Vor sechs Jahren machte Andrea Krieger an ihrer Arbeitsstelle ihre Transsexualität bekannt. Als Transfrau konnte sie sich nie mit ihren männlichen Geschlechtsmerkmalen identifizieren. Sie erhielt überraschend positive Reaktionen.
Am Tag, an dem die Mitarbeiter der Verbraucherzentrale Düsseldorf erfahren, dass einer der Kollegen von nun an als Frau angesprochen werden möchte, bekommt Andrea Krieger neue Visitenkarten. Dazu ein neues Türschild - und eine neue E-Mail-Adresse. Es ist ein Tag im Februar 2009, an dem sich für die heute 36 Jahre alte Krieger alles ändert: Ab jetzt geht sie auf die Damentoilette und kommt in Frauen- statt in Männerkleidung zur Arbeit.
Im März 2015 sitzt Krieger in Jeans und grünem Pullover im Wohnzimmer ihres Hauses in der Nähe von Düsseldorf. Die Aufregung von einst, an dem alles verändernden Tag im Büro, ist verschwunden. Krieger lebt ihre weibliche Geschlechtsidentität nun seit sechs Jahren offen in allen Bereichen des Lebens. Sie wurde mit männlichen Geschlechtsmerkmalen geboren - doch das Gefühl, sich eher mit dem weiblichen Geschlecht identifizieren zu können, war immer da: im Gymnasium, in der Fachhochschule, im Job als Systemadministratorin bei der Verbraucherzentrale.
Was hat eine Frau durchgemacht, die sich und ihr Geschlecht in all diesen Institutionen erklären musste? "Ich möchte als die Frau leben, die ich bin und auch so behandelt werden." Krieger hat diesen Satz oft aus sich herausplatzen gehört. Vor ihrem Chef, den Eltern, vor Freunden. Und sie musste oft ruhig bleiben, die Reaktion des Gegenübers abwarten.
Heute ist sie auch ruhig, oder vielleicht: beruhigt. Ihre Erfahrungen haben sie stark gemacht. Viele Situationen, vor denen sie sich fürchtete, verließ sie entspannt. Fragt man allerdings Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS), ist Andrea Kriegers Geschichte eine positive Ausnahme. Die meisten transsexuellen Menschen in Deutschland seien massiver Diskriminierung ausgesetzt, sagt Lüders. Dazu gehöre auch "Ablehnung und Belästigung bis hin zu Gewalt und Benachteiligungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt".
Mit Freunden kauft Andrea Krieger ihr erstes Kleid