Letzter Ausweg aus der Krise: Prostitution in der Stadt Bern
Von Simon Deckert. 
     
In der Stadt Bern ist die Zahl der Prostituierten aus Südeuropa in den letzten vier Jahren drastisch angestiegen. Die Ursache ist gemäss Fachleuten beim wirtschaftlichen Druck in den Krisenländern zu suchen.
Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa kommen immer mehr Frauen als Prostitutierte nach Bern.
Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa kommen immer mehr Frauen als Prostitutierte nach Bern.
Es ist ein Befund, der Eindruck macht: In der Stadt Bern hat sich die Zahl der registrierten Sexarbeiterinnen aus Ländern wie Spanien, Portugal oder Italien in den letzten vier Jahren mindestens verzehnfacht. In einem Beitrag der «Tagesschau» des Schweizer Fernsehens vom letzten Mittwoch nannte Alexander Ott, Leiter der Berner Fremdenpolizei, eindeutige Zahlen. Im Jahr 2010 habe man rund 40 Gesuche von Personen aus diesen Ländern erhalten. 2014 seien es bis Ende Juni bereits über 400 gewesen. Es ist aber nicht nur die schiere Anzahl, die gestiegen ist. Laut übereinstimmenden Angaben der Fremdenpolizei und der Berner Fachstelle für Sexarbeit Xenia zeichnen sich zwei weitere Trends ab: Die Frauen sind älter, und immer mehr von ihnen arbeiten zum ersten Mal im Sexgewerbe.
«Käuflicher Sex ist ein Luxusgut»
Schon im Oktober 2013 hörte man von einem Zuwachs von älteren Prostituierten, die ohne Vorerfahrung im Sexgewerbe in die Schweiz kommen. Es handelte sich vor allem um Frauen aus Spanien. Regula Rother, Leiterin der Zürcher Stadtmission, äusserte sich damals skeptisch zu diesen Berichten. Gegenüber der «Berner Zeitung» sagte sie in einem Interview, die meisten Frauen seien schon zuvor als Prostituierte tätig gewesen und kämen wegen der sinkenden Nachfrage in ihren Heimatländern in die Schweiz. «Käuflicher Sex ist ein Luxusgut», sagte Rother. Und in der Krise verzichte man eben zuerst auf allen Luxus.
Geld für das Studium der Kinder
Zwar ist man sich heute auch bei der Berner Fremdenpolizei sicher, dass der Zuwachs auf die südeuropäische Wirtschaftskrise zurückzuführen ist. In einem Punkt ist die aktuelle Situation aber eindeutig anders: Es handelt sich nicht nur um Frauen aus dem Sexgewerbe, die nach Bern kommen. «Wir haben eine Zunahme von Neueinsteigerinnen beobachtet», sagt Alexander Ott gegenüber dem «Bund».
Auch für Jacqueline Suter von der Fachstelle Xenia ist der Fall klar. «Das passiert generell, wenn Länder in Krisen fallen», sagt sie. Die Neueinsteigerinnen seien ehemals berufstätige Frauen, die durch die Krise ihre Arbeit verloren hätten. Sie haben Familien, für die sie sich verantwortlich fühlen. Martha Wigger, Leiterin von Xenia, formulierte es in der «Tagesschau» so: «Wenn kein Geld mehr reinkommt, wagt man diesen Schritt, weil die Familie wichtiger ist als die Arbeit selber.»
Jacqueline Suter erzählt etwa von einer Frau, die arbeitslos geworden ist, und deren Mann pensioniert ist. Zwei Jahre dauert es noch, bis die Kinder ihr Studium abgeschlossen haben. Danach wird die Rente für sie und ihren Mann ausreichen. Bis es soweit ist, verdient die Frau das Geld für die Ausbildung ihrer Kinder als Sexarbeiterin in der Schweiz.
Geheimnis bei der Arbeitssuche
Warum aber kommen diese Frauen in die Schweiz? Bis zu drei Monate am Stück dürfen EU- und Efta-Bürgerinnen und Bürger im Schweizer Sexgewerbe arbeiten. Wäre der Einstieg in die Prostitution im Heimatland, ohne den Aufwand und die Kosten der Reise, nicht einfacher? Dass die Frauen in der Schweiz mehr verdienen, ist nur ein Grund. Das Ausland bietet auch Anonymität. Suter nennt es das «Geheimnis» um die Arbeitssuche im Ausland. «Die Frauen sagen nicht offen, was sie machen. Männliche Gastarbeiter erzählen ja auch nicht, dass sie in ihrem Auto an einem Waldrand schlafen und zur Körperpflege auf öffentliche Toiletten gehen. Die Leute schämen sich.» Im Beitrag der «Tagesschau» wurde auch darauf hingewiesen, dass der Aufwand für die Frauen sehr klein sei. Ein Meldeverfahren per Internet reiche aus für die dreimonatige Bewilligung, wie Alexander Ott sagt. Ob die Schweiz dadurch für Sexarbeiterinnen attraktiver sei als andere europäische Länder, könne man aber nicht sagen.
Massiver Konkurrenzkampf
Nach dem Meldeverfahren sprechen die Frauen persönlich bei der Fremdenpolizei vor. Personen, die zum ersten Mal in der Schweiz arbeiten, müssen angeben, ob sie bereits im Sexgewerbe tätig gewesen sind. Unter den Neueinsteigerinnen sind auch immer öfter Frauen bis 50. «Diesen Trend können wir bestätigen», sagt Alexander Ott. «Die Frauen sind in den letzten zwei Jahren älter geworden.» Auch bei Xenia, wo Sexarbeiterinnen beraten und unterstützt werden, spürt man diese Entwicklung. Jacqueline Suter sagt, dass das Alter nicht zwingend eine Rolle spiele. «Es geht ja auch um Lebenserfahrung, die können diese Frauen einsetzen. Dafür gibt es ein Kundensegment.»
Das Sexgewerbe ist ein unübersichtliches Feld. Prostituierte aus der Schweiz treffen auf Saisonarbeiterinnen aus Süd- und Osteuropa. Frauen um die 20 treffen auf solche um die 50, erfahrene Sexarbeiterinnen auf Neueinsteigerinnen. Wie wirkt sich das auf das Arbeitsklima aus? Es sei nicht wichtig, welchen ethnischen Hintergrund man habe, wie alt man sei, oder ob man Berufserfahrung mitbringe oder nicht, sagt Suter. «Es ist ein massiver Konkurrenzkampf, da spielt es keine Rolle, woher man kommt.» 
http://www.derbund.ch/bern/stadt/Letzte ... y/30468343
Ich habe diesen Artikel bewusst in diesem Thread gesetzt. Da es auch meiner Meinung nach, viele Aussagen beinhaltet, die nicht nur für den Berner/Schweizer Region zutreffen.
			
			
									
									Letzter Ausweg aus der Krise:
- 
				fraences  
- Admina 
- Beiträge: 7448
- Registriert: 07.09.2009, 04:52
- Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
- Ich bin: Keine Angabe
Letzter Ausweg aus der Krise:
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
*****
Fakten und Infos über Prostitution
						*****
Fakten und Infos über Prostitution