Über sexuelle Unterstellungen und reale "Sexjobs"
KERSTIN KELLERMANN (Die Presse)
Angebliche Geldfantasien eines Zimmermädchens könnten die Integration schwarzer Frauen in die Gesellschaft erschweren.
Die nun aufgetauchten Informationen über das Zimmermädchen aus Guinea lassen viele alte Klischees wieder aufleben. Schon die afroamerikanische Universitätsprofessorin Patricia Hill Collins schrieb in "The Sexual Politics of Black Womanhood" über die vorgefertigten Stereotype, die für schwarze Frauen Rollen als mögliche oder reale Prostituierte vorsehen – ihnen genau diese Festlegung dann aber wieder vorgehalten wird.
"Sexual Politics" untersuchen die Verbindungen zwischen Sexualität, Herrschaft und Macht. Für schwarze Frauen geht es auf diese Weise um eine Inklusion in die Gesellschaft, die gleichzeitig eine Exklusion, eine Abdrängung an den Rand, darstellt. Hill Collins: "African-American Women inhabit a sex/gender hierarchy in which inequalities of race and social class have been sexualized."
Gleichzeitig bedeutet diese mächtige vorgegebene Form von Integration in die Gesellschaft für die Frauen selbst natürlich auch Gelegenheit zur Selbstsexualisierung und realem Geldverdienst. Nicht umsonst ist die Prostitution zum Beispiel in Österreich eine der wenigen Möglichkeiten, die schwarzen Asylwerberinnen legale Verdienstmöglichkeiten eröffnet. Nachfrage schafft bekanntlich das Angebot, das dann von FPÖ-Politikern bekämpft wird (Messe-Straße beim Prater).
Schwarze Frauen als Freiwild
Privilegierte Gruppen definieren nun gerade für die Öffentlichkeit in mythischen Normen, was „Freiwilligkeit“ oder „freiwilliger Sex“ zwischen einem IWF-Chef und einer Wenigverdienerin bedeuten. "Nun wird keiner einer schwarzen Frau mehr glauben, wenn sie eine Vergewaltigung anzeigt", sagte der Journalist Simon Inou in einer ersten Reaktion auf die Freilassung Strauss-Kahns.
Die andere Seite der Geschichte ist nämlich die, dass afrikanische Frauen immer wieder zu Freiwild für Kolonialherren und Sklavenjäger wurden. Ergibt in Summe eine doppelte Einbindung und Ausbeutung: Gelderwerb durch Prostitution wird den Betroffenen vorgeworfen, gleichzeitig bleiben Vergewaltigungen tabu.
Prostitution und Vergewaltigung
Wo liegen die Grenzen? Wenn ein Kunde nicht zahlen will, war das Vergewaltigung? Prostitution inkludiert ja per definitionem einen Verdienst. Kann eine Prostituierte sowieso nicht vergewaltigt werden?
Viele Prostituierte können weder Vergewaltigungen noch vorenthaltene Honorare anzeigen, was Doppelmoral und Scheinheiligkeit aufzeigt. Eine Vergewaltigung oder „freiwilliger Sex“ kann auf jeden Fall im Nachhinein als "Sex" für künftige Honorarwünsche dargestellt werden, wie wir gerade sehen. Erpressung bringt mehr als Prostitution?
Mit Augenzwinkern forderte Engelbert Washietl in einer „Presse“-Blattkritik als "Leserservice" die Info ein, dass man in die USA "einen Rechtsanwalt gleich mitbringen sollte", wenn man "zu einem sexuellen Abenteuer neigt". Der Vorsitzende der Initiative "Qualität im Journalismus" identifizierte sich mit dieser gerichtlich ungeklärten Form von "Sex und/oder Gewalt".
Funktionieren die internalisierten "Sexual Politics" so gut, dass einem weißen, reichen, älteren Herrn „sexuelle Dienste“ mit mehr oder weniger Gewalt und auf jeden Fall ohne Honorar zugestanden werden? So wie dem IWF seine Finanzpolitik im früheren Jugoslawien, südamerikanischen Ländern oder im heutigen Griechenland zugestanden wird, durch die soziale Unruhen entstehen und für bestimmte Gruppen Gewinn geschlagen wird? Und wenn die Frau einfach Schmerzensgeld für sexualisierte Gewalt erhalten wollte?
Mag. Kerstin Kellermann (*1964 in Frankfurt/Main) ist freie Journalistin in Wien.
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