Die "verlorene" Generation

Hier findet Ihr aktuelle Pressemeldungen, die nicht unbedingt etwas mit dem Thema Sexwork zu tun haben.
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Aoife
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Beitrag von Aoife »

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Mitch hat geschrieben:Zumindest sagen wir mit unserer Passivität, dass uns die momentane Politik lieber ist als Anarchie. Und da bin ich mir gar nicht so sicher.
Ich bin mir hingegen sehr sicher, dass mir Anarchie lieber ist.

Das was Lao-Tse als optimale Regierungsform beschreibt ist schließlich Anarchie: Die Herrschenden sind unbekannt, ihr Wille wird aus eigenem Antrieb befolgt weil er mit dem Willen des Volkes übereinstimmt, so dass das Volk sagt "Wir sind frei".

Allerdingsbeschreibt Lao-Tse in dem oben zitierten Abschnitt ja die Vorgänge der neolithischen Revolution, und da wir nun einmal *nach* dieser Leben können wir nicht einfach zurück in's "Goldene Zeitalter".

Wir hatten in der Zwischenzeit ja nicht nur geliebte - geehrte - gefürchtete - verachtete Herrscher, sondern auch genügend Individuen hervorgebracht, die genau eine solche Position anstreben. Die Frage lautet für mich deher keinesfalls "Anarchie - ja oder nein" sondern vielmehr: "Wird es uns gelingen bevor den Unterdrückten destruktiver Widerstand aufgezwungen wird ein Modell zu entwickeln, das zumindest die Hoffnung beinhaltet, dass die Anarchie nicht gleich wieder von den altbekannten Narzißten gekapert wird?"

Letztlich brauchen wir ein neus (oder uraltes, inzwischen vergessenes?) Wertesystem. Ich verurteile keinen der London rioters, kann aber den im gerade versagenden Wertesystem verhafteten Aufstand nicht aktiv unterstützen.

Liebe Grüße, Aoife
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fraences
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Beitrag von fraences »

Armut u. Moral
Cameron spricht vor Schülern über Armut u. Moral, alle lauschen gebannt.
"Darf ich eine Frage stellen?" fasst ein Schüler seinen ganzen Mut zusammen.
"Natürlich!"
"Ich weiß woher die Armut kommt, woher kommt aber die Moral?"
"Du musst immer das tun, was dir die Erwachsenen sagen und viel lesen, Bücher und Zeitungen, viele Bücher und viele Zeitungen, dann wirst du, wenn du dich anstrengst, vielleicht mal so reich wie Rupert Mordoch."
"Ah, ist das der, der bestimmt was Moral ist?"
"Okey dokey!"
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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Mitch
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Beitrag von Mitch »

Anarchy in the UK ! (höhö, das wollte ich immer schon sagen^^)

Da hast du Anarchie Aoife. Jedem ist selbst überlassen welche Moral er vertritt. Ein völlig herrschaftsloses System das nur funktionieren wird, wenn wir uns viel, viel weiter entwickelt haben.
Wie kann das sein, was Lao-Tse meinte, wenn er doch von Herrschaft spricht. Vielleicht spricht er von einem edelmütigen, aufgeklärtem Volk. Persönliche Reife gestattet uns weniger repressive Regierungsformen. Oder wie Aristoteles sagte:
"Dies habe ich durch Philosophie gewonnen. Dass ich tue, ohne befohlen zu werden, was andere nur aus Furcht vor dem Gesetz tun."
Aber trotzdem: Wir haben dort Anarchie und sie gefällt dir nicht.
Ich habe lange an den "Omnibus für direkte Demokratie" gespendet. Das tue ich jetzt nicht mehr, nachdem ich erfahren habe was auf uns zukäme, gäbe man dem deutschen Volk wirklich die Macht sich selbst zu regieren. Die Anarchie ist es mir nicht wert, den bürgerlichen Rassismus herrschen zu lassen.
Wir sind technisch so weit entwickelt, dass wir die Welt heilen oder zerstören können - aber moralisch und philosophisch sind wir weit hinter Kulturen zurück die vor Jahrtausenden untergegangen sind.
Wie sollen wir diese Entwicklung rückgängig machen, ohne uns zunächst von der Herrschaft zu befreien?

Lieber Gruß

Michel

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Aoife
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Beitrag von Aoife »

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Mitch hat geschrieben:Da hast du Anarchie Aoife.
Danke Michel, ich denke da zeigt sich wie leicht man mit Schlagworten aneinander vorbeireden kann.

Anarchie heißt ja "Nicht-Herrschaft", und in diesem Sinn gebrauche ich dieses Wort (und auch Lao-Tse beschreibt Nicht-Herrschaft als die ideale Form der Organisation, auch wenn er das lange nach ihm erfundene Wort Anarchie natürlich nicht kannte).

Was wir in GB sehen sind hingegen die mehr-oder-eher-weniger erfolgversprechenden Versuche neue Herrschaftsstrukturen zu etablieren. Dies als "Anarchie" zu bezeichnen ist der Versuch der bisherigen Herrscher die mit diesen Versuchen einhergehen Unannehmlichkeiten zu nutzen um ihre eigene Herrschaft als die bessere Alternative darzustellen.

Daraus folgt dann auch dass dies:
Mitch hat geschrieben:Jedem ist selbst überlassen welche Moral er vertritt. Ein völlig herrschaftsloses System das nur funktionieren wird, wenn wir uns viel, viel weiter entwickelt haben.
nicht die Bedingungen einer funktionierenden Anarchie darstellen kann. Es bleibt keineswegs jedem überlassen welche Moral er vertritt, das ist ja gerade das derzeitige Problem mit den Nicht-Anarchien.

Sondern im Gegenteil, das geht erst dann, wenn nicht jeder (das widerspricht jeder natürlichen Gegebenheit), aber der absolut überwiegende Teil der Menschen die anarchische Moral vertritt, also einsieht dass es uns allen besser geht wenn wir darauf verzichten über andere herrschen zu wollen - und unsere eigene Freiheit ebenso wie die anderer gegen eventuelle Herrschaftsansprüche massiv verteidigen.

Ob dazu nun wirklich eine solch massive Weiterentwicklung der Menschheit notwendig ist wage ich zu bezweifeln. Ich denke diese Vorstellung stammt aus der Erfahrung dass die Menschheit sich einfach nicht in die von äußeren Gesetzgebern gewünschte Richtung entwickelt (letztes Beispiel der Sowjetkommunismus - die Vorstellung dass nach einigen Generationen der Wunsch nach Privateigentum genetisch ausgerottet sei ist einfach nicht aufgegangen) - also "rettet" man die der menschlichen Natur widersprechende Philosophe in dem man konstatiert dass die Zeit noch nicht reif sei, dass das alles viiiiel länger dauern wird usw.

Schaut man sich die geschichtliche Entwicklung einmal nicht nach ihrer Gewichtung in den Schulbüchern, sondern mit Blick auf die unverzerrte Zeitachse an, so wird klar dass die Menschheit schon lange vor "geschichtlichen" Zeiten ausgestorben wäre, wenn Philosophien, Staatssysteme, Moralideologien für ihr Überleben eine Rolle spielen würden.

So wie der individuelle Mensch weit größere unbewußte Ressourcen hat als er bewußt weiß, so bin ich auch überzeugt dass das ebenso für die Menschheit als ganzes gilt. Somit ist meine Einstellung: Wir sollten uns hier und jetzt bemühen diese Ressourcen nutzbar zu machen, anstelle darüber zu spekulieren dass sie eventuell erst in ferner Zukunft entstehen werden :002

Liebe Grüße, Aoife
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