Deutsche Koalition plant Gesetze gegen Zwangsprostitution

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bienemaya
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Deutsche Koalition plant Gesetze gegen Zwangsprostitution

Beitrag von bienemaya »

8. März 2014, 13:57

Gewerbeordnung für Bordelle soll verschärft werden

München - Die große Koalition in Deutschland will noch in diesem Jahr neue Gesetz gegen Zwangsprostitution in die Wege leiten. Dazu wollen Union und SPD die Gewerbeordnung für Bordelle verschärfen, wie die Vize-Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Nadine Schön (CDU), dem "Focus" sagte. "Es ist heutzutage schwerer, in Deutschland eine Pommesbude aufzumachen als ein Bordell", kritisierte sie.

Zudem sollen Zwangsprostituierte, die gegen ihre Zuhälter aussagen, ein Aufenthaltsrecht bekommen. Die Vorsitzende der Gruppe der Frauen in der Unionsfraktion, Karin Maag (CDU), hatte Ende Jänner im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP auch angekündigt, sich mit anderen Unionsfrauen dafür stark zu machen, das gesetzliche Mindestalter für Prostituierte von derzeit 18 auf 21 Jahre anzuheben. Es sei nicht verständlich, wenn im Strafrecht erst ab 21 nach Erwachsenenrecht geurteilt werde, bei Prostitution aber gesagt werde: "Mit 18 bist du volljährig". Für ein Mindestalter von 21 Jahren für Prostituierte hatte sich jüngst auch die CSU-Landesgruppe im Bundestag ausgesprochen.

SPD-Vize und Frauenministerin Manuela Schwesig hatte neue Gesetze gegen Zwangsprostitution als "eine der ersten Aufgaben" der schwarz-roten Regierung bezeichnet. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, Frauen besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution zu schützen. (APA, 8.3.2014)

http://derstandard.at/1392687591503/Deu ... ostitution

Klaus Fricke
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RE: Deutsche Koalition plant Gesetze gegen Zwangsprostitutio

Beitrag von Klaus Fricke »

Von: Klaus Fricke
An: karin.maag@bundestag.de
Am: 09.03.2014 um 15:29 Uhr



Sehr geehrte Frau Maag,

mit Bezug auf Ihre Aussage:


"Es sei nicht verständlich, wenn im Strafrecht erst ab 21 nach Erwachsenenrecht geurteilt werde, bei Prostitution aber gesagt werde: 'Mit 18 bist du volljährig'."
( http://derstandard.at/1392687591503/Deu ... ostitution )

bitte ich Sie als Juristin mir als potentiellem Klienten folgende Fragen quasi rechtsberatend und natürlich ehrenamtlich zu beantworten:

- Werden alle Personen die zur Gruppe der Heranwachsenden gehören nach Jugendstrafrecht behandelt?
- Wird im Strafrecht davon gesprochen, das Heranwachsende, die (mutmaßliche) Straftäter_innen sind, ihre Volljährigkeit verlieren?
- Handelt es sich bei 18 Jährigen, die der Sexarbeit nachgehen, um (mutmaßliche) Strafäter_innen?
- Sind Sexarbeitende die zur Altersgruppe der Heranwachsenden gehören generell einem Verfahren nach dem Jugenstrafrecht zu unterziehen?
- Soll die Volljährigkeitsgrenze für Straftäter_innen im Alter von 18 bis 21 Jahren, im Falle der Anwendung des Jugendstrafrechtes auf sie, ebenfalls auf 21 Jahre angehoben werden?
- Soll Personen, die der Sexarbeit nachgehen und Personen die zu Gruppe der Heranwachsenden gehören (18 - 21) und die nach Jugendstrafrecht behandelt werden, die Gleichbehandlung mit Personen ihrer Altersgruppe bezüglich ihrer bürgerlichen Rechte ( § 2 BGB) vorenthalten werden?

Sofern sich nach Prüfung der erfragten Sachverhalte ergibt, dass Sexarbeitende nicht unter dem Generalverdacht der Straftäter_innenschaft gestellt werden dürfen, sie daher nicht ausnahmslos und generell den Regelungen des (Jugend-) Strafrechtes (das auf Delinquenz reagiert und diese zum Anlass nimmt eine Störung der "Reifeentwicklung" zu vermuten, die zu prüfen ist, bevor über Anwendung von Jugend- oder allgemeinem Strafrecht entschieden werden kann) zu unterstellen sind, und sie zudem, selbst für diesen Fall, nicht ihrer bürgerlichen Rechte enthoben werden dürften, zu denen auch das Recht auf freie Berufstwahl und Berufsausübung gehört, bitte ich Sie Ihren Vorschlag, den ich dem o.g. Artikel entnommen habe, und der geeignet ist als gruppenbezogen menschenfeindlich ( http://de.wikipedia.org/wiki/Gruppenbez ... ndlichkeit ) klassifiziert zu werden, zurückzuziehen.

Ich halte Ihren Vorschlag für grundrechtswidrig und geeignet die freiheitlich demokratische Grundordnung zu gefährden. Ich plädiere, sofern Sie in der Beantwortung o.g. Fragen nicht zu einer Entlastung Ihres Vorschlages vom Vorwurf der Verfassungfeindlichkeit gelangen, dafür, Ihnen in diesem Fall Berufsverbot zu erteilen und alle, die Ihrem Vorschlag folgen, auf ihre Verfassungskonformität hin zu überprüfen und der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden zu unterstellen. Ob der offenkundigen Delinquenz, die dem ihrerseitigen Vorschlag dann zu eigen wäre, halte ich ein Prüfungsverfahren auf die persönliche Reife (wegen mutmaßlicher Delinquenz) aller diesen Vorschlag Befürwortenden für angemessen, dass an das entsprechende Jugendstrafrechtsverfahren anzulehnen wäre.

Sofern Sie mein Anliegen als provokant empfinden, bitte ich Sie darum, sich in die Lage einer jungen Frau hineinzuversetzen, die zur Altersgruppe der 18 - 21 jährigen gehört und sich als Sexarbeiterinnen aus eigenem, freien Willen eine wirtschaftliche Existenz aufgebaut hat und insofern nicht nur soziokulturell sondern auch sozioökonomisch zur Gruppe der Erwachsenen gehört (rechtlicht sowieso laut BGB § 2) und sich offensichtlich keiner Straftat schuldig gemacht hat. Sofern Ihnen dieser Perspektivwechsel gelingt, werden Sie feststellen, dass Ihr Vorschlag auf die Existenzvernichtung dieser Sexarbeiterin zielt, es sich also um eine Kriegserklärung mit dem Ziel der Vernichtung von Existenzen, der natürlich grundrechtlich unzulässig ist, handelt. Verstehen Sie daher, wenn Ihnen ein erneuter Perspekivwechsel gelingt, meine Einlassung als das, was sie nach ihrem Angriffsakt nur sein kann, eine pointierte Defensive.

Persönlich frage ich mich, ob Sie als Juristin rechtlich so unbedarft sein können, dass Sie solche Vorschläge machen, oder ob sie den demagogischen Effekt ihrer Einlassungen kalkuliert und für höherwertiger als juristische Aufrichtikeit bewertet haben. Persönlich reif fände ich das nicht. Welche standesrechtlichen Implikationen Ihr Verhalten dann hätte, kann ich nicht beurteilen, es wäre aber zu prüfen. Damit wären wir auch wieder beim jugendrechtlichen Prüfungsverfahren und damit bei der Frage, ob Sie charakterlich für Ihr Amt geeignet sind.

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Fricke

siehe auch:
viewtopic.php?p=138211#138211