
Mitch hat geschrieben:Da hast du Anarchie Aoife.
Danke Michel, ich denke da zeigt sich wie leicht man mit Schlagworten aneinander vorbeireden kann.
Anarchie heißt ja "Nicht-Herrschaft", und in diesem Sinn gebrauche ich dieses Wort (und auch Lao-Tse beschreibt Nicht-Herrschaft als die ideale Form der Organisation, auch wenn er das lange nach ihm erfundene Wort Anarchie natürlich nicht kannte).
Was wir in GB sehen sind hingegen die mehr-oder-eher-weniger erfolgversprechenden Versuche neue Herrschaftsstrukturen zu etablieren. Dies als "Anarchie" zu bezeichnen ist der Versuch der bisherigen Herrscher die mit diesen Versuchen einhergehen Unannehmlichkeiten zu nutzen um ihre eigene Herrschaft als die bessere Alternative darzustellen.
Daraus folgt dann auch dass dies:
Mitch hat geschrieben:Jedem ist selbst überlassen welche Moral er vertritt. Ein völlig herrschaftsloses System das nur funktionieren wird, wenn wir uns viel, viel weiter entwickelt haben.
nicht die Bedingungen einer funktionierenden Anarchie darstellen kann. Es bleibt keineswegs jedem überlassen welche Moral er vertritt, das ist ja gerade das derzeitige Problem mit den Nicht-Anarchien.
Sondern im Gegenteil, das geht erst dann, wenn nicht jeder (das widerspricht jeder natürlichen Gegebenheit), aber der absolut überwiegende Teil der Menschen die anarchische Moral vertritt, also einsieht dass es uns allen besser geht wenn wir darauf verzichten über andere herrschen zu wollen - und unsere eigene Freiheit ebenso wie die anderer gegen eventuelle Herrschaftsansprüche massiv verteidigen.
Ob dazu nun wirklich eine solch massive Weiterentwicklung der Menschheit notwendig ist wage ich zu bezweifeln. Ich denke diese Vorstellung stammt aus der Erfahrung dass die Menschheit sich einfach nicht in die von äußeren Gesetzgebern gewünschte Richtung entwickelt (letztes Beispiel der Sowjetkommunismus - die Vorstellung dass nach einigen Generationen der Wunsch nach Privateigentum genetisch ausgerottet sei ist einfach nicht aufgegangen) - also "rettet" man die der menschlichen Natur widersprechende Philosophe in dem man konstatiert dass die Zeit noch nicht reif sei, dass das alles viiiiel länger dauern wird usw.
Schaut man sich die geschichtliche Entwicklung einmal nicht nach ihrer Gewichtung in den Schulbüchern, sondern mit Blick auf die unverzerrte Zeitachse an, so wird klar dass die Menschheit schon lange vor "geschichtlichen" Zeiten ausgestorben wäre, wenn Philosophien, Staatssysteme, Moralideologien für ihr Überleben eine Rolle spielen würden.
So wie der individuelle Mensch weit größere unbewußte Ressourcen hat als er bewußt weiß, so bin ich auch überzeugt dass das ebenso für die Menschheit als ganzes gilt. Somit ist meine Einstellung: Wir sollten uns hier und jetzt bemühen diese Ressourcen nutzbar zu machen, anstelle darüber zu spekulieren dass sie eventuell erst in ferner Zukunft entstehen werden
Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
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