Frauenheld Sein

Internationale und nationale Websites mit Ressourcen und Infos für Sexworker
ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Anonyme Anzeigen, am Besten noch gegen den erklärten Willen des betroffenen Opfers, bringen meiner Erfahrung nach überhaupt nichts, sie verschlimmern noch die Lage. Denn der ganze Konstrukt "Zwangsprostitution" steht und fällt mit der Aussagebereitschaft der Betroffenen.

Was passiert, wenn die Polizei nach einen anonymen Hinweis kontrolliert?
  • Die Betroffene wird kontrolliert, hat gefälschte Papiere: U-Haft - Urteil - Abschiebung.
  • Die Betroffene wird kontrolliert, Papiere etc. in Ordnung, sie streitet ab, Opfer zu sein: Ortswechsel - Druck durch Ausbeuter
  • Betroffene offenbart sich, ist aber illegal im Land: Duldung max. bis zur Verhandlung, danach Abschiebung
  • Betroffene sagt aus: sehr unwahrscheinlich, denn dann hätte sie ja auch ohne eine anonyme Anzeige selbst Anzeige erstatten können.
Aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherhei, der Stimatisierung und des Straftatbestandes "Verbotene Prostitution" sind anonyme Hinweise meiner Erfahrung nach eine zusätzliche Gefährdung der Betroffenen. Das heisst aber nicht, dass ich als Freier nichts unternehmen soll.

Was Freier tun können: Vertrauen der Betroffenen gewinnen und sie darin bestärken, (auch durch erstmals anonyme) Kontakt zu Hilfsorganisationen und Strafverfolgungsbehörden aufzunehmen und sich beraten zu lassen.

Die aufwändig geführte Kampagne "Stoppt Zwangsprostitution" zur WM 2006 brachte Hinweise auf 59 Opfer. http://www.stoppt-zwangsprostitution.de

Die Initiatoren der Aktion gehen aber mit konkreten Tatsachen um. Und das Wichtigste, fett und rot auf der Internetseite hervorgehoben: Tun Sie nichts gegen den Willen der Frau!
Zuletzt geändert von ehemaliger_User am 23.12.2011, 03:12, insgesamt 2-mal geändert.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

Zunächst einmal vielen Dank, lieber ehemaliger_User, du hast meine trockene Analyse warum der Staat jede Hilfe für die betroffenen Frauen verunmöglicht mit konkretem Inhalt ergänzt :001

Und in dieser Situation sollte auch klar werden, dass diese Frage:

          Bild
"ehemaliger User" hat geschrieben:Wo (Diakonie geht ja gar nicht, sagt Ihr) soll er es melden, anonym? Wird diese Frage absichtlich nicht beantwortet? Dann sagt doch einfach geradeheraus, dass Ihr dazu die Antwort verweigert.
suggestiv falsch gestellt ist.

Wir verweigern die Antwort keineswegs, ich habe sie dir "ehemaliger User", als du die zitierten Zeilen geschrieben hast, bereits klar und deutlich gegeben gehabt.

Allerdings möglicherweise wirklich etwas zu abstrakt, deshalb hier nochmals ganz konkret:

Vor die Frage gestellt welcher von zwei konkorrierenden Zuhälterorganisationen sich ein verdachtschöpfender Freier als Denunziant andienen soll kann ich nur sagen: Keiner! Gegen den Willen einer betroffenen Frau, am Ende gar ohne ihr Wissen, staatliche Stellen einzuschalten bedeutet genau das von dir selbst abgelehnte "es dem Milieu zur Selbstregelung überlassen" - mit dem kleinen Zusatz in diesem Milieukampf Partei zu ergreifen.

Ich verstehe es durchaus, wenn jemand sich durch das panikartige Gefühl "da muss doch sofort geholfen werden" dazu hinreißen läßt reflexartig zunächst zu glauben der Staat und seine Stellen seien vertrauenswürdig. Aber solcher Hyperaktivismus wird (statistisch gesehen, es besteht im Einzelfall ja die Chance Glück zu haben) weit mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Daher lieber "ehemaliger User": Ja, wir verweigern die Antwort auf eine falsch gestellte Frage. Die Frage heißt richtig gestellt eben nicht "wo soll ich denunzieren", sondern "was kann ich tun um dieses Elend abzustellen". Und die Antwort ist glasklar: Setze dich für eine Gesellschaft ein, die nicht von einem Staat kontrolliert wird, der den Menschen weismacht nur weil er "Staat" heißt könne er seine strukturelle Idendität mit organisiertem Verbrechen als moralisch gut umdefinieren.

Ich weiß dass das revolutionäre Gedanken sind. Und doch hoffe ich bezüglich einer möglichen Revolution dass es noch lange bis dahin sein wird. Weil zuerst die Menschen begriffen haben müssen, dass es um eine gerechte statt staatsrechtliche Gesellschaft gehen muss, sonst drohen nur wieder neue Versuche mit bereits gescheiterten kommunistischen, faschistischen, demokratischen Ideen. Da gibt es also wirklich genügend Sinnvolles zu tun, kein Grund seinen Aktivismus auf schädliche Vordergründigkeiten zu beschränken.

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

ehemaliger_User, das ist ein Aspekt, den ich - auch nach Lektüre des verlinkten Artikels - gut nachvollziehen kann.

Dann kommen wir aber schon zum nächsten Problem mit Deinen Handlungsoptionen. Zunächst, wie soll beispielsweise ein Freier sozusagen mehr oder weniger spontan Vertrauen gewinnen? Was denkt sich die Frau, wenn jemand über das Vögeln hinaus ein Interesse an der Person und ihrer Situation zeigt? Desweiteren, will er überhaupt eine Vertrauensperson werden? Wenn ja, sollte er dabei nicht sogar die von Dir genannten Konsequenzen (allesamt negativ) erläutern, damit die Frau eine gute Informationslage für eine eigene Entscheidung hat? Weiss er wie vertrauenswürdig eine von ihm empfohlene Hilfsorganisation ist (da hats auch schon merkwürdige Begebenheiten gegeben)? Schließlich, weiss er, dass er nicht auf eine Tränendrüsengeschichte reinfällt, die nur pekuniäre Interessen verfolgt?

Diese Zwickmühlen im P6 Bereich sind einfach zum K...

Da gibt es noch jede Menge mehr von. Und meistens gehen sie zu Lasten der Betroffenen.

Manchmal denke ich mir schon, einfach tun ohne gross nachzudenken. Denn was beim gründlichen Nachdenken rauskommt, sieht man bei diesem Thema, man kann eigentlich "vernünftigerweise" nur nichts tun und die ganze Thematik am Besten ignorieren, dann hat man wenigstens selbst a Ruh.

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Aoife, von "Revolutionären" habe ich mich vor Jahrzehnten völlig desillusioniert abgewandt. Jene, welche ich kennenlernen durfte, waren bigotter als die katholische Kirche.

Ich persönlich halte das Rechtsstaatssystem, trotz aller seiner Macken, mittlerweile für die beste aller schlechten Lösungen. Du siehst das anders, ich weiss, und wir werden da wohl nie zusammenkommen.

Benutzeravatar
Jupiter
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 893
Registriert: 13.08.2010, 09:30
Wohnort: Südbaden
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Jupiter »

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben: Ws Freier tun können: Vertrauen der Betroffenen gewinnen und sie darin bestärken, (auch durch erstmals anonyme) Kontakt zu Hilfsorganisationen und Strafverfolgungsbehörden aufzunehmen und sich beraten zu lassen.
@"ehemaliger User", es geht dabei nicht um das persönliche Vertrauen der Sw, sondern ihr praktisch Hilfe zur Selbsthilfe zu geben. Ihr Möglichkeiten aufzuzeigen, handeln muss sie selber.

Wenn mir allgemein in einem Haus bzw. Club etwas auffält kann ich m.E. auch einer der Organisationen ob Hydra o. ä. Bescheid geben.
Es ist so, wie ehemaliger_User es auch schildert, da die von organisiertem Menschenhandel, Zwang und Gewalt betroffenen SW meist aus dem Bereich der wirtschaftlichen Migration stammen, hat sich ja immer wieder gezeigt, dass Polizei und Ordnungsdienste in diesen Fällen meist Gründe suchen, um die betroffenen SW abzuschieben. Ein wirksamer Opferschutz muss hier eingreifen und dafür sorgen, dass die Opfer beschützt werden. Ähnlich wie es die Frauenhäuser bei gewalttätigen Partnern praktizieren.
Ob und wie ein Opfer dann entsprechende gerichtsverwertbare Aussagen macht, ist m.E. ein weiterer Bereich des Opferschutzes. Ich bekomme immer einen großen Zorn auf unsere Gerichtsbarkeit, wenn Opfer vor Gericht in Augenkontakt ihres Peiniger aussagen müssen und dann noch vom Verteidiger nach intimen Details ausgehorcht werden; dabei wird ganz perfide versucht, die Zeugin aufgrund der Stresssituation in Widersprüche zu verwickeln.

Bei Thema Missbrauchsopfer hat sich m.E. nur deswegen sehr viel bewegt, weil auch männliche Opfer betroffen sind.

Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.

(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Jupiter, Handlungsoptionen kann man nur dann in brauchbarer Weise aufzeigen, wenn man die Gesamtsituation einigermaßen kennt. Um diese kennen zu lernen brauchts ein gewisses persönliches Vertrauen.

"Auf Verdacht" beispielsweise an Hydra zu verweisen, also ich würde das jedenfalls nicht tun.

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

          Bild
"ehemaliger User" hat geschrieben:Ich persönlich halte das Rechtsstaatssystem, trotz aller seiner Macken, mittlerweile für die beste aller schlechten Lösungen. Du siehst das anders, ich weiss, und wir werden da wohl nie zusammenkommen.
Wir unterliegen ja auch keinem Zwang zusammenzukommen :002

Allerdings ist es aus meiner Sicht der Dinge dann tatsächlich so, dass du unter dieser "besten aller schlechten Lösungen" Zwangsprostitution hinnehmen musst, jeder Versuch etwas daran zu ändern wird (wiederum: statistisch gesehen) nur weiteren Schaden anrichten.

Wobei du "meine" revolutionären Gedanken mit gutem Recht auch als reaktionär bezeichenen darfst: Es geht mir nicht um Ideen (Idealismus, Ideologie), sondern um das menschliche Gesellschaftssystem, das jahrtausendelang funktioniert hat, bevor das organisierte Verbrechen unter dem Namen "Staat" mit Terrormaßnahmen die Staatsideologie durchgesetzt hat.

Liebe Grüße, Aoife

PS.: Mit "Staatsideologie" meine ich nicht die einzelne Staaten prägende Ideologie, wie den Kommunismus in der ex-USSR, sondern die Ideologie dass Menschen wie Bienen oder Ameisen in Staaten gehalten werden müssten.
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7434
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

RE: Frauenheld Sein

Beitrag von fraences »

Nach meiner Erfahrung ist der Ansatzpunkt Opfer von Menschhändler zu helfen, ist wenn

a).sie die gleiche Rechte haben, wie andere SW
b).Förderungsmassnahmen der Solidarität zwischen SW und SW-Migantinnen viel mehr in den Vordergrund gesetzt werden

(Das es aufhört:"Die ausländischen SW machen es ohne und billiger, nehmen uns die Freier weg uva. solche Aussagen. NEIN!

Hier liegt es in unsere Hand. Unsere auslädische Kolleginnnen durch Infos, Aufklärung, Tipps,Kollegialität, Solidarität mit ihre Situation einen Beitrag dazu zu leisten und uns nicht abzugrenzen oder viel schlimmer uns zu spalten.

Ich habe die Erfahrung gemacht, das sie dann gestärkt, wissend gemacht und sich selbst dann aus ihre "Opferrolle" selbstbewusst und kämpferisch selbst befreien und Hilfestellung in Anspruch nehmen.

In dem der Staat uns selbstbestimmten und freiwilligen SW das Leben durch Überreglementierung das Arbeiten zu Hölle macht mit fadenscheinige Behauptungen zu Bekämpfung der Menschenhandelsbekämpfung mit in einem Topf schmeißt, wird jede wirkensvolle Möglichkeit genommen.

Liebe Grüsse, Fraences

P.S. @ehemaliger_User :Du hast es sehr gut dargestellt und auf den Punkt gebracht.
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Na ja, Aoife, Du hast mal, glaube ich, auf Brehon Laws verwiesen als Muster funktionierender Gesellschaftssysteme. OK, da hätte ich es dann wirklich recht einfach. Wenn mir ein brutaler Zuhälter auffallen würde, dann würde ich den einfach erschießen. Selbst für Mord gäbs für mich "nur" eine fine (Strafzahlung), zu zahlen an die Zuhältersippe. Und wenn ich die nicht zu zahlen in der Lage wäre, dann müsste meine Familie halt zahlen. Ziemlich praktisch, wenn man jemanden so richtig auf dem Kieker hatte. Klar, allzu oft darf man sowas nicht machen, gibt sonst derbe Ärger mit der Verwandschaft ... :oD

P.S.: selbst wenn man anarchistische Gesellschaftssysteme wollen würde (denen ich durchaus nicht abgeneigt bin, dafür brauchts aber auch den "guten Gewalttäter", da hab ich schon immer Bauchschmerzen gehabt), wie realistisch ists, in unserer Lebensspanne den völligen Kollaps staatlicher Syteme (oder deren Nachfolger, die Konzernstaaten) noch zu erleben? Solang will ich jedenfalls eigentlich nicht warten, wenn ich mit einem konkreten Problem konfrontiert bin ...

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Fraences, die von Dir beschworene Solidarität ist wünschenswert, aber ebenso unrealistisch, wie eine Revolution, meine Erfahrung. Junge hacken auf nicht mehr so jungen herum, dünne auf weniger dünne, high class auf budget, usw. alles auch umgekehrt. Und Ecorts gucken auf den Club herab, jene wieder auf den Puff, dort auf den Strich und auf dem Strich gibts auch wieder lauter "interne" Klassenfeindschaften. Oder etwa nicht?

Und bei den Betreibern gibts sicherlich mehr, welche eine Solidarisierung aktiv unterbinden würden, aus offensichtlichen Gründen. Wozu es mannigfaltige Instrumente gibt. Da herrschen nämlich mitunter real-anarchische Strukturen .....

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

          Bild
"ehemaliger User" hat geschrieben:Na ja, Du hast mal, glaube ich, auf Brehon Laws verwiesen als Muster funktionierender Gesellschaftssysteme.
Ja stimmt, allerdings habe ich auch (allerdings möglicherweise nicht hier im Forum, bin ja auch ansonsten noch aktiv) darauf hingewiesen, dass Brehon Laws eine IMHO schlechte Formulierung darstellt. Denn es geht ja nicht um die konkret damals angewandten "Gesetze".

Die gab es damals ja garnicht, die sogenannten "Laws" beschreiben nur aus der Sicht eines (möchischen?) Berichterstatters, was die Menschen damals als "gerecht" emfanden.

Somit würde ich den Begriff "Brehon System" bei weitem vorziehen, denn ich bin überzeugt, dass wir heutzutage geringfügig andere Entscheidungen als "gerecht" empfinden würden als die Menschen damals. Das grundlegende ist dass kein hypothetischer "Staat", vertreten durch wen auch immer, irgendein Recht hat Land und Leute als sein Eigentum anzusehen.

Und so könnten wir auch hier:
"ehemaliger User" hat geschrieben:Selbst für Mord gäbs für mich "nur" eine fine (Strafzahlung), zu zahlen an die Zuhältersippe.
selbstverständlich auch andere Lösungen finden - oder auch nicht.

Dass die derzeitige Praxis Mord unter staatliche Strafandrohung zu stellen keineswegs unserer Sicherheit dient zeigt sich ja schon darin, dass Morde im Staatsinteresse nicht verfolgt werden. Von der Sache her geht es doch ausschließlich darum dass der Staat postuliert dass die Menschen IHM gehören, und er somit ein Recht hätte denjenigen zu strafen, der ihm einen Soldaten/eine Arbeitsbiene wegnimmt.

Der grundlegende Unterschied in den Überzeugungen beruht IMHO darauf, ob man auf den staatlichen "Treppenwitz" ein Staat sei notwendig um für Gerechtigkeit zu sorgen, um wenn dann Ungerechtigkeit angeprangert wird zu kontern niemand dürfe glauben dass es darum überhaupt ginge, die staatlichen Gerichte seien schließlich nicht für Gerechtigkeit, sondern nur für Urteile nach Gesetzeslage zuständig, hereinfällt, oder eben nicht.

Lassen wir uns also einfach einmal nicht verwirren durch diese widersinnige Argumentation, sondern frage ein jeder sich selbst, ob ER denn morden würde, wenn es keine staatlichen Sanktionen gäbe?

Und das in einer gerechten Gesellschaft - ich verstehe dich ja bestens, dass du einen Zwang anwendenden Zuhälter ermorden könntest, aber das Problem würde sich dann ja garnicht in dieser Form stellen.

Kann sein dass ich mich täusche - aber ich bin (zugegebenermaßen subjektiv) überzeugt, dass keiner hier ernsthaft einen Mord in Betracht ziehen würde. Und das habe ich definitv hier im Forum auch schon so geschrieben, dass jeder selbst sich einmal überlegen sollte, ob er sich denn für so böse hält, dass er staatlich kontrolliert werden muss um mit seinen Mitmenschen zurecht zu kommen. Keiner hat da positiv geantwortet.

Ich weiß nicht in wie weit du auch die psychologischen threads hier mitliest, "ehemaliger User", also hier einfach nochmals als Hinweis: Meine Überzeugung pro herrscherloses System stammt keineswegs nur aus der Geschichtskenntnis, sondern ist völlig unabhängig davon auch durch die menschliche Psychostruktur, die sich grundlegend von der staatenbildender Insekten unterscheidet, begründet.

Einwände wie "dann würde wohl jeder anfangen zu morden" sind aus meiner Sicht somit ideologische Konstruktionen, die mit der menschlichen Realität nichts zu tun haben. Ich lehne bigotte Revolutionäre genauso ab wie du, "ehemaliger User", "Ideologie" kommt von "Idee", und solche Menschen sind bereit ihre realen Mitmenschen für eine Idee zu opfern. Der eigentliche Unterschied zwischen unseren Meinungen ist wohl, dass ich auch den von dir einigermaßen akzeptierten Rechtsstaat für eine solche tödliche Ideologie halte - dass er es geschafft hat in der Mehrzahl der Köpfe derzeit als geringstes der möglichen Übel hingenommen zu werden ändert nichts daran, ist IMHO nur ein Zeichen dafür, dass die Vorstellung davon was überhaupt möglich ist stark eingeschränkt ist.

Liebe Grüße, Aoife

Edit PS.: Mir fällt gerade auf, dass meine Betonung der Gerechtigkeits-"Idee" durchaus auch als ein solcher Idealismus/Ideologie missverstanden werden könnte. Deshalb hier noch die Feststellung: Ich setze mich nicht für Gerechtigkeit als Idee ein, sondern das Streben nach Gerechtigkeit ist eine der stärksten dem Menschen als soziales Wesen angeborenen psychischen Eigenschaften. Gerechtigkeit als "Idee" ist mir somit völlig egal, ich fordere sie weil ich eine dem realen Menschen wie er nun einmal ist entsprechende Gesellschaft möchte.
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
fraences
Admina
Admina
Beiträge: 7434
Registriert: 07.09.2009, 04:52
Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von fraences »

@Lieber "ehemaliger User",

deshalb habe ich auch geschrieben, das hier der Ansatz ist dieser Strukturen durch Solidarisierungsfördermassnahmen mehr zu fördern.Manche High Class Escorts meinen sich gegen über Normale Escorts als etwas besseres zu halten.Oder speziell gegen über Strassenprostitutierte. Clubfrauen gegen Fkk-Frauen.Gegen über Barfrauen usw.
War auch deutlich in der Sendung,Club2, wo die Barfrau auf die Strassenprostituierte sich nicht grad sehr kollegial geäußert hat.
Ich habe es in der Praxis erlebt, das man dies sehr wohl positiv beeinflussen kann.
Im Gesundheitsamt Düsseldorf habe wir eine Frühstückstisch für alle SW, die zu Untersuchung kamen gemacht. Hier saß die High Class Escortdame neben die drogenabhängise SW von der Strassen an einem Tisch, anfangs gabs es einige Differenzen , aber mit der Zeit entstand ein gutes solidarisches, kollegiales Miteinander umgehen. Es wurde gelacht, sich in seinen Sorgen und Problemen zu gehört und Verständnis für einander entstand. Sogar freundschaftliche Kontakt. Die Prostitution ist so viel fältig, das es nicht ein Besser oder Schlechtes gibt, sondern nur ein Anders.Und wie Frau für sich die beste Art in den verschiedenen Arbeitsbereiche für sich findet.

Liebe Grüße, Fraences
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)

*****
Fakten und Infos über Prostitution

Benutzeravatar
Deleila
hat was zu sagen
hat was zu sagen
Beiträge: 69
Registriert: 19.03.2006, 14:03
Wohnort: München
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Deleila »

Ich möchte mich nun auch gerne zu dem Thema hier äußern.

Generell bin ich immer dagegen, mit den Schultern zu zucken und zu sagen: Ja mei, da kann man halt nichts dagegen machen - ist vielleicht eh das geringer Übel für die Betroffenen, wenn man einfach gar nichts macht

Diese Aussage stört mich wenn es um Kinderarbeit geht, um den Welthunger, um unser Klima, um die ungerechte Verteilung der ökonomischen Macht und eigentlich bei allem, wo Menschen leiden, weil andere mit ihrem Leiden Profit raussschlagen.

Ich weiß, dass man nichts davon sofort ändern kann, aber mit einer "ich kann eh nix machen, deshalb mach ich gar nichts" Einstellung wird es eben immer so bleiben.

Regierungen sind für mich - im Idealfall, nicht etwas, das mit dem Volk nichts zu tun hat. Wir sind der Staat... es gibt den Staat eigentlich nicht als etwas, das nichts mit jedem Einzelnen zu tun hat.
Nur fühlen sich die meisten für nichts mehr verantwortlich. Es wird hauptsächlich rumgejammert.

Um auf die Zwangsprostitution zurückzukommen:
So wie Österreich momentan verwaltet wird, und so ausländerfeindlich die Behörden oft bestückt sind, macht es tatsächlich wenig Sinn, sich als Betroffene bei der Polizei zu melden oder eben eine Betroffene zu melden.
Aber vielleicht macht es Sinn, anonyme Hinweise zu geben, wenn man was über Menschenhändler weiß?
Gar nichts zu sagen, ruft das Ganze auch nicht in die Öffentlichkeit. Es kann sich immer erst was ändern, wenn es bekannt ist und es einen öffentlichen Druck gibt.
Ich selbst habe zu wenig Vertrauen in die Behörden..aber vielleicht sind die auch so scheiße, weil auch dagegen keiner was sagt oder macht und nur Deppen zur Polizei gehen ( ich weiß, es gibt sicher auch Polizisten, die nicht blöd sind...)

Ich selbst weiß, dass ich damals eventuell doch eine Chance gehabt hätte, da raus zu kommen, bevor es richtig angefangen hat. Ich hatte nur keinen Mut es zu versuchen. Die Druckmittel, die diese Leute haben sind sehr angsteinflößend..überhaupt waren sie es in dem Alter, in dem ich war.
Und ich hatte sogar die österreichische Staatsbürgerschaft.
Angst hemmt sehr - aber es verstärkt das Misstrauen nur, wenn einem jeder sagt dass es eh nix bringen wird..und es eh nix nutzt, und man eh keine Chance hat.
Das muss sich doch ändern, das DARF doch nicht so bleiben.

Deutschland ist sicher nicht viel besser als Österreich, aber ich schäme mich, seit dem ich hier lebe teilweise für mein Heimatland.
Was sich die Bürger dort gefallen lassen und was für verblödete Ansichten sie dort haben, macht mich wirklich nicht stolz.

Liebe Grüße,
Deleila

Benutzeravatar
bettyboop
wissend
wissend
Beiträge: 287
Registriert: 08.12.2011, 09:52
Wohnort: Freiburg i. Br.
Ich bin: Keine Angabe

RE: Frauenheld Sein

Beitrag von bettyboop »

HERRLICH...

Weiß was? ich habe mich (da nichts mit Religion am Hut) weiter nicht in die ganze Website reingelesen und wenn ich ehrlich bin? Wer liesst auch so ne Schwachsinn?? Ich jedenfalls nicht. Spenden kann man überall und besser. Religion hat nichts mit mir zu tun...also das reste gleich damit abgehackt. Ich bin kein Freier, ist auch bestimmt aufgefallen... NUR.. um was es mir hier letzendlich ging, war vielleicht noch eine möglichkeit bestimmte Freier darauf aufmerksam zu machen, das es so was auch gibt. Nicht immer die Bullen reinzeihen müssen und auch was anonym zu haben, wenn man es will und braucht. Ist auch ok wenn man meint die Szene regelt das, aber denk einmal nach. Nicht jeder Freier weiß gross wie die Szene funktioniert und vielleicht ist er ja gar nicht in Deutschland wenn er so was erlebt.

Bücher und Zahlen sind wichtig...aber das ganze Leben spielt sich meistens eher in dem Bereich ab, wo die theoretiker kläglich versagen. Richtige Zahlen haben noch nie eine Frau noch ein Mann von Gewalt gerettet und werden es nie tun.

Nur Aktionen schutzen Menschen. Begreife das endlich mal und höre auf alles nur in Theorie und Zahlen zu sehen. Hinter die Zahlen steckt das echten Leid und mir ist es egal wie viele davon betroffen sind. Ich leugne nicht, dass es sie gibt und wenn es nur 5 wäre, würde ich dafür kämpfen.
Prostitution policy is plagued by bad numbers. Bad numbers and wild estimates. If there are millions of trafficking victims who counted them and where are they?

Benutzeravatar
Jason
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 631
Registriert: 13.07.2007, 22:59
Wohnort: zu Hause
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Jason »

ehemaliger_User hat geschrieben:Anonyme Anzeigen, am Besten noch gegen den erklärten Willen des betroffenen Opfers, bringen meiner Erfahrung nach überhaupt nichts, sie verschlimmern noch die Lage. Denn der ganze Konstrukt "Zwangsprostitution" steht und fällt mit der Aussagebereitschaft der Betroffenen.
Das ohne Einverständniss der Betroffenen nichts geht und man auch nicht handeln sollte hatte ich eigentlich vorausgesetzt, ging aber irgendwie unter. Ich stimme natürlich zu das Hilfsorganisationen und Beratungsstellen wie unter

viewtopic.php?p=11320#11320

viewtopic.php?p=40375#40375

den staatlichen Behörden vorzuziehen sind. Ich wollte nur sagen das die Möglichkeit, anonym Hilfe zu holen auch im Zeitalter des rückzuvervolgenden Handy- und Mailverkehrs etc. besteht.

Ich hatte zum Glück noch nie Anlaß Hilfe holen zu müssen. Allerdings suche ich mir die Etablissiments die ich besuche sehr sorgfältig aus. Wenn mir irgendwas unseriös vorkommt oder ich mich nicht wohl fühle dan drehe ich wieder um. Es ist auch nicht unbedingt nur eine Preisfrage, aber man kennt auch als Kunde ab welchen Betrag was möglich ist und ab welchen Betrag man mehr als stutzig werden sollte.
Ich glaube einen Thread dazu gab es schon - finde ihn allerdings nicht auf die Schnelle.

LG Jason
> ich lernte Frauen zu lieben und zu hassen, aber nie sie zu verstehen <