Ich stelle hier den Link der oben genannten Entscheidung der 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin ein, mit dem das Begehren einer SW ihren Künstlernamen in den Passeintragen lassen zu dürfen, zurückgewiesen wurde.
http://www.gerichtsentscheidungen.berli ... focuspoint
Die Leitsaätze der Entscheidung lauten:
1. Unter dem Künstlernamen ist ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen geführt wird und dort anstelle des Familiennamens die Identität und Individualität der Person ausdrückt. Künstlername ist demgemäß der Name, unter dem der Betroffene als Künstler auftritt
2. Prostituierte, die ihrer Tätigkeit unter einem Pseudonym nachgehen, können diesen Namen nicht als Künstlernamen im Personalausweis eintragen lassen.[
Freue mich auf Eure Kommentare.
Kasharius grüßt
VG Berlin Urteil v. 20.1.2015 23 K 180.14
-
- ModeratorIn
- Beiträge: 4103
- Registriert: 08.07.2012, 23:16
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
-
- Nicht mehr aktiv
- Beiträge: 1121
- Registriert: 05.11.2010, 16:16
- Wohnort: Bremen / Sougia - Kreta
- Ich bin: Keine Angabe
RE: VG Berlin Urteil v. 20.1.2015 23 K 180.14
Sexarbeit ist auch ästhetische Praxis
Hallo lieber Kasharius.
Ich habe das von Dir verlinkte Urteil zur Kenntnis genommen. Hier ein paar flaternde Gedanken dazu.
Eigene Betroffenheit
Wesentlicher Bestandteil ist die Bewertung der Sexarbeit als eine Tätigkeit, die keine künstlerische Praxis sei. Diese Bewertung findet sich auch, wenn es um die Frage der Freiberuflichkeit geht. Damit hatten Lara und ich 2010 zu tun, als es um unsere erste Location (Essener Str.) in Bremen ging. Sie war für uns mit traumatisierenden Hoyerswerda deja vus in Form von Auftritten von Aktivisten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und deren polizeigeschützten Straftaten verbunden. Am Ende dieser Auseinandersetzung um die Essener Str. standen u.a. einerseits langanhaltende, noch heute wirksame posttraumatische Störungen bei machen der damals in der Location tätigen Sexarbeitenden, die ich nicht weiter verfolgt habe, da der Gesundheitszustand der geschädigten Sexarbeitenden eine weitere Aufarbeitung damals nicht zuließ. In den Auseinandersetzungen wurden wir wechselweise von Radio Bremen, Sendung buten und binnen vom 12.03.2010 als Zuhälter oder von der Initiative der gegen unsere Location aktiven Gruppenbeogenen Menschenfeinde , wie in Broschüre "Käufliche Liebe ..." Hrsg. DieLinke Bremen, S. 34, zu lesen ist als Zwangsprostituierte "Die BürgerInnen in der Essener Straße in der Neustadt wehrten sich im Frühjahr dieses Jahres gegen Zwangsprostitution in ihrer Straße." download http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 5559#95559 oder etwas später von Frau Rose Gerdts -Schiffler, damals Redakteurin des Weser-Kurier, heute Sprecherin des Bremer Innensenators Mäurer, am 7. Mai. 2010, im WESER-KURIER, Seite 9, als Puffmutter "Mit dem Klischee einer Puffmutter hat Lara Freudmann äußerlich nichts gemein[/B]" bezeichnet. Da hat Kunst natürlichen keinen Platz und es verbietet sich ernsthaft nachzudenken.
Andererseits stand am Ende der Auseinandersetzungen, kein Wunder bei dem Vorlauf möchte ich meinen, ein Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts vom 30.06.2010, dass in der Tradition der deutschen Verwaltungsgerichtssprechung zur Sexarbeit steht (Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Kammer - Freie Hansestadt Bremen Az: 1 V 410/10, S. 15) "Sexuelle Betätigung an sich - in ihren vielfältigsten Formen - gehört zu (fast) jedem Menschenleben - gerade ungeachtet von Grad und Umfang der Bildung oder Talente - dazu. Dass für den Verkauf von Sexualität als Ware darüber hinaus gehende besondere Fertigkeiten erforderlich sein sollten, erschließt sich nicht." Sexarbeit, so die Richter, ist keine freiberufliche Tätigkeit und damit, das ist klar, auch und erst Recht keine, die irgendetwas mit Kunst und ästhetischer Praxis zu tun hat.
Einspruch: Ästhetische Praxis
Ein kleinen Einspruch schon einmal an dieser Stelle mit Bezug auf Udo Gerheim, Die Produktion des Freiers „Die Prostitution (ich bevorzuge die Begrifflichkeit erotische und sexuelle Dienstleistungen, da ohne negative Konnotation K.F.) ist also in der Lage, innerhalb des Geltungsbereiches des Feldes identitäre, soziale, körperliche und sexuelle Grenzen in ,atemberaubender‘ Geschwindigkeit zu überwinden, entgegen sonstiger sozialer und psychischer Gesetzmäßigkeiten im Feld (privater) Sexualität“ (Gerheim, 2012, S. 223)? Und worin besteht der ästhetische Prozess: In der Transzendierung von Grenzziehungen durch die Wirkmächtigkeit Kunstschaffender (ein Hinweis dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Transzende ... %84sthetik, habe mich damit vor Jahrzehnten beschäftigt, und denke, dass dieser Ansatz verfolgenswert ist, ohne aktuell Weiteres beisteuern zu können)
Einspruch: Historische Verdrängung kultischer sexueller Praxis
Ohne das durch Quellen hier belegen zu können, finde ich daneben, dass folgender Gedankengang zu berücksichtigen ist.
Neben monothestischen Sinnstiftungssystemen mit ihren Auswirkungen auf unsere geisteswissenschaftliche Gegenwart und soziale Praxis, gibt es marginalisiert immer noch kultische Handlungen um Fruchtbarkeit und Sexualität. Vorchristlich gab es weit mehr, man schaue in die Götterwelt der Griechen und anderer Kulturen, ihre Kulte deren Institutionen und stofflichen Überreste. Auf den geschleiften „Tempeln“ vorchristlicher Kulte, auf den Gebeinen der Protagonisten dieser Kulte, hat sich mit den monotheistischen Religionen eine Erzählungen etabliert, die mit dem Leiblichen, vor allem mit dem leiblich Sexuellen das Teuflische verbunden und es in Askese und Ehe eingefriedet hat. In der Konkurrenz herschaftslegitimierender Sinnsysteme, hat, sicher verkürzt überlegt, das Christentum, nicht unblutig, wenn man dieses Bibelzitat heranzieht: „Die Männer gingen zu ihr, wie man zu einer Dirne geht. So gingen sie zu Ohola und Oholiba, den schamlosen Frauen. Doch gerechte Männer werden ihnen das Urteil sprechen nach der Rechtsvorschrift für Ehebrecherinnen und Mörderinnen. Denn sie haben Ehebruch begangen und an ihren Händen klebt Blut. Ja, so spricht Gott, der Herr: Man berufe eine Volksversammlung gegen sie ein; sie sollen misshandelt und ausgeraubt werden. Die Volksversammlung soll sie steinigen und mit Schwertern in Stücke hauen. Ihre Söhne und Töchter soll man töten und ihre Häuser verbrennen.“ (Bibel, Ez 23, 44-47) der Sexualität die Potentialität der Transzendenz (die Gerheim anspricht), das Recht auf Kult, die ästhetische Praxis aus- und den Schmutz, die Scham eingetrieben.
Die Randziffer 18 des von Dir verlinkten Urteils, in der es um Sexarbeit und Kunst geht habe ich mit diesem Kommentar versehen:
-Auch in Verbindung mit Ordensnamen -
Kultischen Handlungen
Die Auslöschung bzw. Marginalisierung sexuell-kultischer Handlungen ist Ergebnis der Durchsetzung monothestischer Glaubenssysteme. Deren Primat bei der Bewertung von sexuellen Handlung stellt diese als restriktiv zu domestizierende menschliche Praxis dar. Die vorherrschenden monotheistischen Religionen und ihre kirchlichen Inkarnationen (ent)stehen auf z.B den Ruinen der Tempel von Fruchtbarkeitskulten, denen sie, nach deren Schleifung mit Tabuisierung begegneten. Folglich ist in monothestisch geprägten Kulturen Sexualität als kultische Handlung
- nicht legitim
- nicht anerkannt
- tabuisiert
- primitiv
blasphemisch
etc.
Die juristische Bewertung der Sexarbeit als nicht künstlerische Tätigkeit, als Tätigkeit zu der es keiner besonderen persönlichen Fähigkeiten bedarf, als menschliche profanes Tun, das nichts Bezeichnendes, das verborgen in den "Dingen" steckt, z.B. Ermöglichung differenter sexuellen Interaktion, zur Entdeckung bringen kann (was ja ein ästhetischer Prozess wäre), wird auf dem Hintergrund der Tabuisierungs-, Verdrängungs- und Ausgrenzungsleistungen monotheistisch geprägter Kulturen gegen historisch vorhergehende, Sexualität kultisch anerkennende Gemeinwesen, und ihrer kulturellen und ästhetischen Praxis in Fragen der „Göttlichkeit“ der Sexualität, fragwürdig. Die gegebene juristische Bewertung ist damit keine rationale, sondern eine moralische. Populistisch: die Reaktivierung von Fruchtbarkeitskulten wird, Freiheitsrechte negierend, christlich-jüdisch-abendländisch und natürlich auch islamisch-morgendländisch sanktioniert.
Daneben:
Die Internalisierung der Herrschaft gegen die eigene Sexualität, das individuelle Begehren, die Lust, ist zugleich die Internalisierung der Anerkenntnis des externen Hierarchieprinzips als intuitive "Naturkonstante". Es ist verbunden mit der Abwertung des eigenen körperlich-leiblichen. Zur Herrschaftssicherung im Externen durch Mord (ach so: Krieg, ähh Verteidigung des christlichen Abendlandes), stellt es willige Körper zur Verfügung. Wer gelernt hat, sein Begehren zu töten, dem ist der Unwert des Leibes der Anderen ein gefühltes Anliegen. Die so gestaltete repressive Bewirtschaftung der individuellen Sexualität ist, Hand in Hand mit der Bewirtschaftung der Angst, die wohl wirksamste Quelle der Herrschaft des Menschen über den Menschen (angelehnt an N. Elias 1991: 57).
Vielleicht ein interessanter Gedankengang zur Rehabilitierung „primitiver“ Kulte, deren Protagonisten und Gemäuer christlich einstmals geschleift wurden. Aus dem, was heute juristisch als ästhetisch zulässig gilt, sind diese Kulte, an die Sexarbeit, wenn man Gerheim folgt, anzuschließen vermag, auch richterlich zu verbannen. Zumindest wenn man der evangelikal-feministischen Moderne glaubt, die eingedenk tradierten Exorzismus, das Teuflische, igitt, Scham und Schmutz, schwarzerisch als brutalisierende Sexarbeit identifiziert.
Hallo lieber Kasharius.
Ich habe das von Dir verlinkte Urteil zur Kenntnis genommen. Hier ein paar flaternde Gedanken dazu.
Eigene Betroffenheit
Wesentlicher Bestandteil ist die Bewertung der Sexarbeit als eine Tätigkeit, die keine künstlerische Praxis sei. Diese Bewertung findet sich auch, wenn es um die Frage der Freiberuflichkeit geht. Damit hatten Lara und ich 2010 zu tun, als es um unsere erste Location (Essener Str.) in Bremen ging. Sie war für uns mit traumatisierenden Hoyerswerda deja vus in Form von Auftritten von Aktivisten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und deren polizeigeschützten Straftaten verbunden. Am Ende dieser Auseinandersetzung um die Essener Str. standen u.a. einerseits langanhaltende, noch heute wirksame posttraumatische Störungen bei machen der damals in der Location tätigen Sexarbeitenden, die ich nicht weiter verfolgt habe, da der Gesundheitszustand der geschädigten Sexarbeitenden eine weitere Aufarbeitung damals nicht zuließ. In den Auseinandersetzungen wurden wir wechselweise von Radio Bremen, Sendung buten und binnen vom 12.03.2010 als Zuhälter oder von der Initiative der gegen unsere Location aktiven Gruppenbeogenen Menschenfeinde , wie in Broschüre "Käufliche Liebe ..." Hrsg. DieLinke Bremen, S. 34, zu lesen ist als Zwangsprostituierte "Die BürgerInnen in der Essener Straße in der Neustadt wehrten sich im Frühjahr dieses Jahres gegen Zwangsprostitution in ihrer Straße." download http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 5559#95559 oder etwas später von Frau Rose Gerdts -Schiffler, damals Redakteurin des Weser-Kurier, heute Sprecherin des Bremer Innensenators Mäurer, am 7. Mai. 2010, im WESER-KURIER, Seite 9, als Puffmutter "Mit dem Klischee einer Puffmutter hat Lara Freudmann äußerlich nichts gemein[/B]" bezeichnet. Da hat Kunst natürlichen keinen Platz und es verbietet sich ernsthaft nachzudenken.
Andererseits stand am Ende der Auseinandersetzungen, kein Wunder bei dem Vorlauf möchte ich meinen, ein Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts vom 30.06.2010, dass in der Tradition der deutschen Verwaltungsgerichtssprechung zur Sexarbeit steht (Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Kammer - Freie Hansestadt Bremen Az: 1 V 410/10, S. 15) "Sexuelle Betätigung an sich - in ihren vielfältigsten Formen - gehört zu (fast) jedem Menschenleben - gerade ungeachtet von Grad und Umfang der Bildung oder Talente - dazu. Dass für den Verkauf von Sexualität als Ware darüber hinaus gehende besondere Fertigkeiten erforderlich sein sollten, erschließt sich nicht." Sexarbeit, so die Richter, ist keine freiberufliche Tätigkeit und damit, das ist klar, auch und erst Recht keine, die irgendetwas mit Kunst und ästhetischer Praxis zu tun hat.
Einspruch: Ästhetische Praxis
Ein kleinen Einspruch schon einmal an dieser Stelle mit Bezug auf Udo Gerheim, Die Produktion des Freiers „Die Prostitution (ich bevorzuge die Begrifflichkeit erotische und sexuelle Dienstleistungen, da ohne negative Konnotation K.F.) ist also in der Lage, innerhalb des Geltungsbereiches des Feldes identitäre, soziale, körperliche und sexuelle Grenzen in ,atemberaubender‘ Geschwindigkeit zu überwinden, entgegen sonstiger sozialer und psychischer Gesetzmäßigkeiten im Feld (privater) Sexualität“ (Gerheim, 2012, S. 223)? Und worin besteht der ästhetische Prozess: In der Transzendierung von Grenzziehungen durch die Wirkmächtigkeit Kunstschaffender (ein Hinweis dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Transzende ... %84sthetik, habe mich damit vor Jahrzehnten beschäftigt, und denke, dass dieser Ansatz verfolgenswert ist, ohne aktuell Weiteres beisteuern zu können)
Einspruch: Historische Verdrängung kultischer sexueller Praxis
Ohne das durch Quellen hier belegen zu können, finde ich daneben, dass folgender Gedankengang zu berücksichtigen ist.
Neben monothestischen Sinnstiftungssystemen mit ihren Auswirkungen auf unsere geisteswissenschaftliche Gegenwart und soziale Praxis, gibt es marginalisiert immer noch kultische Handlungen um Fruchtbarkeit und Sexualität. Vorchristlich gab es weit mehr, man schaue in die Götterwelt der Griechen und anderer Kulturen, ihre Kulte deren Institutionen und stofflichen Überreste. Auf den geschleiften „Tempeln“ vorchristlicher Kulte, auf den Gebeinen der Protagonisten dieser Kulte, hat sich mit den monotheistischen Religionen eine Erzählungen etabliert, die mit dem Leiblichen, vor allem mit dem leiblich Sexuellen das Teuflische verbunden und es in Askese und Ehe eingefriedet hat. In der Konkurrenz herschaftslegitimierender Sinnsysteme, hat, sicher verkürzt überlegt, das Christentum, nicht unblutig, wenn man dieses Bibelzitat heranzieht: „Die Männer gingen zu ihr, wie man zu einer Dirne geht. So gingen sie zu Ohola und Oholiba, den schamlosen Frauen. Doch gerechte Männer werden ihnen das Urteil sprechen nach der Rechtsvorschrift für Ehebrecherinnen und Mörderinnen. Denn sie haben Ehebruch begangen und an ihren Händen klebt Blut. Ja, so spricht Gott, der Herr: Man berufe eine Volksversammlung gegen sie ein; sie sollen misshandelt und ausgeraubt werden. Die Volksversammlung soll sie steinigen und mit Schwertern in Stücke hauen. Ihre Söhne und Töchter soll man töten und ihre Häuser verbrennen.“ (Bibel, Ez 23, 44-47) der Sexualität die Potentialität der Transzendenz (die Gerheim anspricht), das Recht auf Kult, die ästhetische Praxis aus- und den Schmutz, die Scham eingetrieben.
Die Randziffer 18 des von Dir verlinkten Urteils, in der es um Sexarbeit und Kunst geht habe ich mit diesem Kommentar versehen:
-Auch in Verbindung mit Ordensnamen -
Kultischen Handlungen
Die Auslöschung bzw. Marginalisierung sexuell-kultischer Handlungen ist Ergebnis der Durchsetzung monothestischer Glaubenssysteme. Deren Primat bei der Bewertung von sexuellen Handlung stellt diese als restriktiv zu domestizierende menschliche Praxis dar. Die vorherrschenden monotheistischen Religionen und ihre kirchlichen Inkarnationen (ent)stehen auf z.B den Ruinen der Tempel von Fruchtbarkeitskulten, denen sie, nach deren Schleifung mit Tabuisierung begegneten. Folglich ist in monothestisch geprägten Kulturen Sexualität als kultische Handlung
- nicht legitim
- nicht anerkannt
- tabuisiert
- primitiv
blasphemisch
etc.
Die juristische Bewertung der Sexarbeit als nicht künstlerische Tätigkeit, als Tätigkeit zu der es keiner besonderen persönlichen Fähigkeiten bedarf, als menschliche profanes Tun, das nichts Bezeichnendes, das verborgen in den "Dingen" steckt, z.B. Ermöglichung differenter sexuellen Interaktion, zur Entdeckung bringen kann (was ja ein ästhetischer Prozess wäre), wird auf dem Hintergrund der Tabuisierungs-, Verdrängungs- und Ausgrenzungsleistungen monotheistisch geprägter Kulturen gegen historisch vorhergehende, Sexualität kultisch anerkennende Gemeinwesen, und ihrer kulturellen und ästhetischen Praxis in Fragen der „Göttlichkeit“ der Sexualität, fragwürdig. Die gegebene juristische Bewertung ist damit keine rationale, sondern eine moralische. Populistisch: die Reaktivierung von Fruchtbarkeitskulten wird, Freiheitsrechte negierend, christlich-jüdisch-abendländisch und natürlich auch islamisch-morgendländisch sanktioniert.
Daneben:
Die Internalisierung der Herrschaft gegen die eigene Sexualität, das individuelle Begehren, die Lust, ist zugleich die Internalisierung der Anerkenntnis des externen Hierarchieprinzips als intuitive "Naturkonstante". Es ist verbunden mit der Abwertung des eigenen körperlich-leiblichen. Zur Herrschaftssicherung im Externen durch Mord (ach so: Krieg, ähh Verteidigung des christlichen Abendlandes), stellt es willige Körper zur Verfügung. Wer gelernt hat, sein Begehren zu töten, dem ist der Unwert des Leibes der Anderen ein gefühltes Anliegen. Die so gestaltete repressive Bewirtschaftung der individuellen Sexualität ist, Hand in Hand mit der Bewirtschaftung der Angst, die wohl wirksamste Quelle der Herrschaft des Menschen über den Menschen (angelehnt an N. Elias 1991: 57).
Vielleicht ein interessanter Gedankengang zur Rehabilitierung „primitiver“ Kulte, deren Protagonisten und Gemäuer christlich einstmals geschleift wurden. Aus dem, was heute juristisch als ästhetisch zulässig gilt, sind diese Kulte, an die Sexarbeit, wenn man Gerheim folgt, anzuschließen vermag, auch richterlich zu verbannen. Zumindest wenn man der evangelikal-feministischen Moderne glaubt, die eingedenk tradierten Exorzismus, das Teuflische, igitt, Scham und Schmutz, schwarzerisch als brutalisierende Sexarbeit identifiziert.
Zuletzt geändert von Klaus Fricke am 31.03.2015, 17:14, insgesamt 7-mal geändert.
-
- Nicht mehr aktiv
- Beiträge: 1121
- Registriert: 05.11.2010, 16:16
- Wohnort: Bremen / Sougia - Kreta
- Ich bin: Keine Angabe
RE: VG Berlin Urteil v. 20.1.2015 23 K 180.14
Sexarbeit ist auch ästhetische Praxis
Hallo lieber Kasharius.
Ich habe das von Dir verlinkte Urteil zur Kenntnis genommen. Hier ein paar flaternde Gedanken dazu.
Eigene Betroffenheit
Wesentlicher Bestandteil ist die Bewertung der Sexarbeit als eine Tätigkeit, die keine künstlerische Praxis sei. Diese Bewertung findet sich auch, wenn es um die Frage der Freiberuflichkeit geht. Damit hatten Lara und ich 2010 zu tun, als es um unsere erste Location (Essener Str.) in Bremen ging. Sie war für uns mit traumatisierenden Hoyerswerda deja vus in Form von Auftritten von Aktivisten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und deren polizeigeschützten Straftaten verbunden. Am Ende dieser Auseinandersetzung um die Essener Str. standen u.a. einerseits langanhaltende, noch heute wirksame posttraumatische Störungen bei machen der damals in der Location tätigen Sexarbeitenden, die ich nicht weiter verfolgt habe, da der Gesundheitszustand der geschädigten Sexarbeitenden eine weitere Aufarbeitung damals nicht zuließ. In den Auseinandersetzungen wurden wir wechselweise von Radio Bremen, Sendung buten und binnen vom 12.03.2010 als Zuhälter oder von der Initiative der gegen unsere Location aktiven Gruppenbeogenen Menschenfeinde, wie in Broschüre "Käufliche Liebe ..." Hrsg. DieLinke Bremen, S. 34, zu lesen ist als Zwangsprostituierte "Die BürgerInnen in der Essener Straße in der Neustadt wehrten sich im Frühjahr dieses Jahres gegen Zwangsprostitution in ihrer Straße." download http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 5559#95559 oder etwas später von Frau Rose Gerdts -Schiffler, damals Redakteurin des Weser-Kurier, heute Sprecherin des Bremer Innensenators Mäurer, am 7. Mai. 2010, im WESER-KURIER, Seite 9, als Puffmutter "Mit dem Klischee einer Puffmutter hat Lara Freudmann äußerlich nichts gemein" bezeichnet. Da hat Kunst keinen Platz und es verbietet sich ernsthaft nachzudenken.
Andererseits stand am Ende der Auseinandersetzungen, kein Wunder bei dem Vorlauf möchte ich meinen, ein Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts vom 30.06.2010, dass in der Tradition der deutschen Verwaltungsgerichtssprechung zur Sexarbeit steht (Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Kammer - Freie Hansestadt Bremen Az: 1 V 410/10, S. 15) "Sexuelle Betätigung an sich - in ihren vielfältigsten Formen - gehört zu (fast) jedem Menschenleben - gerade ungeachtet von Grad und Umfang der Bildung oder Talente - dazu. Dass für den Verkauf von Sexualität als Ware darüber hinaus gehende besondere Fertigkeiten erforderlich sein sollten, erschließt sich nicht." Sexarbeit, so die Richter, ist keine freiberufliche Tätigkeit und damit, das ist klar, auch und erst Recht keine, die irgendetwas mit Kunst und ästhetischer Praxis zu tun hat.
Einspruch: Ästhetische Praxis
Ein kleinen Einspruch schon einmal an dieser Stelle mit Bezug auf Udo Gerheim, Die Produktion des Freiers „Die Prostitution (ich bevorzuge die Begrifflichkeit erotische und sexuelle Dienstleistungen, da ohne negative Konnotation K.F.) ist also in der Lage, innerhalb des Geltungsbereiches des Feldes identitäre, soziale, körperliche und sexuelle Grenzen in ,atemberaubender‘ Geschwindigkeit zu überwinden, entgegen sonstiger sozialer und psychischer Gesetzmäßigkeiten im Feld (privater) Sexualität“ (Gerheim, 2012, S. 223)? Und worin besteht der ästhetische Prozess: In der Transzendierung von Grenzziehungen durch die Wirkmächtigkeit Kunstschaffender (ein Hinweis dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Transzende ... %84sthetik, habe mich damit vor Jahrzehnten beschäftigt, und denke, dass dieser Ansatz verfolgenswert ist, ohne aktuell Weiteres beisteuern zu können)
Einspruch: Historische Verdrängung kultischer sexueller Praxis
Ohne das durch Quellen hier belegen zu können, finde ich daneben, dass folgender Gedankengang zu berücksichtigen ist.
Neben monothestischen Sinnstiftungssystemen mit ihren Auswirkungen auf unsere geisteswissenschaftliche Gegenwart und soziale Praxis, gibt es marginalisiert immer noch kultische Handlungen um Fruchtbarkeit und Sexualität. Vorchristlich gab es weit mehr, man schaue in die Götterwelt der Griechen und anderer Kulturen, ihre Kulte deren Institutionen und stofflichen Überreste. Auf den geschleiften „Tempeln“ vorchristlicher Kulte, auf den Gebeinen der Protagonisten dieser Kulte, hat sich mit den monotheistischen Religionen eine Erzählungen etabliert, die mit dem Leiblichen, vor allem mit dem leiblich Sexuellen das Teuflische verbunden und es in Askese und Ehe eingefriedet hat. In der Konkurrenz herschaftslegitimierender Sinnsysteme, hat, sicher verkürzt überlegt, das Christentum, nicht unblutig, wenn man dieses Bibelzitat heranzieht: „Die Männer gingen zu ihr, wie man zu einer Dirne geht. So gingen sie zu Ohola und Oholiba, den schamlosen Frauen. Doch gerechte Männer werden ihnen das Urteil sprechen nach der Rechtsvorschrift für Ehebrecherinnen und Mörderinnen. Denn sie haben Ehebruch begangen und an ihren Händen klebt Blut. Ja, so spricht Gott, der Herr: Man berufe eine Volksversammlung gegen sie ein; sie sollen misshandelt und ausgeraubt werden. Die Volksversammlung soll sie steinigen und mit Schwertern in Stücke hauen. Ihre Söhne und Töchter soll man töten und ihre Häuser verbrennen.“ (Bibel, Ez 23, 44-47) der Sexualität die Potentialität der Transzendenz (die Gerheim anspricht), das Recht auf Kult, die ästhetische Praxis aus- und den Schmutz, die Scham eingetrieben.
Die Randziffer 18 des von Dir verlinkten Urteils, in der es um Sexarbeit und Kunst geht habe ich mit diesem Kommentar versehen:
-Auch in Verbindung mit Ordensnamen -
Kultischen Handlungen
Die Auslöschung bzw. Marginalisierung sexuell-kultischer Handlungen ist Ergebnis der Durchsetzung monothestischer Glaubenssysteme. Deren Primat bei der Bewertung von sexuellen Handlung stellt diese als restriktiv zu domestizierende menschliche Praxis dar. Die vorherrschenden monotheistischen Religionen und ihre kirchlichen Inkarnationen (ent)stehen auf z.B den Ruinen der Tempel von Fruchtbarkeitskulten, denen sie, nach deren Schleifung mit Tabuisierung begegneten. Folglich ist in monothestisch geprägten Kulturen Sexualität als kultische Handlung
- nicht legitim
- nicht anerkannt
- tabuisiert
- primitiv
- blasphemisch
- etc.
Die juristische Bewertung der Sexarbeit als nicht künstlerische Tätigkeit, als Tätigkeit zu der es keiner besonderen persönlichen Fähigkeiten bedarf, als menschlich profanes Tun, das nichts Bezeichnendes, das verborgen in den "Dingen" steckt, z.B. Ermöglichung differenter sexuellen Interaktion, zur Entdeckung bringen kann (was ja ein ästhetischer Prozess wäre), wird auf dem Hintergrund der Tabuisierungs-, Verdrängungs- und Ausgrenzungsleistungen monotheistisch geprägter Kulturen gegen historisch vorhergehende, Sexualität kultisch anerkennende Gemeinwesen, und ihrer kulturellen und ästhetischen Praxis, der „Göttlichkeit“ der Sexualität, fragwürdig. Die gegebene juristische Bewertung ist damit keine rationale, sondern eine moralische. These: Die Reaktivierung von Fruchtbarkeitskulten wird, Freiheitsrechte negierend, christlich-jüdisch-abendländisch und natürlich auch islamisch-morgendländisch wegsanktioniert.
Daneben:
Die Internalisierung der Herrschaft gegen die eigene Sexualität, das individuelle Begehren, die Lust, ist zugleich die Internalisierung der Anerkenntnis des externen Hierarchieprinzips als intuitive "Naturkonstante". Es ist verbunden mit der Abwertung des eigenen körperlich-leiblichen. Zur Herrschaftssicherung im Externen durch Mord (ach so: Krieg, ähh: Verteidigung des christlichen Abendlandes), stellt es willige Körper zur Verfügung. Wer gelernt hat, sein Begehren zu töten, dem ist der Unwert des Leibes der Anderen ein gefühltes Anliegen. Die so gestaltete repressive Bewirtschaftung der individuellen Sexualität ist, Hand in Hand mit der Bewirtschaftung der Angst, die wohl wirksamste Quelle der Herrschaft des Menschen über den Menschen (angelehnt an N. Elias 1991: 57).
Vielleicht ein interessanter Gedankengang zur Rehabilitierung „primitiver“ Kulte, deren Protagonisten und Gemäuer christlich einstmals geschleift wurden. Aus dem, was heute juristisch als ästhetisch akzeptiert gilt, sind diese Kulte, an die Sexarbeit, wenn man Gerheim folgt, anzuschließen vermag, auch richterlich zu verbannen. Zumindest wenn man der evangelikal-feministischen „Moderne“ glaubt, die eingedenk tradierten Exorzismus, das Teuflische, igitt, Scham und Schmutz, schwarz(seh)erisch als brutalisierende Sexarbeit identifiziert.
Hallo lieber Kasharius.
Ich habe das von Dir verlinkte Urteil zur Kenntnis genommen. Hier ein paar flaternde Gedanken dazu.
Eigene Betroffenheit
Wesentlicher Bestandteil ist die Bewertung der Sexarbeit als eine Tätigkeit, die keine künstlerische Praxis sei. Diese Bewertung findet sich auch, wenn es um die Frage der Freiberuflichkeit geht. Damit hatten Lara und ich 2010 zu tun, als es um unsere erste Location (Essener Str.) in Bremen ging. Sie war für uns mit traumatisierenden Hoyerswerda deja vus in Form von Auftritten von Aktivisten Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und deren polizeigeschützten Straftaten verbunden. Am Ende dieser Auseinandersetzung um die Essener Str. standen u.a. einerseits langanhaltende, noch heute wirksame posttraumatische Störungen bei machen der damals in der Location tätigen Sexarbeitenden, die ich nicht weiter verfolgt habe, da der Gesundheitszustand der geschädigten Sexarbeitenden eine weitere Aufarbeitung damals nicht zuließ. In den Auseinandersetzungen wurden wir wechselweise von Radio Bremen, Sendung buten und binnen vom 12.03.2010 als Zuhälter oder von der Initiative der gegen unsere Location aktiven Gruppenbeogenen Menschenfeinde, wie in Broschüre "Käufliche Liebe ..." Hrsg. DieLinke Bremen, S. 34, zu lesen ist als Zwangsprostituierte "Die BürgerInnen in der Essener Straße in der Neustadt wehrten sich im Frühjahr dieses Jahres gegen Zwangsprostitution in ihrer Straße." download http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 5559#95559 oder etwas später von Frau Rose Gerdts -Schiffler, damals Redakteurin des Weser-Kurier, heute Sprecherin des Bremer Innensenators Mäurer, am 7. Mai. 2010, im WESER-KURIER, Seite 9, als Puffmutter "Mit dem Klischee einer Puffmutter hat Lara Freudmann äußerlich nichts gemein" bezeichnet. Da hat Kunst keinen Platz und es verbietet sich ernsthaft nachzudenken.
Andererseits stand am Ende der Auseinandersetzungen, kein Wunder bei dem Vorlauf möchte ich meinen, ein Urteil des Bremer Verwaltungsgerichts vom 30.06.2010, dass in der Tradition der deutschen Verwaltungsgerichtssprechung zur Sexarbeit steht (Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Kammer - Freie Hansestadt Bremen Az: 1 V 410/10, S. 15) "Sexuelle Betätigung an sich - in ihren vielfältigsten Formen - gehört zu (fast) jedem Menschenleben - gerade ungeachtet von Grad und Umfang der Bildung oder Talente - dazu. Dass für den Verkauf von Sexualität als Ware darüber hinaus gehende besondere Fertigkeiten erforderlich sein sollten, erschließt sich nicht." Sexarbeit, so die Richter, ist keine freiberufliche Tätigkeit und damit, das ist klar, auch und erst Recht keine, die irgendetwas mit Kunst und ästhetischer Praxis zu tun hat.
Einspruch: Ästhetische Praxis
Ein kleinen Einspruch schon einmal an dieser Stelle mit Bezug auf Udo Gerheim, Die Produktion des Freiers „Die Prostitution (ich bevorzuge die Begrifflichkeit erotische und sexuelle Dienstleistungen, da ohne negative Konnotation K.F.) ist also in der Lage, innerhalb des Geltungsbereiches des Feldes identitäre, soziale, körperliche und sexuelle Grenzen in ,atemberaubender‘ Geschwindigkeit zu überwinden, entgegen sonstiger sozialer und psychischer Gesetzmäßigkeiten im Feld (privater) Sexualität“ (Gerheim, 2012, S. 223)? Und worin besteht der ästhetische Prozess: In der Transzendierung von Grenzziehungen durch die Wirkmächtigkeit Kunstschaffender (ein Hinweis dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Transzende ... %84sthetik, habe mich damit vor Jahrzehnten beschäftigt, und denke, dass dieser Ansatz verfolgenswert ist, ohne aktuell Weiteres beisteuern zu können)
Einspruch: Historische Verdrängung kultischer sexueller Praxis
Ohne das durch Quellen hier belegen zu können, finde ich daneben, dass folgender Gedankengang zu berücksichtigen ist.
Neben monothestischen Sinnstiftungssystemen mit ihren Auswirkungen auf unsere geisteswissenschaftliche Gegenwart und soziale Praxis, gibt es marginalisiert immer noch kultische Handlungen um Fruchtbarkeit und Sexualität. Vorchristlich gab es weit mehr, man schaue in die Götterwelt der Griechen und anderer Kulturen, ihre Kulte deren Institutionen und stofflichen Überreste. Auf den geschleiften „Tempeln“ vorchristlicher Kulte, auf den Gebeinen der Protagonisten dieser Kulte, hat sich mit den monotheistischen Religionen eine Erzählungen etabliert, die mit dem Leiblichen, vor allem mit dem leiblich Sexuellen das Teuflische verbunden und es in Askese und Ehe eingefriedet hat. In der Konkurrenz herschaftslegitimierender Sinnsysteme, hat, sicher verkürzt überlegt, das Christentum, nicht unblutig, wenn man dieses Bibelzitat heranzieht: „Die Männer gingen zu ihr, wie man zu einer Dirne geht. So gingen sie zu Ohola und Oholiba, den schamlosen Frauen. Doch gerechte Männer werden ihnen das Urteil sprechen nach der Rechtsvorschrift für Ehebrecherinnen und Mörderinnen. Denn sie haben Ehebruch begangen und an ihren Händen klebt Blut. Ja, so spricht Gott, der Herr: Man berufe eine Volksversammlung gegen sie ein; sie sollen misshandelt und ausgeraubt werden. Die Volksversammlung soll sie steinigen und mit Schwertern in Stücke hauen. Ihre Söhne und Töchter soll man töten und ihre Häuser verbrennen.“ (Bibel, Ez 23, 44-47) der Sexualität die Potentialität der Transzendenz (die Gerheim anspricht), das Recht auf Kult, die ästhetische Praxis aus- und den Schmutz, die Scham eingetrieben.
Die Randziffer 18 des von Dir verlinkten Urteils, in der es um Sexarbeit und Kunst geht habe ich mit diesem Kommentar versehen:
-Auch in Verbindung mit Ordensnamen -
Kultischen Handlungen
Die Auslöschung bzw. Marginalisierung sexuell-kultischer Handlungen ist Ergebnis der Durchsetzung monothestischer Glaubenssysteme. Deren Primat bei der Bewertung von sexuellen Handlung stellt diese als restriktiv zu domestizierende menschliche Praxis dar. Die vorherrschenden monotheistischen Religionen und ihre kirchlichen Inkarnationen (ent)stehen auf z.B den Ruinen der Tempel von Fruchtbarkeitskulten, denen sie, nach deren Schleifung mit Tabuisierung begegneten. Folglich ist in monothestisch geprägten Kulturen Sexualität als kultische Handlung
- nicht legitim
- nicht anerkannt
- tabuisiert
- primitiv
- blasphemisch
- etc.
Die juristische Bewertung der Sexarbeit als nicht künstlerische Tätigkeit, als Tätigkeit zu der es keiner besonderen persönlichen Fähigkeiten bedarf, als menschlich profanes Tun, das nichts Bezeichnendes, das verborgen in den "Dingen" steckt, z.B. Ermöglichung differenter sexuellen Interaktion, zur Entdeckung bringen kann (was ja ein ästhetischer Prozess wäre), wird auf dem Hintergrund der Tabuisierungs-, Verdrängungs- und Ausgrenzungsleistungen monotheistisch geprägter Kulturen gegen historisch vorhergehende, Sexualität kultisch anerkennende Gemeinwesen, und ihrer kulturellen und ästhetischen Praxis, der „Göttlichkeit“ der Sexualität, fragwürdig. Die gegebene juristische Bewertung ist damit keine rationale, sondern eine moralische. These: Die Reaktivierung von Fruchtbarkeitskulten wird, Freiheitsrechte negierend, christlich-jüdisch-abendländisch und natürlich auch islamisch-morgendländisch wegsanktioniert.
Daneben:
Die Internalisierung der Herrschaft gegen die eigene Sexualität, das individuelle Begehren, die Lust, ist zugleich die Internalisierung der Anerkenntnis des externen Hierarchieprinzips als intuitive "Naturkonstante". Es ist verbunden mit der Abwertung des eigenen körperlich-leiblichen. Zur Herrschaftssicherung im Externen durch Mord (ach so: Krieg, ähh: Verteidigung des christlichen Abendlandes), stellt es willige Körper zur Verfügung. Wer gelernt hat, sein Begehren zu töten, dem ist der Unwert des Leibes der Anderen ein gefühltes Anliegen. Die so gestaltete repressive Bewirtschaftung der individuellen Sexualität ist, Hand in Hand mit der Bewirtschaftung der Angst, die wohl wirksamste Quelle der Herrschaft des Menschen über den Menschen (angelehnt an N. Elias 1991: 57).
Vielleicht ein interessanter Gedankengang zur Rehabilitierung „primitiver“ Kulte, deren Protagonisten und Gemäuer christlich einstmals geschleift wurden. Aus dem, was heute juristisch als ästhetisch akzeptiert gilt, sind diese Kulte, an die Sexarbeit, wenn man Gerheim folgt, anzuschließen vermag, auch richterlich zu verbannen. Zumindest wenn man der evangelikal-feministischen „Moderne“ glaubt, die eingedenk tradierten Exorzismus, das Teuflische, igitt, Scham und Schmutz, schwarz(seh)erisch als brutalisierende Sexarbeit identifiziert.
Zuletzt geändert von Klaus Fricke am 31.03.2015, 18:16, insgesamt 1-mal geändert.
-
- ModeratorIn
- Beiträge: 4103
- Registriert: 08.07.2012, 23:16
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
-
- Nicht mehr aktiv
- Beiträge: 1121
- Registriert: 05.11.2010, 16:16
- Wohnort: Bremen / Sougia - Kreta
- Ich bin: Keine Angabe
RE: VG Berlin Urteil v. 20.1.2015 23 K 180.14
....
als Referenz bitte den zweiten der "doppelten" Beiträge nutzen.
Die Doppelung ist der Unterbrechung beim Verfassen und Editieren geschuldet. Lässt sich jetzt nicht mehr ändern
Weitere Gedanken:
Randziffer 21, Mitte, "Ob ihre berufspolitischen Aktivitäten ...
Jedoch ist Teil dieser berufspolitischen Tätigkeit der Diskurs um die Anerkennung der Sexarbeit als ästhetische Praxis. Ästhetische Praxis in der es immer darum geht durch menschliche Kommunikationsmöglichkeiten -die stofflicher, verbaler, symbolischer, tätiger etc. Art sein können- das IST zu transzendieren, also anderes Wahrnehmen zu ermöglichen. Die berufspolitische Tätigkeit ist insofern zweifelsfrei eine Form ästhetischer Praxis. Es geht in ihr um Transzendierung vorherschender kultureller (Exklusions-) Praxen.
Insofern ist die berufspolitische Tätigkeit zweifelsfrei auch ästhetische Praxis und ist untrennbar mit ihr verbunden.
Randziffer 21, letztes Drittel, "Insgesamt ist sie damit lediglich drei Mal...
Drei Mal ist für eine ästhetische Praxis, die dem Tabu und dem Stigma unterliegt, die als solche ohne kulturelle und soziale Anerkennung ist, ein Indiz dafür, dass sich
a) diese kulturelle Praxis Anerkennung verschafft
b) die Protagonistin in Ihrer Fachöffentlichkeit unter ihrem Künstlernamen bekannnt ist und Anerkennung geniesst
c) damit das Kriterium der Verkehrsgeltung erfüllt wäre
Die Vorenthaltung der Anerkennung des Künstlernamens hat lediglich repressive Folgen und beeinträchtigt das Freiheitsrecht auf ästhetische Praxis.
als Referenz bitte den zweiten der "doppelten" Beiträge nutzen.
Die Doppelung ist der Unterbrechung beim Verfassen und Editieren geschuldet. Lässt sich jetzt nicht mehr ändern
Weitere Gedanken:
Randziffer 21, Mitte, "Ob ihre berufspolitischen Aktivitäten ...
Jedoch ist Teil dieser berufspolitischen Tätigkeit der Diskurs um die Anerkennung der Sexarbeit als ästhetische Praxis. Ästhetische Praxis in der es immer darum geht durch menschliche Kommunikationsmöglichkeiten -die stofflicher, verbaler, symbolischer, tätiger etc. Art sein können- das IST zu transzendieren, also anderes Wahrnehmen zu ermöglichen. Die berufspolitische Tätigkeit ist insofern zweifelsfrei eine Form ästhetischer Praxis. Es geht in ihr um Transzendierung vorherschender kultureller (Exklusions-) Praxen.
Insofern ist die berufspolitische Tätigkeit zweifelsfrei auch ästhetische Praxis und ist untrennbar mit ihr verbunden.
Randziffer 21, letztes Drittel, "Insgesamt ist sie damit lediglich drei Mal...
Drei Mal ist für eine ästhetische Praxis, die dem Tabu und dem Stigma unterliegt, die als solche ohne kulturelle und soziale Anerkennung ist, ein Indiz dafür, dass sich
a) diese kulturelle Praxis Anerkennung verschafft
b) die Protagonistin in Ihrer Fachöffentlichkeit unter ihrem Künstlernamen bekannnt ist und Anerkennung geniesst
c) damit das Kriterium der Verkehrsgeltung erfüllt wäre
Die Vorenthaltung der Anerkennung des Künstlernamens hat lediglich repressive Folgen und beeinträchtigt das Freiheitsrecht auf ästhetische Praxis.
-
- ModeratorIn
- Beiträge: 4103
- Registriert: 08.07.2012, 23:16
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
-
- Nicht mehr aktiv
- Beiträge: 1121
- Registriert: 05.11.2010, 16:16
- Wohnort: Bremen / Sougia - Kreta
- Ich bin: Keine Angabe
RE: VG Berlin Urteil v. 20.1.2015 23 K 180.14
Anerkennung der Notwendigkeit anonym zu arbeiten.
Diese Implikation hatte ich überlesen, bzw. mir war nicht bewusst, dass diese bis dato in Zweifel gezogen wurde. Aber, unbedingt im Kopf behalten für weitere juristische Vorhaben.
Sachverständigkeit
Da müsste ich meine flatternden Gedanken aber noch reichlich mit Material unterlegen.
Herzlich dankende Grüße aus Bremen
Klaus
Diese Implikation hatte ich überlesen, bzw. mir war nicht bewusst, dass diese bis dato in Zweifel gezogen wurde. Aber, unbedingt im Kopf behalten für weitere juristische Vorhaben.
Sachverständigkeit
Da müsste ich meine flatternden Gedanken aber noch reichlich mit Material unterlegen.
Herzlich dankende Grüße aus Bremen
Klaus
-
- ModeratorIn
- Beiträge: 4103
- Registriert: 08.07.2012, 23:16
- Wohnort: Berlin
- Ich bin: engagierter Außenstehende(r)
@Lieber Klaus
ob es Zweifel gibt weiß ich nicht. Jedenfalls wurde die Notwendigkeit nach meiner Erkenntnis so noch nicht in einer gerichtlichen Entscheidung - vom Strafrecht vielleicht abgesehen - anerkannt. UND das kann in der weiteren Diskussion z.B. um die gewerberechtliche Anzeigepflicht eventuell eine Rolle spielen.
Was flatternde Gedanken betrifft: Ganze Gerichtsverfahren werden so durchgeführt...
Kasharius grüßt megaherzlich aus Berlin zurück
ob es Zweifel gibt weiß ich nicht. Jedenfalls wurde die Notwendigkeit nach meiner Erkenntnis so noch nicht in einer gerichtlichen Entscheidung - vom Strafrecht vielleicht abgesehen - anerkannt. UND das kann in der weiteren Diskussion z.B. um die gewerberechtliche Anzeigepflicht eventuell eine Rolle spielen.
Was flatternde Gedanken betrifft: Ganze Gerichtsverfahren werden so durchgeführt...

Kasharius grüßt megaherzlich aus Berlin zurück