Eifersucht oder in der Enge getriebenes Opfer

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fraences
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Eifersucht oder in der Enge getriebenes Opfer

Beitrag von fraences »

Zehn Jahre hinter Gitter?

Midlum/Stade. Eifersüchtige Angreiferin oder in die Enge getriebenes Opfer – die unterschiedlichen Sichtweisen auf die schöne, blonde Polin, die in Midlum ihren Ehemann und Ex-Zuhälter umgebracht hat, spiegeln sich in den Plädoyers wider. Staatsanwältin und Nebenkläger wollen sie wegen Totschlags für zehn Jahre hinter Gitter bringen, der Verteidiger nennt den Fall minderschwer und plädiert für fünf Jahre. Von Inga hansen


Sie hatte Angst, dass er ihr die Kinder wegnehmen würde: Deshalb hat Agnieszka K. im Februar in Midlum ihren Ehemann mit neun Messerstichen umgebracht. Seit Anfang August steht sie deshalb wegen Totschlags vor Gericht. Am kommenden Montag wird das Urteil gesprochen. Foto dapd


In grauem Business-Kostüm und weißer, tief ausgeschnittener Bluse sitzt Agnieszka K. auf der Anklagebank. Die 33-Jährige sieht so aus, als könne sie kein Wässerchen trüben. Doch sie hat im Februar ein 26 Zentimeter langes Küchenmesser eingesteckt, als sie sich mit ihrem Ehemann traf, es gezückt, als sie in einen heftigen Streit gerieten, hat mehrmals zugestochen. Und ist, als er ihr das Messer entwand und ins Schlafzimmer floh, mit einem zweiten Messer hinterher gestürmt, hat die Tür eingetreten und ihn dort niedergestreckt. Es war der grausige Schlusspunkt eines über 13 Jahre währenden Ehe-Dramas, in dem der einstige Zuhälter und sein Mädchen nicht voneinander loskamen.

Eine Tat, die für die Staatsanwältin Elke Roitsch van Almelo vorsätzlich und kalkuliert daher kam. „Sonst nehme ich kein Messer mit zum Krisengespräch.“ Sie hält die Angeklagte für voll schuldfähig. Es sei das erste Mal gewesen, dass der 47-Jährige sich von der Polin trennen wollte. Schlimmer: Er habe ihr die beiden halbwüchsigen Kinder wegnehmen wollen und gedroht, den Geldhahn zuzudrehen. „Sie sah ihre Felle davon schwimmen.“

Anwalt Joachim Grieb, der die drei Brüder des Getöteten vertritt, stößt ins gleiche Horn. Agnieszka K. hatte vor Gericht dargestellt, dass sie das Messer aus Angst vor ihrem Mann mitgenommen hatte. Aus Angst will sie ihm auch hinterher gestürmt sein, als er nach der Messerattacke ins Schlafzimmer flüchtete. Dort soll er nämlich in einer Kiste eine Waffe verborgen haben, sagt sie jedenfalls. „Unglaubwürdig“, nennt das der Nebenkläger. „Wenn ich Angst vor einer Waffe hätte, würde ich nicht hinterher laufen, sondern verschwinden“, so Grieb. Auch dass sie hinterher versucht habe, einen Raubmord vorzutäuschen, spreche nicht dafür, dass sie nur eingeschränkt schuldfähig sei.


Traum vom Familienleben
Für den Verteidiger Jens Meggers sind all diese Ungereimtheiten der psychischen Ausnahmesituation geschuldet, in der sich die Angeklagte zur Tatzeit befand. „Die Kinder waren ihr Ein und Alles. Als er sie ihr wegnehmen wollte, konnte sie nicht mehr klar denken.“ Ausführlich spricht er über die Ehe, die im Bordell begann. Von der jungen Polin, die nach Deutschland kam, um ein besseres Leben zu finden, und auf einen Zuhälter traf. Der heiratete sie zwar, ihren Traum von einem richtigen, bürgerlichen Familienleben aber konnte er nicht erfüllen. Das Paar lebte mit seinen beiden Kindern in einer heruntergekommenen Wohnung, der Mann habe zwar Geld gehabt, es aber lieber in dicke Autos und schicke Klamotten gesteckt als in ein Kinderzimmer, sie habe ihn um Haushaltsgeld anbetteln müssen. Trotzdem habe sie ihn geliebt. Wie offenbar umgekehrt auch. Für den Verteidiger ist klar: „Das Opfer hat eine große Mitschuld daran, dass es zu diesem Drama kommen konnte.“


Das Urteil
Das Landgericht Stade verkündet das Urteil im Midlumer Totschlag-Prozess am kommenden Montag, 5. September, um 13 Uhr. Das Gebäude liegt am Wilhadikirchhof 1.

http://www.nordsee-zeitung.de/Home/Nach ... id,52.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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