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Menschenhändler gefasst

#121

Beitrag von ehemaliger_User »

Grafenberg. Die Polizei hat eine Bande von Menschenhändlern, die in Hamburg und Grafenberg agierte, zerschlagen. Sie soll eine 19-Jährige aus Rumänien zur Prostitution gezwungen haben. Der jungen Frau gelang die Flucht.

Wie die Polizei am gestrigen Mittwoch in der Hansestadt mitteilte, konnten die sechs rumänische Menschenhändler bereits am Dienstag in Hamburg und Grafenberg dingfest gemacht werden. Der 20 Jahre alte Hauptverdächtige, der in Grafenberg wohnte, sitzt in Untersuchungshaft. Die anderen Bandenmitglieder wurden nach Angaben der Polizei Hamburg erkennungsdienstlich behandelt und frei gelassen.

Die 19-jährige Frau aus Rumänien war, so berichtete sie der Polizei, im September vergangenen Jahres mit Jobversprechen nach Deutschland gelockt worden. Sie sollte hier im Südwesten, so hatte man es ihr in Aussicht gestellt, als Altenpflegerin arbeiten. Stattdessen geriet sie in die Fänge von Menschenhändlern und wurde zunächst in Grafenberg zur Prostitution gezwungen.

Als sie sich mehrfach weigerte, wurde sie von den Männern nach Hamburg gebracht und dort ebenfalls mit Gewalt zur Prostitution in zwei einschlägigen Clubs gezwungen. Mit beteiligt an der Gewalttat waren neben den Männern auch zwei rumänische Frauen.

Der 20-Jährige aus Grafenberg habe die 19-Jährige geschlagen und mit einem brennenden Feuerzeug und einer heißen Eisenstange verletzt, berichtete gestern ein Polizeisprecher. Am 29. Dezember gelang der jungen Frau dann die Flucht aus einem Hamburger Bordell. Sie wandte sich sofort an die Polizei. Sie wird nun von der Opferschutzabteilung des Landeskriminalamtes betreut.

Durch eine enge Zusammenarbeit zwischen Landeskriminalamt, Staatsanwaltschaft Hamburg und der Kriminalpolizei Reutlingen gelang es, die Bande ausfindig zu machen.

Beamte durchsuchten am Dienstag in Hamburg ein Bordell, zwei Wohnungen und mehrere Hotelzimmer sowie in Grafenberg die Wohnung des Hauptverdächtigen. Das Mobile Einsatzkommando Tübingen lockte den Mann unter einem Vorwand aus dem Haus und verhaftete ihn. In dem Hamburger Bordell beschlagnahmte die Polizei zwei so genannte Würgehölzer. Die Polizei legt den insgesamt sechs Verdächtigen schweren Menschenhandel, Zuhälterei und gefährliche Körperverletzung zur Last. Die Ermittler wollen außerdem klären, wie viele weitere Frauen zur Prostitution gezwungen wurden.

http://www.swp.de/metzingen/lokales/alb ... 678,342445
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Kommentar zum Prozessauftakt "Pussyclub"

#122

Beitrag von ehemaliger_User »

Lukas Jenkner, veröffentlicht am 17.02.2010 in der "Stuttgarter Zeitung"

Stuttgart - Nüchtern betrachtet dreht sich das Verfahren gegen die Betreiber der Pussy-Clubs um den Vorwurf der Schwarzarbeit. Arbeitskräfte sollen, wie auf dem Bau, vordergründig selbstständig, tatsächlich aber abhängig beschäftigt gewesen sein. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Wären für die Prostituierten der Pussy-Clubs die Sozialabgaben gesetzeskonform an den Staat abgeführt worden, dann hätte alles seine Ordnung gehabt. Dass sich bei dem Geschäftsmodell des sogenannten Flatrate-Sex Frauen zu Pauschalhonoraren tage- und nächtelang für beliebig häufigen Geschlechtsverkehr bereithalten, ist jedoch nicht strafwürdig.

Nicht nur dies bleibt empörend. Schlimm ist vor allem, dass in manchen europäischen Ländern, und dies vor allem im Osten des Kontinents, Lebensumstände herrschen, die es Frauen akzeptabel erscheinen lassen, in deutschen Großbordellen zum Beispiel in den Betten zu schlafen, in denen sie auch stundenlang ihre Freier bedienen. Dazu müssen sie offenbar nicht einmal mehr mit Gewalt gezwungen werden. Denn - auch dies gilt es festzuhalten - zumindest in den Pussy-Clubs haben die staatsanwaltlichen Ermittlungen in dieser Hinsicht nichts ergeben, was sich in einer Anklage hätte niederschlagen können.

Befremdlich bleibt bei alledem, dass es offenbar genügend Männer gibt, die in der Lage sind, all dies auszublenden und sich von Frauen sexuell bedienen zu lassen, die tatsächlich nichts anderes mehr haben als ihren eigenen Körper, den sie verkaufen können. Flatrate-Sex funktioniert nur mit den billigsten Arbeitskräften - mit Respekt und Würde hat das nichts mehr zu tun.

Prozess um die "Flatrate"-Bordelle - "Stuttgarter Zeitung" 18.02.2010

Betreiber schweigen vor Gericht
Von Lukas Jenkner

Stuttgart - "Sex mit allen Frauen, so lange Du willst, so oft Du willst, wie Du willst"-dieser Slogan erregte im vergangenen Jahr bei so vielen Männern Interesse, dass sie bei der Eröffnung des Pussy-Clubs in Fellbach Schlange standen. Der Rest der Republik empörte sich über das Geschäftsmodell-je nach Tageszeit 70 oder 100 Euro pauschal für unbegrenzten Sex. Am 26. Juli 2009 war Schluss: die Polizei durchsuchte die Clubs in Fellbach, Heidelberg, Wuppertal und bei Berlin, mehrere Betreiber wurden festgenommen.

Seit Mittwoch müssen sich drei Frauen und drei Männer im Alter von 22 bis 30 Jahren vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor allem Sozialversicherungsbetrug vor. Sie geht davon aus, dass die Prostituierten, die ihre Dienste anboten, bei den Clubs angestellt waren und die Betreiber deshalb Sozialversicherungsbeiträge hätten abführen müssen - insgesamt rund 2,3 Millionen Euro. Die Betreiber hatten die Frauen als Selbstständige geführt.

"Menschenhandel und Ausbeutung"

Der zweite Anklagevorwurf lautetet auf "Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft". Es geht darum, dass die Prostituierten ohne Arbeitsgenehmigung und unter unwürdigen Bedingungen tätig gewesen sein sollen. Die meisten Frauen stammten aus Rumänien, viele von ihnen waren erst 18 oder 19 Jahre alt, als sie in den Clubs aufgegriffen wurden.

Die bei Verfahren aus dem Rotlichtmilieu üblichen Vorwürfe wie Zwangsprostitution und Zuhälterei werden in dem am Mittwoch begonnenen Prozess keine Rolle spielen. Tatsächlich hätten die Vernehmungen ergeben, dass die Frauen freiwillig in den Bordellen gearbeitet hätten, sagten am Mittwoch der Oberstaatsanwalt Andreas Thul und seine Kollegin Stefanie Bittner-Wendland.

Claudia Robbe vom Stuttgarter Fraueninformationszentrum, die bei der Razzia Ende Juli 2009 als Betreuerin in Fellbach vor Ort war, indes glaubt, dass viele der Prostituierten nicht freiwillig dort tätig gewesen sind, auch wenn sie etwas anderes behaupteten. Eine der Prostituierten, die vom Fraueninformationszentrum kurzzeitig betreut worden sei, habe in dieser Zeit Anrufe auf ihr Handy bekommen und sei offensichtlich unter Druck gesetzt worden.

Indes: "Viele der Frauen haben uns gesagt: Lasst uns in Ruhe, wir arbeiten hier für Geld. Aber welche Frau macht das schon freiwillig?" Für Robbe sind die Flatrate-Bordelle eine besonders krasse Form der Armutsprostitution. Viele Frauen gehörten einer ethnischen Minderheit an, die in Rumänien besonders verachtet werde und in teilweise haarsträubender Armut lebe. "Dort gehen die Frauen für fünf oder zehn Euro auf den Straßenstrich."

Wer sind die Drahtzieher?

Eine gänzlich andere Sicht der Dinge hat der Frankfurter Verein Doña Carmen, der sich für die sozialen und politischen Rechte von Prostituierten starkmachen will. Die Schließung "angeblich menschenunwürdiger Flatrate-Bordelle" solle mit dem Prozess nachträglich rechtsstaatlich legitimiert werden, teilt der Verein mit. Die dort tätigen Frauen würden stigmatisiert und kriminalisiert. Auch die wirtschaftliche Existenz der Betreiber werde vernichtet.

Unterdessen glaubt die Staatsanwaltschaft, dass die Frauen und Männer, die jetzt vor Gericht stehen, lediglich Strohleute gewesen sind, auch wenn sie es nicht beweisen kann. "Aber die Vermutung liegt sehr nahe", sagte der Oberstaatsanwalt Thul am Mittwoch. Dass sich, wie die Hauptangeklagte, eine 26 Jahre alte Frau mit vier florierenden Bordellen ohne die Rückendeckung von Hintermännern aus dem Milieu selbstständig machen könne, sei schlechterdings lebensfremd. Dies glaubt auch Claudia Robbe vom Fraueninformationszentrum.

Wie es in dem Prozess weitergeht, ist offen. Die Angeklagten schweigen bis jetzt. Die Verteidiger, Staatsanwälte und das Gericht haben bereits darüber gesprochen, ob das Verfahren mit einer Verständigung abgekürzt werden kann. Andernfalls dürfte es mühsam werden: Nahezu alle Prostituierten, die als Zeuginnen geladen werden könnten, sind abgetaucht und für die Justiz zurzeit nicht greifbar. Der Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt.
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Marc of Frankfurt
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#123

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Mal abwarten, ob das Augsburger Collosseum-Urteil hier Ausstrahlwirkung zeigt:
viewtopic.php?p=75731#75731

PE zum Prozessbeginn von Dona Carmen:
http://sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=75613#75613

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#124

Beitrag von ehemaliger_User »

Plieningen ist der südlichste Stadtbezirk von Stuttgart mit ca. 13.000 Einwohnern, rund zehn Kilometer vom Stadtzentrum entfernt auf der Filderebene gelegen. Die Eingemeindung erfolgte 1942. Das Schloss Hohenheim, ein Teil des Stuttgarter Flughafens und das Parkhaus der Messe Stuttgart liegen auf Plieninger Gemarkung. Plieningen ist ein ehemaliges Bauerndorfund ist auch heute noch vollständig von Äckern und Wiesen umgeben.

Stuttgarter Zeitung 15.02.2010

Sammy vielseitig oder Jola samthäutig
Artikel aus der Blick vom Fernsehturm vom 15.02.2010
Plieningen. Zwei Jahre nach seiner Gründung gerät ein Freudenhaus in die Amtsmühlen - wegen eines Zufalls. Von Marc Schieferecke

Die Anzeige an die Polizei erging in einer Art freiwilliger Selbstkontrolle. Ein Freier meldete, dass eine Prostituierte, für deren Dienste er sich interessierte, verdächtig jung aussah. Das Freudenhaus, an dem die Polizei daraufhin klingelte, steht mitten in Plieningen. Die altehrwürdige Martinskirche und der Friedhof sind gleich um die Ecke. Der Verdacht war unberechtigt, die Frau volljährig.

Kurz nach Beginn des Betriebs "hat uns auf Umwegen ein Fax einer christlich orientierten Familie erreicht", sagt Wolfgang Hohmann, der den Ermittlungsdienst Prostitution der Polizei leitet. Obwohl den Nachbarn nicht verborgen blieb, mit welchen Diensten hinter abgedunkelten Fenstern Umsatz gemacht wird, gab es sonst nie eine Beschwerde. Dennoch gerät der Betrieb nun in die Amtsmühlen - wegen einer Randbemerkung. In ihrer jüngsten Sitzung hatten die Bezirksbeiräte Plieningens sich über die Details des Baurechts in ihrer Ortsmitte informieren lassen. Anlass war der Ärger über eine Spielhalle, die nur wegen einer Rechtslücke eröffnen durfte. Der Grüne Walter Schnee wollte wissen, ob das Kleinbordell aus gleichem Grund erlaubt wurde. Diese Frage kam beim Baurechtsamt als Beschwerde an.

Die Baurechtler sind - verwirrend genug - für die Kontrolle von Bordellbetrieben zuständig. Wer in einem Haus Prostitution betreiben will, muss dieses Gewerbe bei ihnen genehmigen lassen. Oder auch nicht: "Wenn das so einfach wäre", sagt die Amtsleiterin Kirsten Rickes, "das ist eine rechtliche Grauzone". In der Tat.

Das schmale Freudenhaus ist zwischen zwei Wohnhäusern eingeklemmt. Einzige Auffälligkeit ist das rote Auge der Kamera, die darüber wacht, wer vor der Tür steht. Freiern öffnet derzeit "Sammy, echte Schwäbin, extrem vielseitig" - so wirbt die 38-Jährige mit Annoncen in der Bild-Zeitung für sich. Allerdings nur für kurze Zeit. Sammy wird weiterreisen. Um die Kundschaft interessiert zu halten, wechseln die Huren im ein-, zweiwöchigen Rhythmus.

Mal preist die Werbung die samtweiche Haut der 19-jährigen Jola, mal die Tabulosigkeit der Russin Marika. Im Internet ist Näheres zu erfahren, inklusive Details, die dem Gesetzgeber als jugendgefährdend gelten. Mit Blick auf die könnten nicht nur christlich orientierte Familien zu dem Schluss kommen, dass ein solcher Betrieb in einem Wohngebiet falsch platziert ist. Allerdings ist das Quartier nur scheinbar ein Wohngebiet, formal gesehen ein Mischgebiet. In dem ist Prostitution erlaubt. Zudem ist jene rechtliche Grauzone breit. "Das ist ein kleines Objekt", sagt Rickes, "womöglich wohnen die Damen sogar da". Falls ja, hat die Stadt keine rechtliche Handhabe gegen die sogenannte Wohnungsprostitution. Wie eine Mieterin Männerbesuch empfängt, geht den Staat nichts an.

Für die Polizei ist das Plieninger Freudenhaus ohnehin uninteressant. Um nach dem Gesetz ein Bordell zu sein, müssten dort drei Frauen anschaffen. "Es sind aber nur eine oder zwei", sagt Hohmann. Das ist mehr als 100 Mal kontrolliert worden. Ende 2007 hat der Betrieb eröffnet, seitdem prüft die Polizei wöchentlich, ob die Frauen volljährig sind, legal eingereist oder zur Prostitution gezwungen. Der Vermieter ist den Beamten ein alter Bekannter. Wer in seinem Haus Prostitution erlaubt, "den durchleuchten wir auf Zuhälterei", sagt Hohmann. Die wäre illegal.

Bisher ist in Plieningen kein Rechtsverstoß aktenkundig geworden. "Die Frauen wirken recht selbstständig, sie haben Pässe und könnten türmen, wenn sie wollten", sagt Hohmann. Dass jene Selbstständigkeit eher Selbsttäuschung ist, weiß niemand besser als er. Die Frauen behalten nur den kleinsten Teil ihres Verdienstes. Den größeren kassieren Hintermänner, die ihre Touren durch die einschlägigen Wohnungen in Deutschland organisieren. Sie könnten durchaus belangt werden, aber "der Gesetzgeber hat uns nach und nach alle Instrumente aus dem Werkzeugkasten genommen", sagt Hohmann. Nur, wenn eine Prostituierte aussagt, dass sie ausgebeutet wird, kann ermittelt werden. Stattdessen "sind die immer recht wortkarg", sagt Hohmann. Selbstverständlich nicht nur in Plieningen. Rund 3000 Mal jährlich kontrolliert die Stuttgarter Polizei ähnliche Wohnungen. "Außer auf dem Frauenkopf finden sie die in jedem Teil der Stadt", sagt Hohmann.

Ungeachtet jener Häufigkeit: Das Baurechtsamt lässt derzeit Juristen prüfen, ob in Plieningen vielleicht doch die Grenze zwischen Wohnungsprostitution und Bordell überschritten wird. Obwohl "sich die Frage stellt: ist das sinnvoll?", sagt Rickes, "man würde es ja nicht verhindern, nur verdrängen". Womöglich in die Nachbarschaft: In Plieningen gibt es weitere einschlägige Adressen. Hätte Schnee all das gewusst, hätte er sich seine Randbemerkung verkniffen. "Ich wollte keinen Riesenaufstand machen", sagt der Bündnisgrüne. Ein Verbot hatte er schon gar nicht im Sinn. "Wenn es keine Unregelmäßigkeiten gibt", sagt er, "lasset die Mädels machen".
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#125

Beitrag von ehemaliger_User »

Stuttgarter Zeitung 15.02.2010

Stört Sie die Prostitution in Plieningen?
Umfrage der Woche
Artikel aus "der Blick vom Fernsehturm" vom 15.02.2010

Nein, mich stören Bordelle in Plieningen nicht. Solange es dort sauber und diskret zugeht, stellen sie keine Belästigung für die Anwohner dar. Prostitution gibt es aus gutem Grund überall. Sie ist ein Ventil für viele, die sich sonst an Frauen oder gar Kindern vergehen würden. Deshalb ist es gut, dass es ein solches Gewerbe gibt.

Ich finde es nicht schlimm, dass es in Plieningen Prostitution gibt. Die gibt es sowieso überall. Solange die Damen sich in der Öffentlichkeit zurückhalten, ist es mir herzlich egal, wie sie ihr Geld verdienen. Einen Straßenstrich fände ich nicht gut in Plieningen. Was aber in anderen Wohnungen passiert, geht mich ohnehin nichts an.

Ich verstehe die Aufregung um die Prostitution nicht. Solange keine Frau dazu gezwungen wird, stört mich das überhaupt nicht. Es gibt Berufe, die ich moralisch bedenklicher finde: Waffenhändler zum Beispiel. Keine Prostituierte kann soviel Schaden anrichten, wie ein Manager in der Rüstungsindustrie. Die finde ich verwerflich.

Viele haben Vorurteile, weil Bordelle nicht in ihr Weltbild passen. Ich habe selbst Erotikmessen organisiert und weiß, dass die Toleranz dafür außerhalb der Großstadtzentren gering ist. Prostituierte können sicherlich mit noch viel weniger Verständnis rechnen. Ich würde den Damen deshalb zu großer Diskretion raten.

Ich bin dagegen, Bordelle in Wohngebieten zu eröffnen. Natürlich ist Prostitution legal. Aber die Betreiber sollten Rücksicht nehmen auf die Interessen der Anwohner. Niemand möchte ein solches Gewerbe gern in der Nachbarschaft haben. In den Industriegebieten gibt es doch genug Platz. Da stören Bordelle niemanden.

Bei dem Gedanken an Prostitution in Plieningen muss ich schmunzeln. Das passt so gar nicht zu der konservativen Einstellung der Menschen im Bezirk. Trotzdem scheint es ja einen Bedarf nach solchen Dienstleistungen zu geben. Sonst gäbe es ja nicht zwei davon. Für mich ist das ein Beispiel für Doppelmoral: Ohne Freier, gäbe es kein Bordell.

Prostitution wird in Plieningen in einem kleinen Freudenhaus betrieben. Nach dem Gesetz handelt es sich nicht um ein Bordell. Mindestens drei Frauen müssten dazu in einer Wohnung anschaffen. Bei ihren regelmäßigen Kontrollen traf die Polizei bisher aber immer nur auf eine oder zwei Prostituierte. Rechtsverstöße stellten die Beamten nie fest: Alle Frauen sind volljährig und werden allem Anschein nach nicht zu ihrem Gewerbe gezwungen. Weil die Frauen im ein- bis zweiwöchentlichen Rhythmus wechseln, kontrollieren die Ordnungshüter jede Woche. Beschwerden aus der Nachbarschaft gab es nie. Die Stadt erwägt trotzdem, das Freudenhaus zu schließen. Das halten fast alle Plieninger, die Cedric Rehman fragte, für unnötig. Eher mit Gelassenheit registrieren die Umfrageteilnehmer, dass das Geschäft mit der käuflichen Liebe auch in Plieningen gedeiht.
Zuletzt geändert von ehemaliger_User am 28.02.2010, 09:23, insgesamt 2-mal geändert.
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#126

Beitrag von ehemaliger_User »

Eine Glosse in der "Stuttgaretr Zeitung" vom 23.02.2010, leider nicht kostenfrei verlinkbar.

Diese Sitte Glosse
Bezahlsex Das leichte Gewerbe hat es in Stuttgart besonders schwer. Hat es das, hat es das nicht? Von Hans Jörg Wangner

Man sollte als Journalist eigentlich nie über Sachen schreiben, die man nicht kennt. Bordelle zum Beispiel, von denen man als Autor so viel weiß, wie ein Blinder von den Farben (ganz ehrlich und keineswegs aus falscher Bescheidenheit, weil die Ehefrau zufällig diesen Text in die Finger bekommen könnte).

Jedenfalls: das aktiv erworbene Fachwissen über das leichte Gewerbe ist gleich null - umso wichtiger sind Informanten, die einem ein bisschen auf die Sprünge helfen. Jener anonyme Leserbriefschreiber etwa, der zwar mit uns allen der Meinung ist, dass die Empörung über Flatratebordelle zu Recht groß sei, der aber auf der anderen Seite eine Lanze bricht für die "vielen seriös geführten Wohnungen, wo umsichtige und zuverlässige Personen als selbstständige Unternehmer Gewerbesteuer bezahlen".

Regelrecht sittenwidrig findet unser Experte, was die Stuttgarter Sitte diesen Kleinbetrieben antue. Nicht genug damit, dass die Ermittler ebenso häufig wie harsch auf der Matte stünden - sie nähmen den arbeitenden Fachkräften auch noch für drei Tage ihre Pässe ab: "Genau darauf reagieren diese Frauen sehr verstört", weshalb es an Personal fehle. So sei es zunehmend schwierig geworden, Frauen als Arbeitskräfte nach Stuttgart zu bekommen, klagt der Mann. Es könne aber doch nicht rechtens sein, "dass genau die Chefs, die mit ihrem Personal korrekt umgehen", in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht seien. "Bei jedem anderen Gewerbe würde dies zu einem Sturm der Entrüstung führen, und man würde Chancengleichheit verlangen!"

Genau: da würde Westerwelle persönlich einfliegen, dem freien Unternehmertum zu seinem Recht verhelfen und gleich noch ein paar Hartz-IV-Kandidatinnen zu sozialversicherungs- und steuerpflichtigen Beschäftigungsverhältnissen verhelfen.

Unser Experte schließt seinen Brief mit einem flammenden Appell: "Weg mit dem seltsamen Gebaren durch die Sitte! Stärkung der örtlichen Wirtschaftskraft!" Und wir schließen uns dem halt mal an - auch wenn wir immer noch keine Ahnung von der Materie haben. Man wird aber auch mal was fürs Gewerbe tun dürfen.
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Deal um Geständnisse der Sexwork gescheitert

#127

Beitrag von nina777 »

6.3.2010

Pussy-Club-Damen "stehen auf der Gewinnerseite"

STUTTGART. Der Prozess gegen die Betreiberin der Flatrate-Bordelle in Fellbach, Berlin, Wuppertal und Heidelberg und fünf weitere Angeklagte wird erheblich länger dauern als geplant. Nachdem mehrere Gespräche der Prozessbeteiligten zur schnellen Abwicklung des Verfahrens - Geständnisse gegen Strafrabatt - gescheitert waren, hat die 6. Strafkammer des Landgerichts weitere Termine bis zum 25. Juni vorgeschlagen. Ob das reicht, darf bezweifelt werden. Denn nun müssen die Richter Dutzende Prostituierte in den Zeugenstand holen.

Der 26-jährigen Rumänin Patricia F. und ihren Mitangeklagten wird Sozialversicherungsbetrug in Höhe von 2,3 Millionen Euro sowie Menschenhandel vorgeworfen. Zum einen haben der Anklage zufolge mehr als 60 Mädchen unter 21 Jahren in den Pussy-Clubs gearbeitet, was verboten sei. Zum anderen seien die "Unterhaltungsdamen", wie sie in den Arbeitsverträgen genannt werden, scheinselbstständig gewesen, sprich Schwarzarbeiterinnen.

Die 26-jährige Pussy-Club-Chefin sieht das naturgemäß völlig anders. Bereits im Juni 2009 hatte sie sich per Fax unter anderem bei der Polizei und beim Fellbacher OB Christoph Palm über negative Presseberichte beschwert. "Meine Damen stehen immer auf der Gewinnerseite", so Patricia F. in dem Schreiben. Denn sie würden für die Bereitstellung ihrer Dienstleistung im Pussy-Club bezahlt - und nicht für die Leistung an sich. "Menschenhandel, Täuschungen und andere Derivate der Zuhälterei verbitte ich mir", so die Bordellchefin weiter, die von den Ermittlern indes als Strohfrau angesehen wird. Es sei schlichtweg lebensfremd, dass sich eine 26-Jährige mit vier florierenden Bordellen ohne Rückendeckung von Hintermännern selbstständig machen könne, heißt es.

Auf den ersten Blick machen die Rahmenverträge des "Betreibers mit den Unterhaltungsdamen, im Folgenden UD genannt", einen durchaus passablen Eindruck. Die Unterhaltungsdame sei selbstständig, behördlich gemeldet und habe alle steuerlichen Auflagen zu erfüllen. Sie sei freiwillig und ohne Zwang im Pussy-Club tätig und entscheide ausschließlich selbst, ob und in welchem Umfang sie sexuelle Handlungen mit dem Kunden vornehme. Sie bekomme einen Pauschalbetrag pro Arbeitstag - in der Regel 100 Euro - und sei darauf hingewiesen worden, dass sie alle Einnahmen zu versteuern habe. Die UD müsse ihre Einnahmen angeben, wenn sie Hartz IV beziehe, ist in dem Vertrag zu lesen.

Der Pussy-Club in Fellbach war am 26. Juli vorigen Jahres von der Polizei durchsucht und geschlossen worden. Inzwischen läuft das Geschäft als "normales" Bordell weiter. Die anderen drei Flatrate-Puffs sind noch in Betrieb. Und die Werbung läuft so aggressiv wie zuvor: Für 70 oder 100 Euro könne man Sex haben, so oft und so viel man will - kein Limit. "Die pornöse Anzahl von Pussys wächst und wächst, die Mädchen geben Vollgas", wird geworben.

Der Prozess wird am 10. März mit Zeugenaussagen fortgesetzt.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/s ... 103cdd08c3
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.

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Deal für kurzes Verfahren gescheitert

#128

Beitrag von ehemaliger_User »

Die "Stuttgarter Zeitung" weiss folgendes: (beachtenswert der letzte Absatz)

Fellbach - Braucht die Kundschaft Ruhe, findet sie diese in der Wellnessoase. "Die Pussys haben keinen Zutritt", heißt es im Internet, wo die Betreiber der Pussyclubs bis heute für unbegrenzten Sex zu Pauschalpreisen in ihren Etablissements werben. "Pussy" ist ein englischer Vulgärausdruck für das weibliche Geschlechtsteil, in der Werbung werden die Prostituierten, die in den Clubs ihre sexuellen Dienste anboten, darauf reduziert.

Die Betreiber der Clubs in Fellbach (Rems-Murr-Kreis), Heidelberg, Wuppertal und Berlin-Schönefeld hatten die rund 200 Frauen als selbstständige Subunternehmer geführt. 100 bis 200 Euro erhielten sie als Tageslohn. Die Kunden der Clubs zahlten pauschal 70 bis 100 Euro. Tatsächlich sollen die Frauen abhängig Beschäftigte gewesen sein, für die Sozialbeiträge abgeführt hätten werden müssen, meint die Staatsanwaltschaft. Deshalb müssen sich zurzeit zwei Männer und drei Frauen wegen Sozialversicherungsbetrugs vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Ein weiterer Mann ist wegen Beihilfe angeklagt. Der Schaden wird auf 2,3 Millionen Euro beziffert. Die Angeklagten schweigen zu den Vorwürfen.

Am Freitag verlasen die Richter Dokumente mit aufschlussreichen Erkenntnissen über das Männer- und Frauenbild der Betreiber und darüber, wie sie die Verhältnisse in ihren Clubs einschätzten. Demnach scheinen die Pussyclubs fast ein Paradies für die Prostituierten und ihre angeblich dauersexfreudigen Freier zu sein. "Die pornöse Anzahl der Pussys wächst und wächst", steht im Internet, und dass die Kundschaft gerne mitmachen dürfe bei den Livesexshows. "Yes, you can", heißt es in Anlehnung an den Slogan, mit dem der US-Präsident Barack Obama seinerzeit im Wahlkampf angetreten war.

Frauen sind mit Arbeitsbedingungen zufrieden


Als im Sommer 2009 die Empörung über den sogenannten Flatratesex in der Öffentlichkeit Wellen schlug, schickten die Betreiber ein Schreiben unter anderem an die Stuttgarter Polizei. Darin heißt es, die vornehmlich rumänischen Frauen würden freiwillig arbeiten und könnten selbst über ihre sexuellen Dienste entscheiden. Sie würden nicht ausgebeutet und stünden nicht unter Druck, möglichst viele Kunden zu bedienen. Ganz abwegig scheint dies nicht: Bei den Razzien in den Clubs gaben die meisten Frauen an, mit den Arbeitsbedingungen zufrieden zu sein. Hinweise auf Zwangsprostitution haben sich nicht verdichtet. Skurril mutet ein weiteres Argument der Betreiber an: In Fellbach etwa würden Friseure, Nagelstudios, Tankstellen und Taxiunternehmen vom Pussyclub profitieren. Der Club fördere die Wirtschaftskraft des Raumes Fellbach.

Weil sich Staatsanwaltschaft, Verteidiger und Richter nicht auf eine Absprache einigen konnten, um das Verfahren abzukürzen, deutet sich nun ein langer Prozess an. Das Gericht gab weitere Termine bis in den Juni hinein bekannt. Vermutlich müssen viele Frauen, die in den Clubs gearbeitet haben, als Zeuginnen geladen werden. Ob sie für das Gericht greifbar sind, ist allerdings völlig offen. Die meisten der Prostituierten sind inzwischen in ihrer Heimat untergetaucht. Dort kostet eine Prostituierte den Freier umgerechnet fünf Euro.
Stuttgarter Zeitung 06.03.2010
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Marc of Frankfurt
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#129

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Dirnenklausel im Städtle:

Sexbetrieb muss schließen



Stuttgart - Die Stadt Stuttgart hat vor Gericht durchgesetzt, dass ein Sexbetrieb im Rotlichtviertel schließen muss. Der Fall beschäftigte sogar das Oberlandesgericht und betrifft eine so genannte Dirnenklausel. Das betreffende Haus in der Leonhardstraße gehörte bis vor drei Jahren der städtischen Wohnungsgesellschaft. Beim Verkauf an einen Privatmann verlangte die Stadt, dass das Gebäude für gewerbsmäßige Prostitution tabu sei. Der Käufer setzte sich darüber hinweg. Jetzt ist nur noch die Frage, wie schnell es der Stadt gelingt, den Prostituiertenbetrieb zu unterbinden.

http://www.swp.de/gaildorf/lokales/rund ... 543,431589

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Dirnenklausel im Grundbuch eingetragen

#130

Beitrag von ehemaliger_User »

Die Stadt Stuttgart will im Leonhardsviertel Prostitutionsbetriebe eindämmen. Sie hat auf viele Objekte dort ein Vorkaufsrecht bzw. ist Eigentümerin.

Interessanterweise gab es vor 10 Jahren in diesem Viertel nur 1 Laufhaus (Uhu), ansonsten nur Animierbars. Teilweise mit angeschlossenen Zimmern. Und Strassenstrich mit Stundenhotels.

In den letzten Jahren wurden einige Bars in Laufhäuser umgewandelt, manche Bars (z.B. UHU-Bar) entwickelten sich zu Bars der Alternativ-Szene mit künstlerischen Darbietungen.

Einige sehen das Leonhardsviertel als Gegenentwurf zur "Ballermann-Szene" "Obere Theodor-Heuss-Strasse".

Stadt siegt im Rechtsstreit - Sexbetrieb muss schließen
Stuttgarter NAchrichten 3.4.2010

Der Sexbetrieb in der Leonhardstraße 16 muss schließen. Nach jahrelangem Rechtsstreit mit dem Hauseigentümer hat sich die Stadt endgültig vor Gericht durchgesetzt. Falls der Richterspruch nicht befolgt wird, wird die Verwaltung die Zwangsvollstreckung beantragen.

Von unserem Reporter

Michael Isenberg

STUTTGART. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart (LG) fällt deutlich aus: Dem Hauseigentümer ist es "untersagt", in der Leonhardstraße 16 "gewerbsmäßige Prostitution einzurichten und zu betreiben oder deren Einrichtung und Ausübung zu dulden", stellt die 15. Zivilkammer fest. Bei Missachten drohen bis zu 250 000 Euro Geldstrafe oder bis zu sechs Monate Gefängnis.

Das Urteil, mit dem sich die Stadt Stuttgart als Klägerin gegen den Hauseigentümer durchgesetzt hat, ist bereits am 17. Februar 2009 gefällt worden. Doch der unterlegene Eigentümer ging noch in Berufung vor dem Oberlandgesgericht Stuttgart (OLG). Nach einem Jahr liegt die Entscheidung vor: "Der 4. Zivilsenat hat die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen", erklärt Richterin Josefine Köblitz, Pressesprecherin des OLG. Damit ist das LG-Urteil vom Frühjahr 2009 rechtskräftig.

"Wir haben den Hauseigentümer bereits aufgefordert, die Unterlassung eines Sexbetriebs in der Leonhardstraße zu akzeptieren", sagt Rechtsanwalt Roger Bohn, dessen Kanzlei die Stadt im Streitfall vertritt. Mit einem Einlenken rechnet Bohn nicht: "Wir werden wohl bald die Zwangsvollstreckung gegen den Hauseigentümer beantragen", kündigt er an. Doch auch dieses Verfahren hat Fristen und kostet Zeit. "Vielleicht gelingt es uns, den Sexbetrieb Ende 2010 endgültig zu beenden", meint Bohn.

Kern des Rechtsstreits ist die sogenannte Dirnenklausel. Mit diesem Zusatz im Kaufvertrag, der auch im Grundbuch vermerkt wird, will die Stadt Stuttgart die Rotlichtbranche im Leonhardsviertel generell eindämmen. Auch der Käufer der Leonhardstraße 16 hatte die Klausel akzeptiert, als er die Immobilie am 11. Januar 2007 von der kommunalen Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) erwarb. In Paragraf 3 des Kaufvertrags wird ihm untersagt, die Immobilie als "Vergnügungseinrichtung" zu nutzen oder benutzen zu lassen. Damit sind vor allem Discos, Bordelle oder Dirnenunterkünfte gemeint.

Dass in der Leonhardstraße 16 "Damen zugange sind, die dort der Prostitution nachgehen", sei zwischen Stadt und Hauseigentümer im Prozess unstreitig geworden, heißt es im LG-Urteil. Auf die Behauptung des Hauseigentümers, er selbst sei "nicht Betreiber des Etablissements", komme es nicht an, heißt es im Urteil weiter. Bereits die Aufteilung des Gebäudes in einzeln vermietbare Zimmer, seine Lage im Herzen des Rotlichtviertels, die hohen Mieten und kürzere Vermietungsintervalle legten "eine beabsichtigte Nutzung zum Zwecke der Prostitution nahe", so der Richterspruch.

Weil Landes- und Oberlandesgericht die Dirnenklausel rundweg akzeptiert hätten, liege nunmehr eine "Leitentscheidung" vor, betont Anwalt Bohn. In ähnlichen Konfliktfällen könne die Stadt jetzt rasch und konsequent ihre Rechte durchsetzen.

Die schriftliche Anfrage unserer Zeitung beim Rechtsanwalt des Eigentümers der Leonhardstraße16 ist ohne Antwort geblieben.


__
OLG-Karlsruhe Urteil 2013: Grunddienstbarkeit gegen Sexworker im Haus der Stadt in Mannheim nicht zulässig:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=134777#134777
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#131

Beitrag von nina777 »

13.4.2010 Freiburg

Das Sexgewerbe boomt am Zubringer Süd

Wohnwagen an Wohnwagen: Am Autobahnzubringer Süd taten früher vier Huren ihren Dienst – jetzt sind es fast doppelt so viele. Das ist umso erstaunlicher, als dort neulich ein Prostituierten-Camper in Flammen aufging.

Sieben Wohnmobile parken an der B 31 zwischen Erdbeer- und Blumenfeld. Lange Zeit waren es nur vier. Mitte Februar war ein Wohnmobil nachts angezündet worden und ausgebrannt, niemand war drin, niemand wurde verletzt. Die Polizei hat den Fall noch nicht geklärt. Höchstwahrscheinlich war es Brandstiftung, ergaben die Ermittlungen der Polizei. Täter oder Motiv sind noch unbekannt: "Eine heiße Spur haben wir nicht", sagt Polizeisprecher Ulrich Brecht. Was nach einem Zeugenaufruf an Hinweisen kam, war dünn. Doch die Polizei bleibe dran.

"Wir wollen wissen, was dahinter steckt." Es könnte sich etwa um Rivalität oder einen verschmähten Liebhaber handeln. "Unter Umständen geht weitere Gefahr aus." Doch in der Vergangenheit sei dort alles ruhig gewesen: "Der Brand war die absolute Ausnahme."

Dem Geschäft hat es nicht geschadet

Dennoch: Haben die Frauen jetzt keine Angst auf dem Parkplatz? Oder haben sie sich zu mehreren zusammengetan, um in der Gemeinschaft sicherer zu sein? Weder noch, erklärt eine junge Frau, die in einem der Camper sitzt. Da arbeite sie schon länger, wie auch drei andere. "Um Weihnachten kamen drei neue, warum weiß ich nicht." Mit den Frauen hätten sie nichts zu tun. Es war eines der neuen Wohnmobile, das gebrannt hat, sagt sie. Und: "Keine gute Werbung."

Dem Geschäft scheint’s nicht geschadet zu haben, schon am frühen Abend ist was los. Der Platz an der Ausfallstraße ist gut, sagt die 26-Jährige, deren Wagen in Brand gesteckt worden war. Der war versichert, die Lettin hat jetzt einen anderen. Und keine Angst, sagt sie. Findet sie es trotzdem besser, je mehr Kolleginnen da sind? "Nein, das ist ja Konkurrenz", sagt sie und lächelt. Doch dass der Brand damit zu tun hat, glaubt sie nicht. "Es fahren viele Leute hier durch, Kunden und andere...". Die 26-Jährige schüttelt den Kopf.

Stadt sieht keinen Handlungsbedarf

Auch die Polizei kommt regelmäßig vorbei und spricht mit den Frauen. Den Standort gibt es seit langem. Als vor drei Jahren auf dem nahen Park-and-Ride-Platz weitere Wagen von Prostituierten parkten, hatte es verstärkt Beschwerden gegeben – von Radfahrern und Eltern, die nicht wollten, dass ihre Kinder die Laster-Wagen sehen. Doch weil es nie Probleme gab, tolerierte die Stadt die Camper.

Auch nach der jetzigen Vermehrung sieht sie keinen Handlungsbedarf: "Es gib keinerlei Beschwerden oder auffälliges Verhalten, so dass das Ordnungsamt einschreiten müsste", sagt Stadtsprecherin Petra Zinthäfner. Auch verstoßen die Prostituierten nicht gegen Bestimmungen wie etwa das Freiburger Bordellkonzept. Das erlaubt zwar nur die Puffs an der Wiesental-, der Tulla- und Heinrich-von-Stephan-Straße, kümmert sich aber gar nicht um Wohnmobile. Ähnlich verhält es sich mit einer Stand- oder einer Tätigkeitsgenehmigung. Weil Prostitution nicht als Gewerbe anerkannt ist, muss auch kein Gewerbe angemeldet werden.

http://www.badische-zeitung.de/freiburg ... 30499.html



Brandstiftung und ausgebrannte Sexworker Wohnwagen, Lovemobile:
viewtopic.php?p=75754#75754
I wouldn't say I have super-powers so much as I live in a world where no one seems to be able to do normal things.

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Freudenhaus fällt Zufall zum Opfer

#132

Beitrag von ehemaliger_User »

Freudenhaus fällt Zufall zum Opfer

Plieningen. Ein Etablissement an der Fraubronnstraße ist offiziell illegal, aber das ist in Vergessenheit geraten.
Von Judith A. Sägesser

Die käufliche Liebe ist dem Zufall zum Opfer gefallen. In einem Haus an der Plieninger Fraubronnstraße verdingen sich Damen seit Jahren an Freier. Völlig legal, wie es bisher den Anschein hatte. Doch nun hat sich herausgestellt, dass die Stadt Stuttgart die Prostitution in jener Immobilie bereits vor Jahren untersagt hatte. Bei der Fraubronnstraße handele es sich stadtplanerisch um ein Mischgebiet, sagt Kirsten Rickes, die Leiterin des Baurechtsamtes. "Und dort ist eine solche Nutzung nicht zulässig." Zumindest, wenn es sich um ein Bordell handelt.

Das Gesetz unterscheidet Wohnungsprostitution von gewerblicher. Gegen erstere hat die Stadt nichts in der Hand. Ist es doch jedem selbst überlassen, was er zuhause tut. Das Etablissement an der Fraubronnstraße ist laut Rickes allerdings "ein bordellartiger Betrieb". Das sei nicht das Urteil der Stadt, sondern der Polizei.

Mitnichten, sagt Wolfgang Hohmann, der bei der Stuttgarter Polizei den Ermittlungsdienst Prostitution leitet. "Wir haben das als Wohnungsprostitution eingeordnet", sagt er. Und genau so hätten es die Beamten an die städtische Behörde weitergegeben. Die Polizei ist regelmäßig an der Fraubronnstraße, sagt Hohmann. Nicht etwa, weil das Etablissement auffällig wäre. "Bisher gab es keinerlei Beanstandungen", sagt er. Das seien Routinebesuche, bei denen die Personalien der Dirnen aufgenommen würden. Die Akten verraten Hohmann, dass die Mieterinnen ständig wechseln. "Vielleicht so alle ein, zwei Wochen." Es könnte sein, dass die Stadt deshalb von einem Bordell spreche.

In dem Gebäude gibt es mehrere Wohnungen. In wie vielen Frauen anschaffen, ist schwer zu sagen. Im Jahr 2003 hat der Besitzer bei der Stadt eine Nutzungsänderung beantragt. Sein Wunsch: Die Verwaltung sollte eine Wohnung im Untergeschoss als Bordell anerkennen. Die Stadt lehnte ab. 2007 legte der Eigentümer Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Dass das so lange gedauert hat, liegt vermutlich daran, dass er in der Zwischenzeit versucht hatte, sich mit der Stadt gütlich zu einigen - was misslang. Der Widerspruch liegt bei der dafür zuständigen Behörde: dem Regierungspräsidium (RP).

"Unser Part begann damit, dass man die Sache erstmal ruhen ließ", sagt der RP-Sprecher Clemens Homoth-Kuhs. Anders ausgedrückt: Die Angelegenheit ist versickert. Der Sachbearbeiter hatte den Fall zur Seite gelegt, er ist mit der Zeit immer weiter nach unten gerutscht und irgendwann abgeholt worden - für die Ablage. Offiziell galt das Widerspruchsverfahren zwar als offen, faktisch war es abgehakt. "Bei der Fülle strittiger Baurechtsfälle ist das kein Einzelfall", sagt Homoth-Kuhs. Die Mitarbeiter kümmern sich in der Regel zunächst um Streitigkeiten, die rasch geschlichtet sind. Kompliziertes bleibt gern liegen. Abgesehen davon: Weder die Stadt noch der Wohnungseigner hätten sich jemals nach dem Sachstand erkundigt, sagt Homoth-Kuhs. Damit galt die Sache als erledigt. Die Nachfrage des BLICK VOM FERNSEHTURM ändert das nun. Der Kollege werde sich kümmern.

Klar ist: Solange das RP nicht über den Widerspruch entschieden hat, gilt der Beschluss der Stadt. "Ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung", sagt Homoth-Kuhs. Das heißt, die Prostitution an der Fraubronnstraße ist offiziell illegal.

Ins Rollen gebracht hatte das Ganze letztlich eine Anfrage im Plieninger Bezirksbeirat. Der Bündnisgrüne Walter Schnee hatte sich Anfang des Jahres nach einem einschlägigen Etablissement an der Neuhauser Straße erkundigt. Er wollte wissen, mit welcher baurechtlichen Rechtsgrundlage die Stadt das Kleinbordell genehmigt habe. Mit keiner, wie sich herausstellte. Die Stadt hat daraufhin einen Juristen prüfen lassen, wie mit dem Freudenhaus weiter zu verfahren sei. Inzwischen steht fest, "dass wir die gleiche rechtliche Situation haben wie an der Fraubronnstraße", sagt die Amtsleiterin Kirsten Rickes. Bevor die Stadt nun einen weiteren Rechtsstreit anzettelt, "wollen wir die Entscheidung des Regierungspräsidiums abwarten". Ohne die Mithilfe des Zufalls hätte das noch Jahre dauern können.
"Stuttgarter Nachrichten" vom 21.04.2010
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#133

Beitrag von ehemaliger_User »

Stuttgart - Lebensgefährliche Verletzungen hat am Freitag kurz vor Mitternacht der Türsteher eines Bordellbetriebes erlitten. Er wollte einer Prostituierten zur Hilfe kommen. Ein alkoholisierter 32-Jähriger geriet mit einer gleichaltrigen Dirne in Streit, in dessen Verlauf er auch tätlich wurde. Durch die Hilferufe der Angegriffenen wurde der 63-jährige Türsteher aufmerksam und eilte zu deren Zimmer. Als der nackte Freier des Zimmers verwiesen werden sollte, griff dieser den Türsteher unvermittelt durch Schläge und Fußtritte an, bis dieser am Boden lag. Auch jetzt trat der rabiate Mann noch weiter auf sein Opfer ein und fügte diesem schwerste innere Verletzungen zu, die zunächst von einem Notarzt versorgt werden mussten. Der Tatverdächtige konnte von Polizeibeamten noch am Tatort festgenommen werden und wurde einem Richter vorgeführt, der Haftbefehl erließ.

Stuttgarter Nachrichten 3.5.10

Der ARtikle zeigt das "Dreifarbenhaus", dort kann der Vorfall aber nicht passiert sein, denn im DFH gibts nur "Stehfrauen".
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#134

Beitrag von ehemaliger_User »

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#135

Beitrag von Arum »

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ehemaliger_User hat geschrieben:

Der ARtikle zeigt das "Dreifarbenhaus", dort kann der Vorfall aber nicht passiert sein, denn im DFH gibts nur "Stehfrauen".
Dürft ich mal fragen, was sind denn jetzt "Stehfrauen"? (Bin ja kein Deutscher)
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

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Stehfrauen

#136

Beitrag von Zwerg »

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Arum hat geschrieben: Dürft ich mal fragen, was sind denn jetzt "Stehfrauen"? (Bin ja kein Deutscher)
Hier die Antwort:

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Zwerg hat geschrieben:Bild

Für Sicherheit und Ordnung im Dreifarbenhaus sorgen weibliche Stehfrauen, die darauf achten, dass das Bordell durch Aufruhr nicht unnötig in die Schlagzeilen gerät.
Liebe Grüße

christian

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Re: Stehfrauen

#137

Beitrag von Arum »

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Zwerg hat geschrieben:         
Hier die Antwort:

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Zwerg hat geschrieben:
Für Sicherheit und Ordnung im Dreifarbenhaus sorgen weibliche Stehfrauen,


Herzlichen Dank. Jetzt verstehe ich, wenn das Wort 'weibliche Stehfrauen' auch die Frage aufruft, wie es denn um die männlichen Stehfrauen stünde...

:003

LG,

Arum
Guten Abend, schöne Unbekannte!

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#138

Beitrag von ehemaliger_User »

Die heissen "Stehfrauen" weil diese älteren Damen im Treppenhaus im Erdgeschoss stehen.

In dem seit 1957 bestehenden Laufhaus gibts 67 Zimmer. Das DFH hat in drei verbundenen Gebäuden fünf Stockwerke. Früher waren die Flure der Häuser noch getrennt und der Zugang erfolgte nur über den Hof (mit einem häuserbreiten Pissoir im Innenhof, die Freier gingen sozusagen durch die Open-Air-Toilette in die Häuser).

Es gibt eine öffentlich nicht zugängliche Kantine für die SW, Gemeinschaftsdusche pro Etage und Haus. Zimmer mit Waschbecken (nicht für die männlichen Gäste!). Die Stadt hatte das Haus damals erbaut und hat durch strenge Regeln

Der Name rührt vom markanten rot-gelb-blauen Hausanstrich "maison tricolore".

Von Zeit zu Zeit:

Bordellähnliche Betriebe gibt es viele in der Innenstadt - aber keines dieser Etablissements ist vergleichbar mit dem Anwesen im Bebenhäuser Hof. Schon der Name des Hauses fällt aus der Reihe, denn offiziell handelt es sich nicht um ein Bordell, sondern um ein Dirnenwohnheim. Im Volksmund heißt das Haus wegen seines rot-blau-gelben Anstrichs nur: Dreifarbenhaus.

Der folgende Artikel ist 1997 zum 40-jährigen Jubiläum des Dreifarbenhauses in der Stuttgarter Zeitung erschienen. Danach folgt ein aktueller Text über das harte Leben einer Prostituierten, die lange im Dreifarbenhaus ihrem Beruf nachgegangen ist.

Prostitution in geordneten Bahnen?

Rückblende: Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Stuttgart in Schutt und Asche lag, ging es zwischen den Trümmern zuweilen hoch her, und auch Prostituierte gingen dort ihren Geschäften nach. Irgendwann wurde den Stadtvätern das Treiben zu bunt. Um das älteste Gewerbe der Welt wieder in geordnete Bahnen zu lenken, bekam ein Ehepaar mit einschlägiger Erfahrung eine Baugenehmigung. So wurde, nur ein paar Schritte vom Rathaus entfernt, das Dreifarbenhaus gebaut und am 17. Februar 1957 eröffnet.

71 Prostituierte bezogen damals die neue Dienststelle. Heute (im Jahr 1997) bieten 67 Damen im Alter von 21 bis 56 Jahren im Dirnenwohnheim ihre Dienste an – unter Bedingungen, von denen die meisten Kolleginnen nur träumen können. Das fängt damit an, daß die Bewohnerinnen des Dreifarbenhauses ohne Druck arbeiten können – wann sie wollen, wie oft sie wollen und ohne Gängelei durch einen Zuhälter. Drogen sind tabu, Alkohol ebenso. Freier müssen sich an die Öffnungszeiten halten. Betrieb ist von 10 bis 24 Uhr – außer an Sonn- und Feiertagen. Dann gönnen sich die Damen eine Pause. Mit einem Wort: „Das Haus hat im In- und Ausland Vorbildcharakter“, so Herwig Klawe, der damalige stellvertretende Leiter des Fachdienstes Prostitution bei der Stuttgarter Polizei.

Polizei macht regelmäßige Kontrollgänge


So alle drei bis vier Wochen machen die Beamten einen Kontrollgang durch das Dreifarbenhaus. Probleme gibt es kaum. "Das Haus wird sehr seriös geführt", sagt Klawe. Seit eh und je wacht eine Verwalterin darüber, daß niemand das Haus betritt, den man dort nicht haben will. Vor allem "Personen aus dem Mileu" bleiben außen vor. Um zu verhindern, dass sich das Milieu aus Osteuropa im Dreifarbenhaus breit macht, bleibt Ausländerinnen der Zugang verwehrt. Stehfrauen achten in den Etagen auf Sicherheit und Ordnung.

Die Frauen zahlen pro Tag 80 Mark Miete für ihre Zimmer. Mit Essen in der hauseigenen Kantine kostet die Miete 100 Mark – das ist ein Spottpreis, verglichen mit den in den bordellähnlichen Betrieben üblichen Mietkosten. "Dort zahlt man mindestens das Doppelte", sagt Herwig Klawe. Beide Seiten, sowohl Verwalterin als auch Prostituierte, haben die Möglichkeit, von einem Tag auf den anderen zu kündigen. Auch auf der Einnahmenseite gibt es so etwas wie Tarife: Unter 100 Mark die Stunde geht nichts.

Ende der 90er Jahre war Wirtschaftsflaute im Bordell


Doch war die Liste derer, die im Dreifarbenhaus arbeiten wollen, früher schon einmal länger. Ein Grund dafür mag sein, dass auch das horizontale Gewerbe unter der Wirtschaftsflaute zu leiden hat. Dagegen gibt es viele Bewerber, die das Dirnenwohnheim gerne übernehmen würden. "Es liegen Anfragen aus dem In- und Ausland vor", bestätigt Klawe. Freilich denkt die betagte Besitzerin des "Mädchenpensionats" gar nicht daran, sich von ihrem Etablissement zu trennen. Ist vielleicht auch ganz gut so.

Das Dreifarbenhaus - eine Hure erzählt

Zwanzig Jahre lang hat sie als Prostituierte gearbeitet. Jennifer Großmüller (Name geändert) ist ausgestiegen, um ein bürgerliches Leben zu führen. Die Sozialarbeiterin Sabine Constabel hilft ihr.

Von Frank Buchmeier

Seit kurzem ist alles anders. Jennifer Großmüller sitzt auf einem roten Sofa, unter ihr blitzblanker Laminat, hinter ihr eine frisch geweißte Raufasertapete, vor ihr ein großer Fernseher. Es ist früher Nachmittag, sie schaut die "Oliver Geissen Show". "Ich genieße diese Ruhe", sagt sie.

Zwei Jahrzehnte lang war Jennifer Großmüller eine professionelle Hure. Sie wäre es wohl noch heute, wenn sie nicht im Remstal einen Vermieter gefunden hätte, der keine Fragen stellte, sondern sie einfach einen Vertrag unterschreiben ließ. Anfang Dezember ging Jennifer Großmüller zum letzten Mal anschaffen, dann vergrub sie die Spitzenbodys und High Heels im Schrank. Nun trägt die 40-Jährige eine rosa Frotteehose und Plüschhausschuhe mit Hasenohren. Darin sieht sie aus wie ein unschuldiges Mädchen.

Jennifer Großmüller stammt aus einer gut situierten Düsseldorfer Familie. Als sie drei Jahre alt war, starb ihr Vater. Die Mutter heiratete schnell wieder. Der neue Mann kam mit der Stieftochter nicht klar, das Einzelkind Jennifer wurde in ein katholisches Mädcheninternat gesteckt. Fünfmal täglich musste sie beten, die oberste Regel hieß Silentium. Jennifer wollte nicht schweigen, ihr war nach Schreien zumute. "Ich habe das Internat gehasst." Mit 18 meldete sie sich ab, zu mehr als dem Hauptschulabschluss hatte es nicht gereicht. Eine Ausbildung als Arzthelferin brach sie ab, sie vergnügte sich lieber nachts in den schicken Discos auf der Königsallee.

Zuerst war die Glitzerwelt faszinierend

Schnell fiel die kesse Blondine jenen Männern auf, die von Frauen leben. Jennifer Großmüller faszinierten die Kerle mit den dicken Goldketten am Handgelenk und den amerikanischen Sportwagen vor der Tür. Bei Boxkämpfen durfte sie in der ersten Reihe sitzen, sie lernte René Weller und Graciano Rocchigiani kennen. Sie fühlte sich unter den Größen des Rotlichtmilieus wohl, die schon zum Frühstück eine Schampusflasche köpften. "Ich habe diese Glitzerwelt geliebt." Irgendwann nahm sie ein Zuhälter in sein Bordell mit und stellte sie halbnackt in einen Türrahmen. Zwanzig war sie damals. Sie sagt, sie habe ihren Körper aus freiem Willen angeboten: "Ich wollte ans schnelle Geld."

Bezahlter Sex ist eine deutsche Normalität. Laut der Gewerkschaft Verdi nutzen täglich bundesweit eine Million Männer die Dienstleistungen von 400.000 Dirnen. Allein in Stuttgart soll es 3600 Prostituierte und 200 entsprechende Etablissements geben. Das Geschäft läuft immer dort am besten, wo sich Männer mit gut gefüllten Brieftaschen herumtreiben. So entstehen rund um die neue Landesmesse auf den Fildern zurzeit zwei riesige Freudenhäuser. In der Wirtschaftsregion Stuttgart hat auch das horizontale Gewerbe Hochkonjunktur.

"Zwanzig Euro, alles machen"

Das bedeutet freilich nicht, dass die Beschäftigten gut verdienen. Sabine Constabel, Sozialarbeiterin beim Stuttgarter Gesundheitsamt, ist seit 17 Jahren im Milieu als Ansprechpartnerin für Prostituierte unterwegs. Die meisten ihrer Klientinnen, sagt sie, "kämpfen ums Überleben". Seit die EU in Richtung Osten erweitert wurde, geben Rumäninnen, Ungarinnen und Polinnen den Freiern viel und nehmen dafür wenig. "Das sind Sklavinnen, die Prügel bekommen, wenn sie nicht den vorgeschriebenen Tagessatz ranschaffen", sagt Sabine Constabel. "Für solche Mädchen ist ein warmes Essen am Tag das Paradies und ein Zimmer, das sie sich zu viert teilen, das Hilton." Oft beherrschen die ausländischen Dirnen nur vier deutsche Wörter: "Zwanzig Euro, alles machen." Frauen, die sich nicht zu Dumpingpreisen auf fragwürdige sexuelle Praktiken einlassen, tun sich beim Kundenfang hingegen schwer.

Jennifer Großmüller zündet sich eine Marlboro an. Anfangs, erzählt die Exprostituierte, habe sie bestens verdient. "1000 Mark am Tag, vielleicht auch mehr." Sie hat die Geldscheine nicht gezählt, sondern gleich an Friseure, Taxifahrer und Modehändler weitergereicht. "Ich bin kein Typ, der an die Zukunft denkt", sagt sie. "Ich habe immer für den Moment gelebt." Die klassischen Hurenklischees kann Jennifer Großmüller nicht bedienen. Sie wurde als Kind nicht missbraucht, sie wurde nie von einem Zuhälter oder einem Freier geschlagen. "Im Milieu gibt es Gewalt, Zwangsprostitution und Drogensüchtige", sagt sie, "aber damit hatte ich nichts zu tun." Jennifer Großmüller hätte ihren Beruf nicht aufgegeben, den einzigen, den sie gelernt hat, "wenn in den vergangenen Jahren nicht alles schlechter geworden wäre".

Neues Gesetz brachte keine Verbesserung

Eigentlich sollte alles besser werden. Am 1. Januar 2002 trat das Prostitutionsgesetz in Kraft. Die rot-grüne Bundesregierung wollte damals ein Kapitel deutscher Justizgeschichte schließen, das an Doppelmoral kaum zu überbieten war. Bis dahin wurde käufliche Liebe vom Staat einerseits als sittenwidrig geächtet, andererseits stillschweigend geduldet. In den neuen Paragrafen wird Prostitution als "sexuelle Dienstleistung" offiziell anerkannt und damit den Huren der Zugang zur Sozialversicherung ermöglicht.

Längst hat sich die gut gemeinte Reform als lebensfern erwiesen. So bewerteten es Frauenpolitike­rinnen von SPD und Grünen als großen Erfolg, dass die Liebesdienerinnen ihren Lohn von zahlungsunwilligen Freiern einklagen können. In einer Branche, in der Vorkasse üblich ist, blieb diese Regelung freilich ohne praktische Auswirkung. Und die Bundesversiche­rungsanstalt erklärt gut sechs Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes: "Die Zahl der Anmeldungen von Prostituierten tendiert gegen null." Auch hierfür gibt es eine einfache Erklärung. Wer sich regulär versichert, muss auch regulär Abgaben zahlen. Doch dazu haben die allermeisten Dirnen keine Lust – an der Bettkante wird traditionell brutto für netto abgerechnet.

Die wahren Nutznießer des ProstG (Juristenkürzel) sind die Bordellwirte. Früher wurde bestraft, wer "gewerbsmäßig einen Betrieb unterhält, in dem Prostitutionsau­sübung durch Maßnahmen gefördert wird, die über das bloße Gewähren von Wohnung, Unterkunft oder Aufenthalt und die damit üblicherweise verbundenen Nebenleistungen hinausgehen". Rot-Grün hat diesen Passus gestrichen. Miefige Laufhäuser können seither in glitzernde Eroscenter verwandelt werden, ohne dass sich eine Behörde daran stört. Die Eigentümer vermieten die aufgepeppten Zimmer zu Wucherpreisen und müssen sich dennoch nicht als Zuhälter beschimpfen lassen. Auch die Städte verdienen an dem lebhaften Stoßverkehr kräftig mit. Im Regierungsbezirk Stuttgart müssen Puffbetreiber pauschal 25 Euro pro Tag und Prostituierte an das Finanzamt überweisen.

Im Dreifarbenhaus deckte der Verdienst nicht mehr die Kosten


Für die Frauen selbst ist die Sexarbeit indes härter geworden. Um die gestiegenen Mieten zahlen zu können, müssen sie mehr Freier bedienen. Jennifer Großmüller kam 1999 nach Stuttgart. Hundert Euro pro Tag zahlte sie für ein Zimmer im Dreifarbenhaus, dem ältesten Puff der Stadt. Die Konkurrenz wurde stetig größer, der Umsatz geringer. Vor zwei Jahren deckte ihr Verdienst nicht mehr die Kosten. Sie zog in die Altstadt um, wo ein Zimmer für die Hälfte zu haben ist, und bot ihre Dienste fortan auf der Straße an.

Sabine Constabel empfängt ihre Klientel im Prostituiertencafé La Strada am Leonhardsplatz. Die 48-jährige Sozialarbeiterin glaubt nicht an den Mythos der glücklichen Hure. "Eigentlich wollen alle aufhören", sagt sie. "Aber dafür müssen sich die Frauen eingestehen, dass sie viele Jahre ihres Lebens verschwendet haben." Prostitution sei eben kein Beruf wie jeder andere, "sondern ein dreckiges, verletzendes Geschäft, von dem ein Haufen parasitärer Männer lebt". Die Bordellbetreiber profitieren, zunehmend auch osteuropäische Kriminelle und manchmal nur der Lebenspartner der Hure. "Aber es ist in jedem Fall eine Ausbeutung von Frauen."

Wäre Sabine Constabel Bundeskanzlerin, würde sie sich dafür einsetzen, dass Deutschland dem schwedischen Vorbild folgt. Vor neun Jahren hat eine rot-grüne Regierung in Stockholm ein weltweit einmaliges Gesetz verabschiedet: Kauf und Vermittlung von sexuellen Diensten sind verboten, während der Verkauf legal bleibt. Bis zu sechs Monaten Haft drohen einem Freier, falls er auf frischer Tat ertappt wird. Diese Regelung hat dazu geführt, dass Menschenhändler Schweden als Markt für ihre billige Ware inzwischen weitgehend meiden. Eine Umfrage hat im vergangenen Jahr ergeben, dass 80 Prozent der Bevölkerung das Sexkaufverbot befürworten.

Kein monatlicher Gesundheitscheck mehr

Die Stuttgarter Sozialarbeiterin Sabine Constabel muss derweil tatenlos zusehen, wenn sich junge Frauen aus EU-Ländern für tabulose Dienste anheuern lassen. Eine Folge der liberalen deutschen Gesetze: klassische Geschlechtskran­kheiten wie Tripper und Syphilis nehmen hierzulande wieder zu. Denn entgegen der weit verbreiteten Annahme, dass sich Prostituierte monatlich untersuchen lassen müssen, wurde der sogenannte Bockschein längst abgeschafft. "Jeder Freier spielt mit dem Feuer", sagt Sabine Constabel. "Die schnelle Nummer ohne Gummi kann unangenehme Konsequenzen haben."

In guten Nächten nahm Jennifer Großmüller zuletzt hundert Euro ein. Manchmal lief von abends um sieben bis morgens um fünf überhaupt nichts. Von ihrem Prinzip, nur höfliche Freier mitzunehmen, rückte sie dennoch nicht ab. "Immer mehr Männer zeigen Huren gegenüber keinen Respekt mehr", sagt sie. "Besonders die Ausländer werden schnell unverschämt." Mitte vergangenen Jahres entschloss sie sich aufzuhören. "Ich wollte nicht mehr frieren und mich ständig ärgern."

Ohne die Unterstützung von Sabine Constabel hätte sie den Ausstieg vermutlich nicht geschafft. Die Sozialarbeiterin half Jennifer Großmüller bei der Wohnungssuche und füllte ihr die Anträge fürs Jobcenter aus. Seit drei Monaten lebt Jennifer Großmüller nun von Hartz IV. Das Amt hat ihr gebrauchte Möbel und apricotfarbene Vorhänge spendiert. Demnächst will die 40-Jährige bei einem Berufsvorbere­itungskurs lernen, wie man eine Bewerbung formuliert. Doch was schreibt sie in den Lebenslauf? 1987 bis 2007: Prostituierte in verschiedenen Bordellen? "Ich kann gut lügen", versichert Jennifer Großmüller. Ihre Mutter wisse bis heute nicht, womit sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten den Lebensunterhalt bestritten hat.

------------

Sabine Constabel war vor einiger Zeit mal (zusammen mit Rolf Eden) bei "Menschen bei Maischberger". Ihre Kollegin Marion Schick-Häberle ist da glücklicherweise ganz anderer Meinung. Vermutlich sind in Stuttgart mehr SexarbeiterInnen registriert als in ganz Schweden...

Haben dann die vielen Hausfrauen ihre Männer auch ausgebeutet, weil sie vom Verdienst ihres Lebenspartner profitierten? Warum sollen SexarbeiterInnen nicht in angenehmer Umgebung arbeiten?

Haben dann jahrzehntelang Staatsanwälte und Polizeichefs Rechtsbeugung begangen, weil sie z.B. Terminwohnungen unbehelligt liessen, die ein gehobenes Ambiente hatten und Kondome, alkoholfreie Getränke etc. kostenlos bereit hielten? Weil sich die Betreiber an die "Spielvorgaben" der Polizei hielten? Ist Willkür seitens von Behörden für Frau Constabel sinnvoller als Rechtssicherheit?

Hier gibts noch einen Bericht übers "Städtle"
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Re: Bordellbetreiberin klagt gegen Vergnügungssteuer

#139

Beitrag von ehemaliger_User »

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben:Bordellchefin klagt gegen Stadt

Leinfelden-Echterdingen - Die Stadt Leinfelden-Echterdingen wird aller Voraussicht nach mit ihrem Steuerbescheid für ein Bordell im Stadtteil Stetten Schiffbruch erleiden. Das Verwaltungsgericht hat signalisiert, der Bordellbetreiberin recht zu geben.
Bordell-Streit: L.-E. zieht erneut vor Gericht

Die Stadt Leinfelden-Echterdingen hat schon eine merkwürdige Auffassung vom "Wohl der Stadt". In den letztenJahren hat sie schon einige Prozesse verloren - auch die Klage gegen die Landesmesse. Gegen die Landesmesse haben sie Gemeinderäte Millionen Landesförderungen verspielt.

Filder Zeitung 03.05.2010

Leinfelden-Echterdingen. Bordell-Betreiber wehren sich gegen hohe Vergnügungssteuer der Stadt. Von Tim Höhn

Die Stadt gibt nicht auf. Nachdem man im Dezember vor dem Verwaltungsgericht eine Niederlage im Streit um die Vergnügungssteuersatzung einstecken musste (wir berichteten), zieht L.-E. jetzt vor den baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof. "Es geht um grundsätzliche Dinge, die geklärt werden müssen", sagt Oberbürgermeister Roland Klenk. Die Entscheidung, in Berufung zu gehen, wurde in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Gemeinderats getroffen, und laut Klenk waren sich alle Anwesenden einig. "Wir wollen das ausfechten."

Gestritten wird mit der Chefin eines Bordells in Stetten, und der Ausgang des neuerlichen Verfahrens könnte für Kommunen in ganz Baden-Württemberg von Bedeutung sein. Hintergrund: Im Oktober 2008 erließ L.-E. eine neue Vergnügungssteuersatzung, seither werden Spielhallen, Swinger-Clubs, Bordelle und ähnliche Einrichtungen verstärkt zur Kasse gebeten. Der Steuersatz ist mit acht Euro pro Quadratmeter Fläche vergleichsweise hoch, viele Kommunen verzichten völlig auf eine Steuer fürs Vergnügen. L.-E. aber setzt auf die damit verbundene Lenkungsfunktion. Denn: Bordelle werden nicht gern gesehen, aber ihre Ansiedlung kann meist nicht verhindert werden. Die zusätzliche Steuerbelastung soll das Geschäft mit Sex wenigstens etwas unattraktiver machen. "Wir greifen vielleicht stärker zu als andere, meinen aber, dass die Höhe tragbar ist", erklärte Stadt-Sprecher Klaus-Peter Wagner, nachdem die Satzung verabschiedet war.

Die Betreiberin eines Laufhauses in Stetten sieht das anders und klagte. Konkret ging es darum, dass die Stadt bei der Berechnung des zu zahlenden Betrags alle Flächen des Hauses berücksichtigte - neben den Zimmern der Prostituierten also auch den Kontakthof oder die Cafeteria. Das sei nicht zulässig, entschied das Verwaltungsgericht, weswegen das Laufhaus statt rund 4860 Euro nur noch 2770 Euro monatlich zahlen muss. Die Stadtverwaltung will an ihrer Berechnungsgrundlage festhalten und geht in die nächst höhere Instanz - mit der Gefahr, erneut zu verlieren und die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen. Sollte L.-E. jedoch gewinnen, könnte man mit deutlich höheren Einnahmen aus der Vergnügungssteuer rechnen.

Denn es geht nicht nur um das Etablissement in Stetten, sondern ebenfalls um das mit 5800 Quadratmetern Fläche bedeutend größere Paradise in Echterdingen, das im Februar 2008 eröffnete. Noch verzichtet die hinter dem Bordell stehende Betriebsgesellschaft auf eine Klage, aber: "Die Vergnügungssteuersatzung war ein Schlag für uns und in den ersten beiden Geschäftsjahren existenzbedrohend", sagt Geschäftführer Rainer Mühlbauer.

Der Fall ist ähnlich gelagert wie in Stetten. L.-E. fordert acht Euro Steuer pro Quadratmeter, also auch für Bereiche, in denen keine erotischen Dienstleistungen angeboten werden. Das Paradise legte Widerspruch ein. Zwar habe man durchaus Verständnis dafür, dass die Kommune in Zeiten knapper Kassen nach neuen Einnahmemöglichkeiten Ausschau halte, erklärt Mühlbauer. Und das Paradise sei gern bereit, einen Obolus zu leisten. "Aber nicht in dieser Höhe. Wenn es dabei bleibt, müssen wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen." Die finale Entscheidung werde vermutlich im Sommer fallen.

Um die Existenz des Bordells scheint es indes nicht schlecht zu stehen - Steuer hin oder her. In den kommenden Wochen wird das Etablissement um ein Freigelände und weitere Parkplätze erweitert, die Bauarbeiten haben begonnen. Im Juni soll der Außenbereich "für alle sonnenhungrigen Gäste" eröffnen, heißt es auf der Paradise-Internetseite.
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Marc of Frankfurt
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#140

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Forts.:
Prozess Pussy-Club

Im Schichtdienst die Kunden befriedigt



Fellbach. Eine Zeugin schildert die Zustände in Bordellen wie dem Pussy-Club. Von Thomas Schwarz

Eine 23-jährige Rumänin hat gestern der 6. Wirtschaftsstrafkammer des Stuttgarter Landgerichts geschildert, wie sie mit 18 Jahren zur Prostitution kam und wie es in dem Pussy-Club in Heidelberg zuging, in dem sie arbeitete. Die Zeugin sagte in dem Prozess gegen die Betreiber des Bordells selben Namens in Fellbach aus, das im vergangenen Jahr durch sein menschenverachtendes Flatrate-Konzept für Schlagzeilen in ganz Deutschland gesorgt hatte. Gegen einen Festpreis wurde Freiern gestattet, so oft sie wollten mit den Prostituierten in dem Bordell zu verkehren. Nach einer Razzia im März wurde das Haus geschlossen. Wegen Sozialversicherungsbetrugs muss sich nun die 26-jährige Betreiberin zusammen mit fünf ehemaligen Mitarbeitern vor Gericht verantworten. Die Prostituierten hätten in Fellbach nicht wie vorgegeben selbstständig angeschafft, sondern als Beschäftigte.

Die Fragen, die der 23-Jährigen gestellt wurden, zielten deshalb oft in die Richtung, ob ihr jemand von den Angeklagten Anweisungen gegeben habe, von wem sie ihr Geld bekommen habe und wie viel.



Vor fünf Jahren war die junge Frau [damals 18 J.] zusammen mit ihrer besten Freundin aus ihrer Heimat nach Deutschland gekommen. Eine andere junge Frau habe sie angeworben, in einem Gasthaus oder Restaurant zu arbeiten. In Mannheim angekommen, sei aus dem Restaurant plötzlich ein Club geworden und der Mann, mit dem sie nach Deutschland gereist waren, habe deutlich gemacht, was sie tun sollten und dass es keine Alternative gebe. "Wir sollten Sex mit Kunden machen", berichtet sie und dass sie und ihre Freundin in Tränen ausgebrochen seien. "Wir haben gesagt, wir machen das nicht und fahren wieder nach Hause." Daraufhin habe es Geschrei und Drohungen gegeben, schließlich hätten sie sich in ihr Schicksal ergeben.

Nach einer Razzia in einem Bordell in Schifferstadt sei sie im Januar 2007 zurück nach Rumänien gekommen.

Kurz darauf sei sie in die Schweiz gereist, um als Prostituierte zu arbeiten, dieses Mal freiwillig.

In Frankreich, Deutschland, Italien und England schaffte sie in der Folge an. In Bedford bei London lebte sie zwei Jahre lang. Bis zu 1000 englische Pfund habe sie verdient [am Tag? Anm.], die Hälfte habe der Club bekommen, in dem sie anschaffte.

Nach einem Krach mit ihrem Freund reiste sie im Februar 2009 nach Heidelberg, wo eine Freundin in dem dort eröffneten Pussy-Club arbeitete.

Dort schaffte die 23-Jährige zwei Wochen lang an. Mehrere der Angeklagten waren dort im Management beschäftigt. 1.000 Euro pro Woche habe man ihr in Aussicht gestellt, am Ende seien es nur 350 Euro gewesen. Eine Woche lang habe sie ohne freien Tag im Schichtdienst die Kunden befriedigt. Die Zustände seien unvorstellbar gewesen. "Mit zwei oder drei Kunden gleichzeitig, bis zu 20 vormittags und 20 abends." Mehr als 100 Freier hätten sich gleichzeitig in den Räumen aufgehalten.

Nachdem sie vergeblich auf ihr Geld gepocht hatte, überfiel sie zusammen mit ihrem Freund und einem Komplizen Anfang März 2009 die beiden Betreiber des Heidelberger Pussy-Clubs, um ihnen die Tageseinnahme abzunehmen. Drei Jahre und neun Monate Haftstrafe muss die 23-Jährige für diesen Raub verbüßen. Während der Tat war einer der nun Angeklagten mit einem Messer am Bein verletzt worden.

Der Prozess wird fortgesetzt.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/i ... fbb63.html

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