Rasse, Sexualität und Seuche.
Stereotype aus der Innenwelt der westlichen Kultur.
Von Sander L. Gilman, Rowohlt, 1992
Gilman ist Medizinhistoriker und Germanist an der Cornell Universität in New York.
Er lebte einige Jahre in Europa, und kennt somit das Material das er in seinen
Büchern behandelt, aus eigener Erfahrung. Da er fließend Deutsch spricht, hat er
bei der Übersetzung des Buches selbst mitgewirkt. Das Buch ist eine Mischung aus
Sprachforschung und Sozialpsychologie, und trifft damit sehr gut das Thema.
Der Originaltitel der englischen Ausgabe ist:
Difference and Pathology: Stereotypes of Sexuality, Race, and Madness
erschienen bei der Cornell University Press (1985)
In 10 Kapiteln behandelt er die Formung von Stereotypen während der Erziehung von
Kindern zu Erwachsenen. Der soziologische Fachausdruck dazu ist
"primäre Sozialisation". In einem der Kapitel nimmt er Texte von J.W. Goethe her,
um zu zeigen, wie der Begriff "Prostituierte" von dem eigentlichen Inhalt entkernt,
dann zu einem Prototypen-Begriff umgemünzt,
und dann wie ein gleichmachender Stempel benutzt wird.
Doch er behandelt das Thema Sexarbeit auch in einem separaten Kapitel, und nimmt
dazu als "archimedischen Hebelpunkt" einen anderen Prototypen, der heute vergessen ist:
die Hottentottin.
Auch in dem nachfolgenden Kapitel, vom männlichen Stereotyp der weiblichen Sexualität,
benutzt Gilman als Beispiel die Sexarbeit. Zur Unterlegung seiner Thesen bezieht er
sich auf die Geschichte der Prostitution in Wien (1850 - 1900).
Das Buch ist sehr fundiert recherchiert und geschrieben. Interessenten finden zahlreiche
Quellen zur Sexarbeit, vor allem aus Frankreich.
Auch wenn es sich nicht nur um Sexarbeit handelt,
könnte es für diejenigen interessant sein,
welche sich auch für die Einbettung der Sexarbeit in der
Gesellschaft und deren Geschichte interessieren!
Rasse, Sexualität und Seuche.
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