Ayleen Saskia Habersfeld v. 02.06.2011 in Telepolis

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Ariane
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RE: Mes chères études - nebenberufl. StudentenSexarbeit

Beitrag von Ariane »

3 Seiten quälend langer, leider nicht wirklich gelungener Text einer Selbstoffenbarung, aber zur Vervollständigung diese Themas geeignet.

Sex gegen Geld - na und?

Ayleen Saskia Habersfeld v. 02.06.2011 in Telepolis

Nach der "Enthüllung", dass manche Unternehmen Sexparties für ihre Angestellten organisieren, wird Sex gegen Geld mal wieder als schlimm und typisch Mann abgeurteilt - dabei hat gekaufter Sex viele Vorteile


"Sex? Psssssst...
Sex war in unserer Familie nie ein Thema gewesen, wir sprachen einfach nicht darüber. Alles, was irgendwie mit Sexualität zu tun hatte, wurde totgeschwiegen. Nicht aus religiösen Gründen, es war einfach etwas, worüber man nicht sprach. Kleine Broschüren lagen herum, den Rest erledigte die Bravo und der Sexualkundeunterricht in der Schule. Wie durch Zauberhand waren die Binden und Tampons offen sichtbar im Badezimmer - aber das war es dann auch schon.

Ich wusste also, wie Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft funktionierten, was es mit der Menstruation auf sich hatte und dass der Mensch lustvolle Gefühle besaß. Aber die Frage, wie ich dann mit meinen zurechtkommen sollte, gab es keine Antwort. Schließlich wurde die Frage ja auch nie gestellt. Als sie dann doch einmal aufkam, wurde mir erzählt, dass solche Gefühle vorbeigehen würden, ich müsste einfach an etwas anderes denken, mich ablenken, dann würde sich das geben. Also lag ich als Jugendliche abends wach, hörte Musik (mit Kopfhörer und laut) und las, malte oder schrieb irgendwelche Miniprogramme auf dem Computer, die nichts weiter brachten als eine einfache Vokabellernabfrage oder ähnliches (das war in den 80ern).

Hauptsache, ich wurde abgelenkt davon, dass ich dieses komische Gefühl in Bauch und Unterleib hatte, was ich später als "reine Geilheit" bezeichnete. Die Mädchen in meinem Heimatstädtchen waren weitaus attraktiver als ich und, was wichtig war, wer sich mit Jungen herumtrieb, der war schnell als Schlampe verschrien. Insofern trieb man sich eben nicht herum. "Irgendwann findest du einen netten Freund", hieß es bei mir. Und als ich einmal fragte, wie ich damit umgehen sollte, bis ich diesen netten Freund hätte, sagte meine Mutter nur: "Lenk dich weiter ab und wenn du dann einen Freund hast, dann wirst du diese Gefühle mit ihm haben."
Mehr Informationen bekam ich nicht, aber das Thema Selbstbefriedigung war bei uns eben kein Thema - es wurde nicht verteufelt, es existierte einfach nicht.

Sprung ins Erwachsensein - und böses Erwachen

Endlich erwachsen, wollte ich dann (mittlerweile immerhin einigermaßen ansehbar) alles nachholen. "Born to be wild" eben. Weit weg von Zuhause war das Leben dann eine einzige Party: Ich soff mich mir selbst schön, baggerte auf höchst direkte Weise Typen an, nur um dann mit ihnen abends zu mir zu gehen und Sex zu haben. Meine persönliche Lust wurde so endlich befriedigt, ich hatte Spaß - aber es dauerte nur kurze Zeit. Denn nichts war hier anders. Allzu schnell führte das Ganze zu gesellschaftlicher Ächtung, ich war halt die Schlampe der Stadt, über die man nur lachte - und merkte es anfangs nicht einmal.
Die von mir so "sexy angemachten Kerle" waren schlichtweg die, die das nahmen, was sich ihnen anbot. Mit mir hatte das nichts zu tun - was nicht schlimm gewesen wäre, würden sie nicht gleichzeitig auch über ihre Angebote schallend lachen, sie prahlend weitererzählen und dann spöttisch jemand anderem sagen: "Hey, die nimmt dich bestimmt auch mal." Dabei ging es mir nicht darum, jeden "über mich drübersteigen zu lassen", ich suchte mir meine Bettgefährten schon aus, aber das nahm niemand wahr. Meine Lust, das wurde mir klar, würde insofern für mich ein Problem bleiben.

Zurück zur Ablenkung

Nach dem missglückten Befreiungsschlag kehrte ich zurück zum Althergebrachten. Ablenkung war angesagt - und sie funktionierte. Eine Zeit lang versuchte ich in meinen Beziehungen, den Anforderungen des anderen zu entsprechen. Ich war mal die sexy Betthäsin, die auch vor Analkugeln und Peitschen nicht halt machte, dann eher die freundschaftlich-fürsorgliche Freundin, die auch monatelang keinen Sex hatte - ich versuchte, gerade auch in sexueller Hinsicht, das zu tun, was man erwartete. Warum? Weil es immerhin doch etwas die Lust befriedigte, wenn auch nur bedingt.
Aber es bedeutete "gesicherten Sex" innerhalb einer Beziehung, so dass ich nicht mehr als die notgeile Schlampe vom Dienst angesehen wurde. Hallo, liebe Gesellschaft, ich bin jetzt zivilisiert, ich hab eine Beziehung! Meine eigene Lust, diesen wilden Wunsch nach immer mehr Sex, hatte ich mittlerweile gut im Griff - ich wurde Meisterin im Orgasmusvorspielen und wenn ich den erschrockenen Blick des Partners sah, wenn ich nur mal andeutete, ich würde einfach jetzt gerne mal "bumsen ohne drumrum", dann war mir klar, dass ich in seinen Augen wieder letztendlich nur die Schlampe war.
Die Lösung war einfach: Es hatte mit dem "Wildsein" nicht geklappt, es hatte mit Beziehungen samt "begrenztem Ausleben von akzeptiertem Sex" nicht geklappt, also ließ ich es ganz sein. Beziehungen wurden von mir gekappt, ich lebte allein. Ich lenkte mich noch stärker ab, trank viel und bekämpfte so recht erfolgreich meine in mir wütende Libido, bis sie fast nicht mehr vorhanden war. Sicher, ich dachte noch manchmal an Sex, aber dieses alles verschlingende Gefühl nach "Ich will es - jetzt" war nicht mehr da. Ich war zufrieden.

Meine Mutter und ich sprachen viel miteinander, auch das Thema Sex war nach und nach aufgegriffen worden, und so fragte ich sie irgendwann einmal, wie sie damit zurechtkam. Sie war mittlerweile getrennt lebend und ich wusste, sie hatte keinen Freund und würde sich auch nicht selbst befriedigen. Was war also mit ihr? Wie ging es ihr?
Es war lange still, als ich sie fragte. Dann aber sagte sie: "Ich bin auch nicht fernab von Gut und Böse" (ihre Art zu sagen, dass sie noch sexuelle Empfinden hatte). Dann jedoch folgte: "Aber ich gehe nicht einfach mit irgendjemandem weg und -." Das war alles. Die Frage nach Selbstbefriedigung beantwortete sie mit einem freundlichen: "Weißt du, für mich gehört eben Liebe von einem anderen dazu." Ich verstand sie, aber was war mit mir? Klar, von der großen Liebe träumt jeder, aber was passiert, bis ich sie finde?

Ich hatte mich verändert, das merkte ich. Zig Gespräche mit Leuten hatten mir gezeigt, dass Sex nicht zwangsläufig mit Liebe zu tun haben muss. Aber was sollte ich tun? Ich wollte Sex, Liebe gern, aber erstmal Sex. Es war wie ein in mir nagender Hunger. Ich wollte keine Selbstbefriedigung, keine Dildos, Rettiche, Gurken oder was auch immer man da empfahl, ich wollte einen Mann, der mich streichelt, der auf meine Wünsche eingeht, mit mir schläft und - ganz ehrlich gesagt - ich wollte, dass er mich danach in Ruhe lässt. Ich hatte weder Lust (!) darauf, ewig lang durch Kneipen o.ä. zu tigern um nach geeigneten Männern Ausschau zu halten, sie anzubaggern und dann zu hoffen, noch hatte ich Lust, nach einem dieser One-Night-Stands womöglich einen Kerl an der Backe zu haben, der mich belagerte. Ich wollte Sex, mehr nicht.

Ich kam mir sehr komisch, sehr verrucht, aber auch irgendwie abartig vor, als ich Michael von einer Telefonzelle aus anrief. Michael war ein Student (sagte er, aber wer weiß das schon?). Er sagte über sich, dass er "kultiviert, intellektuell, schlagfertig und für private Besuchte, Hotelbesuche und auch Unternehmungen frei sei". Er war 24, ich war über 30, er war ein knackiger, gebräunter Mensch, der in seiner Vita ein paar Zitate brachte, die mich faszinierten. Er verfügte über einen gesunden Humor und er sagte nicht sofort "Ja". Er redete lang mit mir darüber, wie ich mir das Treffen vorstellte usw., ich war eine Frau über 30, die an Attraktivität schwer eingebüßt hatte. Das sagte ich ihm, doch er blieb freundlich: Wir werden sehen.

Anders als man sich das vorstellt, sind viele Callboys nicht jene, die über jede Frau, die zahlt, drübersteigen. Es gibt (wie auch bei der Prostitution) Unterschiede, die gravierend sind. Es gibt die manchmal auch minderjährigen Stricher, die sich mit jedem einlassen, damit sie z. B. den nächsten Schuss finanzieren können, es gibt die Callboys, die irgendwo in den Kneipen herumlungern und dann für einen Fünfziger oder Hunderter mitkommen, es gibt aber auch jene, die inserieren, die beim Treffen den letzten AIDS-Test sowie ein Gesundheitszeugnis vorweisen, die sich Mühe geben, nicht nur eine schöne Hülle zu sein, sondern auch als "Escort-Service" verfügbar zu sein, weil sie sowohl vom Aussehen als auch vom Auftreten und der Bildung her durchaus "akzeptabel" sind. Diese Callboys nehmen nicht jeden Auftrag an.
Schließlich vereinbarten wir ein kurzes Treffen, damit er und ich uns entscheiden könnten, ob es zu einer "intimeren Vereinbarung" kommen könnte. Ich bezahlte seine Fahrtkosten und wir saßen uns in einem Restaurant gegenüber,. Er war nicht nur freundlich und höflich, charmant und intelligent, er hörte mir zu, bemerkte, wie peinlich mir das war, und schaffte es, durch seine Professionalität diese Peinlichkeit zu überbrücken. "Nicht jede Frau will gleich eine Beziehung und nicht jede will irgendwo gesehen werden oder falsch beurteilt werden", sagte er. "Dafür sind Menschen wie ich da. Wir helfen."
Ich versteckte mich hinter einem sarkastischen "Ficken als Hilfe". Er meinte nur: "Warum nicht?" Und eigentlich war das genau das, was ich auch wollte. Brutal gesagt: Ficken, wobei meine Lust die Hauptrolle spielte, nicht die des anderen.
Michael und ich verabredeten uns für eine Nacht, die mich 800 Euro kostete. Eine Menge Geld, die ich auch erst zusammen-sparen musste, aber das war es mir wert. Dezent gekleidet kam er am späten Nachmittag vorbei, wir aßen, tranken, redeten, hatten (sehr guten!) Sex, redeten wieder, hatten wieder Sex. Morgens ging er. Wir sahen uns nie wieder.

Danach...

Danach überlegte ich viel. Hatte ich nun etwas Schlimmes getan? Etwas Unmoralisches? Eigentlich hatte ich hier einen Mann schlicht und ergreifend als Ware betrachtet - als ein Stück Fleisch und Gehirn, das man bzw. frau mietete. Aber worin unterschied sich das im Vergleich zu einem Mann, der für mich arbeitet, der Körper und Geist mir zur Verfügung stellt, wie ich das will, wofür er Geld bekommt. Ich denke, lediglich die Form der Arbeit ist unterschiedlich. Aber ich hatte hier keinen armen, drogensüchtigen Stricher vor mir, der mit flackernden Augen auf den Schuss hofft und deshalb alles tut, was ich will - hier war jemand gewesen, der ganz klar, ganz logisch seinen Körper, insbesondere seinen Penis, anbot.

Eine Homepage zu erstellen; ein Prepaidhandy (jederzeit wegwerfbar) zu kaufen; Fotos, die ohne Zweifel nicht von einem Amateur geschossen worden waren; Garderobe, die nicht aus dem Billigshop kam ... das war keine Verzweiflung, das war ein Plan. Und Michael hatte es mir selbst gesagt: "Ich kann meistens, ich mag Frauen, ich mag Sex und ich mag es, Frauen zu treffen." Warum also daraus kein Geschäft machen?
Wenn ich heutzutage Artikel lese, die beim Thema Prostitution gleich alles in einen Topf werfen - Zwangsprostitution, Pornografie, freiwillige Prostitution, Chauvinismus, sexuellen Missbrauch, Objektivierung der Frau usw. -, dann frage ich mich, wieso Sex gegen Geld als etwas Schlimmes angesehen wird, sofern er keine Zwangslage ausnutzt. Und wieso es dann in Artikeln wie diesem hier heißt:
Ich will das alles nicht. Ich will nicht, dass die Hälfte der Erdbevölkerung zur Lustbefriedigung der anderen bereit steht, ich will keine nackten Frauen auf Tageszeitungen, ich will keine Pornos, ich will den ganzen Dreck nicht, der nahe legt, mich als Ware zu betrachten.

Keine Ahnung, wie Männer fühlten, wäre es normal, dass Frauen nach einem guten Abschluss in ein Bordell gingen, mit Knaben verkehrten, wenn Männer an der Ecke stehen würden, halbnackt in Strings, wenn Frauen sich in die Seiten stoßen und über die Dicke der Gemächte reden würden, wenn wir euch als Teebeutel verkleideten, damit ihr unseren geilen Blicken und Händen nicht ausgesetzt werdet.
Vielleicht wäret ihr entspannter. Oder ihr würdet das Denken verändern. In den Schulen lehren, dass man nicht jedem Drang nachgeben muss, man muss nicht auf die Straße machen, wenn es einen überkommt, wir müssen diesen ganzen Mist nicht mitmachen. Amen.
Doch, ich finde es in Zeiten, in denen das einfache Ausleben der Lust immer noch als "notgeil" angesehen wird, in denen es heißt, dass Lust nur innerhalb von Beziehungen vorkommen soll, dass Lust und Geilheit etwas Schlimmes seien, dass Lust immer noch automatisch mit Liebe zu tun haben muss, nicht aber kann - in diesen Zeiten finde ich es völlig in Ordnung, dass Menschen sich frei dafür entscheiden können, der Lustbefriedigung anderer Menschen (und sich selbst) zur Verfügung zu stehen. Deshalb ist es auch wichtig, zwischen Zwangsprostitution und Prostitution zu unterscheiden und nicht sexuellen Missbrauch, Pornografie, Prostitution und Zwang zu verquicken.
Ich werde älter und ich sehe Michael als Episode an. Als wichtige Episode. Jemanden, der sich freiwillig anbietet, für Sex zu mieten, empfinde ich nicht als schlimm. Im Gegenteil. Ich wollte einen netten Abend inclusive Sex, er wollte Geld - ich wollte nicht erst herumsuchen oder als Schlampe gelten, viel wichtiger war mir aber, dass ich wissen wollte, mit wem ich es zu tun habe, ich wollte keinen "Stecher aus Kneipe X", ich wollte jemanden, der nur meine Lust befriedigt, ohne von Liebe zu reden oder sie zu wollen.
Das sehe ich nicht als schlimm an - Lust und Liebe gleichzeitig ist wunderbar, aber warum soll ich darauf warten? Warum soll ich nicht auch die Freiheit haben, meine Lust befriedigen zu lassen? Warum soll ich nicht auch auf die erigierten Brustwarzen von David Beckham starren und dabei fantasieren? Warum soll Pornografie schlimm sein, wenn ich es als richtig geil empfinde, zwei heiße Männer bei intimen Küssen zu betrachten? Ich hätte kein Problem damit, dass sich halbnackte Männer in der Nähe des Bahnhofes aufstellen würden, um zu zeigen: "Hey, du kannst mich mieten." Aber ich habe ein Problem damit, dass Menschen meinen, ich müsste mich dafür schuldig fühlen, dass ich mir selbst aussuche, wie ich mit meiner Sexualität umgehe oder umging.
Ich habe jetzt einen anderen Zugang zu mir selbst, aber ich werde mich nicht mehr schmutzig, schuldig oder böse fühlen, nur weil ich mir selbst einfach das gegönnt habe, was jemand anderes freiwillig (!) anbot. Und das, wenn ich den Artikel z. B. bei Spiegel Online einmal umdrehe, in die Nähe von Kindesmissbrauch und Zwangsprostitution zu rücken, ist infam. Frauen sehen Männer auch oft als Sexobjekt - Beckham und Co. sind nicht nur wegen ihrer Fußballfähigkeiten erfolgreich.
Erigierte Brustwarzen und glatt rasierte Körper sowie kaum verdeckte Unterleibe sind im Endeffekt auch eine Form der "Objektivierung", wie sie so verurteilt wird. Seit "Satc" sind Gespräche über die Qualitäten des Ex/zukünftigen Liebhabers, auch hinsichtlich der Sexualität keine Seltenheit mehr. Länge, Dicke, Durchhaltevermögen und nicht zuletzt der "Knackarsch" werden genauso bewertet und verurteilt, wie die Männer die Brüste und dergleichen mehr beurteilen. In eine Chippendale-Vorstellung geht wohl kaum eine Frau, weil sie die Intelligenz der Darsteller so bewundernswert findet ...
Die Gleichberechtigung hat es ermöglicht, dass Frauen wie ich sich nicht mehr schämen müssen für ihre Lustempfindungen, für ihre Libido. Die derzeitigen Artikel zum Thema Feminismus aber sind so geschrieben, als wäre es schlimm, die eigene Lust auszuleben, indem sie das Ausnutzen von Zwangslagen, Sex gegen Geld und Kindesmissbrauch in eine Ebene heben. Das bedeutet aber auch, dass das Ausleben der Lust gegen Geld schlimm ist - und das bedeutet auch für Frauen wie mich: Zurück zum früheren Denken, zurück zum "hey, bumst gefälligst nur innerhalb von Beziehungen".
Aber genau das möchte ich nicht. Ich möchte es selbst entscheiden können, wann wo und wie ich mit jemandem Sex habe (so wie derjenige auch selbst entscheiden kann). Michael konnte ebenso entscheiden wie ich - und hat es getan. Machte er mich damals zu einem Sexobjekt und ich ihn? Ich finde nicht - wir hatten einfach nur einen Deal. Niemand litt, niemand hatte falsche Vorstellungen - aber wir beide hatten Spaß und richtig guten Sex. Na und?"


http://www.heise.de/tp/artikel/34/34861/1.html

Auf der dritten Seite findet sich dann unten eingeblendet noch das Partnerprogramm Amazon vom Heiseverlag und Links zu einschlägiger Literatur.

Interessanter finde ich im gleichen Magazin einen ältereren Artikel über

Geeks und geschlechtliche Gewohnheiten

Ich habe mit Geeks nur positive Erfahrungen gemacht, von Asexualität keine Spur.
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Beitrag von ehemaliger_User »

Der Aufsatz ist wohl eine Antwort auf den "Spiegel"-Beitrag "Fragen Sie Frau Sybille" vom 24.05.2011:

S.P.O.N. - Fragen Sie Frau Sibylle

Männer, ich habe es satt!

Sie geben jedem Drang nach: Wollen Männer Geschlechtsverkehr haben, dann kaufen sie sich Sex - und finden das normal. Gesellschaftlich ist das genauso akzeptiert wie der Verzehr von Kaviar. Ich will das alles nicht.

Die besten Vertreter der Hamburg-Mannheimer bekamen als Belohnung einen Puffbesuch spendiert. Eine kleine Meldung, die letzte Woche aus irgendeinem Grund ihren Weg in die Medien fand. Normalerweise sind solche Geschichten keine Nachricht, es sei denn, Minderjährige wären beteiligt. Ein Grund, warum Frauen mitunter der Aufstieg in die Chefetagen schwer gemacht wird, ist, dass die Herren nicht wissen, wohin mit den Kolleginnen bei Geschäftsabschlussfeiern, die fast immer mit nackten Frauen zu tun haben.

Frauenbenutzung ist gesellschaftlich so akzeptiert wie der Verzehr eines Becherchen Kaviars. Männer sind so, die brauchen das. Frauen akzeptieren das. Es gibt uns nackt, es gibt uns verschleiert, es gibt uns zu kaufen, und das Dummargument: Die Frauen tun das doch freiwillig, lässt jeden Einwand verstummen.

Ich habe es aufgegeben, Männern erklären zu wollen, warum mich verschleierte Frauen demütigen, warum nackte Frauen in Schaufenstern mich demütigen, warum Frauen, die sich nackig für Hefte fotografieren lassen, um ihre Karriere als Schauspielerin-Schrägstrich-Modell-Schrägstrich-Moderatorin anzukurbeln, mich demütigen. Ich werde Männern nicht erklären können, dass es mir ist, als ob ich ein Schwarzer wäre, der an seinen Kumpels mit Fußfesseln vorbeispaziert, die auf Baumwollfeldern ihren Job machen.

Ach Gottchen ja, sagen sie, zucken die Achseln, Männer sind eben so. Sie müssen sich vermehren, das ist ihr Job. Egal ob hetero oder homosexuell, da muss immer was gehen, da müssen Pornos geschaut werden, Prostituierte gekauft, da muss gefummelt werden und einer weggesteckt, darum, liebe Frau, musst du dich entweder verhüllen, um ihnen zu entkommen, oder dich zurückhaltend kleiden, oder dich in einen Sack stecken. Darum, liebe Frau, wenn du was erreichen willst, sie um den Finger wickeln, zeig' ihnen deine Möpse, benutz' die Waffen einer Frau. (Um das gut zu machen, kauf' all den Scheiß, werde begehrenswert!)

Ich will das alles nicht. Ich will nicht, dass die Hälfte der Erdbevölkerung zur Lustbefriedigung der anderen bereit steht, ich will keine nackten Frauen auf Tageszeitungen, ich will keine Pornos, ich will den ganzen Dreck nicht, der nahe legt, mich als Ware zu betrachten.

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Vielleicht wäret ihr entspannter. Oder ihr würdet das Denken verändern. In den Schulen lehren, dass man nicht jedem Drang nachgeben muss, man muss nicht auf die Straße machen, wenn es einen überkommt, wir müssen diesen ganzen Mist nicht mitmachen. Amen.
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Ariane
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Beitrag von Ariane »

Aha, danke ehemaliger_User für die Info. Ich schätze Sybille Berg aus vielerlei Gründen und kann ihren Widerwillen gegen die ubiquitäre Nacktheit durchaus nachvollziehen und vieles andere mehr in ihrem spitzen Kommentar. Allerdings habe ich ein differenziertes Verhältnis zu Männern und Menschen im allgemeinen entwickelt, auch dank meines Umgangs mit durchaus liebenswerten Kunden-Männern. Mir geht dieses mediale Männer-Bashing auf meinen nicht vorhandenen Sack, genauso wie das Bild unkontrollierter, sexgeiler und triebgesteuerter Monster, das von ihnen gezeichnet wird. Ich hab oft den Eindruck, dass viele Journalisten und Autoren wenig bis nichts zur Aufklärung beitragen, ausser sich selbstgerecht im eigenen Saft zu suhlen, zu skandieren und zu skandalisieren, dem Quotendruck und Auflagensteigerung geschuldet. Sitzen halt viele auf dem heissen Stuhl oder verdingen sich für etwas Zeilengeld. Das muss sehr frustrierend sein.
Zuletzt geändert von Ariane am 06.06.2011, 13:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Aoife »

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Ariane hat geschrieben:Mir geht dieses mediale Männer-Bashing auf meinen nicht vorhandenen Sack, genauso wie das Bild unkontrollierter, sexgeiler und triebgesteuerter Monster, das von ihnen gezeichnet wird.
Passt gerade zum Thema, deshalb stelle ich folgenden Kommentar (English) hier ein und nicht bei Länderberichte GB:

These are the most anti-social sluts on earth

By Brendan O'Neill Politics Last updated: June 6th, 2011

The most annoying thing about the SlutWalk phenomenon, which arrived in Britain at the weekend, is not its knowingly provocative name or even its attempt to make a serious political project of the frazzled Nineties pop trend of Girl Power (“I wear sexy stuff, therefore I am powerful!”). No, it is its inherently anti-social nature. These are the most anti-social sluts on earth. Where I grew up, the catty phrase “she enjoys the company of men” was often used as a euphemism for “slut”, but you could never say that of those taking part in SlutWalk. On the contrary, many of the SlutWalkers seem to see interaction with men – especially cocky, swaggering men – as a dangerous and risky thing, best avoided.

Of course, no one – except maybe Peter Sutcliffe – disagrees with SlutWalk’s spectacularly uncontroversial message that women should be free to dress as they please without getting raped. But it is quite different to expect to be able to dress as you please without attracting *any* attention from blokes. Yet that is what some SlutWalkers seem to be demanding: effectively the right to dress provocatively without ever being looked at, commented on, whistled at or spoken to by a member of the opposite sex. Unless such interaction is clearly solicited, of course.

One SlutWalk supporter says “no matter what a person is wearing”, there is “absolutely no excuse for violence, verbal degradation, rape, lewd comments, pinches, touches, grabs or come-ons”. What?! The lumping together of rape with come-ons, as if both are equally demented and unwanted, reveals the general distaste for unguarded and unpredictable sexual interaction that underpins SlutWalk. A leading SlutWalk organiser says “society is too tolerant of the lewd comments and wolf-whistles that make people feel unsafe”. If anyone is belittling rape, it is these so-called sluttish feminists, who discuss rape and wolf-whistling in the same outraged breath, as if a builder saying “nice bum!” is an act of unspeakable violence on a par with forced sexual intercourse. SlutWalk, it seems, is less about addressing the problem of rape than about challenging society’s alleged tolerance of - and therefore boosting its intolerance of – male sexual bravado.

The SlutWalk organiser says that one of the “main messages” of her campaign is that “a woman’s appearance is not a sexual invitation”. But it is. When women wear revealing gear in a pub or a nightclub, they are definitely issuing a sexual invitation. And why shouldn’t they? They want to pull, get off, cop off or whatever the crazy kids call it these days. It is part and parcel of the perfectly normal, perfectly healthy interaction of the sexes that women dress attractively and men respond in kind, by making a comment, offering to buy a drink, attempting one of those apparently criminal “come-ons”. The high-minded feminists who make up SlutWalk’s supporters and cheerleaders seem to want to opt out of this everyday social interaction, to dress as sluttishly as they like while also being surrounded by some magic forcefield, legally enforced perhaps, which protects them from any unwanted male gaze or whistle. They are prudes disguised as sluts, self-styled victims pretending to be vixens, astonishingly anti-social creatures who imagine it is possible to parade through society dressed outrageously without any member of that society ever making a comment about or to them. This is the highly individuated politics of fear – fear of men, fear of unplanned-for banter, fear of sexual licence – dressed up as radical feminism. But to update an old saying: no slut is an island.

Source: http://blogs.telegraph.co.uk/news/brend ... s-on-earth
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Beitrag von ehemaliger_User »

Danke Ariane für Deinen Kommentar.

Wenn ich den Vorwurf "Lustobjekt" lese frage ich mich immer, ob Frauen keine sexuelle Lust verspüren. Frauen sitzen doch am längeren Hebel, was nützt mir mein brünstiges Getue, wenn ich kein "Weibchen" finde, das sich darauf einlässt?

Vor 20 Jahren wurde aus unserem soziokulturellen Verein in Esslingen eine junge Frau rausgemobbt - weil sie sich für den Playboy ablichten liess. Die "frauenbewegten Frauen" haben leider nichts dazugelernt.

Die Stuttgarter Zeitung schrieb am 30.12.2004:

"Der ,Playboy" hat mein ganzes Leben verändert", sagt Stella Kobs, die mit ihrem Mann Stephan, ihrem Sohn Jeremy (zweieinhalb) und ihrem Hund Lina (neun) in der Nähe von Augsburg ein schmuckes Holzhaus bewohnt. Und das traute Heim findet seine Ergänzung im Idyll vor der Tür, wo sich Fuchs und Has" Gut" Nacht sagen. Bis die heute 41-Jährige in solch bürgerliche Bahnen einmündete, war ihr Leben so traumhaft wie die Traummaße 89-60-89, mit denen sie erstmals im Sommer 1986 ganz ungeniert das Treppchen eines "playmate of the month" erstürmte.

Vorher hatte das Mädle vom Esslinger Zollberg die Kosmetikakademie Enderlein in Stuttgart besucht, dann den unter der Burg szenenbekannten "Paradiesvogel" Mike Frey kennen gelernt, dann im Esslinger Metzgerbach einen alternativen Bioladen geleitet, schließlich ist sie vis-à-vis vom Biolädle von den grünen Kohlrabi auf die schwarzen Scheiben eines Independent-Plattenladens umgestiegen. Ein Hobbyfotograf wollte dann eine Serie von ihr knipsen, um selbst beim "Playboy" landen zu können. Stella Kobs willigte ein und erinnert sich: "Ich war schön wie eine Prinzessin!" Doch gemeldet hat sich anschließend das Herrenmagazin direkt bei ihr. "Mach"s!" riet Mike der Unschlüssigen, und in einem Münchener Studio schoss dann der Profi Peter Weissbrich die Bilder.

Als die Aufnahmen damals im überschaubaren Esslingen die Runde machten, da war Stella Kobs besonders überrascht von den reservierten Reaktionen der Frauen im "grünen Umfeld". Und mit der Gemeinderatskandidatur des Playmates auf der Liste der grün-alternativen AGL war für die Puristinnen der noch jungen ökologischen Bewahrungsbewegung wohl vollends ein irreparabler Sündenfall eingetreten.

Dabei begründete Stella ihre Listenbewerbung auf Platz 16 im örtlichen Stadtblatt schlicht so: "Im Gemeinderat sollten auch Laien drinsitzen. Politik soll auch nach dem Herzen und dem Bauch gemacht werden." Die Ratstür blieb ihr dann zwar verschlossen, doch die weltweite Veröffentlichung im "Playboy" war ein wahrer Türöffner. Stella Kobs arbeitete in Italien als einzige Deutsche beim kultigen "Tutti-frutti"-Vorgängerprogramm "Colpo grosso", dann hob sie serienhalber mit Käpt"n (Hugo Egon) Balder samt Karlchen mit dem "Raumschiff" ab - und war der Realität so weit entrückt, dass ihr fast der Fall der Berliner Mauer entgangen wäre.

Wieder zurück in Deutschland, pendelte sie als Model zwischen Stuttgart und Hannover, machte Abstecher nach Zürich, Ibiza und Los Angeles und hatte als Playmate zwischendurch Bunny-Pflichten zu erfüllen. Die kalifornische Glücksrittermetropole L. A. der Neunziger sieht Stella rückblickend als "einen Sumpf und einen Moloch", aber eben einen wunderbaren Sumpf und einen wunderbaren Moloch. Eine Ranch in Silver City und die Trails zu Pferde waren für sie eine Goldgrube an naturmystischen Erlebnissen und der Gegenpol zur hektischen Zivilisation. "Ich habe immer alles 200-prozentig gemacht", sagt die Esslingerin. Nach einem Jahr war Schluss, sie reiste nach Zürich und weiter nach München. Dort hat Stella vor vier Jahren ihren Mann kennen gelernt, seit drei Jahren ist sie jetzt verheiratet. Die Hochzeit in der Augsburger Kongresshalle nennt sie "gigantisch", unter den 200 Gästen seien auch Freunde aus Übersee und von "Tutti frutti" gewesen.

Stella Kobs hat mitgezählt: 18-mal ist sie bis dato in ihrem Leben umgezogen, ihre Bilder und ihre Alben, die Zeitungsausschnitte und die Illustriertenablichtungen finden sich in acht Waschkörben, an den Wänden erzählen Arrangements in Bilderrahmen zusätzlich von bewegten Zeiten. Ihr jetziges Leben stelle den absoluten Gegensatz zu früher dar, aber sie habe sich den anderen Traum verwirklichen wollen, den von der Familie und dem Daheimsein. "Ich war auf den besten Partys und in den besten Hotels", sagt das Playmate Stella, "doch man muss wissen, wann es reicht." Und das sagt sie gleich ein paar Mal, so, als wollte sie sich stets aufs Neue des Schritts versichern.

Im neuen Jahr kommt Stella zum Klassentreffen nach Esslingen ("Klar geh" ich da hin!"), und auch das Schreiben hat sie sich vorgenommen, das Schreiben über ihr Leben. Doch noch kommt ihr das Erlebte "zu uferlos" vor, es sei wohl zu früh. Doch die Ruhe dazu, die hätte sie jetzt allemal.
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Beitrag von Aoife »

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben:Wenn ich den Vorwurf "Lustobjekt" lese frage ich mich immer, ob Frauen keine sexuelle Lust verspüren.
Mick Jagger hat einmal bemerkt er vertstehe nicht, warum "Lustobjekt" etwas Negatives sein soll, schließlich sei er doch selbst eines ...

Als Lustobjekt mißbraucht kann sich doch nur fühlen, wer sich nicht als Lustsubjekt fühlen kann.

Grundsätzlich also ein ganz persönliches Defizit des angeblichen Opfers, was liegt da näher als ein Karpman Dreieck aufzumachen, einen Täter herauszudeuten und nach Hilfe zu rufen ...

Kein Wunder also, dass (dazu noch erfolglos) verkopfte FemiNAZIs uns zu Kollaborateuren mit "dem Feind" erklären - unser "Verbrechen" ist, dass wir durch unsere bloße Existenz die rationalisierende Beschönigung ihrer Störung entlarven.

Womit ich keineswegs behaupten will selbst völlig "ungestört" zu sein - aber ich stehe dazu und muß mich nicht als Opfer aufspielen :002

Liebe Grüße, Aoife
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Beitrag von ehemaliger_User »

@Aoife so ähnlich habe ich auch gedacht. Das Jagger-Zitat kannte ich nicht, das gefällt mir...

Und es ist besser, eine Frau thematisiert das Defizit!

Bei "Emma" gibts dazu eine Diskussion vom Januar 2010:
http://forum.emma.de/showthread.php?163 ... viewfull=1
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