Länderberichte FRANKREICH:

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friederike
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Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von friederike »

Ein weiteres Exzerpt aus "Le Monde" vom 06.01.2012:

Der Literaturteil bespricht den neuen Roman "Les Merveilles" ("Die wunderbaren Dinge") von Claire Castillon (Grasset, 236 Seiten, 18 €).

Das Buch basiert auf einer wahren Begebenheit, der Affäre Liliane Paolone (2005). Liliane hat ohne Wissen ihrer Familie als Escort gearbeitet. Ein Kunde verliebte sich in sie, also ein klassischer Liebeskasper, und drohte ihr bei seinen Stalkings an, ihre Tätigkeit ihrer Familie zu verraten. In Panik hat Liliane ihn mit 18 Messerstichen von seinem Liebesleiden befreit.

Die Zeitung zitiert: "Die Begierde eines Mannes, das ist nichts Böses, und auch nicht kompliziert. Die Frauen dürfen es ihren Männern nicht übelnehmen, dass sie zu den Nutten gehen. Da passiert nichts zwischen ihnen und uns, sie gehen uns nichts an. Der Typ lässt sich bei uns die Begierde schneiden, genauso wie er sich beim Frisör rasieren lässt. Man muss verstehen, es gibt wenig Männer, die Kapitäne sind eines grün-weissen Bootes, die von seltener Eleganz sind und stärker als Ebenholz. In den zu schlechten Zeiten sind sie meistens bleiern belastet durch etwas Trauriges."

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fraences
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RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von fraences »

Neue Sperrbezirke
Frankreich bekämpft die Prostitution


In Cannes kontrollieren Polizisten Prostituierte. Sie sollen aus der Stadt verbannt werden. Foto: afp
Paris. Eine große Koalition billigte Anfang Dezember in Paris eine Resolution, die das Gewerbe abschaffen will. Doch der Kampf spaltet das Land: Denn die Mehrheit der Franzosen lehnt die Kriminalisierung von Freiern ab. Kritiker warnen gar vor „puritanischer Heuchelei“.

Frankreich, das sich in der „Belle Epoque“ noch der blühendsten Bordellkultur der Welt rühmte, sagt der Prostitution den Kampf an. Während die einen auf saftige Strafen für Freier setzen, nehmen die anderen die Prostituierten ins Visier. Stets betonen Politiker und Präfekten, Bürgermeister und Polizisten, dass sie nur Gutes im Schilde führen: Die einen zielen gegen Menschenhandel und moderne Sklaverei, den anderen geht’s eher um „saubere“ Städte. Doch es ist ein Kampf, der das Land spaltet: Denn die Mehrheit der Franzosen lehnt die Kriminalisierung von Freiern ab. Kritiker warnen gar vor „puritanischer Heuchelei“.


Von Idylle keine Spur
Von Idylle an der Côte d’Azur keine Spur: Schon seit Monaten reagierten die Bewohner der mondänen Seebäder Nizza und Cannes immer gereizter auf die Ausdehnung des Straßenstrichs, der mittlerweile die Stadtzentren erreicht. In Cannes, der Stadt des Filmfestivals, haben sie jetzt die Notbremse gezogen. Kurz vor Jahresende unterschrieb der Bürgermeister einen „Anti-Prostitutionserlass“, der Prostituierte aus dem Stadtbild verbannen soll. Besonders frequentierte Straßen und Stadtviertel sind zwischen 22 Uhr abends und fünf Uhr morgens nun Sperrbezirk.

„Die Zuhälter abzuschrecken und sie an ihrer Arbeit zu hindern, indem die Prostituierten in Polizeigewahrsam genommen werden“, ist für Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi die einzig wirksame Methode, sich von der Geißel Prostitution zu befreien. Etwa 700 Frauen würden mittlerweile in seiner Stadt anschaffen, vier von fünf Prostituierten stammten aus Afrika oder Osteuropa und würden von international operierenden Verbrecherbanden ausgebeutet, sagte er dem Boulevardblatt „Le Parisien“. Seitdem der Erlass in Kraft ist, fährt die Polizei verstärkt Streife und erteilt Platzverweise.

Brave Bürger jubeln
Während die braven Bürger an der Côte d’Azur über so viel Entschlussfreudigkeit in den Rathäusern jubeln, sorgt sich Eric de Montgolfier, Staatsanwalt von Nizza. Der Erlass bedeute nichts anderes, als Staub unter den Teppich zu kehren. „Das wahre Problem ist die Zuhälterei, besonders die in den Hotels“, sagt der Ankläger, in dessen Augen die Prostituierten Opfer sind. Bereits das 2003 erlassene Gesetz über das Verbot der öffentlichen Anmache, empört sich De Montgolfier, habe die Prostituierten zu Feinden erklärt und die Freier zu Heiligen.

Cannes und Nizza sind keine Einzelfälle. Großstädte wie Straßburg, Metz, Avignon und Aix-en-Provence haben zum Teil bereits seit Jahren so genannte „Anti-Prostitutionserlasse“ aufgestellt. Frankreich führt den Kampf gegen die Prostitution auf allen Ebenen – nicht nur in den Kommunen, sondern jetzt auch von der Nationalversammlung aus. Eine große Koalition aus Sozialisten, Kommunisten, Konservativen, Grünen und Rechten billigte Anfang Dezember eine Resolution, die das älteste Gewerbe der Welt abschaffen und zugleich drastische Strafen gegen notorische Freier einführen will. Ihnen drohen künftig bis zu zwei Monaten Gefängnis sowie 3750 Euro Geldbuße. Die Idee: Ohne Freier keine käufliche Liebe.

Die sozialistische Abgeordnete Danielle Bousquet, die den Gesetzentwurf mit dem konservativen Kollegen Guy Geoffrey eingebracht hat, widerspricht dem idyllisch-verklärenden Freudenmädchen-Bild, das durch Figuren wie Irma la Douce verkörpert wird. Für sie ist Prostitution sexuelle Ausbeutung und ein von Verbrecherbanden dominiertes Gewerbe, das nichts anderes sei als moderne Sklaverei und Menschenhandel. „Prostituierte werden stigmatisiert, vergewaltigt, verachtet und erniedrigt“, empört sie sich.

Ins Abseits gedrängt
Kritiker des Gesetzes warnen davor, die Prostitution zu kriminalisieren. Sex-Arbeiterinnen, ohnehin schwächstes Glied der Kette, w
ürden dadurch erst recht ins Abseits gedrängt. Außerdem befürchten sie, dass sich Prostitution nur verlagere. Francis Caballero, Rechtsanwalt und Autor des Buches „Recht auf Sex“, bricht ferner eine Lanze für die männlichen Kunden. „Meistens ist der Freier ein ganz normaler Familienvater und kein perverser Sklavenhalter.“

http://www.derwesten.de/panorama/frankr ... 30251.html
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Re: RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von ehemaliger_User »

Die sozialistische Abgeordnete Danielle Bousquet, ... „Prostituierte werden stigmatisiert, vergewaltigt, verachtet und erniedrigt“, empört sie sich.
Ja wer hat denn Schuld an dieser Verachtung? Doch gerade Politiker wie sie. Statt massiv gegen Stigmatisierung vorzugehen meint sie allen Ernstes, e9in Verbot liesse die Nachfrage einbrechen?

Dann sollten auch Posten mit Einkommen > 1.000.000 EUR/Jahr verboten werden, denn diese "Leistungsträger" schaden in der Regel der Gesellschaft mehr als ein paar SexarbeiterInnen, die nur in Ruhe ihrer Tätigkeit nachgehen wollen.

Oder Beamte müssten abgeschafft werden, damit Korruption verschwindet.
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Jupiter
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Re: RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von Jupiter »

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fraences hat geschrieben: Großstädte wie Straßburg, Metz, Avignon und Aix-en-Provence haben zum Teil bereits seit Jahren so genannte "Anti-Prostitutionserlasse" aufgestellt.
Ich kenne den entsprechenden Erlass für Straßbourg nicht, aber es ist schon "eigenartig", dass im Bereich des Strassenstrich in den angrenzenden Straßen Polizei und "Begleiter" einvernehmlich mit den Autos stehen.
Ich denke, dass da jeder wohl eins und eins zusammenzählen kann.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von fraences »

ZDF
Prostituierte gehen gegen die Bestrafung der Freier auf die Straße.
auslandsjournal
Gegen den Strich
Streit um Prostitutionsverbot in Frankreich


"Wir sind Nutten, wir sind stolz, Sarkozy, es gibt Krieg." Mit diesen Kampfansagen demonstrieren französische Prostituierte. Der Grund für den Protest: Prostitution soll abgeschafft werden. Den Freiern drohen künftig Geldstrafen von 3750 Euro und bis zu zwei Monate Knast. Geschätzte 200.000 Prostituierte in Frankreich fürchten um ihren Job.


Chloé Navarro arbeitet selbst seit zwei Jahren als Prostituierte. "Ich habe angefangen, weil ich Geld für mein Studium brauchte. Dann hat es mir Spaß gemacht", sagt sie. In Zukunft werden sie und ihre Freier es nicht mehr so einfach haben. Über Parteigrenzen hinweg entwarfen Parlamentarier einen Gesetzentwurf, der besagt, dass Prostitution Ausbeutung sei und abgeschafft werden muss.
Breite Unterstützung
Unterstützung findet dieses Vorhaben auch bei feministischen Organisationen. Sie sehen das Gewerbe als Menschenhandel, denn kaum eine Frau werde freiwillig zur Hure. "Die meisten dieser Personen sind Opfer von Ausbeutung. Um sie zu schützen, muss die Prostitution aus der Gesellschaft verschwinden", so eine Sprecherin des "Mouvement du Nid".

Die "Médecins du Monde" sehen in dem Gesetzentwurf eine Gefährung der Prostituierten.
Doch die Hilfsorganisation "Médecins du Monde" sieht den Gesetzentwurf kritisch und warnt. Ihre Arbeit würde durch eine Kriminalisierung der Freier deutlich erschwert. Sie geben den Prostituierten medizinische Beratung, verteilen Präservative und helfen bei der Prävention. Doch durch eine Verschärfung des Gesetzes müssten sich die Frauen nur noch weiter verstecken und könnten somit die Hilfe weniger in Anspruch nehmen.
Neue Gefahren
"Das wäre ein weiterer Rückschritt für uns. Man drängt uns nur noch weiter ins Abseits. Dabei wollen wir einfach nur, dass unser Beruf anerkannt wird, dass wir arbeiten können. Wir wollen die gleichen Rechte wie andere auch. Man verwehrt sie uns seit Jahren", so Chloé. Ihr Arbeitstag beginnt um 23 Uhr. Unter ihren täglichen vier bis fünf Kunden sind auch Abgeordnete und Firmenbosse. Paradox, denn die, die für die Verschärfung der Gesetze gestimmt haben, gehören zu den besten Kunden im Rotlichtmilieu, erzählt Chloé.


Chloé Navarro hält sich bislang von den dunklen Ecken fern.
Ihr Stammplatz befindet sich am Waldrand, nahe einer Polizeistation. Sollte es ein neues Gesetz geben, könnte sie hier nicht mehr arbeiten. "Kein Kunde wird hier mehr anhalten. Ich habe mich immer geweigert, da hinten im Wald zu arbeiten, das ist gefährlich, aber das müsste ich dann. Und ich müsste ganz schnell in das Auto einsteigen, weil uns ja keiner sehen darf", fürchtet Chloé.
Verbot nicht wirksam
Die französische Debatte ist nutzlos und gefährlich, so die Meinung von Karl, einem Kunden. "Es gibt so viele Möglichkeiten, ein solches Gesetz im Internet zu umgehen. Die Prostituierte kann in Paris arbeiten, der Server ist in der Schweiz. Da ist die Prostitution legal und niemand kontrolliert dann, was mit den Frauen passiert", sagt er. In einigen europäischen Ländern ist Prostitution bereits verboten, in Frankreich ist das Gesetz noch nicht in Kraft getreten. Eigentlich sollte schon längst darüber abgestimmt werden, doch dies wurde aus taktischen Gründen auf die Zeit nach der Wahl verschoben. Dass das "älteste Gewerbe der Welt" durch ein Verbot völlig verschwindet, ist zu bezweifeln.

http://auslandsjournal.zdf.de/ZDFde/inh ... 34,00.html
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Re: Länderberichte FRANKREICH

Beitrag von Fragender »

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Schade, dass in dem Bericht nichts darüber steht, wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer die im Bild gezeigte Demo hatte und wie stark die Proteste sind. Weiß hier jemand was näheres darüber?

Aber wahrscheinlich ist die Anzahl der Protestierer sowieso völlig gleichgültig, denn egal, was und wie sie argumentieren, sind das doch bestimmt alles 'nur fehlgeleitete Verwirrte, die die Gesellschaft oder sogar sich selbst belügen, weil sie Angst vor dem Einkommmensverlust haben'.

Wie ich schon an anderer Stelle geschrieben habe, denke ich oft über die moralische Verantwortbarkeit meiner Besuche bei einer Sexarbeiterin nach. Aber irgendwie komme ich dann doch fast immer wieder zu der Erkenntnis, dass diese Diskussion und die erhobenen Verbotsforderungen unglaublich verlogen sind.

In Frankreich wurden Bordelle nach dem zweiten Weltkrieg mit fadenscheinigen Begründungen (z.B. Zusammenarbeit mit den Deutschen, obwohl oft das Gegenteil richtig war) verboten, interessanterweise kurz vor der ersten Parlamentswahl, an der auch Frauen teilnehmen durften. Zufall? Ich glaube nicht, vielmehr bin ich überzeugt, dass man auf die Art versuchte, die Stimmen der Frauen zu bekommen (deren Männer dann nicht mehr so leicht fremdgehen konnten) und sich deswegen keine Partei traute, einem Verbot zu widersprechen. Was interessiert denn auch schon, wenn Rechte beschnitten werden, solange es nicht die eigenen Rechte sind und man selbst sogar einen Vorteil davon hat?

Auch hinter den jetzigen Verbotsforderungen vermute ich wahltaktische Gründe, wieder wegen der Stimmen der Frauen, denen es nach meiner Meinung auch wieder nicht um Befreiung der Sexarbeiterinnen aus ihrem Joch geht, sondern um die Unterdrückung der männlichen Aussicht auf schnellen, einfachen Sex ohne Liebe.

Denn was wird nicht alles, gerade auch von den Politikern, im Arbeitsleben von den Menschen erwartet, um nur einigermaßen über die Runden zu kommen? Scheißjobs, schlechte Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung, erzwungenes Verlassen des Lebensmittelpunktes und Umzug werweißwohin, Unterordnung unter oft blöde Chefs. Und nun kommen Leute, die so etwas von den Menschen verlangen, und wollen Sexarbeiter, die sich aus eigener Entscheidung zu dieser Tätigkeit entschlossen haben, weil sie damit besser fahren als mit anderen Tätigkeiten, "befreien"? Ich kann das nicht glauben. Es geht schließlich nicht um Zwangsprostitution, die sowieso schon verboten ist.

Daher bin ich überzeugt, dass es den Politikern hauptsächlich um Wählerstimmen und anderen Leuten hauptsächlich um die Durchsetzung der eigenen Moral geht.

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Re: RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von Fragender »

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ehemaliger_User hat geschrieben: Ja wer hat denn Schuld an dieser Verachtung? Doch gerade Politiker wie sie.
So ist es. Frankreich ist seit dem Bordellverbot kurz nach dem zweiten Weltkrieg mit immer schärferen Repressalien gegen Sexarbeiterinnen vorgegangen und hat sie dadurch in eine sehr schlechte Position gebracht. Wie soll zum Beispiel eine Frau, die diese Tätigkeit ausüben möchte, einen gewalttätigen Zuhälter oder einen gewalttätigen Freier zur Anzeige bringen können, wenn sie sich damit der Gefahr aussetzt, nicht weiter ihrem Job nachgehen zu können? Und nun, nach jahrelanger Diskriminierung der Sexarbeiterinnen, sind diese plötzlich alle Opfer, die sogar gegen ihren eigenen Willen aus ihrer Unterdrückung befreit werden müssen? Wer's glaubt ...

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer die im Bild gezeigte Demo hatte und wie stark die Proteste sind. Weiß hier jemand was näheres darüber?
Das werden jedes Jahr mehr. Habe auch schon selbst teilgenommen und ich konnte es nicht zählen so viele waren wir. Wenn du in diesem Thread und bei sexworker.at/lokal >> Paris die Demo-Berichte verfolgst kannst du es etwa abschätzen. Schau dir auch die verlinkten Webseiten, Video-Clips und Homepage von der SW Gewerkschaft STRASS an, die auch bei FB ist.

Organisiere und vernetze dich mit anderen Kunden, und nutze die Gelegenheit Leserbriefe zu schreiben, damit auf diesem Weg die Position von kritischen Paysexkunden mal an die Öffentlichkeit gelangt. Danke für jede kritische Frage.

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Marc of Frankfurt
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Wahlkampf

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Was der Französische Präsidentschaftskandidat François Hollande (*1954, Parti Socialiste PS) über Prostitution zu sagen wagt...


Aus seinem Brief an die Französischen Abolitionisten:
  • "Prostitution ist eines der auffälligsten Äußerungen der Ungleichheit und Gewalt zwischen Frauen und Männern, die in unserer Gesellschaft und der Welt weiterhin besteht."

    "Humanisten, Linke und Feministen, ich stehe neben denen, die für eine Gesellschaft von morgen ohne Prostitution eintreten jetzt handeln wollen, um diese aufzubauen."

    "Wir müssen die Prostitution bekämpfen und nicht die Prostituierten. Diese Menschen, meist Frauen, aber manchmal Männer, unabhängig von ihrem Geschlecht, müssen als Opfer anerkannt werden."

    "I have always defended the abolitionist model, this great legacy of Marthe Richard law [Bordellverbot] made by the aftermath of World War II and the UN Convention for the Suppression of Traffic in Persons and Exploitation due to Prostitution of others 2. December 1949."

    "Thus I have supported the work of Parliament promoted by the Socialist MEP Danielle Bousquet. This work has already resulted in the adoption of the parliamentary resolution of December 6, 2011 passed unanimously."

    "Nicolas Sarkozys Gesetz von 2003 hat die Straftat des passiven Anwerben ins Strafgesetzbuch eingeführt (Verbot für passives Kobern in der Öffentlichkeit). Diese Straftat sieht Prostituierte als Kriminelle. Es wird widerrufen, wenn ich gewählt werde."

    "Frankreich wird seine Anstrengungen im Kampf gegen ein System verdoppeln, das in hohem Maße von Netzwerken von Prostitution und Menschenhandel gekennzeichnet ist. Dazu gehören eine bessere Koordinierung der staatlichen Stellen auf europäischer und internationaler Ebene. Darüber hinaus werden begleitende Maßnahmen zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung von Prostituierten gefördert, insbesondere durch die Vereine, die ich begrüße für das bemerkenswerte Werk und dessen Wirkung durch die Schaffung von gesicherter Finanzierung unterstützt werden muss."

    "Während jemand selbst über seinen Körper entscheiden kann, ist es mit den Menschenrechten und der Würde unvereinbar, wenn jemand weil er bezalt hat über den Körper eines anderen bestimmt." [Eine völlige Mißdeutung von Prostitution im Sinne von Mißbrauch, Zwangsprostitution und Menschenhandel.]
Brief François Hollande hat geschrieben:Réponse de François Hollande aux associations porteuses de "l'appel Abolition 2012" www.abolition2012.fr


Abolition 2012

Paris, le 17 avril 2012

Mesdames, Messieurs,

Chers signataires de l’appel Abolition 2012

Au cours de cette campagne présidentielle, je porte un projet pour redresser la France, pour renouer enfin avec le progrès social en plaçant au coeur de mon action, si je suis élu, la justice et l'égalité. Ce projet s'appuie sur les réalités que vivent les Françaises et les Français aujourd'hui, et a pour objectif de lever les freins, tous les freins, à leur émancipation. C'est à ce titre que les inégalités entre les femmes et les hommes doivent être fermement combattues. La prostitution est une des expressions les plus frappantes de ces inégalités et violences qui perdurent dans notre société et dans le monde.

J’ai toujours défendu le modèle abolitionniste, héritage de cette grande loi portée par Marthe Richard aux lendemains de la seconde Guerre mondiale et de la Convention des Nations unies pour la répression de la traite des êtres humains et de l'exploitation de la prostitution d'autrui du 2 décembre 1949. Humaniste, homme de gauche, et féministe, je me place aux côtés de celles et ceux qui pensent pour demain une société sans prostitution, et entendent agir dès aujourd'hui pour la construire. C'est ainsi que j'ai soutenu le travail parlementaire impulsé par la députée socialiste Danielle Bousquet. Ce travail a d'ores et déjà débouché sur l'adoption de la résolution parlementaire du 6 décembre 2011 adoptée à l'unanimité. Ce texte, comme vous le soulignez, fera date dans l'histoire de ce combat. J'observe qu'il coïncide avec une mobilisation citoyenne, associative et parlementaire, inédite sur cette question.

Comme j'ai pu le dire à plusieurs reprises, j'entends combattre une triple exploitation: l'exploitation sexuelle des femmes par les hommes, l'exploitation sexuelle des femmes des pays du sud et de l'est par les hommes des pays du nord et l'exploitation sexuelle des femmes en situation de précarité. Il faut combattre la prostitution et non les personnes prostituées. Ces personnes, essentiellement des femmes mais également parfois des hommes, quelle que soit l’expression de leur genre, doivent être reconnues comme des victimes. C'est l'exact qui a été fait par Nicolas Sarkozy en 2003 avec l'introduction dans la loi du délit de racolage passif. Ce délit considère les personnes prostituées comme des délinquantes. Il sera abrogé si je suis élu.

La politique publique que j'entends mener s’inscrit dans une logique complètement différente : elle conduira la France à redoubler d'efforts dans la lutte contre un système qui s'appuie largement sur les réseaux de prostitution et de traite des êtres humains. Cela passera notamment par une meilleure coordination des Etats concernés au niveau européen et international. En outre, les actions d'accompagnement et de réinsertion sociale et professionnelle des personnes prostituées seront favorisées, notamment via des associations, dont je salue ici le remarquable travail de terrain, et dont l’action devra être soutenue par la mise en place de financements sécurisés.

Il conviendra dans le même temps de mener une politique de prévention ambitieuse.

J'engagerai une réflexion sur la responsabilisation des clients de personnes prostituées et la sensibilisation des publics à l'exploitation sexuelle, et je soutiendrai les initiatives en ce sens. Si chacun est libre de disposer de son corps, les droits humains et la dignité humaine sont incompatibles avec le fait qu’une personne ait le droit de disposer librement du corps d’une autre personne parce qu’il a payé.

Enfin, et vous le soulignez, la sensibilisation de toute la société et l’éducation des jeunes doit être une priorité pour construire une société d’égalité, notamment entre les femmes et les hommes. Je souhaite que nos enfants grandissent dans le respect mutuel, pratiquent une sexualité respectueuse de l'autre, en prenant conscience de l’assignation des rôles sociaux pour se construire en toute liberté. Devenue obligation légale depuis 2001, l’éducation à la sexualité sera appliquée ; les actions de prévention et d’éducation à l’égalité, tout au long de la scolarité, seront encouragées et soutenues dès le début de la mandature.

Les points essentiels sur lesquels vous m’avez interpellé et auxquels je viens de vous répondre s’intègreront dans la politique globale en faveur de l’égalité femmeshommes que j’entends mener. Celle‐ci aura pour objectif d’améliorer les conditions de vie des femmes de notre pays, de changer les rapports de genre vers davantage d’égalité, de liberté et d’émancipation. Rien ne peut être fait en un jour, en un mois, en un an. Mais aucun retard ne devra être pris. Je m’y attèlerai dès le 7 mai prochain si les Français et Françaises me font confiance. Les résistances sont nombreuses, nous le savons. Mais la force du progrès en marche sera plus forte.

Je vous prie d’agréer, Mesdames, Messieurs, l’expression de mes respectueuses et sincères salutations.

François Hollande

Candidat à la Présidence de la République Française


www.facebook.com/groups/STRASSsyndicate ... 455728436/

www.francoisHollande.fr

http://de.wikipedia.org/wiki/Fran%C3%A7ois_Hollande

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Re: Wahlkampf

Beitrag von Fragender »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben: Aus seinem Brief an die Französischen Abolitionisten:
  • "Prostitution ist eines der auffälligsten Äußerungen der Ungleichheit und Gewalt zwischen Frauen und Männern, die in unserer Gesellschaft und der Welt weiterhin besteht."
Woher diese Äußerung nur immer wieder kommt? Ist es derzeit z.B. in Frankreich oder Deutschland Männern erlaubt, eine sexuelle Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, Frauen aber verboten? Ist es nicht, und deswegen existiert hier auch keine Ungleichbehandlung. Obwohl, wenn man den Begriff "Ungleichheit" wörtlich nimmt und nicht mit Ungleichbehandlung verwechselt, dann hat Hollande zwar Recht, aber Männer und Frauen sind gerade in Sachen der sexuellen Bedürfnisse nun einmal von Natur aus nicht gleich.
"Wir müssen die Prostitution bekämpfen und nicht die Prostituierten. Diese Menschen, meist Frauen, aber manchmal Männer, unabhängig von ihrem Geschlecht, müssen als Opfer anerkannt werden."
"Wir erklären diese Menschen zu Opfern, egal, ob sie das wollen, oder nicht."
"Während jemand selbst über seinen Körper entscheiden kann, ist es mit den Menschenrechten und der Würde unvereinbar, wenn jemand weil er bezalt hat über den Körper eines anderen bestimmt."
Eben, Menschen sollen selbst über ihren Körper entscheiden können. Das heißt nun einmal, dass nicht der Staat über den Körper eines anderen Menschen entscheidet. Auch hier wiederhole ich meine Aussage, dass Menschenrechte in erster Linie Rechte des Menschen gegenüber dem Staat sind und keine Selbstverpflichtung der Menschen, so zu handeln, wie der Staat sich das wünscht.

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Beitrag von fraences »

Hier der link zu dem Video von STRASS Demo in Paris 2.Juni 2012

http://www.dailymotion.com/video/xra0xq ... trass_news
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Re: RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von Doris67 »

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Jupiter hat geschrieben:Ich kenne den entsprechenden Erlass für Straßbourg nicht
Ich auch nicht, den gibt es nämlich meines Wissens nicht. Hier in Strasbourg ist die Polizei, nach dem was ich von Kolleginnen des Straßenstrichs höre, seit Jahrzehnten im Vergleich zu anderen französischen Städten eher nachsichtig mit den Straßensexarbeiterinnen. Es scheint keine wirklich offiziellen Sperrgebiete zu geben, allerdings wird seit einigen Jahren versucht, die Arbeiterinnen durch verschieden Maßnahmen/Schikanen immer weiter aus der Stadt hinauszudrängen, vorzugsweise in unsichtbare und damit unsichere Zonen wie z.B. den Rheinhafen. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist offenbar eher durchwachsen (letzte Nacht noch gegen 2 Uhr bin ich an vier oder fünf gut sichtbaren Kolleginnen mitten in der Stadt vorbeigekommen). Und daß dies nur oberflächliche Kosmetik zur Beruhigung des gutbürgerlichen Gewissens ist und im Endeffekt niemandem dient, schon gar nicht den Sexarbeiterinnen, liegt natürlich auf der Hand.
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Beitrag von Doris67 »

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fraences hat geschrieben:Hier der link zu dem Video von STRASS Demo in Paris 2.Juni 2012

http://www.dailymotion.com/video/xra0xq ... trass_news
FYI, es waren laut Presse ca. 350 Demonstranten/-innen. 3500 oder 35000 wären uns natürlich lieber :-), aber immerhin.
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Beitrag von fraences »

350 Demonstranten finde ich schon eine ordentliche Hausnummer.

Nur 10 europäische Städte, die das nachmachen, da sind wir schon bei 3500.

Ich glaube, das Frankreich, das europäische Land zum Zweiten Mal sein wird, das als Vorreiter für die neue Sexworker europäische Bewegung sein wird.

Was für mich auch nachvollziehbar ist, da unsere französische Kollegen enormen Druck ausgesetzt sind.

Das was ich in Wien gesehen habe, hat mich innerlich sehr wütend gemacht, und gestern abend, deine Schilderung von Frankreich, ein weiteres Mal mein Androlinspiegel erhöht.

Liebe Grüsse, Fraences
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Beitrag von Doris67 »

Fraences:

Dein Wort in Göttins oder Sonstwessen Ohr...

Hier in Frankreich haben wir sowieso keine andere Wahl als das "schwedische Modell" um jeden Preis zu verhindern, es geht dabei schlicht um unser soziales Überleben.

Hinzu kommt aber auch, daß wenn dieses "Modell" in Frankreich durchkommt das mit Sicherheit zu einer europäischen Lawine gegen Sexarbeit werden wird, auch z.B. in Deutschland, und das wissen unsere Gegner/-innen auch genau. Das heißt, daß wir es jetzt schon mit einem koordinierten internationalen Angriff auf die Rechte und Existenz von Sexarbeitern/-innen zu tun haben, und deshalb auch international dagegen denken und handeln müssen. Internationale Solidarität und Zusammenarbeit ist in disem Kampf absolut zwingend, in unser aller Interesse.
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Beitrag von Lycisca »

Doris67 hat geschrieben:Hier in Frankreich haben wir sowieso keine andere Wahl als das "schwedische Modell" um jeden Preis zu verhindern, es geht dabei schlicht um unser soziales Überleben.
Ein erster Schritt, um weitere Verschlechterungen zu vermeiden, wäre es, auf die untragbare Ist-Situation hinzuweisen. Warum wendet sich STRASS nicht mit Schattenberichten an eine der vielen internationalen Institutionen? 2006 hat eine NGO erfolgreich bei internationalen Stellen auf Missstände hingewiesen, nämlich Ligue des Droits de l’Homme, worauf sich der Menschenrechtskommissar des Europarates, damals Alvaro Gil-Robles, besorgt über Vergewaltigungen durch Polizisten in Seine-Saint-Denis bei Paris zeigte (siehe Dokument CommDH/2006/2 vom 15.02.2006). Inzwischen hat es weitere brutale Übergriffe gegeben: 2007 wurde eine Sex-Arbeiterin aus Albanien von fünf Polizisten vergewaltigt und dann ausgewiesen („The Guardian“ vom 23.03.2010). 2010 wurde eine Sex-Arbeiterin in Nizza wegen illegaler Anbahnung verhaftet und von drei Polizisten vergewaltigt („Le Post“ vom 02.03.2010). Das wäre sicher berichtenswert und peinlich für die Regierung.

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Beitrag von Doris67 »

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Lycisca hat geschrieben:Ein erster Schritt, um weitere Verschlechterungen zu vermeiden, wäre es, auf die untragbare Ist-Situation hinzuweisen.
Das tun wir regelmäßig, siehe die Communiqués auf unserer Website.
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Beitrag von Lycisca »

Als PS zu meinem vorigen Post @Doris67 ... da du aus Strßburg bist, ist mir gleich eine Möglichkeit eingefallen, wie STRASS rasch internationale Aufmerksamkeit erhalten könnte, nämlich mit einer Demonstration vor dem Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, wo dem Gerichtshof vorgeworfen wird, Mitverantwortung an der Folter von SW zu tragen. So eine Demo wird in ganz Europa (wo der Gerictshof eine Art Oberster Verfassungsgerichtshof ist) und auch in den USA und anderen Ländern beachtet.

Dabei ist dieser Vorwurf nicht so weit hergeholt, denn:

1.) Der Gerichtshof ist in Frankreich, hält jedoch offenbar die Augen verschlossen vor der regelmäßigen Folter von SW durch Polizisten, die in Rudeln über SW herfallen, um sie zu vergewaltigen.

2.) Der Gerichshof hat noch in keinem einzigen Fall unter den tausenden Urteilen seit seiner Gründung vor mehr als 50 Jahren die Menschenrechtsverletzung an SW durch Übergriffe der Polizei bestätigt, und das, obwohl zumindest im städtischen Bereich rund 1 bis 2 Prozent der Frauen in SW tätig sind. Im Hinblick auf Frauen, die in Europa unter den Augen dieses Gerichtshofs als Prostituierte gesteinigt werden, bloß weil sie bei einem Schönheitswettbewerb teilnahmen („Daily Mail“ vom 31.05.2011 über einen Fall aus der Ukraine: ein 19 jähriges Mädchen wurde so getötet), ist auch dies eine auffällige Blindheit.

3.) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine der Kausalursachen, dass in der Türkei transgender SW von der Polizei gefoltert werden. Über die Folterfälle, besonders in Istanbul, berichtete Amnesty International (Not an illness nor a crime, London 2011, Dokument EUR 44/001/2011, S 12). Die eigentliche Grund, dass es überhaupt zu Folter kommen konnte, ist die Rechtsprechung des Gerichtshofs: In der Entscheidung F gg Schweiz vom 10.03.1988 (Beschwerde Nr. 11680/85) wurde die Beschwerde eines transgender SW (Verletzung des Privatlebens) abgelehnt, weil kommerzieller Sex kein Privatleben sei. Hingegen ist jede sonstige kommerzielle Tätigkeit, bis hin zum Kontostand, auch unter dem Privatleben geschützt. Indem somit die türkische Polizei das Privatleben der transgender SW in keinem Fall zu beachten braucht, konnte es auch bei übereifrigen Polizisten über die Verletzung des Privatlebens hinaus zur Folter durch Vergewaltigung u.ä. Übergriffe kommen. Selbstverständlich hat der Gerichtshof keinen einzigen dieser Folterfälle bearbeitet - sollte es zu Beschwerden gekommen sein, werden sie wohl wegen der Entscheidung F gg Schweiz als unzulässig zurückgeschickt worden sein.

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Beitrag von Doris67 »

Lycisca: Ja, das ist uns klar, und das haben wir auch schon intern angesprochen. Im Augenblick ist die absolute Dringlichkeit, die französische Regierung wegen ihres Gesetzesvorhabens öffentlich anzugreifen, und das geht am besten im Zentrum ihrer Macht, in Paris. Aber wir verlieren die europäische Perspektive durchaus nicht aus den Augen.
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Jupiter
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RE: Länderberichte FRANKREICH:

Beitrag von Jupiter »

Doris, zunächst mal ein herzliches Willkommen aus der Nachbarschaft.
Da ich praktisch in "Sichtweite" vom Strasbourger Münster wohne, sehe ich wie hier Europa im gegenseitigen "Rüber" und "Nüber" gelebt wird. Die Region hier arbeitet im Euro-Distrikt zusammen.

Die restriktiven Maßnahmen in Frankreich bewirken, dass die SW-Kunden franz. Nationalität immer stärker hier im badischen Raum aufschlagen, mit entsprechend negativen Wahrnehmungen in der Bevölkerung. Dann wird von der lokalen Politik gefordert, dagegen vorzugehen.
Wir haben hierzu bestimmte Ereignisse in diesem Thema gesammelt:
viewtopic.php?t=1381&highlight=kehl

Ich finde es einfach großartig, dass hier im Forum die SW grenzüberschreitend zusammenarbeiten. Europa müssen wir eben leben.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)