Sozialarbeiterin für Hydra/ Berlin gesucht

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Aoife
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Re: Interessenvertretungs-Dilemma

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Doch im Laufe der Jahre wo die Hurenbewegung geschwächelt hat, wurden sie von Nichtsexworker-Akademikerinnen gekapert d.h. der Stellenpool wurde den Sexarbeiter_innen und Ex-Sexarbeiter_innen förmlich geklaut bzw. unsere Community in diesem sensiblen geldwerten Aspekt enteignet
Ganz klar - nur dieses "Schwächeln" hat seine Gründe: Mangelndes Selbstvertrauen, mangelndes Vertrauen in die Zukunft und in das Leben an sich und daraus folgend der Wunsch staatlich gepampert zu werden. Die feindliche Übernahme können wir moralisch verdammen - aber ohne unseren eigenen Ruf nach staatlicher Finanzierung wäre sie nicht möglich gewesen.

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:... oder übersehe ich etwas, evt. weil wir Sexworker einfach nicht erwachsen werden wollen um die normative Kraft der Realität anzuerkennen...bla bla?
Hm - sehr schwierig von "normativer Kraft der Realität" zu sprechen, wenn es um die virtuelle Finanzierung durch einen virtuellen Staat geht. Alle beteiligten Faktoren, vom gedruckten Geld bis zur ideologisch begründeten Rechtfertigung wer dieses nach welchem ausgedachten Schlüssel erhalten soll, funktionieren doch nur, weil die Menschen noch mehrheitlich daran glauben. Im Grund genommen eine "Des Kaiser's neue Kleider" Kommödie ...

Und so scheint mir die Vorstellung der Staat habe "gut" zu sein, wie seine virtuelle Metapher, der gerechte und alles beherrschende Papa in der Phantasie der bürgerlichen Kleinfamilie, wirklich etwas unerwachsen - eine besondere Betonung dieses Verhaltens bei uns SW sehe ich jedoch nicht, eher im Gegenteil.

Insofern möchte ich auch diese Analyse etwas differenzierter sehen:

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Laura Agustín zeigt ferner in historischer Anal-yse auf, wie sich Frauen in der ersten Emanzipationsbewegung weibliche Berufstätigkeit erkämpft haben, indem sie Hilfsorganisationen gründeten. Die Definition des Opfers und Sozialdienstempfängers ist leider eng verknüpft mit dieser ersten Frauen-Emanzipationsbewegung und ihren zweifelos positiven Errungenschaften. Aber i.d.R. stark zugunsten von weißen, christlichen, gebildeten Frauen aus der gutbürgerlichen Mittelschicht (d.h. klassenspezifisch). Während die Sexarbeiter, Miranten, Farbigen ... zu Betreuungsbedürftigen definiert wurden (das ist Klassismus bzw. Paternalismus).
Tatsächlich haben die Frauen der ersten Emanzipationsbewegung ja keineswegs weibliche Berufstätigkeit erkämpft - sie haben vielmehr die vorbestehenden Berufsmöglichkeiten gekapert und so umgeformt, dass sie mit den absurden Moralvorstellungen von middle/upper class WASPs (white anglo-saxon protestants) vereinbar wurden. Und sie somit für andere, nicht aus diesen Klassen stammende und dieses Wertesystem akzeptierende verunmöglicht - eine wahrhaft tolle Leistung :009

So hat - um nur ein Beispiel zu geben - ja Florence Nightingale den Beruf der Krankenschwester ja keineswegs neu erfunden. Den gab es vorher schon, mit ausgeprägten therapeutischen (körperlichen und psychischen) Anteilen in der Arbeitspraxis und typischerweise Nebenverdienst als SW.

Alles was F.N. getan hat war ihr Bild einer "anständigen Frau" darüberzustülpen: Abgabe jeder Kompetenz an den Mann (den Arzt), Beschränkung der eigenen Tätigkeit auf dienende Teile (nur noch Pflege unter Verzicht auf jede Form von therapeutischer Tätigkeit) und im psychologischen Gebiet Übernahme der Rolle die Kinder (die Patienten) auf Respekt und Gehorsam gegenüber dem Familienvater (dem Arzt) zu trimmen. Plus natürlich das Zurschaustellen von asexueller "Reinheit".

http://tmh.floonet.net/articles/witches.html

Nur wenn wir diese Hintergründe kennen können wir vernünftig entscheiden, ob es Sinn macht mit einem diesen menschenunwürdigen und insbesondere frauenfeindlichen "Moral"vorstellungen verpflichteten Staat zusammenzuarbeiten - uns gar aus dessen Kassen bezahlen zu lassen?

Jedenfalls ist diese "Pflege unter männlicher Aufsicht anstelle von selbstbestimmter weiblicher Kreativität"-Thematik noch keine 200 Jahre alt, Geschichtsklitterungen die uns weismachen wollen, das sei "schon immer, zumindest seit dem Mittelalter" so gewesen sollten uns lieber hellhörig werden lassen anstelle uns zu überzeugen, dass wir um unser Recht nur innerhalb der erfundenen Grenzen kämpfen dürften. Zumindest ich stelle mir das unter "erwachsenem Verhalten" vor: Nicht klagen, dass wir armen Kinder vom ungerechten Papa Staat zu wenig Taschengeld bekommen, sondern zu hinterfragen, mit welchem Recht sich dieser erst kürzlich dahergelaufene Typ als unser Papa aufspielen will.

Liebe Grüße, Aoife
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fraences
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Beitrag von fraences »

Danke Marc für deine ausführliche Darstellung.

Auch mir war einiges bis jetzt nicht so deutlich klar. Ich habe mich auf mein Gefühl verlassen und den Eindrücken, die ich hatte, wie ich die Hurenbewegung früher, damals zu Zeiten von HWG, alle 6 Monate eine Hurenkongress, nur mit Sexworker, der erste internationale Hurenkongress in Deutschland, Expertenhearings u.v.m. und wie es heute sich heute darstellt.

Nun muss ich mir selbst den Schuh anziehen, das ich seit meinem ersten Kontakt 1990 über Cinderella e.V. in Düsseldorf bis heute, immer nur phasenweise aktiv war und dann wieder in die Versenkung ging.
Stelle mir selbst grad dir Frage: Warum bin ich nicht dauerhaft, dabei geblieben?
Es gäbe viele Gründe aus persönliche, berufsbedingte und politische Überlegungen heraus, warum ?

Frustrieren tut es mir schon, wie es jetzt läuft und ich kann mich genau daran erinnern, das die damalige Hurenbewegung viel Arbiet, Zeit und Arrangement darin gesetzt haben, das ProstG,( wenn auch nur in Teilaspekten gesetzlich durch gekommen ist) dafür aufgewendet haben.
Als ich wieder aktiv wurde (vor 2 Jahren), waren meine Erwartung, das die Forderungen von damals sich nach 10 Jahre ProstG , weiter gegangen wäre. Ich konnte die heutige Situation erstmal gar nicht einordnen, das es stehen geblieben ist, und noch schlimmer sich rückwärts bewegt.

Nur wünsche ich mir, das unseren Berufsstand die gleiche Anerkennung und Rechte in die Gesellschaft bekommt, wie es uns zu steht.

Das es Fachberatungsstellen gibt ist gut und sie erfülLen auch eine sinnvolle und notwendige Aufgabe. Ich selber habe diese
Beratungsstellen, in meinem Berufsleben selbst dankend in Anspruch genommen und werde es auch weiter hin tun.

Aber ich denke, das sie nicht die Möglichkeiten haben und auch nicht die Organisation ist, die für unsere Rechte kämpfen können.

Es wäre erstrebenswert,das in staatliche/kirchliche Fachberatungsstellen, eine Quote geben müsste, ideal wäre hier 50% Sozialarbeiter und 50 % Sexworkerin, aber auch hier würde es dauern, bis Sexworkerin mit ihre Lebens- und Berufserfahrung die gleiche Stellenwert in der Beratungsstelle , bekämen wie die studierten Sozialarbeiter.

Ich glaube und hoffe auf eine neue, starke Hurenbewegung in Deutschland, und nach dem Motto:" Die Hoffnung stirbt zu letzt."
sehe ich durchaus Chancen, das die Zeit dafür am Reifen ist.

Liebe Grüsse, Fraences
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Marc of Frankfurt
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Berufsbegleitende Sexworkerqualifizierung möglich

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hier eine aktuelle Stellenausschreibung aus Nord-Australien, die noch expliziter ist:

  • "...criteria one is Diploma in Human Services
    and
    extensive sex work experience.

    Scarlet Alliance has been advised that if the applicant has extensive sex work experience but does not hold a Diploma currently but would consider obtaining one through the course of the work with NTAHC they should still apply."

Das Diplom in Sozialarbeit, was die Geldgeber bekanntlich gerne verlangen, kann also nachträglich von der Sexabeiterin/Ex-Sexarbeiterin erworben werden, falls die Bedingung "umfangreiche Sexwork Praxiserfahrung" erfüllt ist.



Northern Territory AIDS and Hepatitis Council (NTAHC)
www.ntahc.org.au/about-us/employment

Sexworker Dachverband
www.scarletAlliance.org.au/vacancies/

Sex Worker Outreach Project (SWOP)
www.swop.org.au



Ich finde volle Sexworker-Mitarbeiterinnen-Akzeptanz extrem wichtig, damit nicht solche grob-fahrlässige Sexworker Falschberatung auftrifft, wie z.B. andernorts in einem aktuellen Fall, der uns intern berichtet wurde.

Sexarbeiter als soloselbständige Kauffrauen und -männer haben nunmal einen sehr anderen Blick und Fachkompetenz der Sexarbeit als junge Uniabsolvent_innen der Sozialarbeit oder -pädagogik.

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Beitrag von ehemaliger User »

Hatte was gepostet, es mir beim Angucken wieder anders überlegt und leider nicht herausgefunden, wie man komplett löscht. Wie geht denn das Löschen?
Zuletzt geändert von ehemaliger User am 30.03.2012, 18:40, insgesamt 1-mal geändert.

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fraences
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Beitrag von fraences »

Ich schätze die Hilfe die Fachberatungsstellen für SW anbieten, da ich es im meinem Leben schon einige Male in Anspruch genommen habe.
Dennoch vertrete ich die Auffassung, das nicht eine Fachberatungsstelle für Prostituierte (früher sagte man Selbsthilfeorganisation) nur aus akademische ausgebildete Personal bestehen sollte. Denn wie im jeden Job, fehlt hier die Praxis und das wahre Verständnis für die Probleme von SW.
Auch muss man hier sich immer wieder bewusst sein, das es nur ein bestimmte Klientel ist, die in Beratung sind.
Und was auch mitwirkt ist, die sprachliche Barriere, die Sozialarbeiter und Sexworker oftmals haben.

Die optimale Lösung wäre eine 50% / 50% Besetzung.

Dies habe ich, sowohl bei den Selbsthilfegruppen für Prostituierte und auch andere Frauenprojekte (z.B. Gewalt gegen Frauen) in den 90er erlebt, (als es noch Finanzierungsmöglichkeiten sei es damals über ABM /ASS Stellen gab, die sehr gut funktioniert haben.
Leider gibt es von Ministerium heute keine Finanzierungsmöglichkeiten für solche Stellen mehr in den Beratungsstellen.

Zumal auch deren Gelder einen Klaren Auftrag (Ausstieg- oder Betreuung von Opfer ) vorgesehen ist.

Ich vertrete die Meinung, das langjährige SW ein Lücke in den Beratungsstellen füllen können, die Sozialarbeiter nicht abdecken können, da ihre Manko in die Praxis des Sexbiz schlicht weg fehlt.

Das dies schlicht weg ignoriert und nicht gewürdigt wird, ärgert mich schon.

Wenn ich die Kompetenz von Sozialarbeiter anerkenne, warum kann es nicht im Umkehr genauso sein???
Theorie und Praxis würden sich dann wunderbar ergänzen.

Liebe Grüsse, Fraences
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Beitrag von nina777 »

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"ehemaliger User" hat geschrieben:Hatte was gepostet, es mir beim Angucken wieder anders überlegt und leider nicht herausgefunden, wie man komplett löscht. Wie geht denn das Löschen?
Entweder Du editierst so das es passt oder Du sagst einem der Mods oder Admins Bescheid

Das löschen reisst ein ungeheueres Loch in die Datenbank also besser so editieren das Dein Posting (oder lässt es editieren) passt

Liebe Grüße Nina
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Marc of Frankfurt
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Drogenabhänige wurden erfolgreich Qualifiziert

Beitrag von Marc of Frankfurt »

AIDS-Hilfe Dortmund berichtet:

Drogenabhängige wurden erfolgreich als Berater qualifiziert



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ehemaliger_User hat geschrieben:So eine Stelle kann aber nicht von jetzt auf nachher mit einer ausstiegsbereiten Sexarbeiterin besetzt werden. Es ist doch wie bei der Suchtberatung: Nur weil ich selbst trockener Alkoholiker bin heisst es noch lange nicht, dass ich sofort als Suchtberater arbeiten kann...

Zu dieser steilen These habe ich gerade ein Pilotprojekt gefunden:

„Russische“ Abhängige betreiben Prävention

Unser mit Mitteln der BZgA gefördertes „Mediatorenprojekt“ im kick geht in die entscheidende Phase – und anscheinend „funktioniert“ es tatsächlich:

Inzwischen haben wir mehrere Drogenabhängige aus den Staaten der ehemaligen GUS gewinnen können und zu „Gesundheitsmediatoren“ qualifiziert.

In mehreren Sitzungen wurden sie u. a. zu den Themenfeldern „safer-use“ und „safer-sex“ geschult, nun werden sie dieses Wissen in enger Begleitung durch unsere Projektmitarbeiter innerhalb ihrer sozialen Netzwerke weitergeben.

Ziel ist es, mit diesem partizipativen Ansatz erstmals Personengruppen anzusprechen, die von der Drogenhilfe bis dato kaum erreicht werden.

http://aidshilfe-dortmund.de/component/ ... raevention

Dazu Prof. Pott von der BZgA:
http://www.projektplus-dortmund.de/comp ... rojektplus



Geht doch!


Wer nicht will - der findet Gründe.
Wer will - der findet Wege!

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Beitrag von fraences »

Danke, Marc.

Vor Jahren, weiß ich das es in der Suchtberatung einige Angebote zur Ausbildung gab für ehemalige Ex-Drogenabhängige. teilweise mit eine 18monatige Ausbildungszeit.


Liebe Grüsse, Fraences
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Beitrag von ehemaliger_User »

das ist ja das problem: wer bezahlt die ausbildung? in der suchtberatung geht das meist neben der arbeit, ehrenamtlich. mit der chance, bei einer beratungsstelle oder suchtklinik angestellt zu werden
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

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fraences
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Beitrag von fraences »

Die Ausbildung war nicht ehrenamtlich, leider weiß ich nicht mehr wer der Träger war.
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Beitrag von Emy »

Um die Diskussion noch mal zu dem zu bringen, worum es geht: Huren, oder Personen, die in der Sexarbeit einteigen wollen sind auf der Suche nach Beratung. Sie haben vielleicht Probleme oder wollen sich beruflich umstrukturieren, checken vielleicht den Steuerkram nicht oder wollen sich einfach nur austauschen, vielleicht auch was lernen.... Jetzt gehen sie zu einem Ort der sich "Treffpunkt und Beratungsstelle FÜR Prostituierte" nennt (z.B. Hydra). Häufig ist es sinnvoll, daß sich dann auf Augenhöhe begegnet wird. Das zum Beispiel bei einer Einstiegsberatung auch mal persönliche Fragen über den Arbeitsalltag im gewünschten Arbeitsbereich gestellt werden können. Das auch mal persönliche Probleme und Gesundheit im Arbeitsumfeld angegangen werden können. Um da eine halbwegs sichere Begegnung aufzubauen, die sich für die Person, die da beraten wird gut anfühlt, ist erstmal eine Qualifikation wichtig: Die der Hure. Da sind die Erfahrungen am Start, die kein Studium, ausser das der praktischen Sexarbeit, für das es hierzulande leider noch keine Scheine gibt, bieten kann. Grade Althuren sind da perfekt geeignet. Klar, Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel. Steuerrecht, Asylrecht und Behördenpraxis sind aneignenbare Punke. Dafür braucht es erstmal keine Scheinqualifikation. Hydra sitzt in Berlin. Da gibt es viele engagierte Personen und Institutionen, auch Hydra, die sich an solchen Punkten auskennen und Ihr gutes Wissen weitergeben können und da eine Sexarbeiterin qualifizieren können. Klar, daß muß Bedingung sein. Aber wenn da Probleme und Fragen aus dem Berufsalltag auftauchen, die kein Behördenkram sind, und das sind wichtige Fragen, braucht es eine, am besten noch aktive, Sexarbeiterin.
Und vonwegen der "Sozialen Kompetenz".: Wir haben ständig mit unterschiedlichen Freiern zu tun. Verhandeln mit Ihnen oder höhren Ihnen einfach nur zu. Viele von uns handeln ständig die Art und Weise, wie sie Sex haben aus. Wir haben oft Sexarbeiterfreund_Innen und unterstützen uns gegenseitig. Und wenns nur ein backup mit nem kleinen talk am Ende ist. Ohne sozialen Kompetenzen würden uns schlicht und ergreifend die Kunden wegbleiben. Das sind Kompetenzen, die kein Studium bietet sondern das Leben.
Klar, viele Stellen sind vom Senat gefördert und vielleicht gibtz ohne Scheinen weniger Kohle. Aber grade bei Koleg_Innen die aufgrund Alters, Körperanatomie oder sonstwelchen Gründen zwar die Kompetenz zur Sexarbeit haben aber trotzdem nicht genug Kunden kriegen können kann da ein Zuverdienst in einer Beratungsstelle, die sich auch Treffpunkt nennt, von Vorteil sein. Solche Leute schaffen Vertrauen und können Huren eine Sicherheit vermitteln, die eine Sozialbeaterin, die in der allgemeinen Hirarchie höher angesiedelt wird nicht zustande bringen kann.

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Mavis
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NEU! AKTUELL! Re: Sozialarbeiterin für Hydra/ Berlin gesucht

Beitrag von Mavis »

Es gibt nunmehr eine neue Stellenausschreibung bei Hydra. Die Beratungsstelle sucht zum 1. April 2013 eine neue MitarbeiterIn.
Bewerbungen bis zum 24. Februar!!

Die Formulierung ist neu und versucht, die Sexarbeitserfahrung stärker als erwünschte Qalifikation zu betonen. Es bleibt aber, dass einige andere Qualifikationen vorausgesetzt sind und es bleibt auch eine senatsfinanzierte Stelle: das heißt, was als "vergleichbare Fähigkeiten" zum Sozpäd-Studium gilt, muss mit dem Senat verhandelt werden.

Hydra freut sich aber sehr über Bewerbungen von Sexarbeiterinnen!

Viele Grüße,
Mavis
Dateianhänge
Hydra_Stellenausschreibung_2013.pdf
Stellenausschreibung Hydra 2013
(40.43 KiB) 323-mal heruntergeladen

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Marc of Frankfurt
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Gläserne Decke für Sexworker

Beitrag von Marc of Frankfurt »

> "Hydra freut sich sehr über Bewerbungen von Sexarbeiterinnen!"


Das kann ich bei den derzeitigen Vorkommnissen nur als Hohn empfinden.

Vielmehr vermute ich, dass Sozialarbeiter neue Sexworker nicht wirklich auf den auch für sie geeigneten Einkommenplätzen sehen wollen. Es gibt da eine unterschwellig wirkmächtige Konkurrenz des Anderssein um knappe Ressourcen. Gleiche werden bevorzugt (Homophily).

Und wenn es keine formale Regelung wie z.B. eine Quote oder eine Vorbedingung Sexarbeits-Praxis als unerläßliches Einstellungskriterium zu machen (wie bei www.scarletAlliance.org.au in Sydney für ganz Australien), werden wir Sexarbeiter_innen an dieser "Gläserne Decke" in unseren eigenen Beratungsstellen noch jahrelang verzweifelt abprallen und Opfer entstehen sehen. Und dann nimmt man sich den Sexworkern erst wieder an, wenn einer Sozialberatung und Sozialhilfe braucht.

Da läuft etwas verdamt verkehrt in den von den Huren in den 70er Jahren selbst erkämpften Beratungsstellen, was wir bis heute nicht verstanden haben angemessen zu organisieren. Und solange das nicht wirklich geklärt und offen thematisiert werden kann, halte ich alle im Sexworker Forum zirkulierten Stellenangebote zunehmend für eine Beleidigung von alleinselbständigen Sexworkern und insbesondere solchen mit Karriereambitionen, Berufswechselwünschen oder Ausstiegswünschen.


Das ist genauso, als würden hier ständig Angebote für kostenlose Kontoführung erscheinen, wo wir alle wissen, dass uns ein Konto verwehrt wird, wenn die Bank erfährt dass der Beruf Sexwork ist. Solche Anzeigen würden wir hier auch nicht haben wollen.


Wie können es die Projekte mit ihrem Gewissen gegenüber ihrer Klientel den Sexworkern vereinbaren, hochtrabend Ausstiegsprojekte zu beantragen und zu betreiben, aber im eigenen Hause diese Möglichkeit nicht wirklich zu eröffnen wie es derzeit scheint. Das ist fast so wie bei Kirchens, die sich auch um gefallene Mädchen kümmert und bei Ausstiegsprojekten Kooperationsparter spielt über ihre Sozialkonzerne Diakonie/Caritas, dann aber einer Sexarbeiterin maximal eine 400 Euro Stelle anbietet (PROFRIDA 2006-7).


Da wir Sexworker uns nicht selbst organisieren können, d.h. da wir nichteinmal wissen, welche Sexworker in welchem Vereinsvorstand in den verschiedenen Beratungsstellenvereinen sitzen, haben wir als Gruppe eine extrem prekäre Ausgangssituation für Interessenvertretung. Der Diskretionsbedarf fordert auch hier seine Opfer! Nichteinmal im SW-only konnte man sich gescheit organisieren... bisher.

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Beitrag von fraences »

@Marc

In einigen Aspekten trifft Du sicherlich die Achillesferse eine Wirklichkeit, was die von den Sexworker in den 70er Jahren selbst erkämpften Selbsthilfevereine (heutige Fachberatungsstellen) betrifft.

Leider empfinde ich deinen Beitrag emotional zu über kochend, damit öffnest Du Niemanden den Raum eine konstruktiven Auseinandersetzung.
Während viele Sexworker sich derzeit organisieren, um deiner im Kern sicherlich berechtigten Kritik dahingehend Rechnung zu tragen, das bundesweit eine Zusammenarbeit mit den Fachberatungsstellen, auf deren Unterstützung und Sachkompetenz keines Wegs verzichtet werden soll, bleibst Du in deinem Posting beinah ausschließlich eine Negation einer Teilwirklichkeit verhaftet.
Dein Beitrag bietet keinerlei Perspektive.
Ich würde mir wünschen, das deine Intelligenz sich für die kreative Konstruktion entscheidet.
Allerdings auch Abrissfirmen haben ihre Berechtigung, kommt auch immer darauf an, welchen Weg einem Individuum authentisch entspricht.

Liebe Grüße, Fraences
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annainga
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RE: Sozialarbeiterin für Hydra/ Berlin gesucht

Beitrag von annainga »

deiner meinung schließe ich mich an @Marc.
so gut ich mich mit den sozialarbeiter verstehe und die arbeit der beratungsstellen hoch schätze, so sehr verabscheue ich diese stellenausschreibungen, die ja eh nicht mit sexarbeitern besetzt werden. wir brauchen was eigenes.

lieben gruß, annainga

ps: @Fraences, hast natürlich auch recht. ich hoffe sehr, dass etwas geschieht in dieser richtung und werde auch selbst dabei mithelfen :-)

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Re: Gläserne Decke für Sexworker

Beitrag von Aoife »

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Marc of Frankfurt hat geschrieben:Da läuft etwas verdamt verkehrt in den von den Huren in den 70er Jahren selbst erkämpften Beratungsstellen, was wir bis heute nicht verstanden haben angemessen zu organisieren.
Ich bezweifele dass wir das nicht verstanden haben - eher glaube ich dass wir (oder Teile von unserer Gemeinschaft) trotz allem Verständnis nicht wahrhaben wollen, dass staatliche Finanzierung automatisch staatliche Kontrolle, auch über Stellenvergaben, bedeutet.

Liebe Grüße, Aoife
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