ZwangsFreier Kriminalisierung

Wer mit Menschen zu tun hat, hat oft genug auch mit Dummköpfen zu tun. Macht eurem Ärger Luft. Es bleibt unter euch. Ebenso sollen hier aber auch vorbildliche Klienten aufgeführt werden. Wie sieht der ideale Klient aus?
ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Ne typische Methode unlauterer Pressearbeit. In der Überschrift etwas behaupten aber dann nicht beschreiben ausser "wenn eine Frau mit Gewalt vorgeführt wird". Wie ist es dann im SM-Bereich mit Sklavinnen?

Ich übertrage mal eine Forderung in das Umfeld häusliche Gewalt: "Künftig soll eine Verurteilung von Tätern auch ohne eine Aussage des Opfers möglich sein". Das hört sich für mich ähnlich an wie der ehemalige Straftatbestand "Kuppelei" oder "Förderung der Prostitution" - reine Ansichtssache, aber totale Rechtsunsicherheit.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: Strafe für Zwangsprostituierten-Freier

Beitrag von fraences »

Die satirische Berichterstattung zur Freierbestrafung

Wie sagte es Jacqueline Suter von Xenia , eine Beratungsstelle für Prostiuierte aus Bern:" sie könne der Absurdität des gesamten Verfahrens nur noch mit ironischer Distanz begegnen"
die sie auf den Businessplan bezog. Aber gut übertragbar auf Freierbestrafung.


Horizontal-Lizenz oder Freierschein?

Tolle Wurst: Bilden demnächst die Volkshochschulen Freier aus?

Wenn die Pläne der Koalition zur Bestrafung von Freiern Realität werden, so lässt sich die Nachfrage nach Befriedigung nur nur auf zwei Wegen rechtssicher befriedigen: Entweder durch staatlich geprüfte und zertifizierte Prostituierte, oder aber durch einen Freierschein.

In ihrer Koalitionsvereinbarung haben die Volksparteien vereinbart, nicht nur gegen die Menschenhändler, sondern auch gegen diejenigen vorzugehen, die wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen. Das Ziel, die Ausbeutung und Erniedrigung von Menschen zu bekämpfen, ist ehrenwert. Nachvollziehbar ist auch, dass man bei der Nachfrage ansetzen möchte, die erst Märkte schafft. Aber wie sich die Kriminalisierung unredlicher Freier in der Realität gestalten, insbesondere der Nachweis sicheren Wissens der Umstände erbracht werden soll, ist Fachleuten ein Rätsel.

Ob ein sich ein Mensch in einer Zwangslage befindet, ist selbst für erfahrene Polizisten nur in Evidenzfällen feststellbar. Der wirtschaftliche Zwang, Geld verdienen zu müssen, ist weit verbreitet. Sicheres Wissen über einen Fall von Menschenhandel wird ein Freier selten haben, auch müsste eine solches nachweisbar sein. Lässt man hingegen Fahrlässigkeit genügen, dann setzt sich künftig jeder Freier dem Risiko aus, eine Straftat zu begehen, denn Ausschließen kann man eine Zwangslage nie. Sofern es nicht, wie etwa in Schweden, politischer Wille sein sollte, die Prostitution ganz auszumerzen, müsste den Freiern eine verwaltungstechnisch praktikable Verkehrsmöglichkeit geboten werden.

Staatlich geprüfte Sexarbeiterin (IHK)
Einzig überzeugende Alternative wäre die staatlich zertifizierte Sexarbeiterin. Eine Behörde müsste vor Vergabe einer einzuführenden Horizontal-Lizenz prüfen, in welchen Verhältnissen die Anbieterin lebt. Vormalige GEZ-Schnüffler oder Verfassungsschützer könnten zur Beschattung von Prostituierten eingesetzt werden, um deren Lebenswandel zu verifizieren. Verfügt etwa der Lebenspartner über kein geregeltes Einkommen, ist er als Zuhälter zu betrachten, da er auf Kosten der Prostituierten lebt.
Huren könnten demnächst dann also den Job verlieren, wenn sie sich mit Hartz4ern einlassen. Und auch die Familie in Osteuropa erhält künftig keine Überweisung mehr - egal, welche medizinische Versorgung Verwandte gerade benötigen. Wenn jemand zur Finanzierung von Drogensucht anschafft, dann ist das unter dem Gesichtspunkt von Menschenhandel keine Zwangslage; aber macht es einen wesentlichen Unterschied, Geld an einen Dealer statt an einen Zuhälter abzuführen?
Anzeige

Anstelle einer staatlichen Behörde könnte man mit solch delikater Aufgabe die Industrie- und Handelskammer beleihen. Bei dieser Gelegenheit könnten IHK-Huren auch auf einheitliche Mindeststandards verpflichtet werden, etwa um Grundkenntnisse in Hygiene sicherzustellen. Bei SM-Anbieterinnen wären psychologische Qualifikationen wünschenswert.

Einführungskurse
Doch wenn keine staatlich geprüften Prostituierten zur Verfügung gelegt werden, muss der Freier selbst den Verkehr mit Zwangsprostituierten verhüten. Um das Risiko beurteilen zu können, bedarf es kompetenter Schulung. Nur dann, wenn die Freier wirklich erkennen können, dass sie sich mit einer Zwangsprostituierten einlassen, ließe sich das Delikt strafrechtlich erfassen.
Daher dürfen sich Volkshochschulen auf eine baldige Erweiterung ihres Angebots zur Erwachsenenbildung freuen: Die Ausbildung zum Freierschein. In Abendkursen werden die Männer dann künftig darüber belehrt, welche Verkehrsregeln zu beachten sind, die zumindest den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründen, falls bereits diese unter Strafe gestellt werden sollte. In den Raucherpausen können die Herren sich dann wie in den Freierforen über das lokale Angebot und Verbraucherschutz austauschen. Vorgeschrieben wird vermutlich auch eine Nachtfahrt.
Danach geht es zum Verkehrsamt, wo eine schriftliche Prüfung abgenommen wird. Anschließend besucht ein Prüfer mit dem Prüfling dann den Straßenstrich und rotlichtige Kaschemmen, wo im Einzelfall beurteilt werden sollt, welche der Anbieterinnen wohl Zwangsprostituierte ist. Dann gibt es erst einmal den Freierschein auf Probe. Wer mit einer Zwangsprostituierten erwischt wird, muss zur Nachschulung. Oder zur leichten Erziehung.

www.heise.de/tp/artikel/40/40486/1.html

Und hier noch ein Blogger:

Regierung führt Kennzeichnungspflicht für Zwangsprostituierte ein.

http://erzaehlmirnix.wordpress.com/2013 ... ierte-ein/
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
Arum
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 961
Registriert: 01.06.2009, 13:35
Wohnort: Niederländische Grenzregion
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: Strafe für Zwangsprostituierten-Freier

Beitrag von Arum »

          Bild
fraences hat geschrieben:
Einzig überzeugende Alternative wäre die staatlich zertifizierte Sexarbeiterin. Eine Behörde müsste vor Vergabe einer einzuführenden Horizontal-Lizenz prüfen, in welchen Verhältnissen die Anbieterin lebt. Vormalige GEZ-Schnüffler oder Verfassungsschützer könnten zur Beschattung von Prostituierten eingesetzt werden, um deren Lebenswandel zu verifizieren. Verfügt etwa der Lebenspartner über kein geregeltes Einkommen, ist er als Zuhälter zu betrachten, da er auf Kosten der Prostituierten lebt.
Huren könnten demnächst dann also den Job verlieren, wenn sie sich mit Hartz4ern einlassen. Und auch die Familie in Osteuropa erhält künftig keine Überweisung mehr - egal, welche medizinische Versorgung Verwandte gerade benötigen. Wenn jemand zur Finanzierung von Drogensucht anschafft, dann ist das unter dem Gesichtspunkt von Menschenhandel keine Zwangslage; aber macht es einen wesentlichen Unterschied, Geld an einen Dealer statt an einen Zuhälter abzuführen?
Es ist traurig genug, aber in den Niederlanden geht die Polizei, wie man dem Blog der SW Zondares (=Sünderin), http://zondares.blogspot.nl/ , entnehmen kann, jetzt schon ungefähr so vor. Sehr regelmässig erzählt Zondares von der Art und Weise, wie man bei uns als SW von der Polizei und weiteren Behördern und Instanzen drangsaliert wird, unter der Annahme, was man auch tue, man sei eben Opfer der Zwangsprostitution.

Zum Beispiel hat sie vor einiger Zeit die von der niederländischen hantierten Liste der sogennannten Signale von Zwangsprostitution veröffentlicht. Da kann man als SW nach behördlicher Beurteilung Punkte sammeln, so z.B.: Es ist ein Signal der Zwangsprostitution, wenn man kaum Geld zum Ausgeben hat, es ist aber auch ein Signal der Zwangsprostitution, wenn man sein Geld mit vollen Händen ausgibt!! Und ohnehin, auch wenn man nicht genügend Verdachtsmomente erfüllt, da bliebt immer noch das letzte Kriterium: Die polizeiliche Intuition... Wirklich, so wird, wenigstens in Amsterdam, offiziell hantiert...

Es kommt mir immer mehr so vor, als hätte GroKo sich von der niederländischen Situation inspirieren lassen, vielleicht kursiert diese Liste jetzt schon in Berlin, und so ist es sehr schade, dass Zondares eben auf Niederländisch, nicht auf Deutsch oder Englisch schreibt. Sie hat vor kurzem zum Beispiel auch einen Beitrag dazu geschrieben, wie einfach es für den Freund einer SW ist als möglicher Zuhälter ins Visier der Polizei zu geraten, und was man als SW nicht alles tun muss, um diese Chance so weit es nur geht, zu verringern. Und so analysiert sie immer wieder die Folgen der allgemeinen Stigmatisierung, die hinter diesem Menschenhandel-Diskurs stecken.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: Strafe für Zwangsprostituierten-Freier

Beitrag von fraences »

Beratungsstellen warnen vor Strafandrohung für Freier


Essen. Prostitution ist gerade ein großes Thema. SPD und Union wollen den Druck auf Freier erhöhen, Frankreich plant harte Strafen für alle Kunden von Prostituierten. Und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer fordert in einem Appell gar das Ende der Prostitution.


Die Prostituierten-Beratungsstellen Kober (Dortmund), Madonna (Bochum) sowie Iris Sperg vom Duisburger Gesundheitsamt beobachten diese Entwicklungen mit Sorge. Prostitution lässt sich nicht per Gesetz verbieten, meinen sie. „Dann würden sich die Frauen dort prostituieren, wo sie niemand mehr im Blick hat“, warnt Mechthild Eickel (Madonna). Das Ergebnis: extreme Unsicherheit, Gefahren für die Gesundheit der Frauen.

Können Freier überhaupt erkennen, ob eine Frau zur Prostitution gezwungen wird? CDU-Politiker glauben daran. Iris Sperg nicht: „Selbst für uns Sozialarbeiter ist das schwer zu erkennen.“ Sie und ihre Kolleginnen Mechthild Eickel und Elke Rehpöhler (Kober) fürchten, ein härteres Prostitutionsgesetz würde Freier davon abhalten, wie bisher mögliche Fälle von Zwangsprostitution zu melden. „Das macht kein Kunde, wenn er fürchten muss, bestraft zu werden“, gibt Rehpöhler zu bedenken.

5000 bis 10 000 Prostituierte
Verlässliche Zahlen zur Prostitution im Ruhrgebiet gibt es wenige. Das Gesundheitsministerium sagt: „Institutionen wie Beratungsstellen für Prostituierte schätzen, dass es eine weibliche Prostituierte pro 500 bis 1000 Einwohner gibt. Ausgehend davon wäre im Revier von 5150 bis 10 300 Prostituierten auszugehen.“ Experten zufolge sollen es in Dortmund rund 1500 sein, in Bochum 500. In Duisburg gab es im Herbst 2012 insgesamt 440 Zimmer in Bordellen. Dort arbeiteten 224 Frauen. 56 stammten aus Bulgarien, 69 aus Rumänien, 14 waren Deutsche. Auf dem Straßenstrich arbeiten in Duisburg zehn bis 20 Frauen. Dazu gibt es 30 bekannte Clubs und Saunen dort.


www.derwesten.de/region/rhein_ruhr/bera ... 33544.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

Die Prohibition der Prostitution

Das Strafrecht soll es richten. Mal wieder. Die Große Koalition will sich an Frankreich und den skandinavischen Ländern orientieren und Prostitution strafbar machen. Nicht die Prostituierte, sondern der Kunde soll gegebenenfalls verfolgt werden.

So sehen es nach Medienberichten die aktuellen Planspiele vor, welche die künftige Bundesregierung umsetzen soll. Immerhin gehen die Pläne derzeit nicht so weit, Prostitution insgesamt zu verbieten. Den verantwortlichen Politikern scheint klar zu sein, dass trotz lautstarker Befürworter wie Alice Schwarzer eine Prohibition der Prostitution kaum durchsetzbar wäre.

Zum einen, weil die moralisch-religiöse Keule in unserem Land längst zum Gummihämmerchen verkümmert ist. Zum anderen, weil der Versuch, das Gewerbe nicht nur auf dem Papier zu verbieten, quer durch die Weltgeschichte bislang immer gescheitert ist. Dass dies dann ausgerechnet in einer – in den Kernzügen – noch liberal eingestellten Gesellschaft wie der unseren gelingen soll, ist ja wohl kaum anzunehmen.

Stattdessen also der Gedanke, wenigstens die Kunden von Zwangsprostituierten zu bestrafen. Das soll unter der Voraussetzung möglich werden, dass die Zwangslage der Betroffenen für den Kunden erkennbar ist. Da schwingt die Vorstellung mit, Prostituierte würden in Ketten an ihren Arbeitsplatz geführt und wiesen erkennbare Misshandlungsspuren auf, so dass jeder Kunde trotz diffuser Beleuchtung sofort eine Notlage diagnostizieren kann.

So einfach ist es aber nicht. Die weitaus meisten Zwangslagen beruhen auf psychischem Druck. Diesen Druck kann der Kunde im Regelfall nicht erkennen. Ich stelle mir also die Frage, welchen Anwendungsbereich so eine Strafdrohung überhaupt haben kann.

Überdies: Erkennt der Kunde die Notsituation oder wendet er gar selbst Gewalt an, gibt es für sein Verhalten bereits strafrechtliche Normen. Sie heißen etwa Nötigung und Freiheitsberaubung. Und Körperverletzung oder gar Vergewaltigung. Diese Vorschriften schützen auch Sexarbeiter.

Bleibt also der Verdacht, dass die angehende Regierung vordergründig mit ihrem Gesetzesvorhaben tatsächlich gar keine Bestrafung bezweckt. Sondern Abschreckung. Die schlichte Angst vor möglichem Ärger soll davon abhalten, sexuelle Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. In diese Richtung geht ja eindeutig der etwa bei Spiegel online zitierte Satz einer Verhandlungsführerin, Freier müssten künftig halt damit rechnen, “dass zu Hause die Polizei vor der Tür steht”.

Das Strafrecht dient demnach als moralischer Hebel. Auch damit haben wir schon Erfahrungen gemacht. Sehr schlechte.

www.lawblog.de/index.php/archives/2013/ ... die-moral/
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

Prostitution und Zwang
Von Matthias Beermann
Frankreich, hierzulande ja gerne karikiert als Hort der lockeren Sitten, pflegt in Wirklichkeit schon lange einen eher restriktiven Umgang mit der Prostitution. Schon kurz nach dem Krieg wurden die Bordelle verboten, zuletzt wurde unter dem konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy die "Anmache", also das Anwerben von Kunden durch Prostituierte im öffentlichen Raum, unter Strafe gestellt. Beides hat weder die Prostitution eingedämmt, noch das Los der Prostituierten verbessert.

Nun will man es in Paris mit der Bestrafung der Freier versuchen. Das ist das schwedische Modell, es basiert auf einer moralischen Ächtung und der Annahme, dass die Prostituierten die Opfer sind und ihre Kunden die Täter. Das mag die Nachfrage nach käuflichem Sex eindämmen, verschwinden wird sie nicht. Das Gewerbe wird abtauchen, was die Bekämpfung der Zwangsprostitution noch schwieriger macht. Da erscheinen die deutschen Pläne, die einst von SPD und Grünen blauäugig beschlossene Liberalisierung mit schärferen Kontrollen nachzubessern, als die erfolgversprechendere Alternative.
Nun will man es in Paris mit der Bestrafung der Freier versuchen. Das ist das schwedische Modell, es basiert auf einer moralischen Ächtung und der Annahme, dass die Prostituierten die Opfer sind und ihre Kunden die Täter. Das mag die Nachfrage nach käuflichem Sex eindämmen, verschwinden wird sie nicht. Das Gewerbe wird abtauchen, was die Bekämpfung der Zwangsprostitution noch schwieriger macht. Da erscheinen die deutschen Pläne, die einst von SPD und Grünen blauäugig beschlossene Liberalisierung mit schärferen Kontrollen nachzubessern, als die erfolgversprechendere Alternative.

www.rp-online.de/politik/prostitution-u ... -1.3865831
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Fragender
unverzichtbar
unverzichtbar
Beiträge: 180
Registriert: 12.07.2011, 10:18
Wohnort: Am Rand des Ruhrgebiets
Ich bin: Außenstehende(r)

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Fragender »

Ich sehe das Problem gar nicht, das manche mit der nun geplanten Regelung haben. Jedenfalls nicht, wenn die Regelung so ausfällt, wie sie angekündigt ist. Da steht doch eindeutig "wissentlich und willentlich". Also nicht, dass jeder Freier einer Zwangsprostituierten bestraft werden kann.

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Für "wissentlich und willentlich" sind die bestehenden Strafgesetze ausreichend. Und es wird weiter in den Köpfen verankert: Prostitution = Zwang und Männer = Schweine.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Klaus Fricke
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 1121
Registriert: 05.11.2010, 16:16
Wohnort: Bremen / Sougia - Kreta
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Klaus Fricke »

@ Fragender

Ich sehe die Gefahr an dem Gesetz nicht darin, dass es zu Veurteilungen kommt, sehr wohl aber, dass damit Kontrollmassnahmen gegenüber Kunden gerechtfertigt werden können. Nach dem Motto: Sie kommen ja gerade aus dem Puff. Sie waren da eine Stunde. Ist ihnen nichts aufgefallen .... Das könnte Standard deutscher Amtspraxis werden, um das "Dunkelfeld Menschenhandel" aufzudecken. Ein § im StGB, als Offizialdelikt kategorisiert, würde die Polizei verpflichten intensiv zu ermitteln. Daraus ergäben sich dann zusätzliche Kontrollbedürfnisse, die zusätzliche Kontrollrechte begründen könnten etc. Ganz praktisch, wenn ein Einsatzwagen vorm Wohnungsbordell steht, reduziert sich der Umsatz dort dramatisch.
Die Freierbestrafung "light" erweisst sich dann als schwere Kost.

In diese Richtung weisen die Aussagen von Frau Widmann Mauz in diesem Interview:
http://www.deutschlandfunk.de/prostitut ... _id=270768

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

PROSTITUTION
Gesetzesplan gegen Zwangsprostitution stößt in Duisburg auf Skepsis

550 genehmigte Plätze für Prostitution in den Laufhäusern zwischen Vulkan-, Charlotten- und Julius-Weber-Straße, dazu eine unbekannte Zahl in nicht offiziellen Bordellen, in Privatwohnungen, in Massagesalons, Sauna- und Swingerclubs und auf dem Straßenstrich: Da wird der Weg, den Union und SPD nun gehen wollen, um Zwangsprostitution zu bekämpfen, in Duisburg ganz schön unübersichtlich. Und: unüberprüfbar. Denn die beiden koalitionswilligen Parteien planen, nach der Regierungsübernahme das Prostitutionsgesetz dahingehend zu verschärfen, Freier, die wissentlich Dienste von Zwangsprostituierten gekauft haben, zu bestrafen, möglicherweise auch mit Gefängnis (wir berichteten). Doch wer soll das kontrollieren?


Für Polizeisprecher Ramon Van der Maat eine klare Sache, eine für die Politik, nicht für die Polizei: „Das ist nicht unser Thema. Darüber müssen sich die Politiker Gedanken machen, wie sie das umsetzen wollen. Es gibt jetzt schon rechtliche Möglichkeiten gegen Zwangsprostitution vorzugehen. Wenn wir davon erfahren, werden wir tätig.“

„Eine Minderheit im Gewerbe“
Genau da aber sieht Iris Sperg vom Duisburger Gesundheitsamt eine negative Auswirkung des Gesetzesvorhabens: „Dann und wann bekommen wir von Laufhaus- oder Bordellkunden Hinweise, dass etwas nicht stimmt mit der Frau, bei der sie waren. So haben wir schon öfter davon erfahren, wo Frauen zur Prostitution gezwungen wurden. Solche Männer würden sich dann nicht mehr bei uns melden, weil sie sich natürlich nicht selbst belasten wollen.“ Da sollte man nach Meinung von Iris Sperg besser ein Notfalltelefon für Freier und Prostituierte einrichten.

Ohnehin ist es nach den Erfahrungen der Sozialarbeiterin äußerst schwierig, Zwangsprostitution deutlich zu erkennen. „Selbst für uns ist das nicht so einfach“, gibt sie zu und erzählt die Geschichte einer jungen Frau, die immer wieder beteuerte, freiwillig in dem Gewerbe zu arbeiten und der Mann an ihrer Seite sei ihr Verlobter. Erst viel später habe sich herausgestellt, dass doch Zwang im Spiel war.

Iris Sperg: „Die klassische Zwangsprostituierte, die eingesperrt und mit Prügeln gezwungen wird, sich zu verkaufen, ist eher in der Minderheit in diesem Gewerbe.“ Was unter Zwangsprostitution zu verstehen sei, müsse man ohnehin fein definieren, sagt Sperg. „Sicher zwingt die wirtschaftliche Not viele Frauen aus osteuropäischen Ländern wie Rumänien und Bulgarien hierher zu kommen. Und da wir Prostitution nunmal als Berufszweig haben, dafür aber keine berufsständische Anmeldung gefordert wird, was meiner Meinung nach notwendig wäre, verdienen sich viele Frauen in diesem Gewerbe das Geld.“ Diese Frauen deshalb aber alle als Zwangsprostituierte zu sehen, lehnt Sperg ab.

Die Sozialarbeiterin ist mindestens einmal wöchentlich in den genehmigten Laufhäusern und hat Kontakt zu den Frauen, die dort arbeiten. „Ich muss akzeptieren, was die Frauen mir erzählen. Nicht alle Frauen, die als Prostituierte arbeiten, sind Opfer.“

„Freiwilligkeit ist Etikettenschwindel“
Das sieht die Organisation Solwodi völlig anders. Der eingetragene überkonfessionelle und überparteiliche Verein, der auch in Duisburg eine Anlaufstelle hat, setzt sich seit 1987 in Deutschland für die Opfer von Menschenhandel ein. Für Helga Tauch von Solwodi ist Freiwilligkeit in der Prostitution ein Etikettenschwindel: „Frauen, die täglich 12 bis 16 Stunden in den Laufhäusern eingecheckt sind, die ständig überwacht werden von ihrem sogenannten Freund, Verlobten oder Manager, für den sie anschaffen gehen, weil sie in ihn verliebt sind, oder ihm Geld schulden; Frauen, die aus Armut eingewandert sind, hier aber keine Arbeitserlaubnis bekommen, aber sich schon mit 18 Jahren prostituieren können, ohne Arbeitserlaubnis, ohne Sprachkenntnisse, ohne gemeldeten Wohnsitz, ohne Krankenversicherung und ohne Belehrung über sicheren Sex, Verhütung und Vermeidung von Geschlechtskrankheiten - da stellt sich für uns schon die Frage, wie freiwillig sie ihre Dienste anbieten.“ Hinzu komme, dass viele dieser Frauen ihre Ekelerfahrungen mit Alkohol oder zunehmend mit Kokain zu betäuben versuchen. „Ist auch das freiwillig?“, fragen sich Tauch und ihre Mitstreiterinnen.

Das geplante Gesetz hält auch Helga Tauch für nicht umsetzbar, begrüßt es aber dennoch: „Es ist ein erster Schritt, um die Aufmerksamkeit auf Frauen zu lenken, die nicht freiwillig als Prostituierte arbeiten. Es ist ein Wachrütteln für die Problematik. Im Moment kann es den Freiern egal sein, ob die Frau, deren Dienste sie kaufen, dazu gezwungen wird. Wenn das künftig unter Strafe steht, ist das anders.“


www.derwesten.de/staedte/duisburg/geset ... 49915.html
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

EUROPAS FREIERN DÜRFTE DIE LUST VERGEHEN

Nach Frankreich und Deutschland wollen auch die Briten den käuflichen Sex kriminalisieren - damit das Land nicht zum Prostitutionsmagnet des Kontinents wird

Von Claudia Gnehm

Brüssel Jetzt soll auch in Grossbritannien der Kauf von Sex unter Strafe gestellt werden. Das forderte diese Woche eine Koalition von britischen Parlamentariern. Man möchte weniger Ausbeutung und Gewalt gegen Frauen. Die Briten wollen aber auch verhindern, dass die Insel zum Magnet von Sexarbeiterinnen und Freiern wird. Denn auf der anderen Seite des Kanals gibt es zunehmend Bestrebungen, die Freier zu kriminalisieren.

Das älteste Gewerbe der Welt steht in Europa vor einem Regulierungsschub. Ein Land nach dem anderen zieht die Schrauben an und übernimmt das Modell von Schweden. Dort ist der Kauf von Sex seit 1998 strafbar. Das heisst: Die Freier werden bestraft, nicht die Prostituierten.

Anfang Dezember hat die französische Nationalversammlung ein Gesetz auf Basis des schwedischen Modells verabschiedet. Künftig kann Sex mit Prostituierten teuer werden. 1500 Euro sollen Kunden zahlen, die käuflichen Sex in Anspruch nehmen.

Auch in Deutschland, Belgien, Irland und sogar im liberalen Holland ist die Kriminalisierung der Freier geplant. Die Illusion über den Nutzen einer kompletten Legalität der Prostitution ist verschwunden. Seit in Deutschland 2002 die Sittenwidrigkeit des Sexgewerbes abgeschafft wurde, sehen sich die Deutschen als Puff Europas.

Die pragmatischen Holländer gingen lange Zeit davon aus, dass es am besten sei, wenn erwachsene Frauen frei wählen könnten, ob sie als Prostituierte arbeiten wollen. Inzwischen wächst das Bewusstsein, dass viele Frauen gar keine Wahl haben und sich nicht aus freien Stücken prostituieren.

Verbieten will Europa das Sexgewerbe denn doch nicht

Auf Zypern war das horizontale Gewerbe bisher ebenfalls legal. Doch kürzlich hat der zypriotische «Ombudsman gegen Frauenhandel» der Regierung klargemacht, dass das schwedische Modell der einzige Weg sei, um den Frauenhandel auf der Insel einzudämmen.

In Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und Dänemark gibt es eine kontrollierte legale Prostitution. In Griechenland dürfen sich über 18-Jährige in staatlich überwachten Bordellen prostituieren. Die Sexarbeiterinnen müssen sich registrieren und alle zwei Wochen ihre Krankenkarte kontrollieren lassen. Doch das gilt in anderen europäischen Ländern nicht als erstrebenswertes Zukunftsmodell.

In der EU ist der Trend klar: Es soll striktere Gesetze geben. Angestrebt wird eine begrenzte Regulierung, ohne ein komplettes Prostitutionsverbot wie in Lettland und Kroatien einzuführen. Bisher scheint einzig das schwedische Modell erfolgreich. Die Zahl der Strassenprostituierten in Schweden hat sich seit 1998 um zwei Drittel reduziert.

Bestrafung der Freier ist in der Schweiz momentan undenkbar

Während andere Länder die Gesetzgebung verschärfen, werden in der Schweiz die Bedingungen für das Sexgeschäft weiter gelockert. Neuerdings können Prostituierte ihren Lohn vor Gericht einfordern. Diverse Vorstösse im Parlament zielen zudem darauf ab, die rechtliche Stellung von Sexarbeiterinnen weiter zu verbessern und die im Gesetz festgehaltene «Sittenwidrigkeit» der Prostitution aufzuheben.

Eine Bestrafung der Freier ist in der Schweiz vorerst nicht denkbar. Die NZZ schreibt beispielsweise: «Zwischen zwei selbstbestimmten Subjekten herrscht Vertragsfreiheit, und demgemäss muss sich der Staat aus dem Sexualleben seiner Bürger inklusive Sexarbeiterinnen heraushalten.»

In der EU wird bereits der Ruf nach einer länderübergreifenden Gesetzgebung laut: Die britische EU-Parlamentarierin Mary Honeyball fordert eine gesamteuropäische Regulierung der Prostitution. Sonst bestehe Gefahr, dass der Sextourismus in Europa gefördert werde.

www.sonntagszeitung.ch/nachrichten/arti ... sid=269623
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
Arum
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 961
Registriert: 01.06.2009, 13:35
Wohnort: Niederländische Grenzregion
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von Arum »

          Bild
fraences hat geschrieben: sogar im liberalen Holland ist die Kriminalisierung der Freier geplant.
Stimmt nicht. Da wird mal wieder lügnerisch Stimmung gemacht.

Die wichtigsten Befürworter in diese Richtung sind/waren zwei Volksvertreter. Der eine Herr Segers von der ChristenUnie (eine kleinere protestantische Partei, so etwas wie eine linkische CDU, zu unterscheiden vom CDA, der tatsächlichen Schwesterpartei der CDU); die andere Frau Hilkens, Sozialdemokratin. Die sind zusammen für eine Fernsehdoku nach Schweden gefahren, wo sie natürlich nur mit Behörden Kontakt hatten. Bemerkenswerterweise aber hat dann kurz nach Sendung dieser Doku Frau Hilkens ihren Sitz im Parlament aufgegeben, unbegründet. Dabei soll angemerkt werden, dass sie reichlich mit Emails bombardiert worden sein soll, in denen SW-Bloggerin Zondares sie zum Thema Schweden aufgeklärt hat. Und so ist jetzt von sozialdemokratischer Seite keine offizielle BefürworterIn des schwedischen Modells mehr übrig. Zum Thema 'schwedisches Modell 'herrscht bei uns im Moment ohnehin eine bemerkenswerte Ruhe vor. Umfragen belegen anscheinend überhaupt, dass die Niederländer mehrheitlich dagegen wären.
Guten Abend, schöne Unbekannte!

Joachim Ringelnatz

Benutzeravatar
Snickerman
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 365
Registriert: 26.07.2009, 15:16
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Snickerman »

Lieber wäre es mir, wenn Londons City ein riesiges Rotlichtviertel wird, als dass dort weiterhin geldstrotzende Bankster mit Billionen nur so um sich werfen
und Millionen von Schicksalen riskieren, nur um noch ein paar Promille mehr Profit herauszuquetschen!
Dagegen sollten sich die Politiker mal empören- aber dann hängen ja auf einmal viele Arbeitsplätze von den Spekulanten ab
und natürlich etliche Politikerkarrieren...
Ich höre das Gras schon wachsen,
in das wir beißen werden!

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Frankreich

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Gegen Freierbestrafung in Frankreich

Interview mit Sexworker Thierry
http://www.itele.fr/chroniques/invite-s ... orce-63997

Brief von Sexworker Thierry
viewtopic.php?p=136428#136428

Benutzeravatar
Tilopa
Silberstern
Silberstern
Beiträge: 444
Registriert: 17.02.2013, 12:50
Ich bin: SexarbeiterIn

Beitrag von Tilopa »

Falscher Pioniergeist: Das schwedische Anti-Freier-Gesetz

Robert Sommer in Das Blättchen (23.12.2013)

„Er könnte ihr Nachbar sein, sogar ihr bester Freund. Oder vielleicht ist er ihr Arbeitskollege, oder jemand mit dem sie letztes Wochenende auf einer Party gesprochen haben. Er führt ein normales Leben – er ist verheiratet, hat Kinder, eine gute Arbeit – mit anderen Worten er ist ein ganz normaler Mann. Aber er kauft auch sexuelle Dienstleistungen und stützt dadurch den Markt für sexuelle Ausbeutung, Prostitution und Menschenhandel. Und nach dem schwedischen Gesetz ist er ein Krimineller.“ So heißt es in einer schwedischen Broschüre mit Titel „Targeting THE SEX BUYER. The Swedish example: stopping prostitution and trafficking where it all begins“ (zu Deutsch: DER SEXKÄUFER im Visier. Das Schwedische Beispiel: Prostitution und Menschenhandel dort stoppen, wo er beginnt). Sie wird vom Schwedish Institut herausgegeben, einer staatlichen Institution, die weltweit für die schwedische Kultur wirbt. Verfasst hat sie eine PR-Frau.
Die Broschüre erinnert an die Modezeitschrift COSMOPOLITAN oder auch einen IKEA-Katalog. Auf dem Cover lächelt ein Geschäftsmann mit Seidenkrawatte. Seine Augen sind nicht zu erkennen. Er könnte eben ein gut verdienender Nachbar sein. Ein wenig erinnert er an den ehemaligen Fußballer David Beckham. Im Heft wird mit bunten Fotos ein perfektes Schweden dargestellt und mit dramatischen Berichten und Fotos von vermeintlichen Zwangsprostituierten konterkariert.
In Schweden ist der Kauf von sexuellen Dienstleistungen seit 1999 verboten. Freier drohen bis zu zwei Jahre Haft. Die schwedische Regierung feiert dieses Modell als Erfolg und macht europaweit dafür Werbung. So in der eingangs zitierten Broschüre über SEX-KÄUFER. Im Internet ist dieses Heft in Englisch, Spanisch, Russisch und sogar Türkisch kostenlos zu haben. Aber nicht in Deutsch. Wohl weil Deutschland einen anderen Weg geht: Seit 2004 ist hier die Prostitution legal. Prostituierte haben in Deutschland Rechte, die sie sogar einklagen können.
Das schwedische Gesetz basiert auf einer ziemlich fatalen Gleichsetzung: Es wird kein Unterschied zwischen Prostitution und Menschenhandel gemacht. Frauen, die selbstgewählt sexuelle Dienstleistungen verkaufen, gibt es demnach nicht mehr. Denn wie, so argumentieren die Befürworter des Gesetzes, könnte eine Frau dies je freiwillig tun? Damit wird ein Randbereich der Prostitution ins Zentrum gerückt. Huren artikulierten ihren Widerspruch – doch die schwedische Politik hörte nicht auf sie. Damit wurden die zirka 1.800 bis 3.000 schwedischen Sexarbeiterinnen pauschal zu Opfern von Menschenhändlern erklärt und Millionen Prostituierte in aller Welt gleich mit. Das ist ein beispielloser Fall von Entmündigung.
Gleichzeitig legitimiert der schwedische Staat das Anti-Freier-Gesetz durch den Kampf gegen den Menschenhandel. Dabei werden aber die anderen Formen des Menschenhandels – wie Kinderhandel und Zwangsarbeit – ignoriert. Die einfache Formel Menschenhandel=Zwangsprostitution=Prostitution ist so paradox wie populär. Das Modell hat weltweit Konjunktur. Mittlerweile auch in Deutschland. Mehr dazu kann man unter der Überschrift „Menschenhandel/Prostitutionsstätten“ im neuen CDU-SPD Koalitionsvertrag lesen.
In Schweden droht Sexarbeiterinnen keine Strafe. Doch sie bekommen auch keine Hilfe. Sie arbeiten in einer Grauzone, werden aus dem Sozialsystem ausgeschlossen und haben faktisch keine Rechte. Freier hingegen gelten als Gefahr für die Frauen und überdies für die saubere, gleichberechtigte schwedische Gesellschaft. Sie werden gewissermaßen als Perverse stigmatisiert und sie sind Kriminelle. Perverse Kriminelle von nebenan.
Die Bestrafung dieser „Kriminellen“ ist jedoch überaus schwierig. Das gesteht mittlerweile die schwedische Polizei ein. Der Sexualakt muss nämlich nachgewiesen werden. Huren zeigen Freier nicht an, denn das wäre ja geschäftsschädigend. Die Polizei verfolgt Freier auf der Straße mit Kameras und sucht Wege, den Geschlechtsakt in Autos nachzuweisen: etwa mit Röntgenapparaten. Auch werden Paare an Hauseingängen gestellt und versucht ihnen nachzuweisen, dass es sich hier um den versuchten Kauf von sexuellen Dienstleistungen handelt. Das erinnert an einen Überwachungsstaat. Ein enormer Aufwand wird betrieben und doch bringt er wenig: Bis heute wurde kein einziger Freier in Schweden mit Gefängnis bestraft.
Die schwedische Regierung spricht trotzdem von einem Erfolg, nur belegen kann sie es nicht. Das beweist die in der Fachwelt bekannte Menschenhandels-Expertin Ann Jordan. Immer weniger Huren befinden sich auf den Straßen der schwedischen Großstädte. Doch sie haben ihr Gewerbe nicht unbedingt aufgegeben. Sie nutzen statt dessen Handys und das Internet zur Kontaktaufnahme. Ist dies ein Effekt des Gesetzes? Auch das weiß die schwedische Regierung nicht. Die meisten Schweden konsumieren Sex sowieso lieber im Ausland. Lediglich Umfragen stützen das „Schwedische Beispiel“: Die Mehrheit der Schweden ist dafür. Die schwedisch-deutsche Historikerin Susanne Dodillet, eine der wichtigsten Expertinnen zu diesem Thema, erklärt dies so: Die Schweden sehen ihr Land als eine Pioniernation. Es ist wichtiger dieses Image zu pflegen, als eine verlässliche Politik zu betreiben.
Schweden arbeitet weiter am Export des Anti-Freier-Gesetzes. Finnland, Island und Norwegen haben es bereits importiert. In Deutschland wird auch darüber gesprochen. Fraglich ist, ob angesichts der massiven Verletzung der Privatsphäre ein solches Gesetz überhaupt verfassungskonform wäre.

http://www.linksnet.de/de/artikel/30222

Benutzeravatar
Marc of Frankfurt
SW Analyst
SW Analyst
Beiträge: 14095
Registriert: 01.08.2006, 14:30
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Ein wissenschaftliches Paper (free abstract only)


http://sexworkresearch.wordpress.com/20 ... nsibility/

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

Hier ein Video vom Schwedischen Polizeibeamter Simon Eggström, der quer durch Europa reist um das Schwedische Modell zu propagieren

Simon Häggström from Swedish police at EWL seminar on prostitution, 1 Oct 2013

Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

Von Stefanie Lohaus
“Schuss nach hinten”

Das schwedische Sexkaufverbot gilt als Allheilmittel gegen Prostitution und Frauenhandel. Die Wissenschaftlerin Dr. Susanne Dodillet zweifelt die Erfolgsmeldungen der schwedischen Regierung stark an.

Was ist das Sexkaufverbot?
Das “Gesetz zum Verbot des käuflichen Erwerbs sexueller Dienstleitungen” – in den Medien auch “Schwedisches Modell” oder Sexkaufverbot genannt – ist Teil eines Gesetzespakets, das Gewalt gegen Frauen bekämpfen soll. Dazu gehören etwa auch Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Das Gesetz sieht vor, dass das Anbieten von Prostitution legal ist, und nur die Inanspruchnahme bestraft wird, also die Freier. “Förderung der Prostitution” und das “Schaffen eines Arbeitsumfeld” sind ebenfalls strafbar. Es ist 1999 in Kraft getreten.

Wie wird im Prostitutionsgesetz Prostitution definiert?
Das Sexkaufverbot verbietet den Erwerb sexueller Dienste für eine Gegenleistung innerhalb eines begrenzten Zeitraums. Schon der Versuch ist strafbar. Außerdem ist es verboten, Sex mit einer Person zu haben, die dafür von einer dritten Person eine Gegenleistung erhält. Was es in dem Bereich noch geben darf sind Stripclubs, bei denen Kunde und Tänzerin physisch getrennt bleiben. Dort darf kein Alkohol ausgeschenkt werden, es ist sehr reglementiert. Das Gesetz ist zwar geschlechtsneutral formuliert, aber in den ganzen Studien und in den politischen Debatten wurde immer so getan, als seien alle Prostituierten Frauen und alle Freier Männer. Die Rhetorik hinter dem Gesetz – Prostitution sei per Definition frauenfeindlich – funktioniert auch nur für diese Art von Prostitution. Und dadurch wird in der Öffentlichkeit auch keine andere Prostitution wahrgenommen oder als Problem beschrieben.

Welche Gruppen haben an dem Gesetz damals mitgewirkt?
In den 90er Jahren gab es in Schweden kaum Sexworker-Organisationen, so wie Hydra in Deutschland, an denen SexworkerInnen beteiligt sind. Fast alle Sozialprojekte sollten die Prostitution bekämpfen. StreetworkerInnen, die Prostituierte dazu bewegen sollten, aufzuhören. Solche Projekte dominieren bis heute in Stockholm, Malmö und Göteborg. In Malmö gibt es mittlerweile ein Projekt, dass auch Kondome verteilt, also Frauen bei der Sexarbeit hilft, aber die Organisationen, die sich am Gesetz beteiligt haben und die Wissenschaftler sind solche, die Aussteige-Projekte betrieben. Die schwedische Sozialwissenschaft zur Prostitution kommt von Wissenschaftlern, die ausschließlich zu Aussteigeprojekten geforscht haben und die hauptsächlich mit Prostituierten gesprochen haben, die aussteigen wollen und Hilfe gesucht haben. Andere Prostituierte, die nicht in Kontakt mit der Polizei oder mit SozialarbeiterInnen kommen, werden in Schweden kaum wahrgenommen. Prostituierte, die selbständig arbeiten, ohne Kontakt mit Behörden, sind nicht erfasst.

Die Regierung hat das Gesetz evaluiert und sagt, es sei sehr erfolgreich, weil es Prostitution und Frauenhandel stark eindämmen würde. Sie zweifeln diese Erfolgsgeschichte an. Warum?
Diese Regierungsevaluation, die von der amtierenden Justizministerin Beatrice Ask von der bürgerlich-konservativen Moderata Samlingspartiet 2008 in Auftrag gegeben und 2010 veröffentlicht wurde, ist wissenschaftlich gesehen eine Katastrophe. Sie ist durchzogen von Faktenfehlern, einseitigen Analysen und Darstellungen. Das liegt daran, dass diese Evaluation nie eine echte Evaluation sein sollte, sondern nur dazu dient, das Gesetz zu stützen. Solche staatlichen Evaluationen haben Auftragsbeschreibungen von der Regierung. Und in der Auftragsbeschreibung zur Evaluationdes Sexkaufverbots stand schon drin, dass das Gesetz nicht in Frage gestellt werden darf, sondern, dass nur untersucht werden soll, wie es besser implementiert und ergänzt werden kann. Schwedische Regierungen können das Sexkaufverbot kaum in Frage stellen, weil dann ein Symbol der schwedischen Gleichstellungspolitik und des Selbstbildes wegfallen würde.

Das heißt, das Gesetz hat gar nicht, wie die Regierung sagt, dazu beigetragen, dass es nun in Schweden weniger Prostitution gibt?
Nein, es gibt dazu keine aussagekräftigen Statistiken. Hinzu kommen tiefgreifende Veränderungen in den letzten Jahren, die nichts mit dem Gesetz zu tun haben und die den Prostitutionsmarkt generell verändert haben: Der Durchbruch von Handy und Internet zum Beispiel. Nicht nur in Schweden, sondern auch in Ländern ohne Sexkaufverbot ist die Straßenprostitution im letzten Jahrzehnt zurückgegangen. Die einzigen Daten, die für die Evaluation erhoben werden, gehören aber zur Straßenprostitution. Auch abgesehen vom technischen Fortschritt ist es hier schwierig zu sagen, was das Gesetz eigentlich bewirkt hat. Wichtiger als das Gesetz scheinen die Polizeiaktionen im Anschluss. Und die gab es schon vor dem Gesetz. Auch vor dem Gesetz hat die Polizei patrouilliert und etwa mit Verkehrskontrollen Freier vertrieben. Dadurch wurde schon damals der Straßenstrich kontrolliert. Wie sich das Gesetz auf die Prostitutionsvermittlung über das kaum kontrollierbare Internet auswirkt, bleibt unklar.

Die Polizei behauptet, auch im Internet könne sie die Freier finden, weil Prostitution auch dort sichtbar sein muss, damit Freier das Angebot finden können.
Ja, das behauptet die Polizei, aber sie kann es nicht wirklich belegen. Dazu gehört, dass nur drei Städte in Schweden überhaupt eigene Polizeieinheiten für die Kontrolle von Prostitution und Frauenhandel haben. Und die in Göteborg wurde gerade abgezogen, um sich um rivalisierende Jugendbanden zu kümmern. Die Ressourcen der Polizei sind begrenzt, das Überwachen der Einhaltung des Sexkaufverbots hingegen zeitaufwendig.

Und was ist mit dem Einfluss auf den Menschen-, bzw. Frauenhandel?
Den Straftatbestand des Menschenhandel gab es, als das Gesetz eingeführt wurde, in Schweden gar nicht. Erst seit 2002 gibt es konkrete Gesetze gegen Frauenhandel und damit die konkrete Straftat. Und deswegen gibt es erst seitdem Statistiken dazu. Heutzutage gibt es Frauenhandel, wie viel oder wenig ist schwer zu sagen, wie viel oder wenig es ohne das Sexkaufverbot gäbe, gar nicht.

In Deutschland gilt Schweden ja als Vorzeigeland der Gleichberechtigung, zum Beispiel im Hinblick auf die Elternzeit. Wie beurteilen Sie das Gesetz in dem Zusammenhang?
Genau wie die Elternzeit gehört das Sexkaufverbot zur Gleichstellungspolitik mit der sich Schweden einen Namen gemacht hat. Das Sexkaufverbot ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, feministische Prostitutionspolitik zu machen. Sie hat deutlich moralisierende und paternalistische Züge. Schon bevor sich Schweden zum Vorzeigeland in Sachen Gleichberechtigung gemacht hat, wurde Prostitution in Schweden abgelehnt. Am Anfang des 20. Jahrhunderts aus einer christlich geprägten Weltanschauung, in den 1960er Jahren aus einer antikapitalistischen Haltung: gegen die Kommerzialisierung der Liebe. In Schweden gab es auch vor dem Sexkaufverbot vergleichsweise wenig Prostitution. All das wurde von der schwedischen Gleichstellungspolitik genutzt und umgedeutet.

Aber bis 1999 war Prostitution doch legalisiert?
Legal, aber nie gesellschaftlich akzeptiert. In den 50er und 60er Jahren wurde im Parlament gar nicht darüber geredet. In den 1970er Jahren gab es einen Abgeordneten von der liberalen Folkpartiet (Sten Sjöholm), der versucht hat, staatliche Bordelle einzuführen, um die seiner Meinung nach vorhandene Kriminalität in dem Bereich einzuschränken. Er wollte, dass die Prostituierten eine Sozialversicherung bekommen und Arbeitsverträge. Das gab es in Schweden noch nie. Dafür hat er nur vier Stimmen bekommen, alle anderen gut 300 Abgeordneten waren dagegen. Die Linken haben das Thema dann an sich gerissen und sozialistisch argumentiert, dass Prostitution eine besonders zynische Begleiterscheinung des Kapitalismus sei. Am Anfang wollte Schweden mit Sozialarbeit gegen Prostitution vorgehen. Und dann Ende der 1970er Jahre ging es los mit der feministischen Bewegung, die in Schweden nie so anarchistisch war wie in Deutschland, sondern sofort staatlich-sozialistisch.

Also hat das Gesetz gar nicht, wie die schwedische Regierung behauptet, die Einstellung der Bevölkerung zur Prostitution geändert, die war schon immer negativ.
Genau. Viele Menschen wissen auch gar nicht, dass nur die Freier bestraft werden, und Prostitution somit als männliche Gewalt gegen Frauen dargestellt wird. Auch in Schweden wird das Gesetz von Teilen der Bevölkerung in einem konservativen Zusammenhang gedeutet, und Prostitution im Ganzen als unmoralisch aufgefasst. So gesehen kann man das Gesetz als Schuss nach Hinten bezeichnen. Das Ziel war es ja feministisches Gedankengut zu verbreiten, mit einem Gesetz das verdeutlichen sollte, dass die Gesellschaft es verurteilt, wenn Männer ihre Position ausnutzen, um sich beim wirtschaftlich schlechter gestellten Geschlecht zu bedienen. Darum ging es eher, als um Prostitution einzudämmen.

Das Gesetz soll gar nicht Prostitution bekämpfen, sondern Feminismus verbreiten?
Ja, mit diesem Ziel wurde das Gesetz 1998 verabschiedet. Am deutlichsten sagte das damals die linke Abgeordnete Gudrun Schyman. Es ginge um erzieherische Maßnahmen und nicht darum, wie viele Freier letztendlich verurteilt würden. Schyman gründete später eine feministische Partei, und ist in Schweden ähnlich bekannt wie Alice Schwarzer in Deutschland. Wenn ich noch mal auf die unterschiedlichen Deutungen des Sexkaufverbots zurückkommen darf: Die sind auch ein Problem für den Export des Gesetzes. In Deutschland zum Beispiel interessieren sich sowohl Christdemokraten, als auch die Emma dafür und arbeiten dann zusammenarbeiten. Feminismus vermischt sich dadurch wieder mit Sexualmoral. Das schadet Frauen letztendlich, weil es dann vor allem um die Kontrolle der Sexualität von Frauen geht.

Stellen Sie die Gleichstellungspolitik Schwedens generell in Frage?
Nein. Ich bin Feministin und ich finde sehr viel sehr gut. Auch dass man in Schweden deutlich macht, wie Prostitution von Machtstrukturen durchzogen ist, denn damit stimme ich völlig überein. Aber, dafür braucht man kein Verbot, dass muss die Zivilgesellschaft diskutieren. Und das ist nur die eine Seite. Die andere ist die, dass das Gesetz ohne die Betroffenen gestaltet wurde, was ich diskriminierend und respektlos finde. Und das Gesetz hat nun mal negative Konsequenzen für die Sexarbeiterinnen.

Welche negativen Konsequenzen wurden festgestellt?
Vor allem auf Straßenprostitution wirkt sich das Gesetz negativ aus. SexarbeiterInnen halten sich in versteckteren Gebieten auf und müssen sich schneller für einen Freier entscheiden, um die Kunden davor zu schützen, von der Polizei aufgegriffen zu werden. Dadurch wird die Arbeit prekärer und gefährlicher. Für Sozialarbeiter ist es schwieriger, SexarbeiterInnen zu helfen, weil sie im Verborgenen arbeiten. Sie suchen seltener von sich aus die Polizei auf, wenn sie Hilfe brauchen. Außerdem werden SexarbeiterInnen letztendlich doch kriminalisiert.

Aber es ist doch ein wichtiger Bestandteil des Sexkaufverbots, dass es SexarbeiterInnen nicht kriminalisiert.
Ja, aber es gibt noch andere Paragraphen. So ist zum Beispiel der Paragraph zu Zuhälterei sehr weit gefasst: Zuhälterei ist schon das Profitieren von Sexarbeit, nicht das kriminelle Ausnutzen der Prostituierten wie in Deutschland. Zwei Sexarbeiterinnen, die sich die Kosten für einen Raum teilen, können beide als Zuhälterinnen bestraft werden. Im Wohnungsrecht gibt es einen Paragraphen, der festlegt, dass Vermieterinnen, die in ihrer Wohnung Prostitution bemerken, kündigen müssen. Die Frauen riskieren also Obdachlosigkeit. Im Einwanderungsrecht ist festgelegt, dass ausländische Frauen, die sich prostituieren, ausgewiesen werden können. Es gibt noch einige weitere solche Paragraphen.

Wer außer Ihnen übt noch Kritik an dem Gesetz?
Petra Östergren und ich, wir sind beide Wissenschaftlerinnen. Seit ein paar Jahren gibt es eine Sexworker-Organisation namens Rose Alliance, die sich gegen das Gesetz ausspricht. Wir sind in der schwedischen Öffentlichkeit leider kaum sichtbar. Im schwedischen Parlament gibt es einen Abgeordneten der Mitte-Partei Fredrik Federley, der die Evaluation im Reichstag kritisiert, aber das sind Einzelstimmen.

Wie reagiert die schwedische Regierung auf ihre Kritik?
Gar nicht. Sie hat gerade die Höchststrafe für den Sexkauf von sechs Monaten auf ein Jahr erhöht und behauptet weiter ihre Erfolgsgeschichte. Aber im Socialstyrelsen, dem schwedischen Sozialamt, das für den Bereich zuständig ist, wachsen langsam Zweifel am Sinn des Gesetzes.

Dr. phil. Susanne Dodillet, geboren in Böblingen, lebt seit 2001 in Schweden und arbeitet am Institut für Pädagogik und Spezialpädagogik der Universität Göteborg. Sie hat über den Vergleich der deutschen mit der schwedischen Gesetzgebung zur Prostitution promoviert.

Zum ausführlichen Bericht zur schwedischen Regierungsstudie von Susanne Dodillet (und Petra Östergren)


http://missy-magazine.de/2014/02/28/schuss-nach-hinten/
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
bienemaya
Gelehrte(r)
Gelehrte(r)
Beiträge: 381
Registriert: 22.03.2012, 21:57
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von bienemaya »

Die Französin Rosen Hicher war 22 Jahre lang Prostituierte. Nun will sie 743 Kilometer marschieren, um für die Bestrafung von Freiern zu demonstrieren. Auch in Deutschland diskutieren Politiker eine solche Gesetzesnovelle.

In Frankreich sollen Freier bald bestraft werden. In Deutschland streitet die Politik noch darüber

Umdenken in Sachen Prostitution

Von Saintes an der Westküste Frankreichs bis nach Paris will Rosen Hicher laufen. Ihr Marsch begann am 3. September, wie die feministische Zeitschrift Emma berichtet. Hicher hat 22 Jahre lang als Prostituierte gearbeitet. Mit 31 Jahren kam sie ins Gewerbe, heute ist sie 58. Die sechsfache Mutter hatte ihren Job verloren und suchte nach einem Weg, ihre Kinder zu ernähren.

Nun marschiert sie in Richtung Regierungsbezirk und will auf ihrem Weg überall da Station machen, wo sie ihren Körper verkauft hat – zuletzt in Paris. Dort will sie am 12. Oktober vor dem Senat dafür demonstrieren, dass Freier bestraft werden. Die gesetzliche Regelung ist bereits vom Parlament beschlossen. Nur der Senat muss noch zustimmen, das aber lässt auf sich warten. Hicher will nun Druck machen, damit das Gesetz tatsächlich umgesetzt wird.

Doch die Französin dachte nicht immer so. Noch 2009 setzte sie sich in ihrem Buch „Eine Prostituierte legt Zeugnis ab“ für die vollständige Freigabe der Prostitution ein. Einige Jahre zuvor war in Frankreich das Anwerben von Freiern durch Prostituierte unter Strafe gestellt worden, zum Unmut Hichers. Sie habe damals gehofft, dass sich die Lage der Prostituierten durch eine Freigabe verbessern würde, sagt sie heute. Doch das Gegenteil sei der Fall, wie sie nun wisse.

Auch in Deutschland diskutieren Politiker und gesellschaftliche Gruppen seit einigen Monaten über eine gesetzliche Neuregelung. Seit 2002 ist Prostitution komplett legal, Deutschland hat eines der weltweit liberalsten Prostitutionsgesetze. Nach Einschätzung vieler Experten hat dies zu einer Zunahme des Menschenhandels geführt. Die Nachfrage sei gestiegen und der Markt habe sich vergrößert, stellen unter anderem Dr. Seo-Young Cho von der Universität Göttingen und Dr. Axel Dreher von der Universität Heidelberg fest.
Union und SPD streiten über Freierbestrafung

Im April stellte die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag ein Eckpunktepapier zur gesetzlichen Neuerung vor. Darin fordert sie eine Erlaubnispflicht für Bordelle. Sie sollen durch die Polizei regelmäßig kontrolliert werden können. Außerdem sollen Prostituierte mindestens 21 Jahre alt sein und sich regelmäßigen Gesundheitschecks unterziehen müssen. Unter anderem sollen „menschenunwürdige“ Geschäftsmodelle, etwa Flatrate-Bordelle, verboten werden, es soll breite Aussteigerberatungsangebote geben und Freier von Zwangsprostituierten sollen bestraft werden.

Die SPD hingegen wehrt sich gegen die Einführung eines Mindestalters und die Pflicht-Untersuchungen bei Prostituierten. Auch die Strafbarkeit von Freiern wollen die Sozialdemokraten nicht. Mitte August ließ Familien- und Frauenministerin Manuela Schwesig verlauten, SPD und Union seien sich bei der Anmeldepflicht für Prostituierte, der Erlaubnispflicht für Bordelle und dem Verbot der menschenunwürdigen Geschäftsmodelle einig. „Ich bin optimistisch, dass wir uns auf die wenigen offenen Punkte bei Themen wie Mindestalter und Kondompflicht einigen werden“, teilte sie mit. Bis Ende des Jahres will die Bundesregierung geschlossen Vorschläge für eine Gesetzesnovelle machen. Dass es eine solche Änderung geben soll, hatte sie bereits im Koalitionsvertrag von 2013 angekündigt. (pro)

http://www.pro-medienmagazin.de/gesells ... ion-89323/

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7426
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: ZwangsFreier Kriminalisierung

Beitrag von fraences »

Einstieg in die Kriminalisierung von Prostitutionskunden
Unter dem Vorwand der „Bekämpfung von Menschenhandel“:
Große Koalition instrumentalisiert Strafrecht für Anti-Prostitutions-Politik


Stellungnahme von Doña Carmen e.V. zur Einigung der Bundesregierung hinsichtlich der geplanten Bestrafung von Prostitutionskunden

http://www.donacarmen.de/wp-content/upl ... afung1.pdf
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution