Frauenarmut ist Tabuthema

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7448
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

Frauenarmut ist Tabuthema

Beitrag von fraences »

offenburg

Frauenarmut ist ein Tabuthema
Aktionsstände vor dem Rathaus machten auf Ungerechtigkeit aufmerksam: Viele Passanten blieben lieber auf Distanz

Unter dem Titel »Armut ist weiblich« versuchten am Samstag verschiedene Institutionen die Passanten auf soziale Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen. Kein leichtes Unterfangen, denn die meisten bleiben lieber auf Distanz zu diesem Thema.

Gleichstellungsbeauftragte Regina Geppert spach übers Mikrofon die Passanten an und machte so auf das Thema »Armut ist weiblich« aufmerksam.

- Offenburg. »220 Euro Rente für die Erziehung von vier Kindern – das ist alles, was meine Frau bekommt«, empörte sich ein 86-jähriger Senior Der Nachwuchs habe Abitur gemacht, eine Berufstätigkeit war für seine Frau, heute 80, nicht drin: »Es gab ja zu Hause immer genug zu tun.« Damit hatte er den Nerv getroffen: Armut ist weiblich, weil Frauen generell weniger verdienen und Auszeiten für die Familie nehmen. Darauf wiesen verschiedene Institutionen am Samstag zur Marktzeit mit Ständen vor dem Rathaus hin. Allerdings: Die meisten Passanten schauten, dass sie schnell weiterkamen – das Thema Armut ist angstbesetzt.
Ungerechtigkeit im System
Regina Geppert, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Offenburg, forderte übers Mikrofon: »Mindestrente für Erziehungs- und Pflegezeiten, Ausbildung und Qualifikation, die Abschaffung des Ehegattensplittings«, was der Ungerechtigkeit »im System« entgegenwirkt.
Einfach war das Anliegen nicht zu vertreten. Einmal mahnte eine Passantin, dass »die Zeit nicht reif« sei und man niemanden zwingen dürfe, sich damit auseinanderzusetzen. Immer wieder versuchte Geppert, Mitspieler zu finden: Über große Spielfelder auf dem Boden sollten sie eintauchen in das Thema Armut, an den verschiedenen Stationen gab es Fragen. Wer’s geschafft hatte, erhielt zur Belohnung eine Tasse Kaffee und war wieder raus aus der beklemmenden Situation.
Kein populäres Thema, bestätigten auch die Frauen vom Sozialdienst katholischer Frauen (SkF), die mit einer Plakatwand auf Hilfen für Mütter aufmerksam machten. 3393 Geburten gab es im vergangenen Jahr im Ortenaukreis. »Fast ein Drittel davon braucht Hilfe«, sagt Sonja Junge, Schwangerschaftsberaterin beim SkF

Rund 1000 werdende Mütter suchten die Schwangerenberatung der Kirchen auf. »Sie erkundigen sich, welche finanziellen Hilfen es gibt«, sagte ihre Kollegin Susanne Grewe. Eigentlich wollten diese Frauen nicht schwanger werden – ihnen sei selbst bewusst, dass in ihrer Lage ein Baby kaum finanzierbar ist. 220 Euro erhält eine Mutter, die Arbeitslosengeld II bezieht, pro Monat für einen Säugling.
Kein Geld für die Pille
Der Einkaufswagen, der vor dem Rathaus als Blickfang diente, schlüsselte auf, warum Frauen in schwierigen Situationen oft schwanger werden: Sie können sich die Verhütungsmittel nicht leisten. Pro Monat stehen 15,58 Euro für Medikamente zur Verfügung. Die Pille kostet aber 25 bis 40 Euro pro Quartal, dazu kommen zehn Euro Praxisgebühr. »In anderen Kommunen werden Verhütungsmittel bezahlt«, sagte Junge. Allerdings startet in Offenburg ein Pilotprojekt, bei dem Frauen mit bestimmten Voraussetzungen finanzielle Unterstützung dafür erhalten.
»Dass auch die Gesundheit der Frauen durch Armut stark beeinträchtigt wird, ist noch nicht in den Köpfen der Politiker angekommen«, bedauerte Marianne Croin, Schriftführerin beim Frauen- und Mädchen-Gesundheitszentrum. Denn obwohl Frauen in der Regel besser auf ihre Gesundheit achten als Männer, gelingt dies nicht, wenn sie arm sind. »Sie sparen an gesundem Essen und an Medikamenten für sich«, so Croin.
Auch Inge Vogt-Goergens vom Trägerverein des Frauenhauses beobachtete, dass die Passanten das Thema scheuten. Allerdings gab es für sie einige Rückmeldungen von Frauen, die die Hilfe des Frauenhauses angenommen hatten. »Einer Frau, die vor fünf Jahren bei uns war, geht es nun wieder gut«, freute sich Vogt-Goergens.
Oft eine letzte Möglichkeit, an Geld zu kommen, ist die Pros­titution. Doch glücklich seien die Frauen damit ganz und gar nicht, erklärte Streetworkerin Judith Sure von »FreiJa« in Kehl. Sie und ihre Kollegin Claudia Schnebel vom Ausstiegsprojekt »Pink« helfen Frauen, die wieder zurück in eine bürgerliche Existenz wollen.

http://www.baden-online.de/news/artikel ... g&id=26070
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution