Länderberichte SCHWEIZ

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nina777
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Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von nina777 »

17.10.2014

Inländervorrang gilt auch für Prostituierte

Sie wollte in der Schweiz anschaffen. Doch die Gerichte machten der Rumänin einen Strich durch die Rechnung.

Die 24-jährige Rumänin A.* blitzte vor Bundesgericht ab: Ihre Beschwerde wurde abgeschmettert. Dabei wollte die Frau nur ein paar Wochen in einem Luzerner Club als Prostituierte arbeiten, berichtete die NZZ. Doch das Gericht kannte kein Pardon.

Die Begründung: Bei Rumänen und Bulgaren gilt bis 2016 der Inländervorrang. Ausserdem habe A.s Club nicht dargelegt, dass er für A.s Arbeit keine geeignete Schweizerin gefunden habe. Dazu wurde ihre Tätigkeit im Sex-Club vom Gericht nicht als selbstständige Erwerbstätigkeit akzeptiert – obwohl A. beteuerte, selbstständig zu arbeiten.

Etliche Puffs könnten dicht machen

«Dann könnten ja viele Clubs gleich schliessen», sagt Marianne Schweizer, Koordinatorin des Vereins Aspasie, der sich seit 1982 für die Rechte von Sexarbeiterinnen einsetzt. Sie bezeichnet die Prostitutionsgesetze als «paradox»: Einerseits sehe das Strafgesetz nur Selbstständigkeit vor, andererseits «gelten die Clubs als Arbeitgeber», sagt sie. Schweizer weiter: «Diese bezahlen keine Sozialleistungen, müssen keine Lohnausweise erstellen. Für Steueramt und AHV bleiben Sexarbeiterinnen selbstständigerwerbend. Eine Absurdität sondergleichen.»

«Das Urteil zeigt, dass der Inländervorrang ein untaugliches System ist», sagt Arbeitsrechtsexperte Thomas Geiser. Er erklärt: «Das gilt auch für grosse Unternehmen: Kommt ein hochqualifizierter Kandidat aus Rumänien, muss man zuerst abklären, ob man keinen geeigneteren Schweizer oder EU-Bürger findet. Unterdessen hat der Rumäne längst eine andere Stelle.»

http://www.20min.ch/schweiz/news/story/ ... e-21465401
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fraences
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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von fraences »

«Arbeitsamt müsste Prostituierte vermitteln»
von N. Saameli -

Das Bundesgerichtsurteil zum Inländervorrang bei Prostitution wird im Rotlichtmilieu mit Wut aufgenommen. Anwalt Valentin Landmann erklärt, wo das Problem liegt.

Eine Prostituierte in Lausanne. Durch ein neues Bundesgerichtsurteil müssen Clubbetreiber zuerst nachweisen, dass sie erfolglos nach Schweizer Dirnen gesucht haben, bevor sie Rumäninnen oder Bulgarinnen in ihre Clubs lassen.

Herr Landmann, als Anwalt des Zürcher Milieus kennen Sie die Auswirkungen des Bundesgerichtsurteils zum Inländervorrang bei Prostitution genau. Sie sind aber überhaupt nicht zufrieden damit. Was stört Sie?
Valentin Landmann: Dieses Urteil ist völlig unsinnig! Es ist weit entfernt vom schweizerischen Arbeitsrecht und richtet sich nur nach EU-Vorgaben. Dort wird ein Arbeitsverhältnis aber anders definiert als in der Schweiz. Ausserdem treibt es die Prostituierten auf die Strasse.

Wieso das?
Rumäninnen und Bulgarinnen können nun nicht mehr in Clubs arbeiten, weil die Arbeit dort als Anstellungsverhältnis begriffen wird. Das Verhältnis zwischen den Prostituierten und den Clubbetreibern besteht aber einzig darin, dass die Frauen den Betreibern Eintritt für die Clubs zahlen müssen. Wenn sie sich auf der Strasse prostituieren, gelten die Frauen aber als selbständig Erwerbende. Das kann doch nicht das Ziel sein.

Wieso können die Prostituierten denn nicht in einem normalen Anstellungsverhältnis arbeiten?
Das ist ihnen hier rechtlich verboten. Damit will man die Zuhälterei verhindern. Bestimmte Regelungen wie beispielsweise das Weisungsrecht des Arbeitgebers oder die gesetzliche Kündigungsfrist dürfen in diesem Gewerbe nicht angewendet werden. Stellen Sie sich doch mal eine Prostituierte vor, die aufhören will, aber noch weiterarbeiten muss, weil ihre Kündigungsfrist noch läuft.

Welche Folgen hat das Urteil denn nun für das Gewerbe?
Die Prostituierten werden ins Sozialsystem eingezwängt, obwohl sie dies eigentlich gar nicht wollen. Das Perfide daran ist, dass die Prostituierten bisher nie eine Belastung für das Sozialsystem waren. Die sind gekommen, haben ihr Geld verdient und sind wieder gegangen. Durch dieses Urteil werden aber völlig unsinnige Realitäten geschaffen. Wenn man es konsequent umsetzen würde, müsste das Arbeitsamt von nun an eigentlich arbeitslosen Prostituierten ein neues Puff suchen.

Hilft das neue Gesetz denn nicht den Schweizer Prostituierten?
Schweizerinnen sind in diesem Geschäft eher selten. Das Problem ist aber, dass die Clubbetreiber nicht wirklich nachweisen können, dass sie erfolglos nach Schweizerinnen gesucht haben und deswegen Rumäninen oder Bulgarinen einstellen. Es gibt ja keine Ausbildung oder Lehrstelle, auf die man sich beziehen könnte, um den Fachkräftemangel zu rechtfertigen.

Wer ist denn von der neuen Regelung betroffen?
Prostituierte aus den ursprünglichen EU-Staaten fallen unter das Personenfreizügigkeitsabkommen und können ungehindert in der Schweiz arbeiten. Für Personen aus Rumänien und Bulgarien gelten noch bis 2016 Kontingente, weil diese Staaten erst später in die EU eingetreten sind. Deshalb wurde das ganze Geschrei überhaupt veranstaltet. Letztendlich führt dieses Bundesgerichtsurteil nur dazu, dass Frauen von dort zwei Jahre lange sinnlose Probleme bereitet werden.

Wird denn die Prostitution in der Schweiz durch solche Regelungen eingeschränkt?
Ach wissen Sie, diese Branche ist sehr anpassungsfähig …

http://www.20min.ch/schweiz/news/story/20006372
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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fraences
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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von fraences »

«Arbeitsamt müsste Prostituierte vermitteln»
von N. Saameli -

Das Bundesgerichtsurteil zum Inländervorrang bei Prostitution wird im Rotlichtmilieu mit Wut aufgenommen. Anwalt Valentin Landmann erklärt, wo das Problem liegt.

Eine Prostituierte in Lausanne. Durch ein neues Bundesgerichtsurteil müssen Clubbetreiber zuerst nachweisen, dass sie erfolglos nach Schweizer Dirnen gesucht haben, bevor sie Rumäninnen oder Bulgarinnen in ihre Clubs lassen.

Herr Landmann, als Anwalt des Zürcher Milieus kennen Sie die Auswirkungen des Bundesgerichtsurteils zum Inländervorrang bei Prostitution genau. Sie sind aber überhaupt nicht zufrieden damit. Was stört Sie?
Valentin Landmann: Dieses Urteil ist völlig unsinnig! Es ist weit entfernt vom schweizerischen Arbeitsrecht und richtet sich nur nach EU-Vorgaben. Dort wird ein Arbeitsverhältnis aber anders definiert als in der Schweiz. Ausserdem treibt es die Prostituierten auf die Strasse.

Wieso das?
Rumäninnen und Bulgarinnen können nun nicht mehr in Clubs arbeiten, weil die Arbeit dort als Anstellungsverhältnis begriffen wird. Das Verhältnis zwischen den Prostituierten und den Clubbetreibern besteht aber einzig darin, dass die Frauen den Betreibern Eintritt für die Clubs zahlen müssen. Wenn sie sich auf der Strasse prostituieren, gelten die Frauen aber als selbständig Erwerbende. Das kann doch nicht das Ziel sein.

Wieso können die Prostituierten denn nicht in einem normalen Anstellungsverhältnis arbeiten?
Das ist ihnen hier rechtlich verboten. Damit will man die Zuhälterei verhindern. Bestimmte Regelungen wie beispielsweise das Weisungsrecht des Arbeitgebers oder die gesetzliche Kündigungsfrist dürfen in diesem Gewerbe nicht angewendet werden. Stellen Sie sich doch mal eine Prostituierte vor, die aufhören will, aber noch weiterarbeiten muss, weil ihre Kündigungsfrist noch läuft.

Welche Folgen hat das Urteil denn nun für das Gewerbe?
Die Prostituierten werden ins Sozialsystem eingezwängt, obwohl sie dies eigentlich gar nicht wollen. Das Perfide daran ist, dass die Prostituierten bisher nie eine Belastung für das Sozialsystem waren. Die sind gekommen, haben ihr Geld verdient und sind wieder gegangen. Durch dieses Urteil werden aber völlig unsinnige Realitäten geschaffen. Wenn man es konsequent umsetzen würde, müsste das Arbeitsamt von nun an eigentlich arbeitslosen Prostituierten ein neues Puff suchen.

Hilft das neue Gesetz denn nicht den Schweizer Prostituierten?
Schweizerinnen sind in diesem Geschäft eher selten. Das Problem ist aber, dass die Clubbetreiber nicht wirklich nachweisen können, dass sie erfolglos nach Schweizerinnen gesucht haben und deswegen Rumäninen oder Bulgarinen einstellen. Es gibt ja keine Ausbildung oder Lehrstelle, auf die man sich beziehen könnte, um den Fachkräftemangel zu rechtfertigen.

Wer ist denn von der neuen Regelung betroffen?
Prostituierte aus den ursprünglichen EU-Staaten fallen unter das Personenfreizügigkeitsabkommen und können ungehindert in der Schweiz arbeiten. Für Personen aus Rumänien und Bulgarien gelten noch bis 2016 Kontingente, weil diese Staaten erst später in die EU eingetreten sind. Deshalb wurde das ganze Geschrei überhaupt veranstaltet. Letztendlich führt dieses Bundesgerichtsurteil nur dazu, dass Frauen von dort zwei Jahre lange sinnlose Probleme bereitet werden.

Wird denn die Prostitution in der Schweiz durch solche Regelungen eingeschränkt?
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http://www.20min.ch/schweiz/news/story/20006372
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Beitrag von nina777 »

20.10.2014

Schweizer Dirnen in Gefahr

Sex wird billiger - und riskanter

Sexarbeiterinnen im Kanton Freiburg bieten ihre Dienstleistungen immer günstiger an und lassen sich vermehrt auf riskante Praktiken ein. Zu diesem Schluss kommt die den Staatsrat beratende Fachkommission in ihrem Jahresbericht.


Die Prostituierten verlangten nur noch zwischen 50 und 100 Franken für eine Dienstleistung, heisst es im heute Montag publizierten Bericht. Die Tendenz zu tieferen Preisen setze sich damit fort. Die Kommission sieht dafür zwei Gründe.

Zum einen gebe es viele Prostituierte aus europäischen Krisenländern, die zu besonders niedrigen Preisen arbeiteten. Zum andern seien die Preise auch unter Druck, weil es weniger Kunden gebe. Warum dem so sei, wisse man nicht, schreibt die Kommission.

Das schwierige wirtschaftliche Umfeld habe jedenfalls zur Folge, dass sich die Sexarbeiterinnen vermehrt auf riskante Praktiken einliessen: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, akzeptierten viele Dirnen heikle Wünsche ihrer Kunden. Ausserdem gingen sie vermehrt mit Freiern nach Hause, was ebenfalls riskant sei.

Knapp vier Jahre nach Inkrafttreten des kantonalen Prostitutionsgesetzes sieht die Fachkommission aber auch positive Entwicklungen. So habe das Gesetz die sanitären Bedingungen verbessert, unter denen die Prostitution ausgeübt werde.

Wer ein Etablissement betreibe oder Wohnungen an Sexarbeiterinnen vermiete, müsse zudem seit 1. Juli 2014 ein Register mit der Identität aller Prostituierten führen und auflisten, welche Leistungen den Frauen geboten werde und was man dafür kassiere. So könnten die Behörden die Entwicklung der Mietpreise kontrollieren; «diese scheinen derzeit stabil zu sein».

http://www.blick.ch/news/schweiz/bern/s ... 09875.html
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Beitrag von nina777 »

22.10.2014

Bundesrat hebt Cabaret-Tänzerinnen-Statut auf

Bern, 22.10.2014 - Das Cabaret-Tänzerinnen-Statut wird aufgehoben. Der Bundesrat hat am Mittwoch die entsprechende Teilrevision der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) beschlossen. Sie tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Die Aufhebung, die auch von einer Expertengruppe empfohlen wurde, wird von mehreren Massnahmen zum Schutz der Frauen begleitet.


Das Cabaret-Tänzerinnen-Statut wurde 1995 zum Schutz der Tänzerinnen vor Ausbeutung geschaffen und gilt als Ausnahme für die Zulassung von unqualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten. Es ermöglicht Frauen aus Drittstaaten ohne spezifische Qualifikation, während maximal 8 Monaten pro Jahr in der Schweiz als Cabaret-Tänzerin tätig zu sein.

Das Bundesamt für Migration (BFM) hatte den Auftrag, das Statut periodisch auf seine Schutzwirkung hin zu untersuchen. 2010 kam das BFM gestützt auf diverse polizeiliche Untersuchungen zum Schluss, dass das Statut seine Schutzwirkung nicht mehr erfüllt und Ausbeutung und Menschenhandel begünstigt. Im Juni 2012 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zur Aufhebung dieser Regelung. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens begrüsste insbesondere die Mehrheit der Behörden die Aufhebung des Statuts. Gewerkschaften und Parteien waren in dieser Frage gespalten, eine Mehrzahl der Frauenschutzorganisationen sowie die betroffenen Branchenverbände sprachen sich dagegen aus.

Empfehlungen einer Expertengruppe
Gestützt auf die Erkenntnis aus der Vernehmlassung, dass im gesamten Erotikgewerbe Handlungsbedarf zum Schutz der betroffenen Frauen besteht, setzte das EJPD vor dem Entscheid zur Aufhebung des Statuts eine nationale Expertengruppe zum Schutz der im Erotikgewerbe tätigen Frauen ein. Die Expertinnen und Experten publizierten im März 2014 ihren Bericht mit 26 Empfehlungen, darunter die Aufhebung des Cabaret-Tänzerinnen-Statuts.

Die Aufhebung des Cabaret-Tänzerinnen-Statuts tritt am 1. Januar 2016 in Kraft. Die Übergangsfrist von etwas mehr als einem Jahr erlaubt es den betroffenen Betrieben und Vermittlungsagenturen, sich auf die Änderung einzustellen.

Begleitmassnahmen zum Schutz der Frauen
Die Aufhebung des Statuts wird durch verschiedene Massnahmen zum Schutz der Frauen begleitet. Das Personal der Schweizer Vertretungen im Ausland wird für die Thematik sensibilisiert und die Aufklärung vor Ort wird verstärkt. In der Schweiz wird die Präventionsarbeit der Frauenschutzorganisationen stärker unterstützt, indem eine neue Verordnung über Massnahmen zur Prävention von Straftaten in der Prostitution geschaffen wird.

Schliesslich wird eine Revision des Ausländergesetzes angestossen. Personen, die bei ihrer Erwerbstätigkeit Opfer von Straftaten im Sinne des Opferhilfegesetzes werden, sollen künftig die Möglichkeit erhalten, Rückkehrhilfe und eine Aufenthaltsregelung zu beantragen.

https://www.news.admin.ch/dokumentation ... g-id=54912
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Beitrag von nina777 »

Cabaret-Statut fällt

Bundesrat will nur noch EU-Stripperinnen
Stripperinnen können nicht mehr mit einer Sonderbewilligung in die Schweiz einreisen.


Das Cabaret-Tänzerinnen-Statut ermöglichte es Frauen ausserhalb der EU, während maximal acht Monaten pro Jahr in der Schweiz als Stripperinnen tätig zu sein. Es hatte vor allem den Schutz der Frauen vor Ausbeutung zum Ziel.

Dieses Statut soll nun fallen, entschied der Bundesrat heute. Das Bundesamt für Migration sei gestützt auf diverse polizeiliche Untersuchungen zum Schluss gekommen, dass «das Statut seine Schutzwirkung nicht mehr erfüllt und Ausbeutung und Menschenhandel begünstigt», schreibt der Bundesrat.

«Frauen ausserhalb der EU, die heute in der Schweiz arbeiten dürfen, sind entweder hoch qualifiziert oder sie ziehen sich im Cabaret aus», sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Das sei entwürdigend. Eine Untersuchung habe zudem gezeigt, dass Tänzerinnen in der Mehrheit der Cabarets zur Prostitution gezwungen wurden.

Der Bundesrats-Entscheid bedeutet: Von ausserhalb der EU können keine Stripperinnen mehr legal in die Schweiz einreisen.
Mit verschiedenen Massnahmen will Sommaruga den Schutz der Frauen verbessern. Frauenschutzorganisationen sollen gestärkt – und vom Bund finanziell unterstützt werden. Mit wie vielen Mittel ist noch offen.

http://www.blick.ch/news/politik/cabare ... 16383.html
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Beitrag von nina777 »

22.10.2014

«Die Fremdenpolizei kontrolliert die Lohnzahlungen an die Tänzerinnen»

Aufgrund eines breiten politischen Willens gilt das Cabaret-Tänzerinnen-Statut im Kanton Bern bis heute. Nun hebt es der Bundesrat auf - was im Kanton bedauert wird.

Der Bundesrat hebt das Cabaret-Tänzerinnen-Statut auf - zumindest in den Kantonen, die diese Regelung noch kennen. Der Kanton Bern hat zur ausländerrechtlichen Regelung speziell für Tänzerinnen ein zwiespältiges Verhältnis. Denn bereits 2007 hatte Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser (FDP) entschieden, die Bewilligung abzuschaffen. Der Grosse Rat kehrte diesen Entscheid mit einer deutlichen Mehrheit wieder um, indem er Motionen von Béatrice Stucki (SP) und Thomas Fuchs (SVP) annahm.

Obwohl der Kanton Bern inzwischen ein eigenes Prostitutionsgewerbegesetz hat, hat sich an den Haltungen zum Cabaret-Tänzerinnen-Statut nichts geändert. «Wir hätten uns das Cabaret-Tänzerinnen-Statut nach wie vor gewünscht», sagt Christa Ammann, Leiterin der Geschäftsstelle von Xenia. Das Statut biete den Tänzerinnen einen gewissen Schutz, etwa bei Schwierigkeiten mit dem Arbeitgeber. Der kantonale ­Migrationsdienst und die städtischen Fremdenpolizeien haben 2013 noch 62 solcher speziellen Aufenthaltsbewilligungen ausgestellt, 2011 waren es 177. Insbesondere die Fremdenpolizei der Stadt Bern habe sich eine Kontrollmöglichkeit erarbeitet, sagt Amman. «Sie kontrolliert unter anderem die Lohnzahlungen von den Arbeitgebern an die Tänzerinnen», sagt Ammann. Seither habe sich die Situation in den Berner Cabarets verbessert.

Alexander Ott von der Fremdenpolizei Bern sagt, solche Kontrollmechanismen seien auch künftig möglich. Die Tänzerinnen müssen sich ab 2016 wie andere Selbständigerwerbende aus dem Ausland bei den Behörden melden und können 90 Tage bleiben. Diese Arbeitsbewilligung ist aber Angehörigen von EU-Staaten vorbehalten.

«Prostitution ist Usus»

Im internationalen Kontext habe man das Cabaret-Tänzerinnen-Statut nicht mehr aufrechterhalten können, sagt Ott. Denn eine Krankenschwester aus der Ukraine bekomme im Kanton Bern keine Bewilligung, eine Cabaret-Tänzerin hingegen schon. Von Gegnern der Sonderregelung wurde schon immer kritisiert, die Frauen könnten so nicht vor Menschenhandel und Prostitution geschützt werde. «Es ist in einer Mehrheit der Schweizer Cabarets Usus, dass die Tänzerinnen auf Geheiss der Cabaret-Betreiber entgegen den gesetzlichen Bestimmungen zum Alkoholkonsum animieren und sich prostituieren», heisst es in einem Bericht der Bundeskriminalpolizei. An die Arbeitsbewilligung als Tänzerin ist ein Prostitutionsverbot geknüpft, das aber kaum überprüft werden kann.

Der Entscheid zur Aufhebung hinterlasse einen schalen Nachgeschmack, sagt Ammann. Zum einen werde kritisiert, der Schutz greife nicht, gleichzeitig heisse es, die Nachfrage werde nun aus dem EU-Raum gedeckt. Für diese Frauen verschlechterten sich aber die Arbeitsbedingungen, das zeigten etwa Erfahrungen aus dem Kanton Tessin, der das Statut 2010 abgeschafft hat. Die Frauen aus Drittstaaten hingegen seien aus dem sichtbaren Feld verschwunden. Für Tänzerinnen aus Nicht-EU-Staaten gibt es keine legale Möglichkeit mehr, einzureisen und zu arbeiten.

«Ich finde es extrem schade», sagt SP-Grossrätin Béatrice Stucki. Weil Tänzerinnen aus Drittstaaten nicht mehr legal arbeiten könnten, werde der Menschenhandel in diesem Bereich zunehmen. Da helfe auch das kantonale Prostitutionsgewerbegesetz nichts, denn darin gebe es kaum Massnahmen gegen den Menschenhandel. Das Prostitutionsgewerbegesetz regle ausschliesslich den Bereich der Sexarbeit, sagt Ammann. Da Tänzerinnen gemäss Arbeitsvertrag einem Prostitutionsverbot unterstünden, seien diese nicht mitgemeint. (Der Bund)

http://www.derbund.ch/bern/kanton/Die-F ... y/25413075
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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von fraences »

Cabaret-Betreiberin wehrt sich für ihre Tänzerinnen

«Sommaruga hat von Tuten und Blasen keine Ahnung»
Der Bundesrat hat entschieden, dass ab 2016 Frauen von ausserhalb der EU nicht mehr legal in die Schweiz einreisen können, um in Cabarets zu tanzen. Cabaret-Pächterin Romy Arpagaus fürchtet nun im ihre Existenz und um die Schicksale ihrer Tänzerinnen.


Bern – Frauen, die nicht aus dem EU-Raum kommen, dürfen ab 2016 nicht mehr mit einem Tänzerinnen-Visum in die Schweiz einreisen, um in Cabarets zu tanzen. Der Bundesrat hat entschieden, das Tänzerinnen-Statut aufzuheben. Mit dieser acht Monate gül­tigen Aufenthaltsbewilligung sei oft Missbrauch getrieben worden. «Das Statut begünstigt die Ausbeutungssituation der Frauen. Kontrollen in Cabarets haben ­Missstände aufgedeckt», sagt Léa Wertheimer vom Bundesamt für Migration. Mit einem Tänzerinnen-Visum dürfen die Frauen in den Cabarets nicht anschaffen. Viele tun das trotzdem, heisst es in einem Expertenbericht im Auftrag des Bundes. Die Aufhebung des Statuts geschehe auf dem Buckel der Frauen, sagt dagegen Rebecca Angelini von der Fach-stelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ). «Sie rutschen so in die Illegalität und werden kriminalisiert statt geschützt.» Die Hälfte der Kantone hat das Statut bereits abgeschafft. «Die Frauen finden trotzdem einen Weg, hierherzukommen – und sind dann gezwungen, ohne Bewilligung in Etablissements anzuschaffen», sagt Angelini. Die meisten Frauen mit Tänzerinnen-Status stammen aus der Ukraine, gefolgt von den Domini-kanerinnen.


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Los gehts!
Cabaret-Betreiber laufen Sturm: Ab 2016 können Frauen von ausserhalb der EU nicht mehr legal in die Schweiz einreisen, um in Cabarets zu tanzen. Der Bundesrat hat entschieden, das Tänzerinnen-Statut aufzuheben (siehe Box).
«Das ist eine Bevormundung meiner Kunden», sagt Romy Arpagaus (48), Betreiberin der Spittel-Bar in Bremgarten AG. «Der Staat kann den Männern nicht vorschreiben, welche Frauen für sie tanzen sollen.»
Die langjährige ­Cabaret-Pächterin beschäftigt am liebsten Tänzerinnen aus Nicht-EU-Staaten: Dominikanerinnen, Marokkanerinnen, Thailänderinnen und Russinnen. Zurzeit arbeiten bei ihr zwei mit einem EU-Pass, zwei aus einem Drittland. Denn im Aargau besteht bereits ein verschärftes Gesetz. Arpagaus darf jetzt schon nur zwei Nicht-EU-Frauen beschäftigen. Mit dem neuen, gesamtschweizerischen Gesetz gar keine mehr. «Das wird ein Problem», sagt sie.
Laut Arpagaus sind Schweizer Tänzerinnen «eben schwieriger» zu finden. Rumäninnen oder Bulgarinnen andererseits hätten Zuhälter und würden eher auf dem Strassenstrich arbeiten «statt in einem professionell geführten Cabaret».
Bisher durften ihre Tänzerinnen mit einem Visum acht Monate in der Schweiz tanzen, waren beim Migrationsamt und bei der Krankenkasse angemeldet und «sauber geführt» mit einer Lohnabrechnung, so Arpagaus. «Die zahlen auch AHV. Somit verdient der Staat sogar mit!»
Unter dem neuen Gesetz «kommen die Frauen eben illegal», prophezeit Arpagaus. «Sie werden vorgeben, als Putzfrau zu arbeiten. Der Bund hat dann gar nichts mehr unter Kontrolle und fördert noch illegale Prostitution und Zuhälterei.»
Arpagaus würde «sicher keine illegalen Frauen» anstellen. «Deshalb müsste ich mir überlegen, ob ich das Cabaret weiterführen soll», sagt die gelernte Damenschneiderin. Sie wettert vor allem gegen die Justizministerin, die den Entscheid durchgesetzt hat. «Bundesrätin Sommaruga hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und war noch nie in einem Cabaret. Sie darf gerne mal bei mir vorbeikommen und mit den Frauen reden. Es geht um Schicksale! Aber das interessiert die Bürokraten in Bern ja nicht.»
Ihre Tänzerin Laura (29) macht sich jetzt schon Sorgen: «Ich gebe meinen Angehörigen in der Dominikanischen Republik viel Geld. Wenn ich nicht mehr hier arbeiten darf, ist nicht nur meine Existenz gefährdet!»

http://www.blick.ch/news/schweiz/cabare ... 33346.html
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Beitrag von nina777 »

25.11.2014

Plakat-Kampagne

Bordell-Portal provoziert Local.ch

Das Callgirl-Portal Sexlocal.ch wirbt mit einer Plakat-Kampagne schweizweit um Freier. Das Branchenverzeichnis Local.ch will dagegen vorgehen.


Die Anzeige ist schlicht und einfach gehalten: sexlocal.ch steht in grossen schwarzen Buchstaben auf weissem Hintergrund. Als O sieht man die Umrisse einer leicht bekleideten Dame in einem Herz, darunter den Satz: «The exclusive swiss portal for sex dating» - «Das exklusive Schweizer Portal für Sex-Dating».

Die Plakate sind derzeit an vielen Orten in der Schweiz zu sehen - und sorgen für Ärger. Bei Local.ch sind die Plakate nicht gut angekommen. Die Werbung erinnere an das eigene Produkt, sagt Sprecher Gregor Faust. «Uns ist wichtig, dass wir mit solchen Angeboten nicht in Verbindung gebracht werden.»

Da Sexlocal.ch auch als eine Art Verzeichnis diene und local.ch im Namen trage, sei eine Verwechslung möglich. «Wir prüfen nun die nächsten Schritte und werden die entsprechenden Massnahmen einleiten.»

«Frauen werden durch solche Werbung zu Objekten degradiert»

Verantwortlich für die Sexlocal-Plakate ist die Publy Spot SA. ihr Besitzer streitet den Vorwurf ab, sich des Geschäftsmodells von Local.ch zu bedienen: «Der Name Sexlocal ist kein Plagiat. Wir drücken damit aus, dass man auf unserer Seite Angebote aus verschiedenen Regionen finden kann», sagt er. Zwischen den beiden Seiten Local.ch und Sexlocal.ch gebe es keine Verbindung.

Die Plakate sorgen auch andernorts für rote Köpfe. «Ich finde die Plakate sehr bedenklich», sagt auch Dominik Lusser von der christlichen Stiftung Zukunft CH. «Frauen werden durch solche Werbung zu Objekten degradiert.» Dienste wie die, die Sexlocal.ch anbiete, seien seiner Meinung nach erniedrigend für das weibliche Geschlecht.

«Prostitution ist in der Schweiz legal»

«Besonders daran stört mich, dass solche Plakate zur Normalisierung der Prostitution beitragen», sagt Lusser. Durch die Allgegenwärtigkeit der Escort-Vermittlungsseite werde der Schweiz vorgegaukelt, dass es völlig normal sei, im Internet Sex für Geld zu kaufen.

Auch die Jugend sei durch das Plakat gefährdet. «An solchen Stellen gehen Kinder vorbei. Wenn sie wegen der Werbung solche Links aufmachen, sehen sie schnell Dinge, die ihre Einstellung zur Sexualität sehr negativ prägen», sagt Lusser.

Den Vorwurf der Stiftung, dass er mit seiner Seite «die Prostitution normalisiere», lässt der Betreiber der Website nicht gelten: «Soweit ich weiss, ist Prostitution in der Schweiz legal», sagt er dazu.

«Für welche Inhalte ein Plakat wirbt, klären wir nicht ab»

Die Plakate hat das Werbeunternehmen Clear Channel Schweiz aufgehängt. Sprecherin Anne-Catherine Rüegg sieht das Unternehmen nicht in der Verantwortung: «Wir haben in der Schweiz Meinungsfreiheit und das bedeutet auch Werbefreiheit», sagt sie.

Clear Channel achte darauf, welche Plakate im öffentlichen Raum aufgehängt würden. Das Sexlocal-Plakat enthalte keine Darstellung von explizit sexuellen Inhalten und verstosse deshalb nicht gegen die Unternehmens-Richtlinien. Rüegg: «Wir prüfen das Sujet unserer Plakate. Für welche Inhalte hingegen ein Plakat wirbt, klären wir nicht ab.»

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http://www.20min.ch/schweiz/news/story/ ... h-12422884
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Beitrag von nina777 »

8.12.2014

Tausende Sex-Sklavinnen in der Schweiz

«Ich war nur noch ein Stück Fleisch»

Menschenhändler zwangen die damals 19-jährige Tschechin Veronika Helk in der Schweiz zur Prostitution. Ein Horror, der sie fast in den Selbstmord trieb.


Als der Mann mitten in der Nacht auf einer Autobahnraststätte anhielt und in einer fremden Sprache ins Telefon schrie, wusste Veronika Helk: Jetzt bist du verloren. Mulmig war ihr bereits, als der Mann ihr vor der Schweizer Grenze Pass und Geld abnahm. Aber da vertraute sie ihm noch. Er war schliesslich ihr Freund.

Sie war eine 19-jährige Studentin aus einem Dorf im Norden Tschechiens. Er ein vermeintlich 35-jähriger Schweizer Firmeninhaber auf Geschäftsreise. Zufällig lernten sie sich kennen, freundeten sich an. Weil sie gut Englisch und Deutsch sprach, bot er ihr einen Job als Übersetzerin für seine Firma in der Schweiz an. Aus ihrem Dorf wollte sie schon lange weg. Sie unterschrieb den Arbeitsvertrag.
In der Schweiz angekommen, verkaufte sie der Mann bereits in der ersten Nacht an einen Freier. Es begann ein monatelanger Horror.

Heute, 17 Jahre später, arbeitet Veronika Helk (37) als Sozialpädagogin mit Autisten in Basel. Sie studiert an der Fachhochschule, ist verheiratet, hat eine Tochter. Ein normales Leben – wäre nicht diese «Angelegenheit». So nennt sie die Horrorzeit, in der sie von Menschenhändlern versklavt, verprügelt, vergewaltigt und zur Prostitution gezwungen wurde.

Dass sie immer noch darüber spricht, hat einen Grund: «Ich will andere Betroffene ermutigen, aufzustehen und für ihre Würde zu kämpfen.» Pros-titution sollte verboten werden, findet sie. «Ich habe nie eine Frau getroffen, die das freiwillig machte.» Vor allem will sie nicht bloss als Opfer gelten. Das sei schlimmer als die Vergewaltigungen. «Ich bin mehr. Ich habe eine Familie, einen Beruf, Träume und Ziele. Und meine Würde.»

Bedroht und vergewaltigt

Weil sie sich damals gegen den ersten Freier wehrte, steckte ihr der Entführer eine Pistole in den Mund und vergewaltigte sie. Dann vergewaltigten sie die anderen Männer des Menschenhändlerrings. «Von da an war ich nur noch ein Stück Fleisch.»

An Freier wurde sie privat vermittelt, sagt Helk. Die Zuhälter schoben sie wie Ware herum, nach Delsberg, Biel BE, Basel. In kleinere Orte, deren Namen sie vergessen hat. «Da grasten Kühe und waren die Wiesen grün, wie im Paradies.» Doch sie erlebte die Hölle. Einmal fuhren ihre Peiniger mit ihr in einen Wald und drohten, sie umzubringen, falls sie nicht gehorche. Auch ihre Eltern seien dann dran.

Nach einigen Monaten war sie gebrochen. Sie ass nicht mehr, war dürr, bleich, stotterte nur noch. Sie litt an Gedächtnisstörungen, wollte sich umbringen. Für die Zuhälter war sie damit wertlos.

Um weiter Geld anzuschaffen, schickten sie Helk als Servicekraft in illegale Lokale. Dort lernte sie eine andere Tschechin kennen. Diese half ihr unterzutauchen. Hätten die Zuhälter ihre Familie bedroht, wäre sie sofort zu ihnen zurück. Doch nichts geschah.

Nach der Flucht begann der Kampf zurück in die Legalität. Helk arbeitete schwarz, nahm jeden Job an, um zu überleben. Irgendwann fasste sie den Mut, ihre Entführer anzuzeigen. Weil die Polizei nicht garantieren konnte, dass ihrer Familie nichts geschehen würde, zog sie die Anzeige zurück. Noch heute, sagt sie, laufen ihre Peiniger frei herum.

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Beitrag von nina777 »

16.12.2014,

Auf Umwegen ins Rotlicht-Milieu

Peter Senn arbeitete als Lehrer und Buchhalter. Heute gehört ihm der Night Club Red Palace. Und er ärgert sich über die Blau­äugigkeit der Politiker, die das Geschäft nicht kennen.


Als Peter Senn noch ein kleiner Junge war, wurde im Elternhaus viel getrunken. Mag sein, dass der 52-Jährige aus diesem Grund heute keinen Tropfen Alkohol anrührt. Dabei bewegt er sich in einem Milieu, in dem das Trinken zum Alltag gehört.

Zu Geld gekommen ist Senn durch das Geschäft mit der käuflichen Liebe. Es sind Männer, die hungrig nach Zuneigung und auf der Suche nach einer Auszeit vom Alltag sind. Dann setzen sie sich an die Bar, hören sich Komplimente von schönen Frauen an und geben vielleicht eine Flasche Champagner aus. Sie sehen zu, wie Frauen geschmeidig an der Stange tanzen, bevor sie sich ganz entkleiden, sich daran räkeln, lasziv, sinnlich, aufreizend. Fünf Kinder hat Peter Senn, zwei eigene und drei Stiefkinder - später vielleicht wird er ihnen erzählen, von welchem Geschäft er lebt. Seine Frau stammt aus Kolumbien.

«Ich habe mich aus der Geschäftsführung zurückgezogen», sagt Senn. Für das Management des «Red Palace» hat er Hans-Jörg Dellenbach geholt. Das «Red Palace» ist von aussen ein kleiner, eher unscheinbarer Schuppen an der Steinentorstrasse. Fünf Mädchen sitzen an der Bar. «Sie arbeiten lieber als Artistinnen als in einem hierarchischen System», sagt Senn, und eine der Damen fügt hinzu: «In der Ukraine reichte mein Lohn als Musiklehrerin nicht zum Leben und nicht zum Sterben.»

Wie ein Handwerker

Peter Senn wirkt nicht wie ein Mann aus dem Rotlichtmilieu, eher wie ein Handwerker - allzeit bereit, den tropfenden Wasserhahn zu reparieren oder das Klavier zu zügeln. Sein Gesicht wirkt jungenhaft, verschmitzt fast, wäre da nicht diese Ernsthaftigkeit in den Augenwinkeln. Aufgewachsen ist er als Sohn eines Wirteehepaars. Sein Vater führte den «Kings Club», die «Markthalle», in Luzern das «Opera» und das «Lido». Er selber wollte nie Wirt werden, und auch das Rotlichtmilieu zog ihn nicht an. «Für mich ist es kein einfaches Geschäft, ich rauche und trinke ja nicht», sagt er. Er studierte Ökonomie, arbeitete als Lehrer und später neun Jahre in einem Treuhandbüro als Lohnbuchhalter. Doch im Alter von 75 Jahren übernahm sein Vater die Steinen-Bar. Es war ein schwieriges Geschäft, da es an einen Vertrag mit dem Rotlichtmilieu gekoppelt war. So übernahm Peter Senn.

Eine Statistik gibt an, dass jeder vierte Mann für Sex bezahlt. Es dürften wesentlich mehr sein, da viele Freier bestreiten, die Dienste einer Prostituierten in Anspruch zu nehmen. Heute sei das Rotlichtmilieu kaputt, sagt Senn. Während vor 15 Jahren hauptsächlich Thai-Frauen, Latinas und Afrikanerinnen im Geschäft waren, sind es seit der Öffnung der Grenze im Jahr 1991 die Osteuropäerinnen. Und das Lohngefälle zwischen da und dort ist riesig. Doch auf der Gasse ist das Leben hart. Diejenigen Frauen, die in der Weber- und Ochsengasse arbeiten, verlangen 30 bis 40 Franken pro Freier - Dumpingpreise.

«Das stimmt nicht»

Die Arbeit in den Cabarets ist anders. Dort verkehrt eine zahlungskräftigere Kundschaft. Peter Senn sagt, er verdiene lediglich an den Getränken und bezahle den Mädchen einen Grundlohn. Diesen werten sie auf, indem sie sich prostituieren. Doch Senn trägt sich mit dem Gedanken, das Geschäft aufzugeben. Zu sehr reibt er sich an den bürokratischen Hürden und politischen Entscheiden auf. An der kürzlich vom Bundesrat beschlossenen Abschaffung des Tänzerinnen-Statuts beispielsweise, das es Frauen aus Drittstaaten erlaubt, während maximal acht Monaten pro Jahr als Cabaret-Tänzerin tätig zu sein. Bundesrätin Simonetta Sommaruga argumentiert, dass in diesem Bereich akute Missstände herrschen würden. Das Statut erlaube Missbräuche, die Situation der Frauen sei «haarsträubend». Vielerorts würden die Tänzerinnen zur Prostitution und zu Alkoholkonsum gezwungen, auch unter Anwendung von Gewalt.

«Das stimmt nicht», sagt Peter Senn. Ohne die Aussicht, sich prostituieren zu können, hätten die Frauen gar kein Interesse zu kommen. «Ich habe soeben wieder fünf SMS auf dem Handy von Frauen, die anfragen, ob sie kommen dürfen.» Er ärgert sich über die Blau­äugigkeit der Politiker, die das Geschäft nicht kennen und das Bild vom bösen Freier im Hintergrund und der Frau als Opfer sehen wollen. «Ein Verbrechen muss sich auszahlen. Frauen zur Prostitution zu zwingen, lohnt sich nicht.»

Tatsächlich sind auch seine Tänzerinnen dieser Meinung. «Was ist daran falsch? Es ist doch eine saubere, anständige Sache, Männer zufriedenzustellen», sagt Halla. Hier verdiene sie zumindest genug, um anständig leben zu können, sagt die sorgfältig zurechtgemachte Ukrainerin. Einen Zuhälter habe sie nicht und auch nie gehabt.

Doch wie steht es mit dem Alkoholkonsum? Die Frauen wüssten durchaus, wie sie ohne übermässiges Trinken durch die Nacht kommen, sagt Senn. «Wir haben auch alkoholfreien Champagner.» Und einiges werde weggeschüttet. Er kann sich noch an die goldenen Cabaret-Zeiten erinnern, in den 80er-, 90er-Jahren. «Da gab es ein Kanalsystem unter dem Flaschenkühler», sagt er. Dorthin ging der Champagner, der den Mädchen zu viel wurde.

Schikanen für die Branche

Er sieht die zunehmenden staatlichen Eingriffe in die Unternehmens­freiheit als Schikanen für die Branche. «Es geht Richtung indirektes Verbot der Prostitution», sagt er. Doch dies werde der Branche nur nützen statt schaden. «Alles, was illegal ist, wird sofort attraktiver.»

Doch natürlich ist es ein hartes Geschäft, in dem die Protagonisten einander nicht mit Samthandschuhen anfassen. So wurde vor vielen Jahren eine von Senns Bardamen erschossen. Und im November 2002 griff er selber zur Waffe. Damals hielten sich Manchester-United-Fans in der Stadt auf. Vier von ihnen begehrten sturzbetrunken Einlass ins «Red Palace» und begannen zu randalieren, als der Türsteher es ihnen verwehrte. Da schoss Peter Senn. Zwar nur in den Asphalt, doch die Kugel prallte ab und verletzte einen der Männer.

http://bazonline.ch/basel/stadt/Auf-Umw ... y/22553015
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Beitrag von nina777 »

16.12.2014

BUNDESGERICHT

Prostituierte dürfen Sex ohne Gummi nicht anbieten


Die Betreiberin eines Massage-Salons muss eine Busse von 1000 Franken bezahlen, weil sie ungeschützte sexuelle Kontakte in ihrem Etablissement angeboten hat.

Die Genfer Sittenpolizei stellte bei einer Kontrolle im Oktober 2012 fest, dass der Salon auf seiner Website verschiedene sexuelle Praktiken anbot, bei welchen Infektionskrankheiten übertragen werden können. Die Betreiberin erklärte bei einem Gespräch vor Ort, dass sie das "Vergnügungs-Menu" nicht zu ändern gedenke.

Später wurden die Angebote auf der Website doch noch modifiziert, was an der Verhängung einer Busse aber nichts änderte. Das Genfer Sicherheitsdepartement stützt sich dabei auf das Prostitutionsgesetz.

Dieses sieht vor, dass die Verantwortlichen eines Salons unter anderem dafür sorgen müssen, dass die öffentliche Sicherheit und Gesundheit nicht beeinträchtigt wird. Gestützt darauf darf eine Busse ausgesprochen werden.

(Urteil 2C_490/2014 vom 26.11.2014)

http://www.basellandschaftlichezeitung. ... -128664252
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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von fraences »

Tote Hose in den Schwyzer Kontaktbars

Die Zeit der Kontaktbars sei durch die ­digitalen Medien vorbei, heisst es aus dem Schwyzer Milieu. Auch die Cabarets stehen vor einer ungewissen Zukunft.

Schwyz. – Im Kanton Schwyz sind heute 19 solche Etablissements im Internet aufgeführt. Doch diese Liste täuscht, so ist das Weiterbestehen verschiedener Kontaktbars in Ausser- und Innerschwyz ungewiss – oder sie sind schon geschlossen worden. Cabarets, also Bars mit Tänzerinnen, sind bereits heute selten. Aber auch «die Zeit der Kontaktbars auf dem Lande ist eher vorbei, es läuft nicht mehr wie früher», sagt Stefan Horvath von der Kontaktbar «Porky's» in der Gemeinde Steinen. Die Frauen würden heute oft selbstständig ar­beiten und seien über Internet und Handy leicht auffind- und erreichbar.

Diese Verlagerung in die Anonymität birgt Nachteile, denn eine Kontrolle durch den Staat ist deutlich schwieriger. Heute können sich Sexarbeiterinnen aus dem EU-Raum im Kanton Schwyz zwar via Internet anmelden und für drei Monate im Jahr arbeiten. Damit sind sie legal in der Schweiz, ­einen Gesundheitstest müssen sie aber nicht machen, Steuern bezahlen sie auch nicht.

Dazu kommt, dass sie, nachdem die drei Monate verstrichen sind, oft weiter in der Schweiz bleiben und ihrem ­Gewerbe illegal nachkommen: Für viele Frauen sei die Zeit von drei ­Monaten zu kurz, sagt Stefan Horvath, was dazu führe, «dass die Sexarbeiterinnen danach in die Illegalität abrutschen».

Auf dem Amt für Arbeit sind denn auch nur jene Sexarbeiterinnen bekannt, welche sich selbst im Melde­verfahren als ausländische Arbeitskräfte angemeldet haben. Es dürfen nur Frauen sein, die aus dem EU-Raum kommen. Sie können so ohne Arbeitsbewilligung für 90 Tage im Jahr arbeiten.

Anders als im Kanton Schwyz ­ermöglicht der Kanton Thurgau den Sexarbeiterinnen aus dem EU-Raum längere Aufenthaltsbewilligungen. Dies, indem den Frauen eine Jahresbewilligung (L-Bewilligung) für rund 500 Franken im Monat ausgestellt wird. So bezahlen die Frauen Steuern (bei 100 Prostituierten wären dies 600 000 Franken im Jahr). Ein System, das sich Stefan Horvath für den Kanton Schwyz wünscht: «Die Frauen würden nicht in die Illegalität ­abrutschen, und der Kanton Schwyz hätte Steuereinnahmen.»

Zwar kennt man im Kanton Schwyz das System des Thurgaus, winkt ­jedoch aus rechtlichen Gründen ab: Laut dem kantonalen Amt für Migration kann eine solche Bewilligung bei uns aus rechtlichen Gründen nicht ausgestellt werden. «Wir haben dies in Bern abgeklärt», sagt Antoinette Jnglin vom Amt für Migration. Was der Kanton Thurgau praktiziere, sei gemäss dem Bundesamt für Migration rechtlich nicht tragbar.

Für Sexarbeiterinnen, die legal länger als drei Monate im Kanton Schwyz verweilen wollen, sind die Hürden hoch: Länger bleiben dürften sie nur, wenn sie eine Anstellung haben oder eine eigene Firma gegründet haben. Eine Anstellung wird ihnen im Kanton Schwyz jedoch nicht anerkannt, da dies Förderung der Prostitution wäre und somit verboten ist. Für eine Aufenthaltsbewilligung müssen die Sexarbeiterinnen sehr viel nachweisen: einen Businessplan, einen Mietvertrag, den Nachweis eigener ­finanzieller Mittel, einen Handelsregistereintrag und eine Abmeldung des vorhergehenden Wohnorts.

In Ausserschwyz gibt es nur noch ­einige wenige Kontaktbars, so in Wangen, Lachen und Altendorf. Sie haben nicht nur mit fehlendem Interesse von willigen Frauen zu kämpfen, sondern vor allem an den Werktagen mit Gästeschwund. Es ist ein Auf und Ab, so richtig zufrieden scheint niemand zu sein. Offizielle Cabarets mit L-Bewilligungen dürfte es nur noch zwei ­geben, je eines in Wollerau und Freien­bach. In dieser Form werden sie nicht mehr lange geschäften können, weil die L-Bewilligung für Frauen, auch für jene ausserhalb der EU/EFTA-Staaten (vor allem Dominikanische Republik, Russland, Ukraine, allenfalls noch Brasilien und Thailand) auf Anfang des nächsten Jahres ­abgeschafft wird. Dies, weil die Tanzbewilligungen doch nur ein Vorwand für offensichtliche Prostitution sind. Allerdings ist die Abschaffung nicht unbestritten, weil durch diese Arbeitsbestätigung ­wenigstens ein rudimentärer Schutz für die Frauen bestand.

Wie es ohne L-Bewilligungen ­weitergeht, kann oder will noch niemand mit Bestimmtheit sagen. Das traditionelle Cabaret dürfte ein Auslaufmodell sein. Man wird sich wohl zwangsläufig dem Konzept der Kontaktbars annähern.

http://www.bote.ch/vermischtes/tote-hos ... ontaktbars
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Beitrag von nina777 »

17.1.2015

Sie schaffen lieber privat an

Kontaktbars gehen die Frauen aus

Im Milieu machen immer mehr Kontaktbars und Bordelle dicht, weil die Frauen fehlen. Betreiber machen das Internet für den Untergang der Branche verantwortlich.


Rotlicht-Etablissements sind mittlerweile selten geworden. Vor allem auf dem Land müssen immer mehr Betriebe schliessen. «Die Zeit der Kontaktbars auf dem Land ist eher vorbei, es läuft nicht mehr wie früher», sagt Stefan Horvath von der Kontaktbar «Porky's» in Steinen im Kanton Schwyz.

Immer öfter sind Prostituierte heute nicht mehr in Etablissements angestellt, sondern versuchen, selbständig über die Runden zu kommen. Dank Internet und Handy seien die Frauen einfach aufzufinden und kontaktierbar, erklärt Horvath gegenüber dem «Boten der Urschweiz». Sie können sich so die Miete und Abgaben an den Bar-Betreiber sparen und mehr Geld für sich behalten.

Die Selbständigkeit der Sexarbeiterinnen hat aber nicht nur Vorteile. So bezahlen jene Frauen beispielsweise keine Steuern. Auch eine Kontrolle durch die Behörden ist deutlich schwieriger. Bei den zuständigen Ämtern konnte man eine entsprechende Entwicklung auf Anfrage von Blick.ch deshalb nicht kommentieren, da notwendige Zahlen schwierig zu erheben seien.

Für Stefan Horvath ist aber auch die befristete Arbeitsbewilligung mitverantwortlich dafür, dass viele in die Anonymität und oft auch in die Illegalität abdriften. In vielen Kantonen erhalten die Frauen aus dem EU-Raum nur für drei Monate eine Arbeitserlaubnis, was zu kurz sei. Sie würden deshalb nach Ablauf dieses Zeitraums einfach weiterarbeiten - illegal.

Auch in Cabarets - also in Bars mit Tänzerinnen - zeigt man sich über die Entwicklung besorgt. Im «Red Lips» im Zürcher Kreis 4 konnten Frauen dank der sogenannten L-Bewilligung bis zu acht Monate im Jahr legal arbeiten. «2016 soll diese Regelung abgeschafft werden. Dann wird es auch für uns um einiges schwieriger, Arbeiterinnen zu finden», sagt Eric Schweizer, Chef des Betriebs zu Blick.ch.

http://www.blick.ch/news/schweiz/sie-sc ... 13439.html
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Beitrag von nina777 »

16.2.2015

Diskriminierende Empfehlungen zur Prostitution

Alles andere als freizügig


Im übereifrigen Bestreben, auch die legale Prostitution einzudämmen, werden in den Amtsstuben problematische Empfehlungen ausgeheckt. Diese stehen im Widerspruch zum Freizügigkeitsabkommen, werden aber dennoch nicht zurückgenommen.

Das ominöse Rundschreiben des Staatssekretariats für Migration (SEM) ist vor drei Jahren an sämtliche Kantone und an ein halbes Dutzend Städte verschickt worden – und es ist bis heute in Umlauf, unverändert, obwohl die Kritik daran nicht abflaut, ganz im Gegenteil. Der Stein des Anstosses trägt den harmlosen Titel «Empfehlungen zur Rotlichtproblematik» und bezweckt, «eine einheitlichere Praxis unter den Kantonen sicherzustellen». Dieses löbliche Ansinnen kann ja niemand ernsthaft bekämpfen wollen, müsste man meinen, herrscht doch hierzulande in Sachen Prostitution ein heilloses Wirrwarr – alle paar Kilometer andere Auffassungen, andere kantonale und kommunale Gesetze, eine andere Behördenpraxis.

Eine Regelvermutung

Doch das Rundschreiben der eidgenössischen Migrationsbehörde stösst einerseits auf harsche Kritik von Fachstellen aus der ganzen Schweiz, andererseits wird es beispielsweise vom Kanton Zürich schlicht ignoriert. Das knapp vierseitige Dokument enthält nämlich unter anderem die abenteuerliche Behauptung, bei Prostituierten aus Bulgarien und Rumänien (EU-2-Staaten), die in die Schweiz einreisten, um hier ihrem legalen Gewerbe nachzugehen, handle es sich stets um unselbständige Erwerbstätige, die zudem immer in einem Abhängigkeitsverhältnis ständen. Regelvermutung nennt man diese Haltung, und das SEM folgert keck daraus, dass Prostituierte aus Bulgarien und Rumänien nicht zugelassen werden sollten.

Was die Prostituierten aus den anderen EU-Staaten betrifft, die in den Bereich des Freizügigkeitsabkommens fallen, verlangt Bundesbern von den kantonalen Behörden eine besonders eingehende Prüfung, ob diese auch tatsächlich selbständig erwerbend seien. Damit verknüpft ist die Empfehlung, die Kantone sollen unselbständige Prostituierte grundsätzlich gar nicht zulassen. Der Kanton Zürich allerdings lässt Frauen aus Bulgarien und Rumänien dennoch zu, verlangt jedoch, dass sie sich vor Ausübung der Tätigkeit beim Schalter des Amts für Wirtschaft und Arbeit (AWA) melden. Allen anderen Kurzaufenthalterinnen steht ein elektronisches Meldeverfahren offen. Das AWA begründet die Sonderbehandlung damit, dass für die EU-2-Staaten die volle Personenfreizügigkeit noch nicht gilt; es nimmt auf arbeitsmarktliche Zugangsbeschränkungen Rücksicht. Einreisende aus Bulgarien und Rumänien müssen also ein aufwendigeres Prozedere durchlaufen, werden aber nicht generell abgewiesen, Regelvermutung aus Bundesbern hin oder her.

Die Zürcher Juristin und Migrationsrechtsexpertin Antonia Kerland hat die Empfehlungen des SEM unter die Lupe genommen und zuhanden des Netzwerks Prokore, das sich für die Rechte der Sexarbeiterinnen in der Schweiz einsetzt, ein Kurzgutachten erstellt. Kerlands Fazit ist glasklar: Das Rundschreiben verletzt das Freizügigkeitsabkommen in mehrfacher Hinsicht.

Ein halbes Dutzend Vorstösse

Die eidgenössische Migrationsbehörde kennt das Gutachten und hat es mit den Auftraggeberinnen ausführlich besprochen. Im Dezember letzten Jahres teilt das SEM der Organisation Prokore dennoch mit, für eine Revision des Rundschreibens sei es zu früh, weil auf Bundesebene diverse Massnahmen in Sachen Rotlichtmilieu aufgegleist worden seien. Tatsächlich sind im eidgenössischen Parlament derzeit ein halbes Dutzend Vorstösse hängig, eingereicht quer durch die Parteienlandschaft und mit den unterschiedlichsten Intentionen, inklusive einer Standesinitiative aus Bern. Die einen verlangen eine Beschränkung der Prostitutionstätigkeit, die Mehrzahl jedoch mehr Rechte und mehr Sicherheit für die Sexarbeiterinnen.

Die Zürcher Gutachterin Antonia Kerland ist unangenehm überrascht von der Haltung des SEM - die Fachstellen sind empört. Kerland sagt, die Regelvermutung, alle Prostituierten aus Bulgarien und Rumänien befänden sich in einem Abhängigkeitsverhältnis und seien unselbständig tätig, weshalb man ihnen keine Kurz- oder Aufenthaltsbewilligung erteilen solle, sei schlicht unzulässig. Bei jeder Einreisenden, so Kerland, seien solche Fragen im Einzelfall zu prüfen. Anders, als es die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Schweiz vorgebe, seien EU-Frauen, die in einem Etablissement arbeiteten, auch nicht a priori als unselbständige Erwerbstätige einzuordnen. Die Migrationsrechtlerin weist darauf hin, dass die Begriffe der unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigkeit im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens nach EU-Recht auszulegen seien – und nicht nach innerstaatlichem Recht.

Dieser Hinweis ist deshalb von zentraler Bedeutung, weil nach Auffassung des Bundesgerichts praktisch jeder Bordellbetreiber ein Arbeitgeber ist, allerdings nur im Sinne des Ausländerrechts und nicht etwa zivilrechtlich, was die Sache ungeheuer kompliziert macht. Für EU-Frauen bedeutet dies, dass sie nur noch auf der Strasse als selbständig erwerbstätige Prostituierte anerkannt werden. Doch dieser höchstrichterlichen Meinung zum Trotz stellen einige Kantone den Prostituierten Musterarbeitsverträge zur Verfügung, etwa St. Gallen, der Thurgau oder Graubünden. Wiederum andere, zum Beispiel der Kanton Bern, lassen keine EU-Frauen mehr in Etablissements arbeiten, wegen angeblicher Unselbständigkeit und der damit verbundenen Empfehlungen des SEM. Das Chaos ist perfekt, von der Ungleichbehandlung nicht zu reden.

In der Gesamtheit klären

Doch auch jenen EU-Frauen, die klarerweise als selbständig erwerbstätige Prostituierte in der Schweiz tätig sein wollen, werden von der eidgenössischen Migrationsbehörde Steine in den Weg gelegt. Sogar Strassenprostituierte müssen die Selbständigkeit mit Dokumenten belegen, unter anderem mit einem Businessplan. Antonia Kerland bezeichnet diese Auflagen als unverhältnismässig, unnötig und kaum zu begründen. Sie stellt zudem fest, dass für andere Gewerbe keine derart hohen Anforderungen an den Nachweis der Selbständigkeit gestellt werden. Die migrationsrechtliche Spezialbehandlung für EU-Prostituierte als Schutzmassnahme zu bezeichnen, so die Juristin, komme nicht infrage, denn diesfalls müsste sie für alle Sexarbeiterinnen gelten, unabhängig von der Nationalität.

Generell stellt die Gutachterin fest, dass die Meldepflicht für Prostituierte aus der EU, die eine deklarative Bedeutung hat, immer mehr zur Bewilligungspflicht mutiere, was gegen das Freizügigkeitsabkommen verstosse. – Das alles sind nur einige Kritikpunkte aus dem Zürcher Kurzgutachten, und die Verfasserin sagt, Behördenvertreter aus Bundesbern hätten im direkten Gespräch eingestanden, dass ihr Rundschreiben nicht ganz korrekt sei. Dennoch wird es weder revidiert noch zurückgenommen. «Die offenen Fragen müssen zuerst in ihrer Gesamtheit geklärt werden», schreibt SEM-Mediensprecherin Léa Wertheimer auf eine entsprechende Anfrage der NZZ.

http://www.nzz.ch/zuerich/alles-andere- ... 1.18484025
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Beitrag von nina777 »

20.2.2015

Sexgewerbe im Umbruch

Freizügig im Dunkeln


Der Bund ist daran, den Schutz von Prostituierten zu verbessern. Die Begrenzung der Zuwanderung, wie sie der vom Bundesrat vorgelegte Entwurf vorsieht, könnte diesen Bemühungen zuwiderlaufen. Möglich sind aber auch positive Effekte.

Das Sexgewerbe ist ein beachtlicher Wirtschaftsfaktor. Dessen Erlös wird schweizweit auf jährlich etwa 3,2 Milliarden Franken geschätzt. Bisherige Studien gehen von 13 000 bis 20 000 Prostituierten aus, die als Sexarbeiterinnen, wie der politisch korrekte Ausdruck lautet, oder im Rahmen von Escort-Dienstleistungen arbeiten. Hinzu kommen Cabaret-Tänzerinnen – 2013 waren es im Rahmen des noch geltenden Statuts 840 Frauen aus Drittstaaten – sowie Angestellte in sogenannten Kontaktbars. In Kürze schliesst Killias Research Consulting eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Justiz ab, die neuste Daten zur Situation im Rotlichtmilieu liefern soll.

Ende der Sonderregelungen

Die Branche ist, so viel ist klar, von Schnelllebigkeit und Unsicherheit geprägt. Besonders störend ist derzeit der behördliche Wirrwarr bei der Anwendung gesetzlicher Vorgaben; jeder Kanton verfolgt seine eigene Praxis. Im kommenden Sommer will der Bundesrat einen Bericht vorlegen, der mehrere parlamentarische Vorstösse beantworten und Verbesserungen skizzieren soll. Anlass dazu ist unter anderem die Aufhebung des Cabaret-Tänzerinnen-Statuts auf Ende Jahr, das Frauen aus Drittstaaten bisher ermöglicht hat, ohne spezifische Qualifikation während höchstens acht Monaten in der Schweiz als Tänzerin tätig zu sein. Ende Mai 2016 läuft zudem eine Sonderregelung für Personen aus Bulgarien und Rumänien aus. Das sind zwei der wichtigsten Länder, aus denen Sexarbeiterinnen kommen. Bisher waren diese, anders als die Bürgerinnen der übrigen EU- und Efta-Staaten, nicht für das einfache Meldeverfahren für Aufenthalte bis drei Monate zugelassen, sondern mussten Aufenthaltsbewilligungen beantragen.

Künftige Regelungen sollen nicht nur die Gesetzespraxis vereinheitlichen, sondern auch den bis anhin ungenügenden Schutz der Sexarbeiterinnen verbessern. Eine vom Bund eingesetzte Expertengruppe unter Leitung der ehemaligen sankt-gallischen Regierungsrätin Kathrin Hilber regte letztes Jahr zu diesem Zweck 26 Massnahmen an. Dabei ging die Expertengruppe davon aus, dass nur ein geringer Teil der Sexarbeiterinnen von Menschenhandel betroffen, jedoch regelmässig anderen Formen von Ausbeutung und Ausnutzung ausgesetzt ist, etwa durch überhöhte Mieten, den Zwang zu ungeschütztem Sex oder Gewalt auf der Strasse.

Überangebot in den Städten


Das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative hat nun auch Auswirkungen auf das Sexgewerbe. Zur Frage steht, ob die vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebenen Vorschläge zur Begrenzung der Zuwanderung den Bemühungen um einen verbesserten Schutz der Sexarbeiterinnen zuwiderlaufen. Die Expertengruppe, die ihren Bericht im März 2014 wenige Wochen nach Annahme der Volksabstimmung vorlegte, konnte lediglich zur Kenntnis nehmen, «dass der ausländerrechtliche Zugang von Sexarbeiterinnen aus den EU/Efta-Staaten ab 2017 zahlenmässig beschränkt sein könnte». Sollte sich die Initiative tatsächlich umsetzen lassen, gilt auch für das Sexgewerbe: Kontingentierung statt Freizügigkeit.

Das hätte vorerst einmal einen positiven Effekt. Denn heute herrscht, wie auch der Bericht Hilber festhält, ein Überangebot an Sexarbeiterinnen insbesondere in den Städten. Das für Sexarbeiterinnen aus den EU/Efta-Staaten attraktive Schweizer Rotlichtmilieu hat zu einem Preiszerfall und zur Zunahme risikobehafteter Praktiken geführt. «Zulassungsbeschränkungen würden das Überangebot abbauen und so die Verdienstmöglichkeiten wieder verbessern», sagt Christa Ammann, die Leiterin von Xenia, der Fachstelle Sexarbeit im Kanton Bern.

Von Bedeutung ist die heute kontrovers diskutierte Frage, ob Sexarbeiterinnen als Selbständig- oder als Unselbständigerwerbende zu betrachten sind. Je nachdem gerieten sie in die Mühlen der Bürokratie: Sie müssten nachweisen, dass sie eine ausreichende eigenständige Existenzgrundlage haben. Ebenso, dass keine inländische Arbeitskraft zur Verfügung steht, was angesichts der geringen Zahl von Schweizer Sexarbeiterinnen nicht schwierig, aber mit zusätzlichem Aufwand verbunden wäre.

Abdriften in die Illegalität

Nach Auskunft des Staatssekretariats für Migration sind im gegenwärtigen Gesetzesentwurf keine Sonderregelungen für das Sexgewerbe vorgesehen. Damit bliebe weiterhin die Möglichkeit, grenzüberschreitende Dienstleistungen während 90 Tagen anzubieten – ohne Kontingentierung. Angesichts der bürokratischen Anforderungen im regulierten Bereich liegt nahe, dass sich das Sexgewerbe verstärkt in diesem Bereich abspielen würde: mit kurzer Aufenthaltsdauer, geringerer Kontrollmöglichkeit, mehr Ausbeutung. «Die Gefahr besteht», folgert Christa Ammann, «dass die Sexarbeit vermehrt in den Schwarzmarkt abdriften würde.»

http://www.nzz.ch/schweiz/freizuegig-im ... 1.18487041
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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von fraences »

Begrenzte Wirtschaftsfreiheit

Die kürzeren Strichzeiten an der Zürcher Zähringerstrasse sind zulässig. Das Verwaltungsgericht lässt drei Prostituierte abblitzen.

Wollten vor Gericht «ökonomischen Druck» aufgrund von kürzeren Strichzeiten geltend machen: Strassenprostituierte im Niederdorf.

Im Niederdorf hatten sich die Klagen gehäuft. Anwohner gründeten die IG Zähringerstrasse, um sich gegen die Strassenprostitution zu wehren. Der Stadtrat änderte daraufhin im März 2013 die «Strichzone Niederdorf» und schränkte die Strassenprostitution ein. War sie dort früher von 19 bis 5 Uhr erlaubt, ist sie seither noch von 22 bis 2 Uhr zulässig.

Drei Prostituierte und zwei Wohnungsvermieter haben rekurriert. Nun sind sie vor dem kantonalen Verwaltungsgericht unter­legen, das Urteil wurde gestern veröffentlicht. Prostitution stehe zwar unter dem verfassungsrechtlichen Schutz der Wirtschaftsfreiheit, halten die Richter fest. Aber die Kantone dürften Vorschriften über Ort, Zeit oder Art erlassen – solange die Prostitution nicht «unzulässig eingeschränkt» werde.

Reiseportal gesichtet

Genau dies hatten die Rekurrentinnen gelten gemacht. Sie beklagten einen zunehmenden «ökonomischen Druck» aufgrund der kürzeren Strichzeiten. Negative Auswirkungen auf das Quartier verneinten sie. Sie sichteten über 300 Einträge im Reiseportal Trip­advisor. Dort sei die Prostitution nur selten thematisiert worden – und wenn, dann im positiven Sinne. Der IG seien einfach die traditionell ansässigen Rotlichtlokale generell ein Dorn im Auge.

Die Richter verzichteten auf einen Augenschein. Sie halten fest: «Dass die Strassenprostitution generell mit negativen Auswirkungen auf bewohnte Häuser und Gewerbebetriebe in ihrer Umgebung verbunden ist, kann als allgemein bekannte Tatsache gelten.» Die IG hatte «massiven Verkehr, unglaublichen Dreck, gaffende und grölende Jugendliche und viele zwielichtige Gestalten im Zusammenhang mit der Prostitution» geltend gemacht und 2012 gar eine private Sicherheitsfirma beauftragt.

Hoher Wohnungsanteil

Das Verwaltungsgericht verweist darauf, dass der Wohnanteil im fraglichen Gebiet bei rund 60 Prozent liege. Zudem bestünden für die Prostituierten Alternativen – abseits der Strasse oder an anderen Orten in Zürich.

Zwar sei es möglich, dass der Erwerbsdruck eher grösser geworden sei, geben die Richter noch zu bedenken. Es könne aber ebenso gut sein, dass aus der verminderten Attraktivität des Niederdorfs punkto Prostitution eine Entlastung der Frauen resultiere. Auf die Klage der Vermieter ist das Gericht nicht eingetreten. Dass sich die Nachfrage nach Zimmern mit den verkürzten Strichzeiten vermindere, sei zwar möglich, aber nicht einklagbar.

http://www.landbote.ch/detail/article/b ... /99304517/
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translena
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Richterspruch im Sexgewerbe

Beitrag von translena »

Richterspruch im Sexgewerbe

Laut einem Richterspruch gelten Prostituierte, die in Saunaclubs anschaffen nicht mehr als selbstständige Unternehmerinnen. Aus einem einfachen Grund haben sie sich als solche ausgegeben: Frauen aus Rumänien und Bulgarien dürfen nur dann frei zuwandern, wenn sie selbständig sind. Ansonsten gilt ein Kontingent.
http://www.srf.ch/sendungen/10vor10/flu ... olitzirkus

Klaus Fricke
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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von Klaus Fricke »



Zynischer Gebrauch der Begriffe Armut und Demokratie?

Es lohnt den Bericht in 10vor10 anzusehen.

In der Konsequenz, so der Bericht, wird die selbständige Migration in die Schweizer Sexarbeit für Menschen z.B. aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn verhindert. Für die Betroffenen wird ein Weg der Existenzsicherung und der Verbesserung der eigenen ökonomischen Situation, mit dem zynischen Hinweis auf Armut als Grund für Migration, deutlich erschwert. Im Club erwerbstätig sein: Pustekuchen.

Und, Ätsche-Bätsche, ein Arbeitsverhältnis im Feld der erotischen und sexuellen Dienstleistungen, sofern dies überhaupt angeboten werden würde, kommt wegen der positiven Diskriminierung der Inländer (zumindest bis Ende 2016, so habe ich das verstanden) nicht in Frage. Bleibt bitte ARM in dem Land, aus dem Ihr stammt. Die Plätze an der Sonne sind schon vergeben. Ihr stört hier nur mit Eurer Minderbemitteltheit. Schöne neue Freiheit, die die Schweiz anbietet.

Bedenklich finde ich in diesem Zusammenhang die Stellungnahme der im Bericht verkürzt als "Fachstelle für Frauenhandel" bezeichneten Schweizer FIZ (richtig: Fachstelle für Frauenhandel und Frauenmigration, Hvhbg. K.F.). Rebecca Angelini von der FIZ unterstützt im 10vor10 Beitrag die juristische Argumentation der Scheinselbständigkeit (ob der Name so, wie hier von mir, richtig geschrieben ist, konnte ich auf der Hompage der FIZ nicht prüfen. Ich habe dort lediglich den Hinweis gefunden, dass die FIZ 20 Mitarbeitende in der Beratung hat). Welche alternativen Arbeitsmöglichkeiten Menschen haben, die in das Schweizer Sexgewerbe migrieren wollen, um ihr Glück zu finden, thematisiert sie nicht. Sie konterkariert so die Aussagen der Sexarbeitenden aus dem Beitrag, die sich selbst als selbständig tätig wahrnehmen. Mehr Unterstützung der Sichtweise der Sexarbeitenden würde ich mir von der FIZ, insbesondere im Sinne der Frauenmigration wünschen.

Das in (einigen? manchen? vielen? nahezu allen?) Clubs Weisungen zur Art und Umfang der erbrachten Leistungen und zulässigen Honorare durch die Geschäftsführungen erfolgen ist selbstverständlich ein Punkt der im jeweiligen Fall zu kritisieren und zu unterbinden wäre.

Sofern die dort Sexarbeitenden sich aber tatsächlich, in einem transparenten, fairen und freien Verfahren, selbstverpflichtend Regeln geben würden - und hiervon spricht der gezeigte Clubbesitzer (Ingo Heidbrink) - fände ich dies im Sinne von Teilhabe / Partizipation, bemerkenswert. Sofern also in Clubs tatsächlich Entscheidungsmacht zu betrieblichen Abläufen bei den Sexarbeitenden liegt (siehe dazu Stufenmodell Partizipation, ab Stufe 9, http://www.partizipative-qualitaetsentw ... ation.html) und wahrgenommen wird, HUT AB. Da wurden dann Sozialdemokratie und etablierte Gewerkschaft links überholt.

In diesem Fall wäre in dem 10vor10 Beitrag nicht nur der Hinweis auf den missbilligten Migrationsgrund Armut, sondern auch die Infragestellung dieser Entscheidung(-smacht) Sexarbeitender durch den "ironischen" Moderationspassus

"Die Prostituierte, eine freie Unternehmerin mit demokratischen Rechten? Nein, sagt Rebecca Angelini von der Fachstelle für Frauenhandel FIZ"

zynisch. Denn -so die Aussage von Herrn Heidbrink- die Sexarbeitenden eines der von ihm geführten Clubs hätten, in einem Abstimmungsverfahren mit bei Ihnen liegender Entscheidungsmacht, sich für bestimmte Honorare / Servicepakte entschieden.

Sexarbeitenden dieses Recht auf Partizipation, Entscheidungsmacht und Selbstbestimmung abzusprechen, sie diesem (Nichtselbständigkeits-) Urteil der FIZ zu unterstellen, ihre entscheidungsmächtige Praxis zu negieren, wäre nicht weniger zu kritisieren und zu unterbinden, wie Weisungen einer Clubführung zu Art der Leistung und gefordertem Honorar.

Heuchelei vom Feinsten.

Ansätze von Mitbestimmung im Sexgewerbe in der Weise abzuwerten, wie es in dem Bericht die FIZ, glaubt man 10vor10, tut, wäre im Sinne einer selbstbestimmten Sexarbeit selbstredend eine kontraproduktive Gängelung durch eine dann als angebliche zu bezeichnende Beratungsstelle.

Eventuell ist aber das Interview mit Frau Angelini in inhaltlich entstellender Weise verkürzt und missbraucht worden. Da ich davon ausgehe, dass Mitarbeitende der FIZ oder Menschen, die im Kontakt zur FIZ stehen, hier mitlesen, wäre es natürlich schön, seitens der FIZ mehr zum Sachverhalt zu hören, als 10vor10 berichtet hat.

Sollte dies nicht geschehen, so kann das Fragezeichen im Titel dieses Beitrages in ca einem Monat durch ein Ausrufungszeichen ersetzt werden und vom Konditional zum kategorischen gegangen werden.

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RE: Länderberichte SCHWEIZ

Beitrag von fraences »

Kampf gegen Menschenhandel
Es begann mit dem Go-go-Girl


Interview: Brigitte Hürlimann

Geschäftsführerin Susanne Seytter beklagt, dass es immer weniger sichere Arbeitsplätze für Prostituierte gibt. Der Fokus der Fachstelle FIZ hat sich von entwicklungs- zu frauenpolitischen Fragen verschoben.

Warum ist Anfang 1985 die Fachstelle FIZ – die damals Fraueninformationszentrum hiess – überhaupt gegründet worden?

Den Anstoss hat eine Reportage im Westschweizer Fernsehen gegeben, die Anfang der achtziger Jahre grosses öffentliches Aufsehen erregt hat. Der Film handelte vom Schicksal eines philippinischen Go-go-Girls, das in einem Zürcher Cabaret unter schlimmen Bedingungen arbeitete. Der Beitrag hat Regula Renschler von der Erklärung von Bern dazu bewogen, zahlreiche Organisationen an einen Tisch zu bringen. Das Ergebnis der Gespräche war die Gründung des Fraueninformationszentrums (FIZ). Die Fachstelle nahm im Februar 1985 in Zürich ihre Arbeit auf, in einem kleinen Büro im Stadtkreis 5. Sie hatte nur eine Angestellte: die Geschäftsleiterin, die im Teilzeitpensum tätig war. Sie wurde vom sehr engagierten, ehrenamtlich arbeitenden Vorstand unterstützt.

War die FIZ in ihren Anfangszeiten also eher entwicklungspolitisch geprägt?

Die Fachstelle fokussierte zu Beginn auf die Zusammenhänge von Tourismus, Sextourismus und der Armut in den Herkunftsländern. Das hat sich in der Zwischenzeit verändert, wir verstehen uns heute als frauenpolitische Organisation, die sich für die Rechte der Migrantinnen einsetzt, innerhalb und ausserhalb des Sexgewerbes. Ab den siebziger Jahren war jedoch der Sextourismus ein prägendes Thema. Die Organisationen, die sich damit befassten, stellten eine neue Migrationswelle fest. Aus den Ländern, die von den Sextouristen bevorzugt aufgesucht wurden, reisten vermehrt Frauen ein; also zum Beispiel aus den Philippinen oder aus der Dominikanischen Republik. Diese Migrantinnen waren Ferienbekanntschaften oder aus Katalogen ausgewählt worden: als potenzielle Ehefrauen, die manchmal gewissermassen zur Probe einreisten. In der Schweiz angekommen, sah das Leben für viele dieser Frauen überhaupt nicht so aus, wie sie es sich vorgestellt hatten oder wie man es ihnen versprochen hatte.

Wurden diese Migrantinnen von der FIZ generell als Opfer betrachtet?

Es war tatsächlich so, dass in den frühen achtziger Jahren sehr schnell von Frauenhandel die Rede war. Wenn es um Migrantinnen aus Ländern der Dritten Welt ging, die als Ehefrauen, Katalog-Frauen oder Go-go-Girls mit falschen Vorstellungen oder Versprechen in die Schweiz einreisten und in prekäre Verhältnisse gerieten, fiel das unter die Kategorie Frauenhandel. Dieses Phänomen war in der Schweiz noch viel zu wenig bekannt. Die noch junge Fachstelle FIZ leistete dazu Grundlagenarbeit; wir waren die ersten in der Schweiz, die sich intensiv mit dem Menschenhandel auseinandersetzten, auch mit den strukturellen Zusammenhängen. Die FIZ-Mitarbeiterinnen reisten in die Herkunftsländer, knüpften Beziehungen zu aus- und inländischen Organisationen und von Anfang an auch zu Behörden und Politikern. Solche Vernetzungen gehören bis heute zu den Grundprinzipien der FIZ. Geblieben ist auch, dass wir die sozialen, ökonomischen und politischen Hintergründe stets mit einbeziehen.

Wie hat sich die Haltung der Fachstelle zum Menschenhandel verändert?

Wir halten uns heute an die international anerkannte und angewandte Definition des Palermo-Protokolls, die von drei Kernelementen ausgeht: Anwerbung, Ausbeutung und Zwang. Die FIZ unterscheidet heute klar zwischen Frauenhandel und Förderung der Prostitution einerseits und selbstbestimmter Sexarbeit andererseits. Das haben wir in den vergangenen dreissig Jahren gelernt, aufgrund von Tausenden von Gesprächen mit unseren Klientinnen. Es gibt Migrantinnen, die verschiedene Optionen hatten und sich für die Sexarbeit in der Schweiz entschieden. Sie gehen selbstbestimmt ihrem Gewerbe nach. Bei ihnen geht es darum, für gute und sichere Arbeitsbedingungen zu sorgen.

Seit 2004 gibt es innerhalb der FIZ die Beratungsstelle Makasi, die sich um Opfer von Menschenhandel kümmert und 2006 den Zürcher Gleichstellungspreis erhielt. Damit unterscheidet die Fachstelle klar zwischen Ausbeutungsfällen und der übrigen Beratungstätigkeit.

Diese Abgrenzung ist zentral. Wir betonen immer wieder, dass nicht jede Frau, die im Sexgewerbe tätig ist, ausgebeutet wird und ein Opfer ist. Mit einer solchen Stigmatisierung und Schubladisierung wird man vielen Sexarbeiterinnen nicht gerecht. Und beim Menschenhandel geht es ja auch nicht nur um Sexarbeit, sondern auch um Ausbeutung durch eine andere Arbeit, etwa im Bau- und Gastgewerbe oder in der Pflege. In den neunziger Jahren hat die FIZ erreicht, dass der Menschenhandel im schweizerischen Strafgesetzbuch geregelt wurde. Mit einer weiteren Petition forderten wir ein Schutzprogramm für die Opfer von Menschenhandel, das auch ein Aufenthaltsrecht umfasst.
Die leidigen Finanzen

Der Einfrauenbetrieb FIZ von 1985 hat sich in den letzten dreissig Jahren zu einem veritablen KMU entwickelt. Die Fachstelle mit Sitz in Zürich Altstetten beschäftigt heute 21 Mitarbeiterinnen, die sich 14 Vollzeitstellen teilen. Weitere 20 bis 30 Mitarbeiterinnen werden nach Bedarf und im Stundenlohn zugezogen; etwa dann, wenn die FIZ nach einer polizeilichen Grossrazzia mit Betreuungsaufgaben überhäuft ist. Das Budget der Fachstelle beträgt heute 2,2 Millionen Franken pro Jahr. Das ist viel Geld, das in aufwendiger Kleinarbeit zusammengekratzt werden muss. Die involvierten Kantone und Städte leisten Beiträge, ebenso der Bund, die Mitglieder und die Spenderinnen. Hätte Geschäftsführerin Susanne Seytter einen Wunsch offen, sie würde sich einen jährlich wiederkehrenden, namhaften Sockelbeitrag des Bundes wünschen: als Anerkennung, und damit sie sich nicht Jahr für Jahr Sorgen machen muss, ob sie den Betrieb in dieser Grösse aufrechterhalten und all die Aufgaben wahrnehmen kann, welche der Fachstelle zugetragen werden. Im November plant die FIZ das Dreissigjährige gebührend zu feiern: mit einer Benefizveranstaltung, an der das Festen und das Spenden verbunden werden.


Waren Sie auch mit dieser Forderung erfolgreich?

Eine bessere Aufenthaltsregelung haben wir in der Zwischenzeit zwar erreicht, das Schutzprogramm aber noch nicht. Darum haben wir 2004 die Beratungsstelle Makasi gegründet, das war eine schiere Notwendigkeit. Und was auch ganz wichtig ist: Bereits 2001 initiierten wir im Kanton Zürich einen runden Tisch zum Thema Menschenhandel, einen solchen gab es davor in der Schweiz noch nicht. Verschiedene Nichtregierungsorganisationen, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, die Migrations-, Opfer- und Gleichstellungsbehörden sitzen bis heute regelmässig zusammen und suchen gemeinsam nach Lösungen, und zwar auf Augenhöhe. Diese Kooperation ist dringend notwendig, denn die FIZ kann die Probleme rund um den Menschenhandel nicht alleine lösen.

Wie stark beschäftigt Sie der Menschenhandel heute noch?

Vergangenes Jahr befasste sich die Beratungsstelle Makasi mit 226 Fällen. Darunter waren auch mutmassliche Fälle von Menschenhandel und Frauen, die in der Sexarbeit missbraucht und ausgebeutet wurden, was unter Straftatbestände wie Förderung der Prostitution oder Körperverletzung fällt. Was den Menschenhandel betrifft, haben wir viel erreicht, auch wenn der Schutz der Opfer noch zu verbessern ist. Die Bemühungen, Opfer von Menschenhandel zu finden, sind je nach Kanton unterschiedlich intensiv und professionell. In der selbstbestimmten Sexarbeit hingegen verzeichnen wir eher Rückschritte. Es besteht schweizweit die Tendenz, das Gewerbe mit neuen Verboten und Regulierungen zu belasten, was die Stigmatisierung fördert und die Akteurinnen in die Grauzone drängt. Gleichzeitig gibt es immer weniger gute, sichere Arbeitsplätze für Prostituierte, vor allem in der Stadt Zürich. Die Kleinsalons, die niemanden stören, sind gefährdet, und im Langstrassenquartier gibt es zwar Kontaktbars, aber auf der Strasse dürfen die Frauen keine Kunden akquirieren.

Die Arbeit der FIZ begann mit den Go-go-Girls. Sind sie nach dreissig Jahren noch ein Thema?

Auf den 1. Januar 2016 soll das Tänzerinnen-Statut aufgehoben werden, dagegen haben wir uns gewehrt, leider vergeblich. Pro Jahr gelangen bis heute rund hundert Tänzerinnen an unsere Beratungsstelle. Weil sie einen Arbeitsvertrag vorlegen können, gelang es uns in erfreulich vielen Fällen, ihre Rechte einzuklagen und einzufordern. Das wird in Zukunft wesentlich schwieriger sein. Vor allem ist es Frauen aus Nicht-EU-Staaten nicht mehr möglich, legal in die Schweiz einzureisen und hier zu arbeiten, ausser natürlich es handle sich um bestausgebildete Spezialistinnen. Diese Situation werden wir im Auge behalten müssen. Reisen die Migrantinnen trotzdem ein, was zu erwarten ist? Und was geschieht dann mit ihnen? Der Bund hat immerhin die Bereitschaft signalisiert, uns bei solchen Themen zu unterstützen, vor allem, wenn es um ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht für ausgebeutete und illegalisierte Migrantinnen geht. Das beschränkt sich nicht auf das Sexgewerbe.

Heisst das, die Fachstelle FIZ wird es auch noch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten brauchen?

Davon gehe ich aus. Das Nord-Süd-Gefälle nimmt nicht ab, der Migrationsdruck bleibt hoch, die Globalisierung schreitet voran. In der Prostitution gelten noch lange nicht die gleichen Rechte wie in anderen Arbeitsbereichen. Ausserdem gilt es, den Fokus im Menschenhandel auch auf Arbeitsgebiete ausserhalb des Sexgewerbes auszuweiten.


http://www.nzz.ch/zuerich/es-begann-mit ... 1.18527916
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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