Ich befürchte, es könnte zur Sucht werden

Ein nahezu unerschöpfliches Thema: Psychologische Betrachtungsweise der Sexarbeit
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florian
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Ich befürchte, es könnte zur Sucht werden

Beitrag von florian »

Ich bin seit einiger Zeit eine männliche Hure. Ich bin durch Neugier dazu gekommen, nicht aus Gründen einer sozialen Notlage. Obwohl ich heterosexuell bin, sind meine Kunden Männer ab 45 (eigene Präferenz). Die Neugier nach sexuellen Grenzüberschreitungen begleitet mich seit meiner Kindheit. Nacktheit und Zeigefreudigkeit bestimmten mein Leben und haben dazu geführt, immer mehr auszuprobieren. Die ersten Kontakte zu Männern entstanden durch den Wunsch, mich fotografieren zu lassen. Die Neugier und das gebrochene Tabu, mich überhaupt vor Männern aufreizend zu zeigen, führte dazu, dass ich irgendwann auch Homosex ausprobierte. Der große Zuspruch meiner Fotografen, die immer wieder mein Aussehen lobten, hat mich dazu gebracht, mich eben auch körperlich für Geld anzubieten. Seither habe ich weitere Tabus gebrochen hinsichtlich Praktiken und Fotomotiven. Ich stelle mehr und mehr fest, dass ich nirgends so schnell Lob und Anerkennung finden kann, wie von meinen Freiern. Das ist für mich sehr befriedigend und bringt mich wiederum dazu, immer weiter zu gehen, neue Tabus zu brechen. Gleichzeitig merke ich, dass mich das ganze nicht mehr loslässt und ich schon lange Teil einer vielleicht gefährlichen Spirale bin.
Ich würde mich freuen, wenn es jemand gäbe, der ähnliche Erfahrungen gesammelt hat oder mir psychologische Hinweise geben kann.
Vielen Dank. Florian

KonTom
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Beitrag von KonTom »

Hallo Florian!

Willkommen auf Sexworker.at
Wenn du Hilfe brauchst wende dich bitte an die Admins oder einer der Moderator/innen.

lg.
Tom

p.s. Eine kleine Bitte! Es wäre nett wenn du auf deinem Avatar etwas "bekleideter" erscheinen könntest. Danke


EDIT by ZWERG (13.10.08 10:37) : Danke für den Hinweis! Der Avatar wurde von mir entschärft... Editende

Larissa
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Beitrag von Larissa »

heiße dich auch herzlichst willkommen und viel spaß hier wünsche ich dir.


liebe grüße

larissa
Wenn einer keine Angst hat, hat er keine Phantasie. (Erich Kästner)

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nina777
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Beitrag von nina777 »

Hallo Florian

Erstmal Herzlich Willkommen hier!

Wenn Du wirklich die Befürchtung hast das sich aus Deinem Verhalten eine Sucht (Definition Sucht : http://www.landesstelle-berlin.de/e349/ ... 420/e3431/) entwickelt solltest Du gezielt dagegensteuern!
Eine Sucht, egal in welchem Bereich, ist was sehr quälendes und nach manifestierung der Sucht ist es schwer aus der Spirale ohne fremde Hilfe herauszubrechen!

Hol Dir auf jedem Fall zusätzlich begleitende Hilfe von Profis aus dem Bereich der Suchthilfe!


Hier noch eine Link zu einer Liste von Beratungsstellen in Deutschland http://www.suchtmittel.de/seite/interak ... tberatung/

Liebe Grüße Nina
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.

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RE: Ich befürchte, es könnte zur Sucht werden

Beitrag von florian »

Hallo.

Erstmal vielen Dank für eure Reaktionen. Aus den Seiten, die du, Nina, mir geschickt hast, kann ich einiges entnehmen. Wahrscheinlich bin ich tatsächlich auf dem besten Wege zur Sucht (wahrscheinlich eher schon mittendrin). Der Schritt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist aber gar nicht so leicht. Man redet sich außerdem ein, dass man von selbst aufhören kann, wenn "es soweit ist". Aber wann ist das wohl? Wohl erst, wenn man sich selbst nachhaltig geschadet hat, wenn es also schon zu spät ist...

Viele Grüße
Flo

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Beitrag von ex-oberelfe »

Hallo Florian
Auch von mir ein Herzliches Willkommen hier in unserem Wohnzimmer.
Ich kenne Dein Problem nur zu gut, es ist der Wunsch nach Anerkennung, der dich treibt.
Eventuell hast du in deiner Kindheit zu wenig Aufmerksamkeit bekommen?
Ich möchte hier kein Urteil abgeben, aber es kommt mir doch sehr bekannt vor Deine Geschichte und ich kann Dir nur raten, eine Beratungsstelle aufzusuchen, die dir hilft, einfach zu Dir selbst zu finden.
Du überschreitest Grenzen, um dir selber etwas beweisen zu wollen, um begehrt zu werden, dabei hast du das doch gar nicht nötig.
Du bist sowieso viel wert, lerne doch, deine Qualitäten zu schätzen, die sowieso in Dir sind, du musst sie nur erkennen, es ist nicht notwendig, dass andere dir so viel Anerkennung schenken müssen, wenn du dich einmal im Spiegel betrachtest, wirst du das merken ;-)
Ich wünsche Dir viel Glück
Lg aus Wien
Oberelfe ;-)
<i>::: Jasmin war SexarbeiterIn, später BetreiberIn und bis Ende 2010 für das Sexworker Forum mit besonderen Engagement in der Öffentlichkeitsarbeit tätig :::</i>

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Re: RE: Ich befürchte, es könnte zur Sucht werden

Beitrag von Aoife »

Hallo Florian,

zuerst natürlich auch von mir: Herzlich Willkommen!
florian hat geschrieben:Der Schritt, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist aber gar nicht so leicht.
Stimmt! Aber, um dir auch etwas Mut zu machen, wenn jemand erst einmal so offen darüber sprechen/schreiben kann, wie du es hier tust, dann ist das Eis schon fast gebrochen :002 .

Liebe Grüße, Eva

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Beitrag von ex-oberelfe »

Ja Selbsterkenntnis ist der erste Schritt und eine echte Stärke!!!
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florian
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RE: Ich befürchte, es könnte zur Sucht werden

Beitrag von florian »

Nochmals vielen lieben Dank für eure Anteilnahme.
Oberelfe, du hast ziemlich gut mein Dilemma erkannt. Die Ursachen liegen (wie das fast immer so ist) in der Kindheit begründet. Eigentlich hatte ich eine sehr gute Kindheit! Ich hatte immer alles, was ich brauchte und bin auch nicht sexuell missbraucht worden, kann mich zumindest nicht daran erinnern. Aber es ist die väterliche Geborgenheit, die mir fehlte und die ich heute bei wesentlich älteren Männern suche. Das habe ich erkannt, weiß nur nicht, wie ich da wieder rauskomme. Das Gefühl der Befriedigung ist einfach zu stark, wenn meine Kunden "verrückt" nach mir sind.
Im Prinzip müsste ich irgendwas finden, was mir noch mehr Anerkennung bringt als auf den Strich zu gehen. Nur ich habe leider absolut keine Idee, was das sein könnte. Ich bezweifle halt ernsthaft, ob mir das ein Therapeut sagen kann.
Es spielt eben auch die Angst mit, wenn professionelle Hilfe versagt, was dann?

Ich denke, ich werde es einfach angehen müssen, den Schritt wagen. Vielleicht überlege ich einfach nur zuviel.
Darum danke euch nochmals für eure Hilfe. Ich werde euch auf dem Laufenden halten.

Liebe Grüße aus Dresden von eurem Florian

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Re: RE: Ich befürchte, es könnte zur Sucht werden

Beitrag von Aoife »

      Hi Florian!
florian hat geschrieben: Im Prinzip müsste ich irgendwas finden, was mir noch mehr Anerkennung bringt als auf den Strich zu gehen. Nur ich habe leider absolut keine Idee, was das sein könnte. Ich bezweifle halt ernsthaft, ob mir das ein Therapeut sagen kann.
Kein seriöser Therapeut würde dir "das" sagen wollen. Der einzig sinnvolle Weg wäre, dich dabei zu unterstützen, deinen eigenen Weg selbst zu finden. Was dir zum einen Hoffnung machen kann ... weißt du instinktiv doch sowieso, dass dir da kein anderer die Lösung liefern kann; andererseits gibt das dir ein Kriterium an die Hand, nach dem du dir deinen Therapeuten aussuchen kannst.

Liebe Grüße, Eva

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Beitrag von ex-oberelfe »

Es ist vielleicht nicht unbedingt die Lösung nach dem zu Streben, was einem noch mehr gibt, sondern sich selbst zu finden und sich selbst Anerkennung zu schenken ;-)
Auch ich habe eine Reise ins Innere gemacht und bin jetzt noch immer wieder dabei, irgendwann kommt man drauf, dass die Anerkennung der anderen zwar sehr schön ist, aber nicht primär wichtig, da man sich zuerst selbst lieben lernen muss ;-)
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