2,5 Jahre wegen Betrug

Wo melde ich meinen Beruf an, mit welcher Steuerlast muss ich rechnen, womit ist zu rechnen, wenn ich die Anmeldung verabsäume, ... Fragen über Fragen. Hier sollen sie Antworten finden.
ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

2,5 Jahre wegen Betrug

Beitrag von ehemaliger_User »

Auch das gibt es:
http://www.rhein-zeitung.de/regionales_ ... 51416.html

Hunsrück: 20.000 Euro für einmal Sex? Studentin glaubte es

Hunsrück - "Unmoralische Angebote" gibt es ganz offensichtlich nicht nur in Hollywood. Sie werden auch in sogenannten Sozialen Netzwerken unterbreitet. Aktueller Fall: Ein 47-Jähriger bot einer Studentin 20 000 Euro für ein Schäferstündchen im Auto - und zahlte dann nicht.

Mit einem besonderen Fall von Betrug und Naivität hatte sich das Simmerner Amtsgericht zu befassen:

Auf der Anklagebank ein 47-jähriger gelernter Schreiner mit einem Vorstrafenregister, das selbst Staatsanwalt und Richter Respekt abverlangte. Auch derzeit verbüßt der Angeklagte mal wieder eine Haftstrafe.

Ihm warf Staatsanwalt Claus Nils Leimbrock von der Bad Kreuznacher Staatsanwaltschaft Betrug vor. Er soll einer damals 24-jährigen Lehramtsstudentin aus einem kleinen Ort im Rhein-Hunsrück-Kreis 20 000 Euro für ein Schäferstündchen versprochen haben. Kennengelernt hatten sich die beiden 2010 beim Netzwerk Wer-kennt-wen.

Er wolle ihr ein unmoralisches Angebot unterbreiten, hatte sich der Angeklagte bei ihr gemeldet. Anfangs bot er der Blondine 2000 Euro für Sex, stockte das Angebot später auf 5000 Euro auf. Als er damit noch immer abblitzte, bot er der Studentin letztlich sogar 20.000 Euro. Darauf einigten sich die beiden schließlich, trafen sich auf dem Parkplatz eines Simmerner Supermarktes, um dann gemeinsam in den Wald zu fahren.

Bei 20.000 Euro wurde die Studentin schwach

Zuvor hatte der heute 47-Jährige der jungen Dame eine Überweisung mit der genannten Summe gezeigt. Das Geld sei in wenigen Tagen auf ihrem Konto. Dort sollte es tatsächlich aber nie ankommen.

Nach dem Schäferstündchen auf der Rückbank eines alten BMWs wartete die Studentin einige Tage ab. Dann ging sie mit ihrem langjährigen Lebensgefährten, der von Anfang an in den "Deal" eingeweiht war, zur Polizei und erstattete Anzeige.

"Ich hoffe nicht, dass ich das umsonst gemacht habe"

Schließlich habe sie verabredungsgemäß ihre Leistung erbracht. "Ich hoffe nicht, dass ich das umsonst gemacht habe", führte sie gestern noch einmal vor Gericht aus.

Gewisse moralisch Bedenken habe sie schon gehabt, erklärte die Ex-Studentin, die heute als Physiotherapeutin arbeitet, aber letztlich hätte sie mit dem Geld ihr Studium finanzieren können.

"Waren sie geldgierig?", wollte der Verteidiger des Angeklagten wissen. "Im gewissen Sinn könnte man das so sagen", bestätigte die junge Frau. Der Angeklagte selbst schwieg zu den Vorwürfen und schüttelte höchstens mal den Kopf.

Ein gerüttelt Maß an Naivität...

Dem vermeintlichen Opfer, das vor Gericht als Zeugin auftrat, bescheinigten Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft unisono ein gerüttelt Maß an Naivität. Was sie denn veranlasst habe, daran zu glauben, für zehn Minuten Sex auf der Rückbank eines klapprigen Autos 20.000 Euro kassieren zu können, wollte der Verteidiger wissen. "Ich kenne zwar die Tarife im Rotlichtmilieu nicht, aber da kann man ja schon von Wucher reden", führte er aus.

Das nächste Schäferstündchen hätte 25.000 bringen sollen

Der Angeklagte habe ihr gegenüber auf eine große Erbschaft verwiesen. "Er hatte 920.000 Euro von seinem Vater bekommen", erläuterte die 26-Jährige, "das hat er mir jedenfalls so gesagt." Er habe ihr sogar 25.000 Euro für eine weitere Nummer geboten.

Eine Beamtin der Kriminaldirektion Koblenz erinnerte sich an einen ähnlichen Fall, in den der Angeklagte verwickelt gewesen sein soll: "Damals kam es aber nicht zum Sex, er fuhr das Mädchen brav nach Hause, als es nicht wollte."

Staatsanwalt: Opfer ist Vermögensschaden entstanden

Staatsanwalt Leimbrock forderte mit Hinweis auf das Prostitutionsgesetz eine Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen Betrugs. Dem Opfer sei ein "Vermögensschaden" entstanden. Die Verteidigung verwies dagegen auf die Sittenwidrigkeit des Geschäfts und forderte Freispruch.

Gericht schickt Angeklagten für zweieinhalb Jahre hinter Gitter

Das Gericht unter Vorsitz von Richter Peter Hüttemann verurteilte den Angeklagten letztlich zu zweieinhalb Jahren Haft, weil eine sexuelle Dienstleistung nicht bezahlt wurde. Dies sei Betrug. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
gina91
engagiert
engagiert
Beiträge: 113
Registriert: 12.02.2012, 21:50
Wohnort: BW
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von gina91 »

das ist aber heftig.
damit wird die Gute jedenfalls mit schlechtem gewissen leben müssen, zumal es sich ja nur um einen Quickie handelte, der einen wert im zweistelligen Bereich nicht übertrifft.
war die Frau als prostituierte gemeldet? hat das Einfluss auf einen Betrüger?
große Worte Spucken viele Männer, das sollte man als erwachsene Frau doch Wissen.
der Mann tut mir leid.
für einen nicht bezahlten Quickie in den Knast, unglaublich.

Benutzeravatar
malin
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 1205
Registriert: 01.09.2008, 18:26
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von malin »

der mann tut dir leid?

über die höhe der strafe darf man geteilter meinung sein, ich finde sie angesichts der tatsache dass es wohl nicht die erste aktion in die richtung war gut.

und es ist auch völlig schnuppe ob die frau als prostituierte gemeldet war, was isn das für ein argument?

ihr kann man eigentlich nur einen vorwurf machen, den der dummheit.
aber damit ist sie eigentlich schon genug bestraft.

eine für geld erbrachte sexuelle dienstleistung, die dann nicht bezahlt wird, fühlt sich für die betroffene dienstleisterin im schlimmsten falle an wie eine vergewaltigung.

was der guteste da abgezogen hat ist vorsätzlicher betrug, nun muss er die konsequenzen tragen.
liebe grüsse malin

eventuell fehlende buchstaben sind durch meine klemmende tastatur bedingt :-)

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

          Bild
malin hat geschrieben:eine für geld erbrachte sexuelle dienstleistung, die dann nicht bezahlt wird, fühlt sich für die betroffene dienstleisterin im schlimmsten falle an wie eine vergewaltigung.
Fühlt sich nicht nur eventuell so an, sondern ist formal eine Vergewaltigung - weil das unter der Bedingung der Bezahlung gegebene Einverständnis wegfällt wenn die Bezahlung nicht erfolgt. Somit handelt es sich um eine eindrinugende sexuelle Handlung gegen den Willen der Frau = Vergewaltigung.

Auch die Argumentation mit dem geschätzten "Wert" eines quicky's kann da nichts ändern, die Frau hat schließlich durch ihre Verhandlunstaktik bewiesen, dass sie unter diesem Preis nicht einverstanden ist - und das gehört zu ihrer Intimsphäre, kein Gericht und keine "übliche Preisvorstellung" kann ihr diesbezüglich irgendetwas rechtmäßig vorschreiben.

Somit hat der Täter Glück, dass er "nur" wegen Betrugs verurteilt wurde - auch ein Zeichen für die weit hinter Menschenrechtsstandards zurrückfallende Einstellung der deutschen "Recht"sprechung.

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Die Argumentation des Verteidigers, 20 TEUR seien Wucher und damit sittenwidrig ist glücklicherweise nicht aufgegangen. Zu Wucher gehört ja grundsätzlich die Ausnutzung einer Schwäche des Vertragspartners - das trifft hier eindeutig nicht zu.

Vergewaltigung? Aoife, ich kann Deiner Argumentation nicht ganz folgen. Ist es dann Körperverletzung, wenn ein professioneller Sklave verprügelt wird und der Kunde dann nicht bezahlt?
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben:Ist es dann Körperverletzung, wenn ein professioneller Sklave verprügelt wird und der Kunde dann nicht bezahlt?
Absolut. Wenn ein Arzt einen Eingriff mit Einverständnis des Patienten vornimmt, und das Einverständnis hinterher für ungültig erklärt wird, weil der Patient nicht ausreichend informiert war um rechtskräftig einzuwilligen, so ist das ärztliche Handeln Körperverletzung.

Wieviel mehr müsste das also bei dem von vornherein ausdrücklich bedingten Einverständnis im Pay6 gelten, wenn die Bedingung nicht erfüllt ist!

Und ohne gültige Einwilligung handelt es sich nun einmal um Vergewaltigung bzw. Körperverletzung. Wenn das anders gesehen wird, so bedeutet das zweierlei Maß bezüglich unserer Rechte gegenüber der "Normalbevölkerung".

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
nicole6
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 2333
Registriert: 11.09.2009, 13:01
Wohnort: München
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

Beitrag von nicole6 »

In Italien ist zwar Prostitution offiziell nicht legalisiert,
aber auch nicht verboten. In solch einem Fall hätten
hier die Richter trotzdem auf jeden Fall die Situation
als Vergewaltigung klassiert, und der Mann wäre auch im
Gefängnis gelandet. Zu Recht! Denn ob der Mann Gewalt
benutzt, oder Betrug, um an sein Ziel zu kommen,
betrifft nur die Methode, nicht die Absicht. Und in
demokratischen Gesellschaften urteilen die Richter
nach den Absichten der Personen. Deswegen gibt es ja auch
den gewaltigen Unterschied zwischen "Unfall", "Mord", oder
"leichtsinnige Handlung mit Todesfolge" für Vorgänge
die von aussen gesehen ähnlich aussehen.

Nicole.

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Danke Nicole, jetzt hab ichs kapiert.
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Hm

"Wucher" gibt es nicht als eigenständigen Tatbestand. Das was darunter in der Regel verstanden wird, ist ein Geschäft, wo Leistung und Gegenleistung in einem eklatanten Missverhältnis stehen, also um ein Vielfaches des Üblichen auseinander klaffen. Dann ist ein solches Geschäft "sittenwidrig" (das ist eine gesetzliche Generalklausel und hat nichts mit Sittlichkeit im landläufigen Sinne zu tun, insbesondere nichts mit sexuellen Aspekten). Für eine solche Sittenwidrigkeit ist es nicht erforderlich, dass die benachteilgte Seite sich irgendwie in einer Zwangslage wähnt oder so. Es reicht Blödheit aus. Insofern dürfte die Vereinbarung "Quicky gegen 20.000,--" tatsächlich sittenwidrig sein, weil selbst die teuersten P6 Angebote normalerweise deutlich darunter liegen dürften.

Mit der Sittenwidrigkeit ist das Geschäft unwirksam, das heisst keine der beiden Seite braucht zu leisten. Wenn eine Seite bereits geleistet hat und eine Rückabwicklung nicht möglich ist, dann kommt als Ersatz für die nicht mögliche Rückabwicklung eine angemessene Entschädigung in Frage.

Für den Vorwurf des Betruges ist es nötig, dass dem Täter eine von vorneherein subjektiv bestehende Absicht nachgewiesen (!) wird, nicht leisten zu wollen. Im vorliegenden Fall wird für die subjektive Absicht als Indiz genommen worden sein, dass der Typ diese Nummer wohl schon öfter gefahren hat, es "System" hat. Ohne diese Vorgeschichte wäre der Betrugsvorwurf schwer bis gar nicht durchsetzbar gewesen und die Sache wäre nicht strafrechtlich, sondern ausschließlich zivilrechtliche zu klären gewesen.

Die angesprochene "Erweiterung" des Vergewaltigungsbegriffes ist mehr als problematisch. Erstens würde dann bei Fehlen der bereits anfänglichen Absicht nicht zu zahlen (also wenn er sich das erst nachher überlegt hätte, dann ja kein Betrug, siehe oben) plötzlich keine Vergewaltigung mehr vorliegen.

Zudem, wenn die Einhaltung eines Versprechens über die Frage entscheidet (im Nachhinein), ob eine Vergewaltigung vorliegt oder nicht, dann wirds richtig kritisch. Wenn Mann und Frau heiraten und sich sexuelle Treue versprechen, der Mann bricht dieses Versprechen, dann wäre folglich - bei Anwendung der Logik, die vorgepostet - jede sexuelle Handlung plötzlich im Nachhinein ein Vergewaltigung. Kann ja wohl nicht sein.

Deswegen ists so richtig, denke ich, dass der Tatbestand der Vergewaltigung nur dann erfüllt ist, wenn es zu sexuellen Handlungen kommt und eine Seite unbedingt (= unabhängig von "Bedingungen") diese vorher abgelehnt hat. Auch wenn ich andere Ansichten da durchaus verstehen kann.

Aber wenn tatsächlich eine sexuelle Handlung immer zur Vergewaltigung wird, wenn irgendein Versprechen damit verbunden und nicht eingehalten wird, dann müßte ein Mann eigentlich generell von Sex absehen, wenn nicht vorher ausdrücklich von der Frau die Bedingungslosigkeit ihrer "Hingabe" bestätigt würde.

P.S. die Tippfehler bitte ich zu übersehen

ehemaliger_User
verifizierte UserIn
verifizierte UserIn
Beiträge: 2968
Registriert: 27.04.2008, 15:25
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger_User »

Lieber "ehemaliger User":

Guck mal was im § 138 StGB steht:
http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__138.html


§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.


Die junge Dame wird wohl kaum eine Zwangslage des "Kunden" ausgenutzt haben - sie war lediglich in der Abwicklung zu naiv.

Es spielt tatsächlich nur die "Ausnutzung einer Zwangslage" eine Rolle. Sonst wären ja sämtliche Kunst- und andere Auktionen sittenwidrig weil da ja meist auch ein krasses Missverhältnis zwischen Wert und erzieltem Preis herrscht. Z.B. 10 Mio EUR für einen Ferrari 250
Auf Wunsch des Users umgenannter Account

Benutzeravatar
Aoife
Senior Admin
Senior Admin
Beiträge: 7067
Registriert: 20.09.2008, 21:37
Wohnort: Ludwigshafen am Rhein
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von Aoife »

Hm - schwierige Argumentation ... ich möchte einmal nur rein hypothetisch feststellen, dass *wenn* Menschenrechte vom deutschen Staat denn respektiert würden, die Wucher-/Sittenwidrigkeitsargumentation automatisch wegfallen müsste:

Da ein Teil des Geschäfts im Bereich der Intimsphäre liegt, auf die der Staat und seine Organe keinerlei rechtmäßigen Zugriff haben, ist ein "auffälliges Mißverhältnis zur Leistung" im legalen Rahmen prinzipiell nicht feststellbar - kann also auch keiner rechtlichen Entscheidung zugrundegelegt werden. Insbesondere wenn wie im vorliegenden Fall die Vereinbarung auf Betreiben des angeblich Zahlungswilligen zustande kam ... wenn hingegen die Geldempfängerin einen nicht geschäftsfähigen "Kunden" überredet, würde ich das schon anders sehen.

          Bild
"ehemaliger User" hat geschrieben:Die angesprochene "Erweiterung" des Vergewaltigungsbegriffes ist mehr als problematisch. Erstens würde dann bei Fehlen der bereits anfänglichen Absicht nicht zu zahlen (also wenn er sich das erst nachher überlegt hätte, dann ja kein Betrug, siehe oben) plötzlich keine Vergewaltigung mehr vorliegen.
Warum eigentlich? Dass das für Betrug zutrifft kann ich nachvollziehen, weil es nun einmal so im Gesetzestext steht - aber was das Ungültigmachen des Einverständnisses angeht? Im Artztrecht werden Einverständnisse ja auch nachträglich ungültig gemacht, wenn ein Patient beispielsweise behauptet er habe nicht gewußt dass er von einer Blutentnahme einen blauen Fleck davontragen kann - und angibt, er hätte das Einverständnis verweigert wenn er das gewußt hätte. Nicht etwa dass ich diese Regelung gut fände, aber warum mit zweierlei Maß messen?
"ehemaliger User" hat geschrieben:Wenn Mann und Frau heiraten und sich sexuelle Treue versprechen, der Mann bricht dieses Versprechen, dann wäre folglich - bei Anwendung der Logik, die vorgepostet - jede sexuelle Handlung plötzlich im Nachhinein ein Vergewaltigung.
Dieses Beispiel scheint mir zu weit gefasst - "und" alleine genügt nicht, Heirat und Treueversprechen sind dann ja nicht zwingend an die Einwilligung in sexuelle Handlungen gekoppelt. Wenn aber die Frau jede einzelne "sexuelle Handlung" ausdrücklich davon abhängig macht ... dann könnte ich ganz ehrlich nur jedem davon abraten, sich auf eine solche moralische Erpressung einzulassen.

Liebe Grüße, Aoife
It's not those who inflict the most, but those who endure the most, who will conquer. MP.Vol.Bobby Sands
'I know kung fu, karate, and 37 other dangerous words'
Misspellings are *very special effects* of me keyboard

Benutzeravatar
nicole6
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 2333
Registriert: 11.09.2009, 13:01
Wohnort: München
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

Beitrag von nicole6 »

Es ist unzulässig die Verhältnisse einer Ehe mit dem Geschäft
als Sexarbeiterin gleichzusetzen! "Die Ehe steht unter dem
besonderen Schutz des Staates", das Sexbusiness nicht!
Sexuelle Handlungen in der Ehe sind nicht Mehrwertsteuerpflichtig!
Und Utensilien für Sex in der Ehe ist nicht für die Steuer absetzbar!
Wenn Frau und Mann heiraten, dann ist kostenloser Sex Teil des Ehevertrages.
Damit fällt Vergewaltigung wegen Fehlens von Zahlungen weg,
aber es bleibt das Recht der Frau, frei Sex wählen zu koennen,
und nicht mit Gewalt dazu gezwungen zu werden.
Deswegen gibt es auch Vergewaltigung in der Ehe.

In Italien geht es nicht darum dass:
" ...irgendein Versprechen damit verbunden und nicht eingehalten wird.... " ,
sondern das Versprechen der Bezahlung einer Dienstleistung.
Ohne das Versprechen war die Frau NICHT bereit diese Dienstkeistung zu geben,
also ist das vorsätzliche nicht-bezahlen mit einer Vergewaltigung gleichzusetzen,
da hier durch den Mann Gewalt durch Betrug ersetzt wurde

Ob ein Mann einer Frau, mit der er nicht verheiratet ist, für Sex
20 Euro oder 2000 Euro verspricht, ist dann egal, wenn er
nicht zahlt. Es ist zumindest Betrug, und in Italien - zu Recht- Vergewaltigung.
In Italien sind Frauen heute als Menschen
anerkannt, und sind keine Waren, zumindest laut Gesetz.
Sie habe also das Recht auf Selbstbestimmung.
Waren haben das nicht.
Dienstleistungen sind zu zahlen, mit Rechnung und Mehrwertsteuer.

In Italien ist es auch juristisch gesehen Raub, egal ob Männer
eine Bank überfallen und eine Million erbeuten, oder ob
sie für den Raub das Internet verwenden.
Historisch gesehen, haben die Männer in den vergangenen 2000
Jahren die anfängliche physische Gewalt durch institutionelle
Gewalt, Täuschung und Betrug ausgetauscht, da die Ausübung
von physischer Gewalt immer mit Eigenrisiko verbunden ist,
was sich bei Täuschung und Betrug stark verringert.
Doch der Tatbestand bleibt.
Die Existenz der Banken beruht praktisch auf diesem Prinzip,
vor allem gilt dies für die sogenannten "Investitionsbanken"
und den Derivatenhandel, was nichts anderes als eine Art von
"Las-Vegas"-Glücksspiel für die Reichen ist, die Armen spielen Lotto..

Nicole

Benutzeravatar
Kasharius
ModeratorIn
ModeratorIn
Beiträge: 4100
Registriert: 08.07.2012, 23:16
Wohnort: Berlin
Ich bin: engagierter Außenstehende(r)

RE: 2,5 Jahre wegen Betrug (Meine Meinung)

Beitrag von Kasharius »

Nun ist das ja mit der Widergabe von Gerichtsverhandlungen in der Presse so eine Sache aber mir leuchtet die Bezugnahme der Staatsanwaltschaft auf das bundesdeutsche Prostituionsgesetz nicht ganz ein. Wenn der Staatsanwalt meinte, aufgrund des ProstG sei die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes gem. § 138 BGB weggefallen (was im übrigen von vielen Rechtsgelehrten und einigen Bundesgerichten wie dem Bundessozialgericht in Zweifel gezogen wird!) hat das doch eigentlich nichts mit der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 263 StGB zu tun. Nach meiner Erinnerung (die mag getrübt sein, da ich mich das letzte mal intensiver vor ca. 10 Jahren mit dem ProstG auseinandergesetzt habe). Auch vor dem ProstG konnte die Prellung um den Dirnenlohn - um es mal mit den Altforderen auszudrücken - strafrechtlich sanktioniert werden - oder? Hier werden vom Staatsanwalt und der Verteidigung meines Erachtens Äpfel mit Dirnen äh... ich meine Birnen (schlechter Anwaltsscherz! :018 :018 :018 ) verwechselt.

Kasharius grüßt und schließt :006

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

@ehemaliger_User
§138 BGB ist nicht nur beschränkt auf Fälle, wo eine Zwangslage etc. ausgenutzt wird für einen Leistungsaustausch mit grobem Missverhältnis. Selbst ein Rechtsgeschäft über 1,-- kann nichtig sein, wenn es unter einer Bedingung des Absatz 2 geschlossen wurde, kommt auf die konkreten Umstände an.

Absatz 1 ist eine Generalklausel und bezieht sich nicht nur auf grobe Unverhältnissmäßigkeit von Leistung und Gegenleistung (aber auch, Rechtsprechung)

Die "Überschriften" in Gesetzesnormen sind nicht Teil der betreffenden Bestimmung. Der Begriff "Wucher" ist insofern irreführend, weil dieser definierte Tatbestand im §138 BGB nicht ausschließlich geregelt ist, dieser umfasst viel mehr und auch völlig andere Sachverhalte.

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

          Bild
ehemaliger_User hat geschrieben:
Es spielt tatsächlich nur die "Ausnutzung einer Zwangslage" eine Rolle. Sonst wären ja sämtliche Kunst- und andere Auktionen sittenwidrig weil da ja meist auch ein krasses Missverhältnis zwischen Wert und erzieltem Preis herrscht. Z.B. 10 Mio EUR für einen Ferrari 250
Nö, nicht passendes Beispiel, da ist eben kein krasses Missverhältnis, weil es ein marktüblicher Preis ist. Gerade Auktionen bilden ja solche üblichen Marktpreise aufgrund der Teilnahme des Käufermarktes in breiter Front.

Dagegen sind beispielsweise Auktionsergebnisse, wo der Zuschlagspreis als für jeden vernünftigen Betrachter als viel zu niedrig erkenntlich gesehen wurde, durchaus als unwirksam erachtet worden (a la Lamborghini für 150,-- oder so bei ebay)

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Re: RE: 2,5 Jahre wegen Betrug (Meine Meinung)

Beitrag von ehemaliger User »

          Bild
Kasharius hat geschrieben:Wenn der Staatsanwalt meinte, aufgrund des ProstG sei die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes gem. § 138 BGB weggefallen (was im übrigen von vielen Rechtsgelehrten und einigen Bundesgerichten wie dem Bundessozialgericht in Zweifel gezogen wird!)
Eine solche Minderheitenmeinung steht im ausdrücklichen Widerspruch zur Gesetzesbegründung, wo es heisst:

"Hierzu wird im Gesetz eindeutig geregelt, dass Prostituierte einen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt haben, wenn sie ihre Leistung erbracht haben. Die Vereinbarung verstößt nicht gegen die guten Sitten. Eine Anwendung von § 138 Abs. 1 BGB auf diese Vereinbarung soll damit ausgeschlossen werden."

Wegen Bundessozialgericht, meinst Du die Entscheidung, wonach ein Bordellbetreiber von der Arbeitsagentur nicht die Vermittlung von Prostituierten verlangen kann?

Benutzeravatar
annainga
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 3836
Registriert: 01.02.2007, 22:33
Wohnort: nrw
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

RE: 2,5 Jahre wegen Betrug

Beitrag von annainga »

"Denn solch Verträge sind gemäß §138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Zwar ist die Prostitution als gewerbliche Tätigkeit in der heutigen Zeit nicht mehr als sittenwidrig einzustufen, wohl aber die im Einzelfall begründetet Verpflichtung, sich dem Freier gegen Entgelt hinzugeben. Denn eine solche durch einen Vertrag wirksam begründetet Verpflichtung verstieße gegen die Menschenwürde und deshalb gegen §138."

entschied das landgericht brilon.

nachzulesen wäre es hier:

viewtopic.php?p=29142#29142

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Das ist jedenfalls in diesem Begründungsdetail ein Fehlurteil, die Kritik Deines Anwaltes absolut zutreffend, das Gericht hat die Gesetzesbegründung in eklatanter Weise missachtet, ein juristischer Fehlgriff. Dies gilt auch und insbesondere, weil das ProstG anerkannterweise primär eine Schutzvorschrift für Prostituierte darstellen und ihnen die Durchsetzung von Forderungen ermöglichen soll. Und nicht etwa verhindern, wie da offenbar geschehen.

Leider muss man auch mitunter Fehlurteile hinnehmen. Zum Glück haben solche Urteile auch keinen Präzidenzurteilcharakter, ein gleich liegender Fall, von einem anderen Gericht beurteilt, kann (und würde mit höherer Wahrscheinlichkeit) entgegengesetzt entschieden werden.

ehemaliger User
Nicht mehr aktiv
Beiträge: 338
Registriert: 29.06.2011, 10:11
Ich bin: Keine Angabe

Beitrag von ehemaliger User »

Die schräge Begründung, jedenfalls in diesem Detail, wird umso schräger, je mehr man darüber nachdenkt.

Sie würde passen, wenn überhaupt, wenn Du den Typen getroffen hättest, es Dir aus welchen Gründen auch immer anders überlegt hättest und er Dich auf Erfüllung, also "Hingabe", verklagt hätte.

Dagegen würde eine Unwirksamkeit der Vereinbarung gemäß dem Urteil und unter den dort genannten Gründen in letzter Konsequenz auch bedeuten, dass Du bei Erfüllung der Vereinbarung (ohne Vorkasse) und Nichtzahlung durch ihn auch nicht den "Dirnenlohn" einfordern könntest (weil die Vereinbarung ja eben nichtig ist). Das macht es offensichtlich, wie abwegig und diametral entgegengesetzt zu Inhalt, Sinn und Zweck des ProsG die gerichtliche Einschätzung ist.

Benutzeravatar
annainga
PlatinStern
PlatinStern
Beiträge: 3836
Registriert: 01.02.2007, 22:33
Wohnort: nrw
Ich bin: ehemalige SexarbeiterIn

RE: 2,5 Jahre wegen Betrug

Beitrag von annainga »

so wie ich es verstanden habe (nicht das urteil, die historie des ProstG) wurde das gesetz mit absicht so "ungenau" gemacht, weil es sonst nicht durchgekommen wäre.

in bayern behauptet die partei CSU, die sittenwidrigkeit wäre nur partiell abgeschafft. ich suche schon seit einiger zeit diesen link. ich suche mal weiter.

lieben gruß, annainga