Länderberichte MARKOKKO:

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Marc of Frankfurt
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Länderberichte MARKOKKO:

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Marokko:
http://de.wikipedia.org/wiki/Marokko





Marokko:

Die Wahrheit über Prostitution


Ein Bild des Übersetzers
2008-07-20 @ 14:04 UTC · Geschrieben von Jillian York
Übersetzt von Clemens Harten· engl. Originalartikel


Marokko steht in dem Ruf, dass es dort besonders viel Prostitution gäbe. Auch wenn die Aussagen mancher aus den Golf-Staaten übertrieben sind: In Marokko, das mit der doppelten Herausforderung von Armut und Massentourismus umgehen muss, beheimatet viele junge Frauen, die einen Ausweg suchen.

Während manche zum studieren und arbeiten das Land verlassen, versuchen es andere mit Prostitution. Viele arbeiten in kleineren marokkanischen Städten, ihre Zuhälter sind meist ebenfalls Marokkaner. Manche geraten aber auch in die Fänge der großen, bedauerlichen Sex-Tourismus Industrie, die jährlich zu einigen Prozessen führt. Wieder andere gehen zum Arbeiten in die reichen Golf-Staaten - manche werden Friseure oder Animateure, aber einige landen auch - gewollt oder nicht - in der Prostitution.

Eines der Phänomene in Marokko ist das der studierenden Prostituierten. Der Blogger Words For Change hat einen hervorragenden Artikel geschrieben über die jungen Frauen vom Land, die sich plötzlich in den großen Städten der Universitäten wiederfinden und als Prostituierte enden. Ein Auszug:
  • In den Schlafsälen der Mädchen lernte Aïcha, wie man sich kleidet, wie man Make-Up aufsetzt und wie eine Frau spricht.
    Und es waren auch die Schlafsäle der Universität, in denen sie verleitet wurde, sich ein bisschen Taschengeld für die schönen Kleider zu verdienen, in denen sie wie ein Stadt-Mädchen aussah. Der erste Schritt in den Abgrund waren anonyme Treffen mit älteren Männern, die sie in gute Restaurants einluden und ihr halfen, ihren Charm und ihre Weiblichkeit zu entdecken. Es war der Todesstoß, als sie verstand, dass sie die wenigen Rechnungen für ihren späten Jungendtraum mit ihrem Körper bezahlen musste.

    Nachdem Aïcha ihren Abschluss gemacht hatte, fiel es ihr schwer ihr gut bezahltes Nachtleben aufzugeben für einen furchtbaren Bürojob, oder die Lichter der großen Stadt für ein kleines Haus in Lhajeb zurückzulassen. Mit verbitterter Stimme erzählte sie mir: “Als ich studierte, wollte ich mir nur Taschengeld verdienen. Ich merkte nicht, dass ich eine Prostituierte war, bis es nach dem Abschluss meine einzige Beschäftigung wurde”. Aïcha lebt noch immer in der Stadt als Prostituierte, um Geld an ihre Familie zu schicken und die Rechnungen zu bezahlen. Ihre Bildung und Schönheit lassen reiche und bekannte Personen von der ganzen Welt sie für ihre Dienste bezahlen.
Thejoker schrieb vor kurzem darüber, wie Prostituierte in Marokko aussehen - ganz gewöhnlich!
  • Es gibt Prostituierte, denen genügt ein einziges Wort und sie werden dich in ein Gespräch verwickeln. Viele dieser Mädchen studieren, habe eine arme Familie und machen den Job aus Geldnot. Einmal habe ich ein Mädchen gesehen, sehr jung, die auf mich wie eine Jungfrau wirkte. Sie hatte Angst, jemand würde sie ansprechen - als dann schließlich jemand auf sie zuging, war sie ganz angespannt. Es ist wirklich eine Schande, was man auf den Straßen von Casablanca sieht. Manche Marokkaner sagen, wenn eine Frau ihren Schleier nicht trägt, kann man sich sicher sein, dass sie eine Prostituierte ist. Hier ist es nicht wie in Europa, wo die Prostituierten vom Recht anerkannt sind. Im Schmelztiegel Marokko kann man nicht wissen, wer eine Prostituierte ist, und wer nicht. Ich vermute, dass es auch Mädchen gibt, die Jeans und westliche Klamotten tragen und sich nicht prostituieren - aber jeder muss suchen, bevor er die wahre Liebe findet.
Quelle:
http://de.globalvoicesonline.org/2008/0 ... stitution/





Blogger: Words for Change:

The Educated Prostitute


July 1, 2008

On that morning, I was heading to the newspaper with no new stories or article projects in mind when my editor-in-chief called me to ask whether I’ll be interested in interviewing a very special person, and to publish her memories on a daily basis in the newspaper. This very special person was a young student who became a professional prostitute. The editor-in-chief of course was only interested in raising the sales, because the golden rule in journalism is that “When there is no news, you should create the news”. And what’s better than dealing with one of the society’s prime taboos to make the news. I only had one answer to give: I’ll do it!

Morocco has the reputation of having a significant number of young prostitutes. Maybe this stereotype other Middle Eastern countries have about us is a bit exaggerated, but still, Morocco has very well structured prostitution webs, which transform innocent girls to mighty night creatures, and even export them to work outside the country. What most people ignore is that prostitution was a very prosperous activity in pre-Islamic Morocco. Native Berber tribes used to set tents on the roads after the harvest season to offer “entertainment” to peasants after a year of hard work. Prostitution then, was a social service which allowed money circulation among all the tribe’s members. Islam couldn’t change much in the anthropological habits of local people. In my opinion, the high prostitution rates among young Moroccan girls can be explained by the extreme openness to the west and the cultural predisposition to this kind of activities.

For me it was very difficult to write about the subject. Should I feel pity or contempt, compassion or disgust towards this young girl with a university degree who decided to sell her body to make a living? I’ve just decided to play the role of the objective pen, which describes what it hears and sees without the interference of any subjective feelings. Though, it was hard not to make a comparison between me and her. We were both Moroccan girls, born in the same year, listening to the same music, and with university degrees. Yet, each of us chose a different path, or maybe that path chose her.

Her name was Aïcha. She was very blond, very tall, and very beautiful, the kind of the 1960s American films’ beauty. Aïcha had to move after high school from her small town called Lhajeb to study English Literature in Meknes’ college. “My parents didn’t prepare me to live alone in the city. I come from a poor background where talking about sex is a taboo”, she told me while gazing at the horizon. In the girls’ dorms, Aïcha learned how to dress, to put on make-up, and to talk like a woman. It is also in the university dorms that she was tempted to make some pocket money to pay for the pretty clothes which can make her look like city girls. The first step to the abyss was going out incognito with older men who invited her to good restaurants, and make her discover her charms and feminity. The deadly stab was when she discovered that she had to pay with her body for the few bills to realize her late adolescence fantasies.

Once Aïcha graduated, it was difficult to leave her well-paid night life for miserable desk work or to abandon the lights of the big city for a small house in Lhajeb. She told me with a bitter voice “When I was studying it was just to make pocket money. I didn’t realize that I am a prostitute until it became my full-time job after graduating”. Aïcha is still now living in the city and working as a prostitute to send money to her family and pay for her charges. Her education and beauty make very rich and well-known men from over the world pay for her services. After filling four, 120-minute tapes and finishing the interview, the young girl looked straight into my eyes and said “I fast every Ramadan and pray five times a day for Allah to forgive me, but when the night comes I realize that I have to go work for the money.”

Today, whenever I drive across the girls’ dorms of the university, I wonder how many Aïchas are there waiting to be tempted by the big city’s illusive and misleading lights? How many would resist and how many would fall?

Quelle:
http://wordsforchange.wordpress.com/200 ... rostitute/





StudentInnen und Sexarbeit:

viewtopic.php?t=2371





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translena
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Zensur: Film über Prostitution darf in Marokko nicht gezeigt

Beitrag von translena »

Zensur: Film über Prostitution darf in Marokko nicht gezeigt werden

Nach Ridley Scotts "Exodus" verbietet Marokko nun die Aufführung eines zweiten Films binnen kurzer Zeit. "Much Loved", ein Werk über Prostitution in Marrakesch, kommt auf den Index.

Ein Spielfilm über Prostitution in der marokkanischen Stadt Marrakesch darf in Marokko selbst nicht gezeigt werden. Das Kommunikationsministerium in Rabat teilte mit, dass das Drama mit dem Titel "Much Loved" des französisch-marokkanischen Filmemachers Nabil Ayouch nicht in die Kinos kommen werde. Der Film war beim internationalen Festival in Cannes bereits gezeigt worden.

Nach Meinung der zuständigen Behörde schade der Film marokkanischen Frauen sowie dem Ruf des nordafrikanischen Königreichs insgesamt. Gegen den Regisseur und die Hauptdarstellerin sind bereits Morddrohungen und Klagen eingegangen. Prostitution ist im islamischen Marokko ein Tabuthema - obwohl sie häufig vorkommt.

Ende 2014 hatte die marokkanische Filmkommission schon einmal die Aufführung eines Films untersagt: Ridley Scotts alttestamentarisches Werk "Exodus" durfte nicht gezeigt werden, da es sich angeblich um Geschichtsfälschung handelte. Erst nachdem der Regisseur und das Filmstudio zugestimmt hatten, dass zwei strittige Audiopassagen gestrichen werden könnten, lief der Film in einigen marokkanischen Kinos. "Exodus", der die Geschichte von Moses und Ramses erzählt, wurde anschließend noch in anderen islamischen Ländern verboten.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels haben wir nicht darüber informiert, dass "Exodus" nach längeren Verhandlungen doch in Marokko gezeigt werden durfte. Wir bitten, dieses Versäumnis zu entschuldigen.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ... 35642.html

tomek
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Beitrag von tomek »

Thejoker schrieb vor kurzem darüber, wie Prostituierte in Marokko aussehen - ganz gewöhnlich!
Kann ich nur bestätigen für Casablanca. Ganz normal westlich. Manche gehen aber auch nur mit BH oben rum an einen belebten Strand (also ich hab mir da zumindest gedacht, dass sie vielleicht auch eine Prostituierte ist...). Als ich am Strand entlang ging, lud mich ein Pärchen ein, mit ihnen Wein zu trinken. Mit Alkohol hab ich's nicht so, aber wir kamen gut ins Gespräch. "Wenn mich Mohammed hier sehen würde, er würde mir nicht die Hand geben". Wieso denn nicht, dachte ich. Dann machte ich noch deren Spaziergang mit und von den Jugendlichen, die dazu kamen, wurde ich dann aufgeklärt, dass sie eine Prostituierte ist. Naja, wir setzten uns gemeinsam in den Bus, haben uns nett unterhalten. Sie war sehr nett, doch hatte sie viele Wundmale von Ritzen an den Armen. Ich hatte kein Geld für ihre Dienstleistung. Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass sie 18 war. Aber die beiden habe ich noch ein paar Male wiedergetroffen und er versicherte umschweifend sie "jamais touché" (nie berührt) zu haben. Er lud mich auch zu sich nach hause ein. Ein Jugendlicher aus wohlhabendem Haus.
In meinem Hotel gab es in der unteren Etage auch Prostituierte (also zumindest nehm ich das an), die Frauen saßen in ihrem geöffnetem Zimmer vorm Spiegel, sahen gut aus, kämmten sich die Haare und warfen mir auffordernde Blicke zu. In meinem Lieblingsrestaurant saßen in der zweiten Etage nur Frauen einzeln an ihren Tischen. Eine von ihnen, die mich schon mal angesprochen hatte, setzte sich auch unten zu mir und leistete mir Gesellschaft. Naja, ihr Französisch war aber leider nur rudimentär... Also außer Prostitierten hab ich da kaum jemanden kennengelernt. War trotzdem schön da, toller Strand, gastfreundliche Leute. Tomek

translena
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Prostitution in Marokko: Auf Freiersuche im Fünfsternehotel

Beitrag von translena »

Prostitution in Marokko:
Auf Freiersuche im Fünfsternehotel

Marokkos Gesellschaft ist traditionell sittenstreng. Zugleich blüht vor allem in den Touristenorten die Prostitution. Ein Filmemacher hat sich dem Tabuthema gewidmet und erhält jetzt Morddrohungen.


Marrakesch gilt nicht nur Islamisten als Sündenpfuhl. Auch vielen gewöhnlichen Bewohnern des meistbesuchten Touristenorts in Marokko sind gewisse Entwicklungen seit langem ein Dorn im Auge. Tatsächlich ist die «Perle des Südens» mittlerweile zu einer der freizügigsten Städte der arabischen Welt geworden. Da gibt es Unterhaltungslokale aller Art, Kasinos, die grösste Diskothek Afrikas und Dutzende von Luxushotels, in denen bisweilen sexuelle Dienste angeboten werden.

Während die Strassenprostitution in Marrakesch eher diskret läuft, tummeln sich an den Bars vieler Hotels junge Frauen auf der Suche nach Kunden. In den Villen der Palmeraie, in Luxusappartements und Privathäusern organisieren professionelle Vermittler die gewünschten Escort-Girls. Seit Jahrzehnten gibt es in Marokko auch eine gewisse Toleranz gegenüber Schwulen und homosexueller Prostitution, wobei Einheimische viel weniger Freiraum haben als Touristen oder Ausländer, die sich in Marokko niedergelassen haben.

«Grob, vulgär und primitiv»

Die für arabische Verhältnisse erstaunliche Freizügigkeit ist derart augenfällig, dass sie ohne Duldung der Behörden unvorstellbar wäre. Dahinter dürften auch ökonomische Überlegungen stehen, denn sowohl das hedonistische Ambiente wie auch das horizontale Gewerbe sind zu einem Wirtschaftsfaktor geworden. Mittlerweile lockt Marrakesch Gäste aus sittenstrengen Ländern wie Algerien, Libyen und Saudiarabien, aber auch Jetset-Touristen aus aller Welt. Daneben blüht die Prostitution in Marokko auch an anderen Orten, in Agadir und Tanger, aber auch in kleinen Provinzstädten im Hinterland. Dort sind es fast ausschliesslich einheimische Freier, die käufliche Liebe suchen.

Nun ist das Thema Prostitution mit einem Mal brutal an die Öffentlichkeit gezerrt worden. Mit seinem Film «Much Loved» hat der marokkanische Filmschaffende Nabil Ayouch das Schicksal von vier marokkanischen Prostituierten ins Zentrum gerückt. Die Darstellung der Frauen und ihres Umfeldes gilt Kennern der Verhältnisse als glaubwürdig und authentisch. Gegenüber marokkanischen Medien erklärte Ayouch, er habe einfach einen bestimmten Aspekt der Realität in seinem Land ungeschminkt wiedergeben und eine Debatte auslösen wollen. Doch stattdessen kam es zu wüsten Beschimpfungen, und das nationale Zentrum für Filmschaffen erliess vorsorglich ein Aufführungsverbot. Die Dialoge der Frauen seien grob, vulgär und primitiv; der Film führe zu einem Imageschaden für Marokko, erklärte ein Funktionär des Ministeriums für Kommunikation.

Femen-Aktivistinnen in Rabat

Auf sozialen Netzwerken liessen vor allem islamisch-konservative Kreise ihrer Empörung freien Lauf und schreckten auch vor Mordaufrufen gegenüber Ayoch nicht zurück. Dabei gingen die Stimmen beinahe unter, die darauf hinwiesen, dass Ayouch seit Jahren gesellschaftspolitisch wichtige Themen aufgreife und vor allem: dass sich Marokko dieser Diskussion stellen müsse.

Wie es der Zufall wollte, gab die amerikanische Sängerin Jennifer Lopez nur einen Tag nach der Bekanntgabe der Zensur von «Much Loved» ein Konzert in Rabat, das im staatlichen Fernsehen übertragen wurde. Ihre Show und ihre freizügige Bekleidung wurden dabei nicht nur von Konservativen als «unvereinbar mit marokkanischen Werten» taxiert. Wenig später demonstrierten zwei Femen-Aktivistinnen mit nackten Brüsten auf einem öffentlichen Platz in der Hauptstadt gegen die marokkanische Gesetzgebung, welche Homosexualität unter Strafe stellt. Tags darauf küssten sich dort zwei marokkanische Schwule. Nun brannten den selbsternannten Sittenwächtern alle Sicherungen durch: So wurde zur Hauptsendezeit im Fernsehen über den Vorfall berichtet, als handle es sich um ein Kapitalverbrechen. Die beiden schwulen Aktivisten wurden mit Bild und vollständigen Namen aufgeführt.

Hetze gegen Schwule

Wenige Tage später druckte die konservative Wochenzeitung «Maroc Hebdo» dann eine Titelgeschichte: «Muss man die Schwulen verbrennen?» Der Artikel löste derart heftige Reaktionen aus, dass die Chefredaktion einen Tag später entschied, die Zeitung aus dem Verkauf zu ziehen. Da der Fehlgriff der Redaktion ohne strafrechtliche Folgen blieb, befürchten nun viele Verfechter eines liberalen, weltoffenen Marokko eine weitere Verhärtung und letztlich einen Etappensieg der Sittenwächter.

Nun stellt Marokko bezüglich öffentlicher Moral keine Ausnahme dar. Sowohl Homosexualität wie auch Prostitution sind in allen arabischen Ländern Tabuthemen. In Tunesien hatte etwa die Zulassung eines Vereins mit dem Namen «Shams», der sich für die Rechte von Schwulen und Lesben einsetzt, einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Samir Dilou, der ehemalige Minister für Übergangs-Justiz und Menschenrechte (!), hatte im Fernsehen verlauten lassen, Schwule seien «krank» und benötigten medizinische Behandlung.

Die meisten Beobachter sind sich einig, dass der gesamte Maghreb einen neuen Konservativismus erlebe. Die gemässigten PJD-Islamisten, welche seit Anfang 2012 eine Koalitionsregierung in Marokko anführen und auch den Premierminister stellen, analysiert ein Universitätsdozent, nähmen diesen Trend gerne auf und brächten sich als Verfechter marokkanischer Werte in Position. Sexskandale seien für die PJD-Islamisten ein gefundenes Fressen und gleichzeitig eine Möglichkeit, zu testen, wie die marokkanische Gesellschaft auf ihre Haltungen reagiere.

Spirituosen und Champagner

Dabei haben Konservative und Islamisten in Marokko nach allem, was bekannt ist, deutlich bessere Karten als weltoffene Milieus. Marokko ist nach wie vor eine sittenstrenge Gesellschaft; darüber dürfen auch gewisse kulturelle Aktivitäten in der Hauptstadt Rabat nicht hinwegtäuschen. Dazu kommt ein weiterer Widerspruch: Zwar gilt der Palast seit eh und je als Beschützer von Minoritäten, und zumindest prominente europäische Schwule hatten in Marokko auch schon unter König Hassan trotz offiziellem Verbot der Homosexualität nichts zu befürchten. Auch die private Lebensführung des Monarchen und seiner Grossfamilie ist, soweit bekannt, sehr liberal. Doch gleichzeitig trägt der König nach wie vor den Ehrentitel «Anführer der Gläubigen» und nimmt in dieser Funktion auch regelmässig an religiösen Zeremonien teil.

Die Verhältnisse sind somit eher kompliziert, und die Tendenz, die Probleme zu verdrängen, statt darüber offen zu diskutieren, ist offensichtlich. Auch Aziz, ein 28-jähriger Mann aus Marrakesch, findet solche Diskussionen unerheblich. Als «Vermittler» junger Frauen an reiche Golfaraber hat er einen lukrativen Job gefunden. Selbstbewusst steuert er eine Limousine mit getönten Scheiben durch sein Wohnquartier, fährt Escort-Girls in die Villen der Palmeraie und kümmert sich auch darum, dass der Kühlschrank immer gut mit Spirituosen und Champagner gefüllt ist.
http://www.nzz.ch/international/naher-o ... 1.18569124