Meine Sexworker Heldinnen 2011 LuLu-Die Nuttenrepublik
Das Theaterstück LuLu -Die Nuttenrepublik von Frank Wedekind im Schaubühne Berlin war für mich und mein Mann das Highlight 2011.Wir haben es uns nicht nehmen lassen zweimal in die Vorstellung zu gehen.Ich hatte das Glück es mit Ariane ein drittes Mal auf Video anzusehen.
Eine großartige Leistung des Chores, bestehend aus 12 Sexworker, und 4 Schauspieler,die aus ihrem wirklichen Erleben als Prostituierten berichteten und die damit verbundenen Gefühle, Traüme und Illusionen auf eine teils humorvoll bis bedrückende Art und Weise dem Publikum eine realistisches Bild des Sexarbeit vorstellten. Mit jedem gesprochene Wort konnte ich (bin fast 30 Jahre als Hure tätig) mich selbst wieder erkennen. Die Kissenwand als Hintergrund der Bühne errichtet ,in der die Darsteller ein- und wieder auftauchten,vermittelte einerseits eine scheinbar kuschelige,weiche Wirklichkeit,anderseits, dazumal einer der Hauptdarsteller sich ausgerechnet mit einem dieser Kissen aus Verzweiflung über die von ihm in dieser Rotlichtwelt erlebten Realität erstickte,wurde dem Zuschauer schnell klar mit welche Härte das Leben zwischen den Kissen auch auf einander prallen kann..Diese Welt ist eben nicht wohl gemauert, wie die Ziegel in eine Wand,was sich am Ende des Schlussaktes dann auch zeigte, als die Kissenwand ungeordnet in sich zusammen fiel.Im Gegenteil nimmt jede einzelne Mensch teil an einem Chaos und ist als Einzelner darum bemüht das Beste daraus zumachen und sich so in die Gemeinschaft einzubringen.Im scheinbaren Ungeordneten sein liegt eben nicht eine Bedrohung, sondern Freiheit ,Erlösung und Geburt. Man muss, wie einer der Darsteller vor Augen führte,der immer wieder gegen diese Kissenwand trat ,eine kleinbürgerlichen und Sicherheit vorspiegelnden Pseudowelt in frage stellen,dieser manchmal sogar aggressiv entgegen treten. Die Sexworkerinnen gekleidet in eleganten Abendkleidern stellte das althergebrachte ,mit Vorurteile behaftete Bild der Hure als benutzbares Sexobjekt in den Köpfen des „normalen Bürger“ mehr als nur in Frage. Die Vielfalt der dargestellten Themen,wie Biographien,Arbeit,Geld, Freiertypen, Männer,Liebe & Sexualität,Bürgerliches Leben,Familie,Missbrauch,Straße,Gewalt,Angst,Ausstieg und Goldschwanz Manifest miteinander in einem Sprechchor erklingen zu lassen, halte ich für eine Meisterleistung des Regisseur Volker Lösch und alle Mitwirkenden.Nicht zuletzt der Brückenschlag zwischen des antiken und des modernen „Großen Welttheaters“ erschien mir wie ein hoffnungsgebender Regenbogen über der Zeit.
Das Zusammenspiel gelernte Schauspieler mit den Laienspielern ins Publikum hinein war eine in sich schlüssige Vorstellung. Vor allen Dingen war der selbstbewusste und mutige Auftritt der Sexworkerinnen sehr beeindrückend,aber auch die Tragfähigkeit der Berliner Schaubühne muss an dieser Stelle lobenswert hervorgehoben werden. Die 100 minutige Theatervorführung war durchdrungen von Spannung, Witz und ernsthafter Aussagen, dessen Höhepunkt am Schluß die dramatische Jackripper Szene war.Hier wurde ein Bild des Grauens, der ausgeschlachtete und monitär verwertete Mensch (denken wir an dieser Stelle an den Organhandel) im Kontrast zum Goldschwanz Manifest ( Wiedergeburt nach dem scheinbaren Schlussakt) vermittelt. Als Höhepunkt des Stückes ist die immer währende Suche nach Menschlichkeit zu Begreifen die im gemeinsamen gesprochenen Manifest Ausdruck und wie ich hoffe genügend Gehör fand. Eine großartige Performance die in Erinnerung bleiben wird, und eine Gelegenheit für SW ihr Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit lebendig vor zu stellen.Sexarbeit als Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens wahrnehmbar zu machen,sie nicht in eine Schmuddel Nische ins Abseits zu stellen, dies sollte Ansatzpunkt weitere fortschrittlichen Miteinandersein. Verschiedenste Sichtweisen müssen unbedingt inaktive Fähigkeit beinhalten und bekunden.Nur im Austausch und in der Ergänzung liegt die Möglichkeit von Lösungen die Freiheit kreieren und somit lebbar werden. Herzlichen Dank besonders an Ariane, die neben Volker Lösch die Grundlagen zu dem Stück erarbeitete aber auch an allen anderen beteiligten Darstellern.
Es wäre wünschenswert dieses Stück auch in anderen Städten aufzuführen.Es berührt einen Brennpunkt diese Zeit der dringend Lösungen braucht.
Mit lieben Grüßen und dankbar für dieses ganz besondere Erlebnis, Fraences und Günni
Meine Heldinnen 2011 LuLu-Die Nuttenrepublik
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Meine Heldinnen 2011 LuLu-Die Nuttenrepublik
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RE: Meine Heldinnen 2011 LuLu-Die Nuttenrepublik
Schön, dass es euch gefallen hat und wir Chor-Frauen haben uns über die Rosen, Geschenke und lieben Karten von euch und im Namen unseres Forums sehr gefreut. Das war eine schöne Überraschung.
Danke für euren Besuch!!! Ich war darüber sehr froh und glücklich.
Nur eine Anmerkung zu deinem Bericht: Der Künstler Schwarz , der sich mit dem Kissen erstickt, bringt sich aus Eifersucht um, nicht das Rotlichtmilieu wird dargestellt, sondern das Verhältnis Mann/Frau in der bürgerlichen Welt und Lulus unbedingter Wunsch nach Liebe; statt Liebe wird sie nur als Besitz, Zweck wahrgenommen und herumgereicht, ihr Wille schlussendlich gezähmt und gebrochen bis zur Totalvernichtung durch ihren Mörder.
Der eine Satz "das ist ja hier wie im Bordell" ausgesprochen von Schwarz in der Biografie-Szene (wo die Chorfrauen biografisches erzählen), vergleicht er den privaten Salon mit einem Bordell und LULU erzählt von ihrer Ehe mit ihrem ersten, sehr alten Mann Goll, vor dem sie jeden Abend "halbnackt" tanzen musste. "wer prostituiert sich nicht"? ist eine Frage, die sich durch das ganze Spiel hindurchzieht, wenngleich es die bürgerliche Gesellschaft beschreibt, Zitat Schöning zu Schwarz:"du hast eine halbe Million geheiratet ..."
LULU ist keine Prostituierte, unser Frauenchor ist ihr Echo und wir der mahnende Chor im Hintergrund, der das Schicksal und die Tragödie Lulus durch die Zeit begleitet, vervielfacht LULUs Erfahrungswelt mit biografischen Erzählungen, wobei nicht nur die verschiedenen Bereich der Sexarbeit, verschiedene Kunden-Typen thematisiert werden, sondern alle Themen unseres Lebens, die du Fraences oben aufgeführt hast: Familie, Träume, Arbeit, Wünsche, Hoffnungen ...... usw.
Ich hatte dann das Vergnügen, wie Fraences erwähnt hat, unser Stück das erste Mal auf der Bühne als Zuschauerin zu sehen; nach den Vorstellungen. In den ersten Szenen des Videos find ich meinen Ausdruck interessant, überraschend, weil passend; ich sehe aus wie eine zum Sprung bereite Bulldogge, passt zu mir, da es mein Lieblingshund ist. Meine Körperhaltung hat mich sehr erstaunt, da sie 1:1 zum Wutchor passt. Später hab ich mich in anderen Szenen entspannt, um beim Schluss-Manifest schliesslich eine souveräne Pose einzunehmen.
Das war eine ganz schöne stimmgewaltige Power!
also vielen Dank liebe Fraences für deinen Besuch und die lange Reise, die ihr beiden auf euch genommen habt, nur um unser Stück zu sehen. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, die DVD als File im geschlossenen Bereich zugänglich zu machen. Wegen der Kopierschutzrechte und Copyright kann ich es nicht in Umlauf bringen.
Ariane
Danke für euren Besuch!!! Ich war darüber sehr froh und glücklich.
Nur eine Anmerkung zu deinem Bericht: Der Künstler Schwarz , der sich mit dem Kissen erstickt, bringt sich aus Eifersucht um, nicht das Rotlichtmilieu wird dargestellt, sondern das Verhältnis Mann/Frau in der bürgerlichen Welt und Lulus unbedingter Wunsch nach Liebe; statt Liebe wird sie nur als Besitz, Zweck wahrgenommen und herumgereicht, ihr Wille schlussendlich gezähmt und gebrochen bis zur Totalvernichtung durch ihren Mörder.
Der eine Satz "das ist ja hier wie im Bordell" ausgesprochen von Schwarz in der Biografie-Szene (wo die Chorfrauen biografisches erzählen), vergleicht er den privaten Salon mit einem Bordell und LULU erzählt von ihrer Ehe mit ihrem ersten, sehr alten Mann Goll, vor dem sie jeden Abend "halbnackt" tanzen musste. "wer prostituiert sich nicht"? ist eine Frage, die sich durch das ganze Spiel hindurchzieht, wenngleich es die bürgerliche Gesellschaft beschreibt, Zitat Schöning zu Schwarz:"du hast eine halbe Million geheiratet ..."
LULU ist keine Prostituierte, unser Frauenchor ist ihr Echo und wir der mahnende Chor im Hintergrund, der das Schicksal und die Tragödie Lulus durch die Zeit begleitet, vervielfacht LULUs Erfahrungswelt mit biografischen Erzählungen, wobei nicht nur die verschiedenen Bereich der Sexarbeit, verschiedene Kunden-Typen thematisiert werden, sondern alle Themen unseres Lebens, die du Fraences oben aufgeführt hast: Familie, Träume, Arbeit, Wünsche, Hoffnungen ...... usw.
Ich hatte dann das Vergnügen, wie Fraences erwähnt hat, unser Stück das erste Mal auf der Bühne als Zuschauerin zu sehen; nach den Vorstellungen. In den ersten Szenen des Videos find ich meinen Ausdruck interessant, überraschend, weil passend; ich sehe aus wie eine zum Sprung bereite Bulldogge, passt zu mir, da es mein Lieblingshund ist. Meine Körperhaltung hat mich sehr erstaunt, da sie 1:1 zum Wutchor passt. Später hab ich mich in anderen Szenen entspannt, um beim Schluss-Manifest schliesslich eine souveräne Pose einzunehmen.

Das war eine ganz schöne stimmgewaltige Power!
also vielen Dank liebe Fraences für deinen Besuch und die lange Reise, die ihr beiden auf euch genommen habt, nur um unser Stück zu sehen. Vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, die DVD als File im geschlossenen Bereich zugänglich zu machen. Wegen der Kopierschutzrechte und Copyright kann ich es nicht in Umlauf bringen.

Ariane
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RE: Meine Heldinnen 2011 LuLu-Die Nuttenrepublik
Ich hab das Stück verpasst! ':010'
Über ein Video wär ich total glücklich!!
Friederike
Besser wäre natürlich eine Wiederaufnahme ....
Über ein Video wär ich total glücklich!!
Friederike
Besser wäre natürlich eine Wiederaufnahme ....
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- Registriert: 27.04.2008, 15:25
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Theaterfilm zdf Kultur
ZDF Kultur 3.1.13 um 20:15
Bis 9.1.2913 in der ZDF-Mediathek:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnav ... 6980/"Lulu"
Jeder ist Lulu verfallen. Als Sinnbild der Verführerin reißt sie alle um sich herum in den Abgrund: Der ältliche Dr. Goll, der mittelmäßige Kunstmaler Schwarz, ihr "Ziehvater" Dr. Schön und die lesbische Gräfin Geschwitz - alle erliegen ihrer Schönheit und bezahlen mit ihrem Leben. Basierend auf der Vorlage von Frank Wedekind hat Regisseur Uwe Janson nach eigenem Drehbuch einen der schillerndsten Stoffe der Theaterliteratur neu verfilmt.
Jessica Schwarz in der Titelrolle verführt ihr Publikum mit einem Mienenspiel, das sich zwischen abschätzig-dominant und kindlich-zerbrechlich bewegt. Mit ihrer rauchigen Stimme moduliert sie die Wedekindsche Sprache betörend, ohne je exaltiert zu klingen. Sylvester Groth als atemlos gehetzter Dr. Schön, der Lulu von der Straße geholt, sie erzogen und zu seiner Geliebten gemacht hat, changiert fließend zwischen Faszination und Begehren auf der einen und Abscheu und Abwehr auf der anderen Seite.
Bis 9.1.2913 in der ZDF-Mediathek:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/hauptnav ... 6980/"Lulu"
Jeder ist Lulu verfallen. Als Sinnbild der Verführerin reißt sie alle um sich herum in den Abgrund: Der ältliche Dr. Goll, der mittelmäßige Kunstmaler Schwarz, ihr "Ziehvater" Dr. Schön und die lesbische Gräfin Geschwitz - alle erliegen ihrer Schönheit und bezahlen mit ihrem Leben. Basierend auf der Vorlage von Frank Wedekind hat Regisseur Uwe Janson nach eigenem Drehbuch einen der schillerndsten Stoffe der Theaterliteratur neu verfilmt.
Jessica Schwarz in der Titelrolle verführt ihr Publikum mit einem Mienenspiel, das sich zwischen abschätzig-dominant und kindlich-zerbrechlich bewegt. Mit ihrer rauchigen Stimme moduliert sie die Wedekindsche Sprache betörend, ohne je exaltiert zu klingen. Sylvester Groth als atemlos gehetzter Dr. Schön, der Lulu von der Straße geholt, sie erzogen und zu seiner Geliebten gemacht hat, changiert fließend zwischen Faszination und Begehren auf der einen und Abscheu und Abwehr auf der anderen Seite.
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- PlatinStern
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- Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn
Super, danke ehemaliger_User! Kannte ich noch nicht dieses Kammerspiel/Verfilmung. Ja, vor zwei Jahren war die Premiere unserer LULU und ich war trotz allem ganz glücklich; letztjährig ist die Grösste aller deutschen LULU Darstellerinnen an deutschen Theatern verstorben:
Susanne Lothar
* 15. November 1960 in Hamburg; † 21. Juli 2012 in Berlin

Susanne Lothar
* 15. November 1960 in Hamburg; † 21. Juli 2012 in Berlin

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