Sammelthema Sexwork-Filme

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fraences
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RE: Sammelthema Sexwork-Filme

Beitrag von fraences »

GESCHICHTE
Das Leben der Wanderhure aus alten Akten rekonstruiert

Die Dokumentation zu einem Spielfilm entstand in Nördlingen. Das Stadtarchiv begeisterte die Fernsehleute

Nördlingen
Ein Fernseh-Ereignis dieser Woche war der Spielfilm im Privatsender Sat 1 „Die Rache der Wanderhure“ mit Alexandra Neldel. Direkt im Anschluss brachte der Sender eine Dokumentation über das reale Leben der Wanderhuren im Mittelalter. Dabei standen Akten aus dem Nördlinger Stadtarchiv im Mittelpunkt. Sie dokumentieren das Schicksal der aus Eichstätt stammenden Wanderhure Els von Eystett. Sie war im damaligen Nördlinger Frauenhaus (im Mittelalter die Bezeichnung für ein Bordell) in der Frauengasse als Prostituierte zugange.

Stadtarchivar Dr. Wilfried Sponsel hatte im Vorfeld einige Gespräche mit Mitgliedern des Produktionsteams, in denen er ihnen die schwer lesbaren Akten wie Frauenhaus-Verordnungen, Pachtverträge, Bewerbungs-Anschreiben der Prostituierten oder Prozessakten erläuterte sowie Fachliteratur an die Hand gab. Diese Informationen waren so ergiebig, dass daraus Konzept und Drehbuch erarbeitet werden konnten. Dr. Sponsel vermittelte auch dem schottischen Wissenschaftler Jamie Page, der intensiv in der Materie steckt, weil er unter anderem in Nördlingen über das Thema der Prostitution im Mittelalter für eine Arbeit an der St.-Andrews-Universität in Edinburgh recherchierte. So war Page denn auch effektvoll im Halblicht der Nördlinger Archivräume zu sehen und erläuterte die Materie neben weiteren Wissenschaftlern, die an anderen Orten gefilmt wurden.

Auf Basis der Akten, vor allem den Unterlagen eines Prozesses, weil die Frauenhaus-Wirtin Els einen Abtreibungs-Trank verabreicht hatte, produzierte das Team Spielszenen, die realitätsnah Alltag und Probleme der Prostituierten zeigten:
Mit systematischer Verschuldung für Kleidung, Kost, Logis, Hygienemittel und Verhütungstränke wurden die Prostituierten in Abhängigkeit gehalten. Misshandlung und Betrug durch die Wirtsleute wurden ebenso ins Bild gesetzt wie die Wertschätzung der Frauen beispielsweise als „Glücksbringerinnen“ bei Hochzeiten. Hier erhielten sie regelrechte Ablöse-Geschenke, weil sie wohl den Bräutigam als Kunden verloren hatten.

Da das „echte“ Nördlinger Frauenhaus 1988 abgerissen wurde, drehte das Team die historischen Aufnahmen großteils im Freilichtmuseum Bad Windsheim. Die Aufnahmen von Jamie Page im Stadtarchiv im Herbst letzten Jahres hat Archivar Dr. Sponsel als sehr effektiv in Erinnerung: „Das vierköpfige Team stattete einen der Archivräume regelrecht als Studio aus, was aber zügig vonstatten ging.“ An einem Tag waren die Dreharbeiten abgeschlossen – im Film sieht man Page als Kommentator vor einem prächtigen Archiv-Schrank, immer wieder Großaufnahmen der jahrhundertealten Schriftstücke sowie ein Bild des Stadtarchivs, dem Hallgebäude am Weinmarkt, in Abendstimmung vor dramatischem Wolkenhimmel.

Die TV-Dokumentation fußte auf soliden Informationen. „Von der Aktenlage zu diesem Thema und zum Mittelalter allgemein spielt Nördlingen in vorderster Reihe“, sagt Archivar Dr. Sponsel dazu nicht ohne Stolz. „Unser historisches Bewusstsein fördert die Bewahrung, Kriegs- und andere Katastrophen blieben dem Archiv ebenso erspart wie jegliche Fehlentscheidung, altes Material zu vernichten.“

Christoph Steinkamp, der verantwortliche Sender-Redakteur, zeigte sich begeistert von der europaweit einzigartigen umfassenden Dokumentation eines Schicksals, wie es über Els von Eystett hier zu finden ist. Überdies habe sich Dr. Sponsel durch eine außergewöhnliche Offenheit, Zugänglichkeit und hoch motivierte Zusammenarbeit ausgezeichnet.

http://www.augsburger-allgemeine.de/noe ... 46761.html
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Fakten und Infos über Prostitution

rainman
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Beitrag von rainman »

Die Genauigkeit dieser Dokumentation kann ich bestätigen.
Besonders bemerkenswert erschien mir, dass die Wirte der Frauenhäuser in alter Zeit verpflichtet waren, die neu eintreffenden Wanderhuren danach zu fragen, ob sie denn freiwillig erschienen seien und ihnen andernfalls den Zutritt zu verweigern.

LG rainman

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Das bessere Leben

Beitrag von ehemaliger_User »

Filmstart am 29.03.2012 in Deutschland:
Das bessere Leben
Anne (Juliette Binoche), etablierte Journalistin der Zeitschrift "Elle" aus Paris, schreibt zur Zeit an einem Artikel über junge Studentinnen, die sich das Studium nebebei mit Prostitution finanzieren. Bei ihrer Recherche interviewt sie zwei Mädchen, die offen und ohne Vorbehalte über ihre Erfahrungen berichten. Die Offenbarungen erschüttern die Journalistin und zwingen sie über eigene moralische Wertvorstellungen zu reflektieren. In den tiefgründigen Gesprächen mit Alicja (Johanna Kulig) und Charlotte (Anais Demoustier) beginnt sie immer tiefer in das Wechselspiel zwischen Sex, Geld und Liebe vorzudringen und entdeckt dabei eigene Sehnsüchte und Fesseln, die ihr zuvor nicht bewusst gewesen sind.

Interview mit Juliette Binoche
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=aLVoEk8geNs[/youtube]

Trailer:
http://www.filmstarts.de/kritiken/17823 ... 11632.html
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Jason
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Interview zu o.g. Film mit Juliette Binoche

Beitrag von Jason »

"Sexualität wird zur Ware"
Juliette Binoche kommt mit dem Film "Das bessere Leben" in die Kinos

In der Rolle einer Journalistin recherchiert die französische Schauspielerin für eine Frauenzeitschrift, warum Studentinnen sich prostituieren.

Seit Anne (Juliette Binoche) eine Reportage über Prostitution schreibt, sieht sie ihren Mann (Louis-Do de Lencquesaing) mit anderen Augen: Nutzt auch er das große Angebot der käuflichen Liebe?
Juliette Binoche (46) ist eine der profiliertesten Schauspielerinnen des französischen Kinos. Von Jean-Luc Godard, Jaques Doillon, Louis Malle bis hin zu André Téchiné und Leos Carax hat sie für die wichtigsten Regisseure Frankreichs vor der Kamera gestanden. International bekannt wurde sie als Lazarett-Krankenschwester in Anthony Minghellas "Der englische Patient" und als Herstellerin anregender Schokolade in Lasse Hallströms "Chocolat". Nun spielt sie unter der Regie der polnischen Filmemacherin in Malgoska Szumovska in "Das bessere Leben" die Journalistin Anne. Die schreibt eine Reportage über studentische Escort-Girls und stellt durch die Gespräche mit den Prostituierten das eigene bürgerliche Leben zunehmend in Frage. Martin Schwickert sprach mit Juliette Binoche über ihre Arbeit.

Madame Binoche, Prostitution wird auch im Kino mit vielen Stereotypen belegt. Worin besteht für Sie der besondere Zugang zu diesem Thema in "Das bessere Leben"?

JULIETTE BINOCHE: Das Thema wird hier vom Standpunkt einer Frau aus betrachtet, und Regisseurin Malgoska Szumovska lässt sich auf dessen Komplexität ein, ohne klare Grenzen zwischen Gut und Böse ziehen zu wollen. Ich finde es immer schwierig, wenn große Themen in Filmen behandelt werden, weil man stets Gefahr läuft, eine Botschaft vermitteln zu wollen. Aber dieses Drehbuch stellt Fragen, ohne sie notwendigerweise beantworten zu müssen, und findet Antworten, wie man sie nicht erwartet.

Ist Geld wirklich der einzige Grund, weshalb sich die Studentinnen prostituieren?

BINOCHE: Das ist die große Frage. Meiner Meinung nach tun sie es nicht nur wegen des Geldes. Da gibt es bestimmt verborgene Verletzungen und versteckte Bedürfnisse. Sex kann ja, wie Alkohol, Drogen oder Zigaretten, ein Mittel dazu sein, sich selbst nicht fühlen zu wollen und seine Distanz zu den eigenen Emotionen herzustellen. Wenn etwas nicht mehr auszuhalten ist, greift man zu solchen Drogen, weil sie einem helfen, nicht zu fühlen. Es ist schwer, sich den eigenen Gefühlen zu stellen. Dafür braucht man Mut und Geduld – mit sich und seinem Leben.

Im Internet, im Fernsehen und in der Werbung ist Sexualität allgegenwärtig. Glauben Sie, dass wir in einer übersexualisierten Gesellschaft leben?

BINOCHE: Sexualität ist seit den 70er Jahren in der Öffentlichkeit sehr präsent. Damals war es eine befreiende Reaktion auf die lange Unterdrückung der Sexualität. Aber dann wurde es ziemlich schnell kommerzialisiert. In den Zeitungen, der Werbung, der Publicity – überall sieht man Frauen in sexy Posen. Und wenn dann junge Studentinnen ihren Körper verkaufen, um das Geld zu verdienen, mit dem sie das freie Leben, das die Werbung ihnen zeigt, führen können – dann ist das für mich ein alarmierender, beängstigender Zustand. Aber wenn Kinder seit ihrem fünften Lebensjahr schon auf diese Werbeposter schauen, ist es kein Wunder, dass sie sich im Alter von 25 in diesem System bewegen.

Welche Ausstiegsmöglichkeiten aus diesem System sehen Sie?

BINOCHE: Man kann den Menschen nicht vorschreiben, was sie machen sollen. Solche zentralen Themen lassen sich nicht durch Gesetze regeln. Aber es ist wichtig in Filmen, in der Schule, in der Familie darüber zu reden, in welchem System wir leben, und wie man sich nicht davon auffressen lässt. Sich zu verkaufen, ist Teil der Ökonomie, und es ist schwer, den vielen Angeboten, die es gibt, zu widerstehen. Bewusstsein ist die einzige Form des Widerstandes.

Wie groß ist die Gefahr im Filmgeschäft, von diesem System gefressen zu werden?

BINOCHE: Prostitution gibt es in jedem Geschäft: beim Film, im Verlagswesen, dem Mediengeschäft, bei den Banken, im Supermarkt. Die Möglichkeit dazu ist überall vorhanden, und man muss seine Grenzen setzen. Ich musste das sehr früh lernen. Wenn man jung und frisch ist, sind da viele Produzenten und Regisseure um einen herum, und als junge Schauspielerin gerät man dort sehr leicht hinein. Wenn man das Gefühl hat, "nein" sagen zu müssen, sollte man seiner Intuition vertrauen.

Sie spielen eine Journalistin, die in den Gesprächen ihre Vorurteile gegenüber den Prostituierten hinterfragt. Wie vorurteilsfrei gehen Sie als Schauspielerin an Ihre Filmfiguren heran?

BINOCHE: Als Schauspielerin darf man seine Figuren nicht verurteilen. Das gehört zum Beruf dazu. Man muss Empathie für diese Menschen aufbauen. In jeder Figur, in jedem Menschen sitzt ein kleines Kind, das nicht gehört wurde. Als Schauspielerin muss man zum Kern des Menschen vordringen und versuchen zu verstehen, was in ihm vorgeht. Wenn man die Verletzungen versteht und die Wurzeln des Verhaltens kennt, kann man den Menschen nicht mehr verurteilen.

Vom 29. März an in den Kinos

Quelle: http://www.fnp.de/fnp/nachrichten/kultu ... 58.de.html
> ich lernte Frauen zu lieben und zu hassen, aber nie sie zu verstehen <

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Marc of Frankfurt
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Re: Elles

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Weil wir gerade drüber sprachen
hier nochmal eine Promo für diesen sehenswerten Film:


Das bessere Leben / Elles
von Malgorzata Szumowska


.de .fr .pl
2011
94 Minuten
mit Juliette Binoche als interessierte Journalistin recherchiert über Studentinnen-Sexwork
Anaïs Demoustier als Sexworker
Joanna Kulig als Sexworker-Migrantin
...


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=YCYgtz28xfg[/youtube]


Präsentation zur Bienale
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=110601#110601

www.hr-online.de/website/rubriken/kultu ... ubrik=5980

http://de.wikipedia.org/wiki/Das_bessere_Leben

www.imdb.com/title/tt1549589/



Die Pressejournalistin und...
Bild
...die Sexarbeiterinnen



Sammelthemen:

Student_innen-Sexwork - Mes chères études - nebenberufl. Studentenjob

www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=107068

Medienkompetenz Sexwork - Sexworker PR
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=943





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Marc of Frankfurt
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Festival

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Hamburg



SAFF 2012 - Sex Arbeit Film Fest

http://saff.ilovebildwechsel.org

The Sex Work Film Fest (SAFF) 2012 will take place in June in Hamburg, Germany.

Im Juni 2012 findet das Hamburger Sex Arbeit Film Fest statt.

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Europäische Filmen

Beitrag von bettyboop »

Ich bin sowie so ein Fan von europäische Filmen, egal welche Sprache. Nun möchte ich eine Sahnestück vorstellen die es nicht in unseren Kinos Charts geschafft hat und es deswegen vielleicht viele hier verpasst haben.

Es ist leise und doch bewegenend und es geht under anderm um Escorts, Zuhälter und Begegnungen die sich das Leben verändern kann. Wie auch und soger inspiriert von das Theater Stück von Arthur Schnitzlers "La Ronde"


360° - Jede Begegnung hat Folgen
ein Film von Fernando Meirelles

Mit Anthony Hopkins, Rachel Weisz, Jude Law, Moritz Bleibtreu, Jamel Debbouze
UK/Österreich/Frankreich/Brasilien 2011


Kinostart in Deutschland war: 16.08.2012
Länge: 110 (Min.)
Prostitution policy is plagued by bad numbers. Bad numbers and wild estimates. If there are millions of trafficking victims who counted them and where are they?

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Marc of Frankfurt
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Re: 360°

Beitrag von Marc of Frankfurt »

danke für den tipp



[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=LQpdxKZxTBE[/youtube]



"[ youtube ]http://www.Film.Url.Internetadresse[ /youtube ]"
(ohne Leerzeichen eigeben)

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fraences
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RE: Sammelthema Sexwork-Filme

Beitrag von fraences »

Die wahre Geschichte der Wanderhure

Die "Geheimwaffen" klingen archaisch und nach Aberglauben obendrein: Zitronenscheiben oder um den Bauch gebundene Marderhoden sollten Schutz bieten vor ungewollter Schwangerschaft durch Freier, Petersilie die Ansteckung mit gefährlichen Geschlechtskrankheiten verhindern. Beides typische Probleme einer mittelalterlichen Wanderhure, jener Prostituierten, der Alexandra Neldel ein Gesicht gab und die sie jetzt letztmalig für den TV-Film "Das Vermächtnis der Wanderhure" (ab 14.11. neu auf DVD und Blu-ray) verkörpert.


Lange beschäftigten sich mit ihnen allenfalls einige Historiker. Dann erschien 2004 der erste von bisher fünf "Wanderhuren"-Romanen des Autorenduos Iny Lorentz. Die Storys um die Prostituierte Marie Schärer wurden Bestseller, die Sat.1-Verfilmungen Quotenhits.

"Der Inhalt dieser Filme wurde zwar dramaturgisch von den Drehbuchschreibern verdichtet, ist aber tendenziell historisch korrekt", urteilt der Historiker Prof. Franz Irsigler von der Uni Trier. Wie haben Prostituierte jener Zeit konkret gelebt?

In einer idyllischen Gemeinde in Bayern im Städtedreieck Augsburg – Nürnberg – Stuttgart suchen wir Antworten. Hier trifft HÖRZU Dr. Wilfried Sponsel, den Leiter des Stadtarchivs von Nördlingen. In Archiven wie seinem finden sich uralte Papiere, die, wenn man sie zu entziffern weiß, eine Fülle von Informationen über den Alltag von Prostituierten im Mittelalter enthalten – einer Zeit, in der zu leben Alexandra Neldel nicht gefallen hätte: "In der Jetztzeit verankert zu sein gefällt mir besser. Fließendes Wasser und funktionierende Heizungen gab es damals schließlich noch nicht."

Wohl aber Prostitution. So zumindest steht es in Dr. Sponsels größtem Schatz, einer über 600 Jahre alten Akte, die die dramatische Geschichte einer echten Wanderhure enthält. Die Akte besteht aus Zeugenaussagen und einem Gerichtsprotokoll, festgehalten auf Pergament, geschrieben mit schwarzer Tinte. "Es ist die Tragödie der Els von Eystett", so der Archivar. "Sie war eine sogenannte Wanderhure, die um 1470 am Rand unserer Stadt lebte, an der heutigen Adresse Frauengasse 1."

Eystetts Schicksal ist repräsentativ für das vieler Nutten. Angelockt vom Ruf eines Frauenhauses, wie die Bordelle seinerzeit genannt wurden, kam Els in das süddeutsche Städtchen. Nicht immer geschah so etwas freiwillig. Viele Frauen wurden verschleppt und in die Prostitution gezwungen, schon damals gab es einen regen Mädchenhandel in Europa. Auch ehrbare Ehefrauen konnten von einem Tag auf den anderen zu Huren werden: Wollte ein Mann, der ein sogenanntes "Nutzungsrecht" über seine Frau hatte, sie loswerden, verstieß er sie einfach. Beweise für ihre Untreue waren nicht nötig, es reichte die Behauptung. Meistens aber war Armut der Auslöser: Ging ein Familienvater bankrott, konnte er seine Töchter ins Frauenhaus verpfänden, um die Schuld zu tilgen.

Bordelle waren schon damals eine lukrative Einnahmequelle. Sie lagen meist in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer und damit am Rand der Ortschaft. Damit Kunden auch den Weg dorthin fanden, diente eine bunte Laterne an der Pforte als unübersehbares Zeichen. Eine aus 14 Punkten bestehende "Frauenhausverordnung" aus Ulm belegt, wie die Bordelle seinerzeit organisiert waren: Die Huren durften nicht jungfräulich sein, nicht aus der Stadt stammen, in der sie arbeiten wollten – und sie mussten "freiwillig" anschaffen. Neben ihren Sexdiensten mussten sie täglich zwei Spindeln Garn für den Wirt spinnen. Wurde eine Frau schwanger, bedeutete das für sie den Verweis aus dem Bordell.

"Es wäre gelogen zu behaupten, dass es Wanderhuren in den mittelalterlichen Frauenhäusern nur schlecht gegangen sei", sagt Dr. Wilfried Sponsel. "Doch wirklich gut ging es ihnen auch nicht." Denn bevor eine Hure ihren neuen Job antrat, musste sie dem Betreiber des Frauenhauses, dem „Frauenwirt“, die im Haus vorgeschriebene Kleidung abkaufen. Els von Eystett zahlte dafür vier Gulden – das entspricht heute 2000 Euro und war damals ein Jahreslohn. Außerdem unterschrieb die Hure Schuldscheine für ihr Bett, das Zimmer, für Verpflegung oder dubiose Verhütungstränke. Damit begann für die Frauen eine wirtschaftliche Abhängigkeit – und ein Leben zwischen geduldeter Arbeit einerseits und gesellschaftlicher Verachtung andererseits, weil sie ja einem unehrenhaften Beruf nachgingen.

Zu ihren Kunden zählten auch der Klerus und gelegentlich sogar halbe Kinder: Heranwachsende Knaben führten sie in die Geheimnisse der Lust ein – während die Väter dafür zahlten und beim Sex zusahen. Auch die Preise sind bekannt: Für Sex mit vier Prostituierten zahlten Kunden genau so viel wie auf dem Markt für ein Hühnerei.



Cover: © Universum Film Home Entertainment

Sendehinweis: ''Das Vermächtnis der Wanderhure''

Finale der Trilogie mit Alexandra Neldel als Marie Schärer
DI, 13.11., Sat.1, 20.15 Uhr

Die historische Akte der Hure Els von Eystett

Im Nördlinger Stadtarchiv lagern Dokumente, die detailliert zeigen, wie es in mittelalterlichen Bordellen zuging. Ein Interview mit Stadtarchivar Wilfried Sponsel:l:

HÖRZU: Was wissen Sie alles über die historische Figur der Hure Els von Eystett?

Dr. Wilfried Sponsel: Ihr Nachname ist ein Künstlername, der einen Herkunfts- oder Geburtsort bezeichnet. Ihren richtigen Namen nannten die Huren damals nie, um ihre Familien zu schützen.

HÖRZU: Warum wurde das Schicksal dieser Prostituierten so genau protokolliert?

Dr. Wilfried Sponsel: Weil sie während ihrer Tätigkeit als Hure schwanger wurde. Die Frauenwirtin Barbara Taschenfeindt versuchte daraufhin, mithilfe einer selbst gebrauten Mixtur eine illegale Abtreibung vorzunehmen. Sie verabreichte der Schwangeren einen Kräutercocktail, der zum Abort führen sollte. Daraufhin verlor die Prostituierte ihr Kind unter extremen Schmerzen. Dabei wollte sie gar nicht abtreiben – und ging deshalb vor den Rat, vor dem 1471 fast alle Dirnen aus der Frauengasse 1 gegen Barbara Taschenfeindt aussagten.

HÖRZU: Welche Haltung vertrat die Kirche im Mittelalter zur Prostitution?

Dr. Wilfried Sponsel: Sie tolerierte Bordelle und nahm dieses kleinere Übel in Kauf, damit kein größeres Übel geschah – wie etwa Vergewaltigungen. Außerdem sind auch Geistliche als Kunden aktenkundig. Nur an Feiertagen und den geheiligten Nächten sollten die Dirnen ihnen ihre Dienste nicht anbieten. Eine andere Rolle spielte die Kirche in Bezug auf die Einrichtung von Reue-Orden. Dort konnten die Dirnen im Alter "Buße" tun.

http://www.hoerzu.de/unterhaltung/dvd-b ... wanderhure
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Pincesas

Beitrag von ehemaliger_User »

Am 6.2.2013 um 01.25 in der ARD (Nacht vom Mittwoch auf Donnerstag)

http://programm.daserste.de/pages/progr ... 9FE27F026B

Prinzessinnen der Strasse - Princesas


Caye arbeitet als Prostituierte in Madrid. Sie ist gut im Geschäft und kann sich sogar etwas Geld zur Seite legen. Probleme bereiten ihr weniger die Freier, die sie dank ihrer burschikosen, selbstbewussten Art gut im Griff hat. Vielmehr ärgert sich Caye über die Konkurrentinnen aus Lateinamerika, die ihr mit Billigpreisen Kunden abwerben. Das ändert sich, als sie in der Kollegin Zulema eine illegale Immigrantin aus der Dominikanischen Republik kennenlernt, die in einem Teufelskreis steckt: Ihre Hoffnungen, endlich Papiere zu bekommen und ein legales Leben führen zu können, ruhen auf einem kleinen Beamten. Doch der nutzt ihre Notlage skrupellos aus. Caye freundet sich mit Zulema an, worauf die beiden Frauen sich auf überraschende Weise gegenseitig helfen können.
Über eine Million Spanier sahen die sensibel beobachtete, witzige Milieustudie des renommierten Autorenfilmers Fernando León de Aranoa. Die bewegende Tragikomödie lebt vom mitreißenden Spiel der beiden Hauptakteurinnen Candela Peña und Micaela Nevárez, die mit dem spanischen Filmpreis Goya als Beste Darstellerinnen ausgezeichnet wurden.
*
Die knapp 30-jährige Caye (Candela Peña), eine ebenso attraktive wie burschikose Frau aus Madrid, führt ein Doppelleben. Nachts arbeitet sie als Frau für gewisse Stunden. Doch ihre Mutter Pilar (Mariana Cordero), der sie jeden Sonntag mit Bruder und Schwägerin einen rituellen Besuch abstattet, ahnt nicht, dass ihre Tochter sich als Callgirl verdingt. Sie würde nur zu gerne wissen, warum das Handy ihrer Tochter permanent klingelt. Als Caye eines Nachts den liebenswürdigen Informatiker Manuel (Luís Callejo) kennenlernt, träumt sie von einem bürgerlich geregelten Leben an seiner Seite. Doch das Geheimnis ihrer Erwerbstätigkeit steht quälend zwischen ihnen. Einigermaßen unbeschwert fühlt Caye sich nur in ihrem Stamm-Friseurladen, wo sie mit Kolleginnen böse über die unliebsame Konkurrenz aus Lateinamerika herzieht, die mit ihren Dumpingpreisen den Markt kaputt macht. Das von Rassismus und skurrilen, exotischen Vorurteilen geprägte Bild ändert sich, als Caye eine dieser Konkurrentinnen kennenlernt. Zulema (Micaela Nevárez), eine junge Frau aus der Dominikanischen Republik, musste ihren kleinen Sohn zurücklassen.
Sie wohnt schräg gegenüber und teilt ihre Wohnung schichtweise mit einer dreiköpfigen Immigrantenfamilie. Zulema hat keine Aufenthaltserlaubnis. Ein Bürokrat vom Einwohnermeldeamt (Antonio Durán „Morris") hält sie mit dem Versprechen hin, die nötigen Papiere zu besorgen. Doch der vermeintliche Rettungsengel ist ein Perverser, der ihre Notlage mit brutaler Skrupellosigkeit ausbeutet. Als Caye der Kollegin hilft, ist es der Beginn einer wunderbaren Frauenfreundschaft.
Präzises Timing, geschickter Einsatz der Musik und geschliffene Dialoge geben dem Autorenfilm des Spaniers Fernando León de Aranoa („Montags in der Sonne") eine beschwingte Leichtigkeit jenseits gut gemeinter Sozialkritik. Trotz dokumentarisch präzisem Blick für Details werden Huren hier nicht wie üblich aus voyeuristischer Perspektive begafft. Und trotz des Filmtitels sind Caye und Zulema keine Märchenfiguren. Die mit dem Goya ausgezeichneten Darstellerinnen Candela Peña und Micaela Nevárez geben den lebendig gezeichneten Charakteren eine subtile Sprachgewalt. Mit einer überbordenden Fülle präziser und origineller Beobachtungen zeigt der Film, wie „Prinzessin Caye" schließlich der Prostitution den Rücken kehrt, ohne dabei - wie sonst in klischeehaften Hurenfilmen à la „Pretty Woman" - von einem Märchenprinz gerettet zu werden.
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*Stephanie*
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Beitrag von *Stephanie* »

Erneut ist ein guter Film über Prostitution in die Kinos gekommen: "Paradies: Liebe" berichtet über die mühevolle Arbeit von sog. Beachboys, unseren Kollegen in Kenia, die sich spezialisiert haben auf Touristinnen. Eine wahrhaft schwere Arbeit, weil die Kundinnen, die sog. Sugarmamas, mit einem Berg von Identitätsproblemen, Bildern von Schönheitsidealen, Fragen des Alterungsprozessen und den Folgen der fehlenden Partnerschaften, Intimitäten und Sexualität kommen ... und eigentlich für die Leistungen keinen fairen, monetären Preis zahlen wollen. Eigentlich wollen sie Liebe, ohne diese selbst geben zu können.
Gleichzeitig gibt der Film Einblicke in unsere europäische Welt der Sexualität und dem Verhältnis der Geschlechter.
Bewundernswert finde ich die Arbeit des Regisseurs Ulrich Seidl, der die Rollen der Beachboys mit "Laiendarstellern" besetzt hat, also mit kenianischen Männern, die als Sexarbeiter schon gearbeitet hatten und zudem ihre Erfahrungen in die Dialoge und Abläufe einbringen konnten. Dadurch ist der Film sehr authentisch. Er greift ein Tabuthema auf und will den Schleier lüften.
Auf in die Kinos und anschließend diskutieren!
www.kino-zeit.de/filme/trailer/paradies-liebe
Stephanie

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annainga
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Beitrag von annainga »

bei dem trailer bekomme ich gänsehaut.
dicke, alte, einsame, dumme, weiße frauen mit jungen, attraktiven, klugen, schwarzen männern.
interessant, die klischees mal andersherum zu sehen.

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Marc of Frankfurt
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Dokumenatarfilm Gabriela Leite, Rio de Janeiro

Beitrag von Marc of Frankfurt »


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Marc of Frankfurt
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sexworkerfest

Beitrag von Marc of Frankfurt »

Best Film Festival by and for Sex Workers - 2013:


San Francisco Sex Worker Film and Arts Festival

www.sexworkerfest.com



Founded in 1999 by "unrepentant whore" and activist Carol Leigh, the biennial San Francisco Sex Worker Film and Arts Festival is the one of the longest-running of its kind.

According to Leigh, it's rivaled only by one in Calcutta, founded in 1997.

The festival, now in its eighth incarnation at the Center for Sex and Culture, includes an exploration of personal and political issues of sex workers around the world through film, lectures, and performances. The films include programs on transgender issues, Thailand, whore identities, and the use of "trafficking" to stigmatize sex work. For those in a more festive state of mind, multimedia artist Mariko Passion offered a Whorriffic Cabaret followed by a ride on the Popcorn Theatre Bus. The festival closed out with an event for sex workers only: a "Whore's Bath," where attendees treated themselves to some pampering with massage, mani-pedis, and Reiki treatments.

http://www.sfweekly.com/bestof/2013/awa ... s-3477694/

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Marc of Frankfurt
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Berlin Film Festival

Beitrag von Marc of Frankfurt »

8. Porno Film Festival Berlin

Programm
www.pornfilmfestivalberlin.de/wp-conten ... atalog.pdf

Mit Sex Work Short Films


Kopfkino
Berlin 2012
Produced and Directed by Lene Berg
Trailer

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Marc of Frankfurt
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Sexwork als Spielfilm Genre

Beitrag von Marc of Frankfurt »


Soph
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RE: Sammelthema Sexwork-Filme

Beitrag von Soph »

Ich weiß zwar nicht ob diese Filme hier schon besprochen wurden, (habe nur durchgescrollt dementsprechend kann ich einiges übersehen haben) werde sie aber trotzdem mal posten :P

1. Too much Pussy von Émilie Jouvet

Hier der Trailer:

Sadie Lune, die auch bei den Queer X Shows auftritt, war soviel ich weiß vor 2-3 Jahren auch in Wien(-Umgebung) bei einem Queer-feministischen Festival (aber nicht dem Rampenfiber). Ich finde sie macht sehr tolle Arbeit. Als Künstlerin, Sexworker und Aktivistin.

http://sadielune.com/about/

2. Paris is Burning

Trailer:

Paris is burning beschäftigt sich nur am Rande mit SW, es wird durch die Armut und Lösungsversuche aus dieser herauszukommen der Protagonist_innen aber inhärent zum Thema gemacht.

Insbesondere Venus Xtravaganza ist hier wichtig:

http://en.wikipedia.org/wiki/Venus_Xtravaganza

Der ganze Film ist auf Youtube zu finden.

und:

3. Shortbus

Trailer:

Hab ich in einer Auflistung hier schon gesehen, allerdings ohne Beschreibung. Für mich ist das allerdings bis heute eine der schönsten Filme über Sexualität (und überhaupt) geblieben. Er beschäftigt sich auch nur durch die Rolle von Jennifer mit SW (und nicht sehr ausführlich), aber ist einfach im allgemeinen sehr sehr toll.

:)

luckyman
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Beitrag von luckyman »

ich habe vor Kurzem "Jung und Schön" im Kino gesehen. Das ist der neue Film von Francois Ozon. Es geht um eine junge Frau, die sich neben der Schule her prostituiert. Fand den Film sehr gut gemacht und realistisch dargestellt.

Klaus Fricke
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RE: Sammelthema Sexwork-Filme

Beitrag von Klaus Fricke »

Sexarbeit? - Respekt!
Unter diesen Stichworten an dieser Stelle, zwecks Vervollständigung, ebenfalls


Irina Palm, soeben auf WDR im Nachtprogramm wiederholt, ist ein guter Film (siehe diesen Threat ab Beitrag 17). Eine ähnliche Thematik, autistisches Kind - couragierte Mutter, wird auch in der Produktion Der kalte Himmel, Besprechung http://www.tittelbach.tv/programm/mehrt ... -1209.html mitbehandelt:

Teil 1
http://www.ardmediathek.de/tv/Fernsehfi ... Id=1933898


Teil 2
http://www.ardmediathek.de/tv/Fernsehfi ... Id=1933898

Bemerkenswert finde ich, dass Irina Palm und Der kalte Himmel jetzt fast zeitgleich als Wiederholung gesendet wurden und Der kalte Himmel im Nachmittagsprogramm der ARD lief. Beide Filme erzählen die Geschichte von couragierten Frauen, die sich aufgrund einer schwierigen Lebenssitutaion entscheiden, die Sexarbeit als Möglichkeit zu deren Bewältigung zu ergreifen, die dabei erfolgreich sind, sich der Stigmatisierung widersetzen und als Persönlichkeit gewinnen.

Erzählungen von Sexarbeit als Chance und Befreiung, die das Bild, das 2013 medial von den großen Medien, insbesondere auch von der ARD, ihren Tatort Produktionen und Maischberger/Jauch Talksendungen gemalt wurde, konterkarieren. Die Produktionen sollten im Gedächtnis bleiben und genutzt werden, da sie emotional eine Kontrapunkt zu der abolitionistischen Hetze, Beschämung und Demütigung von Sexarbeitenden setzen.

Querverweise:
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 453#144453 (Eine andere Erzählung)
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 667#144667 (Sexarbeit? - Respekt!)
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=12566 (weitere Hinweise zu Irina Palm)
Zuletzt geändert von Klaus Fricke am 14.01.2015, 15:04, insgesamt 1-mal geändert.

Klaus Fricke
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RE: Sammelthema Sexwork-Filme

Beitrag von Klaus Fricke »


Dieser Beitrag gibt nur meine persönliche Meinung wieder.
Er steht nicht im Zusammenhang mit einer Moderatorentätigkeit


Querverweis:
Filmtip Sexarbeit
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... 812#153812 und folgende Beiträge

Bezüge:
http://www.tittelbach.tv/programm/mehrt ... -1209.html (Der Kalte Himmel)
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=12566 (Irina Palm)
http://www.sexworker.at/phpBB2/viewtopi ... palm#10550 (Irina Palm, "Rezension" von Marc of Frankfurt



Königin der Nacht
http://www.daserste.de/unterhaltung/fil ... t-100.html

Der Film ist kaum vergleichbar mit Irina Palm oder dem ARD Zweiteiler Kalter Himmel, wenn auch in allen drei Filmen die Geschichte von Frauen erzählt wird, die sich entscheiden selbstbestimmt und selbstwirksam für den Lebensunterhalt ihrer Familie als SW tätig zu werden. Der Schwerpunkt der Inszenierung Königin der Nacht behandelt, so sehe ich das, ein anderes Thema, als die Filme Irina Palm und Kalter Himmel (siehe Links unter Bezüge)

Während Inge , die sich, um die finanzielle Existenz der Familie und des Hofes der Familie zu sichern, entscheidet, im Bereich der SW und schließlich als Escort tätig zu werden und dabei an dieser Aufgabe, so der Film, wächst, scheitert ihr Mann Ludwig, da er die Trennung von Liebe und Sexualität, die Inge letztlich souverän gelingt, nicht nachvollziehen kann. Die Familie zerbricht, nachdem Ludwig, der zuvor bereits illoyal und in einer Szene, so sehe ich diese, vergewaltigend gegen Inge ist, von der sexualisierten zur prügelnden Gewalt übergeht. Inge verlässt mit den gemeinsamen Kindern den Hof.

Ein Thema des Films ist die Norm der Einheit von Liebe und Sexualität, die bis heute von erheblicher Wirkmacht auf individuelles Verhalten ist und ihre Form in dem findet, was mit dem Begriff Eifersucht etikettiert wird, unter dem der "legitime" Besitzanspruch, dem dieses "Gefühl" zugrunde liegt, verschüttet wird. Der Film, so empfinde ich das, zeigt das Scheitern einer Bindung an der Norm der Einheit Sex-Liebe, wobei der Mann (Ludwig) in ihr gefangen bleibt und die Frau (Inge) sich von dieser Norm, Stärke entwickelnd, befreit. Insofern belegt der Film die emanzipatorische Kraft, die Sexarbeit haben kann.

Einem anderen Film gelingt es vielleicht, die Vielschichtigkeit der Eingewobenheit von Menschen in die Norm Einheit Liebe-Sex am Beispiel von Sexarbeit anders aufzulösen. Denn natürlich ist es nicht unmöglich, dass auch ein Mann in der dargestellten Situation aus dieser Normierung herauswächst. Insofern finde ich die "Antwort", die der Film gibt, eher klischeehaft, selbst wenn der Film die "statistische Realität" der wahrscheinlichen Reaktion von Männern in dem dargestellten Dilemma wiedergibt. Der Mensch Ludwig wird für mein Empfinden recht einfach in seinem Denken, Bewerten und Sprechen, also recht holzschnittartig präsentiert. Wie gesagt, ein anderer Film könnte das anders inszenieren und es ist interessant zu sehen, wie das Team, das diesen Film realisiert hat, seine Sicht der Möglichkeiten von Realität in Szene setzt. Die Hoffnung bleibt, dass das nicht das letzte Wort ist, zu dem die ARD inszenatorisch in der Lage ist.

Meine Bewertung: Zwiespältig