Ich war in einer Schule für HEP
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Ich war in einer Schule für HEP
Letzten Montag war ich über 3 Ecken eingeladen worden in eine Schule für Heilerziehungspfleger und durfte dort am Unterricht teilnehmen.
Man hatte mich gefragt, ob ich Lust hätte, die Lehrer darin zu unterstützen, den seit Jahren THEORETISCHEN Unterricht und das THEORETISCHE Wissen durch meine paraktischen Erfahrungen zu bereichern und vielleicht von Dingen zu erzählen, die ich mit Menschen mit Behinderung erlebt hätte.
Ich habe für meine HP einen Text geschrieben, den ich gerne auch hier publizieren möchte:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Seit einigen Jahren bin ich ja nun mit I. befreundet - einer Heilerziehungspflegerin, die mir seinerzeit einen geistig behinderten Bewohner ihres Wohnheims anvertraut hatte.
Vor einigen Wochen hatte I. ihren früheren Dozenten an der Heilerziehungspflegeschule (HEP-Schule) wieder getroffen. Bereits während ihrer Ausbildung gab es eine Unterrichtseinheit über Sexualität; bzw. wie man wohl mit der Sexualität der behinderten Bewohner umgehen kann und sollte - und inwieweit dieser Umgang mit der eigenen Sexualität zusammen hängt.
Die HEP-Schule versucht, ihren Schülern einen offenen, freien und guten Umgang aufzuzeigen und eine Basis zu legen, damit zukünftig auch diese Bedürfnisse der Heimbewohner erkannt und mit ihnen offen umgegangen werden kann.
So erfuhr der Dozent von I.´s Experiment mit einer Sexworkerin (also mir) und ihrem Bewohner.
I. erzählte ihm, wie sie mich im internet fand; wie sich unser Kennenlernen gestaltete und das Treffen mit dem Heimbewohner verlief; bzw. welche Auswirkungen das intime Zusammensein auf dessen Wohlbefinden und Verhalten hatte.
Der Dozent fand das alles sehr spannend und so kam es, daß er mich an die Schule einlud, um im Unterricht von meiner Arbeit zu erzählen.
Ein konkreter Ablauf-Plan lag nicht vor. Wir hatten beide noch nie etwas derartiges getan und keiner war sich klar darüber, ob es besser sei, wenn ich frei erzähle; lieber vom Dozenten und/oder den Schülern befragt werde und welche Themen in welcher Form wohl interessant seien.
Aber klar war, daß eine Annäherung IMMER gut ist.
Sowohl Behinderten-Sexualität, als auch Prostitution werden sehr skeptisch betrachtet und sind sehr tabu-behaftet.
Wenn man Tabus aufbrechen möchte, ist Offenheit von Nöten.
Und da ich es als sehr wichtig erachte, daß die erotischen und zärtlichen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung auch in Wohnheimen wahrgenommen und nach Möglichkeit erfüllt werden, war es außer Frage, daß ich mich auf diese Unterrichtseinheit einlassen werde.
Wir hatten kurz telefoniert; Datum, Uhrzeit und Ort besprochen und als mir Herr L. erzählte, worüber der Unterricht im Vorfeld handelt, fragte ich, ob ich vielleicht bereits hier anwesend sein und lauschen dürfte.
Er freute sich sehr über mein Interesse und so vereinbarten wir, ich könne bereits um 8h in den Unterricht kommen – ich selbst wäre dann "Thema" ab 11h.
Ich war an besagtem Tag sehr aufgeregt.
Das Gelände der Schule ist riesengroß.
Es gibt viele einzelne Gebäude - Schulhäuser; Wohnheime für Angestellte und auch für Menschen mit Behinderung – und auch eine Wiese mit Schafen und anderes Kleingetier.
Viel Natur und eine sehr angenehme, ruhige und doch betriebsame Athmosphäre....
Leider hab ich mich hier erstmal fast verlaufen, sodaß ich dann doch 5 Minuten zu spät erschien.
Ich wäre sicherlich noch viel aufgeregter gewesen, hätte ich im Vorfeld gewußt, daß mich 40 Berufschüler und 2 Lehrer erwarten....
Als ich eintrat, sahen sie mich alle an mit einer Mischung aus Neugierde; Gespanntheit und vielleicht auch Unsicherheit.
Ah - das ist also eine Prostituierte.......
Hm - hätt ich mir völlig anders vorgestellt.
Mal gucken, wie sie so ist
- schien diese Gruppe mir gedanklich vorzuflüstern.
Ich wurde von den beiden Lehrern herzlich begrüßt und der Unterricht ging weiter.
Ich war ganz furchtbar nervös und hatte Muffe, die Hoffnungen und Erwartungen - die ansich ja garnicht klar definiert waren - nicht erfüllen zu können.
Die Schüler schienen mir schätzungsweise zwischen 18 und 50 Jahren alt zu sein. Mehr Frauen, als Männer.
Und immer wieder vorsichtige Blicke die mich scannten, in der Hoffnung, ich würde es nicht bemerken.....
Und ich selbst hielt es wohl ähnlich.....
Im Verlauf des Unterrichts wurde mir sehr viel bewußt, das ich so noch nie betrachtet hatte.
Wie klar und bewußt man sich seiner eigenen Sexualität sein sollte; wie natürlich und selbstverständlich man sie betrachten muß, um auch ANDEREN ihre Sexualität selbstverständlich anerkennen zu können.
Und wie schwer es selbst heute noch jungen Menschen fällt, offen zu sein und über ihre Bedürfnisse; ihre Lust - und vor allem ihre Ängste; Minderwertigkeitsgefühle und Zweifel nachzudenken; dazu zu stehen oder gar darüber zu reden.
Wir leben in einer sexualisierten Leistungsgesellschaft.
Hier darf es scheinbar keine Ängste; Potenzprobleme oder Kontaktschwierigkeiten geben.....
Durch meinen Beruf lebe ich inzwischen Vieles selbstverständlich und ich habe tausende Facetten von Normalität wieder und wieder erlebt - aber eben diese Tatsäche läßt manches Mal vergessen, daß ein Einzelner niemals einen solchen "Überblick" bekommen wird, wenn er "solide" lebt. Und somit oft gefangen bleibt in seinen Unsicherheiten.
Die Schüler taten sich unglaublich schwer, offen mit dem Thema Sex umzugehen.
Man wich schnell aus und bezog sich stattdessen mehr auf Heimbewohner, bzw. auf die Lebensumstände dort.
Wie wird im Wohnheim für behinderte Menschen mit Geschlechtlichkeit und Sexualität umgegangen....
Die Schüler kamen aus unterschiedlichen Einrichtungen mit sehr verschiedenen Arten, das Thema zu "behandeln".
Man hatte mich gefragt, ob ich Lust hätte, die Lehrer darin zu unterstützen, den seit Jahren THEORETISCHEN Unterricht und das THEORETISCHE Wissen durch meine paraktischen Erfahrungen zu bereichern und vielleicht von Dingen zu erzählen, die ich mit Menschen mit Behinderung erlebt hätte.
Ich habe für meine HP einen Text geschrieben, den ich gerne auch hier publizieren möchte:
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Seit einigen Jahren bin ich ja nun mit I. befreundet - einer Heilerziehungspflegerin, die mir seinerzeit einen geistig behinderten Bewohner ihres Wohnheims anvertraut hatte.
Vor einigen Wochen hatte I. ihren früheren Dozenten an der Heilerziehungspflegeschule (HEP-Schule) wieder getroffen. Bereits während ihrer Ausbildung gab es eine Unterrichtseinheit über Sexualität; bzw. wie man wohl mit der Sexualität der behinderten Bewohner umgehen kann und sollte - und inwieweit dieser Umgang mit der eigenen Sexualität zusammen hängt.
Die HEP-Schule versucht, ihren Schülern einen offenen, freien und guten Umgang aufzuzeigen und eine Basis zu legen, damit zukünftig auch diese Bedürfnisse der Heimbewohner erkannt und mit ihnen offen umgegangen werden kann.
So erfuhr der Dozent von I.´s Experiment mit einer Sexworkerin (also mir) und ihrem Bewohner.
I. erzählte ihm, wie sie mich im internet fand; wie sich unser Kennenlernen gestaltete und das Treffen mit dem Heimbewohner verlief; bzw. welche Auswirkungen das intime Zusammensein auf dessen Wohlbefinden und Verhalten hatte.
Der Dozent fand das alles sehr spannend und so kam es, daß er mich an die Schule einlud, um im Unterricht von meiner Arbeit zu erzählen.
Ein konkreter Ablauf-Plan lag nicht vor. Wir hatten beide noch nie etwas derartiges getan und keiner war sich klar darüber, ob es besser sei, wenn ich frei erzähle; lieber vom Dozenten und/oder den Schülern befragt werde und welche Themen in welcher Form wohl interessant seien.
Aber klar war, daß eine Annäherung IMMER gut ist.
Sowohl Behinderten-Sexualität, als auch Prostitution werden sehr skeptisch betrachtet und sind sehr tabu-behaftet.
Wenn man Tabus aufbrechen möchte, ist Offenheit von Nöten.
Und da ich es als sehr wichtig erachte, daß die erotischen und zärtlichen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung auch in Wohnheimen wahrgenommen und nach Möglichkeit erfüllt werden, war es außer Frage, daß ich mich auf diese Unterrichtseinheit einlassen werde.
Wir hatten kurz telefoniert; Datum, Uhrzeit und Ort besprochen und als mir Herr L. erzählte, worüber der Unterricht im Vorfeld handelt, fragte ich, ob ich vielleicht bereits hier anwesend sein und lauschen dürfte.
Er freute sich sehr über mein Interesse und so vereinbarten wir, ich könne bereits um 8h in den Unterricht kommen – ich selbst wäre dann "Thema" ab 11h.
Ich war an besagtem Tag sehr aufgeregt.
Das Gelände der Schule ist riesengroß.
Es gibt viele einzelne Gebäude - Schulhäuser; Wohnheime für Angestellte und auch für Menschen mit Behinderung – und auch eine Wiese mit Schafen und anderes Kleingetier.
Viel Natur und eine sehr angenehme, ruhige und doch betriebsame Athmosphäre....
Leider hab ich mich hier erstmal fast verlaufen, sodaß ich dann doch 5 Minuten zu spät erschien.
Ich wäre sicherlich noch viel aufgeregter gewesen, hätte ich im Vorfeld gewußt, daß mich 40 Berufschüler und 2 Lehrer erwarten....
Als ich eintrat, sahen sie mich alle an mit einer Mischung aus Neugierde; Gespanntheit und vielleicht auch Unsicherheit.
Ah - das ist also eine Prostituierte.......
Hm - hätt ich mir völlig anders vorgestellt.
Mal gucken, wie sie so ist
- schien diese Gruppe mir gedanklich vorzuflüstern.
Ich wurde von den beiden Lehrern herzlich begrüßt und der Unterricht ging weiter.
Ich war ganz furchtbar nervös und hatte Muffe, die Hoffnungen und Erwartungen - die ansich ja garnicht klar definiert waren - nicht erfüllen zu können.
Die Schüler schienen mir schätzungsweise zwischen 18 und 50 Jahren alt zu sein. Mehr Frauen, als Männer.
Und immer wieder vorsichtige Blicke die mich scannten, in der Hoffnung, ich würde es nicht bemerken.....
Und ich selbst hielt es wohl ähnlich.....
Im Verlauf des Unterrichts wurde mir sehr viel bewußt, das ich so noch nie betrachtet hatte.
Wie klar und bewußt man sich seiner eigenen Sexualität sein sollte; wie natürlich und selbstverständlich man sie betrachten muß, um auch ANDEREN ihre Sexualität selbstverständlich anerkennen zu können.
Und wie schwer es selbst heute noch jungen Menschen fällt, offen zu sein und über ihre Bedürfnisse; ihre Lust - und vor allem ihre Ängste; Minderwertigkeitsgefühle und Zweifel nachzudenken; dazu zu stehen oder gar darüber zu reden.
Wir leben in einer sexualisierten Leistungsgesellschaft.
Hier darf es scheinbar keine Ängste; Potenzprobleme oder Kontaktschwierigkeiten geben.....
Durch meinen Beruf lebe ich inzwischen Vieles selbstverständlich und ich habe tausende Facetten von Normalität wieder und wieder erlebt - aber eben diese Tatsäche läßt manches Mal vergessen, daß ein Einzelner niemals einen solchen "Überblick" bekommen wird, wenn er "solide" lebt. Und somit oft gefangen bleibt in seinen Unsicherheiten.
Die Schüler taten sich unglaublich schwer, offen mit dem Thema Sex umzugehen.
Man wich schnell aus und bezog sich stattdessen mehr auf Heimbewohner, bzw. auf die Lebensumstände dort.
Wie wird im Wohnheim für behinderte Menschen mit Geschlechtlichkeit und Sexualität umgegangen....
Die Schüler kamen aus unterschiedlichen Einrichtungen mit sehr verschiedenen Arten, das Thema zu "behandeln".
Zuletzt geändert von JennyHN am 28.06.2009, 11:16, insgesamt 1-mal geändert.
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....
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RE: Ich war in einer Schule für HEP
Ich muß zugeben, ich hatte nichts gewußt von "geschlechter-getrennten Gruppen" und ich habe mir bislang nie Gedanken gemacht über Wohnheime mit behinderten Kindern, welche irgendwann pupertieren und ganz viele Fragen haben.
Ich habe mir nie die Frage gestellt, wie man ein geistig behindertes Kind aufklären sollte; ob Menschen mit Behinderung in Heimen Paare werden und Kinder bekommen dürfen sollten;....
Es ist ein irre großes, umfangreiches Thema und es geht um Menschen.
Es geht um Menschen, die zwar eine Behinderung haben, welche deshalb aber doch längst nicht gefühllos und frei von Sehnsüchten und zärtlichen Bedürfnissen sind.
Es sind Erwachsene, die ein ganz eigenes Leben haben und die dieses genauso genießen können sollten, wie ein Mensch ohne Behinderung.
Es war ein sehr spannender Unterricht.
Ab und zu brachte ich mich auch vor 11h ein - aber um 11h dann bekam ich nochmal richtig Herzklopfen....
Herr L. begann mit seinen Fragen.
Ansich ging es garnicht so sehr speziell um Behinderung.
Es ging ums Mensch-sein; um Gefühle und darum, sie zu erkennen und damit etwas Gutes zu machen.
Ich wurde teils heftig hinterfragt - die Schüler wurden mutiger.....
Warum ich diesen Job mache; seit wann; weshalb diesen und nix "besseres"
Wie gehe ich um mit Männern, die "häßlich" sind
Wie könnte ein Heim einen Besuch einer Prostituierten organisieren
Was ist wichtig zu beachten
Warum ist Sex garnicht immer so wichtig
Was ist "Einsamkeit" - und warum brauchen auch Menschen mit Behinderung (wie alle anderen auch) ab und zu eine Umarmung; ein Streicheln; Zärtlichkeit; Hautkontakt
Ich erzählte aus meinem Leben; von prägenden Erlebnissen mit Gästen; von meiner Tochter; meiner Einstellung zum Beruf und warum ich viele Dinge auch ohne Geld mache - und mir dieses so wichtig ist.
Ich erzählte von den verschiedenen Arten, Prostitution auszuüben; von den verschiedenen Prioritäten der Frauen - und daß es sicherlich inzwischen viele Frauen im Gewerbe gibt, denen ihre Selbstachtung und Selbstliebe wichtiger ist, als Geld.
Als "Nutzer" von Prostitution ist man heute nicht gezwungen, im Laufhaus ein Mädel zum Dumpingpreis zu buchen, das einem außer einem "Loch" nichts zu vermitteln versteht.
Man kann auswählen und vorher überlegen, was man erwartet und was man geben möchte.
Ob man die "alte Art" der Prostitution erhalten und fördern mag - oder ob es nicht erfüllender ist, nach Menschlicherem zu suchen, als purer Kopulation.
Zwischendurch hatte ich zugegeben etwas Angst, ich hätte mich zu weit geöffnet; zu viel meines Inneren offenbart.
Andererseits - Veränderungen setzen Mut voraus.
Auf BEIDEN Seiten.
Ich hab mich trotz der manchmal provokativen Fragen wohl gefühlt.
Ich habe zu meiner ehrlichen Meinung gestanden und ich habe scheinbar auch viele der gesellschaftlich bestehenden Vorurteile angeknackst und zum Nachdenken anregen können.
Es gibt nicht immer nur schwarz-weiß. Und letztlich steht hinter JEDER Prostituierten eine Lebensgeschichte.
Es liegt an jeder Einzelnen, daraus das zu machen, was sie für "gut" befindet.
Ich bin glücklich über all meine Lebenserfahrungen und so vieles über Menschen; Sehnsüchte; Gefühle und auch Zweifel; Ängste und Furcht gelernt zu haben.
Es tut gut, diese Erfahrungen teilen zu dürfen.
Im Anschluß an den Unterricht sagte mir Herr L., daß er mit Vielem gerechnet hätte - aber nicht DAMIT.
Ich hätte ihn - und wohl auch die Schüler - sehr nachdenklich gemacht.
Gerne würde er mich im nächsten Jahr in der nächsten Klasse wieder begrüßen dürfen....
Abschließend lernte ich noch weitere Mitarbeiter des Hauses kennen.
Und als ich ein paar Tage später mit dem Schulleiter telefonierte um zu fragen, ob ich diesen Bericht schreiben und die Schule verlinken dürfe, bekam ich weiteres, positives feedback.
Ich habe an dieser Schule unglaublich herzliche, freundliche Menschen kennenlernen dürfen, welche den Mut haben, Tabus zu knacken und die bestrebt sind einen Weg zu finden, um auch in Wohnheime mehr Nähe und Menschlichkeit zu bringen.
Ich bin glücklich, solch große Schritte erleben und sogar mit initiieren zu dürfen.
Ich freue mich auf´s nächste Jahr....
Herzliche Grüße, Jenny
Ich habe mir nie die Frage gestellt, wie man ein geistig behindertes Kind aufklären sollte; ob Menschen mit Behinderung in Heimen Paare werden und Kinder bekommen dürfen sollten;....
Es ist ein irre großes, umfangreiches Thema und es geht um Menschen.
Es geht um Menschen, die zwar eine Behinderung haben, welche deshalb aber doch längst nicht gefühllos und frei von Sehnsüchten und zärtlichen Bedürfnissen sind.
Es sind Erwachsene, die ein ganz eigenes Leben haben und die dieses genauso genießen können sollten, wie ein Mensch ohne Behinderung.
Es war ein sehr spannender Unterricht.
Ab und zu brachte ich mich auch vor 11h ein - aber um 11h dann bekam ich nochmal richtig Herzklopfen....
Herr L. begann mit seinen Fragen.
Ansich ging es garnicht so sehr speziell um Behinderung.
Es ging ums Mensch-sein; um Gefühle und darum, sie zu erkennen und damit etwas Gutes zu machen.
Ich wurde teils heftig hinterfragt - die Schüler wurden mutiger.....
Warum ich diesen Job mache; seit wann; weshalb diesen und nix "besseres"
Wie gehe ich um mit Männern, die "häßlich" sind
Wie könnte ein Heim einen Besuch einer Prostituierten organisieren
Was ist wichtig zu beachten
Warum ist Sex garnicht immer so wichtig
Was ist "Einsamkeit" - und warum brauchen auch Menschen mit Behinderung (wie alle anderen auch) ab und zu eine Umarmung; ein Streicheln; Zärtlichkeit; Hautkontakt
Ich erzählte aus meinem Leben; von prägenden Erlebnissen mit Gästen; von meiner Tochter; meiner Einstellung zum Beruf und warum ich viele Dinge auch ohne Geld mache - und mir dieses so wichtig ist.
Ich erzählte von den verschiedenen Arten, Prostitution auszuüben; von den verschiedenen Prioritäten der Frauen - und daß es sicherlich inzwischen viele Frauen im Gewerbe gibt, denen ihre Selbstachtung und Selbstliebe wichtiger ist, als Geld.
Als "Nutzer" von Prostitution ist man heute nicht gezwungen, im Laufhaus ein Mädel zum Dumpingpreis zu buchen, das einem außer einem "Loch" nichts zu vermitteln versteht.
Man kann auswählen und vorher überlegen, was man erwartet und was man geben möchte.
Ob man die "alte Art" der Prostitution erhalten und fördern mag - oder ob es nicht erfüllender ist, nach Menschlicherem zu suchen, als purer Kopulation.
Zwischendurch hatte ich zugegeben etwas Angst, ich hätte mich zu weit geöffnet; zu viel meines Inneren offenbart.
Andererseits - Veränderungen setzen Mut voraus.
Auf BEIDEN Seiten.
Ich hab mich trotz der manchmal provokativen Fragen wohl gefühlt.
Ich habe zu meiner ehrlichen Meinung gestanden und ich habe scheinbar auch viele der gesellschaftlich bestehenden Vorurteile angeknackst und zum Nachdenken anregen können.
Es gibt nicht immer nur schwarz-weiß. Und letztlich steht hinter JEDER Prostituierten eine Lebensgeschichte.
Es liegt an jeder Einzelnen, daraus das zu machen, was sie für "gut" befindet.
Ich bin glücklich über all meine Lebenserfahrungen und so vieles über Menschen; Sehnsüchte; Gefühle und auch Zweifel; Ängste und Furcht gelernt zu haben.
Es tut gut, diese Erfahrungen teilen zu dürfen.
Im Anschluß an den Unterricht sagte mir Herr L., daß er mit Vielem gerechnet hätte - aber nicht DAMIT.
Ich hätte ihn - und wohl auch die Schüler - sehr nachdenklich gemacht.
Gerne würde er mich im nächsten Jahr in der nächsten Klasse wieder begrüßen dürfen....
Abschließend lernte ich noch weitere Mitarbeiter des Hauses kennen.
Und als ich ein paar Tage später mit dem Schulleiter telefonierte um zu fragen, ob ich diesen Bericht schreiben und die Schule verlinken dürfe, bekam ich weiteres, positives feedback.
Ich habe an dieser Schule unglaublich herzliche, freundliche Menschen kennenlernen dürfen, welche den Mut haben, Tabus zu knacken und die bestrebt sind einen Weg zu finden, um auch in Wohnheime mehr Nähe und Menschlichkeit zu bringen.
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Herzliche Grüße, Jenny
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....
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Hallo Jenny,
vielen Dank für deinen Bericht.
Ich bewundere deinen Mut und bin selbst richtig erleichtert zu lesen,
dass alles gut gegangen ist und es dir gefallen hat.
Liebe Grüße, Eva
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Ich bewundere deinen Mut und bin selbst richtig erleichtert zu lesen,
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Hallo, Eva!
"Mut" ist relativ....
Ich persönlich fand es mutig, daß es ausgerechnet eine kirchliche HEP-Schule ist, die sich hier so offen zeigt und Menschlichkeit nicht nur propagiert, sondern tatsächlich lebt und umsetzt.
Jenny
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Ich persönlich fand es mutig, daß es ausgerechnet eine kirchliche HEP-Schule ist, die sich hier so offen zeigt und Menschlichkeit nicht nur propagiert, sondern tatsächlich lebt und umsetzt.
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Liebe Jenny,
Vielen Dank für Deinen schönen Bericht, den ich mit großem Interesse und auch einem leichten Schmunzeln gelesen habe. Das Bekenntnis Deiner Aufgeregtheit hat es mir angetan, zeigt es doch, dass Ihr Erotikerinnen, wenn Ihr die Brandmauer eures Doppellebens (ich nenne das mal so) einmal überspringt, offenbar ähnliche Probleme mit der Nervosität habt wie Eure Kunden, wenn sie zum ersten Male zu Euch kommen. Das ist irgendwie tröstlich. Sei Dir aber bewusst, dass Du mit Deinem Erscheinen und Outing den Anwesenden - vor allem den in der Überzahl vorhandenen Damen - ein einzigartiges Erlebnis verschafft hast, das sich in ihrem Leben vielleicht so schnell nicht wiederholen wird.
Noch ein Tip, wenn Du wieder einmal eine ähnliche Gruppe besuchst: Mache die Anwesenden vielleicht beizeiten darauf aufmerksam, dass die Welt der Behinderten und die der Sexarbeit eine Gemeinsamkeit besitzen, nämlich das Dasein einer Subkultur / Teilkultur, und dass die Angehörigen der Haupkultur - sofern sie keine oder nur geringe Kontakte dazu haben - oft mit den gleichen Verhaltensmustern reagieren: Angst, Vorbehalte, Ablehnung. Wenn die Schülerinnen und Schüler das begriffen und verinnerlicht haben, schafft das Nachdenklichkeit und Vertrauen, auch zu Dir.
LG rainman
Vielen Dank für Deinen schönen Bericht, den ich mit großem Interesse und auch einem leichten Schmunzeln gelesen habe. Das Bekenntnis Deiner Aufgeregtheit hat es mir angetan, zeigt es doch, dass Ihr Erotikerinnen, wenn Ihr die Brandmauer eures Doppellebens (ich nenne das mal so) einmal überspringt, offenbar ähnliche Probleme mit der Nervosität habt wie Eure Kunden, wenn sie zum ersten Male zu Euch kommen. Das ist irgendwie tröstlich. Sei Dir aber bewusst, dass Du mit Deinem Erscheinen und Outing den Anwesenden - vor allem den in der Überzahl vorhandenen Damen - ein einzigartiges Erlebnis verschafft hast, das sich in ihrem Leben vielleicht so schnell nicht wiederholen wird.
Noch ein Tip, wenn Du wieder einmal eine ähnliche Gruppe besuchst: Mache die Anwesenden vielleicht beizeiten darauf aufmerksam, dass die Welt der Behinderten und die der Sexarbeit eine Gemeinsamkeit besitzen, nämlich das Dasein einer Subkultur / Teilkultur, und dass die Angehörigen der Haupkultur - sofern sie keine oder nur geringe Kontakte dazu haben - oft mit den gleichen Verhaltensmustern reagieren: Angst, Vorbehalte, Ablehnung. Wenn die Schülerinnen und Schüler das begriffen und verinnerlicht haben, schafft das Nachdenklichkeit und Vertrauen, auch zu Dir.
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Hi Rainmanrainman hat geschrieben:Mache die Anwesenden vielleicht beizeiten darauf aufmerksam, dass die Welt der Behinderten und die der Sexarbeit eine Gemeinsamkeit besitzen, nämlich das Dasein einer Subkultur / Teilkultur, und dass die Angehörigen der Haupkultur - sofern sie keine oder nur geringe Kontakte dazu haben - oft mit den gleichen Verhaltensmustern reagieren: Angst, Vorbehalte, Ablehnung. Wenn die Schülerinnen und Schüler das begriffen und verinnerlicht haben, schafft das Nachdenklichkeit und Vertrauen, auch zu Dir.
Ich kann diesen Ansatz sehr gut nachvollziehen, möchte jedoch den Ausdruck "Subkultur" mit "unfreiwilliger Subkultur" ersetzen. Beide Personengruppen werden (!) unfreiwillig ausgegrenzt. Es gibt auch Subkulturen wo dies nicht zutrifft, deshalb erscheint mir diese Unterscheidung wichtig.
Liebe Grüße und Danke für Deine Anmerkungen
Christian
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Lieber Rainman,rainman hat geschrieben:Liebe Jenny,
Das Bekenntnis Deiner Aufgeregtheit hat es mir angetan, zeigt es doch, dass Ihr Erotikerinnen, wenn Ihr die Brandmauer eures Doppellebens (ich nenne das mal so) einmal überspringt, offenbar ähnliche Probleme mit der Nervosität habt wie Eure Kunden, wenn sie zum ersten Male zu Euch kommen. Das ist irgendwie tröstlich.
sei dir gewiß, daß diese Aufgeregtheit mich auch bei jedem neuen Gast begleitet - und es für BEIDE Seiten tröstlich, aber auch sehr bereichernd und positiv ist.
Ich bin glücklich darüber, daß ich sie noch immer spüre - gibt sie mir doch zu verstehen, daß ich noch immer Mensch bin und meine Wachheit und Aufmerksamkeit anderen Menschen gegenüber nicht verloren habe.
Dies ist mit ein Grund, solche Dinge gerne zu machen.rainman hat geschrieben:Sei Dir aber bewusst, dass Du mit Deinem Erscheinen und Outing den Anwesenden - vor allem den in der Überzahl vorhandenen Damen - ein einzigartiges Erlebnis verschafft hast, das sich in ihrem Leben vielleicht so schnell nicht wiederholen wird.
Ich habe die Schüler schon ein wenig erschreckt, als ich sagte, ich sei der Meinung, daß ALLE Frauen einige Wochen ihres Lebens in der Prostitution verbringen sollten.
Allerdings ließ sie mein "Weshalb" aufatmen und nachdenken.
Und auch ein "theoretischer Einblick" in die Prostitution vermag es sicher, manche Menschen anders denken zu lassen - über ihre Mitmenschen und auch über sich selbst.
Auf diesen Themenbereich kamen Schüler, Lehrer und ich ziemlich schnell zu Beginn.rainman hat geschrieben:Noch ein Tip, wenn Du wieder einmal eine ähnliche Gruppe besuchst: Mache die Anwesenden vielleicht beizeiten darauf aufmerksam, ....
Allerdings fiel es nicht unter "subkultur", sondern eher unter "Tabuthema", bzw. unter Thema, worüber man nur schwer zu reden wagt und kaum etwas Konkretes weiß.
Ich denke, dieser Unterricht hat alle intensiv in ihrer Denkweise beeinflußt.
Der Lehrer hatte als Mann direkt zu Anfang zugegeben, daß auch er sicherlich nicht nur theoretische Erfahrungen mit Prostitution hätte - was die Stimmung etwas entspannte.
Schlußendlich waren alle erstaunt, daß Prostitution; bzw das "Innere" einer Prostituierten nicht zwangsweise dem Klischee entspricht und vieles auch anders sein kann, als man vermutet hat.
Jenny
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Hallo Zwerg!
Unfreiwillige Subkultur - Ja, das ist selbstverständlich richtig. Glücklicherweise haben wir heute ein paar vernünftige Leute, die ehrlich bemüht sind, die Verhältnisse zu bessern, wenngleich noch viel zu tun ist. Da wäre hier in Deutschland der "Gemeinsame Unterricht" (GU), der in der Behindertenpädagogik zum Tragen kommt. In der Sexarbeit hat das Prost.- Gesetz einen weiten Schritt in Richtung Entkriminalisierung gebracht. Euch von SW.at darf man auch mal lobend erwähnen, die Ihr auf verblüffend einfache Weise SW und Außenstehende dazu gebracht habt, sich in der Anonymität des Internet vertraulich zu unterhalten. Und last not least Jenny, die alle Berührungsängste überwunden, eine konfessionelle Schule für HeimerziehungsplegerInnen besucht und den SchülerInnen etwas über Paysex mit Behinderten erzählt hat. Mannomann! Bei der Veranstaltung wäre ich nur zu gerne Mäuschen gewesen!
Beste Grüße von rainman
PS: Ich kann in den nächsten Wochen nicht korrespondieren; bin auf Reisen! Dir und allen MitleserInnen einen schönen Sommer!
Unfreiwillige Subkultur - Ja, das ist selbstverständlich richtig. Glücklicherweise haben wir heute ein paar vernünftige Leute, die ehrlich bemüht sind, die Verhältnisse zu bessern, wenngleich noch viel zu tun ist. Da wäre hier in Deutschland der "Gemeinsame Unterricht" (GU), der in der Behindertenpädagogik zum Tragen kommt. In der Sexarbeit hat das Prost.- Gesetz einen weiten Schritt in Richtung Entkriminalisierung gebracht. Euch von SW.at darf man auch mal lobend erwähnen, die Ihr auf verblüffend einfache Weise SW und Außenstehende dazu gebracht habt, sich in der Anonymität des Internet vertraulich zu unterhalten. Und last not least Jenny, die alle Berührungsängste überwunden, eine konfessionelle Schule für HeimerziehungsplegerInnen besucht und den SchülerInnen etwas über Paysex mit Behinderten erzählt hat. Mannomann! Bei der Veranstaltung wäre ich nur zu gerne Mäuschen gewesen!
Beste Grüße von rainman
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@Jenny & all:
Hallo zusammen!
Nach langer Sommerreise bin ich nun endlich wieder im Lande und bitte alle MitleserInnen um Verständnis, wenn ich den vorliegenden Thread noch einmal aufwärmen möchte. Mir brennt nämlich noch eine Frage an Jenny auf den Nägeln, die ich oben aus Zeitgründen nicht mehr stellen konnte. Sie lautet:
Was veranlasst Dich zu der Aussage, jede Frau sollte wenigstens einmal im Leben das Handwerk der Sexworkerei gegrüßt haben?
Auf eine erklärende Antwort freut sich mit
LG rainman
Hallo zusammen!
Nach langer Sommerreise bin ich nun endlich wieder im Lande und bitte alle MitleserInnen um Verständnis, wenn ich den vorliegenden Thread noch einmal aufwärmen möchte. Mir brennt nämlich noch eine Frage an Jenny auf den Nägeln, die ich oben aus Zeitgründen nicht mehr stellen konnte. Sie lautet:
Was veranlasst Dich zu der Aussage, jede Frau sollte wenigstens einmal im Leben das Handwerk der Sexworkerei gegrüßt haben?
Auf eine erklärende Antwort freut sich mit
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Tempelprostitution
Das richtige Zitat lautet: "Ich habe die Schüler schon ein wenig erschreckt, als ich sagte, ich sei der Meinung, daß ALLE Frauen einige Wochen ihres Lebens in der Prostitution verbringen sollten."rainman hat geschrieben:@Jenny & all [...] Was veranlasst Dich zu der Aussage, jede Frau sollte wenigstens einmal im Leben das Handwerk der Sexworkerei gegrüßt haben?
Für eine mögliche Antwort möchte ich an frühe Hochkulturen erinnern, in denen Frauen eine höhere Stellung in der Gesellschaft hatten, als heute (wo z.B. nicht einmal das Prinzip "gleiches Geld für gleiche Arbeit" durchsetzbar ist). So war es z.B. in Babylon eine religiöse Pflicht der Frauen, vor ihrer Hochzeit im Tempel der Ishtar (vgl. Esther) der Prostitution nachzugehen. Auch im alten Testament spielen Tempelprostituierte eine Rolle (Genesis 38:21 über Tamara und Judah), in Indien sogar bis zur Kolonialisierung. Eine negative Haltung gegenüber Prostitution ist nicht zuletzt aus "religionspolitischen" Gründen entstanden (deutlich im alten Testament - Deuteronomium 23:18 - wo der Ishtar-Kult mit dem Monotheismus unverträglich war), weil männlich dominierte Kulte um ihre Vorherrschaft kämpften - und Erfolg dabei hatten. Kein Wunder, dass gerade in Regionen mit eher fundamentalistisch-religösen Ansichten, wie Bayern, Tirol oder Afghanistan, die Prostitution (als ferne Erinnerung an solche alternative Religionen) ganz besonders scharf bekämpft wird.
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@rainman:
Auch wenn du deine Frage auch "@all" stellst, und obwohl ich gerade erst gestern abend
mit Jenny über exakt dieses Thema geprochen habe, möchte ich hier nicht vorpreschen und
dich um etwas Geduld bitten:
Sonntags bis Donnerstags nachmittags/abends ist Jenny offline, so dass sie vorerst nicht antworten kann.
Was nichts daran ändert, dass Lycisca's Antwort schon mal eine ganz gute Annäherung ist
Liebe Grüße, Eva
Auch wenn du deine Frage auch "@all" stellst, und obwohl ich gerade erst gestern abend
mit Jenny über exakt dieses Thema geprochen habe, möchte ich hier nicht vorpreschen und
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Was nichts daran ändert, dass Lycisca's Antwort schon mal eine ganz gute Annäherung ist

Liebe Grüße, Eva
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
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RE: Ich war in einer Schule für HEP
Danke, Aoife
Da sich inzwischen mein persönlich-menschliches Umfeld auch in Offenbach vergrößert, habe ich nun bereits heute Zugang zum Forum und versuche, unser Gespräch von gestern hier nochmal in andere Worte zu fassen...
Um also die Frage an mich zu beantworten:
Auch, wenn wir inzwischen in einer fast schon sexuell überladenen, "pseudo-offenen" und ach so aufgeklärten Zeit leben, sind sexuelle, erotische Sorgen, Ängste und Unwissenheit dadurch nicht geringer geworden.
Manchmal scheint es mir sogar, als würden sie sogar zunehmen.
In Zeitschriften und "Bestseller-Büchern" werden Frauen "aufgeklärt", wie sie sein sollten; wie sie mit Männern umgehen sollen und was sie tunlichst vermeiden sollten.
Es gibt zuhauf Diättipps und sexy Modetipps.
Letztlich wirklich WISSEN tun vermutlich die wenigsten Frauen, wie sich sich selbst gut befriedigen könnten; wie ihr Zyklus mit ihrer Stimmung zusammenhängt; was Männer tatsächlich von Frauen wünschten, wenn sie mal zaubern dürften.
Und sie wissen kaum etwas von den Sehnsüchten, Träumen und intimen Gedanken und Ängsten ihrer Männer.
Viele Menschen scheuen innerhalb ihrer Partnerschaften grenzenlose Offenheit. Man zieht es vor sich zu schämen und "perverse Phantasien" bei SW auszuleben.
Wenn Frauen nun in der SW erleben könnten, wie viele Arten von "normal" es gibt....
Wenn sie die Ängste der Männer erkennen würden
Wenn sie verstehen dürften, wie wenig Männer sich tatsächlich um Celulitis oder Hängebrüste scheren
Wenn sie ihren eigenen Körper besser verstehen lernen würden
Wenn sie ihre Lust akzeptieren lernen würden
Wenn sie die Fähigkeit gewännen, in Männer genauso hineinzublicken, wie in sich selbst
Wenn Moral in der Lust keine Rolle mehr spielen bräuchte
...
...
...
Es gibt so unglaublich viele Aspekte des Körpers; der Seele und mancher Selbstverständlichkeiten, moralischer Zusammenhänge, Tabus und Ängste, welche man in und durch die Prostitution ganz neu erfährt; begreift - oder zumindest überdenkt....
Und genau dieses würde das Verhältnis vieler Frauen zu ihrem Körper und der Sexualität gravierend verändern.
Und ich denke, es würde viele Beziehungen einfacher und toleranter machen.
Wobei - JA, es gibt sicherlich FRauen, die aus ihrem inneren "Ding" so oder so nicht raus können oder wollen.
Hier wäre ein solches Vorgehen wohl eher für alle Beteiligten von Nachteil.
Jenny

Da sich inzwischen mein persönlich-menschliches Umfeld auch in Offenbach vergrößert, habe ich nun bereits heute Zugang zum Forum und versuche, unser Gespräch von gestern hier nochmal in andere Worte zu fassen...
Um also die Frage an mich zu beantworten:
Auch, wenn wir inzwischen in einer fast schon sexuell überladenen, "pseudo-offenen" und ach so aufgeklärten Zeit leben, sind sexuelle, erotische Sorgen, Ängste und Unwissenheit dadurch nicht geringer geworden.
Manchmal scheint es mir sogar, als würden sie sogar zunehmen.
In Zeitschriften und "Bestseller-Büchern" werden Frauen "aufgeklärt", wie sie sein sollten; wie sie mit Männern umgehen sollen und was sie tunlichst vermeiden sollten.
Es gibt zuhauf Diättipps und sexy Modetipps.
Letztlich wirklich WISSEN tun vermutlich die wenigsten Frauen, wie sich sich selbst gut befriedigen könnten; wie ihr Zyklus mit ihrer Stimmung zusammenhängt; was Männer tatsächlich von Frauen wünschten, wenn sie mal zaubern dürften.
Und sie wissen kaum etwas von den Sehnsüchten, Träumen und intimen Gedanken und Ängsten ihrer Männer.
Viele Menschen scheuen innerhalb ihrer Partnerschaften grenzenlose Offenheit. Man zieht es vor sich zu schämen und "perverse Phantasien" bei SW auszuleben.
Wenn Frauen nun in der SW erleben könnten, wie viele Arten von "normal" es gibt....
Wenn sie die Ängste der Männer erkennen würden
Wenn sie verstehen dürften, wie wenig Männer sich tatsächlich um Celulitis oder Hängebrüste scheren
Wenn sie ihren eigenen Körper besser verstehen lernen würden
Wenn sie ihre Lust akzeptieren lernen würden
Wenn sie die Fähigkeit gewännen, in Männer genauso hineinzublicken, wie in sich selbst
Wenn Moral in der Lust keine Rolle mehr spielen bräuchte
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Es gibt so unglaublich viele Aspekte des Körpers; der Seele und mancher Selbstverständlichkeiten, moralischer Zusammenhänge, Tabus und Ängste, welche man in und durch die Prostitution ganz neu erfährt; begreift - oder zumindest überdenkt....
Und genau dieses würde das Verhältnis vieler Frauen zu ihrem Körper und der Sexualität gravierend verändern.
Und ich denke, es würde viele Beziehungen einfacher und toleranter machen.
Wobei - JA, es gibt sicherlich FRauen, die aus ihrem inneren "Ding" so oder so nicht raus können oder wollen.
Hier wäre ein solches Vorgehen wohl eher für alle Beteiligten von Nachteil.
Jenny
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....
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o.k., dann hier noch mein *Minderheitsvotum*
dazu:
In einer Gesellschaft, in der das durchsetzbar wäre, wäre es wahrscheinlich gar nicht mehr nötig ...
Liebe Grüße, Eva

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Liebe Grüße, Eva
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Hallo,
ich finde es großartig wie offen und authentisch du mit dem Thema umgehst. Genau diese Art macht es möglich Voruteile abzubauen und neue Denkanstösse zu bringen, wozu es immer zwei Seiten braucht. Hut ab also auch vor der Schule!
Deine Ansätze, warum alle Frauen einige Wochen in der SW arbeiten sollen, kann ich gut nachvollziehen. Die Umsetzung für mich kann ich mir trotzdem nicht vorstellen ;-) Dieses Umdenken ist hoffentlich auch anders möglich, oder *gg*
Zurück zum eigentlichen Thema; dein Bericht hat mich an einen Besuch bei einer Freundin erinnert. Sie hat einen behinderten Sohn (2 J). Im Laufe unseres 'Kaffeetratsches' erzählte ich ihr von diesem Forum und dass im Moment Sexualität und Behinderung thematisiert werden. Ich erinnerte mich an deine Zeilen über die Einlandung bei dem jungen Mann. Sie wehrte den Gedanken ab, wollte sich diese Situation - eine SW für den Sohn 'auszusuchen' - gar nicht vorstellen. Naja, die eigenen Kinder stellt man sich meist asexuell vor, wie auch Kinder den eigenen Eltern Sexualität absprechen. :-) Hier kam aber noch dazu, dass wir über ein Kind sprachen, das gerade mal zwei Jahre alt ist! Für mich also schon verständlich, dass man sich mit diesen Gedanken (noch) nicht auseinander setzten will. Wo außerdem ganz andere Sorgen um das Kind an der Tagesordnung stehen. Letztendlich war es aber so, dass sie ihm klar die eigene Sexualität zustand; sie würde nur hoffen, dass er sich selbst einmal seine Sexualpartnerinnen aussuchen wird können und nicht sie - als Mutter - diesen Part übernehmen müsse.
LG
Elisabeth
ich finde es großartig wie offen und authentisch du mit dem Thema umgehst. Genau diese Art macht es möglich Voruteile abzubauen und neue Denkanstösse zu bringen, wozu es immer zwei Seiten braucht. Hut ab also auch vor der Schule!
Deine Ansätze, warum alle Frauen einige Wochen in der SW arbeiten sollen, kann ich gut nachvollziehen. Die Umsetzung für mich kann ich mir trotzdem nicht vorstellen ;-) Dieses Umdenken ist hoffentlich auch anders möglich, oder *gg*
Zurück zum eigentlichen Thema; dein Bericht hat mich an einen Besuch bei einer Freundin erinnert. Sie hat einen behinderten Sohn (2 J). Im Laufe unseres 'Kaffeetratsches' erzählte ich ihr von diesem Forum und dass im Moment Sexualität und Behinderung thematisiert werden. Ich erinnerte mich an deine Zeilen über die Einlandung bei dem jungen Mann. Sie wehrte den Gedanken ab, wollte sich diese Situation - eine SW für den Sohn 'auszusuchen' - gar nicht vorstellen. Naja, die eigenen Kinder stellt man sich meist asexuell vor, wie auch Kinder den eigenen Eltern Sexualität absprechen. :-) Hier kam aber noch dazu, dass wir über ein Kind sprachen, das gerade mal zwei Jahre alt ist! Für mich also schon verständlich, dass man sich mit diesen Gedanken (noch) nicht auseinander setzten will. Wo außerdem ganz andere Sorgen um das Kind an der Tagesordnung stehen. Letztendlich war es aber so, dass sie ihm klar die eigene Sexualität zustand; sie würde nur hoffen, dass er sich selbst einmal seine Sexualpartnerinnen aussuchen wird können und nicht sie - als Mutter - diesen Part übernehmen müsse.
LG
Elisabeth
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RE: Ich war in einer Schule für HEP
Hallo, Lissy!
Danke für deine Gedanken.
Ich kann diese Mutter gut nachvollziehen.
Nur sehr wenige Eltern von behinderten Menschen suchen zu mir Kontakt - vor den wenigen habe ich jedoch höchsten Respekt.
Zeigen sie doch ganz deutlich, WIRKLICH am Wohl des "Kindes" interessiert zu haben und sich auch über diesen Aspekt im Leben eines Menschen Gedanken zu machen.
Auch, wenn es vielen noch schwer fällt, Menschen mit Behinderung deren Sexualität zuzugestehen, bzw. sie aktiv zu unterstützen, bewegt sich doch vieles.
Jenny
Danke für deine Gedanken.
Ich kann diese Mutter gut nachvollziehen.
Nur sehr wenige Eltern von behinderten Menschen suchen zu mir Kontakt - vor den wenigen habe ich jedoch höchsten Respekt.
Zeigen sie doch ganz deutlich, WIRKLICH am Wohl des "Kindes" interessiert zu haben und sich auch über diesen Aspekt im Leben eines Menschen Gedanken zu machen.
Auch, wenn es vielen noch schwer fällt, Menschen mit Behinderung deren Sexualität zuzugestehen, bzw. sie aktiv zu unterstützen, bewegt sich doch vieles.
Jenny
Polygamie ist nicht unmoralisch.
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....
Aber das Vertrauen und die Gesundheit liebender Partner zu mißbrauchen, schon....