Fundamentalistische Mogelpackung
Eigentlich eine gute Idee, aber leider fliesst das Geld an komische Orte: der Zürcher Stilettolauf
Ein Kommentar von Reda El Arbi
Eigentlich wollte ich für einen guten Zweck am Zürcher Stilettolauf teilnehmen. Da rennen Männer und Frauen 80 Meter in High Heels, um eine Zeichen gegen Menschenhandel zu setzen. Eigentlich eine ganz witzige Aktion, dachte ich. Im Vorfeld hab ich zwar mitbekommen, dass einige der Organisatoren einen christlichen Hintergrund haben, aber das ist ja bei Benefizveranstaltungen nichts Aussergewöhnliches.
Nur, als ich dann am Samstag bei strömendem Regen vor Ort war, musste ich feststellen, dass die meisten der rennenden Teams und Einzelpersonen aus dem Umfeld der Freikirche ICF und anderer fundamentalistischen evangelikalen Gemeinschaften stammten. Zur Erinnerung: Das sind die christlichen Fundis, die Homosexualität und Sex vor der Ehe für eine Todsünde halten. Die Leute, die Mitleid mit dem Rest der Menschen haben, weil nur sie (und sonst niemand) in den Himmel kommen. Leute, deren rigide Vorstellung von Sünde die Hölle schneller füllt als der Teufel an einem guten Tag.
Zwei Drittel des am Stilettolauf gesammelten Geldes gehen ans FIZ (Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration Zürich), gute Sache. Und ein Drittel geht an die Organisation «Heart Wings». Die machen Milieu-Arbeit, steht auf der Homepage von «Stilettolauf.ch». Auch eine gute Sache, denkt man. Schaut man aber mal genauer hin, findet man raus, das «Heart Wings» eine evangelikale Organisation ist, geführt von dem Ehepaar Peter und Dorothée Widmer, die sich mit Herz und Seele der Missionsarbeit verschrieben haben. Sie waren bereits in Tansania in Missionsauftrag tätig. Jetzt sind sie zurückgekommen, um hier bei den Verzweifelten auf dem Strassenstrich Gottes Wort zu predigen.
Nun, gut, es ist ja jedermanns Privatsache, an was man glaubt. Aber mein Problem mit diesen Freikirchen hat weniger mit ihren Glaubensgrundsätzen zu tun, als mit der Art, wie sie diese zu verbreiten versuchen. Mission nennt man das. Normalerweise gehen diese Gruppen dafür in Länder, in denen die Menschen verzweifelt Not leiden und tauschen da Brot oder fundamental christlich gefärbte Schulbildung gegen Glaubensbekenntnisse. Bei den Schwächsten ist es wohl am Einfachsten, sie zu einem kulturfremden Glauben zu verführen. Dass sie damit die lokale Kultur und Spiritualität vernichten, ist angesichts der Tatsache, dass sie ja den einzig wahren Glauben verkünden, vernachlässigbar.
Nun, ich will gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ein Zeichen setzen. Ich will dafür auch Geld spenden, denn ich war in den Ländern, in denen bereits Kinder in die Prostitution verkauft werden. Und ich will auch das Leben und die Bedingungen der hier arbeitenden Prostituierten verbessern.
Was ich nicht will, ist, christlich-fundamentale Mission bei den Schwächsten mitfinanzieren. Und irgendwie scheinen die Organisatoren des Stilettolaufs das genau zu wissen. Ansonsten hätten sie mit offenen Karten gespielt und nicht versucht, die Leute über die Verwendung der Gelder im Dunklen zu lassen. Auf Anfrage meinten die Leute von «Glowbal Act», der Organisation, die den Lauf durchführt, übrigens, dass sie unabhängig wären. Auch wenn ein Teil der Verantwortlichen dem ICF ganz nahe stehen. So nahe, dass sie Leo Bigger, dem ICF-Chefpastor, schon auf dem Schoss sitzen.
Und nein, ich habe nichts gegen Christen, einige meiner besten Freunde sind Christen. Ich misstraue nur absoluten Glaubensgemeinschaften und der Missionierung Andersgäubiger. Und ich hasse es, wenn man versucht, mich zu täuschen.
Ich werde mein Startgeld direkt dem FIZ spenden.
http://blog.tagesanzeiger.ch/stadtblog/ ... elpackung/
Zürich Stilettolauf: Aktion gegen Menschenhandel Blogbeitrag
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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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