Aber nein, nicht Armutsprostitution...
Sondern Armut IN der Prostitution...
Als ich vor vielen Jahren anfing mit dem Job, war eines ganz klar:
Eine gute Hure redet niemals über Geld.
IHR GEHT ES GUT.
Männer mögen keine SW mit Problemen, Sorgen und Kümmernissen.
Männer denken, eine SW, welche nichts verdient, ist SCHLECHT - und sie wird gemieden.
Männer wollen Spaß haben - und nicht über Ernstes nachdenken.
So habe ich all die Jahre verfahren.
Mir ging es gut.
Egal, ob ich 4 Mieten offen hatte; Nebenkosten nicht zahlen konnte; 3x die Krankenkasse vertrösten musste; nicht wusste, mit welchem Sprit ich Heim fahren sollte...
Man blieb dann halt, wo man war und versuchte wenigstens, so auszusehen, als sei alles in Ordnung.
Gegenüber der Männer zumindest - wenn mal einer kam.
Man bezahlt teure Werbung, die keine Anrufe bringt.
Wenn dann nach 2 Tagen Schweigens doch mal das Telefon klingelt und ein Mann umständlich alles fragen will, das er eigentlich auch hätte lesen können - wenn er denn wöllte - ist man hart am Zusammen reißen, dass man höflich bleibt.
Und auch fällt es schwer, daran zu glauben, dass dieser Mann überhaupt interessiert ist zu kommen.
Oft ist man ungehalten oder legt einfach auf.
Man fühlt sich unglaublich alleine, einsam und beginnt an sich selbst, seinem Alter, seiner Figur, seinem Image und dem Leben im Allgemeinen zu zweifeln.
Und es ist harte Arbeit und Realitätsbewußtsein notwendig, um nicht depressiv oder kopflos zu werden.
Nun ist das Internet ja irgendwie schon auch ein Segen.
Man knüpft Kontakte zu anderen SW und vernetzt sich.
Laaaange Zeit hat man geglaubt, dass "gute SW" IMMER Geld haben.
Logische Folge - wenn man selbst keines hatte, dachte man, man sei schlecht.
Es gibt unglaublich viele tolle SW, welche man aus dem Internet kennt.
Frauen, die ein sehr interessantes Image und Auftreten haben.
Frauen, welche ihren Beruf gut und gerne ausüben.
Frauen, über die es viele gute Berichte gibt.
Frauen, die seit Jahren am selben Ort arbeiten.
Man denkt immer "Wow – die sind so toll. Denen geht es sicherlich gut."
Ich bin mir sicher, das denken auch viele Männer.
Männer, die es sich sonst immer leisten können, 1, 2 oder mehr Stunden mit einer solchen Frau zu verbringen.
Wenn es nun auch mal diesen Gästen nicht so gut geht, haben sie oft die Sorge, die SW könnte enttäuscht oder böse sein, wenn das Geld halt mal "nur" für eine halbe Stunde reichen würde.
Somit gehen solche "guten Gäste" dann oft mit weniger Geld zu anderen SW.
In harten Zeiten, wo keiner grad viel Geld hat, ist das fatal.
Frauen, die hauptsächlich Stundengäste und länger haben, haben dann niemanden mehr.
Ich höre zunehmend von wirklich ganz tollen Frauen, dass sie zurück in ihre soliden Berufe müssen.
Der Umsatz aus der Sexarbeit reicht nicht mehr zum Leben.
Man sitzt da mit 1-2 Gästen in der Woche und hadert, wie es weiter gehen soll.
Man beginnt mit soliden Teilzeitjobs nebenher oder überlegt, was man vielleicht zusätzlich anbieten könnte.
Ich weiß nicht, wie es Euch geht.
Aber man kann es sich heute nicht mehr erlauben, aus Armut IN die Prostitution zu gehen.
Heute geht man aus Armut aus der Prostitution hinaus.
SmR
Noch ein heikles Thema – Armut
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Liebe Schnecke!
Ich kenne das ein bißchen anders, aber ich bin auch noch nicht so lange dabei und kann noch nicht über eine beobachtbare Entwicklung oder damit einhergehende Fluktuationen reden.
Tatsächlich war es bei mir so - ich bin AUS einer finanziellen Notlage IN die Prostitution gegangen. Und bisher geht es mir gut.
Das schließt aber, wenn ich nachhaltig denke, nicht aus, daß ich mir um einen langfristig soliden Job Gedanken mache.
Ich hoffe, es geht Dir trotzdem gut und es ist nur eine kleine Mikrowirtschaftskrise.
Blanca
Ich kenne das ein bißchen anders, aber ich bin auch noch nicht so lange dabei und kann noch nicht über eine beobachtbare Entwicklung oder damit einhergehende Fluktuationen reden.
Tatsächlich war es bei mir so - ich bin AUS einer finanziellen Notlage IN die Prostitution gegangen. Und bisher geht es mir gut.
Das schließt aber, wenn ich nachhaltig denke, nicht aus, daß ich mir um einen langfristig soliden Job Gedanken mache.
Ich hoffe, es geht Dir trotzdem gut und es ist nur eine kleine Mikrowirtschaftskrise.
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Re: Noch ein heikles Thema – Armut
Ich kenne SW, die haben in guten Zeiten 50-EUR-Gäste schlichtweg abgelehnt, sich von ein paar gut zahlenden Kunden abhängig gemacht.SchneckeMitRad hat geschrieben: In harten Zeiten, wo keiner grad viel Geld hat, ist das fatal.
Frauen, die hauptsächlich Stundengäste und länger haben, haben dann niemanden mehr.
Manche Frauen sind heute froh, nach Abzug von Eintritt (Vollverpflegung ist in FKK-Clubs wenigstens gewährleistet) und Steuer in der Woche mit 500 bis 700 EUR rauszukommen.
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Schönwetter
Da Sexarbeit moralisch nur vertretbar ist, wenn sie freiwillig geschieht, ist Armut ein wirklich heikles Thema.
"Sexwork darf quasi per se nur eine Schönwetter-Beschäftigung sein."
Aber es gibt nunmal für uns alle einen unentrinnbaren Zwang zum Geldverdienen.
Jeder braucht mehr noch als einen Arbeitsplatz einen Einkommensplatz, solange es kein bedingungsloses Grundeinkommen gibt und jeder ständig Geldausgaben produziert nur um zu überleben (Fremdversorgungswirtschaft).
Und bei Sexarbeit wäre ökonomischer Zwang die sog. "Zwangsprostitution". Ein altbekanntes gesellschaftliches Feindbild und Tabuthema.
Hinzu kommt seit 1989 das Thema Globalisierung und seit 2007 das Problem Finanz- und Wirtschaftskrise (Weltwirtschaftskrise II). Letztere scheint jedoch nur eine Hälfte unserer Gesellschaft zu betreffen, die Zocker und unteren Schichten.
Beide Prozesse sind immense Herausforderungen sein Geschäftsmodell so fortzuentwickeln, dass es überlebt bzw. man auf der Gewinnerseite bleibt.
Einen solchen Strukturwandel als isolierter Einzelkämpfer Sexworker zu schaffen, ohne Berufsnetzwerke, regelmäßige/berufsbegleitende Fortbildungen, starke Interessenvertretung, etablierte Verbands-Forschung, politische Lobby ... eine fast schier unmenschliche Überforderung.
Hinzu kommt das ebenso unentrinnbare Thema persönliches Altern.
Da die Sexarbeit zentral auf biologischen Mechanismen aufbaut (Sex, Sexappeal, Jugend, Schönheit, Körperlichkeit) und wenige Kultivierungsformen ihr gestattet werden, ist eine nachhaltige lange Berufskarriere strukturell sehr behindert (z.B. Sexworkern ist als Unternehmer keine Abschreibung auf ihre Produktionsanlagen gestattet). Prof. Frommel, Uni Kiel schreibt: "Sexworker werden systematisch verarmt".
Ferner gibt es keine traditionellen Sozialversicherungssysteme für Sexworker, die dies auszugleichen suchen (vgl. Künstlersozialversicherung). Manche Berufsberater schreiben daher: "Mit 40 muß man den Ausstieg/Umstieg geschafft haben".
Unsere Gesellschaften haben sich daher traditionel in scheinheiliger Doppelmoral dazu entschieden den strukturellen Probleme von Sexwork zu begegnen durch Verbote von Sexwork und moralische Schuldzuweisung an die Menschen in der Sexarbeit.
Alles dies gehört m.E. zum zentralen Thema: Huren-Karriere-Management (HKM).
Eine allgemeingültige elegante Lösung des Armutsproblems kann wohl keiner angeben und auch mir fällt es derzeit leichter die Schwere des Problems herauszuarbeiten, denn Perspektiven aufzutun. Jeder von uns Sexworkern wird einen individuellen Weg auf die eine oder andere evt. sehr harte Weise finden müssen. Gut dass wir das Forum haben, eine Chance uns gemeinsam umzuschauen und NachfolgerInnen frühzeitiger zu warnen.
Im Thema www.sexworker.at/exit sammle ich Fachinfos zu HKM, Berufsperspektivenwechsel, Exit-Strategien und Sexworker Outplacement.
Themen "Sexworker und Geld", "Sexworker und Rente"
im SW-only-Bereich:
viewtopic.php?t=1588
viewtopic.php?t=1312
.
"Sexwork darf quasi per se nur eine Schönwetter-Beschäftigung sein."
Aber es gibt nunmal für uns alle einen unentrinnbaren Zwang zum Geldverdienen.
Jeder braucht mehr noch als einen Arbeitsplatz einen Einkommensplatz, solange es kein bedingungsloses Grundeinkommen gibt und jeder ständig Geldausgaben produziert nur um zu überleben (Fremdversorgungswirtschaft).
Und bei Sexarbeit wäre ökonomischer Zwang die sog. "Zwangsprostitution". Ein altbekanntes gesellschaftliches Feindbild und Tabuthema.
Hinzu kommt seit 1989 das Thema Globalisierung und seit 2007 das Problem Finanz- und Wirtschaftskrise (Weltwirtschaftskrise II). Letztere scheint jedoch nur eine Hälfte unserer Gesellschaft zu betreffen, die Zocker und unteren Schichten.
Beide Prozesse sind immense Herausforderungen sein Geschäftsmodell so fortzuentwickeln, dass es überlebt bzw. man auf der Gewinnerseite bleibt.
Einen solchen Strukturwandel als isolierter Einzelkämpfer Sexworker zu schaffen, ohne Berufsnetzwerke, regelmäßige/berufsbegleitende Fortbildungen, starke Interessenvertretung, etablierte Verbands-Forschung, politische Lobby ... eine fast schier unmenschliche Überforderung.
Hinzu kommt das ebenso unentrinnbare Thema persönliches Altern.
Da die Sexarbeit zentral auf biologischen Mechanismen aufbaut (Sex, Sexappeal, Jugend, Schönheit, Körperlichkeit) und wenige Kultivierungsformen ihr gestattet werden, ist eine nachhaltige lange Berufskarriere strukturell sehr behindert (z.B. Sexworkern ist als Unternehmer keine Abschreibung auf ihre Produktionsanlagen gestattet). Prof. Frommel, Uni Kiel schreibt: "Sexworker werden systematisch verarmt".
Ferner gibt es keine traditionellen Sozialversicherungssysteme für Sexworker, die dies auszugleichen suchen (vgl. Künstlersozialversicherung). Manche Berufsberater schreiben daher: "Mit 40 muß man den Ausstieg/Umstieg geschafft haben".
Unsere Gesellschaften haben sich daher traditionel in scheinheiliger Doppelmoral dazu entschieden den strukturellen Probleme von Sexwork zu begegnen durch Verbote von Sexwork und moralische Schuldzuweisung an die Menschen in der Sexarbeit.
Alles dies gehört m.E. zum zentralen Thema: Huren-Karriere-Management (HKM).
Eine allgemeingültige elegante Lösung des Armutsproblems kann wohl keiner angeben und auch mir fällt es derzeit leichter die Schwere des Problems herauszuarbeiten, denn Perspektiven aufzutun. Jeder von uns Sexworkern wird einen individuellen Weg auf die eine oder andere evt. sehr harte Weise finden müssen. Gut dass wir das Forum haben, eine Chance uns gemeinsam umzuschauen und NachfolgerInnen frühzeitiger zu warnen.
Im Thema www.sexworker.at/exit sammle ich Fachinfos zu HKM, Berufsperspektivenwechsel, Exit-Strategien und Sexworker Outplacement.
Themen "Sexworker und Geld", "Sexworker und Rente"
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- hat was zu sagen
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LIebe Schnecke!
Ja das Problem kenne ich leider auch:=((
viele Jahre war ich in dem Job tätig und hab echt noch gute Zeiten erlebt aber zuletzt auch schlechte.Wo Frau sich vieles leisten konnte und wirklich gut gelebt hat.Ohne Sorgen und Angst vor morgen:=)
Die letzten Jahre hat sich vieles echt stark verändert.
Das schlimmste für mich (was ich aber auch zu einem verstehe)die Vermieter die immer die Miete im voraus wollten dafür aber die Heizung im Winter auf Sparflamme hatten.Also frieren und immer wieder eine Blasenentzündung die schon chronisch würde.Zeitung müßte selbstverständlich auch sofort bezahlt werden ohne Anzeigen keine Kunden.Meist eine dreckige Wohnung bis Frau die sauber hatte ging halber Tag drauf.
Ok solange alles läuft ist es in Ordnung.Aber wenn Frau eine halbe Weltreise macht und am Ende nur ihre Miete bezahlen zu können,Rechnungen und Lebensmittel und zum sparen nur ein Klacks bleibt dann muss mann überliegen ob es sich noch für einen lohnt.Für Ansprüche blieb letztendlich gar nix..
und das über Monate,(ich dachte die Zeit geht,es kommen bessere Zeiten)aber es würde nicht besser.Also sparte ich bei guten Wochen das Geld.Hatte aber noch lange keine Idee was ich machen könnte..Ich hatte Wochen wo ich manchmal mit 0 Euro nach Hause gefahren bin.Mit Escort und gewissen Stammkunden überbrückte ich die schwere Zeit gerade so.Irgendwann begriff ich das es ein Ende haben muss oder ich gehe drauf.Also hörte ich von heute auf morgen komplett auf!Suchte mir eine Ausbildungsplatz mit 30 :=)
und obwohl ich manchmal wirklich viel weniger Geld hab
und es gut einteilen muss damit es bis zum Ende des Monat reicht bin ich wirklich glücklich.Ich glaube meine Zeit ist einfach gekommen aufzuhören!!!Ich hab aber noch volle Unterstützung von meinen Freunden.
Habe noch eine sehr gute Freundin die in diesem Job noch tätig ist.Merke jeden Tag wie schlecht es ihr geht.Genau der gleiche Stress und wenig Geld wie bei mir.Hätte ich Geld genug um ihr zu helfen würde ich es tun.
Schwierig wird es wenn man den Job hauptberuflich machte einen Einstieg ins normale Leben ist fast unmöglich!wieviele Bewerbungen hab ich geschrieben hilfeee
sogar auf Putzstellen bekam ich absagen:=(((
wenn man nicht rechtzeitig eingreift geht man verloren!!!
viele liebe grüße Lena
Ja das Problem kenne ich leider auch:=((
viele Jahre war ich in dem Job tätig und hab echt noch gute Zeiten erlebt aber zuletzt auch schlechte.Wo Frau sich vieles leisten konnte und wirklich gut gelebt hat.Ohne Sorgen und Angst vor morgen:=)
Die letzten Jahre hat sich vieles echt stark verändert.
Das schlimmste für mich (was ich aber auch zu einem verstehe)die Vermieter die immer die Miete im voraus wollten dafür aber die Heizung im Winter auf Sparflamme hatten.Also frieren und immer wieder eine Blasenentzündung die schon chronisch würde.Zeitung müßte selbstverständlich auch sofort bezahlt werden ohne Anzeigen keine Kunden.Meist eine dreckige Wohnung bis Frau die sauber hatte ging halber Tag drauf.
Ok solange alles läuft ist es in Ordnung.Aber wenn Frau eine halbe Weltreise macht und am Ende nur ihre Miete bezahlen zu können,Rechnungen und Lebensmittel und zum sparen nur ein Klacks bleibt dann muss mann überliegen ob es sich noch für einen lohnt.Für Ansprüche blieb letztendlich gar nix..
und das über Monate,(ich dachte die Zeit geht,es kommen bessere Zeiten)aber es würde nicht besser.Also sparte ich bei guten Wochen das Geld.Hatte aber noch lange keine Idee was ich machen könnte..Ich hatte Wochen wo ich manchmal mit 0 Euro nach Hause gefahren bin.Mit Escort und gewissen Stammkunden überbrückte ich die schwere Zeit gerade so.Irgendwann begriff ich das es ein Ende haben muss oder ich gehe drauf.Also hörte ich von heute auf morgen komplett auf!Suchte mir eine Ausbildungsplatz mit 30 :=)
und obwohl ich manchmal wirklich viel weniger Geld hab
und es gut einteilen muss damit es bis zum Ende des Monat reicht bin ich wirklich glücklich.Ich glaube meine Zeit ist einfach gekommen aufzuhören!!!Ich hab aber noch volle Unterstützung von meinen Freunden.
Habe noch eine sehr gute Freundin die in diesem Job noch tätig ist.Merke jeden Tag wie schlecht es ihr geht.Genau der gleiche Stress und wenig Geld wie bei mir.Hätte ich Geld genug um ihr zu helfen würde ich es tun.
Schwierig wird es wenn man den Job hauptberuflich machte einen Einstieg ins normale Leben ist fast unmöglich!wieviele Bewerbungen hab ich geschrieben hilfeee
sogar auf Putzstellen bekam ich absagen:=(((
wenn man nicht rechtzeitig eingreift geht man verloren!!!
viele liebe grüße Lena