Menschenhandel in NRW

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fraences
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Menschenhandel in NRW

Beitrag von fraences »

Menschenhandel in NRW

Männlich, angelockt und ausgebeutet



Im ersten Halbjahr 2011 deckte das Hauptzollamt tausende Fälle illegaler Beschäftigung im Raum Dortmund auf. Hinter wie vielen dieser Fälle Menschenhandel steckt, konnte nicht ermittelt werden


Die Zahl der Menschen, die bundesweit versklavt werden, liegt in einem großen Dunkelfeld. Entgegen aller Statistiken mutmaßen Menschenrechtler, dass nicht nur Frauen, sondern auch ungeahnt viele Männer den international agierenden Menschenhändlern in die Hände fallen – vor allem im Bereich der Arbeitsausbeutung auf Baustellen, in Restaurants und der Landwirtschaft. Heute findet dazu eine Anhörung im Landtag statt.

Nur ein geringer Bruchteil dieser Fälle komme überhaupt ans Licht. Zudem gebe es, anders als für Frauen, in NRW keine einzige spezielle Hilfsorganisation, die sich für männliche Opfer der Arbeitsausbeutung einsetzt. Betroffene Männer, die um Hilfe bitten, müssen oftmals zurückgewiesen werden.

78% mehr Opfer als im Vorjahr verzeichnet das Bundeskriminalamt im aktuellen Bundeslagebild zum Menschenhandel für 2010 im Bereich der Arbeitsausbeutung.

41 Opfer wurden ermittelt, bei 76% handelte es sich um Männer.

Grund für diese Steigerung ist ein Fall, den die niedersächsische Polizei im letzten Jahr aufdeckte. Über Jahre hatte eine kriminelle Bande chinesische Bürger mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt. Als sogenannte Chinesische Spezialitätenköche mussten sie bis zu 90 Stunden die Woche arbeiten, für einen Stundenlohn von zum Teil knapp 2 Euro. Unter Gewaltandrohung schwiegen die Opfer jahrelang. Offiziell fungierte die Firma, die ausschließlich dazu diente, billige Arbeitskräfte zu beschaffen, als Handelsvermittlung von Eisen-, Metall- und Kunststoffwaren.

In vielen anderen Fällen jedoch können die verantwortlichen Menschenhändler oftmals nicht ausfindig gemacht werden. Diese Fälle tauchen nicht in den Statistiken auf. Erst vor wenigen Monaten wurde solch eine Affäre in Gelsenkirchen bekannt. Dort arbeiteten ca. 70 rumänische Männer wie Sklaven auf einer Großbaustelle. Die Bauarbeiter ackerten bis zu 13 Stunden am Tag auf wackligen Gerüsten, Lohn hatten sie schon seit Monaten nicht mehr bekommen. „Nicht einmal für eine Tütensuppe reichte das, was sie noch hatten“, sagt Carsten Burckhardt von der IG-Bau Westfalen.

Niemand wisse, wie weit die „moderne Sklaverei“ bundesweit verbreitet ist, sagt Heike Rabe vom Institut für Menschenrechte in Berlin und spricht von einem sehr großen Dunkelfeld. Denn die Großbaustelle in Gelsenkirchen ist bei weitem kein Einzelfall in NRW. Ein ähnliches Szenario, bei dem die Drahtzieher ebenfalls nicht ermittelt werden konnten, spielte sich vor wenigen Jahren in Essen auf einer Großbaustelle am Limbecker Platz ab.


Kein Geld für männliche Opfer vorhanden

Auch hier arbeiteten Männer aus Mittel- und Osteuropa, ohne entlohnt zu werden und nagten zum Schluss am Hungertuch. Mit diesen Fällen komme nur die Spitze des Eisberges ans Licht, betont Burckhardt. Alleine im Raum Dortmund deckte das Hauptzollamt im ersten Halbjahr dieses Jahres 3.540 Fälle illegaler Beschäftigung auf. Häufig handele es sich um Arbeitgeber, die Dumpinglöhne zahlten. Hinter wie vielen dieser Fällen Menschenhandel stecke, wurde nicht ermittelt. Dies sei sehr schwierig nachzuweisen, stellt Burckhardt fest.

Deswegen würden betroffene Männer oftmals nicht als Opfer erkannt, sondern als Schwarzarbeiter abgestempelt und ausgewiesen. „Die Leute verschweigen, dass sie Opfer von Menschenhändlern sind, da sie vorher massiv unter Druck gesetzt und bedroht werden“, sagt Sozialarbeiterin Andrea Hitzke von der Dortmunder Organisation Mitternachtsmission. Betroffene Männer, die um Hilfe bitten, werden dort jedoch abgelehnt. So auch in Dortmund. „Es sind keine Mittel vorhanden, die personellen Kapazitäten reichen nicht aus, um auch noch diese Opfer zu betreuen“, sagt Hitzke.

Andere Stellen, die sich für Opfer des Menschenhandels einsetzten, müssen ebenfalls Männer, die von Arbeitsausbeutung betroffen sind, ablehnen. Das bestätigt Christine Noll vom Nachtfalter in Essen, einer Organisation, die sich ausschließlich um Opfer der sexuellen Ausbeutung kümmert.

In ganz NRW gebe es keine spezielle Organisation, die sich um männliche Opfer der Arbeitsausbeutung kümmert, bemängelt Rabe vom Institut für Menschenrechte. „Die Politik tut sich sehr schwer, da etwas ins Rollen zu bringen“, sagt Noll.

Das Bundesministerium des Inneren wollte sich gegenüber unserer Zeitung nicht zu dieser Problematik äußern. An­drea Hitzke glaubt, dass entsprechende Organisationen viel dazu beitrügen, Fälle aufzudecken, zudem wären sie den betroffenen Menschen eine große Stütze.

Einen „Lichtblick“ im Kampf gegen den Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung sieht Carsten Burckhardt im geplanten Tariftreuegesetz NRW, zu dem es heute im Landtag eine Anhörung gibt. Damit sollen im Rahmen öffentlicher Auftragsvergaben tarifliche und existenzsichernde Arbeits- und Entgeltbedingungen gefördert werden. Betroffen sind Aufträge, die über 20.000 Euro liegen. Auch wenn z.B. aus DGB-Sicht die Schwelle niedriger liegen sollte, erhofft man sich doch positive Auswirkungen


www.derwesten.de/wr/westfalen/Maennlich ... 77074.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

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