deutschen Kinos unter dem Titel "Das bessere Leben" an. Er ist einer von insgesamt 21 Beiträgen der diesjährigen Berlinale, die von der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen gefördert wurde.
Juliette Binoche spielt Anne, eine etablierte Pariser Journalistin. Anne recherchiert für eine Geschichte über Studentinnen, die sich prostituieren, um ihr Leben zu finanzieren. Als sie zwei offenbar zufriedene, intelligente junge Frauen trifft, die ohne Scham und Scheu über ihre intimsten Erfahrungen und Begegnungen berichten, beginnt sie, ihr eigenes Leben als Ehefrau und Mutter zu hinterfragen und eigene Fesseln und Sehnsüchte zu entdecken. Was sind Liebe, Sex und Familie wirklich wert?
WDR.de: Immer mehr Studentinnen in Paris und andernorts prostituieren sich, um ihr Studium zu finanzieren. Angestoßen hat diesen Film ein Zeitungsartikel. Hat sie das Thema an dem Projekt gereizt?
Juliette Binoche: Eigentlich finde ich so große Themen wie Prostitution in Filmen immer schwierig. Vor allem, wenn man mit ihnen die eine große Message verkünden will. Das mag ich nicht sonderlich.
In diesem Film ist es anders. Es ist ein riesiges Thema, das aber ganz viele Fragen aufwirft. Was ist Liebe? Ist es okay, seinen Körper für Geld zu verkaufen? Was lernen wir über die Gesellschaft, wenn vor allem verheiratete, wohlhabende Männer das Angebot der so jungen Studentinnen annehmen? Und was ist davon zu halten, dass die Mädchen es nicht nur tun, um Unterkunft und Essen zu bezahlen, sondern auch, um sich einen gewissen Luxus und Lebensstandard finanzieren zu können.
WDR.de: Fragen, auf die der Film keine Antworten gibt ...
Binoche: Der Film will auch keine endgültigen Antworten liefern. Manchmal geben die Mädchen unerwartete Antworten. Deshalb ist der Film auch provokant. Als ich in meiner Rolle der Journalistin Anne beispielsweise frage, was das Schwierigste an ihrem Job ist, sagt ein Mädchen: "Das Lügen."
Für mich ist das eine große Offenbarung. Ich hatte erwartet, dass sie mir sagen würde, sich vor einem fremden Mann zu entblößen oder Sachen machen zu müssen, die ein Fremder von ihr verlangt. Aber nein! Sie nennt keine Situationen des eigentlichen Jobs, sondern die Tatsache, dass sie ihn heimlich ausüben und deshalb lügen muss, weil das, was sie macht, mit Scham und Schande besetzt ist.
WDR.de: Die Begegnungen mit den jungen Frauen stoßen bei Anne einen Entwicklungsprozess an. Wie war es für Sie - ebenfalls Ehefrau und Mutter zweier Kinder - diesen Prozess in der Rolle zu durchleben?
Binoche: Ich fand es interessant, mich mit den Fragen auseinanderzusetzen, die sich Anne plötzlich stellt. Sie überdenkt ja all ihre Werte und ihre Ansichten, alles kommt dadurch ins Wanken: Familie, Liebe, Sex, Selbstbestimmung. Was ist eine Frau? Was befriedigt sie? Wie ist es, verheiratet zu sein? Und was bedeutet es, seinen Körper freiwillig zu verkaufen?
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Juliette Binoche auf einer Pressekonferenz in Berlin
In diesem Entwicklungsprozess wollte mich Regisseurin Malgoska Szumowska auf eine bestimmte Art filmen. Die Kamera zeigt mich nicht sonderlich schlank, nicht sehr gut rasiert, ungeschminkt und müde. Ich hatte einerseits Angst, mich so nackt zu zeigen. Andererseits macht es aber auch Spaß, mal ganz mies, wie ausgespuckt auszusehen und die Herausforderung anzunehmen, da rein zu springen und dann den Punkt zu erleben, an dem es dir egal ist, was die Leute denken. Als Schauspieler hast du ja auch eine Verantwortung, ehrlich und glaubhaft zu sein. Aber ich bin auch als Kontrast perfekt gestylt zu sehen.
WDR.de: Halten Sie es für akzeptabel oder gar gut, dass Frauen durch Prostitution ihr Geld verdienen können?
Binoche: Ich persönlich würde es niemals tun. Aber wer bin ich, dass ich darüber richten darf? Das will im Übrigen auch der Film nicht. Er will nicht bewerten oder beschuldigen, er will auch nicht moralisieren, sondern Fragen stellen. Und er schont niemanden.
Ich denke, seinen Körper auf diese Weise zu unterwerfen, ist ungesund, unfair, verletzend und kann Schaden zufügen. Aber manche Frauen denken, sie haben keine Wahl. Weil sie entweder keine Ausbildung haben oder aufgrund der Wirtschaftskrise keinen Job finden. Ich finde es beängstigend und glaube: Wer eine Wahl hätte, würde sich nicht prostituieren.
WDR.de: Sie haben auch in Köln und Düsseldorf gedreht, weil der Film mit Unterstützung der Filmstiftung NRW finanziert wurde.
Binoche: Ja, und das ist ein großes, großes Glück. Denn die Finanzierung war ein Problem. In Frankreich lastete uns der Ruf an, sehr freizügig, zu freizügig zu sein, und da war es schwer, Unterstützung zu finden. Ohne die deutschen Gelder wäre das Projekt wohl nie zustande gekommen. Dabei finde ich den Film so freizügig nicht. Wir haben zehn Tage in Deutschland gedreht. Die Interviews beispielsweise, die ich mit einem der Mädchen in einem Hotelzimmer führte.
WDR.de: Auch im Filmgeschäft muss man immer um Gelder buhlen und ist auf gewisse Weise abhängig ...
Binoche: Das ist genau der Punkt. Wir alle könnten uns theoretisch prostituieren, es gibt da viele Formen quer durch alle beruflichen Branchen: Im Filmbusiness, im Medienbusiness, im Bankbusiness und im Supermarktbusiness. Die Frage ist, wo du für dich die Grenze ziehst. Wo fängt es an und wo hört es auf?
Ich weiß auch nicht, ob das, was die Mädchen in dem Film machen, wirklich Prostitution ist. Es ist ihre freie Entscheidung, sie annoncieren im Internet, es gibt keine dritte Person, die das ganze Geld einsteckt, sie suchen sich die Männer nach Aussehen und Wohlstand aus. Aber nichtsdestotrotz ist es der Verkauf des eigenen Körpers für Geld, und das wiederum ist Prostitution.
WDR.de: Wo sehen Sie Ihre persönliche Grenze im Filmbusiness?
Binoche: Die habe ich schon ganz früh gezogen. Der Punkt ist: Wenn du als junge, frische Schauspielerin umgeben bist von Produzenten und Regisseuren, dann darfst du nicht hadern, da musst du handeln. Deine Intuition muss dich leiten, wenn es darum geht, zu was du bereit bist und zu was nicht.
Das Interview führte Susanne Rabsahl.
http://www1.wdr.de/themen/kultur/berlinale188.html
Kinofilm: Das bessere Leben - Elles
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Kinofilm: Das bessere Leben - Elles
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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RE: Kinofilm: Das bessere Leben
ein interessantes interview, mit guten fragen, die nicht schon eine abwertung von sexarbeit beinhalten.
für mich ist diese stelle sehr berührend:
Als ich in meiner Rolle der Journalistin Anne beispielsweise frage, was das Schwierigste an ihrem Job ist, sagt ein Mädchen: "Das Lügen." Für mich ist das eine große Offenbarung. Ich hatte erwartet, dass sie mir sagen würde, sich vor einem fremden Mann zu entblößen oder Sachen machen zu müssen, die ein Fremder von ihr verlangt. Aber nein! Sie nennt keine Situationen des eigentlichen Jobs, sondern die Tatsache, dass sie ihn heimlich ausüben und deshalb lügen muss, weil das, was sie macht, mit Scham und Schande besetzt ist.
(bei "Das Lügen" geht es nicht nur um die lügen, die sich durch das doppelleben ergeben, sondern auch um die lügen, die man bei der dienstleistung macht. das finde ich ebenso belastend an dem beruf. solange es klar ist, dass es eine schauspielerische leistung ist, ists ok.)
insgesamt ein tolles inteerview mit ebenso guten antworten wie fragen.
diese stelle fiel mir auch auf:
Wir alle könnten uns theoretisch prostituieren, es gibt da viele Formen quer durch alle beruflichen Branchen: Im Filmbusiness, im Medienbusiness, im Bankbusiness und im Supermarktbusiness. Die Frage ist, wo du für dich die Grenze ziehst. Wo fängt es an und wo hört es auf?
ich denke, die frage ist nicht, wo fängt es an und wo hört es auf, sondern für mich sieht die frage so aus:
weshalb verurteilen wir "sich prostituieren" , wenn es doch in allen bereichen der arbeit vorkommt, wieso akzeptieren wir es nicht als menschlich normales verhalten "sich zu prostituieren"?
lieben gruß, annainga
für mich ist diese stelle sehr berührend:
Als ich in meiner Rolle der Journalistin Anne beispielsweise frage, was das Schwierigste an ihrem Job ist, sagt ein Mädchen: "Das Lügen." Für mich ist das eine große Offenbarung. Ich hatte erwartet, dass sie mir sagen würde, sich vor einem fremden Mann zu entblößen oder Sachen machen zu müssen, die ein Fremder von ihr verlangt. Aber nein! Sie nennt keine Situationen des eigentlichen Jobs, sondern die Tatsache, dass sie ihn heimlich ausüben und deshalb lügen muss, weil das, was sie macht, mit Scham und Schande besetzt ist.
(bei "Das Lügen" geht es nicht nur um die lügen, die sich durch das doppelleben ergeben, sondern auch um die lügen, die man bei der dienstleistung macht. das finde ich ebenso belastend an dem beruf. solange es klar ist, dass es eine schauspielerische leistung ist, ists ok.)
insgesamt ein tolles inteerview mit ebenso guten antworten wie fragen.
diese stelle fiel mir auch auf:
Wir alle könnten uns theoretisch prostituieren, es gibt da viele Formen quer durch alle beruflichen Branchen: Im Filmbusiness, im Medienbusiness, im Bankbusiness und im Supermarktbusiness. Die Frage ist, wo du für dich die Grenze ziehst. Wo fängt es an und wo hört es auf?
ich denke, die frage ist nicht, wo fängt es an und wo hört es auf, sondern für mich sieht die frage so aus:
weshalb verurteilen wir "sich prostituieren" , wenn es doch in allen bereichen der arbeit vorkommt, wieso akzeptieren wir es nicht als menschlich normales verhalten "sich zu prostituieren"?
lieben gruß, annainga
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- SW Analyst
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hegemonialer Prostitutionsdiskurs
> "weshalb verurteilen wir "sich prostituieren", wenn es doch in allen bereichen der arbeit vorkommt, wieso akzeptieren wir es nicht als menschlich normales verhalten "sich zu prostituieren"?"
Weil es eine plakative Negativkategorie, das Schimpfwort geben muß, damit sich die restliche Arbeitswelt als erträglich und gerecht darstellen kann. Damit die Menschen die heutige Matrix akzeptieren.
Damit die allgemein verbreiteten raffinierten Ausbeutungsmechanismen nicht sichtbar werden:
- Strukturelle Ausländerfeinlichkeit, Frauenfeindlichkeit... in den Arbeitsmärkten
- Mehrwertbeschneidung durch Arbeitgeber
- Marktversagen und Marktmanipulation
- Geldschöpfung durch privates Bankensystem
- Kapitaldienst in allen Kosten ca. 40-70%
- Umverteilung von fleissig nach reich
- Plutokratie, Post-Demokratie
- Weltordnung basierend auf Ölreserven und Waffenarsenalen
- ...
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=83174#83174
Weil es eine plakative Negativkategorie, das Schimpfwort geben muß, damit sich die restliche Arbeitswelt als erträglich und gerecht darstellen kann. Damit die Menschen die heutige Matrix akzeptieren.
Damit die allgemein verbreiteten raffinierten Ausbeutungsmechanismen nicht sichtbar werden:
- Strukturelle Ausländerfeinlichkeit, Frauenfeindlichkeit... in den Arbeitsmärkten
- Mehrwertbeschneidung durch Arbeitgeber
- Marktversagen und Marktmanipulation
- Geldschöpfung durch privates Bankensystem
- Kapitaldienst in allen Kosten ca. 40-70%
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- Admina
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RE: Kinofilm: Das bessere Leben
Frauen prostituieren sich, um Spaß zu haben
In "Das bessere Leben" trifft Juliette Binoche als Journalistin auf zwei Callgirls und wird neidisch: Denn die Prostituierten fühlen sich nicht als Opfer, sondern leben ihre sexuellen Freiheiten aus.
Eine erfolgreiche Pariser Journalistin recherchiert für ein Magazin über Studentinnen, die sich für ein besseres Leben prostituieren.Dabei realisiert sie die Defizite ihrer großbürgerlichen Existen
Will ich so leben? Ist es das, was ich will? Diese Frage stellt sich Anna (Juliette Binoche) recht bald. Die Journalistin arbeitet für das französische Frauenmagazin „Elle“ (der Originaltitel des Films multipliziert das singulare „sie“ auf das plurale „Elles“) und recherchiert gerade für einen Artikel über Frauen, die ihr Studium mit Prostitution finanzieren.
Sie trifft dabei auf Alicja (Joanna Kulig) und Charlotte (Anais Demoustier), die mit ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Unabhängigkeit so gar nicht ins Bild der ausgebeuteten Prostituierten passen. Sie wollen sich weder als Opfer fühlen noch dazu stigmatisieren lassen, sondern mit käuflicher Liebe vor allem ihren recht kostspieligen Lebensstil finanzieren. Und Spaß macht es nebenbei ja auch!
Vielleicht führen Callgirls das bessere Leben
Star aus Frankreich
Bilderstrecke: Juliette Binoche - eine Traumfrau aus Frankreich
Anna dagegen ist längst etabliert, arbeitet gut bezahlt für ein Hochglanzmagazin. Doch was unterscheidet sie eigentlich von den Frauen, die ihren Körper verkaufen? Frühmorgens sitzt sie am Rechner, der Redaktionsschluss drängt, und sie fragt sich: Ist das wilde Leben der Callgirls vielleicht besser als meine eigene bourgeoise Routine mit den Konflikten in der Ehe und mit den beiden Söhnen? Ist ihr sattes Dasein zu festgefahren? Hat sie sich und ihre Freiheit verkauft für ein bisschen Sicherheit? Was ist mit den eigenen Bedürfnissen? Und was treibt der Ehemann eigentlich so in seiner Freizeit?
Der Film wechselt zwischen Annas bürgerlichem Dasein mit der scheinbar unkonventionellen Existenz der Studentinnen und vermeidet dabei die Einordnung in eine erklärende Struktur mitsamt chronologischer Erzählweise und psychologischen Erläuterungen.
Leicht hätte diese Sicht auf Prostitution aus geordneter Perspektive voyeuristisch oder sozialkitschig werden können, doch was in Malgoska Szumowskas Drama zunächst wie allzu simple Antworten wirkt, entpuppt sich im Laufe der Zeit als durchaus reflektierte und vor allem sensiblere Annäherung an eine kapitalistische und männlich dominierte Gesellschaft, die letztendlich auf dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage beruht.
Keine simplizistische Generalabrechnung
Anna findet sich in beiden Rollen wieder: als Prostituierte, die sich verkauft und zugleich als Freierin, die für Handlungen bezahlt – in diesem Fall für Interviews. „Das bessere Leben“ ist keine simplistische Generalabrechnung, dazu ist der Film zu clever und zu individualistisch. Er handelt letztlich „nur“ von der Sicht einer bourgeoisen Pariserin mit all ihrer Moral und ihren Sehnsüchten.
Das eigentliche Objekt der Begierde ist freilich nicht das Duo studentischer Nutten und ihre recht freizügig gezeigten Sexakte mit Freiern, sondern das Gesicht von Juliette Binoche, das in langen Großaufnahmen zu sehen ist, wenn sie als Anna versucht, hinter das Geheimnis ihrer Gesprächspartnerinnen zu kommen – und dabei in ihrer Mimik zeigt, wie sie sich selbst findet. In diesem Gesicht spielt sich ab, was der Film nicht imstande ist zu zeigen.
http://www.welt.de/kultur/kino/article1 ... haben.html
In "Das bessere Leben" trifft Juliette Binoche als Journalistin auf zwei Callgirls und wird neidisch: Denn die Prostituierten fühlen sich nicht als Opfer, sondern leben ihre sexuellen Freiheiten aus.
Eine erfolgreiche Pariser Journalistin recherchiert für ein Magazin über Studentinnen, die sich für ein besseres Leben prostituieren.Dabei realisiert sie die Defizite ihrer großbürgerlichen Existen
Will ich so leben? Ist es das, was ich will? Diese Frage stellt sich Anna (Juliette Binoche) recht bald. Die Journalistin arbeitet für das französische Frauenmagazin „Elle“ (der Originaltitel des Films multipliziert das singulare „sie“ auf das plurale „Elles“) und recherchiert gerade für einen Artikel über Frauen, die ihr Studium mit Prostitution finanzieren.
Sie trifft dabei auf Alicja (Joanna Kulig) und Charlotte (Anais Demoustier), die mit ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Unabhängigkeit so gar nicht ins Bild der ausgebeuteten Prostituierten passen. Sie wollen sich weder als Opfer fühlen noch dazu stigmatisieren lassen, sondern mit käuflicher Liebe vor allem ihren recht kostspieligen Lebensstil finanzieren. Und Spaß macht es nebenbei ja auch!
Vielleicht führen Callgirls das bessere Leben
Star aus Frankreich
Bilderstrecke: Juliette Binoche - eine Traumfrau aus Frankreich
Anna dagegen ist längst etabliert, arbeitet gut bezahlt für ein Hochglanzmagazin. Doch was unterscheidet sie eigentlich von den Frauen, die ihren Körper verkaufen? Frühmorgens sitzt sie am Rechner, der Redaktionsschluss drängt, und sie fragt sich: Ist das wilde Leben der Callgirls vielleicht besser als meine eigene bourgeoise Routine mit den Konflikten in der Ehe und mit den beiden Söhnen? Ist ihr sattes Dasein zu festgefahren? Hat sie sich und ihre Freiheit verkauft für ein bisschen Sicherheit? Was ist mit den eigenen Bedürfnissen? Und was treibt der Ehemann eigentlich so in seiner Freizeit?
Der Film wechselt zwischen Annas bürgerlichem Dasein mit der scheinbar unkonventionellen Existenz der Studentinnen und vermeidet dabei die Einordnung in eine erklärende Struktur mitsamt chronologischer Erzählweise und psychologischen Erläuterungen.
Leicht hätte diese Sicht auf Prostitution aus geordneter Perspektive voyeuristisch oder sozialkitschig werden können, doch was in Malgoska Szumowskas Drama zunächst wie allzu simple Antworten wirkt, entpuppt sich im Laufe der Zeit als durchaus reflektierte und vor allem sensiblere Annäherung an eine kapitalistische und männlich dominierte Gesellschaft, die letztendlich auf dem Wechselspiel von Angebot und Nachfrage beruht.
Keine simplizistische Generalabrechnung
Anna findet sich in beiden Rollen wieder: als Prostituierte, die sich verkauft und zugleich als Freierin, die für Handlungen bezahlt – in diesem Fall für Interviews. „Das bessere Leben“ ist keine simplistische Generalabrechnung, dazu ist der Film zu clever und zu individualistisch. Er handelt letztlich „nur“ von der Sicht einer bourgeoisen Pariserin mit all ihrer Moral und ihren Sehnsüchten.
Das eigentliche Objekt der Begierde ist freilich nicht das Duo studentischer Nutten und ihre recht freizügig gezeigten Sexakte mit Freiern, sondern das Gesicht von Juliette Binoche, das in langen Großaufnahmen zu sehen ist, wenn sie als Anna versucht, hinter das Geheimnis ihrer Gesprächspartnerinnen zu kommen – und dabei in ihrer Mimik zeigt, wie sie sich selbst findet. In diesem Gesicht spielt sich ab, was der Film nicht imstande ist zu zeigen.
http://www.welt.de/kultur/kino/article1 ... haben.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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- Ich bin: Keine Angabe
RE: Kinofilm: Das bessere Leben
Den Film guck ich sowieso.
Hab den Bericht dazu schon im Fernsehen gesehen.
Hab den Bericht dazu schon im Fernsehen gesehen.
Liebe Grüße, Femina
Träume, die wir leben, machen uns zu dem, was wir sind.
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