Prostitution und Miet-/Wohnungseigentumsrecht

Wo melde ich meinen Beruf an, mit welcher Steuerlast muss ich rechnen, womit ist zu rechnen, wenn ich die Anmeldung verabsäume, ... Fragen über Fragen. Hier sollen sie Antworten finden.
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Kasharius
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Prostitution und Miet-/Wohnungseigentumsrecht

Beitrag von Kasharius »

Unabhängig von Fragen des Bauplanungs-, Gewerbe-, und Polizeirechts stellen sich für SW bei der Anmietung oder dem Erwerb von Wohnungen auch immer wieder Probleme, die dem privatrechtlichen Miet- bzw. Wohnungseigentumsrecht zuzuordnen sind. Nachfolgend eine kleine Zusammenstellung entsprechender Gerichtsentscheidungen aus denen man auch herauslesen kann, worauf hier zu achten ist. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei Fragen einfach die örtliche SW-Beratungsstelle kontakten oder hier im Forum vorstellig werden (hier Kriegen sie geholfen...!).

Ich stelle hier zunächst die bundesdeutsche Rechtslage dar....

LG Wiesbaden 5. Zivilkammer
Entscheidungsdatum: 03.11.2011
Aktenzeichen: 5 S 8/08
Dokumenttyp: Urteil
Quelle:
Norm: § 536 Abs 1 BGB
Zur Berechtigung einer Mietminderung bei Betrieb eines Massagesalons in einem gewerblich genutzten Gebäude

Verfahrensgang ...
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 28.01.2008, Aktenzeichen 93 C 2524/07 - 77 wird aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Revision mit Ausnahme der Kosten, die durch die Streithilfe entstanden sind, zu tragen. Diese hat der Streithelfer zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Es wird dem Kläger nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand
1
Aufgrund Mietvertrags vom 9.8.2006 mietete der Beklagte vom Kläger die 3. und 5. Etage des gewerblich genutzten Gebäudekomplexes A-Straße … in B zum Betrieb einer heilgymnastischen und rehabilitativen Gemeinschaftspraxis.

2
Für die 3. Etage wurde eine monatliche Kaltmiete von 1569,20 €, für die 5. Etage eine monatliche Kaltmiete von 1.096,80 € vereinbart. Der Gesamtmietzins von 2666,00 € war bis zum 3. Werktag eines jeden Monats fällig.

3
Der Gebäudekomplex verfügt über zwei separate Treppenaufgänge, wobei einem der Treppenaufgänge einem Parkhaus angegliedert ist. Über den weiteren Treppenaufgang gelangt man zu mehreren Arzt-, Massage- und Therapiepraxen. Die Parkhausetagen sind mit den Etagen des Gebäudekomplexes nicht identisch.

4
In dem Gebäudekomplex befindet sich seit dem xx.xx.2007 im dem 4. Obergeschoss eine Massagepraxis, die Tantra-Massage anbietet. Unter der Internetseite www.xxx.de (in Kopie Blatt 33 R ff) werden die angebotenen Tätigkeiten unter der Anschrift A-Straße … beschrieben. Auf weiteren Internetforen tauschen sich unter den mit Interessenten über das von ihnen angeblich wahrgenommene Angebot, teils auch bezogen auf die frühere Anschrift des Instituts, aus (Bl. 32 f, 65 f, 127 ff).

5
Die Beklagten sahen die Unterbringung des Betriebs im 4. Obergeschosses als Missstand an und zeigten dies mit Schreiben vom 4.4. 2007 gegenüber dem Kläger und der von ihm bevollmächtigten Hausverwaltung C an und forderten auf, diesen abzustellen. Die Beklagten kündigten für den Fall des Weiterbetriebs des Tantra-Massage.-Instituts ab dem 15.4.2007 an, die Mietzahlung einzustellen.

6
Der Betrieb in der 4. Etage wurde fortgeführt.

7
Der Mietzins für den Monat Mai 2007 wurde nicht fristgerecht gezahlt. Lediglich die Vorauszahlung und die Stellplatzkosten wurden entrichtet.

8
Am 17.10.2007 erbrachten die Beklagten eine Zahlung auf die bis dahin offenen Kaltmieten von Mai bis Dezember 2008 eine Zahlung von 8.000,00 €, am 25.10.2007 1.333,00 € sowie am und am 26.11.2007 weitere 1.333,00 € sowie am 28.12.2007 5.331,00 €.

9
Mit notariellem Kaufvertrag vom 14.9.2007 veräußerte der Kläger das Mietobjekt. Nach den Bestimmungen des Kaufvertrags sollten alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag mit der Übergabe auf den Erwerber übergehen.

10
Der Kläger behauptet, dass die Tantra-Massage-Praxis weder störend sei noch die Patienten der Beklagten beeinträchtige. Besucher der Tantra-Massage-Praxis gelangten über das gesonderte Treppenhaus von der Parkfläche im 4. Obergeschoss direkt in die Praxis. Das zweite Treppenhaus verfüge über einen Fahrstuhl der in der Regel von Besuchern/Patienten genutzt würde. Daher käme es nicht zu einer Berührung zwischen Besuchern der 4. Etage und Patienten der Beklagten.

11
Es handele sich nicht um Prostitution sondern um die Ausübung eines Gewerbes, für das der Streithelfer eine behördliche Erlaubnis habe. Aus der Internetdarstellung ginge deutlich hervor, dass die Massagen „keine Einladung zum Geschlechtsverkehr“ darstellten. Die geschilderten Erfahrungen von Internetnutzern seien für das vorliegende Verfahren unerheblich, da sie zum einen lange zurücklägen und zum anderen in ihrem Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden könnten. Sie werden mit Nichtwissen bestritten.

12
Der Streithelfer behauptet, er betreibe tantrisch-bioenergetische Massagen nach … und …. Darüber hinaus biete er mehrstündige Tantra-workshops über die Philosophie des Tantra und tantrisch-bioenergetische Massagen an. Das Angebot werde von weiblichen und männlichen Singles sowie von Paaren in Anspruch genommen. Er sei ein in Indien ausgebildeter Tantralehrer, darüber hinaus Massagetherapeut für klassische und fernöstliche Massagetechniken und diplomierter Gesundheits- und Ernährungsberater. Tantra sei ein jahrtausendealter ganzheitlicher und spiritueller Erfahrungsweg, der als einziger das Tabuthema Sexualität bewusst miteinbeziehe. In der westlichen Kultur fehlt hier Wissen und ein Bezugsrahmen. Im Rahmen der Behandlung komme es nicht zu einem irgendwie gearteten Geschlechtsverkehr.

13
Der Kläger behauptet, die Übergabe der Immobilie sei im November 2007 erfolgt.

14
Der Kläger und der Streithelfer haben in der ersten Instanz beantragt,

15
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 2693 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 4.5.2007 zu zahlen.

16
Die Beklagten haben beantragt,

17
die Klage abzuweisen.

18
Aufgrund des am 28.1.2008 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Wiesbaden wurden die Beklagten entsprechend dem Klageantrag verurteilt. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

19
Gegen das dem Beklagtenvertreter am 7.3.2008 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 8.2.2008 Berufung eingelegt mit dem in der am 27.2.2008 eingehenden Berufungsbegründungsschrift angekündigten und in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag,

20
das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 28.1.2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21
Der Kläger und der Streithelfer haben beantragen,

22
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 28.1.2008 zurückzuweisen.

23
Klageerweiternd hat der Kläger mit Schriftsatz vom 27.6.2008, dem sich der Streithelfer anschließt, beantragt,

24
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 2.666,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 1.333,00 € ab dem 5.9.2007 und aus einem Betrag von 1.333,00 € ab dem 5.10.2007 an den Kläger zu zahlen.

25
Die Beklagten beantragen,

26
den im Schriftsatz vom 27.6.2008 gestellten Antrag zurückzuweisen.

27
Mit Urteil vom 13.8.2008 hat das Landgericht unter Zulassung der Revision nach § 543 Abs.2 Ziff.2 ZPO durch Urteil über die Berufung entschieden.

28
Der Bundesgerichtshof hat das Urteil im Hinblick auf fehlende tatbestandliche Feststellungen aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, zurückverwiesen.

29
In der erneuten mündlichen Verhandlung stellen die Beklagten den Antrag,

30
das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 28.1.2008 aufzuheben und die Klage sowie den im Schriftsatz vom 27.6.2008 gestellten Antrag abzuweisen.

31
Der Kläger beantragt,

32
1) die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 28.1.2008 zurückzuweisen sowie den im Schriftsatz vom 27.6.2008 gestellten Antrag zurückzuweisen.

33
2) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, 2.666,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 1.333,00 € ab dem 5.9.2007 und aus einem Betrag von 1.333,00 € ab dem 5.10.2007 an den Kläger zu zahlen.

34
Die Beklagten sind der Ansicht, zu einer hundertprozentigen Mietminderung ab dem 1.5.2007 berechtigt zu sein.

35
Sie behaupten, dass es sich bei dem Tantra-Massage-Institut um einen Bordellbetrieb handele. Sie bestreiten, dass der Streithelfer nur tantrisch-bioenergetische Massagen im Rahmen der tantrischen Lehre anbiete.

36
Sowohl das Institut der Beklagten als auch das Tantra-Massage-Institut könnten nur durch ein gemeinsames Treppenhaus erreicht werden. Patienten, die in das 5. Obergeschoss gelangen wollten, könnten, da sie die 4. Etage passieren müssen, irrtümlich in das Tantra-Massage-Institut gelangen. Dies sei in einem Falle passiert, was bei dem Patienten der Beklagten zur erheblichen Irritationen und der Fragestellung geführt habe, ob der Massagebetrieb der Beklagten seriös sei. Die Fortführung des Patientenverhältnisses sei infrage gestellt worden.

37
Ein weiterer Patient sei im Treppenhaus von den Damen im 4.OG angesprochen worden, ob er nicht statt in die Massagepraxis der Beklagten zu ihnen kommen wolle. Der Patient D. habe sich deswegen ausdrücklich in der Praxis beschwert.

38
Verschiedene Patienten der Beklagten fürchteten um ihren Ruf, wenn sie ein Haus betreten, in welchem ein Bordell betrieben wird. Zwangsläufig würden Patienten auf Freier treffen; Patienten müssten daher befürchten, mit Freiern verwechselt zu werden.

39
Eine Vielzahl von Patienten besuchten die Praxis der Beklagten aus diesem Grund nicht mehr. Sie hätten erklärt, die Praxis nicht mehr zu betreten. Die Scheinzahl sei um 20 % gesunken.

40
Aufgrund des manchmal nachts geöffneten Betriebs werde die Eingangstür für das Treppenhaus zur Arztpraxis nicht mehr wie früher gegen 19:00 Uhr geschlossen. Hierdurch sei das Haus außer für Gäste des Betriebs im 4. Stock auch für andere Personen zugänglich. Mitarbeiter der Praxis der Beklagten hätten bei Verlassen der Praxis abends Rückstände von Drogen auf der Fensterbank eine Etage gefunden. Die Mitarbeiter seien daher ängstlich.

41
Die freiberufliche Mitarbeiterin E habe sich nach Kenntnis von dem Betrieb in der 4. Etage nicht mehr bereit erklärt, wie zuvor, eigene Patienten zur Behandlung bei der Beklagten behandeln zu lassen. Sie habe die Zusammenarbeit mit den Beklagten eingestellt.

42
Der Kläger und der Streithelfer bestreiten eine Verwechslung der Etage durch Patienten mit Nichtwissen. Der Kläger bestreitet ebenso die Behauptung, dass eine freie Mitarbeiterin in den Praxisräumen nicht mehr arbeiten würde. Im übrigen stelle die Beschäftigung einer freien Mitarbeiterin eine Verletzung des Mietvertrages dar.

43
Der Kläger und der Streithelfer bestreiten auch mit Nichtwissen, dass die Scheinzahl der Patienten gesunken sei und Patienten nunmehr der Verhandlung ferngeblieben. Dies könne vielerlei Ursachen haben. Bestritten werde, dass die Eingangstür nicht mehr wie früher gegen 19:00 Uhr geschlossen werde. Es werde bestritten dass sich Leute im Treppenhaus aufhalten. Das Gebäude sei durch das Parkhaus durchgängig betretbar.

44
Behauptete Rückstände von Drogen stünden nicht ursächlich mit der Praxis im 4. Stock zusammen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass hier Patienten der Ärzte hierfür verantwortlich sind.

45
Die Schilderung des Zeugen D werde mit Nichtwissen bestritten. Es könne nicht dem Tantra-Massage-Institut angelastet werden, wenn Patienten das falsche Stockwerk beträten. Es sei Sache der Mieter, ihre Praxis erkennbar auszuschildern.

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Entscheidungsgründe
46
Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingereicht. Sie ist aber nicht begründet. Das Gericht sieht die in der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung als sachdienlich im Sinne des § 533 ZPO an. Die mit der Klageerweiterung geltend gemachte Forderung ist jedoch im Hinblick auf ein vom im Berufungsgericht angenommenes Recht zur Mietminderung und die zwischenzeitlich erbrachten Zahlungen nicht (mehr) gegeben.

47
Unstreitig ist zwar auf der Basis der zwischen den Parteien geschlossenen Mietverträgen zunächst ein vertraglicher Anspruch auf Mietzinszahlung in von monatlich 2666 € für die Monate Mai 2007 bis November 2007 vereinbart. Das Gericht geht davon aus, dass eine Mietzinszahlung für Dezember 2007 im Hinblick auf die erfolgte Übergabe der Liegenschaft nicht mehr Klägerseite gegenüber geschuldet ist. Dass die Übergabe erfolgte, blieb zuletzt unbestritten. Demzufolge ging die Aktivlegitimation an den Mietzinsforderungen für die Zeit ab Dezember verloren.

48
Das Gericht geht davon aus, dass die Beklagtenseite den Mietzins mindern konnte. Gemäß § 536 I BGB kann die Miete gemindert werden, wenn die Mietsache zu Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Verbrauch mindert. Es kommen hier auch äußere Einwirkungen in Betracht, die nicht notwendig in der Mietsache selbst, aber im selben Gebäude ihre Ursache haben, wenn sie der Kontrolle des Vermieters unterliegen. (Palandt-Weidenkaff, BGB, 67.Auflage, § 536 Randziffer 20). Im Hinblick darauf, dass die Kläger auch Vermieter des Betriebs „F“ sind, war eine solche Kontrolle gegeben.

49
Im Hinblick darauf, dass der Mieter eines Geschäftsraums grundsätzlich das Verwendungsrisiko trägt, kommen zwar nur äußerer Einwirkungen in Betracht, die sich unmittelbar auf die Brauchbarkeit der Mietsache auswirken. Eine mittelbare Auswirkung reicht nicht. Im vorliegenden Fall geht das Gericht jedoch von einer unmittelbaren Auswirkung aus.

50
Hierbei steht für das Gericht außer Frage, dass es sich bei dem Betrieb des „F“ um einen Bordellbetrieb handelt. Wenn man davon ausgeht, dass Prostitution eine zu Erwerbszwecken ausgeübte entgeltliche Vornahme sexueller Handlungen an, mit oder vor zumeist wechselnden Partnern ist, bei welcher die sexuelle Beziehung nicht in ein persönlich-emotionales Verhältnis integriert ist und dies auch nicht angestrebt ist, kann es keine Rolle spielen, ob bei den dargestellten „Behandlungen“ des Betriebs „F“ der Geschlechtsakt nicht im eigentlichen Sinne vollzogen wird und dass die Ausgestaltung der „Behandlungen“ Elemente fernöstlicher erotischer Praktiken einbezieht. Auch der Umstand, dass die „Behandlungen“ das körperliche Wohlbefinden der Kunden steigern, macht aus dem Betrieb noch keinen gesundheitsorientierten Therapiebetrieb.

51
Das Vorhandensein eines Bordellbetriebs im gleichen Gebäude wie der Mietgegenstand führt nicht nur zu einer mittelbaren Beeinträchtigung, wie dies etwa der Fall ist, wenn sich das geschäftliche Umfeld nicht entsprechend den Kalkulationen des Mieters entwickelt. Vielmehr wohnt einem Prostitutionsbetrieb die immanente Gefahr von Beeinträchtigungen inne. Aus diesem Grund wurden schließlich Sperrbezirksverordnungen geschaffen. Im vorliegenden Fall ist dies die Verordnung zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes im Regierungsbezirk Darmstadt vom 10.8.1997 (StAnz 1979, 1811) in ihrer am 29.8.1980 geänderten Form. Nach dem dortigen § 5 Ziff.2 ist in B mit Ausnahme der im folgenden genannten aber hier nicht einschlägigen Stadtgebiete verboten, „…in sogenannten Massagesalons der Prostitution nachzugehen“ . Es ist unstreitig, dass das streitgegenständliche Anwesen nicht im von der Regelung ausgenommenen Bereich liegt. Das grundsätzliche Verbot in der Verordnung wird zum Schutz der Jugend und des Anstandes als erforderlich angesehen, ungeachtet dessen, ob Beeinträchtigungen sich konkret ereignen, da derartige Betriebe als potentiell störend und jugendgefährdend angesehen werden. Anders als etwa bei einem nicht florierenden Geschäftsumfeld sind daher Einnahmeeinbußen aufgrund eines benachbarten Bordellbetriebs naheliegend, die nicht bloß dem unternehmerischen Risiko zugeschrieben werden können.

52
Die immanente Gefahr ist auch nicht angesichts der Darlegungen der Klägerseite ausgeschlossen. Zwar ist durch das Vorhandensein von zwei Treppenhäusern und Lifts auch ein kontaktfreier Zugang der jeweiligen Kundschaft denkbar, aber nicht garantiert. Auch besteht die Gefahr der Verwechslung der Stockwerke durch Kunden der Beklagten. Es kommt nach Auffassung des Gerichts auch nicht darauf an, ob etwa eine Verwechslung der Türen sich bereits ereignet hat oder noch bevorsteht. Ungeachtet einer korrekten Ausschilderung ist nach der Lebenserfahrung damit zu rechnen, dass eine gewisse Anzahl von Kunden durch nur flüchtiges Erfassen des Wortes „Massage“ irren. Zudem ist die Beschriftung der Stockwerke, die im Bereich des Parkhauses anders als im Ärztehaus beziffert sind, geeignet, Irrtümer hervorzurufen. Das Gericht erlebt im Rahmen seines Aufenthalts in dem öffentlich zugänglichen Gerichtsgebäude täglich trotz Beschilderung umherirrende Bürger.

53
Ungeachtet der Frage, ob sich konkrete Störungen ereignet haben und ungeachtet der Frage, wie sich die Einnahmesituation der Beklagtenseite entwickelte, hält das Gericht eine Minderung für angemessen. Denn anhand dieser Kriterien lässt sich ohnehin nicht mathematisch genau feststellen, inwieweit die Aufrechterhaltung des Betriebs „F“ auf den Gewerbebetrieb der Beklagtenseite Einfluss hatte. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass ungeachtet eines Wertewandels in der Gesellschaft immer noch ein beachtlicher Prozentsatz in der Bevölkerung existiert, der die Prostitution sozialethisch negativ bewertet und Bereiche, in denen die Prostitution ausgeübt wird, meidet. Der Gründe gibt es verschiedene:

54
Es mag die nicht ganz unberechtigte Sorge bestehen, dass von einem Prostitutionsbetrieb ein verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung überproportionaler Anteil an unseriösen oder gar kriminellen Personen angezogen wird. Ein Zusammenhang zwischen Drogen, Prostitution und Kriminalität ist erfahrungsgemäß schnell hergestellt.

55
Bestimmten Bevölkerungsteilen wäre es zudem bereits nicht recht, in die Nähe eines Prostitutionsbetriebs zu geraten. Das Gericht geht nach der Lebenserfahrung davon aus, dass sich beim Betrieb einer heilgymnastischen und in rehabilitativen Praxis die Kundschaft zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz aus älteren Personen und aus Kindern zusammensetzt. Es ist überaus nachvollziehbar, dass gerade ältere Kunden, die in der Regel den Wertewandel seltener mittragen, entsprechend dem Beklagtenvortrag fürchten, irrtümlich für Kunden des „F“ gehalten zu werden. Ebenso ist davon auszugehen, dass auch Eltern aus Gesichtspunkten des Jugendschutzes jegliche Möglichkeit einer für ihre Kinder kompromittierende Situationen ausschließen möchte
n. Im Hinblick darauf, dass in einer Stadt wie B zahlreiche alternative Möglichkeiten des Besuchs einer heilgymnastischen und rehabilitativen Praxis bestehen, liegt es auf der Hand, dass der Betrieb der Beklagten unmittelbar eine nicht unbeachtliche Beeinträchtigung erleidet, die das Gericht mit 30% bewertet. Mithin war nur ein monatlicher Mietzins von 1866,20 € geschuldet.

56
Die Mietzinsansprüche sind durch Zahlung erloschen. Die Beklagtenseite macht geltend, die Zahlungen seien so zu verrechnen, dass circa 25% der Kaltmiete gemindert worden sei. Die Klägerseite nimmt eine Verrechnung gemäß § 366 Abs. 2 BGB vor. Das Gericht folgt der Ansicht der Beklagtenseite, da eine Bestimmung „bei der Leistung“ im Sinne des § 366 Abs. 1 BGB, abgesehen von der Bestimmung, die Zahlung auf „Mietzinsrückstände“ verrechnen zu wollen, nicht ersichtlich ist.

57
Demzufolge blieb zunächst die bereits titulierte Mietzinsforderung für Mai 2007 unberücksichtigt. Die Zahlung vom 17.10.2007 in Höhe von 8.000 € war demzufolge, da sich die Forderungen an Lästigkeit nicht unterscheiden, nach Alter, beginnend mit Juni 2007 zu verrechnen.

58
Durch die Zahlung von 8.000 € am 17.10.2007 erlosch somit der Mietzinsanspruch für Juni bis September, sowie der Mietzinsanspruch für Oktober 2007 bis auf einen Restbetrag von 1131 €. Dieser Restbetrag erlosch wiederum durch Zahlung eines Betrages von 1333 € am 25.10.2007. Der Mietzinsanspruch im für November erlosch durch den verbleibenden Rest dieser Zahlung um 2,00 Euro, sowie durch die Zahlung in Höhe von 1.333,00 € von 26.11.2007 bis auf 531,20 €. Aufgrund der Zahlung von 28.12.2007 erlosch der Anspruch für November vollständig. Das Restguthaben von 4799,80 € brachte nunmehr den Mietzinsanspruch für Mai zum Erlöschen.

59
Das Restguthaben von 2933,60 € steht nunmehr dem Zinsanspruch gegenüber. Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht bezogen auf den Mietzinsanspruch für September 2007 in Höhe von 18,01 €, für Oktober 2007 in Höhe von 6,72 € und für Mai 2007 in Höhe von 98,23 €. Auch diese Ansprüche sind mithin durch Zahlung erloschen.

60
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97, 101 Abs. 1 ZPO. § 97 Abs. 2 ZPO kommt nicht zur Anwendung, da das Obsiegen nicht ausschließlich auf neuem Vortrag beruhte.

61
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziffer 10, § 711, 713 ZPO. Die Zulassung zur Revision erfolgte gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Ziffer 2 ZPO.


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4 U 100/03



3 O 238/02

LG Frankenthal (Pfalz)







Verkündet am: 19. Mai 2004

Schollmayer, Justizobersekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle







Pfälzisches Oberlandesgericht

Zweibrücken



IM NAMEN DES VOLKES



Urteil





In dem Rechtsstreit





H... W..., ..., ...,



Berufungsklägerin und Klägerin,



Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H..., ..., ..,





gegen





1. F... D..., ..., ...,

2. M... D…, …, …,



Berufungsbeklagte und Beklagte,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. R..., ..., ...,







wegen ungerechtfertigter Bereicherung







hat der 4. Zivilsenat des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken

durch die Richter am Oberlandesgericht Reichling und Friemel und die

Richterin am Landgericht Stutz



auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 2004



für Recht erkannt:



I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 5. Juni 2003 geändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 18 103,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1. März 2002 zu bezahlen.



II. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.



III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.



IV. Die Revision wird nicht zugelassen.







G r ü n d e :



I.



Die Beklagten vermieteten mit schriftlichem Vertrag vom 16. Juni 1997 an die Klägerin die Dachgeschosswohnung des Anwesens Z... in .... Die Klägerin betrieb darin ein Erotikstudio, wobei sie Räume an Prostituierte untervermietete. Am 16. September 2001 untervermietete sie einen Raum an die Zeugin W.... Am 28. September 2001 kündigte sie das Mietverhältnis mit der Zeugin fristlos, einigte sich jedoch mit ihr auf ein Ende des Mietverhältnisses zum 31. Oktober 2001. Am 25./30. Oktober 2001 vermieteten die Beklagten die an die Klägerin vermieteten Räume an die Zeugin W.... Die Klägerin übergab ihr die Wohnungsschlüssel. Am 30. Oktober 2001 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis gegenüber der Klägerin fristlos, weil sie in den Räumen die Prostitution fördere.



Durch Urteil vom 9. April 2002 hat das Landgericht Frankenthal (Pfalz) festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin unwirksam sei und das Mietverhältnis fortbestehe. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 22. November 2002 zurückgewiesen (Az. 4 U 87/02).



Mit ihrer vorliegenden Klage hat die Klägerin von den Beklagten Rückzahlung der bis einschließlich März 2002 gezahlten Miete in Höhe von 21 719,61 € nebst Zinsen begehrt. Durch Urteil vom 5. Juni 2003 hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) die Klage abgewiesen.



Mit ihrer Berufung bekämpft die Klägerin das Urteil teilweise. Sie begehrt Rückzahlung der Mieten von November 2001 bis einschließlich März 2002. Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen.



Sie beantragt,



die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 18 103,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1. März 2002 zu bezahlen.





Die Beklagten beantragen,



die Berufung zurückzuweisen.



Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags.



Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.



II.



Die zulässige Berufung führt zum Erfolg.



Die Klägerin hat gegen die Beklagten nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 536 Abs. 1 BGB a.F. einen Anspruch auf Rückzahlung der für die Monate November 2001 bis einschließlich März 2002 gezahlten Miete in Höhe von 18 103,25 €. Die Beklagten hatten in diesem Zeitraum gegen die Klägerin keinen Anspruch mehr auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Miete (§ 536 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin durch die Doppelvermietung an die Zeugin W... am Gebrauch der Mieträume gehindert war. Entgegen der Auffassung des Landgerichts musste sich die Klägerin nicht ausdrücklich auf eine Mietminderung berufen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 61. Aufl., § 536 Rdnr. 31 m.w.N.). Die Untervermietung an die Zeugin W... bewirkte ab 1. November 2001 einen Mangel der vermieteten Räume. Denn auch der mit der Zeugin geschlossene Mietvertrag war wirksam, weil bei einer Doppelvermietung der Grundsatz der Priorität nicht gilt, sondern beide Mietverträge gültig sind (BGH MDR 1962, 398; OLG Köln ZMR 1998, 697; OLG Frankfurt/Main ZMR 1997, 22; Voelskow in MünchKomm, 3. Aufl., § 541 a Rdnr. 5; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. III Rdnr. 1185). Dass die Klägerin die Räumlichkeiten zuvor an die Zeugin W... untervermietet hatte, ist ohne Bedeutung, weil das Untermietverhältnis zum 31. Oktober 2001 beendet war.



Die Mietminderung der Klägerin war auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Klägerin die Miete trotz allem weiterbezahlt hatte. Zwar kann sich ein Mieter, der in Kenntnis des Mangels der Mietsache vorbehaltlos die Miete weiter entrichtet, möglicherweise nicht mehr auf ein Minderungsrecht berufen. Insoweit kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalles an (vgl. BGH NJW 1974, 2233; OLG Düsseldorf ZMR 1987, 263).



Im vorliegenden Fall ist der Klägerin eine Mietminderung nicht versagt. Unstreitig fand am 2. November 2001 zwischen den Parteien eine Besprechung statt. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - von den Beklagten unwidersprochen - angegeben hat, sei es darum gegangen, dass sie in die Räume zurückgewollt habe; da die Beklagten ihr den mit der Zeugin W... geschlossenen Mietvertrag nicht hätten zeigen wollen, habe sie an einen Bluff geglaubt und darauf hingewiesen, dass sie - um eine (weitere) Kündigung wegen Mietrückstandes zu vermeiden - bis zur Klärung der Verhältnisse die Miete weiterbezahle. Damit hat die Beklagte in ausreichender Form zum Ausdruck gebracht, dass sie die Miete nur unter Vorbehalt entrichte.



Die Entscheidung über den nicht bestrittenen Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 2 BGB.



Die von den Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung in Höhe von 70 519,30 € führt nicht zum Erfolg. Den Beklagten steht kein Schadensersatz zu. Die Klägerin hat nicht verschwiegen, welchem Gewerbe sie in den Mieträumen nachgehen wollte.



Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22. November 2002 (4 U 87/02) ausgeführt hat, war den Beklagten aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 8. Dezember 1997 die beabsichtigte, konkrete Art des Gebrauchs der Mietsache bekannt. Die Klägerin hat darin den im Mietvertrag vorgesehenen Zweck einer „gewerblichen Zimmervermietung“ konkretisiert und auf ihr „Erotikstudio“ verwiesen; ferner hat sie auf die beabsichtigte Untervermietung hingewiesen, die sich auf das Tätigkeitsfeld der Untermieter im „soften Erotikbereich“ beziehe. Das Schreiben schließt den geltend gemachten Schadensersatzanspruch au
s.



Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 10, 709 Satz 2, 711 ZPO.



Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).



Reichling Friemel Stutz

http://www3.mjv.rlp.de/rechtspr/Display ... 06E4CDC049}



LG Berlin 65. Zivilkammer
Entscheidungsdatum: 04.03.2008
Aktenzeichen: 65 S 131/07
Dokumenttyp: Urteil
Quelle:
Normen: § 535 BGB, § 536 BGB
Wohnraummiete: Mietminderung wegen Beeinträchtigung der Mieter durch einen Bordellbetrieb in einem Wohnhaus

Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 09. März 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln - 5 C 141/06 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
I.

1
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

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Entscheidungsgründe
II.

2
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

3
Die Klägerin hat keinen Anspruch gem. § 535 Abs. 2 BGB gegen die Beklagten auf Zahlung von weiterem Mietzins für den streitgegenständlichen Zeitraum über den von dem Amtsgericht zugesprochenen Betrag hinaus. Denn die Miete war in diesem Zeitraum gem. § 536 BGB um 10% gemindert, wie dies das Amtsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat.

4
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Amtsgerichts zutreffend ist, dass allein der Betrieb eines Bordells in einem Wohnhaus die Wohnungsmieter zu einer Minderung der Miete berechtigt. Denn hier ist von Beeinträchtigungen durch das Bordell auszugehen, die eine Minderung von 10% der Miete rechtfertigen. Diese Beeinträchtigungen werden von dem Amtsgericht im Grunde bei seiner Entscheidung auch weitgehend benannt und zur Begründung der Mietminderung angeführt.

5
So verfügt das Bordell nicht über einen separaten Eingang, sondern ist nur über den allgemeinen Hausflur des Wohnhauses erreichbar. Dadurch kommt es zu Begegnungen der Mieter mit Freiern im Hausflur.

6
Nach der Aussage des Bordellbetreibers P vor dem Amtsgericht in der Sitzung vom 09.02.2007 steht auch fest, dass die Hauseingangstür zum leichteren Betrieb des Bordells nachts entgegen der Hausordnung nicht mehr abgeschlossen wird. Das Bordell wird nachts über 23.00 Uhr hinaus betrieben, wie sich aus den eingereichten Werbeanzeigen ergibt, und unstreitig ist am Haus eine Werbefläche in Form einer Leuchtreklame angebracht, die auf das Bordell hinweist. Für das Bordell wird bei Angabe der Adresse u.a. in örtlichen Tageszeitungen geworben.

7
Insbesondere der Zugang der Bordellbesucher zum allgemeinen Hausflur und auch nachts, wenn während der Schlafenszeit das Treppenhaus weitgehend unbeaufsichtigt ist, stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohnwerts dar. Wie das Amtsgericht zutreffend ausführt, wird in der Regel das Zusammentreffen mit Freiern im Hausflur als unangenehm und Störung des sittlichen Empfindens wahrgenommen. Auf die Ausführungen des Amtsgerichts dazu kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist insbesondere, dass in der Regel berechtigte Bedenken Erziehungsberechtigter bestehen werden, ihre minderjährigen Kinder unbeaufsichtigt einen Hausflur benutzen zu lassen, der Zugang zu einem Bordell ist. Die Beklagten sind im streitgegenständlichen Zeitraum Eltern eines Säuglings gewesen. Auch wenn für den streitgegenständlichen Zeitraum dessen selbständiges Betreten des Hausflures wohl noch nicht möglich war, so stand es den Beklagten doch jederzeit frei, auch Besuch von Familien mit Kindern zu erhalten, so dass der gegenwärtige Zustand jedenfalls objektiv auch dann einen Mietmangel darstellt, solange die Beklagten noch keine eigenen Kinder hatten.

8
Sowohl die Öffnungszeit bis mindestens 23.00 Uhr als auch der Kundenkreis unterscheiden ein Bordell von einem normalen Gewerbebetrieb, mit dem die Beklagten auf Grund des Vorhandenseins von Ladenräumen rechnen mussten. Die Zugänglichkeit des Hausflures für die Öffentlichkeit auch nachts stellt damit eine gegenüber dem Zustand, mit dem die Beklagten bei Anmietung rechnen durften, erhöhte Gefährdung dar. Hinzu kommt, dass sowohl bei den in einem Bordell Tätigen und ihrem Umfeld als auch bei den Kunden von einem erhöhten Risiko sozial auffälliger Personen ausgegangen werden muss. (vgl. insoweit auch OLG Stuttgart, GE 2007, 220, wonach ein Kundenkreis von benachbarten Gewerberäumen, bei dem von erhöhter sozialer Auffälligkeit ausgegangen werden kann, einen Mietmangel darstellen kann, wenn der (Gewerbe)Mieter von einer üblichen Büronutzung ausgehen durfte)

9
Hinzu kommt, dass durch ein - wie hier durch Werbefläche am Haus und Zeitschriftenwerbung - nach außen als solches erkennbares Bordell die Wohnadresse beeinträchtigt wird. So besteht jedenfalls die nicht fernliegende Gefahr, dass das Ansehen der Beklagten sowohl im Geschäfts- oder Privatleben beeinträchtigt wird, wenn bekannt wird, dass sie in einem Haus wohnen, dass eine Bordelladresse ist, etwa bei den Eltern potentieller Spielkameraden ihres Sohnes, die ihre Kinder sich nicht in das Umfeld eines Bordells begeben lassen wolle
n.

10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Regelung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

11
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO dafür nicht gegeben sind.

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OLG Frankfurt 20. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 07.06.2004
Aktenzeichen: 20 W 59/03
Dokumenttyp: Beschluss
Quelle:
Normen: § 14 WoEigG, § 15 WoEigG, § 1 ProstG, §§ 1ff ProstG
(Wohnungseigentum: Ausübung der Prostitution in einer vermieteten Wohnung)

Verfahrensgang ...
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.

Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 35.790,43 EUR für die bis zum 19.05.2004 angefallenen Gebühren festgesetzt, für die danach angefallenen Gebühren auf bis zu 35.000,-- EUR.

Gründe
1
Die Beteiligten bildeten im Zeitpunkt der Antragstellung im vorliegenden Verfahren die im Rubrum angegebene Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Antragsteller ist bzw. war Eigentümer der Wohnung Nr. 2. In dieser Wohnung übt der Antragsteller entweder selbst oder durch seinen Mieter einen Prostitutionsbetrieb aus. Unter Ziffer VII der Teilungserklärung wurde bestimmt, dass sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach den Vorschriften der §§ 10 - 29 WEG bestimmt, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist. Sodann heißt es unter b): „Art und Weise der Ausübung der den Wohnungseigentümern zustehenden Rechte zur Nutzung des Sondereigentums bzw. Teileigentums und zur Mitbenutzung des gemeinschaftlichen Eigentums werden durch einen Beschluss der Gemeinschaft aufgestellten Hausordnung geregelt.“ Nach Ziffer 1.1 der Hausordnung ist die gewerbliche Nutzung der Wohnungen grundsätzlich nicht gestattet.

2
Im Oktober 2001 befand sich der Antragsteller mit Wohngeldzahlungen in Höhe von 13.692,87 DM in Verzug. Er hatte etwa seit April 2001 auf die rückständigen Wohngelder monatliche Ratenzahlungen geleistet.

3
Am 10.11.2001 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt, zu der der Verwalter mit Schreiben vom 20.10.2001 eingeladen hatte. Unter Tagesordnungspunkt 14 fasste die Eigentümerversammlung, bei der 74,3021/100,000 stimmberechtigte Miteigentumsanteile vertreten waren, mit 7 Ja- und einer Neinstimme einen Beschluss, nach dem die Gemeinschaft den Verwalter aufgrund der derzeitigen Säumnis des Antragstellers beauftragte, seine Wohnung ab sofort von der Heiz- und Warmwasser- sowie der Wasserversorgung abzutrennen bzw. entsprechende Absperrvorrichtungen anzubringen. Hinsichtlich des genauen Wortlauts des Beschlusses wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, Seiten 2 f, Bezug genommen.

4
Der Antragsteller hat diesen Beschluss angefochten und vor dem Amtsgericht beantragt, ihn für ungültig zu erklären. Die Antragsgegner sind dem Antrag entgegen getreten und haben im Wege des Gegenantrags verlangt, den Antragsteller zu verpflichten, den Betrieb der Prostitution oder eines sonstigen sittenwidrigen Gewerbes oder die Vermietung zum Betrieb der Prostitution oder eines sonstigen sittenwidrigen Gewerbes in seiner Eigentumswohnung Nr. 2 in der Wohnungseigentumsanlage ... Straße ... in ... O 1 zu unterlassen, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung pro angefangenen Monat der gewerblichen sittenwidrigen Vermietung ein Ordnungsgeld in Höhe von 2.500,-- EUR gegen den Antragsteller zu verhängen.

5
Mit Beschluss vom 29.05.2002, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das Amtsgericht den Antragsteller verpflichtet, den Betrieb der Prostitution oder eines sonstigen Gewerbes oder die Vermietung zum Betrieb der Prostitution oder sonstigen Gewerbes in der Eigentumswohnung Nr. 2 in der Wohnungseigentumsanlage ... Straße ... in O 1 zu unterlassen. Darüber hinaus hat es die beantragten Ordnungsmittel angedroht. Den Anfechtungsantrag des Antragstellers hat es zurückgewiesen.

6
Hiergegen hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner sind der Beschwerde entgegen getreten.

7
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den gleichfalls Bezug genommen wird, hat das Landgericht die sofortige Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.

8
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27.01.2003 sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Antragsgegner sind der sofortigen weiteren Beschwerde entgegen getreten. Nachdem der Antragsteller den im Wohnungseigentümerbeschluss vom 10.11.2001 zu Tagesordnungspunkt 14 in Bezug genommenen Zahlungsrückstand ausgeglichen hatte und die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 19.01.2004 erklärt hatten, aus dem Wohnungseigentümerbeschluss keine Rechte mehr herleiten zu wollen, haben die Beteiligten auf Hinweis des Senats in der Verfügung vom 27.04.2004 hinsichtlich des diesbezüglichen Anfechtungsantrages die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.

9
Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 45 Abs. 1 WEG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist jedoch nicht begründet.

10
So ist zunächst davon auszugehen, dass der angefochtene Beschluss des Landgerichts, soweit nicht ohnehin bereits Hauptsacheerledigung eingetreten ist, nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht, auf die hin er alleine zu überprüfen ist, §§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.

11
Dabei ist festzuhalten, dass die Veräußerung des Wohnungseigentums während eines laufenden Verfahrens, also nach Eintritt der Rechtshängigkeit, auf die formelle Beteiligtenstellung des Veräußerers grundsätzlich keinen Einfluss hat. Vielmehr ist § 265 ZPO entsprechend anzuwenden mit der Folge, dass der Veräußerer das Verfahren in gesetzlicher Verfahrensstandschaft für den Rechtsträger fortführt. Die Entscheidung des Gerichts wirkt gemäß § 325 Abs. 1 ZPO, 10 Abs. 3 WEG gegen seinen Rechtsnachfolger und kann ggf. gemäß §§ 727 ZPO in Verbindung mit § 890 ZPO gegen ihn vollstreckt werden (vgl. im Einzelnen Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 43 Rz. 117; Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., Vor §§ 43 ff Rz. 104 ff, BGH NJW 2001, 3339). Eine Beteiligung des Sonderrechtsnachfolgers ist deshalb nicht geboten (Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 43 Rz. 117; Niedenführ/Schulze, a.a.O., Vor §§ 43 ff Rz. 105). Damit spielt es hier verfahrensrechtlich keine Rolle, dass der Antragsteller offensichtlich nunmehr nicht mehr Wohnungseigentümer ist, wie er im Verfahren der weiteren Beschwerde unwidersprochen vorgetragen hat. An dieser Rechtslage ändert sich auch nichts dadurch, dass gegenüber dem Antragsteller vorliegend ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht wird (im Einzelnen: Niedenführ/Schulze, a.a.O., Vor §§ 43 ff Rz. 106 ff; vgl. weiter BayObLGZ 1983, 73; BayObLG WuM 1991, 632; WuM 1994, 635). Abgesehen davon hätte denn auch der Antragsteller konkrete gegen seine Passivlegitimation sprechende Einwendungen gar nicht erhoben.

12
Die übereinstimmenden Entscheidungen der Vorinstanzen, wonach der Antragsteller auf den Gegenantrag der Antragsgegner hin im zugesprochenen Umfang zur Unterlassung verpflichtet ist, weisen Rechtsfehler nicht auf. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der amts- und landgerichtlichen Beschlüsse kann insoweit zu Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Zu Recht sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Antragsgegner einen Unterlassungsanspruch gegenüber dem Antragsteller haben, den Betrieb der Prostitution oder eines sonstigen Gewerbes bzw. die Vermietung zum Betrieb der Prostitution oder eines sonstigen Gewerbes zu unterlassen. Die tatsächlichen Feststellungen insbesondere des Landgerichts dahingehend, dass in der Eigentumswohnung die Prostitution ausübt werde, werden von der weiteren Beschwerde nicht konkret angegriffen. Dass der Antragsteller behauptet, die Prostitution werde in der Art eines sog. Callgirls betrieben, ist - unabhängig von den entgegenstehenden tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts (vgl. Seiten 6, 7 des angefochtenen Beschlusses), die für den Senat grundsätzlich bindend sind - bereits aus Rechtsgründen unerheblich.

13
Zutreffend haben die Vorinstanzen nämlich ausgeführt, dass den Antragsgegnern nach den §§ 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Unterlassung der Prostitution zusteht. Darüber hinaus ist in der Teilungserklärung (vgl. bereits die Bezeichnung als Wohnung unter Ziffer III.) und unter Bezugnahme auf die Hausordnung eine Zweckbestimmung getroffen worden ist, gegen die der Antragsteller verstößt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 05.03.2002, 20 W 508/01, ZMR 2002, 616), dass Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht zu dulden brauchen, dass in einer vermieteten Wohnung der Prostitution nachgegangen wird. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass die jüngste Gesetzgebung im Prostitutionsgesetz vom 20.12.2001 (Bundesgesetzblatt I, Seite 3983) die juristische Diskriminierung der Prostituierten beendet hat (vgl. im einzelnen Senat ZMR 2002, 616).

14
Zu Recht haben die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang festgestellt, dass die Prostitutionsausübung ständig mit wechselnden Freiern verbunden ist, was naturgemäß eine größere Belastung der Hausgemeinschaft mit sich bringt. Ausgehend hiervon bedarf es tatsächlich keines Nachweises weiterer konkreter Beeinträchtigungen der anderen Wohnungseigentümer; maßgebend ist eine typisierende Betrachtungsweise, die konkrete Ausübung ist hierbei nicht maßgebend (vgl. im Einzelnen auch BayObLG NJW-RR 2000, 1323). Soweit die weitere Beschwerde also weiterhin vorträgt, die Ausübung der Prostitution bzw. „des Gewerbes in der Art eines sog. Callgirls“ in der Wohnung bringe keine unzumutbaren Beeinträchtigungen der anderen Wohnungseigentümer mit sich, kann dies zu keiner abweichenden Beurteilung führen, zumal die weitere Beschwerde den Zutritt von „Stammkunden“ zur Wohnung einräu
mt. Überdies hat sich das Landgericht hiermit bereits im Einzelnen auseinander gesetzt; auf die diesbezüglichen Ausführungen kann Bezug genommen werden. Rechtsfehler weisen diese tatsächlichen Feststellungen nicht auf. Die weitere Beschwerde zeigt solche auch gar nicht konkret auf. Soweit sie einwendet, § 14 Nr. 1 WEG diene nicht der Durchsetzung sittlicher Wertvorstellungen, ist dies zwar grundsätzlich richtig. Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Zumindest die vom Landgericht festgestellte Wertminderung des Sondereigentums, die regelmäßig mit der Ausübung der Prostitution für die Wohnungen der Anlage einhergeht (vgl. dazu auch Senat ZMR 2002, 616), wäre davon unabhängig.

15
Soweit die Beteiligten im Übrigen hinsichtlich des Anfechtungsantrags des Antragstellers das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, bedarf es einer Hauptsacheentscheidung nicht mehr. Es ist lediglich noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden (vgl. Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 44 Rz. 95, 106).

16
Soweit der Antragsteller hinsichtlich des Gegenantrages - wie oben ausgeführt - unterlegen war, entsprach es billigem Ermessen nach § 47 Satz 1 WEG, diesem die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde aufzuerlegen. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt haben, war der diesbezügliche Anteil der Gerichtskosten ebenfalls dem Antragsteller aufzuerlegen. Bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen sind grundsätzlich alle Umstände des Einzelfalles, insbesondere aber der voraussichtliche Ausgang des Verfahrens bei Fortsetzung ohne die Erledigung zu berücksichtigen, wobei jedoch die Rechtslage nicht in allen Einzelheiten geprüft zu werden braucht und weitere Ermittlungen allein wegen der Kostenentscheidung nicht erfolgen dürfen (vgl. Niedenführ/Schulze, a.a.O., Vor §§ 43 ff Rz. 216; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 44 Rz. 106, jeweils m. w. N.). Insoweit weisen die Entscheidungen der Vorinstanzen, nach denen der angefochtene Wohnungseigentümerbeschluss vom 10.11.2001, Tagesordnungspunkt 14, ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach, keine Rechtsfehler auf. Auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses und diejenigen im Beschluss des Amtsgerichts vom 29.05.2002 kann auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Gegen die zugrunde liegenden rechtlichen Erwägungen von Amts- und Landgericht hat die weitere Beschwerde auch konkrete Einwendungen nicht mehr erhoben (vgl. im Einzelnen dazu auch Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 28 Rz. 150; Kammergericht ZWE 2001, 497; ZWE 2002, 182). Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang lediglich eingewandt hat, dass nunmehr keine rückständigen Wohngelder mehr bestehen, ist dies ein Gesichtspunkt, der im Ergebnis zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geführt hat. Ohne diesen Gesichtspunkt wäre der Antragsteller im Verfahren unterlegen gewesen.

17
Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten folgt der Senat den übereinstimmenden Einschätzungen der Vorinstanzen, dass der Antragsteller angesichts der Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage ausnahmsweise verpflichtet ist, den Antragsgegnern auch die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten, § 47 Satz 2 WEG. Bereits die Vorinstanzen hatten die Sach- und Rechtslage im Einzelnen klar und eindeutig beschrieben. Die weitere Beschwerde hat hiergegen teilweise gar keine oder lediglich wiederholende Einwendungen erhoben.

18
Die Wertfestsetzung beruht zunächst auf der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das Landgericht, § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG. Allerdings hat sich der Geschäftswert im Laufe des Verfahrens durch die übereinstimmende Teilerledigungserklärung verändert. Bei Erledigung der Hauptsache tritt ab Erledigung der Kostenwert an die Stelle der Hauptsache. Solche Veränderungen des Geschäftswerts sind durch Stufengeschäftswerte auszudrücken, da sie Einfluss auf die Rechtsanwaltsgebühren haben können (Senat, Beschluss vom 05.01.2004, 20 W 458/02; Niedenführ/Schulze, a.a.O., § 48 Rz. 29; Bärmann/Pick/Merle, a.a.O., § 48 Rz. 13; BayObLG WE 1989, 180). Das maßgebliche Kosteninteresse hat der Senat wie aus dem Tenor ersichtlich geschätzt.

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Soweit für heute von mir. Ich hoffe es dient diesem Forum und seinen Nutzerinnen und Nutzern zur Orientierung -wenigstens ein bischen...

Kasharius grüßt

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RE: Prostitution und Miet-/Wohnungseigentumsrecht

Beitrag von Kasharius »

Hier jetzt der 2. Teil der Rechtsprechungsübersicht als kleiner Service für jene SW die Mieträume anmieten bzw. Wohnraum für Sexwork erwerben und ein wenig über mögliche rechtliche Probleme erfahren wollen; bei konkreten Problemen SW-Beratungsstellen aufsuchen... :002


BayObLG - Wohnungseigentum und Prostitution in gewerblich genutztem Anwesen


26.11.2004 - Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 08.09.2004 AZ 2 Z BR 137/04

Leitsätze:

1. Es erscheint zweifelhaft, ob eine in der Rechtsgemeinschaft eindeutig herrschende Auffassung über die nicht nur individualethische, sondern auch sozialethische Verwerflichkeit der Prostitutionsausübung festgestellt werden kann.

2. Es ist fraglich, ob in einem Anwesen, das ausschließlich gewerblich genutzt wird, eine Wertminderung der übrigen Teileigentumseinheiten anzunehmen ist, wenn in einer Teileigentumseinheit der Prostitution nachgegangen wird.

3. Kommt es in dem Anwesen zu ungewollten Konfrontationen mit der Prostitutionsausübung in einer Teileigentumseinheit, die als anstößig zu bezeichnen sind, ist dies für die übrigen Teileigentümer nachteilig.



Gründe:

I.

Die Beteiligten sind die Teileigentümer einer Anlage, die ausschließlich gewerblich genutzt wird.

Dem Antragsgegner gehört die im obersten Stockwerk gelegene Einheit. Diese ist vermietet; sie wird vom Untermieter zum Zweck der Prostitution genutzt.

Auf den Unterlassungsantrag der Antragsteller hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 24.11.2003, soweit dieser Beschluss für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, den Antragsgegner verpflichtet, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Nutzung seiner Einheit zur Ausübung der Prostitution zu unterbinden, erforderlichenfalls durch Klageerhebung und Zwangsvollstreckung gegen den Mieter bzw. Untermieter. Das Landgericht hat am 14.6.2004 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich dessen sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Ausübung der Prostitution in der Einheit des Antragsgegners führe zu einer über das normale Maß hinausgehenden Beeinträchtigung der übrigen Teileigentümer und verstoße damit gegen § 2 Gemeinschaftsordnung (GO), der inhaltlich § 14 Nr. 1 WEG entspricht.

Die konkreten Auswirkungen der Prostitutionsausübung habe der Zeuge M. anschaulich geschildert. So habe er ausgeführt, er sei vor und in dem Haus mehrmals danach gefragt worden, wo der "Puff" sei. Auch lägen im Aufzug Kondome herum. Es komme hinzu, dass der Aufzug direkt in der Einheit des Antragsgegners ende und von dort aus mittels eines Schlüssels vom Erdgeschoss heraufgeholt werden könne. Es sei mehrmals vorgekommen, dass er oder einer seiner Mitarbeiter ungewollt aufgrund einer solchen Schlüsselbetätigung im obersten Stockwerk mit dem Aufzug unmittelbar in der Einheit des Antragsgegners mitten unter den dort befindlichen Damen gelandet sei, die bis auf einen Slip unbekleidet gewesen seien. Diese Konfrontation mit dem Geschehen im obersten Stockwerk sei für die übrigen Teileigentümer angesichts des in dem Anwesen stattfindenden Publikumsverkehrs, zu dem auch Lehrlinge und Auszubildende gehörten, nachteilig.

Jedenfalls werde der Verkehrswert der übrigen Teileigentumseinheit durch die Nutzung der Einheit des Antragsgegners zur Prostitution gemindert. Auch dies müssten die übrigen Teileigentümer nicht hinnehmen.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

Den Antragstellern steht der von den Vorinstanzen zuerkannte Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB, § 15 Abs. 3 WEG zu. Das Landgericht hat nämlich zu Recht angenommen, dass die Nutzung des Teileigentums des Antragsgegners zum Zweck der Prostitutionsausübung mit § 2 GO, § 14 Nr. 1 WEG nicht in Einklang steht.

a) Es kann offen bleiben, ob die Ausübung von Prostitution in einer Teileigentumseinheit grundsätzlich nachteilige Auswirkungen auf den Verkehrs- oder Mietwert der übrigen Teileigentumseinheiten haben kann.

(1) Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 16.6.2000 (ZMR 2000, 689) ausgeführt, dass die Nutzung eines Wohnungs- oder Teileigentums, die mit einem sozialen Unwerturteil behaftet sei oder als anstößig empfunden werde, wie der Betrieb eines "Pärchentreffs" oder "Swingerclubs", nachteilige Auswirkungen auf den Verkehrs- oder Mietwert der übrigen Einheiten habe und somit nachteilig im Sinn von § 14 Nr. 1 WEG sei. In der früheren Rechtsprechung des Senats wurde ferner eine Wertminderung für die übrigen Einheiten bejaht, wenn in einem gewerblich genutzten Anwesen in einer Teileinheit ein Bordell betrieben wird (BayObLG DWE 1981, 58). An dem Ergebnis, dass eine Wertminderung in einem solchen Fall anzunehmen ist, soll sich nach verbreiteter Auffassung (OLG Frankfurt DWE 2002, 105; Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 15 Rn. 30; vgl. ferner Berl VerfGH NJW-RR 2003, 229; Deckert, Die Eigentumswohnung, Gruppe 5 Rn. 433) auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20.12.2001 nichts geändert haben.

(2) Aus heutiger Sicht erscheint es dem Senat zweifelhaft, ob eine in der Rechtsgemeinschaft eindeutig herrschende Auffassung über die nicht nur individualethische, sondern sozialethische Verwerflichkeit der Prostitutionsausübung festgestellt werden kann. Jedenfalls hat das Bundesverwaltungsgericht (NVwZ 2003, 603) zutreffend festgestellt, der Gesetzgeber habe sich bei Erlass der Prostitutionsgesetzes von der Erwägung leiten lassen, dass nach überwiegender Auffassung die Prostitution nicht mehr als sittenwidrig angesehen werden könne und dass durch dieses Gesetz ein Wandel der sozialethischen Vorstellungen zum Ausdruck gekommen sei.

(3) Fraglich erscheint ferner, ob in einem Anwesen, das wie hier ausschließlich gewerblichen Zwecken dient, in der Regel eine Wertminderung eintritt, wenn in einem Teileigentum der Prostitution nachgegangen wird.

b) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts kommt es aber in dem Anwesen zu ungewollten Konfrontationen mit dem Geschehen in der Einheit des Antragsgegners, die als anstößig empfunden werden können. Der Zeuge M. hat dies anschaulich geschildert. Auch jede andere Person, die das Gebäude betritt, kann damit konfrontiert werden, dass Kondome im Aufzug liegen, dass sie nach dem "Puff" befragt wird oder ungewollt mittels des Aufzugs unmittelbar im Bordell landet. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist es bei der gebotenen "typisierenden", d.h. verallgemeinernden Betrachtungsweise (vgl. BayObLG NZM 1999, 80/81; KG FGPrax 2002, 159) unerheblich, ob der Zeuge M., der die Vorfälle geschildert hat, subjektiv daran Anstoß genommen hat. Bei dem gegebenen Publikumsverkehr in dem Anwesen, das nach den Feststellungen des Landgerichts auch Jugendliche einschließt, ist das Landgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund dieses Sachverhalts ein von den übrigen Teileigentümern nicht hinzunehmender Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG gegeben ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Geschäftswertfestsetzung auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.

http://rae-wess.de/artikel.php?id=242


OLG Hamburg, 14. März 2005
Aktenzeichen:2 Wx 19/05
Typ:Beschluss

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 1. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und den Antragstellern die diesen im Verfahren vor dem Oberlandesgericht entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die gem. §§ 45, 43 Abs. 1 S. 1 WEG, 27, 29, 22, 20 FGG statthafte und zulässige sofortige weitere Beschwerde gegen die im Beschlusstenor näher bezeichnete Entscheidung des Landgerichts hat keinen Erfolg, denn sie ist unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die allein hin die dritte Instanz eine Überprüfung vornehmen darf (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

I. Das Landgericht hat die vom Amtsgericht mit Beschluss vom 9. Juni 2004 getroffene Entscheidung bestätigt, wonach der Antragsgegner verpflichtet worden ist, die Ausübung der Prostitution in seiner Eigentumswohnung Nr. 2 im Parterre Mitte, Beltgens Garten 16, 20537 Hamburg, zu unterbinden, insbesondere die Nutzerinnen zur Unterlassung der Prostitution anzuhalten, notfalls gegen sie gerichtlich vorzugehen und der Antrag des Antragsgegners, den Verwalter zur Zustimmung zu verpflichten, zurückgewiesen worden ist. Auf die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 9. Juni und des Landgerichts 1. Dezember 2004 wird Bezug genommen.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde rügt der Antragsgegner, dass das Landgericht nicht auf den Wortlaut der Teilungserklärung eingegangen sei, wonach zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Eigentumswohnung der Wohnungseigentümer der schriftlichen Einwilligung des Verwalters bedarf; diese kann unter Auflagen erteilt werden. Der Verwalter kann die Einwilligung nur aus einem wichtigen Grund verweigern. Als wichtiger Grund ist insbesondere anzusehen, wenn die Ausübung des Gewerbes oder Berufes eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder eine übermäßige Abnutzung des gemeinschaftlichen Eigentums mit sich bringt.

Diese Bestimmung bedeutet nach Auffassung des Antragsgegners, dass die Einwilligung des Verwalters grundsätzlich zu erteilen und eine Ablehnung nur in Ausnahmefällen zulässig sei. Diese Ausgestaltung der Nutzungsregelung durch die Teilungserklärung unterscheide sich nicht wesentlich von einer Regelung, wonach die Ausübung eines Gewerbes oder eines Berufs durch die Teilungserklärung von vornherein zugelassen worden ist, so dass die Grundsätze der Entscheidung des Landgerichts Nürnberg (NJW-RR 1990, 1355 f.) auch im Streitfall zum Tragen kämen. Danach sei maßgeblich, ob die Ausübung der Prostitution eine unzumutbare Beeinträchtigung für die anderen Wohnungseigentümer mit sich bringe. Eine solche Beeinträchtigung liege nicht vor, wenn die Prostitutionsausübung nicht in einer Weise hervortrete, dass Außenstehende daran Anstoß nehmen müßten, wobei eine Beeinträchtigung nur des sittlichen Empfindens der anderen Eigentümer unbeachtlich sei. Die Wohnungseigentümer hätten danach keine nennenswerte Beeinträchtigung dargetan, da die Prostitution im Streitfall durch Callgirls ausgeübt werde, die jeweiligen "Gäste" also zum telefonisch verabredeten Termin erschienen. Das Landgericht hingegen habe unzulässig eine Beeinträchtigung der Wohnungseigentümer als gegeben vorausgesetzt. Eine Wertminderung der Wohnungen durch Ausübung der Prostitution in der beschriebenen Weise stehe nicht fest, da das Gewerbe nach Außen nicht hervortrete.

Der Antragsgegner beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Verwalter der Antragstellerin zu verpflichten, die Zustimmung zur Nutzung der Eigentumswohnung des Beschwerdeführers in der derzeit durchgeführten Form zu erteilen, wobei auf das Protokoll vom 9. Juni 2004 verwiesen werde.

Die Antragsteller beantragen,

die sofortige weitere Beschwerde zurückzuweisen und dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aufzuerlegen.

Die Antragsteller verteidigen die angefochtene Entscheidung und meinen: Auf die Art, wie die Prostituierten um Freier werben, komme es nicht an. Die Nutzung der Eigentumswohnung zum Zwecke der Prostitutionsausübung stelle eine unzumutbare Beeinträchtigung dar und gebe damit einen wichtigen Grund zur Verweigerung der vom Antragsgegner beantragten Zustimmung. Gewerbliche Belange fielen nicht unter die Wohnzwecke im Sinne des § 1 WEG und der Gemeinschaftsordnung. Der mit der Ausübung des Gewerbes verbundene Kundenzustrom stelle gegenüber der Nutzung der Wohnung zu Wohnzwecken eine erhebliche Beeinträchtigung dar, die sie, die Antragsteller, nicht hinnehmen müßten. Da bekannt geworden sei, dass im Hause eine Wohnung zur Prostitutionsausübung genutzt werde, mindere sich der Wert des Wohnungseigentums der Antragsteller, ohne dass es auf konkrete Störungen, die in den Tatsacheninstanzen vorgetragen und unter Beweis gestellt worden seien, ankomme.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze verwiesen.

II. Die angefochtene Entscheidung hält der nur eingeschränkt zulässigen Nachprüfung auf Rechtsfehler hin (§§ 27 FGG, 43 WEG) stand.

Den Antragstellern steht der von den Vorinstanzen zuerkannte Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner gem. §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3 WEG zu. Das Landgericht hat ohne Rechtsverstoß angenommen, dass die Nutzung der Eigentumswohnung des Antragsgegners zum Zweck der Prostitutionsausübung mit §§ 5 Teilungserklärung, 14 Nr. 1 WEG nicht in Einklang steht, der Antragsgegner daher gehalten ist, die seinen Mieterinnen gestattete Prostitutionsausübung in seiner Wohnung zu unterbinden und der Antragsgegner keinen Anspruch darauf hat, dass der Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtet wird, die Einwilligung zur Ausübung des Gewerbes der Prostitution in der Eigentumswohnung des Antragsgegners zu erteilen, weil die Ausübung dieses Gewerbes eine unzumutbare Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer und damit einen wichtigen Grund für die Verweigerung der Zustimmung durch den Verwalter darstellt.

Die Frage, ob ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung vorliegt, muss nach den Gegebenheiten des Einzelfalles beantwortet werden und verlangt eine Würdigung von Tatsachen, die der Tatrichter eigenverantwortlich vorzunehmen hat. Die vom Tatrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind für das Rechtsbeschwerdegericht bindend, wenn sie verfahrensfehlerfrei zustandegekommen sind. Aber das Rechtsbeschwerdegericht kann vollen Umfangs überprüfen, ob das Tatsachengericht nach dem festgestellten Sachverhalt den Rechtsbegriff "wichtiger Grund" in seiner Ausprägung durch die Teilungserklärung im Sinne einer "unzumutbaren Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer oder einer übermäßigen Abnutzung des gemeinschaftlichen Eigentums" richtig angewendet hat. Dabei darf es allerdings eine noch vertretbare tatrichterliche Würdigung des Sachverhalts durch seine eigene abweichende Würdigung nicht ersetzen, solange kein Rechtsfehler hervortritt (BGH NJW-RR 1995, 106, 109; Keidel/Kuntze/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. § 27 Rn 27 m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze läßt die angefochtene Entscheidung Rechtsfehler nicht erkennen.

Das Landgericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff des "wichtigen Grundes", der nach der Teilungserklärung allein der Rechtsgrund für die Versagung der Verwalterzustimmung zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution in der Wohnung des Antragsgegners sein darf, rechtsfehlerfrei ausgeführt, indem es eine gewerbliche Nutzung, die mit einem sozialen Unwerturteil behaftet ist, als den anderen Wohnungseigentümern nicht zumutbar beurteilt hat. Beim Eigentum des Antragsgegners handelt es sich um Wohnungseigentum und nur solches befindet sich neben im Teileigentum stehenden Garagen in der Wohnungseigentumsanlage. Zwar betont der Antragsgegner in der Rechtsbeschwerdebegründung zu Recht, dass ein Verwalter einer solchen Anlage aufgrund der in Rede stehenden Teilungserklärung, die eine gewerbliche oder berufliche Nutzung unter Erlaubnisvorbehalt ermöglicht (§ 5 Ziff. 3 der Teilungserklärung), in eine Nutzung von Wohnungen zu anderen als Wohnzwecken einwilligen muss, wenn sie nicht mehr stört oder beeinträchtigt als eine der ursprünglichen Zweckbestimmung "Wohnen" entsprechende Nutzung (BayObLG WuM 1993, 490; WE 1998, 398; ZMR 2000, 234 und 689). Aber er verkennt, dass die von seinen beiden Mieterinnen betriebene Prostitution, auch wenn sie nach vorangegangener telefonischer Verabredung mit den Freiern und Mitteilung der Anschrift erst im Rahmen der Verabredung erfolgt, gemeinhin mit einem sozialethischen Unwerturteil verknüpft ist, das sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtung (vgl. BayObLG NZM 1999, 80, 81; KG FGPrax 2002, 159) in erschwerter Vermietbarkeit und Verkäuflichkeit der anderen Wohnungen niederschlägt und zu einer erheblichen Wertminderung der anderen in der Wohnungsanlage befindlichen Wohnungen führt. Diese Beurteilung ist nicht rechtsfehlerhaft. Die geschilderten Beeinträchtigungen werden nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Mieterinnen der Wohnung des Antragsgegners ihrer Betätigung als Callgirls diskret nachgehen und es zu Belästigungen von Bewohnern oder Besuchern der Wohnungsanlage nicht komme, wie der Antragsgegner behauptet, denn die Ausübung der Prostitution in einer Wohnung der Anlage spricht sich unter den Mitbewohnern und in der Nachbarschaft, unter Maklern, Wohnungsinteressenten und Kapitalanlegern erfahrungsgemäß schnell herum. Dabei trägt die von weiten Kreisen der Bevölkerung empfundene Anstößigkeit der Prostitutionsausübung nach der Lebenserfahrung verstärkt dazu bei, dass eine Wohnungseigentumsanlage in Verruf gerät. Auf das vom Antragsgegner unter Beweis gestellte unauffällige, hilfsbereite und zivilisierte Wohlverhalten seiner der Prostitution nachgehenden Mieterinnen und ihrer Freier kommt es daher nicht an.

Ob das Landgericht Nürnberg in der vom Antragsgegner angeführten Entscheidung vom 18. April 1990 (NJW-RR 1990, 1355 f.) zu Recht meint, die Störung des sittlichen Empfindens der anderen Wohnungseigentümer durch Ausübung der Prostitution in ihrer Wohnungseigentumsanlage sei unbeachtlich, da § 14 Nr. 1 WEG nicht der Durchsetzung sittlicher Wertvorstellungen diene, solange das sittlich anstößige Verhalten des Mieters nicht in einer Weise nach Außen hervortritt, dass Außenstehende daran Anstoß nehmen müssen, kann dahinstehen. Das Landgericht Nürnberg hat nämlich den beschriebenen wirtschaftlichen Aspekt der Nutzung einer Eigentumswohnung in einer Wohnanlage zum Zweck der Prostitutionsausübung außer Betracht gelassen. Die Wertminderung, die typischerweise mit der Nutzung einer von vielen Wohnungen in einer Eigentumswohnungsanlage als Bordell - wenn auch nach der Methode der Callgirls - für alle anderen Wohnungen bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise einhergeht, ist den Wohnungseigentümern nicht anzusinnen.

Durch das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3983) hat sich an dieser Interpretation des wichtigen Grundes nichts geändert (zweifelnd bei ausschließlich gewerblich genutztem Anwesen vgl. BayObLG ZMR 2005, 67 f.). Mit diesem Gesetz sollte allein die Rechtsstellung der Prostituierten verbessert werden, indem u.a. der Vertrag zwischen Freier und Prostituierter als rechtswirksam bestimmt und der unmittelbare Zugang der Prostituierten zur Sozialversicherung eröffnet worden ist, womit den im Bereich der Prostitution üblichen kriminellen Begleiterscheinungen die Grundlage entzogen werden sollte. Die Rechtsstellung von Kunden oder Bordellbetreibern sollte jedoch keine Verbesserung erfahren. Selbst wenn der Gesetzgeber sich beim Erlass des ProstituiertenG von der Erwägung hat leiten lassen, dass nach überwiegender Auffassung die Prostitution nicht mehr als sittenwidrig angesehen werden kann und durch dieses Gesetz ein Wandel der sozial-ethischen Vorstellungen zum Ausdruck gekommen sei (BVerwG NVwZ 2003, 603), ist damit nicht automatisch der moralisch und ethisch begründete Vorbehalt in der Allgemeinheit überwunden, dass Prostitution anstößig ist und aus dem Privatleben von Familien in Wohnungen ferngehalten werden soll. Die bloße Tatsache der räumlichen Nähe der eigenen Wohnung zu einer Wohnung im selben Haus, wo die Prostitution ausgeübt wird, wird nach der Lebenserfahrung als unangenehm empfunden, und sei es auch nur, weil man meint, es dem eigenen Ansehen bei Dritten schuldig zu sein. Diese ablehnende Haltung zum Geschehen in der Nachbarwohnung bewirkt unabhängig von der Art und Weise, wie die Prostitution ausgeübt wird, eine Beeinträchtigung der Wertschätzung der Wohnungen in der betreffenden Wohnungsanlage und beeinflußt die Preisbildung am Markt für die einzelnen Wohnungen negativ. Ob diese Einschätzung durch ein "Anti-Diskriminierungs-Gesetz" aufgehoben würde, muss dahinstehen, denn das so bezeichnete Gesetz befindet sich noch im Gesetzgebungsverfahren.

Unbeachtlich ist, ob die Prostitution, der die Mieterinnen des Antragsgegners in dessen Wohnung nachgehen, als Gewerbe oder Beruf zu qualifizieren ist. Das auf Gelderwerb gerichtete Tun von Callgirls in einer Wohnung geht über das bloße Wohnen hinaus, das nach der Teilungserklärung den Wohnungen der Anlage als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne von §§ 10 Abs. 1 S. 2, 15 Abs. 1 WEG zukommt. Eine Änderung des Gebrauchszwecks muss den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entsprechen (§ 15 Abs. 3 WEG). Im Streitfall läuft aber die Nutzungsänderung durch die Mieterinnen des Antragsgegners dem wirtschaftlichen Interessen der anderen Wohnungseigentümer zuwider, weil nach der typisierenden Betrachtungsweise Wertminderungen an den Wohnungen der anderen Wohnungseigentümer mit der Ausübung der Prostitution in der Wohnung des Antragsgegners einhergehen, mit der die anderen Wohnungseigentümer beim Erwerb ihrer Wohnungen nicht zu rechnen brauchten und die aus sozialethischen Gründen auch nicht hingenommen werden müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Dabei entspricht es billigem Ermessen, dem unterlegenen Antragsgegner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen und ihn zu verpflichten, den Antragstellern ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten, denn der Antragsgegner ist mit seinem Begehren auch in dritter Instanz erfolglos geblieben und hat entgegen den Bestimmungen der Teilungserklärung vor der Vermietung die Zustimmung des Verwalters zur gewerbsmäßigen Ausübung der Prostitution durch seine Mieterinnen in seiner Wohnung nicht eingeholt.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Sie entspricht derjenigen der Vorinstanzen, die damit dem Interesse der Beteiligten an der Klärung der Rechtsfragen angemessen Rechnung getragen haben.

http://openjur.de/u/86186.html

Man sieht an diesen Entscheidungen sehr schön, wie Jurisprudenz funktioniert: Der Gleiche Ausgangspunkt beider Judikate führt zu völlig divergierenden Ergebnissen.

Ich wünsche erkenntnisreiche Lektüre. :006

Kasharius