Das Gewieher der Amtsschimmel ist schon jetzt zu hören:)

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fraences
Admina
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Das Gewieher der Amtsschimmel ist schon jetzt zu hören:)

Beitrag von fraences »

Das Gewieher der Amtsschimmel ist schon jetzt zu hören

Um diese Frage winden sich Jahrhunderte: Warum gibt es Prostituierte? Darauf muss man den Finger legen und nicht müde werden, eine Antwort zu erhalten. Aber es bleibt Unsinn, die Prostitution zu verbieten. von Max Dohner

Das ist der einzige anständige Satz zum Thema: Der Kern aller Prüderie ist Scham – und Scham ist keine leichtfertig zu verletzende Sphäre. Deshalb ... halt! Noch ein anständiger Satz: Wir alle wären so gern nackte Kinder im makrobiotischen Garten Eden. Aber jetzt ist fertig mit Anstand, fertig mit der Prüderie!

Es ist barer Unsinn, die Prostitution zu verbieten.

Es ist vor allem deshalb unsinnig, weil man sich mit dem ersten Schritt – verbieten! – einen Rattenschwanz von Problemen einhandelt, die sich sofort ins Groteske türmen. Gesetzt, man verbietet den Leuten den Besuch in der Rotlicht-Szene, verbietet ihn – notabene – den Männern wie den Frauen: Wie will man das Verbot kontrollieren? Mit Kameras in jedem Zimmer, jedem Auto, vor jeder Bank «Luegisland» am Waldrand?

Und wer definiert die dünne rote Linie, trennt den Nebel dessen, was alles möglich und unmöglich ist zwischen den Geschlechtern? Ist Prostitution dann des Teufels, wenn Geldscheine die Hand wechseln? Oder schon beim Tausch von Extras, beim Angebot von Privilegien, tollen Jobs, einer Spritzfahrt auf der Jacht oder einer Städtereise? Was ist mit dem Groupietum, dem Unterhosensammeln von Celebrities? Werten kann man das als Backfisch-Hobby, betrieben wird es meist mit der abgebrühten Verve eines Escort-Service. Gerade dazu: Wo ist «Begleitung» ohne Makel, wo wird sie schandbar?

Geld für einen gemeinsamen Gang in die Oper stinkt nicht – wegen Kultur, nobler Robe usw. Auch das anschliessende Austernschlürfen ist kaum polizeinotorisch, aber dann! Dieses grässliche Tête-à-Tête in den Laken – da erst schwirren alle Sirenen? Wünscht der Freier mal «nur ein schönes Gespräch», was vorkommen soll, wie erfahrene Dirnen behaupten – was soll dann der staatlich geprüfte, feinpsychologisch geschulte Lauscher vor der Tür notieren?

Es wäre eine tolle Abendunterhaltung bei Freunden, sich reihum solche Szenen auszumalen und sich dann in den armen Sittenwächter zu versetzen, der hier den Überblick behalten soll (und das krude Gesetzeskonvolut auswendig im Kopf, das nötig wäre): Man wird keine Szene «sauber» herausfiltern können, sich also krummlachen bei der Übung.

Das Gewieher ganzer Schwadronen von Amtsschimmeln ist schon jetzt zu hören hinter allen Postulaten, welche die Prostitution verbieten wollen. Es war ein Fortschritt, so viel Narrentum abgeschafft zu haben und jedem endlich die Wahl zuzugestehen, um sich zwischen Schmutz und Liebe selber zu justieren. Umso mehr, als alle Schichten des Lebens durchdrungen sein können von allen Samen des Seins, auch die schmutzigen – und am wenigsten die heiligen.

Drum riecht die ganze Sittenoffensive nicht bloss schwiemelig und abgestanden. Sie flackert an den Rändern auch bedrohlich und gefährlich, so pastellen das kitschig utopische Bild ansonsten gemalt sein mag vom Frommen, der frei ist von Schmutz und Sünde. Noch verdrehter wird die Sache dort, wo gesagt wird: «Gut, die Prostitution lässt sich kaum unterbinden. Immerhin aber, via Verbot derselben, der ruchlose Menschenhandel.» Das ist Kollateral-Denken, im Ursprung bestenfalls naiv, am Ende immer einfältig und unbarmherzig: Wir regeln etwas grundschlecht, um ein Übel auszumerzen.

Doch selbst wenn es gelänge, die Prostitution mit Verbot gesellschaftlich zu tilgen (wozu man auch sofort die Grenzen schliessen müsste, damit Freier nicht «bumsfliegen» wie in Skandinavien): Warum legt man dafür nur den Sumpf des nicht stubenreinen Milieus trocken? Warum tilgt man nicht jede Form von prostituierter Verlockung? Den ganzen gelackten Luden-Werbezauber und Reiz-Kirmes von «Sex sells», um uns – gegen gutes Geld – «Glücksmomente» als Edelware anzudrehen? Eine Antwort lautet so: Es ist die alte Heuchelei, die jeden am Wickel packen will. Einfach mit neuer Masche.

www.aargauerzeitung.ch/blogs/dohners-se ... -127393982
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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