"Ketten im Kopf" Mi, 10.3., 20:15 Uhr; 3sat

Berichte, Dokus, Artikel und ja: auch Talkshows zum Thema Sexarbeit werden hier diskutiert
Online
Benutzeravatar
Zwerg
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 18064
Registriert: 15.06.2006, 19:26
Wohnort: 1050 Wien
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

Beitrag von Zwerg »

Naiv bedeutet meines Erachtens nicht dumm, sondern unwissend und auch "blauäugig" - und deshalb nicht automatisch "selbst schuld"

Ich denke, dass Niemand in dieser Community mitschreibt, der Zwang in irgendeiner Form für gut befindet.

In meiner bisherigen Praxis (annähernd 5 Jahre Außendienst bzw. 24 Stunden Erreichbarkeit) sind mir unglaublich abscheuliche Vorfälle bekannt geworden. Gewalt - Zwang - Ausbeutung usw... - Es sind jedoch Einzelfälle (deswegen ist es aber nicht erträglicher).

Mir persönlich wäre es lieber, wenn man diese Verbrechen auch bei ihrem Namen nennt: Vergewaltigung, Erpressung, Nötigung und auch Entführung - aber keines Falls Sexarbeit!

Unsere UserInnen sind Experten für freiwillige selbstbestimmte Sexarbeit

christian

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: "Ketten im Kopf" Mi, 10.3., 20:15 Uhr; 3sa

Beitrag von Marc of Frankfurt »

noriam hat geschrieben:Zumal man in den Dörfern der Herkunftsländer nicht gewanrnt wird, denn keine kommt zurück und prahlt damit.

Ausführliche Recherche aus einem Herkunftsdorf Slivien, Bulgarien:
viewtopic.php?p=65733#65733
viewtopic.php?p=60311#60311





IOM Menschenhandelsbericht Osteuropäische Länder

Bericht der Internationalen Organisation für Migration:

Der Bericht stellt fest, daß 75 % des sog. Menschenhandels sich bezieht auf Ausbeutung bei Arbeit und Haushaltsdienste und der geringste Anteil verbunden ist mit sexueller Ausbeutung. Der festgestellte Zusammenhang zwischen Menschenhandel bedingt sich aus Arbeitskräfteausbeutung, wenn Menschen überlange Zeiten arbeiten müssen, eingesperrt sind und gar nicht oder nicht höher dafür entlohnt werden als es z.B. in der Sexbranche üblich ist.

0,2 bis 0,7 % der Befragten gaben an in ihrer Familie betroffen zu sein von einem Fall des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung [Seiten 6, 50]. Demgegenüber war das Gefährdungsbewußtsein extrem hoch bei über 95 % [S. 43].

The report shows that 75% of trafficking is related to forced labour and domestic servitude, while the least common one has to do with sex exploitation. The observed prevalence of human trafficking related to labour exploitation when people are locked up to work for long hours with little or no pay is higher relatively to situations related to sex business. [I.L.]
www.sexworker.at/migration





.

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Re: "Ketten im Kopf" Mi, 10.3., 20:15 Uhr; 3sat

Beitrag von Aoife »

@noriam:

Ich darf daran erinnern, dass es in der aktuellen Diskussion hier um folgenden Text geht:
Hedera hat geschrieben:Eine Fernsehsendung, die vielleicht von Interesse ist.

"... Irina aus Moldawien zum Beispiel musste zwei Jahre lang in unzähligen Cabarets ihren Körper verkaufen, um ihre Schulden abzuarbeiten. War sie so naiv oder so verzweifelt? Wusste sie nicht, was auf sie zukommt?
Es geht also nicht um die Frage, ob wir hier irgendein Verhalten "naiv" finden, sondern darum,
wie die Autoren obigen Textes wohl auf die Assoziation "naiv" gekommen sein mögen ...

In diesem Kontext kann deine Bemwrkung:
noriam hat geschrieben:Was mir sehr, sehr bitter aufstößt, ist der Begriff "Naiv".
sich also nicht auf die Diskussionsteilnehmer hier, sondern nur auf die Autoren des diskutierten Texts beziehen.
Was durchaus legitim ist - allerdings ist IMHO der Versuch, zu verstehen, wie sie zu diesem
Eindruck gekommen sind, letztlich zielführender als sich über die Assoziation zu empören.

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: "Ketten im Kopf" Mi, 10.3., 20:15 Uhr; 3sa

Beitrag von Aoife »

OT:

Wäre hieraus:
Marc of Frankfurt hat geschrieben:The report shows that 75% of trafficking is related to forced labour and domestic servitude, while the least common one has to do with sex exploitation.
nicht abzuleiten, dass die Gleichsetzung von Menschenhandel und Prostitution
in der öffentlichen Debatte nach § 130 StGB strafbar ist? :017

Wer weiß da Genaueres?

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
Arum
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 961
Registriert: 01.06.2009, 13:35
Wohnort: Niederländische Grenzregion
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: "Ketten im Kopf" Mi, 10.3., 20:15 Uhr; 3sa

Beitrag von Arum »

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben:
IOM Menschenhandelsbericht Osteuropäische Länder

Bericht der Internationalen Organisation für Migration:

Der Bericht stellt fest, daß 75 % des sog. Menschenhandels sich bezieht auf Ausbeutung bei Arbeit und Haushaltsdienste und der geringste Anteil verbunden ist mit sexueller Ausbeutung. Der festgestellte Zusammenhang zwischen Menschenhandel bedingt sich aus Arbeitskräfteausbeutung, wenn Menschen überlange Zeiten arbeiten müssen, eingesperrt sind und gar nicht oder nicht höher dafür entlohnt werden als es z.B. in der Sexbranche üblich ist.
Ja, heisst aber trotzdem noch lange nicht, dass alles in bester Ordnung wäre. Laut derselben Organisation zu Osteuropa 2006:

While little concrete evidence of trafficking and forced prostitution was observed, widespread exploitative and humiliating practices in street prostitution in particular were evident. This involved violent pimps, the forcing of larger number of clients on their women and taking larger shares of the women’s earnings. Poor hygiene and drug abuse were frequently reported.
[...]
Women from the poorest regions, such as the eastern parts of Slovakia and Hungary, particularly from ethnic minorities like the Roma, were found to be especially vulnerable to exploitation in the lowest segment of the sex industry.

..

http://www.iom.int/jahia/Jahia/media/pr ... ryId=11200
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz