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Hier nochmal der Text, da er eine Bezahlschranke hat:
Was im Osten Österreichs bereits länger Realität ist, ist seit April – wie berichtet – jetzt auch in Tirol möglich: Sexualassistenz für volljährige Menschen mit Behinderung. Das bedeutet, dass es für Sexarbeitende nun möglich ist, auch außerhalb von Bordellen zu arbeiten. Solange ihre Klientinnen und Klienten pflegebedürftig sind bzw. eine Behinderung haben.
Die Anfragen dazu häuften sich schon länger – da war die Legalität noch gar nicht gegeben. „Die Nachfrage hat es immer gegeben, aber das Problem war, dass es illegal gewesen wäre“, heißt es dazu vom Verein Ibus (Innsbrucker Beratung und Unterstützung für Sexarbeiter*innen). „Nein“, musste die Antwort noch bis vor Kurzem lauten, „in Tirol sind sexuelle Dienstleistungen ausschließlich im Bordell erlaubt.“ Doch gerade für Menschen mit Behinderung ist der Weg dorthin oft mit Hürden verbunden.
„Fraglich, ob Klienten in diesem Bereich Fuß fassen“
Jetzt aber nicht mehr, denn mit der Gesetzesänderung dürfen Sexarbeitende – wie eingangs erwähnt – auch zu Menschen mit Behinderung nach Hause bzw. in Pflegeeinrichtungen kommen.
Doch nun tut sich ein neues Problem auf: Es fehlt an Sexarbeitenden. „Im Osten Österreichs ist das ja schon länger möglich, deswegen haben wir Sexarbeitende von dort angeschrieben – doch die Antwort bekommen, dass sie keine Ressourcen haben und auch die Anfahrt zu lange ist.“ Es gibt auch einige Sexarbeitende hierzulande, die sich für das Thema Sexualassistenz interessieren und bei Ibus nachfragen. „Ob unsere Klienten aber in dem Bereich Fuß fassen, wissen wir noch nicht.“
Doch was wird alles als Behinderung gesehen?
„Das Gesetz ist eben noch sehr neu. Aber wir klären auf: ,Hast du schon gehört? Seit April gibt es die Möglichkeit in Tirol, auch außerhalb genehmigter Betriebe für Menschen mit Behinderung Leistungen anzubieten.’“ Ibus ist übrigens auch jener Verein, bei dem sich die Sexarbeitenden melden müssen – nicht, so wie der erste Vorschlag gewesen wäre, beim Gemeindeamt.
Generell zeigt man sich erfreut über die neue gesetzliche Lage – es war eine lang bestehende Forderung seitens verschiedener Einrichtungen. Kritisch gesehen wird jedoch die Einschränkung auf „Menschen mit Behinderung“ – nicht zuletzt deswegen, weil fraglich ist, was alles als Behinderung gesehen werden kann. Doch immerhin, sobald jemand einen Behindertenausweis hat oder Leistungen wie etwa Pflegegeld bekommt, darf man Sexualassistenz in Anspruch nehmen.
Anders als etwa in Vorarlberg, wie eine Sprecherin von Ibus aufzeigt, wo man eine Pflegestufe vier aufweisen muss. „Im Vergleich dazu ist es in Tirol super. Auch wenn wir es begrüßen würden, wenn Sexualhausbesuche generell erlaubt wären.“
Die Forderung besteht, weil Bordelle als einzige Möglichkeit, ihren Beruf auszuüben, Sexarbeitende in Bedrängnis bringen kann: „Klientinnen und Klienten berichten, dass in einigen Betrieben das Anbieten von ungeschütztem Oralverkehr von ihnen erwartet wird, was sowohl die Selbstbestimmung der Sexarbeitenden als auch ihre sexuelle Gesundheit erheblich gefährdet“, zeigt der Verein auf.
Hausbesuche zu erlauben, wäre auch kein Novum in Österreich, in anderen Bundesländern wie etwa Wien oder der Steiermark sind diese für sexuelle Dienstleistungen erlaubt.
„Tirol geht endlich einen überfälligen Schritt“
Das Landespolizeigesetz wurde geändert. Es ist nun erlaubt, „sexuelle Dienstleistungen an volljährigen Menschen mit Behinderungen an deren privaten Räumlichkeiten sowie an volljährigen Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen oder in Alten-, Wohn- und Pflegeheimen, jeweils in deren privaten oder ihnen hierfür zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten“ anzubieten.
Menschen mit Behinderung sind dabei gesetzlich definiert: Sie müssen etwa Leistungen nach dem Teilhabegesetz, nach dem Pflegeleistungsgesetz bekommen oder etwa einen Behindertenpass besitzen. Diese Definition lässt Raum für Kritik offen. Trotzdem zeigt man sich seitens der Opposition über die politische Entwicklung zuversichtlich: „Es ist geschafft, Tirol geht endlich einen überfälligen Schritt Richtung Selbstbestimmung und Würde für Menschen mit Behinderungen und pflegebedürftigen Menschen. Sexualassistenz zu legalisieren heißt, ein jahrzehntelanges Tabu zu brechen – über Körper, Bedürfnisse und das Recht auf Nähe. Für uns Grünen war es zentral, dass das Ergebnis im Sinne der Betroffenen gestaltet wird – und nicht ideologisch aufgeladen ist. Dass wir als Oppositionspartei maßgeblich daran mitarbeiten konnten, zeigt, dass politische Verantwortung nicht an der Regierungstür endet. Dieser Beschluss ist ein wichtiger Beitrag zur Enttabuisierung von Sexualität im Alter und bei Behinderung“, erläutert LA Zeliha Arslan.
Zusammen mit der FPÖ, der Liste Fritz und den NEOS hat sie bereits am 27. Juni 2024 einen Antrag betreffend „Selbstbestimmtes Leben sichern – Sexualassistenz ermöglichen!“ in den Landtag eingebracht. Darin wurde die Landesregierung aufgefordert, dem Beispiel Vorarlbergs zu folgen, das kurz zuvor eine Lockerung des Sittenpolizeigesetzes beschlossen hat.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Ibus und den unermüdlichen Einsatz.
https://www.frauenvernetzung.tirol/ibus/
beste Grüße
Nora
Krone Beitrag: Fehlt an Sexarbeitern für Menschen mit Behinderung
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