Gegen die Zwangs-Kondomisierung von Prostitution

Beiträge betreffend SW im Hinblick auf Gesellschaft bzw. politische Reaktionen
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Aoife
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Re: Gegen die Zwangs-Kondomisierung von Prostitution

Beitrag von Aoife »

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Jupiter hat geschrieben:Frei nach dem Motto, wer schießen will, braucht auch Munition.
... and a clip of ammunition for me little armalite ... :002

Schau doch mal weiter oben in diesem thread:
viewtopic.php?p=94647#94647
Zumindest die Zahlen des RKI können keinen bayerischen "Erfolg" belegen. Ist das die Art von Munition, die du suchst?

Zu Marc's Feststellung:

          Bild
Marc of Frankfurt hat geschrieben: Andererseits habe ich bereits hier im Forum gelesen und gelernt, wie WanderarbeiterInnen berichten, dass gerade in Regionen mit Kondomzwang sie mit vielen Nachfragen nach Tabulos-Service bedrängt und belästigt werden. Das verweist darauf, wie kontraproduktiv gesetzliche Regeln in diesem schwer kontrollierbaren Intim-Bereich sind.
eine mögliche psychologische Erklärung für dieses Phänomen findet sich hier:
viewtopic.php?p=94708#94708

Liebe Grüße, Aoife
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fraences
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Beitrag von fraences »

@Jason
Warum Werbeverbot, wenn wir den bereits haben §119/§120 OWiG
Grob anstößige und belästigende Handlungen;Verbotene Ausübung der Prostitution;Werbung für Prostitution

Vor 25 Jahren dürfte man im Express nur Gesellschaftsdame, Fotomodell, Begleiterin in der Anzeige schreiben.
Ansonsten hätten die Zeitung von der Staatsanwaltschaft eine Anzeige wegen Förderung und Verherrlichung der Prostitution bekommen.
In der Marktwirtschaft ist es nur mal so, das Angebot und Nachfrage den Preisniveau beeinflussen.
Gebe Dir Recht, das tabulose Anzeigen schon sehr überhand genommen haben.
Liebe Grüße
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Beitrag von ehemaliger_User »

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Maya28 hat geschrieben:Für mich ist es nichts anderes wie eine Sicherheitsvorschrift, wie es die in anderen Berufen auch gibt. Ob man Sicherheitsschuhe, oder ähnliches tragen muss, bei uns wären es halt die Kondome.
Das Tragen von Sicherheitsschuhen wird aber weder polizeilich überwacht, noch ist es gesetzlich vorgeschrieben. Ein Verstoss hat "nur" arbeitsrechtliche Folgen (Kündigung bei beharrlichem weigern) bzw. als freier Mitarbeiter darf ich qua Hausrecht die Baustelle nicht betreten. Nicht-an-die-Vorschrift-HalterInnen werden nicht kriminalisiert, bei Unfällen gibts keine Sanktionen/Mitschuld.

Oder anders formuliert:
Die Regierungen streben ein Gesetz an, das das Tragen von Helmen auf Baustellen vorschreibt mit der Begründung, nur so könne die Polizei auf Baustellen überwachen, ob Opfer von Menschenhandel beschäftigt werden.
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Beitrag von fraences »

Hab mir grad mal von Robert-Koch-Institut den letzten Epidermiologische Bulletin Nr.46 Stand vom 17.11.2010
Bezugnehmend auf Hepatitis C :
Bayern 984
BW 711
NRW 641
Berlin 546
Hessen 259
Niedersachsen 240
Rheinland-Pfalz 241
Sachsen 214
Hamburg 128
Schleswig-Holstein 126
Thüringen 124
Brandenburg 63
Bremen 26

Detaillerte Zahlen habe ich zu Hiv nicht gefunden, vielleicht kann sie jemand noch reinstellen.
Mich hat diese Zahlen doch sehr überrascht.

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Re: Gegen die Zwangs-Kondomisierung von Prostitution

Beitrag von ehemaliger_User »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:  
Andererseits habe ich bereits hier im Forum gelesen und gelernt, wie WanderarbeiterInnen berichten, dass gerade in Regionen mit Kondomzwang sie mit vielen Nachfragen nach Tabulos-Service bedrängt und belästigt werden.
vielleicht Beamte als Scheinfreier?

Es ist doch in der öffentlichen Gesundheitserziehung etwas total schief gelaufen, wenn Prostitutionsnachfrager diese Frage überhaupt stellen!

FO wird doch zwischenzeitlich fast von niemand mehr als Gesundheitsrisiko gesehen, die Grossbetriebe (FKK-Clubs) haben doch vor Jahren damit begonnen, diesen "Service" den Männern schmackhaft zu machen. In den Clubs müssen die Frauen, die kein FO anbieten, von sich aus darauf hinweisen, ansonsten hat der Gast das Recht, die Bezahlung zu verweigern (wenn er ohne Verkehr die sexuellen Handlung abbricht).

Hier ist doch Handlungsbedarf, die Betriebe haben sich aus dem Einzelgeschäft der SDL komplett rauszuhalten. Solche Gesetzespräzisierungen werden aber von den Verantwortlichen nicht einmal in Erwägung gezogen.
Zuletzt geändert von ehemaliger_User am 20.02.2011, 17:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag von Aoife »

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fraences hat geschrieben:Detaillerte Zahlen habe ich zu Hiv nicht gefunden, vielleicht kann sie jemand noch reinstellen.
Die Zahlen für die Bundesrepublik und die einzelnen Bundesländer 2010 finden sich hier:
http://www.rki.de/cln_151/nn_196014/DE/ ... __nnn=true

Die beste Aussage zur Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen bekommt man, wenn man die Zahl der Neuinfektionen mit HIV zur Einwohnerzahl in Beziehung setzt. Auf der verlinkten Seite finden sich nur .pdf mit Absolutzahlen, man muß also selbst rechen, jedoch gibt das RKI immerhin den Vertrauensbereich an. Wenn man das tut, so zeigt sich, dass Bayern keinen signifikanten Vorteil hat, die Kondomverordnung also keine gesundheitsschützende Wirkung hat.

Darüber hinaus zeigen schon die Absolutzahlen, dass der heterosexuelle Übertragungsweg nur ca. 20% der Gesamtzahl an Neuinfektionen ausmacht, und hiervon auch nur den verhältnismäßig unbedeutenden Anteil der Sexkontakte mit Geldfluß ansprechen zu wollen kann überhaupt keine messbare Wirkung entfalten.

Somit zeigen die offiziellen Zahlen des RKI, dass die Behauptung die bayerische Kondomverordnung diene dem Gesundheitsschutz unwahr ist. Mit solch unehrlichen Aussagen beim Wähler punkten zu wollen stellt eine massive Beleidigung eines jeden mündigen Bürgers dar.

Liebe Grüße, Aoife
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Jupiter
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RE: Gegen die Zwangs-Kondomisierung von Prostitution

Beitrag von Jupiter »

Danke Aoife für den Link zu den RKI-Daten.
Hier sehe ich z. B. für Bayern in Gegenüberstellung B-W welche etwa gleiche Einwohnerzahl haben keine signifikanten Unterschiede.

Ich werde an Hand der Einwohnerdaten (Quelle Fischer Weltalmanach 2011) mal eine Tabelle zusammenstellen. Ggf. ist es sinnvoller, die Anzahl der Wahlberechtigten (Erwachsen) zu nehmen. Mal schaun was ich finde.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

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Marc of Frankfurt
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Beitrag von Marc of Frankfurt »

Jutta Ditfurth kritisch über die grüne Partei und Politik des runden Tisches:
www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,15 ... 43,00.html

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Beitrag von Malachit_Man »

Ich kenne drei Clubs im Saarland, die ungeschützten Verkehr anbieten. Die Damen sind alles Rumänninen.

Ich hab mich letzte Woche mit der Hausdame des einen Clubs unterhalten. Dort arbeiten 5 - 7 Rumäninnen. Sie sagte, sie hätte gestern 48 Kunden gehabt, die ausnahmslos ungeschützten Verkehr haben wollten (und ihn auch bekommen haben).

Es wäre immer das Gleiche: Die Kunden, die anrufen, stellen immer als erstes die Frage "Gibt es bei Euch auch Verkehr ohne?" Was sie bejaht.

Die zweite Frage ist auch immer die gleiche: "Sind Eure Damen gesund?" Aber ja mein Lieber, natürlich.

Ich finde, man macht es sich zu leicht, Kondomzwang abzulehnen und solche Zustände achselzuckend zu ignorieren. Wer achtet auf die Würde der Rumäninnen?

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Aoife
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Beitrag von Aoife »

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Malachit_Man hat geschrieben:Ich finde, man macht es sich zu leicht, Kondomzwang abzulehnen und solche Zustände achselzuckend zu ignorieren. Wer achtet auf die Würde der Rumäninnen?
Lieber Malacht_Man,

du bringst hier 3 Dinge in einen Zusammenhang, den ich nicht nachvollziehen kann.

Was hat den Kondomzwang aufgrund eindeutiger wissenschaftlicher Beweise seiner Schädlichkeit abzulehnen mit "achselzuckend ignorieren" zu tun? Könntest du das bitte erklären?

Und wie bringst du die Idee Würde der Rumäninnen zu achten mit deinem Wunsch nach staatlicher Bevormundung ihrer Sexualität in Einklang? :017

Liebe Grüße, Aoife
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Malachit_Man
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Beitrag von Malachit_Man »

Liebe Aoife, lieber ehemaliger_User,

ich bezog mich auf die schwächsten Mitglieder der europäischen SW, die Rumäninnen (auch die Ungarinen).

Rumänien und Ungarn sind die Armenhäuser der EU. Ich schätze daß 90% der rumänischen und ungarischen Frauen Armutsprostitution betreiben.

ehemaliger_User, du hast geschrieben, "die Betriebe haben sich aus dem Geschäft der SDL herauszuhalten." Dies ist ein frommer Wunsch. Meinem Einblick nach ist es anders herum - die Betriebe schreiben den Frauen vor, welchen Service sie zu machen haben. Falls sie dem nicht folgen wollen, kein Problem: vor der Tür steht die nächste Rumänin, die es macht.

Die Sexualität dieser Frauen wird nicht vom Staat bevormundet. Auch nicht vom Betrieb - wenn sie keinen ungeschützten Verkehr anbietet, muß sie halt gehen.

Das ist Kapitalismus: es steht jedem frei, seinen Körper in jeder Form auszubeuten, wie er es möchte.

Aoife: der Staat hat bestimmte Geschäfte verboten, um die Schwächsten der Gesellschat vor Ausbeutung zu schützen, z.B. Organhandel, Kinderarbeit, Wuchergeschäfte etc. Staatliche Bevormundung?

Meinem Einblick nach bieten nur 5% der Frauen in meinem Bundesland ungeschützten Verkehr an. Die restlichen 95% würden nicht im Traum daran denken.

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Beitrag von ehemaliger_User »

@Malachit_Man

Natürlich ist es ein "frommer" Wunsch, dass sich Betriebe raushalten. Kein freier Masseur in einer Praxisgemeinschaft würde sich jemals so gängeln lassen.

Das liegt doch aber auch an uns Freiern - weil viele nicht akzeptieren wollen, dass ein Bordell ein Marktplatz ist, das Geschäft von den AnbieterInnen selbst gestaltet wird. So ist es übrigens auch vom Gesetzgeber vorgesehen.

Wenn die Betriebe schon Vorschriften machen nach dem Motto "friss oder stirb": dann sollen sie gefälligts die Frauen anstellen, mit allen Konsequenzen: Arbeitgeberbeiträge, Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung.

Es ist doch ein Verstoss gegen die Menschenwürde, Kondomzwang einzuführen. Jede(r) soll Sex so praktizieren, wie sie/er es für richtig hält, Sex ist das intimste zwischen zwei Menschen und geht staatliche Organe nichts an!

In BaWü gibt es ein Alkoholverkaufsverbot zwischen 22 und 6 Uhr. Das hat erstens nichts gebracht und zweitens werden Menschen, die mit Alkohol verantwortungsvoll umgehen können, dadurch gegängelt. Ich kann nicht feststellen, dass weniger volltrunkene Jugendliche unterwegs sind.

Rauchen unter 18 in der Öffentlichkeit ist verboten. Wird der Bahnvorstand bestraft, wenn unter 18jährige in den Raucherecken der Bahnhöfe rauchen?
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Beitrag von Ariane »

Kondomzwang ist menschenrechtswidrig und davon ab praktisch nicht kontrollierbar und kann es auch nicht sein, siehe Beispiel Bayern. Man muss nicht erst Rumäninnen oder Bulgarinnen herbeizitieren, es ist ein Bildungs- und Armutsproblem, AO wird seitens der Kunden auf der ganzen Welt gewünscht, auch in Deutschland oder England, und leider allzu oft erfolgreich eingefordert. Hier in England ist die Anfrage nach AO weit verbreitet, leider gibt es sehr viele Frauen in desolaten sozialen Umständen, die Bareback für Handgeld anbieten, sexuelle Selbstbestimmung hin oder her; Aufklärung von Streetworkern oder unser Forum erreicht die meisten Mädels nicht und kann es meist auch nicht. Der Gedanke, das sie für sich selbst Sexwork als Arbeit anerkennen, mit allen Verantwortlichkeiten, Rechten, Bewusstsein sich selbst und anderen gegenüber etc. geht an ihnen vorbei. Genau wie an vielen Kunden. Die meisten Sexworker sind überhaupt nicht in der privilegierten Situation, sich darüber auch nur Gedanken machen zu "können". Dennoch ist die einzige Möglichkeit, die bleibt, Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung und der Aufbau einer starken Sexworker Rights Bewegung, die durch kluge Pressearbeit und Vernetzungen vor Ort noch das letzte Dorf erreicht.
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Beitrag von Aoife »

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Malachit_Man hat geschrieben:ich bezog mich auf die schwächsten Mitglieder der europäischen SW, die Rumäninnen (auch die Ungarinen).
...
Aoife: der Staat hat bestimmte Geschäfte verboten, um die Schwächsten der Gesellschat vor Ausbeutung zu schützen, z.B. Organhandel, Kinderarbeit, Wuchergeschäfte etc. Staatliche Bevormundung?
Malachit_Man: Nicht nur staatliche Regelungsversuche, selbst schon reine Abschreckungskampagnen fördern wissenschaftlich nachgewiesen die Ausbreitung von STIs und HIV. Weshalb Staaten wie beispielsweise Malta, Portugal und Großbritannien diese Strategie aufgegeben haben.

Wenn es dir also um den Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft geht, warum forderst du dann eine Maßnahme, die genau diesen Personen nachgewiesenermaßen schadet?

Sorry wenn ich etwas hart klinge, aber insbesondere bei HIV geht es um Menschenleben, das ist IMHO kein Spielplatz auf dem jeder seine weltfremden Phantasien ausleben sollte. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass jemand glaubt eine gesetzliche Kondompflicht könne die Schwächsten der Gesellschaft schützen, aber da wir wissen dass das Gegenteil der Fall ist verlangt gerade der Respekt vor den anderen Menschen, dass wir unsere Phantasien was staatliche Vorschriften bewirken könnten im Zaum halten und nicht nachgewiesenermaßen schädliche Maßnahmen einfordern nur weil wir uns vorstellen könnten dass sie nützlich wären.

Insofern kann ich deine rhetorische Frage "staatliche Bevormundung?" im Fall von HIV nur mit JA beantworten, weil in diesem Bereich klar ist, dass der vorgebliche Schutz von Schwachen nicht den Tatsachen entspricht.

Vielleicht eine etwas metaphysische Erlärung (für definitiv bewiesene Fakten) aber vielleicht kann diese ja zum Verständnis führen: HIV ist wie der Name schon besagt ein Virus. Und Viren sind keine Lebewesen mit eigenem Lebenswillen der zum Nachteil anderer durchgesetzt werden kann, sondern reine Information, die die befallenen Zellen umprogrammiert.

Und Fehlinformation kann weder mit Waffengewalt noch mit Gefängnissen in den Griff gebracht werden, sondern nur durch verbreiten der richtigen Information. Vielleicht führt dieses Bild zu etwas mehr Verständnis, warum HIV nur mit Information eingedämmt werden kann und jeder Cent der nicht in das Verbreiten der richtigen Information sondern in staatliche Regulationen gesteckt wird zwar den damit entlohnten Staatsdienern zugutekommt, der Bekämpfung von HIV jedoch nicht nur verlorengeht, sondern sie sogar sabotiert.

Dass auch diese Staatsdiener nicht verhungern wollen kann ich übrigens auch akzeptieren, aber das mit "Eindämmung von HIV" oder gar dem "Schutz der Schwächsten in der Gesellschaft" begründen zu wollen ist ganz offen gesagt verlogen.

Liebe Grüße, Aoife
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RE: Gegen die Zwangs-Kondomisierung von Prostitution

Beitrag von Malachit_Man »

Aoife: Kleines Mißverständnis hier: ich meinte, ob du auch das Verbot von Organhandel, Kinderarbeit und Wuchergeschäften als staatliche Bevormundung siehst.

Aoife, du hast geschrieben: "Nicht nur staatliche Regelungsversuche, selbst schon reine Abschreckungskampagnen fördern wissenschaftlich nachgewiesen die Ausbreitung von STIs und HIV. Weshalb Staaten wie beispielsweise Malta, Portugal und Großbritannien diese Strategie aufgegeben haben. "

Interessante These, hast du dazu einen Nachweis? Link?

Ich hab was anderes gelesen über STI, z.B. beim Robert-Koch-Institut (RKI), aber nicht nur da. Der allgemeine Tenor ist, daß das Problembewußtsein zurückgegangen ist in den letzten 10 Jahren und gerade die Ziffern für die "klassischen" Geschlechtskrankheiten steigen, aber schwer nachzuweisen sind für z.B. Deutschland, da die Meldepflicht abgeschafft wurde. RKI spricht von einer Dunkelziffer von 85%

ehemaliger_User, du schriebst: "Es ist doch ein Verstoss gegen die Menschenwürde, Kondomzwang einzuführen. Jede(r) soll Sex so praktizieren, wie sie/er es für richtig hält, Sex ist das intimste zwischen zwei Menschen und geht staatliche Organe nichts an!" Andererseits ist es für 400.000 SW in Deutschland der Beruf. Genausogut könntest du fordern, jeder darf Häuser bauen, Bier brauen etc wie es ihm gefällt, das geht staatliche Organe nichts an.

Und zum Thema Menschenwürde, ich finde es wesentlich unmenschlicher, wenn man nach Leuten sucht, die nichts zu verlieren haben und sie ungeschützten Verkehr machen läßt.

Das Wunschbild von dem freien, selbstbestimmten SW stimmt hier nicht. Das sind Frauen aus bildungsfernen, verarmten bzw verwahrlosten Schichten, auf denen ein hoher Druck lastet.

Dazu paßt übrigens auch, daß sowohl die rumänischen als auch die zwei deutschen SW, die ungeschützten Verkehr anbieten und die ich persönlich kenne, sich keinerlei Gedanken über Verhütung machen, und dementsprechend auf mindestens eine Abtreibung im Jahr kommen.

Aber ich will das nicht überdramatisieren. Wie ich schon vorher geschrieben habe, denken 95% der SW, die ich kenne, nicht im Traum daran, ungeschützten Verkehr anzubieten.

Andererseits: noch vor 30 Jahren war FO ein No Go, und unter dem Angebotsdruck der osteuropäischen SW ist das mittlerweile Standard. Vielleicht nimmt der ungeschützte Verkehr den gleichen Weg.

@ Ariane: Amen zu allem was du schreibst.

Übrigens, ich hab seit letzter Woche mit den SW, die ich fotographierte, über das Thema gesprochen. Ich hab mit 21 SW gesprochen und bekam 21 Stimmen FÜR Kondomzwang (interessanterweise sogar von der einen Deutschen, die ungeschützten Verkehr anbietet). Ich weiß, das ist eine etwas kleine Referenzgruppe, aber sie zeigt die Richtung. Von daher sollte jeder, der die Interessen von SW vertritt und gegen Kondomzwang ist, sich fragen ob er in Übereinstimmung mit seiner Basis ist.

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Beitrag von Zwerg »

Ich erlaube mir, im Zusammenhang mit den oben angeführten Ratschlägen, auf die Tatsache hinzuweisen, dass wir den Punkt bereits in unserem Manifest eindeutig geklärt haben. Wir stehen hier im Einklang mit allen internationalen Organisationen, welchen wir angehören, oder mit welchen wir zusammen arbeiten. Wir geben auch nicht vor "alle SexarbeiterInnen vertreten zu wollen" - der Rückhalt von unserer Basis ist für uns entscheidend und der steht außer Frage. Wer mit uns zusammen arbeiten möchte, kann dies kostenlos und freiwillig tun - ohne Verpflichtung. Wenn wir "so daneben" wären, würden wir keine derart rege Gemeinde von SexarbeiterInnen hier vorfinden.

Das wir "unseren" Standpunkt vertreten und argumentieren, sehen wir als unsere Aufgabe. Zurufe von FotografInnen, welche (für uns nicht nachvollziehbare Umfragen durchführen) nehmen wir natürlich zur Kenntnis, sehen aber keinen Grund darin, deshalb unsere eigenen Erfahrungen (ein Großteil der hier vertretenen UserInnen (und auch die Adminas) sind SexarbeiterInnen) und Rechte (!!!) aufzugeben.

Es erscheint mir auch noch wichtig zu betonen: Gegen Zwangsmaßnahmen gegen SexarbeiterInnen zu sein - und gleichzeitig aber "safer" als sinnvoll und notwendig anzusehen, ist kein Widerspruch! Denn genau das ist unsere Botschaft. Wir haben die Erfahrungen der Aids-Prävention - Aufklärung und Selbstbestimmung ist der Schlüssel - begriffen.

Wenn die Behauptung "Zwangsmaßnahmen würden Geschlechtskrankheiten verhindern" stimmen würde, dann hätte man in Österreich (dort gibt es nach wie vor die Zwangsuntersuchung an SexarbeiterInnen) ja kein Problem damit haben..... - Genau das Gegenteil ist der Fall.

christian

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Re: RE: Gegen die Zwangs-Kondomisierung von Prostitution

Beitrag von Aoife »

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Malachit_Man hat geschrieben:Aoife, du hast geschrieben: "Nicht nur staatliche Regelungsversuche, selbst schon reine Abschreckungskampagnen fördern wissenschaftlich nachgewiesen die Ausbreitung von STIs und HIV. Weshalb Staaten wie beispielsweise Malta, Portugal und Großbritannien diese Strategie aufgegeben haben. "

Interessante These, hast du dazu einen Nachweis? Link?
viewtopic.php?t=5418
Malachit_Man hat geschrieben:Ich hab was anderes gelesen über STI, z.B. beim Robert-Koch-Institut (RKI), aber nicht nur da. Der allgemeine Tenor ist, daß das Problembewußtsein zurückgegangen ist in den letzten 10 Jahren und gerade die Ziffern für die "klassischen" Geschlechtskrankheiten steigen, aber schwer nachzuweisen sind für z.B. Deutschland, da die Meldepflicht abgeschafft wurde. RKI spricht von einer Dunkelziffer von 85%
Malachit_Man, ich vermute du vermischtst hier wissenschaftliche Problembeschreibung und ideologische Lösungsvorschläge. Mir zumindest ist keine Stelle bekannt, an der das RKI als Lösung für die festgestellten Probleme einen Kondomzwang fordert.

Und gerade die ja auch von dir unbestrittene Tatsache, dass dieser Anstieg nicht durch einen Fehler im neuen deutschen Infektionsschutzgesetz von 2001 seine Ursache hat, sondern in der Osterweiterung, wodurch (auch) Deutschland von diesbezüglich uninformierten Menschen "überschwemmt" wird legt doch nahe alle zur Verfügung stehenden Gelder in die Aufklärung zu investieren.

In Deutschland sind nach wissenschaftlicher Schätzung ca 2% der Sexkontakte mit Geldfluß verbunden - eine Armee von Beamten mit polizeiähnlichen Befugnissen zur Überwachung eines Kondomzwangs im Paysex aufzubauen ist unter infektionsprophylaktischen Gesichtspunkten nichts anderes als ein Mißbrauch der vorhandenen Ängste in der Bevölkerung vor Geschlechtskrankheiten um den Überwachungsstaat weiter auszubauen.
Malachit_Man hat geschrieben:Übrigens, ich hab seit letzter Woche mit den SW, die ich fotographierte, über das Thema gesprochen. Ich hab mit 21 SW gesprochen und bekam 21 Stimmen FÜR Kondomzwang (interessanterweise sogar von der einen Deutschen, die ungeschützten Verkehr anbietet). Ich weiß, das ist eine etwas kleine Referenzgruppe, aber sie zeigt die Richtung. Von daher sollte jeder, der die Interessen von SW vertritt und gegen Kondomzwang ist, sich fragen ob er in Übereinstimmung mit seiner Basis ist.
Gute Frage - die letzlich aber nur die Realitätsferne der demokratischen Nomenklatur beweist.

Hast du deine Informantinnen denn danach befragt, ob ihnen überhaupt bekannt ist dass durch staatliche Einmischung die Ausbreitung von HIV gefördert wird?

Ansonsten wären wir ja wieder bei dem Punkt, dass eine wissenschaftlich nachgewiesenermaßen schädliche "Lösung" nichts von ihrer Schädlichkeit verliert wenn viele (die Mehrheit?) glauben, dass sie vorteilhaft wäre. Infektionsprophylaxe ist nun einmal keine Glaubenssache, sonst gäbe es gar kein AIDS.

Den Wink mit dem Zaunpfahl "Basis" finde ich in doppelter Hinsicht erschreckend.

Zum einen beweist er, dass *wir* die Aufgabe übernehmen, die eigentlich der Politik zufallen würde, nämlich das Wohlergehen Aller im Auge zu behalten. Es ist nicht meine Absicht die Wünsche von SW gegen den Rest der Gesellschaft durchzusetzen. Aus einem ganz einfachen Grund: Diese Schubladisierung ist purer Wahnsinn, dient nur dem "teile und herrsche".

Zuerst sind wir doch alle Menschen, die dann eben auch nebenbei noch verschiedene Rollen innehaben. Es ist doch nicht so, dass ich als SW zu meinem vermeintlichen Vorteil (Behinderung der Konkurrenz o.ä.) gewissenlos einen Kondomzwang fordern könnte, weil mit egal wäre ob dadurch die Durchseuchung der Bevölkerung ansteigt. Ich, meine Freunde, meine Kinder und meine Gäste, wir sind doch alle Teil dieser Bevölkerung.

Gut, dann ist es eben so, wenn die Politik ihre Aufgabe nicht erfüllt, dann müssen wir das eben übernehmen.

Besonders erschreckend finde ich vor diesem Hintergrund jedoch die zugrundeliegende Haltung. Wie tief sind wir als Gesellschaft eigentlich gesunken, wenn wir von einem Außenstehenden gesagt bekommen. "Es ist falsch dass ihr *für* die Gesundheit Aller euch einsetzt, eure Aufgabe wäre doch die falschen Phantasien einer (eurer) kleinen Minderheit *gegen* alle Anderen zu vertreten!"?

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Beitrag von ehemaliger_User »

@Malachit_Man

Es gibt bestimmt Gründe, warum manche STIs, (HIV und Syphilis gehören nicht dazu) auch nicht anonym, ans RKI gemeldet werden müssen. Die Liste der meldepflichtigen Krankheiten/Erreger wurde von Fachleuten erstellt. Für andere STIs werden Sentinel-Erhebungen durchgeführt.

Sex mit dem Bau von Häusern zu vergleichen, ich fass es nicht. Übrigens, Bier darf ich brauen (sofern eine bestimmte Menge nicht überschritten wird).

Menschenwürde kann nicht genommen werden, sie gehört zum Mensch qua Geburt. Staatliches Handeln muss sicherstellen, dass diese Würde nicht missachtet wird. Menschenrecht ist Abwehrrecht gegen die öffentliche Gewalt selbst (Judikative, Exekutive, Legislative).

Der Staat hat dafür zu sorgen, dass Freier gar nicht erst die Armut etc. von Frauen ausnutzen, dass Freier die Würde der Frauen achten! Dass Bordellbetreiber und Agenturen Sexarbeiter nicht ausbeuten. Der Kondomzwang soll doch nur der Exekutiven einen Vorwand für Kontrollen liefern die von Haus aus in die intimste Privatsphäre zweier oder mehrerer Menschen eingreifen müssten. Und das auch noch ohne jeglichen richterlichen Beschluss.

Ich habe noch nie gehört, dass z.B. die Gurtpflicht für Autofahrer deshalb eingeführt wurde um der Polizei zu ermöglichen, Autofahrer zu kontrollieren. Wenn nicht eindeutig nachgewiesen worden wäre, dass das Anlegen von Gurten vor massiven (volkswirtschaftlichen) Schäden schützt hätte die Gurtpflicht nie eingeführt werden können.
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Beitrag von sylviacc »

das kommt bestimmt AO wird ja schon angeboten von vielen . Zwangskondomisierung bräuchte man nicht , wenn alle vernünftig wären männer genauso wie SW

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sylviacc hat geschrieben:Zwangskondomisierung bräuchte man nicht , wenn alle vernünftig wären männer genauso wie SW
Leider wird diese eine Unvernunft nicht durch die weitere der Zwangskondomisierung aufgehoben, sondern noch veschlimmert.

Wenn also "Unvernunft" schon ganz richtig diagnostiziert wurde, dann kann ich wirklich nicht nachvollziehen wie jemand ein anderes Gegenmittel als Aufklärung auch nur in Betracht ziehen kann.

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