Länderberichte FRANKREICH:
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Ach, diese Franzosen ... Haben wohl nicht mal mitbekommen, dass es in Schweden (wo es weit weniger Menschen gibt) bislang kaum zu tatsächlicher Freierbestrafung gekommen ist... Erkundigen diese Moralapostel sich denn wirklich immer nur in die eine Märchenrichtung?
Guten Abend, schöne Unbekannte!
Joachim Ringelnatz
Joachim Ringelnatz
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Ein interessanter Artikel darüber, woher die (gefälschten) Statistiken zu Sexarbeit in Frankreich kommen: http://www.contrepoints.org/2013/11/14/ ... ostitution (hab jetzt gerade keine Zeit, den Volltext hierhin zu stellen)
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- PlatinStern
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Der Typ hinter dem Manifest
http://www.vice.com/de/read/frankreich- ... rce=vicefb
Der Typ hinter dem Manifest "Hände weg von meiner Hure"
von Kate Russell
Letzte Woche setzte sich das französische Magazin Causeur für die neuesten Opfer des nationalen Sexhandels ein: die zahlenden Kunden. Die französische Regierung diskutiert, ob die Bezahlung von Sex fortan illegal sein sollte, und ist kurz davor, Prostitution grundsätzlich zu verbieten. Die Zeitschrift Causeur sowie eine lange Liste von Männern, die wahrscheinlich einen Großteil der Abonnenten ausmachen, sind von dieser Idee nicht besonders begeistert.
Weil Männer, die gern für Sex mit gehandelten Frauen bezahlen, wahrscheinlich ziemlich traurig wären, wenn das Gesetz durchgesetzt würde, hat die Zeitschrift eine Kampagne ins Leben gerufen: Sie soll das Recht der Männer verteidigen zu tun, was sie für richtig halten. Der geschmackvolle Name der Kampagne: Manifest der 343 Dreckskerle: Hände weg von meiner Hure!
Der Titel ist jedoch ironisch gemeint. Es handelt sich um eine Anspielung auf Simone de Beauvoirs berühmtes feministische Manifest der 343, mit dem 1971 343 Frauen das Recht auf Abtreibung und körperliche Selbstbestimmung forderten. Damit suggerieren die Typen vom Causeur, dass ein Verbot von Prostitution auch ein feministisches Problem sei. Feministinnen scheinen dem jedoch auf breiter Front zu widersprechen und stimmen eher der Äußerung der sozialistischen Abgeordneten Anne-Yvonne Le Dain zu, die sagte: "Schande auf diese notgeilen Schwachköpfe [und ihr] erbärmliches Manifest."
Ich beschloss, den Herausgeber der Zeitschrift, Gil Mihaely, anzurufen, um mir seine Argumente anzuhören.
VICE: Was hat dich dazu veranlasst, das Manifest zu schreiben?
Gil Mihaely: Die französische Regierung zieht ein neues Gesetz in Betracht, das die Kunden von Prostituierten bestrafen soll. Zu einer Prostituierten zu gehen, wäre dann also illegal. Dieses Gesetz ist ein Teil eines größeren, auf Prohibition abzielenden Projekts. Der ideologische Kern der Debatte ist die Annahme, eine Frau könne nicht frei entscheiden, ob sie Prostituierte wird. Dass eine Prostituierte eine Frau ist, die beschließt, eine Sklavin zu werden.
Aber in dem Manifest wird doch das Recht des Mannes verteidigt, eine Prostituierte zu besuchen, und nicht das Recht der Frau, eine zu werden.
Das Manifest kann nicht außerhalb des französischen Kontexts gelesen werden, und dieser französische Kontext hat zwei Dimensionen: Erstens ist es eine Parodie eines Manifests von Simone de Beauvoir aus dem Jahr 1971. Es forderte die Legalisierung von Abtreibungen, weil Frauen die absolute Verfügungsgewalt über ihren Körper zukommt. Wir sehen das genauso. Weil wir finden, dass Frauen die Einzigen sein sollten, die bestimmen, was sie mit ihrem Körper machen, sagen wir, dass freie Frauen, die eine Entscheidung über eine Abtreibung treffen können, auch entscheiden können, ob sie Prostituierte werden wollen.
Das ist der Grund, warum wir den Untertitel "Touche pas à ma pute" ("Hände weg von meiner Hure") gewählt haben. Es ist eine weitere Parodie. Es gab einen Slogan gegen Rassismus, der "Hände weg von meinem Freund" lautet. "Freund" ist im Französischen "pote", und "Prostituierte" "pute", es handelt sich also auch um eine Art Solidarität. Wir sprechen hier über Erwachsene, die sich im gegenseitigen Einverständnis befinden. Der Staat sollte sich da heraushalten.
OK. Aber das Manifest wird ja von Männern unterschrieben, die Prostituierte besuchen, und nicht von den Prostituierten selbst. Denkst du nicht, dass ihr euch dadurch auf die falsche Gruppe konzentriert?
Nein, das dachten wir eigentlich nicht, aber vielleicht hast du recht. Die Idee war, eine Diskussion in Gang zu setzen. Über das Gesetz wird schon seit fast einem Jahr gesprochen, aber es kam noch zu keiner wirklichen Debatte. Wir haben beschlossen, etwas zu machen, das uns provokant und witzig vorkam. Einige finden es nicht witzig. Wir denken, dass Frauen die volle Gewalt über ihren Körper haben und selbst entscheiden sollten, was sie mit ihrem Körper machen wollen, ob es uns nun gefällt, oder nicht. Denn Freiheit bedeutet nicht, nur das zu tolerieren, was uns gefällt. Freiheit ist, das zu tolerieren, was uns nicht gefällt.
Glaubst du, dass diese Botschaft auch von Leuten verstanden wird, die Frauen tatsächlich als Huren bezeichnen?
Ich hoffe wirklich, dass die Leute den Humor dieser Initiative verstehen. Ich glaube durchaus, dass man ein Wort wie "Hure" verwenden kann und die Leute verstehen, dass man, wenn man abends nach Hause kommt, seine Frau nicht mit "Guten Abend, du Hure" begrüßt. Im Kontext ist es witziger. Es ist eine Art Wortspiel.
Gut. In deinem Manifest heißt es: "Unter dem Deckmantel des Schutzes der Frauen findet ein Krieg gegen Männer statt." Ist diese Behauptung nicht ein bisschen fehlgeleitet?
In Frankreich gibt es eine intrinsische Spannung zwischen Freiheit und Gleichheit. Die Gleichheit von Frauen und Männern ist etwas, das von wirklich jedem akzeptiert wird. Für ein paar Leute, besonders für die derzeitigen Machthaber, scheint es ein echtes Problem zu sein zu akzeptieren, dass es Gleichheit und Unterschiede gibt. Es ist ein ideologisches Projekt im Gange, aus Männern Frauen mit Penissen zu machen. Sie akzeptieren nicht, dass du gleichgestellt und unterschiedlich zugleich sein kannst.
Worin besteht der Unterschied in diesem Fall?
Man sagt, dass Prostitution ein Skandal sei, weil auch Frauen eine Libido haben und keine Prostituierten aufsuchen. Deshalb sollten die Männer sich zusammenreißen. Ich sage es so, wie es ist, und es stimmt wahrscheinlich, dass die meisten Prostituierten weiblich und die meisten Kunden männlich sind. Es stimmt aber auch, dass das schon seit ziemlich langer Zeit und in vielen Gesellschaften so ist. Wir sind sehr skeptisch gegenüber Leuten, die versuchen, einen neuen Mann, einen besseren Mann zu erschaffen. Männer sind Männer. Sie sind Menschen - Menschen sind nicht perfekt.
Viele Frauen werden dann deiner Meinung nach Prostituierte, weil sie seit ihrer Kindheit davon träumen?
Das ist eine sehr gute Frage. Erstens haben wir im Laufe der Diskussion erfahren, dass wir gar nicht genau wissen, wie viele Prostituierte in Frankreich arbeiten und wie viele von ihnen es freiwillig tun. Was von allen wahrgenommen wird, ist der Straßenstrich - die schlimmste Art der Prostitution. Aber wir wissen nicht, wie viele andere Arten der Prostitution existieren und wie viele andere Frauen diesen Beruf ausüben.
Der zweite Teil der Antwort ist, dass es sehr schwer ist, den Bereich des Einverständnisses einzugrenzen. Nur sehr wenige Menschen tun als Erwachsene tatsächlich das, wovon sie geträumt haben, als sie jung waren. Wenn Freiheit bedeutet, dass man sich aussuchen kann, ob man Ministerpräsident, Astronaut, Kampfpilot oder Hirnchirurg wird, dann gibt es nur sehr wenige Menschen in der Welt, die diese Freiheit genießen.
Man sollte sich davor hüten zu behaupten, dass man nicht freiwillig Prostituierte sein kann. Das erinnert mich an das, was die Bolschewiki sagten: Dass du, wenn du in einer Fabrik arbeitest und nicht verstehst, dass die Kommunisten die einzige Partei sind, die deine Interessen vertritt, der Propaganda zum Opfer gefallen bist. Das ist der Kern der Freiheit. Wer würde es wagen zu sagen, dass du, weil du nicht "richtig" wählst, gar nicht wählen darfst? Gleichermaßen sagen Feministinnen zu Prostituierten: "Versteht ihr nicht, dass ihr euren Körper und eure Seele zerstört?" Doch die sagen nach wie vor: "Doch, und ich werde es trotzdem tun." Was willst du dagegen machen?
Aber du weißt schon, dass viele Prostituierte aufgrund von Dingen wie Sexhandel und Drogenabhängigkeit im Geschäft sind, oder? Und du verstehst den Unterschied zwischen Frauen, die ein Recht auf Abtreibung fordern, und Männern, die das Recht haben wollen, eine Prostituierte zu besuchen?
Ich glaube, man muss sich schon sehr gegen ein Verständnis der Sache wehren, um die Dinge so zu sehen. Was unsere Kritiker am meisten stört, ist meiner Ansicht nach die Tatsache, dass die meisten Leute, die diese Petition unterschrieben haben, in Frankreich als rechts oder reaktionär betrachtet werden. Anstatt mit einigen Unterzeichnern zu diskutieren -denn, wie gesagt, diese Debatte spaltet die Linke und die Feministinnen-, kann die Regierung sagen: "Seht, die Faschisten sind gegen uns - lasst uns zusammenhalten, denn männliche Chauvinistenschweine versuchen, sich in die Angelegenheit einzumischen." Ich denke, das ist der Grund, warum sie die Dinge so darstellen, wie sie es gerade tun.
OK, aber ich verstehe nicht ganz, was du damit sagen willst. Glaubst du, dass Prostitution Frankreich zu einem besseren Land macht?
Ich glaube, dass Prostitution ein Teil unserer Gesellschaft ist. Ich glaube, dass es unrealistisch ist, einen abolitionistischen oder prohibitionistischen Standpunkt durchzusetzen. Ich glaube, dass das nicht funktioniert, sondern die Situation verschlimmern wird.
Hast du schonmal eine Prostituierte besucht?
Nein, aber natürlich kenne ich Leute, die es gemacht haben. Als Teenager bin ich mal mit ein paar Freunden in eine größere Stadt gefahren, um Prostituierte zu sehen. Vor Ort waren wir so eingeschüchtert, dass sie uns ausgelacht haben und wir wieder gegangen sind. Dadurch, dass wir die Straße hoch und runter gelaufen sind, wussten sie, dass wir Angst hatten, und am Ende sind wir beschämt nach Hause gefahren.
Der Typ hinter dem Manifest "Hände weg von meiner Hure"
von Kate Russell
Letzte Woche setzte sich das französische Magazin Causeur für die neuesten Opfer des nationalen Sexhandels ein: die zahlenden Kunden. Die französische Regierung diskutiert, ob die Bezahlung von Sex fortan illegal sein sollte, und ist kurz davor, Prostitution grundsätzlich zu verbieten. Die Zeitschrift Causeur sowie eine lange Liste von Männern, die wahrscheinlich einen Großteil der Abonnenten ausmachen, sind von dieser Idee nicht besonders begeistert.
Weil Männer, die gern für Sex mit gehandelten Frauen bezahlen, wahrscheinlich ziemlich traurig wären, wenn das Gesetz durchgesetzt würde, hat die Zeitschrift eine Kampagne ins Leben gerufen: Sie soll das Recht der Männer verteidigen zu tun, was sie für richtig halten. Der geschmackvolle Name der Kampagne: Manifest der 343 Dreckskerle: Hände weg von meiner Hure!
Der Titel ist jedoch ironisch gemeint. Es handelt sich um eine Anspielung auf Simone de Beauvoirs berühmtes feministische Manifest der 343, mit dem 1971 343 Frauen das Recht auf Abtreibung und körperliche Selbstbestimmung forderten. Damit suggerieren die Typen vom Causeur, dass ein Verbot von Prostitution auch ein feministisches Problem sei. Feministinnen scheinen dem jedoch auf breiter Front zu widersprechen und stimmen eher der Äußerung der sozialistischen Abgeordneten Anne-Yvonne Le Dain zu, die sagte: "Schande auf diese notgeilen Schwachköpfe [und ihr] erbärmliches Manifest."
Ich beschloss, den Herausgeber der Zeitschrift, Gil Mihaely, anzurufen, um mir seine Argumente anzuhören.
VICE: Was hat dich dazu veranlasst, das Manifest zu schreiben?
Gil Mihaely: Die französische Regierung zieht ein neues Gesetz in Betracht, das die Kunden von Prostituierten bestrafen soll. Zu einer Prostituierten zu gehen, wäre dann also illegal. Dieses Gesetz ist ein Teil eines größeren, auf Prohibition abzielenden Projekts. Der ideologische Kern der Debatte ist die Annahme, eine Frau könne nicht frei entscheiden, ob sie Prostituierte wird. Dass eine Prostituierte eine Frau ist, die beschließt, eine Sklavin zu werden.
Aber in dem Manifest wird doch das Recht des Mannes verteidigt, eine Prostituierte zu besuchen, und nicht das Recht der Frau, eine zu werden.
Das Manifest kann nicht außerhalb des französischen Kontexts gelesen werden, und dieser französische Kontext hat zwei Dimensionen: Erstens ist es eine Parodie eines Manifests von Simone de Beauvoir aus dem Jahr 1971. Es forderte die Legalisierung von Abtreibungen, weil Frauen die absolute Verfügungsgewalt über ihren Körper zukommt. Wir sehen das genauso. Weil wir finden, dass Frauen die Einzigen sein sollten, die bestimmen, was sie mit ihrem Körper machen, sagen wir, dass freie Frauen, die eine Entscheidung über eine Abtreibung treffen können, auch entscheiden können, ob sie Prostituierte werden wollen.
Das ist der Grund, warum wir den Untertitel "Touche pas à ma pute" ("Hände weg von meiner Hure") gewählt haben. Es ist eine weitere Parodie. Es gab einen Slogan gegen Rassismus, der "Hände weg von meinem Freund" lautet. "Freund" ist im Französischen "pote", und "Prostituierte" "pute", es handelt sich also auch um eine Art Solidarität. Wir sprechen hier über Erwachsene, die sich im gegenseitigen Einverständnis befinden. Der Staat sollte sich da heraushalten.
OK. Aber das Manifest wird ja von Männern unterschrieben, die Prostituierte besuchen, und nicht von den Prostituierten selbst. Denkst du nicht, dass ihr euch dadurch auf die falsche Gruppe konzentriert?
Nein, das dachten wir eigentlich nicht, aber vielleicht hast du recht. Die Idee war, eine Diskussion in Gang zu setzen. Über das Gesetz wird schon seit fast einem Jahr gesprochen, aber es kam noch zu keiner wirklichen Debatte. Wir haben beschlossen, etwas zu machen, das uns provokant und witzig vorkam. Einige finden es nicht witzig. Wir denken, dass Frauen die volle Gewalt über ihren Körper haben und selbst entscheiden sollten, was sie mit ihrem Körper machen wollen, ob es uns nun gefällt, oder nicht. Denn Freiheit bedeutet nicht, nur das zu tolerieren, was uns gefällt. Freiheit ist, das zu tolerieren, was uns nicht gefällt.
Glaubst du, dass diese Botschaft auch von Leuten verstanden wird, die Frauen tatsächlich als Huren bezeichnen?
Ich hoffe wirklich, dass die Leute den Humor dieser Initiative verstehen. Ich glaube durchaus, dass man ein Wort wie "Hure" verwenden kann und die Leute verstehen, dass man, wenn man abends nach Hause kommt, seine Frau nicht mit "Guten Abend, du Hure" begrüßt. Im Kontext ist es witziger. Es ist eine Art Wortspiel.
Gut. In deinem Manifest heißt es: "Unter dem Deckmantel des Schutzes der Frauen findet ein Krieg gegen Männer statt." Ist diese Behauptung nicht ein bisschen fehlgeleitet?
In Frankreich gibt es eine intrinsische Spannung zwischen Freiheit und Gleichheit. Die Gleichheit von Frauen und Männern ist etwas, das von wirklich jedem akzeptiert wird. Für ein paar Leute, besonders für die derzeitigen Machthaber, scheint es ein echtes Problem zu sein zu akzeptieren, dass es Gleichheit und Unterschiede gibt. Es ist ein ideologisches Projekt im Gange, aus Männern Frauen mit Penissen zu machen. Sie akzeptieren nicht, dass du gleichgestellt und unterschiedlich zugleich sein kannst.
Worin besteht der Unterschied in diesem Fall?
Man sagt, dass Prostitution ein Skandal sei, weil auch Frauen eine Libido haben und keine Prostituierten aufsuchen. Deshalb sollten die Männer sich zusammenreißen. Ich sage es so, wie es ist, und es stimmt wahrscheinlich, dass die meisten Prostituierten weiblich und die meisten Kunden männlich sind. Es stimmt aber auch, dass das schon seit ziemlich langer Zeit und in vielen Gesellschaften so ist. Wir sind sehr skeptisch gegenüber Leuten, die versuchen, einen neuen Mann, einen besseren Mann zu erschaffen. Männer sind Männer. Sie sind Menschen - Menschen sind nicht perfekt.
Viele Frauen werden dann deiner Meinung nach Prostituierte, weil sie seit ihrer Kindheit davon träumen?
Das ist eine sehr gute Frage. Erstens haben wir im Laufe der Diskussion erfahren, dass wir gar nicht genau wissen, wie viele Prostituierte in Frankreich arbeiten und wie viele von ihnen es freiwillig tun. Was von allen wahrgenommen wird, ist der Straßenstrich - die schlimmste Art der Prostitution. Aber wir wissen nicht, wie viele andere Arten der Prostitution existieren und wie viele andere Frauen diesen Beruf ausüben.
Der zweite Teil der Antwort ist, dass es sehr schwer ist, den Bereich des Einverständnisses einzugrenzen. Nur sehr wenige Menschen tun als Erwachsene tatsächlich das, wovon sie geträumt haben, als sie jung waren. Wenn Freiheit bedeutet, dass man sich aussuchen kann, ob man Ministerpräsident, Astronaut, Kampfpilot oder Hirnchirurg wird, dann gibt es nur sehr wenige Menschen in der Welt, die diese Freiheit genießen.
Man sollte sich davor hüten zu behaupten, dass man nicht freiwillig Prostituierte sein kann. Das erinnert mich an das, was die Bolschewiki sagten: Dass du, wenn du in einer Fabrik arbeitest und nicht verstehst, dass die Kommunisten die einzige Partei sind, die deine Interessen vertritt, der Propaganda zum Opfer gefallen bist. Das ist der Kern der Freiheit. Wer würde es wagen zu sagen, dass du, weil du nicht "richtig" wählst, gar nicht wählen darfst? Gleichermaßen sagen Feministinnen zu Prostituierten: "Versteht ihr nicht, dass ihr euren Körper und eure Seele zerstört?" Doch die sagen nach wie vor: "Doch, und ich werde es trotzdem tun." Was willst du dagegen machen?
Aber du weißt schon, dass viele Prostituierte aufgrund von Dingen wie Sexhandel und Drogenabhängigkeit im Geschäft sind, oder? Und du verstehst den Unterschied zwischen Frauen, die ein Recht auf Abtreibung fordern, und Männern, die das Recht haben wollen, eine Prostituierte zu besuchen?
Ich glaube, man muss sich schon sehr gegen ein Verständnis der Sache wehren, um die Dinge so zu sehen. Was unsere Kritiker am meisten stört, ist meiner Ansicht nach die Tatsache, dass die meisten Leute, die diese Petition unterschrieben haben, in Frankreich als rechts oder reaktionär betrachtet werden. Anstatt mit einigen Unterzeichnern zu diskutieren -denn, wie gesagt, diese Debatte spaltet die Linke und die Feministinnen-, kann die Regierung sagen: "Seht, die Faschisten sind gegen uns - lasst uns zusammenhalten, denn männliche Chauvinistenschweine versuchen, sich in die Angelegenheit einzumischen." Ich denke, das ist der Grund, warum sie die Dinge so darstellen, wie sie es gerade tun.
OK, aber ich verstehe nicht ganz, was du damit sagen willst. Glaubst du, dass Prostitution Frankreich zu einem besseren Land macht?
Ich glaube, dass Prostitution ein Teil unserer Gesellschaft ist. Ich glaube, dass es unrealistisch ist, einen abolitionistischen oder prohibitionistischen Standpunkt durchzusetzen. Ich glaube, dass das nicht funktioniert, sondern die Situation verschlimmern wird.
Hast du schonmal eine Prostituierte besucht?
Nein, aber natürlich kenne ich Leute, die es gemacht haben. Als Teenager bin ich mal mit ein paar Freunden in eine größere Stadt gefahren, um Prostituierte zu sehen. Vor Ort waren wir so eingeschüchtert, dass sie uns ausgelacht haben und wir wieder gegangen sind. Dadurch, dass wir die Straße hoch und runter gelaufen sind, wussten sie, dass wir Angst hatten, und am Ende sind wir beschämt nach Hause gefahren.
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- Admina
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RE: Länderberichte FRANKREICH:
Prostitution verbieten? Frankreich streitet
Im Kampf gegen die Prostitution wollen Frankreichs Sozialisten Freier mit einer Geldstrafe von 1.500 Euro belegen. Ein entsprechendes Gesetz soll diese Woche im Parlament beraten werden. Viele Prostituierte fürchten um ihre Existenz.
"Ophélia" arbeitet seit zwei Jahrzehnten als Prostituierte in Paris. Derzeit kommt sie damit kaum über die Runden. Viele potentielle Freier fürchten ein neues Gesetz: Die regierenden Sozialisten wollen Kunden mit 1500 Euro Geldstrafe abschrecken.O-Ton "Ophélia", Prostituierte:"Für mich sind die Folgen enorm - und katastrophal. Morgens gehe ich deprimiert runter und weiß, dass ich nur einen Kunden am Tag haben werde. Und die meisten meiner Kunden sagen vor dem Abschied: Werde ich eine Strafe kassieren, wenn ich bei Dir rausgehe? Dieses Gesetz darf nicht verabschiedet werden. Es ist echt nicht die Lösung."Das Gesetz soll Prostituierten beim Ausstieg helfen. Ausländerinnen etwa sollen vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen bekommen. Die Strafen für Prostituierte, die beim Anwerben von Kunden erwischt werden, sollen wegfallen. Der große Streitpunkt aber sind die geplanten Strafen für Freier. Mehrere Petitionen dagegen laufen, einer haben sich Catherine Deneuve und Charles Aznavour angeschlossen. Auch die Zeitschrift "Causeur" hat eine Petition gestartet.O-Ton Daoud Boughezala, Vize-Chefredakteur "Causeur":"Sexualität wird nicht durch Gesetze geregelt, Moral kann man nicht verordnen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, den Menschen eine neue moralische Ordnung aufzuzwingen und erst recht nicht jeden potentiellen Prostituierten-Kunden als möglichen Sexualtäter zu bezeichnen."Schweden hat als erstes Strafen für Freier eingeführt. In Deutschland dagegen ist Prostitution seit 2002 gesetzlich geregelt, dort florieren Bordelle. Für Alice Schwarzer ist das "ein deutscher Skandal", so der Untertitel ihres Buches. Sie sieht das geplante Gesetz in Frankreich als gutes Vorbild. "Ophélia" arbeitet seit zwei Jahrzehnten als Prostituierte in Paris. Derzeit kommt sie damit kaum über die Runden. Viele potentielle Freier fürchten ein neues Gesetz: Die regierenden Sozialisten wollen Kunden mit 1500 Euro Geldstrafe abschrecken.O-Ton "Ophélia", Prostituierte:"Für mich sind die Folgen enorm - und katastrophal. Morgens gehe ich deprimiert runter und weiß, dass ich nur einen Kunden am Tag haben werde. Und die meisten meiner Kunden sagen vor dem Abschied: Werde ich eine Strafe kassieren, wenn ich bei Dir rausgehe? Dieses Gesetz darf nicht verabschiedet werden. Es ist echt nicht die Lösung."Das Gesetz soll Prostituierten beim Ausstieg helfen. Ausländerinnen etwa sollen vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen bekommen. Die Strafen für Prostituierte, die beim Anwerben von Kunden erwischt werden, sollen wegfallen. Der große Streitpunkt aber sind die geplanten Strafen für Freier. Mehrere Petitionen dagegen laufen, einer haben sich Catherine Deneuve und Charles Aznavour angeschlossen. Auch die Zeitschrift "Causeur" hat eine Petition gestartet.O-Ton Daoud Boughezala, Vize-Chefredakteur "Causeur":"Sexualität wird nicht durch Gesetze geregelt, Moral kann man nicht verordnen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, den Menschen eine neue moralische Ordnung aufzuzwingen und erst recht nicht jeden potentiellen Prostituierten-Kunden als möglichen Sexualtäter zu bezeichnen."Schweden hat als erstes Strafen für Freier eingeführt. In Deutschland dagegen ist Prostitution seit 2002 gesetzlich geregelt, dort florieren Bordelle. Für Alice Schwarzer ist das "ein deutscher Skandal", so der Untertitel ihres Buches. Sie sieht das geplante Gesetz in Frankreich als gutes Vorbild.
http://video.tagesspiegel.de/prostituti ... eitet.html
Im Kampf gegen die Prostitution wollen Frankreichs Sozialisten Freier mit einer Geldstrafe von 1.500 Euro belegen. Ein entsprechendes Gesetz soll diese Woche im Parlament beraten werden. Viele Prostituierte fürchten um ihre Existenz.
"Ophélia" arbeitet seit zwei Jahrzehnten als Prostituierte in Paris. Derzeit kommt sie damit kaum über die Runden. Viele potentielle Freier fürchten ein neues Gesetz: Die regierenden Sozialisten wollen Kunden mit 1500 Euro Geldstrafe abschrecken.O-Ton "Ophélia", Prostituierte:"Für mich sind die Folgen enorm - und katastrophal. Morgens gehe ich deprimiert runter und weiß, dass ich nur einen Kunden am Tag haben werde. Und die meisten meiner Kunden sagen vor dem Abschied: Werde ich eine Strafe kassieren, wenn ich bei Dir rausgehe? Dieses Gesetz darf nicht verabschiedet werden. Es ist echt nicht die Lösung."Das Gesetz soll Prostituierten beim Ausstieg helfen. Ausländerinnen etwa sollen vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen bekommen. Die Strafen für Prostituierte, die beim Anwerben von Kunden erwischt werden, sollen wegfallen. Der große Streitpunkt aber sind die geplanten Strafen für Freier. Mehrere Petitionen dagegen laufen, einer haben sich Catherine Deneuve und Charles Aznavour angeschlossen. Auch die Zeitschrift "Causeur" hat eine Petition gestartet.O-Ton Daoud Boughezala, Vize-Chefredakteur "Causeur":"Sexualität wird nicht durch Gesetze geregelt, Moral kann man nicht verordnen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, den Menschen eine neue moralische Ordnung aufzuzwingen und erst recht nicht jeden potentiellen Prostituierten-Kunden als möglichen Sexualtäter zu bezeichnen."Schweden hat als erstes Strafen für Freier eingeführt. In Deutschland dagegen ist Prostitution seit 2002 gesetzlich geregelt, dort florieren Bordelle. Für Alice Schwarzer ist das "ein deutscher Skandal", so der Untertitel ihres Buches. Sie sieht das geplante Gesetz in Frankreich als gutes Vorbild. "Ophélia" arbeitet seit zwei Jahrzehnten als Prostituierte in Paris. Derzeit kommt sie damit kaum über die Runden. Viele potentielle Freier fürchten ein neues Gesetz: Die regierenden Sozialisten wollen Kunden mit 1500 Euro Geldstrafe abschrecken.O-Ton "Ophélia", Prostituierte:"Für mich sind die Folgen enorm - und katastrophal. Morgens gehe ich deprimiert runter und weiß, dass ich nur einen Kunden am Tag haben werde. Und die meisten meiner Kunden sagen vor dem Abschied: Werde ich eine Strafe kassieren, wenn ich bei Dir rausgehe? Dieses Gesetz darf nicht verabschiedet werden. Es ist echt nicht die Lösung."Das Gesetz soll Prostituierten beim Ausstieg helfen. Ausländerinnen etwa sollen vorläufige Aufenthaltsgenehmigungen bekommen. Die Strafen für Prostituierte, die beim Anwerben von Kunden erwischt werden, sollen wegfallen. Der große Streitpunkt aber sind die geplanten Strafen für Freier. Mehrere Petitionen dagegen laufen, einer haben sich Catherine Deneuve und Charles Aznavour angeschlossen. Auch die Zeitschrift "Causeur" hat eine Petition gestartet.O-Ton Daoud Boughezala, Vize-Chefredakteur "Causeur":"Sexualität wird nicht durch Gesetze geregelt, Moral kann man nicht verordnen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, den Menschen eine neue moralische Ordnung aufzuzwingen und erst recht nicht jeden potentiellen Prostituierten-Kunden als möglichen Sexualtäter zu bezeichnen."Schweden hat als erstes Strafen für Freier eingeführt. In Deutschland dagegen ist Prostitution seit 2002 gesetzlich geregelt, dort florieren Bordelle. Für Alice Schwarzer ist das "ein deutscher Skandal", so der Untertitel ihres Buches. Sie sieht das geplante Gesetz in Frankreich als gutes Vorbild.
http://video.tagesspiegel.de/prostituti ... eitet.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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Ich würde schätzen wenn für diese Dumpfbacken von "343 [in Wirklichkeit mal gerade 19] Dreckskerlen" nicht auch noch international, d.h. auch hier, geworben würde. Diese Leute sind keine Sexarbeitskunden sondern hurenfeindliche Rechtsausleger, sie repräsentieren absolut niemanden als sich selbst, und führen lediglich einen Privatkrieg gegen Hollandes Regierung auf dem Rücken der Sexarbeiterinnen. Sie verdienen Verachtung, nicht Beachtung.
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RE: Länderberichte FRANKREICH:
Ein- überhaupt sehr lesenswerter!- französischer Blog zum Thema:
http://www.gaucheliberale.org/post/2013 ... tionnistes
Gauche Liberale, immer wieder gut. :)
Aber bei allem Respekt vor Gauche Liberale habe auch ich meine Probleme mit dem Aufruf der 19. Zum einen weil sie philosophisch tatsächlich bestenfalls unpräzise, schlimmstenfalls aber völlig falsch argumentieren, da es selbstverständlich kein (positives) Recht eines Freiers auf Sex gibt. Würden da echte Freier etwas aufsetzen, was ja hier vmtl. nicht mal der Fall ist, müsste man da definitiv anders argumentieren.
Desweiteren ist es- auch wenn ich den aktuellen Präsidenten wohl genauso wenig mag wie Frankreichs "Droite" ihn mag- in der Tat grundfalsch, das Thema Sexarbeit nur zum Kampf gegen diesen sozialistischen Aasgeier zu "instrumentalisieren". Dafür ist das Thema zu wichtig.
Ich finde es aber schade, dass Strass generell jede Arbeit mit Freiern zusammen nunmehr ablehnt (es sei denn, ich hätte da was missverstanden).
Interessant an Strass finde ich überdies dass ich zwar punkto Sexarbeit und konkreter Politik (human rights etc.) quasi alles unterschreibe, was Strass so schreibt, weil es logisch durchdacht ist, die grössere Ideologie dahinter aber (also wo es nimmer um Sexarbeit geht, sondern um so große Begriffe wie Patriarchat oder Kapitalismus) jedoch urplötzlich komplett wirr finde und im Widerspruch zu erzliberalen Forderungen im Konkreten.
Das ist zwar nicht wichtig, weil man ad hoc trotzdem zusammenarbeiten kann. Aber ich stelle es dennoch mal gerne fest.
Da unter so großen Begriffen wie den beiden Oben jedoch viel Unterschiedliches verstanden wird, mag die ideologische Kluft u.U. nicht so gross sein wie sie mir vorkam beim Lesen von:
http://lapetitemurene.over-blog.com/pag ... 94769.html
Der Reiz dies irgendwann mal auszudiskutieren, wäre da, vielleicht gibt es ja eine Replik von mir bei Gelegenheit auf meinen Blog ;)
http://www.gaucheliberale.org/post/2013 ... tionnistes
Gauche Liberale, immer wieder gut. :)
Aber bei allem Respekt vor Gauche Liberale habe auch ich meine Probleme mit dem Aufruf der 19. Zum einen weil sie philosophisch tatsächlich bestenfalls unpräzise, schlimmstenfalls aber völlig falsch argumentieren, da es selbstverständlich kein (positives) Recht eines Freiers auf Sex gibt. Würden da echte Freier etwas aufsetzen, was ja hier vmtl. nicht mal der Fall ist, müsste man da definitiv anders argumentieren.
Desweiteren ist es- auch wenn ich den aktuellen Präsidenten wohl genauso wenig mag wie Frankreichs "Droite" ihn mag- in der Tat grundfalsch, das Thema Sexarbeit nur zum Kampf gegen diesen sozialistischen Aasgeier zu "instrumentalisieren". Dafür ist das Thema zu wichtig.
Ich finde es aber schade, dass Strass generell jede Arbeit mit Freiern zusammen nunmehr ablehnt (es sei denn, ich hätte da was missverstanden).
Interessant an Strass finde ich überdies dass ich zwar punkto Sexarbeit und konkreter Politik (human rights etc.) quasi alles unterschreibe, was Strass so schreibt, weil es logisch durchdacht ist, die grössere Ideologie dahinter aber (also wo es nimmer um Sexarbeit geht, sondern um so große Begriffe wie Patriarchat oder Kapitalismus) jedoch urplötzlich komplett wirr finde und im Widerspruch zu erzliberalen Forderungen im Konkreten.
Das ist zwar nicht wichtig, weil man ad hoc trotzdem zusammenarbeiten kann. Aber ich stelle es dennoch mal gerne fest.
Da unter so großen Begriffen wie den beiden Oben jedoch viel Unterschiedliches verstanden wird, mag die ideologische Kluft u.U. nicht so gross sein wie sie mir vorkam beim Lesen von:
http://lapetitemurene.over-blog.com/pag ... 94769.html
Der Reiz dies irgendwann mal auszudiskutieren, wäre da, vielleicht gibt es ja eine Replik von mir bei Gelegenheit auf meinen Blog ;)
Men are pussy-whipped. And they know it. That´s what the strip clubs are about; not woman as victim, not woman as slave, but woman as goddess. (Camille Paglia)
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RE: Länderberichte FRANKREICH:
Elisabeth BADINTER hat sich in einem Interview gegen das Gesetzesvorlagen und das Prostitutionsverbot ausgesprochen, siehe Presseberichte von gestern.
Das ist wichtig und sehr hilfreich. Elisabeth BADINTER ist eine hochangesehene Intellektuelle in Frankreich, ihr Mann ist der (ebenfalls hochangesehene) frühere Justizminister.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/d ... 80633.html
Das ist wichtig und sehr hilfreich. Elisabeth BADINTER ist eine hochangesehene Intellektuelle in Frankreich, ihr Mann ist der (ebenfalls hochangesehene) frühere Justizminister.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/d ... 80633.html
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- PlatinStern
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CK : Wenn du meinst, die Forderungen des STRASS seien liberal, hast du uns nicht verstanden. Unsere Foderungen sind libertär, und unsere Ideologie so gesehen durchaus kohärent strukturiert. Was übrigens mittlerweile auch von der französischen Linken (damit ist _nicht_ die PS gemeint, die längst nicht mehr links ist) anerkannt wird (lang hat sie gebraucht, stimmt...)
Der STRASS lehnt auch nicht jegliche Zusammenarbeit mit Kunden ab (wobei die "343" wie gesagt gar keine sind), sondern wir fordern lediglich, daß Kunden nur für Kunden sprechen sollten, nicht für uns, und schon gar nicht uns bevormunden wie die "343". Wir sind eine Hurenorganisation, keine Kundenorganisation, wir maßen uns auch nicht an, an Stelle unserer Kunden zu sprechen. Für uns haben Huren deshalb Vorrang, weil sämtliche Repression von Sexarbeit ausnahmslos auf ihre Kosten stattfindet, nicht auf die der Kunden. Es geht auch bei Kundenbestrafung in Wirklichkeit nicht um die Kunden, sondern um uns, denn wir verlieren so unsere Existenz, niemand anders. Siehe entsprechende Dokumente aus Schweden (unter anderem von Rose Alliance, wenn ich mich recht erinnere).
Der STRASS lehnt auch nicht jegliche Zusammenarbeit mit Kunden ab (wobei die "343" wie gesagt gar keine sind), sondern wir fordern lediglich, daß Kunden nur für Kunden sprechen sollten, nicht für uns, und schon gar nicht uns bevormunden wie die "343". Wir sind eine Hurenorganisation, keine Kundenorganisation, wir maßen uns auch nicht an, an Stelle unserer Kunden zu sprechen. Für uns haben Huren deshalb Vorrang, weil sämtliche Repression von Sexarbeit ausnahmslos auf ihre Kosten stattfindet, nicht auf die der Kunden. Es geht auch bei Kundenbestrafung in Wirklichkeit nicht um die Kunden, sondern um uns, denn wir verlieren so unsere Existenz, niemand anders. Siehe entsprechende Dokumente aus Schweden (unter anderem von Rose Alliance, wenn ich mich recht erinnere).
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friederike : Elisabeth Badinter spricht sich schon seit langem gegen Repression von Sexarbeit aus, und zwar von einem solide begründeten feministischen Standpunkt aus. Sie steht damit aber in Frankreich leider ziemlich alleine zwischen den wenigen ernstzunehmenden Feministinnen.
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RE: Länderberichte FRANKREICH:
Die heutige Ausgabe der Tageszeitung Le Monde befasst sich mit dem Gesetzesentwurf zur Repression der Prostitution. Die prestigeträchtige Zeitung Le Monde gilt als das intellektuellste Blatt mit dem Anspruch auf moralische Autorität.
Der Kommentar aus Seite 1 erkennt ausdrücklich die Existenz der freiwilligen Prostitution an und reklamiert die Freiheitsrechte der Individuen. Die Hauptüberschrift auf der Seite 1 leitet den Bericht über die Machenschaften der feministischen Abgeordneten der Sozialistenfraktion ein, die durch ihre taktischen Spielchen die parlamentarische Debatte in der Öffentlichkeit unterdrücken wollten.
Besonders interessant ein ganzseitiger Bericht auf Seite 14: dort kommen männliche Prostituierte zu Wort, die eine weibliche Klientel bedienen. Die Kollegen sehen einen wachsenden Markt, der durch die Ablösung alter Rollenmuster und durch die sich entwickelnde Gleichberechtigung der Frau auch im Sexuellen entsteht.
Das zeigt wieder einmal in klassischer Weise die Misere der FeministInnen: es dreht sich immer im Kreise. Jedenfalls steht im Kontrast zu Le Monde das Geschwätz von der Moraldiktatur einfach elend da, das noch jüngst der Schwarzer-Anhänger Volker Zastrow in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung im Namen der "Würde des weiblichen Geschlechts" vorgebracht hat.
Der Kommentar aus Seite 1 erkennt ausdrücklich die Existenz der freiwilligen Prostitution an und reklamiert die Freiheitsrechte der Individuen. Die Hauptüberschrift auf der Seite 1 leitet den Bericht über die Machenschaften der feministischen Abgeordneten der Sozialistenfraktion ein, die durch ihre taktischen Spielchen die parlamentarische Debatte in der Öffentlichkeit unterdrücken wollten.
Besonders interessant ein ganzseitiger Bericht auf Seite 14: dort kommen männliche Prostituierte zu Wort, die eine weibliche Klientel bedienen. Die Kollegen sehen einen wachsenden Markt, der durch die Ablösung alter Rollenmuster und durch die sich entwickelnde Gleichberechtigung der Frau auch im Sexuellen entsteht.
Das zeigt wieder einmal in klassischer Weise die Misere der FeministInnen: es dreht sich immer im Kreise. Jedenfalls steht im Kontrast zu Le Monde das Geschwätz von der Moraldiktatur einfach elend da, das noch jüngst der Schwarzer-Anhänger Volker Zastrow in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung im Namen der "Würde des weiblichen Geschlechts" vorgebracht hat.
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Re: RE: Länderberichte FRANKREICH:
Die Ausführungen von Elisabeth Badinter (in der Tat wohl aus einem sex-positiven Feminismus heraus) sind sehr gut und mir seit Jahren bekannt. Ihr Mann ist natürlich vor allem für die Abschaffung der Todesstrafe in Frankreich bekannt. Das war ein echter Meilenstein damals.
@Doris67: Ich denke, ich habe euch sehr gut verstanden. Es geht halt um (individuelle) Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.
„Liberal“ und „libertär“ sind Begriffe, die oft unterschiedlich verwendet werden. Manche nennen sich „libertär“, weil sie Anarchisten sind, das Wort „anarchistisch“ aber zu negativ
besetzt ist (in dem Sinne bin ich sicher nicht libertär, ich lehne den Anarchismus aus diversen Gründen entschieden ab, möglich dass Strass das anders sieht), andere nennen sich hingegen „libertär“ um hervorzustreichen, dass sie „radikalliberal“, „erzliberal“ sind, also liberalER als die „Mainstream-Liberalen“, vor allem die (organisierten) Partei-Liberalen. Das sind dann Liberale, die bspw. den Drogenkrieg beenden wollen, was eine FDP mehrheitlich sicher nicht will. Für solche Menschen bin ich dann auch ein „Libertärer“. Bin zwar in einer gewöhnlichen liberalen Partei hier in Luxemburg (der DP), aber meine persönlichen Ideen in so manchen Bereichen, nicht nur bei der Drogenpolitik, gehen doch oft viel weiter. Nenne mich selber aber lieber „klassisch-liberal“ als „libertär“, ist eindeutiger.
In Frankreich wäre vor allem Frédéric Bastiat als einer meiner Helden zu nennen. Als Wirtschaftsform verteidige ich selbstverständlich dann auch die „freie Marktwirtschaft“, auf der m.E. problemlos Kapitalgesellschaften neben Genossenschaften und anderen „freiheitlich-sozialistischen“ Unternehmensformen existieren können, wobei letztere vermutlich eher für kleine und mittelständische Betriebe interessant sind.
„wir fordern lediglich, daß Kunden nur für Kunden sprechen sollten, nicht für uns“
-> Hmmm. Also selbstverständlich sollt ihr an erster Stelle für euch selber sprechen. Wenn mit „für euch sprechen“ gemeint ist, für euch wissen zu wollen, was nun „entwürdigend“ ist und „was nicht“ udgl. Unfug, bin ich ganz bei euch, dass kein Aussenstehender sich das zu wissen anmaßen sollte.
Wenn es aber um (politische) Rechte geht, so nehme ich mir schon heraus, auch für die Rechte anderer Menschen zu sprechen. Bzw. es geht ja um Grundrechte jedes Einzelnen, also letztlich auch um meine. Da geht es dann auch um Prinzipien, um philosophische Ideen usw. Und da will ich unbedingt mitsprechen. Unabhängig davon ob ich selber konkret vorhabe, Sexarbeit anzubieten, oder nicht. Und ich denke, man sollte auch immer froh sein über eine solche ehrlich gemeinte „Solidarität“.
Siehe auch:
http://lforliberty.wordpress.com/2013/1 ... r-liberal/
@Doris67: Ich denke, ich habe euch sehr gut verstanden. Es geht halt um (individuelle) Freiheit, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.
„Liberal“ und „libertär“ sind Begriffe, die oft unterschiedlich verwendet werden. Manche nennen sich „libertär“, weil sie Anarchisten sind, das Wort „anarchistisch“ aber zu negativ
besetzt ist (in dem Sinne bin ich sicher nicht libertär, ich lehne den Anarchismus aus diversen Gründen entschieden ab, möglich dass Strass das anders sieht), andere nennen sich hingegen „libertär“ um hervorzustreichen, dass sie „radikalliberal“, „erzliberal“ sind, also liberalER als die „Mainstream-Liberalen“, vor allem die (organisierten) Partei-Liberalen. Das sind dann Liberale, die bspw. den Drogenkrieg beenden wollen, was eine FDP mehrheitlich sicher nicht will. Für solche Menschen bin ich dann auch ein „Libertärer“. Bin zwar in einer gewöhnlichen liberalen Partei hier in Luxemburg (der DP), aber meine persönlichen Ideen in so manchen Bereichen, nicht nur bei der Drogenpolitik, gehen doch oft viel weiter. Nenne mich selber aber lieber „klassisch-liberal“ als „libertär“, ist eindeutiger.
In Frankreich wäre vor allem Frédéric Bastiat als einer meiner Helden zu nennen. Als Wirtschaftsform verteidige ich selbstverständlich dann auch die „freie Marktwirtschaft“, auf der m.E. problemlos Kapitalgesellschaften neben Genossenschaften und anderen „freiheitlich-sozialistischen“ Unternehmensformen existieren können, wobei letztere vermutlich eher für kleine und mittelständische Betriebe interessant sind.
„wir fordern lediglich, daß Kunden nur für Kunden sprechen sollten, nicht für uns“
-> Hmmm. Also selbstverständlich sollt ihr an erster Stelle für euch selber sprechen. Wenn mit „für euch sprechen“ gemeint ist, für euch wissen zu wollen, was nun „entwürdigend“ ist und „was nicht“ udgl. Unfug, bin ich ganz bei euch, dass kein Aussenstehender sich das zu wissen anmaßen sollte.
Wenn es aber um (politische) Rechte geht, so nehme ich mir schon heraus, auch für die Rechte anderer Menschen zu sprechen. Bzw. es geht ja um Grundrechte jedes Einzelnen, also letztlich auch um meine. Da geht es dann auch um Prinzipien, um philosophische Ideen usw. Und da will ich unbedingt mitsprechen. Unabhängig davon ob ich selber konkret vorhabe, Sexarbeit anzubieten, oder nicht. Und ich denke, man sollte auch immer froh sein über eine solche ehrlich gemeinte „Solidarität“.
Siehe auch:
http://lforliberty.wordpress.com/2013/1 ... r-liberal/
Men are pussy-whipped. And they know it. That´s what the strip clubs are about; not woman as victim, not woman as slave, but woman as goddess. (Camille Paglia)
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RE: Länderberichte FRANKREICH:
Heute auch in der Print-Ausgabe der Badisches Zeitung:
http://www.badische-zeitung.de/nachrich ... 37532.html
Ich finde es besonders erschreckend, dass die Medienkampagne in Deutschland als Negativbeispiel herangezogen wird.
Gruß Jupiter
Hier der Text:
Französische Regierung will künftig Freier bestrafen
Jahrelang haben die Franzosen darüber debattiert, nun geht es zur Sache: Die Abschaffung der Prostitution soll in der Nationalversammlung verabschiedet werden. Regierung und Opposition ziehen dabei an einem Strang.
Um dem angeblich ältesten Gewerbe der Welt den Garaus zu machen, bietet der Staat Prostituierten Ausstiegs- und Umschulungshilfen an sowie Wohnraum. Ausländerinnen sollen eine sechsmonatige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Vor allem aber droht der Staat Freiern mit der Keule: Sie müssen künftig 1500 Euro Geldstrafe zahlen. Im Wiederholungsfall ist das Doppelte fällig. Auch haben Kunden einer Prostituierten ein Praktikum zu absolvieren, das ihnen das Elend des Gewerbes vor Augen führt.
In Filmen wie "Irma la douce" mögen romantisch verklärte Bilder französischer Freudenmädchen um die Welt gegangen sein, die Wirklichkeit der Prostitution sieht nach Überzeugung der Befürworter der Gesetzesnovelle anders aus. "Mit dem Erwerb sexueller Dienstleistungen tut man Frauen, die in Frankreich 85 Prozent der Prostituierten stellen, Gewalt an", versichert die Sozialistin Maud Olivier, die für den Gesetzentwurf mit verantwortlich zeichnet.
Ehemalige Prostituierte wie die heute 58-jährige Rosen Hilcher haben zu Protokoll gegeben, wie trist es im Alltag französischer Prostituierter aussieht, die Menschenhändlern und Zuhälterbanden ausgeliefert sind. "Wir sterben auf kleiner Flamme", lautete Hilchers Fazit. Als Vorbild dient Frankreichs Abgeordneten Schweden, wo Freier bereits seit 1999 bestraft werden.
Als abschreckendes Beispiel wurde in der Nationalversammlung Deutschlands Prostitutionsgesetz herumgereicht. Seit 2002 gilt Sexarbeit hierzulande als regulärer Beruf, haben Prostituierte ein Recht auf Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Die Liberalisierung hat in der Praxis freilich dazu geführt, dass die Zahl der Prostituierten in Deutschland auf 400 000 gestiegen ist. Frauenrechtlerinnen wie Alice Schwarzer beklagen, dass "weniger die Prostituierten als vielmehr Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbesitzer von der freizügigen Regelung profitieren".
Trügerisch wie die Filmbilder französischer Freudenmädchen sind freilich auch die Bilder der Eintracht aus der französischen Nationalversammlung. Hinter den Kulissen gärt es. Zumal bei den Sozialisten herrscht Unruhe. Nicht wenige von ihnen bezweifeln, dass das Gutgemeinte tatsächlich gut ist. Im Schutz der Anonymität beklagen sie, dass die Strafrechtsdrohung dazu führe, dass Prostituierte ihre Kunden künftig an noch abgelegenerem Ort zu treffen hätten, der Gewalt und Willkür von Menschenhändlern und Zuhältern noch mehr ausgeliefert seien.
Derartige Zweifel zu artikulieren, gilt politisch freilich als nicht korrekt. Kritiker setzen sich dem Verdacht aus, die Prostitution fördern zu wollen. Frankreichs Abgeordnete, die oftmals auch das Amt eines Bürgermeisters bekleiden, wollen dieses Risiko vor den im März 2014 stattfindenden Kommunalwahlen auf keinen Fall eingehen. Anstatt ihre Bedenken vorzutragen, bleiben Kritiker der Abstimmung deshalb einfach fern. Hinter vorgehaltener Hand räumen Sozialisten ein, dass am Freitag rund ein Drittel der Genossen fehlen dürfte.
Künstler und Intellektuelle tun sich da schon leichter: Die Schauspielerin Catherine Deneuve und der Sänger Charles Aznavour haben offen eingeräumt, dass sie von Strafen für Freier oder Huren nichts halten. Angeführt vom Schriftsteller Frédéric Beigbeder und dem Figaro-Journalisten Eric Zemmour haben Prominente das "Manifest der 343 Dreckskerle" unterzeichnet, das mit dem Bekenntnis einhergeht, Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen zu haben oder hierzu zumindest bereit zu sein.
Prostituiertenverbände üben nicht minder heftige Kritik, weisen das zum Wohl ihrer Mitglieder ersonnene Gesetzeswerk geschlossen zurück. Morgane Merteuil, Vorsitzende des Verbands für Sexuelle Arbeit, wirft den Politikern vor, einen "Krieg gegen die Huren" angezettelt zu haben. Die Mehrheit der Abgeordneten dürfte das freilich nicht hindern, am Freitag Fakten zu schaffen.
http://www.badische-zeitung.de/nachrich ... 37532.html
Ich finde es besonders erschreckend, dass die Medienkampagne in Deutschland als Negativbeispiel herangezogen wird.
Gruß Jupiter
Hier der Text:
Französische Regierung will künftig Freier bestrafen
Jahrelang haben die Franzosen darüber debattiert, nun geht es zur Sache: Die Abschaffung der Prostitution soll in der Nationalversammlung verabschiedet werden. Regierung und Opposition ziehen dabei an einem Strang.
Um dem angeblich ältesten Gewerbe der Welt den Garaus zu machen, bietet der Staat Prostituierten Ausstiegs- und Umschulungshilfen an sowie Wohnraum. Ausländerinnen sollen eine sechsmonatige Aufenthaltserlaubnis erhalten. Vor allem aber droht der Staat Freiern mit der Keule: Sie müssen künftig 1500 Euro Geldstrafe zahlen. Im Wiederholungsfall ist das Doppelte fällig. Auch haben Kunden einer Prostituierten ein Praktikum zu absolvieren, das ihnen das Elend des Gewerbes vor Augen führt.
In Filmen wie "Irma la douce" mögen romantisch verklärte Bilder französischer Freudenmädchen um die Welt gegangen sein, die Wirklichkeit der Prostitution sieht nach Überzeugung der Befürworter der Gesetzesnovelle anders aus. "Mit dem Erwerb sexueller Dienstleistungen tut man Frauen, die in Frankreich 85 Prozent der Prostituierten stellen, Gewalt an", versichert die Sozialistin Maud Olivier, die für den Gesetzentwurf mit verantwortlich zeichnet.
Ehemalige Prostituierte wie die heute 58-jährige Rosen Hilcher haben zu Protokoll gegeben, wie trist es im Alltag französischer Prostituierter aussieht, die Menschenhändlern und Zuhälterbanden ausgeliefert sind. "Wir sterben auf kleiner Flamme", lautete Hilchers Fazit. Als Vorbild dient Frankreichs Abgeordneten Schweden, wo Freier bereits seit 1999 bestraft werden.
Als abschreckendes Beispiel wurde in der Nationalversammlung Deutschlands Prostitutionsgesetz herumgereicht. Seit 2002 gilt Sexarbeit hierzulande als regulärer Beruf, haben Prostituierte ein Recht auf Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Die Liberalisierung hat in der Praxis freilich dazu geführt, dass die Zahl der Prostituierten in Deutschland auf 400 000 gestiegen ist. Frauenrechtlerinnen wie Alice Schwarzer beklagen, dass "weniger die Prostituierten als vielmehr Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbesitzer von der freizügigen Regelung profitieren".
Trügerisch wie die Filmbilder französischer Freudenmädchen sind freilich auch die Bilder der Eintracht aus der französischen Nationalversammlung. Hinter den Kulissen gärt es. Zumal bei den Sozialisten herrscht Unruhe. Nicht wenige von ihnen bezweifeln, dass das Gutgemeinte tatsächlich gut ist. Im Schutz der Anonymität beklagen sie, dass die Strafrechtsdrohung dazu führe, dass Prostituierte ihre Kunden künftig an noch abgelegenerem Ort zu treffen hätten, der Gewalt und Willkür von Menschenhändlern und Zuhältern noch mehr ausgeliefert seien.
Derartige Zweifel zu artikulieren, gilt politisch freilich als nicht korrekt. Kritiker setzen sich dem Verdacht aus, die Prostitution fördern zu wollen. Frankreichs Abgeordnete, die oftmals auch das Amt eines Bürgermeisters bekleiden, wollen dieses Risiko vor den im März 2014 stattfindenden Kommunalwahlen auf keinen Fall eingehen. Anstatt ihre Bedenken vorzutragen, bleiben Kritiker der Abstimmung deshalb einfach fern. Hinter vorgehaltener Hand räumen Sozialisten ein, dass am Freitag rund ein Drittel der Genossen fehlen dürfte.
Künstler und Intellektuelle tun sich da schon leichter: Die Schauspielerin Catherine Deneuve und der Sänger Charles Aznavour haben offen eingeräumt, dass sie von Strafen für Freier oder Huren nichts halten. Angeführt vom Schriftsteller Frédéric Beigbeder und dem Figaro-Journalisten Eric Zemmour haben Prominente das "Manifest der 343 Dreckskerle" unterzeichnet, das mit dem Bekenntnis einhergeht, Dienste von Prostituierten in Anspruch genommen zu haben oder hierzu zumindest bereit zu sein.
Prostituiertenverbände üben nicht minder heftige Kritik, weisen das zum Wohl ihrer Mitglieder ersonnene Gesetzeswerk geschlossen zurück. Morgane Merteuil, Vorsitzende des Verbands für Sexuelle Arbeit, wirft den Politikern vor, einen "Krieg gegen die Huren" angezettelt zu haben. Die Mehrheit der Abgeordneten dürfte das freilich nicht hindern, am Freitag Fakten zu schaffen.
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.
(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)
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"Ehemalige Prostituierte wie die heute 58-jährige Rosen Hilcher haben zu Protokoll gegeben, wie trist es im Alltag französischer Prostituierter aussieht, die Menschenhändlern und Zuhälterbanden ausgeliefert sind."
Aber daran trägt die bisherige französische Gesetzgebung, die durch ihre repressive Politik gegen Prostituierte den Frauen fast gar keine andere Wahl gelassen hat, als ihr Geschäft von solchen Personen organisieren zu lassen, die Hauptverantwortung!
Aber daran trägt die bisherige französische Gesetzgebung, die durch ihre repressive Politik gegen Prostituierte den Frauen fast gar keine andere Wahl gelassen hat, als ihr Geschäft von solchen Personen organisieren zu lassen, die Hauptverantwortung!
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@Doris67: Abgesehen von dem Aufruf weiß ich nichts über diese "343 Dreckskerle", aber das obige Interview mit Gil Mihaely klingt für mich an vielen Stellen sehr vernünftig und gerade nicht rein auf die Kunden bezogen, insbesonders die Stellen, an denen er individuelle Entscheidungsfreiheit und Wahlmöglichkeiten anspricht. Auch seine Kritik am Gendermainstreaming teile ich.
Was ist denn schlimm daran, wenn ein Kunde sich gegen das Verbot einsetzt, solange das nicht nur aus Eigeninteresse geschieht? Es geht doch gar nicht nur um die Frage des Sexkaufverbots, sondern um eine allgemeine Weltanschauungsfrage. Nämlich um die Frage, ob man Menschen zwangsweise vor sich selbst schützen soll, die das nicht wollen. Und da sage ich ganz klar: "Nein. Ich möchte von absolut niemandem zwangsweise vor mir selbst geschützt werden". Das hat nichts damit zu tun, dass ich Kunde bin.
Was ist denn schlimm daran, wenn ein Kunde sich gegen das Verbot einsetzt, solange das nicht nur aus Eigeninteresse geschieht? Es geht doch gar nicht nur um die Frage des Sexkaufverbots, sondern um eine allgemeine Weltanschauungsfrage. Nämlich um die Frage, ob man Menschen zwangsweise vor sich selbst schützen soll, die das nicht wollen. Und da sage ich ganz klar: "Nein. Ich möchte von absolut niemandem zwangsweise vor mir selbst geschützt werden". Das hat nichts damit zu tun, dass ich Kunde bin.
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Fragender: Das Problem ist eben genau, daß diese "Kunden" nur aus Eigeninteresse gegen diese Gesetzesvorlage agitieren, siehe weiter oben im thread. Kunden die Sexarbeiterinnen derart verächtlich betrachten und behandeln wie diese will keine Hure haben, und das ist auch gut so.
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