mein Buch "Sexwork 3.0"

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Ariane
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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Ariane »

Ich möchte kurz mitteilen, daß ich ein Buch geschrieben habe. Dazu ist ein Interview mit mir erschienen

https://www.berufsverband-sexarbeit.de/ ... yra-peng/

schöne grüße :031
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Boris Büche
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Boris Büche »

Schön, dich gibt's noch, und du warst produktiv!

Fernküsschen - Boris

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Ariane
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Ariane »

Gibt ein Interview

https://www.berufsverband-sexarbeit.de/ ... tyra-peng/

Und ne Pressekonferenz

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Kasharius
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Kasharius »

@Ariane ein sehr fundierter Aufschlag und ein gutes Beispiel für NICHTS ÜBER EUCH OHNE EUCH! BRAVO

kasharius grüßt dich

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lust4fun
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von lust4fun »

„Sexwork 3.0“ - mit Spannung erwartet, mit Interesse gelesen und sehr überzeugend gefunden: Eine geordnete, konzentrierte denkerische Kraft. Nach vorne gerichtet, anpackend, lösungsorientiert. Klarheit darüber, worum es geht und worum es nicht geht.

Wer die Autorin über die Jahre schon als eine der spannendsten Stimmen auf dem Radar hatte, ist nicht überrascht. Sie knüpft mit ihrem Buch an ihre umfangreichen Texte an, die 2012 im Vorfeld des deutschen Gesetzgebungsverfahrens für das Prostituiertenschutzgesetz auf ihrem Blog („nuttenrepublik.com“) entstanden sind. Verändert hat sich vielleicht der atemberaubende Furor von damals („Ich klage an“), nicht aber der Blickwinkel und die Überzeugung.

Geblieben ist der analytische, evaluative Zugang. Was tut not in der Sexarbeit? Was hilft? Was hilft nicht? Und warum? Das Verstehen der Abhängigkeiten und Zusammenhänge. Der internationale Vergleich unterschiedlichster gesellschaftlicher Situationen und politischer Settings. Und darin die Betrachtung der universalen Erfahrungen der Menschen in der Sexarbeit. Immer geht es um Solidarität und Hilfe im Sinne einer Selbstermächtigung, um Vernetzung und ein Lernen voneinander.

Evaluativ mag man das Buch auch auf einer persönlichen Ebene der Autorin bezeichnen.
Was hat Bestand? Sie macht vieles transparent, was sie zu der gemacht hat, die sie ist. Ihren Durchgang durch Initiativen und Organisationen, ihr Alleinsein und ihre Heimat im Internationalen. Und vielleicht ist dieses Wiederanknüpfen an das öffentliche Schreiben auch eine Folge von der Erfahrung, dass sich andere IT-Projekte wie „Candytech“ mit seinem Peer-2-Peer-Ansatz nicht verwirklichen ließen.

Längst sind wir alle der unüberbrückbaren gesellschaftlichen Grabenkämpfe müde. Wer gespannt darauf war, wie die Verfasserin sich mit Alice Schwarzer oder Leni Breymaier schlägt, wird im Buch nicht viel dazu finden. Darf ich die Autorin in einem intersektionalen, Sex-positiven Ansatz ohne Verklärungen verorten? Vielleicht genügt das schon.

Innerhalb der Sexwork-Community sind die jeweiligen Positionierungen wahrscheinlich empfindlicher. Man fragt sich bei der Autorin schon, wie sie es schafft, derart offensiv und empathisch von den Risiken, den Gefahren und dem Leiden in der Sexarbeit zu reden ohne jeden Impuls zu haben, wie ihn Emma, Sisters etc. haben. Die Empathie ist mit großer Nüchternheit verbunden. Dazu verzichtet die Autorin weitgehend auf psychologisierende Deutungen. Sie bleibt bei der Soziologie. Sexarbeit ist ein Geschäft zum Lebensunterhalt, keine Romantik. Es geht nicht um die Frage nach dem richtigen oder guten Leben, sondern um die akzeptierte implizite Vernünftigkeit der Lebenslinien und um die Selbstermächtigung und Handlungsfreiheit der diversen Individuen in der Sexarbeit.

Deshalb spielen die Kund:innen („Freier“) in dem Buch auch kaum eine Rolle. Sie sind einfach die Geschäftspartner:innen, von denen aber auch psychisch und physisch Gefahren ausgehen. Zum Thema werden die Freier, wenn es strukturelle Zusammenhänge gibt zwischen den Bedingungen für Sexarbeit und den Verhaltensweisen der meist männlichen Kunden. Viel Aufmerksamkeit widmet die Autorin hier der Unterschiedlichkeit der Sparten Bordell, Wohnung, Club, Straße, Escort, ohne diese je zu werten oder gegenseitig auszuspielen. (Ein Bonmot zum Schmunzeln: Einmal werden die Clubs ohne weiteren Kommentar als „Paradies für Männer“ bezeichnet. Kann man da etwas Ironie der Autorin heraushören?)

Das Buch macht etliche Vorschläge, was strukturell und pragmatisch getan werden muss, wobei die Stichworte „Entkriminalisierung“, „Legalisierung“ und „Nachhaltigkeit“ sehr klar sind. Interessant ist der übergreifende Blick, der im Buchtitel anklingt – Sexwork muss noch viel intensiver als bisher unter den Bedingungen von Internet und Digitalisierung verstanden werden. Exemplarisch seien dafür die Überlegungen der Autorin zum Problemfeld „Anonymität-Diskretion-Sicherheit“ für beide Seiten, Anbieter:innen und Kund:innen, genannt. Es würde nicht verwundern, wenn gerade hierzu sich Diskussionen in den Foren entwickelten. Andere Themen scheinen auf der utopischen Ebene zu verharren. Der „Puff der Zukunft“ als genossenschaftliches Modell fand bislang weltweit nur in Ausnahmen eine Verwirklichung. Bis dahin bleibt viel niederschwellig-pragmatische Arbeit wie die Installierung von Sexboxen beim Straßenstrich, was an den Arbeits- und Sicherheitsbedingungen aber schon viel ändern würde.

Das Buch ist ein Angebot, das politische Terrain der Sexarbeit zu begehen, ohne sich in ideologischen Kämpfen zu verlieren. Es ist wissenschaftlich nicht überfrachtet, aber gedanklich fundiert und erfahrungsgesättigt. Man wünscht ihm, dass es in die Handbibliothek aufgenommen wird für alle Referent:innen, Politiker:innen und Vertreter:innen von Runden Tischen, Initiativen und Organisationen, die mit Sexwork lösungsorientiert befasst sind.

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Kasharius
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Kasharius »

@lust4fun, aber mindestens so gut muss das Werk sein,wie diese Deine Kurzrezension -stilistisch jedenfalls allemal. Danke sagt

kasharius grüßt

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floggy
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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Ich gebe "Martyra" ein in mein Tablett, und was macht mein eigenwilliges ungehorsames schlecht erzogene mich immer wieder ärgernde Tablett, besonders dann, wenn es hitzig wird? Es macht "Märtyrer" draus. Oh Schreck! Glücklicherweise habe ich es gleich bemerkt und korrigiert. Also hier der Beginn meines Postings in korrigierter Fassung: was in aller Welt hat Susi, so habe ich sie 2013 vor der Schwedischen Botschaft in Berlin kennengelernt, mit einer kämpferischen Rede, dazu bewogen, das Martyrium der Sexarbeitsvertretung auf sich zu nehmen, und gewissermaßen als Opfergöttin und Rachegöttin zugleich, im Namen von Martyra Peng die Szene zu entzweien? Es war schon immer der Name "Martyra Peng", weiter konnte ich bisher intellektuell nicht vordringen, da mich die Personifizierung zwischen Opfer und Rache unruhig umtrieb. PENG. Gibt es eine bestimmte Übersetzung dafür? Assoziiere ich richtig, daß ich von einer Kugel getroffen wurde? Ich sehe das Buch in erster Linie als Susi's persönliches Bekenntnis, daß ihre Sexarbeit nicht frei von Gefahr und Gewalt war, was ich schon in den Folgejahren von ihr einmal zu lesen bekam.

Jetzt hat Doña Carmen e.V auf das Buch hin geantwortet, und wahrscheinlich wird Martyra Peng auch eine Antwort verfassen. Der geneigte Leser wird dann die Aussagen nebeneinanderlegen müssen, wie einzelne Puzzleteilchen. Das hat mich auf die Idee gebracht, warum die Community nicht ein Buch jährlich herausgibt, wo jeder mitschreiben darf. Ein Jahr später gibt es dann die Fortsetzung. Die Community will einen Runden Tisch? Dazu müssen wir nicht andere fragen. Den Runden Tisch können wir jederzeit selber machen.

Vor der Schwedischen Botschaft in Berlin haben am 19.07.2013 ungefähr fünfzig Aktivistinnen und Aktivisten gegen Gewalt und Morde an einer schwedischen und türkischen Kollegin demonstriert, und dabei auch die schwedischen Behörden stark belastet, sowie die türkische Regierung wegen ihrer Transfeindlichkeit. Soviel meinerseits zu Gewalt und Hass in der Gesellschaft.
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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Is' wieder mal Funkstille? Dann kommt jetzt der Pausenclown.

Ich habe ein Problem, und natürlich Fragen, wenn das auch nicht immer erkennbar ist, und natürlich hätte ich gerne Antworten, auch wenn dies nicht immer erkennbar ist. Das Problem heißt "schnelles Geld". Nicht "schneller Sex", der kommt Anbietern und Nachfragern zu Gute, und schafft keine Begehrlichkeit darüber hinaus, außer ein Kunde verliebt sich unsterblich und stirbt daran, aber "schnelles Geld" kann Schmarotzer auf den Plan rufen, wenn man es ihnen einfach macht.

Als alles anfing, die Schreiberei und Zettelverteilerei, da fragte ich mich, warum passiert das immer Sex Workers? Und ich dachte mir ein Bezahlsystem aus, wo niemand anderes an das Geld kommt als der/die Sex Worker. Die Idee hatte ihren Praxisbezug von Spielautomaten bekommen, die es in einer Mädchen WG in München gab, und da sah ich mit eigenen Augen, wie manche junge Frau ihr Geld "verbrannte". Da ich die Gründe nicht kannte, will ich auch jetzt nicht darüber spekulieren. Aber scheinbar ist das "schnelle Geld" der Anlaß schlechthin für Probleme, die mit Sex and Crime in Verbindung gebracht werden, und deren finanzielle Folgen die Sex Workers sozial und wirtschaftlich treffen, und die die Gesellschaft nicht hinnehmen kann. Nicht das Arbeitsverhältnis zwischen Manager/in und Sex Worker gibt mir zu Denken auf, darum muss hier endlich Entkriminalisiert werden, sondern die "ewige" Erpressungsrethorik von den prostituierten Frauen, die zum Sex gezwungen werden, und deren Familien bedroht werden. Würde der Kunde auf ein spezielles Konto zahlen, dessen Spezialitäten sicherstellen, wie auch immer, daß das Geld "wie geplant" verwendet wird, dann wären unerwünschte Nutznießer schon einmal ausgeschlossen. Als erstes fällt mir da meine Steuerberaterin ein, die weiß eh alles über mich, und macht alles für mich, und sie ist vertrauenswürdig, und jeder Sex Worker braucht doch einen Steuerberater, oder nicht? Dritte können natürlich immer noch "toben und drohen", aber sobald das spezielle Konto dem Kunden nicht mehr vorgezeigt wird, fließt auch kein Geld mehr. Wenn Kunden sich daran halten, und sehr viele Kunden sind daran interessiert, daß "ihr" Geld nur dem Sex Worker, einschließlich Manager/in wenn Zusammenarbeit Sinn macht, zu Gute kommt, dann wäre das eine Möglichkeit der Kontrolle die ans Eingemachte geht, und weniger Papiertiger-Qualitäten hat. Wie bei jedem Gütesiegel ist das mit der Freiwilligkeit natürlich so eine Sache. Nicht jede/r, die/der nicht mitmachen möchte, gehört zur unerwünschten Kategorie. Daher denke ich, bevor sich die Verbände nicht zusammengerauft haben, und der Organisationsgrad nicht ein durchschlagendes Ausmaß erreicht hat, ist eh nichts zu holen in Deutschland.

So, und jetzt kann man ja mal vergleichen, was die Verifizierungsorgien à la ProstSchG und Online-Registrierung besser machen sollen, als ein ausgeklügeltes Bezahlsystem. Wem meine Idee zu bizarr erscheint, der möge sich an den Wirt und seine Wirtin in längst vergangenen Zeiten erinnern, die das Geld verwahrten, und es bei Vertragsende auszahlten.

Ziel muss es sein, jedweder Erpressbarkeit von Sex Workers und ihrer Unterstützer, und sei sie noch so trivial und latent, vorzubeugen. Gegen Gewalt- und Hassverbrechen aus der "feinen" Gesellschaft heraus hilft nur eine Sozialisierung zu sozialen Wesen, gute Polizeiarbeit und Psychotherapie gegen die Gewaltspirale, und eine Gesellschaft, die Sex Workers unterstützt und entlastet, und nicht behindert. Nicht Sexarbeit in der Prostitution ist das Übel, sondern Menschen, die ein Problem mit konsensualem Sex haben. Solche Menschen verderben mir die Lebensfreude.

Gedanken mache ich mir dann noch über die Generation in Folge, deren Mütter und Tanten sich mit Sexarbeit durchschlagen mußten, aber oft ist es ja so, daß die nachfolgende Generation vehement alles anders machen möchte. Vielleicht ist es auch gar kein Problem.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von xtabay »

Hä? Wie? Der Kunde soll das Honorar meinem Steuerberater geben? Warum nicht einfach mir persönlich beim Termin?

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Beitrag von floggy »

Hallo xtabay,

Hä? Wie? Ne! So blöd bin ich nun auch wieder nicht wenn ich Gedankenspiele treibe. Trotzdem danke für's Nachhacken.

Es ist wie beim Forecast. Was anderes, als was tausende von Unternehmen machen, würde ich mir nie vorschlagen trauen. Das Gütesiegel, wer auch immer das Testat vergibt, bestätigt, daß Einnahmen und Ausgaben nach Plan verlaufen. Den Plan erstellt der Sex Worker selbst. Das Prinzip ist einfach. Es geht immer um Plan und Umsetzung, Versprechen und Einlösung, Soll und Ist. Also wenn der Kunde nicht direkt überweist, dann nimmt der Sex Worker das Geld, und verspricht dem Konto, daß er den Betrag einzahlen wird. Das läuft ab wie eine Scheckeinreichung mit Eingang vorbehalten. Der Kunde bekommt die Buchungsnummer samt Datum und Uhrzeit und Betrag, und kann das später kontrollieren. Warum, sage ich jetzt nicht. So eine ausgeklügelte Bezahl App sich auszudenken, mag nicht ganz einfach sein, aber technisch ist heutzutage alles machbar. Noch Fragen?
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Lucille »

Danke - da bin ich mein eigener Steuerberater …… ich biete eine höchstpersönliche Dienstleistung zwischen zwei erwachsenen Menschen an und da hat gefälligst kein Anderer seine kassierende Hand dazwischen zu halten!

Weder ein Staatsbüttel noch ein sonstiger Dienstleister irgendeiner Branche - ich brauche kein „Kindermädchen“, das mich entmündigt.

Nichts anderes als die Forderung zur diskriminierenden Entmündigung der „minderbemittelten Hure“ wäre das - böse Analogien zur offiziellen Aburteilung des Geisteszustandes von Sexworkern in Weimarer Republik und III. Reich tun sich aufdrängen!

… mir wird ja speiübel …


PS: auch ‚Steuerberater‘, selbst Pfarrer müssen Einkommen für ihre Dienste akquirieren und APPS und sonstiger technischer Kram fallen auch nicht kostenfrei vom Himmel - man sollte schon ein paar Zentimeter weiter Denken …

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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

Hallo Lucille,

also bei solchen Tönen bin ich raus. Kein Wort mehr zu meinem Pausenfüller. Ist ja scheinbar dann auch nicht nötig, wenn alles supi ist. Warum aber dann das Buch mit tausend Wiederholungen des einen Wortes "Gewalt"? Wenn (überhaupt) es im Sex Business um Gewalt geht, dann geht es eigentlich um Geld. Das ist eine andere Gewalt als in sogenannten Liebesbeziehungen, da wird zwar auch um Geld gestritten, aber die Gewalt hat in Liebesbeziehungen die Funktion der Unterdrückung um an Sex zu kommen. Im Sex Business dient die Gewalt (wenn überhaupt) dazu, um an Geld zu kommen. Verifizierungsorgien von Anbietern und Nachfragern sind deshalb Papiertiger und peinlich für eine aufgeklärte Gesellschaft. Der Fluss des Geldes aber, ja ich weiß, da hört sich der Spaß auf, und da muß man selbst als nur denkender Philosoph vorsichtig sein.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von malin »

Die beste Prophylaxe vor Gewalt ist eine Erziehung die echtes Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein und ein gutes Gespür zur Wahrung der eigenen Grenzen vermittelt.

Deshalb sind auch jegliche Sondergesetze, -behandlungen und was es da für Ideen mehr gibt so krass kontraproduktiv. Sie schwächen statt zu stärken.

Super wären 1zu1 Mentoring von erfahrenen (und dafür bezahlten) Kolleginnen und sinnvolle Wissensvermittlung.

Gewalt kann immer dann leichter passieren wenn ein Mensch sich schwach, unsicher und wertlos fühlt, das zieht Drecksäcke mit Aggressionspotenzial magisch an.

Mit Sexwork hat das sogesehen nur sehr wenig zu tun, da fällts nur im Fall der Fälle mehr auf weil viele mit dieser Erwartungshaltung hinsehen.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Lucille »

DANKE @malin

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mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von floggy »

MeToo und die "Drecksäcke mit Aggressionspotenzial" magisch angezogen? Bin gespannt wie das alles weitergeht. Ich drücke allen Frauen die Daumen, und hoffe das Beste, setze mich für starke Verbände und starke Netzwerke ein, wo man sich gegenseitig stärkt. Aber das muss auch nach außen hin sichtbar werden, sonst wissen die Kunden nichts davon, und können nicht informiert handeln.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Ariane »

@malin

das gleiche hat Johanna Weber auch mal gesagt und ich habe mich ausführlich in meinem Buch auseinandergesetzt, wo aktuell auch der Fortsetzungsroman von Martyra Peng erscheint: KOHLE. Nachlesbar unter nuttenrepublik.com

Im übrigen war ich immer radikale Feministin und mein lautes NEIN hat manche Männer einfach fuchsig gemacht. Da stand nicht OPFER auf der Stirn. Also mal schön vorsichtig mit Küchenpsychologie.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Ariane »

@malin

das gleiche hat Johanna Weber auch mal gesagt und ich habe mich ausführlich in meinem Buch, Blog und sozialen Medien auseinandergesetzt, wo aktuell auch der Fortsetzungsroman von Martyra Peng erscheint: KOHLE. Nachlesbar unter nuttenrepublik.com

Im übrigen war ich immer radikale Feministin und mein lautes NEIN hat manche Männer einfach fuchsig gemacht. Da stand nicht OPFER auf der Stirn. Also mal schön vorsichtig mit Küchenpsychologie. Gewalt ist ein Tabuthema und man wirft den Opfern vor, wenn sie darüber sprechen, weil dann die kleine Sexworker Bubble kollabiert alternativ Silencing betreibt.
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von Ariane »

Ich weiss nicht, ob es schon bis hier ins Forum durch gedrungen ist. Aber Marc of Frankfurt ist 2017 verstorben und sein Erbe der Magnus Hirschfeld Gesellschaft übertragen, die in seinem Namen Forschungsarbeiten von Sexworkern fördert. https://magnus-hirschfeld.de/forschungs ... forschung/
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Re: mein Buch "Sexwork 3.0"

Beitrag von malin »

@ Ariane: das ist, zumindest von meiner Seite, ganz sicher keine Küchenpsychologie - sondern ganz real und selbst erlebtes Leben. Eine komplette Freiheit von Gewalt kann man damit sicherlich nicht erreichen, zu jeder Zeit kann es passieren dass ein Mensch mit erhöhtem Gewaltpotenzial beschließt den eigenen Weg zu kreuzen. Aber die Anziehungskraft darauf ändert sich mit der eigenen Entwicklung. Ich würde fast soweit gehen zu sagen, man ändert das Genre des eigenen Lebens.

Marc of Frankfurt ist gestorben? Das trifft mich jetzt sehr.
Ich habe oft an ihn gedacht, seine zum Teil unheimlich klugen Beiträge hier schmerzlich vermisst und mich immer mal wieder gefragt warum er damit aufgehört hat. Dachte oder hatte vermutet es gab interne Querelen und deshalb…

Ich danke Dir für die Info.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

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Beitrag von floggy »

Ich finde die Diskussion über "Gewalt" akademisch geführt, wenn Betroffene aus Schattenwirtschaften (informeller Sektor, zweiter Arbeitsmarkt) nicht hinzugezogen werden. Mein Schwiegervater hat jahrelang ohne regelmäßige Lohnauszahlung gearbeitet, in Kleinflugzeugen übernachtet, die er tagsüber repariert und gewartet hat, bis der Flugplatzbetreiber dann samt Geschäftskasse das Weite gesucht hat. Wir reden hier über "Gewalt" aus einer "Blase der Seeligen" heraus, und tun so, als hätten wir keine Ahnung von der Welt. Das rechtfertigt natürlich nicht, was in der Sex Branche schiefläuft. Aber niemand kann mehr so tun als hätte er noch nie von staatlicher Gewalt, diesmal ohne Anführungszeichen, gegenüber Sex Workers gehört. Und da kann, sollte, und muss man anfangen. Sex Workers dürfen nicht erpressbar gemacht werden.

Bei Frauen kommt natürlich deren jahrtausendalte Unterdrückung noch erschwerend hinzu. Die Gemengelage aus sexueller Verfügbarkeit und selbstaufopfernder Fürsorge schafft die ideale Projektionsfläche, aber auch die Blaupause für ein falsches Verständnis vom Sex Business.

Ich bleibe bei meinen Slogans "Rechte und Respekt für Sex Workers" und "Freier haben keine Rechte". Entweder erledigen sich irgendwann mal beide zusammen gleichzeitig, oder ich halte sie weiterhin hoch, damit sich was tut. Es ist in der Tat so, daß in der Prostitution alles Kopf steht, wenn das Sagen (die Macht etwas zu machen) nicht vom Sex Worker ausgeht. Das ist eben genau der Unterschied zur bürgerlichen Ehe und ihrer Aufweichungen. Quelle allen Übels ist die Verfasstheit der bürgerlichen Ehe. Aber so läuft das in der Prostitution eben mal nicht.
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