Frauen sind keine Ware.

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fraences
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Frauen sind keine Ware.

Beitrag von fraences »

„Frauen sind keine Ware“

Seit zehn Jahren ist das von Rot-Grün erlassene Prostitutionsgesetz in Kraft / Experten stellen ihm kein gutes Zeugnis aus

Straßenstrich...
BERLIN - Marianna P. war 21 Jahre alt und arbeitslos, als sie im Frühjahr 2011 nach Berlin kam, um in einem Wohnungsbordell nahe dem Neuköllner Hermannplatz als Prostituierte zu arbeiten. Ihr 18 Monate alter Sohn blieb bei seiner Großmutter in der rumänischen Kleinstadt Targoviste. Mariannas Mutter dachte wohl, ihre Tochter würde in Deutschland als Kellnerin oder Pflegerin arbeiten.

Geöffnet hatte das Bordell von 18 Uhr bis sechs Uhr früh. Pro Nacht bediente Marianna im Durchschnitt zehn Freier, von denen sie meist 40 Euro für 20 Minuten Sex bekam. Die Hälfte ging an den Betreiber des Bordells, den Rest gab sie am Morgen ihrem Bruder, der mit ihr nach Berlin gekommen war und davon auch das überteuerte Zimmer in einer nahe gelegenen Wohnung bezahlte, in der ausschließlich rumänische Prostituierte wohnten.

Beispiele wie das von Marianna P. aus der Walachei werden von Kriminalexperten und Sozialarbeitern angeführt, um zu belegen, dass das rot-grüne Prostitutionsgesetz von 2002 viele Erwartungen nicht erfüllt hat. Wie die Rumänin stammen in deutschen Großstädten 80 bis 90 Prozent der Prostituierten aus dem Ausland, meist aus den östlichen EU-Staaten Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Hoch ist der Anteil von Roma-Frauen.

„Prostitution in Deutschland ist überwiegend Armutsprostitution“, sagte Sabine Constabel vom Sozialdienst für Prostituierte in Stuttgart jetzt bei einer Experten-Anhörung der Unionsfraktion im Bundestag. „Die typische Prostituierte kommt aus Osteuropa, ist Anfang 20 und hat zwei oder drei Kinder im Heimatland.“ Wie viele es insgesamt sind, ist schwer zu schätzen. Allein in Stuttgart, wo das Sex-Gewerbe genau kontrolliert wird, wurden im vergangenen Jahr 3200 Prostituierte registriert.

Für die meisten hat sich aus Expertensicht durch das rot-grüne Prostitutionsgesetz nichts verbessert. „Die Rechtsposition von Zuhältern und Bordellbetreibern wurde eher gestärkt“, sagt der Augsburger Oberstaatsanwalts Rainer Nemetz. Armutsprostituierte könnten hemmungsloser ausgebeutet werden als vorher. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), fordert eine Verschärfung der Rechtslage. So müsse es einen ordnungsrechtlichen Rahmen für Bordelle und eine Anzeigepflicht für Prostituierte geben. Nur so könne man Minderjährige und Osteuropäerinnen „wirksam vor sexueller Ausbeutung schützen“.

Verurteilungen gab es zuletzt nur in krassen Fällen wie der 2009 geschlossenen Flatrate-Bordellkette „Pussy Club“ mit Filialen bei Stuttgart, in Heidelberg, Wuppertal und Schönefeld (Dahme-Spreewald). Für einen Festpreis von 70 bis 100 Euro konnten die Freier beliebig oft Sex mit allen Prostituierten haben, die sich in den Clubräumen nur nackt aufhalten durften. Den Frauen blieben pro Freier drei bis fünf Euro. Zwei der rumänischen Betreiber wurden zu hohen Haftstrafen verurteilt.

Wie Marianna P. werden viele junge Frauen vom Balkan von ihren Brüdern, Cousins und manchmal auch Vätern zur Prostitution nach Deutschland gebracht. „Sie fungieren hier als Geldautomaten für ihre Familien“, sagt Sozialexpertin Constabel. Je mehr Geld sie mit Sex verdienten, desto höher sei der Anreiz für andere, ebenfalls junge Frauen zur Prostitution zu schicken. Selbst wenn ihnen nur ein minimaler Anteil der Einnahmen bleibt, ist das Geschäft mit dem Sex für Familien auf dem Balkan attraktiv. Das große Geld aber machen die Hintermänner – meist über Wuchermieten. Laut Constabel müssen Prostituierte in Stuttgart zwischen 120 und 180 Euro am Tag für ein heruntergekommenes Bordellzimmer zahlen. Auf den Monat hochgerechnet, ergeben sich Einnahmen von 3500 bis 5500 Euro für die Bordellbetreiber. Die Stuttgarterin verlangt eine Mietobergrenze. Außerdem verlangt sie, das Mindestalter auf 21 Jahre zu erhöhen. „18 Jahre ist zu jung. Selbst wenn eine Frau weiß, worauf sie sich einlässt, kann sie in diesem Alter noch nicht überblicken, was Prostitution für sie bedeutet.“ Außerdem will Constabel, die von Rot-Grün abgeschaffte medizinische Pflichtuntersuchung wieder einzuführen. Wenn jede Frau in einem lizensierten Bordell ein Gesundheitszeugnis vorlegen müsse, könne man sie bei dieser Gelegenheit informieren, „dass sie ihr Geld nicht den Zuhältern geben muss und dass sie sich Hilfe holen kann, wenn sie geschlagen oder vergewaltigt wird“.

Das Ziel des Gesetzes, durch bessere Arbeitsbedingungen die Lage der Prostituierten zu verbessern, sieht Sabine Constabel kritisch. Was eine Frau zerstöre, seien nicht die Rahmenbedingungen. „Es ist die Prostitution selbst, die so zerstörerisch in Frauenleben wirkt“, sagt die Expertin. „Frauen sind keine Ware.“

Die brandenburgische Bundesabgeordnete der Grünen, Cornelia Behm, teilt die Forderung nach einem „Rechtsraum“, in dem die Grenze zwischen Prostitution und Zwangsprostitution definiert wird. Dann könne man die Hintermänner und die Freier von Zwangsprostituierten bestrafen. Die Heraufsetzung der Altersgrenze für Prostituierte bezeichnete sie dagegen als „vorgestrig“. Mit 18 sei man volljährig, es gebe keinen Grund, bei diesem Gewerbe eine Ausnahme zu machen. Auch die Pflicht zum Gesundheitscheck lehnt Behm ab. Die Gesetzeslage ermögliche jeder Frau einen freiwilligen Test. Ihr Fazit: Nachbesserungen ja, aber im Prinzip habe das Gesetz den Zweck erfüllt, die Prostitution aus der Grauzone zu holen und den Prostituierten mehr rechtliche Sicherheit und Schutz zu geben. (Von Joachim Riecker und Volkmar Klein)


INTERVIEW
Strafe für die Freier
Die brandenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Andrea Voßhoff aus Rathenow ist rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und fordert, dass auch die Freier der Zwangsprostituierten bestraft werden können. Mit ihr sprach Joachim Riecker.



MAZ: Experten stellen dem rot-grünen Prostitutionsgesetz kein gutes Urteil aus. Wie kann der Schutz vor allem der vielen Armutsprostituierten aus Osteuropa in Deutschland verbessert werden?

Andrea Voßhoff: Das Prostitutionsgesetz hat seine Ziele verfehlt. Als Folge haben wir heute eine Rotlichtszene, in der Armutsprostituierte aus Osteuropa die große Mehrheit der Prostituierten bilden und Zuhälter und Bordellbetreiber nahezu unkontrolliert ihren Geschäften nachgehen können. Dass muss sich ändern. Wir müssen der Sexindustrie ordnungsrechtliche Grenzen setzen und der Polizei wieder Eingriffsmöglichkeiten verschaffen.



MAZ: Sollte die regelmäßige Gesundheitsuntersuchung für Prostituierte wieder zur Pflicht werden?

Voßhoff: Gerade auch die Armutsprostituierten sind aufgrund ihrer zahlreichen Freierkontakte und der verbreiteten Nachfrage nach ungeschütztem Sex hohen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Die Pflichttermine könnten ihnen darüber hinaus vertrauliche Außenkontakte verschaffen. Wir müssen aber auch berücksichtigen, dass viele Prostituierte die bis zum Jahr 2000 bestehende Untersuchungspflicht als diskriminierend empfunden haben.



MAZ: Die Experten schlagen vor, das Mindestalter für Prostituierte von 18 auf 21 Jahre anzuheben. Was ist Ihre Meinung dazu?

Voßhoff: Die Forderung ist nachvollziehbar. Mehr als die Hälfte der 2010 festgestellten Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution waren zwischen 18 und 21 Jahre alt. Die psychischen und physischen Folgen sind für diese fast noch jugendlichen Opfer sicherlich besonders gravierend. Wir werden aber prüfen müssen, ob eine Anhebung des Mindestalters für Prostitution verfassungsrechtlich überhaupt machbar ist.



MAZ: Sollen Freier bestraft werden, die zu Zwangsprostituierten gehen?

Voßhoff: Ja. Wenn Freier die Zwangslage der Frauen bewusst ausnutzen, liegt eine strafwürdige Mitverantwortung für die Ausbeutung der Prostituierten auf der Hand. Ein neuer Straftatbestand der „Freierstrafbarkeit“ muss daher Teil eines Gesamtkonzepts sein, das die gravierenden Schutzlücken des Prostitutionsgesetzes schließt.

http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/ ... Gruen.html
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malin
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Beitrag von malin »

dann soll der staat endlich anfangen, den FREIEN und SELBSTBESTIMMTEN SW den rücken zu stärken, anstatt ausbeuterischen systemen in die hand zu arbeiten.

echt und mit verlaub, ich kann dieses geseiere vom fehlgeleiteten prostitutionsgesetz und den ach so unhaltbaren zuständen nicht mehr hören.

ja, warum sind sie denn so mies, die zustände?


-weil es den frauen vielerorts immer noch unmöglich gemacht wird eigenbestimmt und in ruhe und frieden und mit behördlicher absicherung eine eigene wohnung zu arbeitszwecken anzumieten, oder in ihrer eigenen stadt diskrete haus- und hotelbesuche in eigenregie anzubieten.

-weil selbst die minimalsten verbesserungen des prostitutionsgesetzes von vielen städten schlichtweg ignoriert werden, und eine sw dort immer noch als kriminelle gesehen wird.

-weil in vielen städten durch abstruse sperrbezirksverordnungen ausschlieslich ein arbeiten in betreibergeführten läden zu horrenden tagesmieten möglich ist.

-weil die steuerliche behandlung vielerorts völlig undurchsichtig und von willkür und unklarheit geprägt ist.

-weil die absolut zu erwartenden probleme durch die eu-osterweiterung nun dem harmlosen prostitutionsgesetzchen und der per se ach so verkommenen sw tätigkeit in die schuhe geschoben wird.

-weil die verknüpfung paysex und kriminalität immer noch nicht in den köpfen der meinungsmacher aufgelöst wurde.

-und weil die frauen mit sinnbefreiten repressalien antatt sinnvoller angebote zur qualifizierung in sachen gesundheitsfürsorge und arbeitschutz drangsaliert werden.


ehrlich ihr lieben politiker, stimmungsmacher und behördenvertreter quer durch sämtliche parteien, fangt endlich an die frauen und männer in der sexarbeit als das zu sehen was sie sind: selbständig tätige berufstätige!
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Beitrag von fraences »

@malin

Stimme ich Dir voll zu, und kann jedes einzelne Wort von Dir unterschreiben

Danke für deine tolle und richtig darstellende Posting.

Liebe Grüsse, Fraences
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RE: Frauen sind keine Ware.

Beitrag von annainga »

ja, ein prima beitrag, stimmt alles!

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malin
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Beitrag von malin »

danke für die blumen, fraences und annainga :001


eines habe ich noch vergessen.

im interview wird vorgeschlagen bzw. angedacht die pflichtuntersuchung wieder einzuführen, mit der begründung den frauen dort "vertrauensvolle aussenkontakte" zu vermitteln.

da frage ich mich jetzt ganz im ernst, glaubt ihr das wirklich?

glaubt ihr wahrhaft dass eine ohne gleichen diskriminierende zwangsuntersuchung, bei der eine nicht erscheinende frau auch in handschellen von der polizei vorgeführt werden kann, eine vertrauensvolle atmosphäre schafft?

wenn es wahrhaftig um eine verbesserung der lebens- und arbeitsbedingungen für anschaffende frauen geht, wie wäre es mit dem verpflichtenden besuch einer sw-akademie für neueinsteigerinnen, vor arbeitsbeginn oder auch berufsbegleitend?

mit wahrhaft kompetenten dozenten, also ärzten und erfahrenen sw, die interessierten berufseinsteigerinnen alles über gesundheitsschutz/verantwortungsvolles und nachhaltiges arbeiten und die möglichkeiten und pflichten der freien selbständigkeit beibringen.

das wäre wahrhaftes empowerment und aktive kriminalitätsprophylaxe, denn eine so geschulte und gestärkte frau wäre wahrhaft kein leichtes opfer für irgendwelche zuhälter, ausbeuterische betreiber oder dergleichen mehr.
und vertrauensvolle aussenkontakte gäbs da gleich in hülle und fülle inclusive.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Charles Fourier: Aus der neuen Liebeswelt

Beitrag von nicole6 »

Die Idee einer SW-Akademie finde ich hervorragend, auch wenn
sie nicht sehr neu ist. Charles Fourier schlug dies schon vor
etwa 200 Jahren vor, und publizierte seine Ideen darüber
in einem Buch, das es heute auch auf deutsch gibt:
Charles Fourier: Aus der neuen Liebeswelt, Verlag Wagenbach.

ciao!
Nicole