Menschenhandel vs. Migration
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- Admina
- Beiträge: 7426
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- Wohnort: Frankfurt a. Main Hessen
- Ich bin: Keine Angabe
Zu mindestens wird in diesem Artikel klar und deutlich die Intention der CDU ausgesprochen, das es denen in erster Linie darum geht, die Prostitution einzudämmern.
Und denen nichts daran liegt, Opfer von Menschenhandel mehr Rechte zu geben. Damit entlarven sie sich selbst, das die Ideologie der Menschenhandels benutzt wird um die Prostitution zu bekämpfen.
Das macht mich so wütend.
Liebe Grüße, Fraences
Und denen nichts daran liegt, Opfer von Menschenhandel mehr Rechte zu geben. Damit entlarven sie sich selbst, das die Ideologie der Menschenhandels benutzt wird um die Prostitution zu bekämpfen.
Das macht mich so wütend.
Liebe Grüße, Fraences
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
*****
Fakten und Infos über Prostitution
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Fakten und Infos über Prostitution
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- Silberstern
- Beiträge: 444
- Registriert: 17.02.2013, 12:50
- Ich bin: SexarbeiterIn

Ich war auch etwas überrascht über so viel Offenheit in der 'Welt'. Aber es ist gut, die Intention des politischen Gegners zu kennen und sie sich auch stets bewusst zu machen. Das Thema Menschenhandel wird schließlich immer und immer wieder zur Repression der Sexarbeit in die Debatte gebracht werden, denn es ist letztlich die einzige den Konservativen noch verbliebene "Argumentations"linie. Leider ist diese ziemlich mächtig, weil sie sich hervorragend eignet, die Debatte zu emotionalisieren und eine sachliche Argumentation im Keim zu ersticken. Nach wie vor kommen die ja sogar hervorragend mit der Behauptung durch, der "Menschenhandel" habe seit Abschaffung der Sittenwidrigkeit dramatisch zugenommen, obwohl das durch keine mir bekannte Empirie gestützt wird - im Gegegenteil (siehe z.B. @Marc of Frankfurts http://www.bit.ly/bkazahlen).fraences hat geschrieben:Zu mindestens wird in diesem Artikel klar und deutlich die Intention der CDU ausgesprochen, das es denen in erster Linie darum geht, die Prostitution einzudämmern.
Und denen nichts daran liegt, Opfer von Menschenhandel mehr Rechte zu geben. Damit entlarven sie sich selbst, das die Ideologie der Menschenhandels benutzt wird um die Prostitution zu bekämpfen.
Das macht mich so wütend.
Liebe Grüße, Fraences
Dass wir die eigentliche Intention in einem Artikel der Springer-Presse schwarz auf weiß stehen haben ist gut, das ist etwas, das man den Demagogen nächstes Mal entgegen halten kann. Und eine Debatte über Intentionen kann uns sowieso nur recht sein: Schließlich sind wir diejenigen, die Sachlichkeit, Freiheit, Menschlichkeit und die in jeder Hinsicht bessere Strategie gegen Ausbeutung und Missbrauch im Umfeld der Prostitution im Programm haben und nicht die, die ihre Prüderie, ihren Hass, ihre kleingeistige Rückständigkeit und ihr idealistisch-totalitäres Weltbild trotz medialer Hegemonie nur mühsam verbergen können.
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- SW Analyst
- Beiträge: 14095
- Registriert: 01.08.2006, 14:30
- Ich bin: Keine Angabe
EU Menschenhandel-Studie
"Menschenhandel habe zugenommen" titeln viele Konzern-Medien,
aber geht es mal wieder nur um Prostitutionseindämmung oder reine Stimmungsmache ???
Eine Schnell-Anal-yse des heutigen Berichtes der EU-Kommission zu Menschenhandel und Sicherheit
"It is difficult to imagine that in our free and democratic EU countries tens of thousands of human beings can be deprived of their liberty and exploited, traded as commodities for profit. But this is the sad truth and trafficking in human beings is all around us, closer than we think. I am very disappointed to see that, despite these alarming trends, only a few countries have implemented the anti-trafficking legislation and I urge those who have not yet done so to respect their obligations"
Präsentiert von Anna Cecilia Malmström (* 1968)
EU Commissioner for Home Affairs
(Directorates-General HOME / Generaldirektion Inneres ec.europa.eu/home-affairs)
Prostitutionsgegnerin
Schwedische Politikwissenschaftlerin (Uni Paris, Göteborg) und Politikerin der Liberalen Volkspartei (Folkpartiet liberalerna). Sie war von 1999 bis 2006 Abgeordnete im Europaparlament und von 2006 bis 2010 schwedische Europaministerin in der Regierung Reinfeldt.
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/malmstrom/
EU Anti-Trafficking Hauptseite
http://ec.europa.eu/anti-trafficking/
18. Oktober - EU Anti-Menschenhandels-Tag
So berichten die Massenmedien
23.623 Opfer von Menschenhandel in der EU in 3 Jahren 2008-2010 [= 7.874 Opfer pro Jahr].
68% Frauen
12% Mädchen (Altersgrenze 18 Jahre?!)
17% Männer
_3% Jungen
66% zur Prostitution gezwungen (2 von 3) Da wird wohl "illegal" mit "gezwungen" verwechselt?!
61% kamen aus EU (Rumänien, Bulgarien)
gefolgt von Afrika und Südamerika (Nicht-EU "Drittstaaten").
2008: ___ 2010:
6.309 auf 9.528 um 18% gestiegen Zahl der Opfer von Menschenhandel.
1.534 auf 1.339 um 13% gesunken: Zahl der verurteilten Menschenhändler.
__155 auf __131 um 15% gesunken: Zahl der verurteilten Menschenhänder in Deutschland. Aber nur
____5 von ___27 Mitgliedsländern (19%) haben bisher die EU-Richtlinie vollständig umgesetzt.
"Es ist schwer vorstellbar, dass in unseren freien und demokratischen EU-Ländern Zehntausenden Menschen die Freiheit entzogen wird, dass sie gehandelt werden wie Waren", sagte Malmström.
www.tagesschau.de/inland/menschenhandel116.html mit video link zu einem alarmistischen, veralteten Beitrag 10.01.2013
www.sueddeutsche.de/politik/eu-studie-m ... -1.1648648
www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/ ... ichtlinien
www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_ ... eilte.html
alle aus dem Zitier-Kartell zitieren die konservative Zeitung "Welt am Sonntag", die meist gegen Prostitution wettert.
10.000 Menschenhandelsopfer auf 500 Million Einwohner = Menschenhandel Inzidenz 20 ppm = 2% je 100.000.
Vergleiche Inzidenzen (= Anzahl neuer Fälle) bei typischen Geschlechtskrankheiten (STI):
www.sexworker.at/phpBB2/download.php?id=1137 (Chart Lübeck Studie)
Table 1: Number of identified and presumed victims
2010 (S. 35 pdf; 31 print):
0,8 Opfer je 100.000 Einwohner - Deutschland
0,8 Opfer je 100.000 Einwohner - Schweden (ansteigender Trend)
Diese Info an alle diejenigen, die behaupten mit einem Prostitutionsverbot wie in Schweden gebe es weniger Menschenhandel [Holger Rettig].

Die EU verortet den Ausbeutungsschwerpunkt bei Prostitution (62%).
Die ILO bei Arbeitsausbeutung (68%):

Quelle
Die EU ordnet die Form der Ausbeutung dem Geschlecht zu (weiblich-sexuell, männlich-arbeit).
Sexuelle Ausbeutung bei Männern 3-7%. Der Arbeitskreis der Stricherprojekte AKSD wird vmtl. diese geringe Quote nicht für gerechtfertigt halten.
Die meisten Menschenhändler aus folgenden Ländern:
Nigeria 107 (5%), Brasil 94, China 92, Turkey 49 ...
25% oder 1/4 der Menschenhändler sind weiblich (Siehe die Prozesse um die Madams aus Nigeria und die angeblich Voodoo-verzauberten Opfer).
Die Zahlen spiegeln zu einem erheblichen Teil lediglich die Erhebungsmethoden bzw. politisch-moralische Einschätzung wieder. Das was ein Forscher glaubt, findet er oft auch.
Deutlich sichtbar wird die Perspektiv-Verschiebung m.E. bei folgenden Zahlen
Form of Exploitation:
sex labour
85% 11% - suspects (Täter einseitig als Menschenhändler/Zuhälter konzeptioniert?!)
70% 20% - prosecuted
65% 25% - victims
Während die Opfer laut EU-Statistik nur zu 3/4 sexuell ausgebeutet werden, sind die Täter zu 9/10 dem Bereich der sexuellen Ausbeutung zugeordnet. Die Organisatoren im Bereich Arbeitsausbeutung scheinen sich besser tarnen zu können (Wirtschaftskriminalität i.A. schwerer nachzuweisen vgl. Fälle Amazon oder die von Günter Wallraff aufgedeckten) bzw. sind eben nicht so im Fokus der Strafverfolgungsbehörden, weil sie nicht dem medialen Sex&Crime-Feindbild Zuhälter/Menschenhändler entsprechen.
Gerade einmal 1.178 Opfer (12% oder 1/8 aller Opfer in 2010) haben eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.
No residence permit plus no work permit = criminalisation !!!
Kein Mensch ist illegal !!!
Pressemeldung 15 April 2013:
Trafficking in human beings: more victims in the EU but Member states are slow to respond
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-322_en.htm
EU states slow to respond to trafficking
http://ec.europa.eu/commission_2010-201 ... 415_en.htm
EU Gesetz gegen Menschenhandel:
Anti-trafficking directive 2011/36/EU
5. April 2011
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 011:EN:PDF
11 Seiten hochkomplexer juristischer Text.
Kompliziert insbesondere deshalb, weil die EU Staaten eine unterschiedliche Position zur Sexarbeit/Prostitution haben.
Der Begriff Sex Work kommt auch garnicht vor. Somit scheint der Schutz der Sexworker vor Ausbeutung nicht im Interesse der EU zu stehen?!
Gibt es einen Juristen, der das Dokument mal anal-ysieren und für uns bewerten kann?
Englische Broschüre:
Rechte für Opfer
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e- ... 899cc746/c_
Auf Seite 27 eine Liste von 17 relevanten EU-Gesetzen und 1 Urteil (Rantsev v. Cyprus)
Studie der EU-Kommission 15.4.2013:
"Trafficking in Human Beings"
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/wh ... ort_en.pdf
Infographik:
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e- ... thb_en.pdf
Eye candy for the masses.
[hr]
Press Release 10 April 2013:
Internal security: What progress has been made?
Organised crime is still a major challenge for the internal security of the EU. Cybercrime, along with trafficking in human beings and the increase in violent extremism are also major security threats that the EU continues to face, together with money laundering and corruption. These threats are outlined in the Commission's annual report on the implementation of the EU's Internal Security Strategy, released today.
... Aber dann wird da nur noch erwähnt:
combat illicit trafficking in firearms also Waffenhandel
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-317_en.htm
Report 10.4.2013:
Second Report on the implementation of the EU Internal Security Strategy
(Communication from the Commission to the European Parliament and the Council)
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e- ... 179_en.pdf
Aus dem Report der EU Kommission zur Sicherheit vom 10.4.2013:
In diesem älteren Report selbst finden sich keine Zahlen, wohl aber Strategieaussagen!
The EU Strategy towards the Eradication of Trafficking in Human Beings 2012-2016 (vorher: Directive 2011/36/EU),
adopted in June 2012
Letztlich geht es um die Bekämpfung organisierter Kriminalität d.h. fremder Machtgruppen (Feindbild Machozuhälter, Rocker, Menschenhändler...) und weniger um Opferschutz oder Sicherung der Freiheitsrechte für soloselbständige Sexworker und Migrant_innen vermute ich mal; siehe Einordnung und Wortgebrauch anhand des angehängten Diagramms.
EU Anti-Trafficking Coordinator Myria Vassiliadou http://ec.europa.eu/anti-trafficking/ sie ist eine ausgewiesene Prostitutionsgegnerin wie hier im Forum mehrfach nachgewiesen.
The Operational Action Plan on Trafficking of Human Beings, co-led by the United Kingdom and the Netherlands... is 1 of 8 priority areas in the EU Policy Cycle on serious and organised crime.
- take action, as set out in the EU Strategies, to address trafficking in human beings and drugs
- implement Operational Action Plans within the policy cycle on: trafficking in human beings, mobile organised crime groups, smuggling of commodities in container form, synthetic drugs, drugs routes originating from West Africa, and crime originating from the Western Balkans [p.6]
Global Alliance against Child Sexual Abuse Online. 48 countries. By uniting countries...expected to result in more child victims being identified and rescued, more effective prosecution of perpetrators... [p.10] D.h. die Sicherheits-Industrie wird so lange die Zahl der Überwachungen und Razzien hochfahren, bis sie entweder die gewünschte Zahl Opfer haben um ihre Ideologie vom angeblich überbordenden Menschenhandel rechtfertigen zu können, oder bis die Kosten ad absurdum gesteigert wurden und dann politisch verweigert werden.
Die einzige Angabe zu Opferzahlen findet sich zu Kinderpornographie aber bleibt sehr wage und ohne Quellenangabe: Investigations into online fraud, child abuse and other crimes regularly involve hundreds of victims at a time, and suspects in many different parts of the world. [p.16]
Inzwischen glaube ich, dass das Thema "Menschenhandel" so häufig erwähnt wird, weil es verwendet wird um die Kontrolle und Gegenwehr zum Waffen- und Drogenhandel zu puschen, weil der Menschenhandel das emotional stärker motivierende/anrührende Thema ist!!!
Europol had facilitated the exchange of over 200 000 operational messages and almost 12 000 cases had been initiated, by the end of the third quarter of 2012. [Information] increased by as much as 60% in the area of trafficking in human beings. Das zeigt aber nur dass die Europa-Polizei höchst sensibilisiert ist.
Cepol (Europäische Polizeiakademie (EPA), auch CEPOL für Collège Européen de Police) provided training to almost 6 000 participants in more than 100 different training activities.
Joint Investigation Teams (JITs). 87 different JITs based on 252 funding applications received. Most JITs focus on drugs and human trafficking.
ITRAP (Illicit Trafficking Radiation Assessment Programme) for the detection and identification of nuclear and radioactive materials. Also gegen Waffenhandel und Atom-Proliferation.
Commission encouraged Frontex and Europol ... allowing the transfer from Frontex to Europol of personal data related to cross-border criminal activities facilitating irregular migration or human trafficking. Hier geht es um Migrationskontrolle und die richtet sich dann gegen Sexworker-Migrant_innen. [p. 12]
Siehe auch:
Kriminalstatistiken: www.bit.ly/bkazahlen
Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschriften www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=10727
ProstG: www.sexworker.at/prostg
EU Politik & Sexwork: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1508
EU Sex Work Report 2013
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=129053#129053
www.sexworker.at/sexworkeurope.pdf
www.bit.ly/sexworkregimentation
Wichtige Kritiken 
http://feministire.wordpress.com/2013/0 ... an-beings/
und von Dona Carmen und anderen so wie der EU-Ministerin selbst weiter unten...
aber geht es mal wieder nur um Prostitutionseindämmung oder reine Stimmungsmache ???
Eine Schnell-Anal-yse des heutigen Berichtes der EU-Kommission zu Menschenhandel und Sicherheit
"It is difficult to imagine that in our free and democratic EU countries tens of thousands of human beings can be deprived of their liberty and exploited, traded as commodities for profit. But this is the sad truth and trafficking in human beings is all around us, closer than we think. I am very disappointed to see that, despite these alarming trends, only a few countries have implemented the anti-trafficking legislation and I urge those who have not yet done so to respect their obligations"
Präsentiert von Anna Cecilia Malmström (* 1968)
EU Commissioner for Home Affairs
(Directorates-General HOME / Generaldirektion Inneres ec.europa.eu/home-affairs)
Prostitutionsgegnerin
Schwedische Politikwissenschaftlerin (Uni Paris, Göteborg) und Politikerin der Liberalen Volkspartei (Folkpartiet liberalerna). Sie war von 1999 bis 2006 Abgeordnete im Europaparlament und von 2006 bis 2010 schwedische Europaministerin in der Regierung Reinfeldt.
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/malmstrom/
EU Anti-Trafficking Hauptseite
http://ec.europa.eu/anti-trafficking/
18. Oktober - EU Anti-Menschenhandels-Tag
So berichten die Massenmedien
23.623 Opfer von Menschenhandel in der EU in 3 Jahren 2008-2010 [= 7.874 Opfer pro Jahr].
68% Frauen
12% Mädchen (Altersgrenze 18 Jahre?!)
17% Männer
_3% Jungen
66% zur Prostitution gezwungen (2 von 3) Da wird wohl "illegal" mit "gezwungen" verwechselt?!
61% kamen aus EU (Rumänien, Bulgarien)
gefolgt von Afrika und Südamerika (Nicht-EU "Drittstaaten").
2008: ___ 2010:
6.309 auf 9.528 um 18% gestiegen Zahl der Opfer von Menschenhandel.
1.534 auf 1.339 um 13% gesunken: Zahl der verurteilten Menschenhändler.
__155 auf __131 um 15% gesunken: Zahl der verurteilten Menschenhänder in Deutschland. Aber nur
____5 von ___27 Mitgliedsländern (19%) haben bisher die EU-Richtlinie vollständig umgesetzt.
"Es ist schwer vorstellbar, dass in unseren freien und demokratischen EU-Ländern Zehntausenden Menschen die Freiheit entzogen wird, dass sie gehandelt werden wie Waren", sagte Malmström.
www.tagesschau.de/inland/menschenhandel116.html mit video link zu einem alarmistischen, veralteten Beitrag 10.01.2013
www.sueddeutsche.de/politik/eu-studie-m ... -1.1648648
www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/ ... ichtlinien
www.welt.de/newsticker/dpa_nt/infoline_ ... eilte.html
alle aus dem Zitier-Kartell zitieren die konservative Zeitung "Welt am Sonntag", die meist gegen Prostitution wettert.
10.000 Menschenhandelsopfer auf 500 Million Einwohner = Menschenhandel Inzidenz 20 ppm = 2% je 100.000.
Vergleiche Inzidenzen (= Anzahl neuer Fälle) bei typischen Geschlechtskrankheiten (STI):
www.sexworker.at/phpBB2/download.php?id=1137 (Chart Lübeck Studie)
Table 1: Number of identified and presumed victims
2010 (S. 35 pdf; 31 print):
0,8 Opfer je 100.000 Einwohner - Deutschland
0,8 Opfer je 100.000 Einwohner - Schweden (ansteigender Trend)
Diese Info an alle diejenigen, die behaupten mit einem Prostitutionsverbot wie in Schweden gebe es weniger Menschenhandel [Holger Rettig].

Die EU verortet den Ausbeutungsschwerpunkt bei Prostitution (62%).
Die ILO bei Arbeitsausbeutung (68%):

Quelle
Die EU ordnet die Form der Ausbeutung dem Geschlecht zu (weiblich-sexuell, männlich-arbeit).
Sexuelle Ausbeutung bei Männern 3-7%. Der Arbeitskreis der Stricherprojekte AKSD wird vmtl. diese geringe Quote nicht für gerechtfertigt halten.
Die meisten Menschenhändler aus folgenden Ländern:
Nigeria 107 (5%), Brasil 94, China 92, Turkey 49 ...
25% oder 1/4 der Menschenhändler sind weiblich (Siehe die Prozesse um die Madams aus Nigeria und die angeblich Voodoo-verzauberten Opfer).
Die Zahlen spiegeln zu einem erheblichen Teil lediglich die Erhebungsmethoden bzw. politisch-moralische Einschätzung wieder. Das was ein Forscher glaubt, findet er oft auch.
Deutlich sichtbar wird die Perspektiv-Verschiebung m.E. bei folgenden Zahlen
Form of Exploitation:
sex labour
85% 11% - suspects (Täter einseitig als Menschenhändler/Zuhälter konzeptioniert?!)
70% 20% - prosecuted
65% 25% - victims
Während die Opfer laut EU-Statistik nur zu 3/4 sexuell ausgebeutet werden, sind die Täter zu 9/10 dem Bereich der sexuellen Ausbeutung zugeordnet. Die Organisatoren im Bereich Arbeitsausbeutung scheinen sich besser tarnen zu können (Wirtschaftskriminalität i.A. schwerer nachzuweisen vgl. Fälle Amazon oder die von Günter Wallraff aufgedeckten) bzw. sind eben nicht so im Fokus der Strafverfolgungsbehörden, weil sie nicht dem medialen Sex&Crime-Feindbild Zuhälter/Menschenhändler entsprechen.
Gerade einmal 1.178 Opfer (12% oder 1/8 aller Opfer in 2010) haben eine Aufenthaltserlaubnis bekommen.
No residence permit plus no work permit = criminalisation !!!
Kein Mensch ist illegal !!!
Pressemeldung 15 April 2013:
Trafficking in human beings: more victims in the EU but Member states are slow to respond
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-322_en.htm
EU states slow to respond to trafficking
http://ec.europa.eu/commission_2010-201 ... 415_en.htm
EU Gesetz gegen Menschenhandel:
Anti-trafficking directive 2011/36/EU
5. April 2011
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/Lex ... 011:EN:PDF
11 Seiten hochkomplexer juristischer Text.
Kompliziert insbesondere deshalb, weil die EU Staaten eine unterschiedliche Position zur Sexarbeit/Prostitution haben.
Der Begriff Sex Work kommt auch garnicht vor. Somit scheint der Schutz der Sexworker vor Ausbeutung nicht im Interesse der EU zu stehen?!
Gibt es einen Juristen, der das Dokument mal anal-ysieren und für uns bewerten kann?
Englische Broschüre:
Rechte für Opfer
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e- ... 899cc746/c_
Auf Seite 27 eine Liste von 17 relevanten EU-Gesetzen und 1 Urteil (Rantsev v. Cyprus)
Studie der EU-Kommission 15.4.2013:
"Trafficking in Human Beings"
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/wh ... ort_en.pdf
Infographik:
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e- ... thb_en.pdf
Eye candy for the masses.
[hr]
Press Release 10 April 2013:
Internal security: What progress has been made?
Organised crime is still a major challenge for the internal security of the EU. Cybercrime, along with trafficking in human beings and the increase in violent extremism are also major security threats that the EU continues to face, together with money laundering and corruption. These threats are outlined in the Commission's annual report on the implementation of the EU's Internal Security Strategy, released today.
... Aber dann wird da nur noch erwähnt:
combat illicit trafficking in firearms also Waffenhandel
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-317_en.htm
Report 10.4.2013:
Second Report on the implementation of the EU Internal Security Strategy
(Communication from the Commission to the European Parliament and the Council)
http://ec.europa.eu/dgs/home-affairs/e- ... 179_en.pdf
Aus dem Report der EU Kommission zur Sicherheit vom 10.4.2013:
In diesem älteren Report selbst finden sich keine Zahlen, wohl aber Strategieaussagen!
The EU Strategy towards the Eradication of Trafficking in Human Beings 2012-2016 (vorher: Directive 2011/36/EU),
adopted in June 2012
Letztlich geht es um die Bekämpfung organisierter Kriminalität d.h. fremder Machtgruppen (Feindbild Machozuhälter, Rocker, Menschenhändler...) und weniger um Opferschutz oder Sicherung der Freiheitsrechte für soloselbständige Sexworker und Migrant_innen vermute ich mal; siehe Einordnung und Wortgebrauch anhand des angehängten Diagramms.
EU Anti-Trafficking Coordinator Myria Vassiliadou http://ec.europa.eu/anti-trafficking/ sie ist eine ausgewiesene Prostitutionsgegnerin wie hier im Forum mehrfach nachgewiesen.
The Operational Action Plan on Trafficking of Human Beings, co-led by the United Kingdom and the Netherlands... is 1 of 8 priority areas in the EU Policy Cycle on serious and organised crime.
- take action, as set out in the EU Strategies, to address trafficking in human beings and drugs
- implement Operational Action Plans within the policy cycle on: trafficking in human beings, mobile organised crime groups, smuggling of commodities in container form, synthetic drugs, drugs routes originating from West Africa, and crime originating from the Western Balkans [p.6]
Global Alliance against Child Sexual Abuse Online. 48 countries. By uniting countries...expected to result in more child victims being identified and rescued, more effective prosecution of perpetrators... [p.10] D.h. die Sicherheits-Industrie wird so lange die Zahl der Überwachungen und Razzien hochfahren, bis sie entweder die gewünschte Zahl Opfer haben um ihre Ideologie vom angeblich überbordenden Menschenhandel rechtfertigen zu können, oder bis die Kosten ad absurdum gesteigert wurden und dann politisch verweigert werden.
Die einzige Angabe zu Opferzahlen findet sich zu Kinderpornographie aber bleibt sehr wage und ohne Quellenangabe: Investigations into online fraud, child abuse and other crimes regularly involve hundreds of victims at a time, and suspects in many different parts of the world. [p.16]
Inzwischen glaube ich, dass das Thema "Menschenhandel" so häufig erwähnt wird, weil es verwendet wird um die Kontrolle und Gegenwehr zum Waffen- und Drogenhandel zu puschen, weil der Menschenhandel das emotional stärker motivierende/anrührende Thema ist!!!
Europol had facilitated the exchange of over 200 000 operational messages and almost 12 000 cases had been initiated, by the end of the third quarter of 2012. [Information] increased by as much as 60% in the area of trafficking in human beings. Das zeigt aber nur dass die Europa-Polizei höchst sensibilisiert ist.
Cepol (Europäische Polizeiakademie (EPA), auch CEPOL für Collège Européen de Police) provided training to almost 6 000 participants in more than 100 different training activities.
Joint Investigation Teams (JITs). 87 different JITs based on 252 funding applications received. Most JITs focus on drugs and human trafficking.
ITRAP (Illicit Trafficking Radiation Assessment Programme) for the detection and identification of nuclear and radioactive materials. Also gegen Waffenhandel und Atom-Proliferation.
Commission encouraged Frontex and Europol ... allowing the transfer from Frontex to Europol of personal data related to cross-border criminal activities facilitating irregular migration or human trafficking. Hier geht es um Migrationskontrolle und die richtet sich dann gegen Sexworker-Migrant_innen. [p. 12]
Siehe auch:
Kriminalstatistiken: www.bit.ly/bkazahlen
Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschriften www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=10727
ProstG: www.sexworker.at/prostg
EU Politik & Sexwork: www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=1508
EU Sex Work Report 2013
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=129053#129053
www.sexworker.at/sexworkeurope.pdf
www.bit.ly/sexworkregimentation


http://feministire.wordpress.com/2013/0 ... an-beings/
und von Dona Carmen und anderen so wie der EU-Ministerin selbst weiter unten...
- Dateianhänge
Zuletzt geändert von Marc of Frankfurt am 11.11.2013, 11:21, insgesamt 5-mal geändert.
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RE: Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschrifte
Pressemitteilung von Dona Carmen
„Menschenhandel“ als Vorwand:
EU-Kommissarin Malmström spielt falsch!
Unter der Leitlinie „Immer mehr Opfer – immer weniger Verurteilte“ bei ‚Menschenhandel‘ versucht EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wieder einmal Stimmung zu machen gegen Migration und Prostitution.
Der scheinbar skandalöse Zustand „Mehr Opfer – weniger Verurteilte“ bei dem Delikt ‚Menschenhandel‘ trifft auf Deutschland nachweislich nicht zu: Laut dem vom BKA herausgegebenen „Lagebild Menschenhandel“ sank die Zahl der mutmaßlichen Opfer dieses Delikts im Zeitraum 2008 bis 2010 in Deutschland von 676 auf 610, d.h. um 9,8%. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sank die Zahl sogar von 704 auf 621 mutmaßliche Opfer (-83 oder -11,8%). Die Zahl der verurteilten Täter ist bei ‚Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung‘ von 138 auf 115, d.h. um 23 oder 16,7% gesunken. Ein Blick auf die absoluten Zahlen verdeutlicht, dass zu einer Dramatisierung keine Veranlassung besteht.
Malmströms Zahlenakrobatik verschweigt auch, dass die bundesdeutsche Opfer-Statistik zudem künstlich aufgebläht ist, weil mittlerweile rund 40 % der so genannten „Opfer“ nur deshalb als solche angesehen werden, weil sie zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, ohne dass Zwang und Gewalt vorliegen muss (siehe § 232 StGB).
Der von Malmström offenbar beabsichtigte Eindruck, die Bundesregierung würde zu lasch gegenüber ‚Menschenhandel‘ vorgehen, ist auch vor dem Hintergrund der von Doña Carmen e.V. geführten Razzien-Statistik nicht aufrechtzuerhalten: 2008 wurden bei Großrazzien im Prostitutionsgewerbe mindestens 253 Objekte durchsucht und rund 2.300 Personen kontrolliert. 2010 hingegen wurden 746 Objekte kontrolliert und dabei über 5.300 Personen kontrolliert. Hinzu kommt, dass bei Routinekontrollen im Prostitutionsgewerbe jährlich zusätzlich noch einem etwa 40.000 Personen überprüft werden.
Malmströms maßlose Kritik insbesondere an Deutschland ist daher aus der Luft gegriffen und dient vor allem der Stigmatisierung von Sexarbeit als Zwangsverhältnis sowie der Durchsetzung eines schärferen Strafrechts.
Der Verdacht liegt nahe, dass Frau Malmström ihren Job als EU-Innenkommissarin dazu missbraucht, um die deutsche Prostitutionspolitik und die Prostitutionspolitik anderer europäischer Länder mit „schwedischen Verhältnissen“ zu beglücken.
Dafür besteht kein Bedarf!
--
DONA CARMEN E.V.
Elbestr. 41
60329 Frankfurt/Main
Tel: 069-76752880
Fax: 069-76750882
www.donacarmen.de
SPENDENKONTO
Dona Carmen e.V.
Frankfurter Sparkasse
Konto: 466 166
BLZ: 500 502 01
„Menschenhandel“ als Vorwand:
EU-Kommissarin Malmström spielt falsch!
Unter der Leitlinie „Immer mehr Opfer – immer weniger Verurteilte“ bei ‚Menschenhandel‘ versucht EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wieder einmal Stimmung zu machen gegen Migration und Prostitution.
Der scheinbar skandalöse Zustand „Mehr Opfer – weniger Verurteilte“ bei dem Delikt ‚Menschenhandel‘ trifft auf Deutschland nachweislich nicht zu: Laut dem vom BKA herausgegebenen „Lagebild Menschenhandel“ sank die Zahl der mutmaßlichen Opfer dieses Delikts im Zeitraum 2008 bis 2010 in Deutschland von 676 auf 610, d.h. um 9,8%. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sank die Zahl sogar von 704 auf 621 mutmaßliche Opfer (-83 oder -11,8%). Die Zahl der verurteilten Täter ist bei ‚Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung‘ von 138 auf 115, d.h. um 23 oder 16,7% gesunken. Ein Blick auf die absoluten Zahlen verdeutlicht, dass zu einer Dramatisierung keine Veranlassung besteht.
Malmströms Zahlenakrobatik verschweigt auch, dass die bundesdeutsche Opfer-Statistik zudem künstlich aufgebläht ist, weil mittlerweile rund 40 % der so genannten „Opfer“ nur deshalb als solche angesehen werden, weil sie zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, ohne dass Zwang und Gewalt vorliegen muss (siehe § 232 StGB).
Der von Malmström offenbar beabsichtigte Eindruck, die Bundesregierung würde zu lasch gegenüber ‚Menschenhandel‘ vorgehen, ist auch vor dem Hintergrund der von Doña Carmen e.V. geführten Razzien-Statistik nicht aufrechtzuerhalten: 2008 wurden bei Großrazzien im Prostitutionsgewerbe mindestens 253 Objekte durchsucht und rund 2.300 Personen kontrolliert. 2010 hingegen wurden 746 Objekte kontrolliert und dabei über 5.300 Personen kontrolliert. Hinzu kommt, dass bei Routinekontrollen im Prostitutionsgewerbe jährlich zusätzlich noch einem etwa 40.000 Personen überprüft werden.
Malmströms maßlose Kritik insbesondere an Deutschland ist daher aus der Luft gegriffen und dient vor allem der Stigmatisierung von Sexarbeit als Zwangsverhältnis sowie der Durchsetzung eines schärferen Strafrechts.
Der Verdacht liegt nahe, dass Frau Malmström ihren Job als EU-Innenkommissarin dazu missbraucht, um die deutsche Prostitutionspolitik und die Prostitutionspolitik anderer europäischer Länder mit „schwedischen Verhältnissen“ zu beglücken.
Dafür besteht kein Bedarf!
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Fakten und Infos über Prostitution
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RE: Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschrifte
EU-Studie zu Menschenhandel
Prostitution und Zwangsarbeit steigen sprunghaft an
Sonntag, 14.04.2013, 11:00
EU - EU-Studie zu Menschenhandel: Mehr Opfer, weniger Verurteilte
Vergrößern
Die EU-Länder schaffen es nicht, die organisierte Kriminalität einzudämmen: Die Zahl der Menschen, die als Prostituierte oder Zwangsarbeiter ausgebeutet werden, ist in den vergangenen Jahren in der EU sprunghaft angestiegen. Auch Deutschland muss sich harte Kritik gefallen lassen.
Das Ergebnis der ersten umfassenden Studie der EU zum Thema Menschenhandel ist schockierend: Immer mehr Menschen werden als Prostituierte und Zwangsarbeiter ausgebeutet. Das berichtet die „Welt am Sonntag“, der die Studie vorliegt. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wird den Bericht am Montag in Brüssel vorstellen. Demnach ist die offizielle Zahl der Opfer von Menschenhandel zwischen 2008 und 2010 um 18 Prozent gestiegen: von 6309 auf 9528 im Jahr.
Die Zahl der verurteilten Menschenhändler ist laut „WamS“ dagegen in den Berichtsjahren um 13 Prozent gesunken, von 1534 im Jahr 2008 auf 1339 im Jahr 2010. In Deutschland seien die Verurteilungen sogar um 15 Prozent zurückgegangen, von 155 auf 131.
„Ich bin sehr enttäuscht zu sehen, dass trotz der alarmierenden Tendenzen nur wenige Länder die neue EU-Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt haben“, sagte Malmström im „WamS“-Interview. Ihre Kritik richtet sich auch gegen Deutschland. Denn die Bundesregierung habe es bisher nicht geschafft, die Vorgaben aus Brüssel gesetzlich zu verankern, weil sich Union und FDP nicht auf ein schärferes Strafrecht einigen konnten.
70 Prozent der Opfer sind Frauen und Mädchen
Ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der Sonntagszeitung, das Ministerium habe bereits vor Monaten einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser führe zu einer „Ausdehnung der Menschenhandelsstrafbarkeit“, wie es die Richtlinie vorsehe. Das CSU-geführte Innenministerium will bei diesem Thema strengere Regeln im Strafrecht einführen, nach Angaben der „WamS“ hat es allerdings noch keinen eigenen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt.
Die EU-Richtlinie soll helfen, Menschenhandel effektiver zu bekämpfen und die Rechte der Opfer zu stärken. Bisher haben erst fünf von 27 Mitgliedsländern sie vollständig umgesetzt. „Es ist schwer vorstellbar, dass in unseren freien und demokratischen EU-Ländern Zehntausenden Menschen die Freiheit entzogen wird, dass sie gehandelt werden wie Waren”, sagte EU-Kommissarin Malmström. „Doch das ist die traurige Wahrheit: Menschenhandel ist überall um uns herum, näher als wir denken.” Sie forderte die säumigen Staaten auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Laut EU-Studie wurden von 2008 bis 2010 in der EU 23 623 Opfer von Menschenhandel offiziell registriert. 68 Prozent waren Frauen, zwölf Prozent Mädchen, 17 Prozent Männer und drei Prozent Jungen. Zwei von drei Betroffenen wurden zur Prostitution gezwungen (68 Prozent). Andere wurden als Arbeitskräfte ausgebeutet, zu Straftaten gezwungen oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen. Die meisten Opfer (61 Prozent) kamen aus EU-Ländern, vor allem aus Rumänien und Bulgarien, gefolgt von Afrika und Südamerika. Die EU-Kommission geht davon aus, dass diese Zahlen „nur die Spitze des Eisbergs” sind.
stra/dpa
http://www.focus.de/politik/ausland/eu- ... 60034.html
Kasharius grüßt
Prostitution und Zwangsarbeit steigen sprunghaft an
Sonntag, 14.04.2013, 11:00
EU - EU-Studie zu Menschenhandel: Mehr Opfer, weniger Verurteilte
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Die EU-Länder schaffen es nicht, die organisierte Kriminalität einzudämmen: Die Zahl der Menschen, die als Prostituierte oder Zwangsarbeiter ausgebeutet werden, ist in den vergangenen Jahren in der EU sprunghaft angestiegen. Auch Deutschland muss sich harte Kritik gefallen lassen.
Das Ergebnis der ersten umfassenden Studie der EU zum Thema Menschenhandel ist schockierend: Immer mehr Menschen werden als Prostituierte und Zwangsarbeiter ausgebeutet. Das berichtet die „Welt am Sonntag“, der die Studie vorliegt. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wird den Bericht am Montag in Brüssel vorstellen. Demnach ist die offizielle Zahl der Opfer von Menschenhandel zwischen 2008 und 2010 um 18 Prozent gestiegen: von 6309 auf 9528 im Jahr.
Die Zahl der verurteilten Menschenhändler ist laut „WamS“ dagegen in den Berichtsjahren um 13 Prozent gesunken, von 1534 im Jahr 2008 auf 1339 im Jahr 2010. In Deutschland seien die Verurteilungen sogar um 15 Prozent zurückgegangen, von 155 auf 131.
„Ich bin sehr enttäuscht zu sehen, dass trotz der alarmierenden Tendenzen nur wenige Länder die neue EU-Richtlinie gegen Menschenhandel umgesetzt haben“, sagte Malmström im „WamS“-Interview. Ihre Kritik richtet sich auch gegen Deutschland. Denn die Bundesregierung habe es bisher nicht geschafft, die Vorgaben aus Brüssel gesetzlich zu verankern, weil sich Union und FDP nicht auf ein schärferes Strafrecht einigen konnten.
70 Prozent der Opfer sind Frauen und Mädchen
Ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der Sonntagszeitung, das Ministerium habe bereits vor Monaten einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser führe zu einer „Ausdehnung der Menschenhandelsstrafbarkeit“, wie es die Richtlinie vorsehe. Das CSU-geführte Innenministerium will bei diesem Thema strengere Regeln im Strafrecht einführen, nach Angaben der „WamS“ hat es allerdings noch keinen eigenen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt.
Die EU-Richtlinie soll helfen, Menschenhandel effektiver zu bekämpfen und die Rechte der Opfer zu stärken. Bisher haben erst fünf von 27 Mitgliedsländern sie vollständig umgesetzt. „Es ist schwer vorstellbar, dass in unseren freien und demokratischen EU-Ländern Zehntausenden Menschen die Freiheit entzogen wird, dass sie gehandelt werden wie Waren”, sagte EU-Kommissarin Malmström. „Doch das ist die traurige Wahrheit: Menschenhandel ist überall um uns herum, näher als wir denken.” Sie forderte die säumigen Staaten auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Laut EU-Studie wurden von 2008 bis 2010 in der EU 23 623 Opfer von Menschenhandel offiziell registriert. 68 Prozent waren Frauen, zwölf Prozent Mädchen, 17 Prozent Männer und drei Prozent Jungen. Zwei von drei Betroffenen wurden zur Prostitution gezwungen (68 Prozent). Andere wurden als Arbeitskräfte ausgebeutet, zu Straftaten gezwungen oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen. Die meisten Opfer (61 Prozent) kamen aus EU-Ländern, vor allem aus Rumänien und Bulgarien, gefolgt von Afrika und Südamerika. Die EU-Kommission geht davon aus, dass diese Zahlen „nur die Spitze des Eisbergs” sind.
stra/dpa
http://www.focus.de/politik/ausland/eu- ... 60034.html
Kasharius grüßt

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EU Studie Menschenhandel

Links und Infos zur EU Studie
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?p=130887#130887
( www.sexworker.at/menschenhandel )
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- Silberstern
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RE: Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschrifte
Pressemitteilung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 15.04.2013
Steinbach: Prostitutionsgesetz ändern - Opfer erkennbar machen
Berlin (ots) - Das Ergebnis der ersten umfassenden Studie der Europäischen Union belegt, dass die Zahl der Zwangsprostituierten und Zwangsarbeiter in den Jahren 2008 bis 2010 dramatisch gewachsen ist. Dazu erklärt die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erika Steinbach:
"Um eine sinnvolle Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels zu erreichen, bedarf es dringend der Regulierung der Prostitution in unserem Land. Sie ist eine notwendige Voraussetzung, um die Opfer schützen zu können, denn sie müssen erkennbar werden. Einige bereits bestehende Straftatbestände lediglich zu erweitern, wie vom Bundesministerium der Justiz vorgeschlagen, genügt bei Weitem nicht.
Auf den dringend bestehenden Handlungsbedarf, das 2002 durch die damalige rot-grüne Regierung beschlossene Prostitutionsgesetz ändern zu müssen, weist die CDU/CSU-Fraktion seit langer Zeit hin. Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung haben in den zehn Jahren des Bestehens des Prostitutionsgesetzes erschreckend zugenommen. Durch die Legalisierung der Prostitution in Deutschland hat die transnational organisierte Kriminalität ihren Markt für Menschenhandel und Zwangsprostitution enorm ausgedehnt.
Bei Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung wie auch bei Zwangsprostitution handelt es sich um sogenannte Kontrolldelikte. Ohne Anzeige werden Fälle dieser schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen nur durch staatlichen Eingriff aufgedeckt. Ohne rechtliche Handhabe der Ordnungs- und Polizeibehörden ist eine Kontrolle der Prostitutionsstätten jedoch nicht möglich.
Allein die offizielle Zahl der Opfer von Menschenhandel ist innerhalb der Europäischen Union in nur zwei Jahren, von 2008 bis 2010, um 18 Prozent gestiegen, belegt die jüngst veröffentlichte umfassende Studie der EU. Das Dunkelfeld ist weit größer, auch und gerade in Deutschland. Die Zahl verurteilter Menschenhändler dagegen ist gesunken.
Das bestehende Prostitutionsgesetz schützt nicht die betroffenen Frauen, sondern Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber. Deutschland ist eines der Hauptzielländer in Europa. Dieser Zustand ist unhaltbar.
Auch die Bestrafung der Freier muss mit einbezogen werden. Mädchen und junge Frauen, die gezwungen werden, sich zu prostituieren, sind für ihre Freier erkennbar. Diese menschenverachtende Situation ist für einen Rechtsstaat wie Deutschland beschämend. Dessen sind wir uns bewusst und wären sofort bereit, die gesetzlichen Grundlagen zu verändern."
http://www.presseportal.de/pm/7846/2450 ... bar-machen
Steinbach: Prostitutionsgesetz ändern - Opfer erkennbar machen
Berlin (ots) - Das Ergebnis der ersten umfassenden Studie der Europäischen Union belegt, dass die Zahl der Zwangsprostituierten und Zwangsarbeiter in den Jahren 2008 bis 2010 dramatisch gewachsen ist. Dazu erklärt die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erika Steinbach:
"Um eine sinnvolle Umsetzung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels zu erreichen, bedarf es dringend der Regulierung der Prostitution in unserem Land. Sie ist eine notwendige Voraussetzung, um die Opfer schützen zu können, denn sie müssen erkennbar werden. Einige bereits bestehende Straftatbestände lediglich zu erweitern, wie vom Bundesministerium der Justiz vorgeschlagen, genügt bei Weitem nicht.
Auf den dringend bestehenden Handlungsbedarf, das 2002 durch die damalige rot-grüne Regierung beschlossene Prostitutionsgesetz ändern zu müssen, weist die CDU/CSU-Fraktion seit langer Zeit hin. Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung haben in den zehn Jahren des Bestehens des Prostitutionsgesetzes erschreckend zugenommen. Durch die Legalisierung der Prostitution in Deutschland hat die transnational organisierte Kriminalität ihren Markt für Menschenhandel und Zwangsprostitution enorm ausgedehnt.
Bei Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung wie auch bei Zwangsprostitution handelt es sich um sogenannte Kontrolldelikte. Ohne Anzeige werden Fälle dieser schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen nur durch staatlichen Eingriff aufgedeckt. Ohne rechtliche Handhabe der Ordnungs- und Polizeibehörden ist eine Kontrolle der Prostitutionsstätten jedoch nicht möglich.
Allein die offizielle Zahl der Opfer von Menschenhandel ist innerhalb der Europäischen Union in nur zwei Jahren, von 2008 bis 2010, um 18 Prozent gestiegen, belegt die jüngst veröffentlichte umfassende Studie der EU. Das Dunkelfeld ist weit größer, auch und gerade in Deutschland. Die Zahl verurteilter Menschenhändler dagegen ist gesunken.
Das bestehende Prostitutionsgesetz schützt nicht die betroffenen Frauen, sondern Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber. Deutschland ist eines der Hauptzielländer in Europa. Dieser Zustand ist unhaltbar.
Auch die Bestrafung der Freier muss mit einbezogen werden. Mädchen und junge Frauen, die gezwungen werden, sich zu prostituieren, sind für ihre Freier erkennbar. Diese menschenverachtende Situation ist für einen Rechtsstaat wie Deutschland beschämend. Dessen sind wir uns bewusst und wären sofort bereit, die gesetzlichen Grundlagen zu verändern."
http://www.presseportal.de/pm/7846/2450 ... bar-machen
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Kann ich nur schreiben: bewusste Irreführung. Soll mir mal Frau Steinbach erklären, wie ich Frauen erkennen kann, die zur Prostitution gezwungen werden. Und ich kenne sehr viele Frauen aus der Ukraine, Rumänien, Bulgarien. Ich kenne aus der Zeit, als RO noch nicht EU-Mitglied war, zwei damals 18jährige Frauen, die wegen echten italienischen Pässen (die Pässe waren echt, die Personenangaben passten aber nicht zu ihnen) 5 Monate in U-Haft sassen ("Urkundenfälschung"), zu 1,5 Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt und abgeschoben wurden. 7 Monate später, nach Eintritt RO in die EU, waren sie wieder da.
Ich habe junge Frauen erlebt, die versucht haben, durch Sexarbeit Geld zu verdienen - und nach 2 Wochen mit dem Bus in ihre Heimat zurückfuhren weil sie mit der Tätigkeit nicht klar kamen. Ist das "Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung"?
Und das sind nicht die von GegnerInnen gern zitierte Einzelfälle.
Ich hatte mit Heike Hänsel, MdB der Partie Die Linken - ein Gespräch - sie meinte, es würde wohl einige selbstbestimmte SexarbeiterInnen geben, aber in Berlin würde die Zwangsprostitution überwiegen. Quellen konnte sie mir allerdings keine nennen. Es ist ja auch einfacher, über Menschenrechtsverletzungen in arabischen Ländern zu berichten - ich habe von den tatsächlichen Zuständen dort keine Ahnung, meine Meinung dazu bildet sich aus Medienberichten und persönlichen Erzählungen. Meine Frage, warum niemand aus der Politik mit betroffenen SexarbeiterInnen den Dialog sucht wurde damit begründet,dass niemand an die Opfer herankäme und die Aussagen von freien SexarbeiterInnen wären in diesem Zusammenhang ja nicht zutreffend.
Ich habe junge Frauen erlebt, die versucht haben, durch Sexarbeit Geld zu verdienen - und nach 2 Wochen mit dem Bus in ihre Heimat zurückfuhren weil sie mit der Tätigkeit nicht klar kamen. Ist das "Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung"?
Und das sind nicht die von GegnerInnen gern zitierte Einzelfälle.
Ich hatte mit Heike Hänsel, MdB der Partie Die Linken - ein Gespräch - sie meinte, es würde wohl einige selbstbestimmte SexarbeiterInnen geben, aber in Berlin würde die Zwangsprostitution überwiegen. Quellen konnte sie mir allerdings keine nennen. Es ist ja auch einfacher, über Menschenrechtsverletzungen in arabischen Ländern zu berichten - ich habe von den tatsächlichen Zuständen dort keine Ahnung, meine Meinung dazu bildet sich aus Medienberichten und persönlichen Erzählungen. Meine Frage, warum niemand aus der Politik mit betroffenen SexarbeiterInnen den Dialog sucht wurde damit begründet,dass niemand an die Opfer herankäme und die Aussagen von freien SexarbeiterInnen wären in diesem Zusammenhang ja nicht zutreffend.
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Ja und hier liegt genau das Problem. Ohne wirksamen Opferschutz kann überhaupt nichts erreicht werden. Dazu gehört auch, dass in diesen Fällen ein Schutz vor Abschiebung greifen muss.ehemaliger_User hat geschrieben: Meine Frage, warum niemand aus der Politik mit betroffenen SexarbeiterInnen den Dialog sucht wurde damit begründet,dass niemand an die Opfer herankäme und die Aussagen von freien SexarbeiterInnen wären in diesem Zusammenhang ja nicht zutreffend.
Aber nein, dass sog. "Asylrecht" wird gerade so verschärft, dass wegen Kleinigkeiten inhaftiert und abgeschoben werden kann.
Gruß Jupiter
Wenn du fühlst, dass in deinem Herzen etwas fehlt, dann kannst du, auch wenn du im Luxus lebst, nicht glücklich sein.
(Tenzin Gyatso, 14. Dalai Lama)
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RE: Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschrifte
Menschenhandel: Brüssels Rüge, Berlins Versprechen
EU-Kommissarin ermahnt untätige Mitgliedsstaaten. Justizministerium kündigt "schnellstmögliche" Lösung an
Derzeit befinde sich ein Entwurf des Justizministeriums in der internen Abstimmung. Es gehe nun um technische Details in der Ressortabstimmung, sagt ein Sprecher von Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger der "Welt". Das Kabinett solle schnellstmöglich mit dem Thema befasst werden.
www.welt.de/print/die_welt/politik/arti ... echen.html
EU-Kommissarin ermahnt untätige Mitgliedsstaaten. Justizministerium kündigt "schnellstmögliche" Lösung an
Derzeit befinde sich ein Entwurf des Justizministeriums in der internen Abstimmung. Es gehe nun um technische Details in der Ressortabstimmung, sagt ein Sprecher von Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger der "Welt". Das Kabinett solle schnellstmöglich mit dem Thema befasst werden.
www.welt.de/print/die_welt/politik/arti ... echen.html
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Mit des § 46 Nr. 3 AuslG sind Ausländer/ innen allein wegen „Gewerbsunzucht" (Prostitution, Betteln etc) von Ausweisung bedroht. Diesen Ausweisungsgrund fortbestehen zu lassen, würde die rechtliche Diskriminierung von ausländischen Prostituierten aufrechterhalten. Da die meiste verschleppte Opfer gerade in diese Katagorie fallen, gehört diese Absatz nun endlich gestrichen.
Das sagt schon lange der Internationale TIP (trafficking in persons) Report und wiederholte es auch 2012, also nichts mit 2009 Data, es gibt aktuelle über Europa und Deutschland.
Gerade das macht mich Wahnsinnig. Zudem kommen die meisten Verurteilten Menschenhändeler mit eine Bewährungsstrafe davon, auch das steht das in die Zahlen.
Das sagt schon lange der Internationale TIP (trafficking in persons) Report und wiederholte es auch 2012, also nichts mit 2009 Data, es gibt aktuelle über Europa und Deutschland.
Gerade das macht mich Wahnsinnig. Zudem kommen die meisten Verurteilten Menschenhändeler mit eine Bewährungsstrafe davon, auch das steht das in die Zahlen.
Prostitution policy is plagued by bad numbers. Bad numbers and wild estimates. If there are millions of trafficking victims who counted them and where are they?
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RE: Menschenhandel: Bundesregierung patzt bei EU-Vorschrifte
@bettyhoop, wie recht du hast. Es sind viele "kleine" Punkte, welche als Ausweisungs- Abschiebegrund herhalten.
Natürlich wirst du niemand zu einer Aussage bewegen können, bei der die Familie in der Heimat von der Organisation massiv unter Druck gesetzt werden kann. Oft sind es aber Frauen, wo die direkten Familienangehörigen vom Hintergrund des zeitweisen Broterwerbs hier wissen und die sich aus Unkenntnis der hiesigen Regelungen von einer Organisation für diese Zeit hierher bringen lassen.
Ich persönlich bin der Ansicht, dass in diesen Fällen es abwegig ist, von Menschenhandel zu sprechen, da die Frau sich freiwillig der Organisation anvertraut. Leider wird aber in der offiziellen Statistik alles in den Topf Menschenhandel/Prostitution geworfen.
Da kann man wohl zurecht den sog. "dicken Hals" bekommen
Gruß Jupiter
Natürlich wirst du niemand zu einer Aussage bewegen können, bei der die Familie in der Heimat von der Organisation massiv unter Druck gesetzt werden kann. Oft sind es aber Frauen, wo die direkten Familienangehörigen vom Hintergrund des zeitweisen Broterwerbs hier wissen und die sich aus Unkenntnis der hiesigen Regelungen von einer Organisation für diese Zeit hierher bringen lassen.
Ich persönlich bin der Ansicht, dass in diesen Fällen es abwegig ist, von Menschenhandel zu sprechen, da die Frau sich freiwillig der Organisation anvertraut. Leider wird aber in der offiziellen Statistik alles in den Topf Menschenhandel/Prostitution geworfen.
Da kann man wohl zurecht den sog. "dicken Hals" bekommen
Gruß Jupiter
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Ein gut geschmiert-finanzierter Kampf gegen Prostitution
Die Anti-Menschenhandels-Doktrin wird von den USA jährlich mit Millionen-Summen unterstützt insbesondere vom Außenministerium.
Jetzt gibt es erstmals eine Datenbank, wo man nachschauen kann, welche fundamentalistisch religiöse und Sexwork-feindliche Gruppe welche Förderungen erhält

www.bit.ly/anti-trafficking-funds
.
Jetzt gibt es erstmals eine Datenbank, wo man nachschauen kann, welche fundamentalistisch religiöse und Sexwork-feindliche Gruppe welche Förderungen erhält

www.bit.ly/anti-trafficking-funds
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- SW Analyst
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Funding Map der "Rettungs-Industrie"
Graphische Übersicht über alle Fördertöpfe von 82,5 Millionen US$ gegen Menschenhandel weltweit
Es wird gesteuert und verteilt von der US-Regierung (2012)

Interaktives Diagramm www.bit.ly/10hgDea
Viele NGOs sind religiöse Gruppen die Gemeinden gründen (Church planting).
Viele NGOs kämpfen fundamentalistisch gegen Prostitution (Prohibition von Sexarbeit) und benutzen ihrer Arbeit gegen Menschenhandel als Werkzeug.
Die Zahlen für Menschenhandelsopfer sind vielfach nur übertriebene Schätzungen. Bei 541 bestätigten Opfern aus dem Ausland in den USA [foreign certified victims in 2010; published UN'ODC GloTIP 2012, page 48 unodc.org/documents/data-and-analysis/glotip/Country_Profiles_Americas.pdf] entspricht das 48.000 $ je Opfer.
2012 waren es sogar nur 347 Opfer, denen aber 250 Fallmanager gegenüber standen (victim case mangers). Dennoch gibt keine Langzeithilfe (NO LONG TERM SERVICES www.policeProstitutionandPolitics.com ).
Die TIP Gelder (trafficking in persons) gehen aber nicht direkt an die Betroffenen und Opfer, so wie auch die Gesetze nicht primär für die Sexworker-Migranten-Opfer sind, sondern das Geld fließt an die "Rettungs- und Helfer-Industrie". Das sind 450.000 $ je NGO in den USA (58) oder 350.000 $ weltweit (228).
(Zum Vergleich der SW-Beratungskontainer in Duisburg kostet 160.000 EUR/Jahr. Eine vollzeit Beratungsstellen Sozialarbeitsstelle kostet: 84.500 Euro/Jahr brutto.)
Wenn eine qualifizierte Arbeitsstelle 100.000 $/Jahr kostet, entspricht das 825 Festangestellen im Kampf gegen Menschenhandel. Wenn 20.000 $/Jahr zum Leben ausreichen, entspräche es 4.000 Personen, die auf der Gehaltsliste der US-Regierung stehen für den weltweiten Kampf gegen Menschenhandel, der im wesentlichen vom Außenministerium finanziert wird und in weiten Bereichen ein Kampf gegen Prostitution und Sexarbeiter_innen ist ("war against whores").
www.bit.ly/anti-trafficking-funds
Sexworker wollen nicht gerettet werden - Wir fordern Rechte !!!
.
Es wird gesteuert und verteilt von der US-Regierung (2012)

Interaktives Diagramm www.bit.ly/10hgDea
Viele NGOs sind religiöse Gruppen die Gemeinden gründen (Church planting).
Viele NGOs kämpfen fundamentalistisch gegen Prostitution (Prohibition von Sexarbeit) und benutzen ihrer Arbeit gegen Menschenhandel als Werkzeug.
Die Zahlen für Menschenhandelsopfer sind vielfach nur übertriebene Schätzungen. Bei 541 bestätigten Opfern aus dem Ausland in den USA [foreign certified victims in 2010; published UN'ODC GloTIP 2012, page 48 unodc.org/documents/data-and-analysis/glotip/Country_Profiles_Americas.pdf] entspricht das 48.000 $ je Opfer.
2012 waren es sogar nur 347 Opfer, denen aber 250 Fallmanager gegenüber standen (victim case mangers). Dennoch gibt keine Langzeithilfe (NO LONG TERM SERVICES www.policeProstitutionandPolitics.com ).
Die TIP Gelder (trafficking in persons) gehen aber nicht direkt an die Betroffenen und Opfer, so wie auch die Gesetze nicht primär für die Sexworker-Migranten-Opfer sind, sondern das Geld fließt an die "Rettungs- und Helfer-Industrie". Das sind 450.000 $ je NGO in den USA (58) oder 350.000 $ weltweit (228).
(Zum Vergleich der SW-Beratungskontainer in Duisburg kostet 160.000 EUR/Jahr. Eine vollzeit Beratungsstellen Sozialarbeitsstelle kostet: 84.500 Euro/Jahr brutto.)
Wenn eine qualifizierte Arbeitsstelle 100.000 $/Jahr kostet, entspricht das 825 Festangestellen im Kampf gegen Menschenhandel. Wenn 20.000 $/Jahr zum Leben ausreichen, entspräche es 4.000 Personen, die auf der Gehaltsliste der US-Regierung stehen für den weltweiten Kampf gegen Menschenhandel, der im wesentlichen vom Außenministerium finanziert wird und in weiten Bereichen ein Kampf gegen Prostitution und Sexarbeiter_innen ist ("war against whores").
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Zum Bericht der EU-Kommission Menschenhandel
Pressemitteilung – „Menschenhandel“ als Vorwand:
EU-Kommissarin Malmström spielt falsch!
Unter der Leitlinie „Immer mehr Opfer – immer weniger Verurteilte“ bei ‚Menschen-handel‘ versucht EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wieder einmal Stimmung zu machen gegen Migration und Prostitution.
Der scheinbar skandalöse Zustand „Mehr Opfer – weniger Verurteilte“ bei dem Delikt ‚Menschenhandel‘ trifft auf Deutschland nachweislich nicht zu:
- Laut dem vom BKA herausgegebenen „Lagebild Menschenhandel“ sank die Zahl der mutmaßlichen Opfer dieses Delikts im Zeitraum 2008 bis 2010 in Deutschland von 676 auf 610, d.h. um 9,8%.
- Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sank die Zahl sogar von 704 auf 621 mutmaßliche Opfer (-83 oder -11,8%).
Die Zahl der verurteilten Täter ist bei ‚Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung‘ von 138 auf 115, d.h. um 23 oder 16,7% gesunken.
Ein Blick auf die absoluten Zahlen verdeutlicht, dass zu einer Dramatisierung keine Veranlassung besteht.
Malmströms Zahlenakrobatik verschweigt auch, dass die bundesdeutsche Opfer-Statistik zudem künstlich aufgebläht ist, weil mittlerweile rund 40 % der so genannten „Opfer“ nur deshalb als solche angesehen werden, weil sie zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, ohne dass Zwang und Gewalt vorliegen muss (siehe § 232 StGB).
Der von Malmström offenbar beabsichtigte Eindruck, die Bundesregierung würde zu lasch gegenüber ‚Menschenhandel‘ vorgehen, ist auch vor dem Hintergrund der von Doña Carmen e.V. geführten Razzien-Statistik nicht aufrechtzuerhalten:
- 2008 wurden bei Großrazzien im Prostitutionsgewerbe mindestens 253 Objekte durchsucht und rund 2.300 Personen kontrolliert.
- 2010 hingegen wurden 746 Objekte kontrolliert und dabei über 5.300 Personen kontrolliert.
Hinzu kommt, dass bei Routinekontrollen im Prostitutionsgewerbe jährlich zusätzlich noch mal etwa 40.000 Personen überprüft werden.
Malmströms maßlose Kritik insbesondere an Deutschland ist daher aus der Luft gegriffen und dient vor allem der Stigmatisierung von Sexarbeit als Zwangsverhältnis sowie der Durchsetzung eines schärferen Strafrechts.
Der Verdacht liegt nahe, dass Frau Malmström ihren Job als EU-Innenkommissarin dazu missbraucht, um die deutsche Prostitutionspolitik und die Prostitutionspolitik anderer europäischer Länder mit „schwedischen Verhältnissen“ zu beglücken.
Dafür besteht kein Bedarf!
www.donacarmen.de/?p=37
EU-Kommissarin Malmström spielt falsch!
Unter der Leitlinie „Immer mehr Opfer – immer weniger Verurteilte“ bei ‚Menschen-handel‘ versucht EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wieder einmal Stimmung zu machen gegen Migration und Prostitution.
Der scheinbar skandalöse Zustand „Mehr Opfer – weniger Verurteilte“ bei dem Delikt ‚Menschenhandel‘ trifft auf Deutschland nachweislich nicht zu:
- Laut dem vom BKA herausgegebenen „Lagebild Menschenhandel“ sank die Zahl der mutmaßlichen Opfer dieses Delikts im Zeitraum 2008 bis 2010 in Deutschland von 676 auf 610, d.h. um 9,8%.
- Laut Polizeilicher Kriminalstatistik sank die Zahl sogar von 704 auf 621 mutmaßliche Opfer (-83 oder -11,8%).
Die Zahl der verurteilten Täter ist bei ‚Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung‘ von 138 auf 115, d.h. um 23 oder 16,7% gesunken.
Ein Blick auf die absoluten Zahlen verdeutlicht, dass zu einer Dramatisierung keine Veranlassung besteht.
Malmströms Zahlenakrobatik verschweigt auch, dass die bundesdeutsche Opfer-Statistik zudem künstlich aufgebläht ist, weil mittlerweile rund 40 % der so genannten „Opfer“ nur deshalb als solche angesehen werden, weil sie zwischen 18 und 21 Jahre alt sind, ohne dass Zwang und Gewalt vorliegen muss (siehe § 232 StGB).
Der von Malmström offenbar beabsichtigte Eindruck, die Bundesregierung würde zu lasch gegenüber ‚Menschenhandel‘ vorgehen, ist auch vor dem Hintergrund der von Doña Carmen e.V. geführten Razzien-Statistik nicht aufrechtzuerhalten:
- 2008 wurden bei Großrazzien im Prostitutionsgewerbe mindestens 253 Objekte durchsucht und rund 2.300 Personen kontrolliert.
- 2010 hingegen wurden 746 Objekte kontrolliert und dabei über 5.300 Personen kontrolliert.
Hinzu kommt, dass bei Routinekontrollen im Prostitutionsgewerbe jährlich zusätzlich noch mal etwa 40.000 Personen überprüft werden.
Malmströms maßlose Kritik insbesondere an Deutschland ist daher aus der Luft gegriffen und dient vor allem der Stigmatisierung von Sexarbeit als Zwangsverhältnis sowie der Durchsetzung eines schärferen Strafrechts.
Der Verdacht liegt nahe, dass Frau Malmström ihren Job als EU-Innenkommissarin dazu missbraucht, um die deutsche Prostitutionspolitik und die Prostitutionspolitik anderer europäischer Länder mit „schwedischen Verhältnissen“ zu beglücken.
Dafür besteht kein Bedarf!
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Zum Bericht der EU-Kommission Menschenhandel
Menschenhandel: “Prostitution steigt sprunghaft an” –
Beschwerde an den Deutschen Presserat
In vielen Artikeln über den EU-Bericht über Menschenhandel, der am 15. April 2013 vorgestellt wurde, wird in der Überschrift eine Zunahme der Prostitution in Europa suggeriert.
Das ist falsch:
Erstens ist das kein Ergebnis dieser Studie und
zweitens gibt es keine Zahlen zur quantitativen Entwicklung von Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind.
...
An keiner Stelle werden Angaben über das Ausmaß der Prostitution in Europa oder konkrete Zahlen über die Anzahl der in Europa tätigen Sexarbeiter_innen benannt.
...
Insbesondere für Deutschland gilt, dass Prostitution (ProstG) und
Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (StGB §232)
sehr unterschiedliche Sachverhalte und Handlungen darstellen.
...
Die Überschrift “Menschenhandel und Prostitution nehmen zu” ist [falsch und verfälschend] analog zu
... ”Sex und Vergewaltigungen nehmen zu” ...
Pressekodex verletzt:
Ziffer 2: Sorgfalt
“…Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden….”
In den Artikeln selber ist nicht die Rede ist von einer Zunahme der Prostitution sondern nur noch von einer Zunahme des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung oder der “Ausbeutung von Prostituierten”. Das deutet darauf hin, dass sich die Autorinnen und Redaktionen sehr wohl über den Unterschied bewusst sind. Dennoch lautet der Inhalt der Überschrift anders und deutet auf eine Zunahme der Prostitution im Allgemeinen hin.
...
Pressekodex verletzt:
Ziffer 1: Wahrhaftigkeit und Wahrung der Menschenwürde
“Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.”
Es entspricht nicht der Wahrheit, dass dieser Bericht einen Anstieg der Prostitution in Europa feststellt.
Was er darstellt, ist eine Zunahme des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung.
Zwei Informationen sind falsch:
1. Dass Prostitution zunimmt und
2. Dass diese Information aus dem EU Bericht hervorgeht.
...
Liste der falschen Zeitungsartikel
Stern
Die Welt
Focus online
N-TV
Süddeutsche
...
Formular / Musterbrief für eine Beschwerde
http://menschenhandelheute.files.wordpr ... tution.doc
Beschwerdeformular Presserat
http://www.presserat.info/inhalt/beschw ... mular.html
Email
beschwerde@presserat.de
http://menschenhandelheute.net/2013/04/ ... presserat/
__
Freiwillige Standards der Medien bezüglich Sexarbeit:
www.sexworker.at/phpBB2/viewtopic.php?t=8666&start=6
Beschwerde an den Deutschen Presserat
In vielen Artikeln über den EU-Bericht über Menschenhandel, der am 15. April 2013 vorgestellt wurde, wird in der Überschrift eine Zunahme der Prostitution in Europa suggeriert.
Das ist falsch:
Erstens ist das kein Ergebnis dieser Studie und
zweitens gibt es keine Zahlen zur quantitativen Entwicklung von Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind.
...
An keiner Stelle werden Angaben über das Ausmaß der Prostitution in Europa oder konkrete Zahlen über die Anzahl der in Europa tätigen Sexarbeiter_innen benannt.
...
Insbesondere für Deutschland gilt, dass Prostitution (ProstG) und
Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (StGB §232)
sehr unterschiedliche Sachverhalte und Handlungen darstellen.
...
Die Überschrift “Menschenhandel und Prostitution nehmen zu” ist [falsch und verfälschend] analog zu
... ”Sex und Vergewaltigungen nehmen zu” ...
Pressekodex verletzt:
Ziffer 2: Sorgfalt
“…Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden….”
In den Artikeln selber ist nicht die Rede ist von einer Zunahme der Prostitution sondern nur noch von einer Zunahme des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung oder der “Ausbeutung von Prostituierten”. Das deutet darauf hin, dass sich die Autorinnen und Redaktionen sehr wohl über den Unterschied bewusst sind. Dennoch lautet der Inhalt der Überschrift anders und deutet auf eine Zunahme der Prostitution im Allgemeinen hin.
...
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Ziffer 1: Wahrhaftigkeit und Wahrung der Menschenwürde
“Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.”
Es entspricht nicht der Wahrheit, dass dieser Bericht einen Anstieg der Prostitution in Europa feststellt.
Was er darstellt, ist eine Zunahme des Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung.
Zwei Informationen sind falsch:
1. Dass Prostitution zunimmt und
2. Dass diese Information aus dem EU Bericht hervorgeht.
...
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Twitter-Direktkontakt zur EU-Spitze !!!
EU Innen-Kommissarin widerspricht der verzerrten Darstellung Bundesdeutscher Konzernmedien
EU Home Affairs Commissioner Cecilia Malmström denies EU report indicated an increase in prostitution, as was reported by German media

Ein Paradebeispiel investigativen Bloger-Journalismus. Per neuer Medien im Direktkontakt mit der EU-Administration. Vielen Dank an Sonja für die großartige Leistung.
Ein phantastisches Beispiel zur Leistungsfähigkeit von Twitter für Grassroot-Gegenaufklärung...
___
Twitter Kanal vom Sexworker Forum
https://twitter.com/SEXWORKER_AT
EU Home Affairs Commissioner Cecilia Malmström denies EU report indicated an increase in prostitution, as was reported by German media

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Sexworker Forschung
Neuseeland
NZPC - New Zealand Prostitutes Collective has now completed the study on migrant workers.
This study strongly indicates that participating migrant sex workers have entered New Zealand of their own volition and are generally happy in their work and workplaces.
Furthermore, examination and comparison of anonymised clinical data indicates that migrant workers have low levels of infection, and commentary obtained from participating Health Professionals, provides a strong indication of adherence to safer sex practices while working.
Occupational Health and Safety of Migrant Sex Workers in New Zealand
72 pages
www.nzpc.org.nz/images/Migrant_Workers.pdf
.
NZPC - New Zealand Prostitutes Collective has now completed the study on migrant workers.
This study strongly indicates that participating migrant sex workers have entered New Zealand of their own volition and are generally happy in their work and workplaces.
Furthermore, examination and comparison of anonymised clinical data indicates that migrant workers have low levels of infection, and commentary obtained from participating Health Professionals, provides a strong indication of adherence to safer sex practices while working.
Occupational Health and Safety of Migrant Sex Workers in New Zealand
72 pages
www.nzpc.org.nz/images/Migrant_Workers.pdf
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Analyse des EU-Berichts über Menschenhandel
Eine interessante Analyse: http://feministire.wordpress.com/2013/0 ... an-beings/
Mitglied der Confédération Nationale du Travail
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RE: Aktueller Spiegel
„Bordell Deutschland“ – Journalismus auf Lücke
von Sonia Dolinsek .
Wie lückenhafter Journalismus dazu beiträgt, dass in Deutschland eine sachlich fundierte Auseindersatzung zum Thema „Menschenhandel“ ausbleibt.
Diese Woche erschien die Ausgabe DER SPIEGEL 22/2013 ("Bordell Deutschland"). Obwohl der deutsche Verteidigungsminister De Mazière gerade um seinen Job bangt, ob des Eurohawk- Skandals , wartet der Spiegel mit einem Titelblatt auf, das man eher von der BILD erwarten würde, nebst einer sachlich mehr als fragwürdigen Überschrift, die den Staat der Förderung des Menschenhandels bezichtigt.. Die Kritik am Staat wäre angesichts der über 600 Millionen Euro an verschwendeten Steuergeldern an anderer Stelle weitaus passender gewesen.
Vorab möchte ich Ihnen einen Kommentar der im Spiegel interviewten Berliner Sexarbeiterin Carmen, sowie die Stellungnahme der Prostituiertenorganisation Dona Carmen e.V (Frankfurt) empfehlen.
Das angeblich gescheiterte Prostitutionsgesetz (ProstG) und der Menschenhandel
Seit 1927 ist Prostitution in Deutschland legal. (Die NS-Zeit bedarf hierbei einer gesonderten Untersuchung). Bordelle gab es auch schon vor 2000 zu Genüge, was historische Strichführer belegen. Daher stellt die Legalität der Prostitution keine Besonderheit der Ära nach 2002 dar. Auch Steuern müssen Prostituierten in Deutschland schon seit 1964 zahlen, und so ist es nur gerecht, dass sie sich nun seit 2002 auch kranken-, sozial- und rentenversichern dürfen.
Der Staat, schreiben die Autor_innen, gerate in eine “merkwürdige Lage”, weil z.B. in Bonn Sexarbeiter_innen am Straßenstrich Steuern zahlen müssten, noch bevor sie etwas einnähmen. Merkwürdig sei dies, weil damit die Prostitution gefördert würde. Weniger merkwürdig scheinen die Autor_innen es finden, Prostituierte zu besteuern, wie es über 30 jahre lang getan wurde, ohne im Gegenzug sozialstaatliche Gegenleistungen zu erbringen, oder jemanden überhaupt zu besteuern, bevor Einkünfte erziehlt wurden. Wie wohl Investmentbanker auf so einen Vorschlag reagieren würden – Besteuerung vor Gewinn? Die Autor_innen moralisieren, kommen aber zu keinem richtigen Schluss, denn sie fordern z.B. nicht einmal die Abschaffung der Besteuerung der Prostituierten. Wollen sie das vielleicht gar nicht? Die Tatsache, dass nicht viele Prostituierte die Möglichkeiten des ProstG in Anspruch nehmen, bedeutet mitnichten, so wie an vielen Stellen behauptet wird, dass das Gesetz schlecht ist. Die Professorin Rebeacca Pates der Universität Leipzig schrieb kürzlich im Artikel “Liberal Laws juxtaposed with rigid control: an analysis of the logics of governing sex work in Germany” (2012), dass viele der Bundesländer, darunter insbesondere Bayern und Sachsen, alles getan hätten, um die Umsetzung des Prostitutionsgesetzes zu vermeiden bzw. unmöglich zu machen. Auf die gleichen Ergebnisse kam der erste Bericht der Bundesregierung über das ProstG aus dem Jahre 2007, ein Fazit, das die Autor_innen, die den Bericht erwähnen, „übersehen“ haben müssen.
Anstatt das Prostitutionsgesetz zu kritisieren, wäre es hilfreicher, es – auf Länderebene – genau zu untersuchen und sich zu fragen, warum die Umsetzung des Prostitutionsgesetzes in bestimmten Ländern besonders schlecht funktioniert. Pates vermutet, dass es z.B. aus moralischen Gründen unterbunden werden soll. .
“The ProstG might in fact have the distinction of being the only federal law intentionally not implemented by Germany’s public administration (von Galen, personal communication).” (S. 214)
„Das ProstG mag die Besonderheit haben, dass es das einzige bundesstaatliche Gesetz ist, das absichtlich nicht von der Verwaltung umgesetzt wird. (van Galen, persönliches Gespräch)“ (S.214)
Zuhälter
Wo der Artikel das Thema Zuhälter behandelt, drängt sich die Frage auf, ob die Autor_innen mit Beate Merk von der CSU telefoniert haben oder ihre Pressemitteilung schlicht abgeschrieben haben, und, falls dem so sei, warum sie dann die Quelle nicht nennen. Andererseits hat dieses Prinzip der Forschung ja ein bekannter CSU-Politiker vorgemacht… nicht mal sagen). Die Ähnlichkeit ist frappierend: die Abschaffung des Tatbestandes der “Förderung der Prostitution” sei daran schuld, dass man jetzt nichts mehr gegen Menschenhandel und Zuhälterei tun könne. Dass es jedoch weiterhin ein Gesetz gegen Zuhälterei und eines gegen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung gibt, halten die Autor_innen offenbar nicht für erwähnenswert. Schließlich klingt es so, als wollten sie das alte Gesetz wieder einführen – jenes nämlich, für das Beate Merk sich auch einsetzt.
Die Autor_innen biegen die rechtliche Definition von Zuhälterei zurecht, um für alte, verstaubte Gesetze plädieren zu können. Das Gesetz aber definiert ganz eindeutig, dass ein Zuhälter ist, wer:
“seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben” (§181a StGB)
Ein bisschen Geschichtsunterricht (und Rechercheunterricht)
Die Autor_innen schreiben kritisieren die Abschaffung der “Förderung der Prostitution” als Tatbestand. Im Jahr 2000 seien noch 151 Zuhälter verurteilt worden, 2011 waren es nur noch 32. Aus unerfindlichen Gründen scheint es sich für die Autor_innen dabei um keinen Trend zu handeln.
Die Antworten einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung aus dem Jahre 1997 zeigt zweierlei: erstens war die Zahl der Opfer von Menschenhandel damals dreimal so hoch wie heute, und zweitens war die Zahl der verurteilten Zuhälter genauso hoch.
“Nach der vom Bundeskriminalamt erstellten Polizeilichen Kriminalstatistik sind 1995 919 und 1996 1.094 Fälle des Menschenhandels (Verstöße gegen § 180 b Abs. 1, § 190 b Abs. 2 Nr. 1, § 181 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Strafgesetzbuch) bekannt geworden. Die Zahl der Opfer hat sich von 1.196 im Jahr 1995 (davon 1 158 weiblich) auf 1.473 im Jahr 1996 (davon 1.445 weiblich) erhöht.
Nach den Angaben in der Strafverfolgungsstatistik wurden im Jahre 1995 12 Personen wegen § 180 b Abs. 1 Strafgesetzbuch (Menschenhandel, Einwirken zwecks Prostitutionsausübung oder zwecks Vornahme sexueller Handlungen), 27 Personen wegen § 180 b Abs. 2 Strafgesetzbuch (Menschenhandel, Einwirken zwecks Prostitutionsausübung in Kenntnis auslandsspezifischer Hilflosigkeit oder auf eine Person unter 21 Jahren) und 81 Personen wegen § 181 Strafgesetzbuch (schwerer Menschenhandel) verurteilt.” (Antwort auf eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, 1997)
Dass der Menschenhandel in Deutschland nicht zunimmt sondern abnimmt, bestätigt auch die Auskunft der Bundesregierung vom März 2013: 2011 waren in Deutschland 640 Personen Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Selbst wenn man mit den potentiell höheren Dunkelziffern argumentiert, würden man für damals eine höhere Anzahl annehmen müssen als für heute.
Somit ist auch die These von Axel Dreher et al., die im Artikel erwähnt wird und die auf diesem Blog und andernorts schon vor einiger Zeit widerlegt wurde, hinfällig. Die Legalisierung der Prostitution führt nicht zu einer Zunahme von Menschenhandel – sie könne, so schreiben es selbst Axel Dreher und sein Kolleginnen, auch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen.
Working conditions could be substantially improved for prostitutes—at least those legally employed—if prostitution is legalised. (Quelle)
Das Problem der Mieten: dass Frauen horrende Mieten zahlen, hat weder etwas mit dem Prostitutionsgesetz zu tun, noch ist es eine kürzliche Entwicklung., Vielmehr ist es u.a. die Folge davon, dass es keine Gesetze gegen Wuchermieten gibt. Selbst wenn Prostitution wieder verboten würde, würden irgendwo geeignete Räume gesucht und gefunden werden. Zu glauben, dass diese dann billiger für die Sexarbeiter_innen wären, ist mehr als nur naiv.
Die 16-jährige Sina im Flatrate-Bordell
Dass die Qualität des Artikel zu wünschen übrig lässt, wird spätestens bei der Erzählung von Sinas Geschichte klar Es ist laut § 180a verboten “einer Person unter achtzehn Jahren zur Ausübung der Prostitution Wohnung, gewerbsmäßig Unterkunft oder gewerbsmäßig Aufenthalt” zu gewähren. Eine 16-jährige in einem Bordell arbeiten zu lassen ist verboten und ihre “Arbeit” zu schützen, war nicht Ziel des Gesetzes – es ist ja verboten. Das hält die die Autor_innen nicht davon ab, die folgende Suggestivfrage zu stellen.
“Hat das deutsche Prostitutionsgesetz die Lage von Frauen wie Sina verbessert?”
Die Situation, in der Sina sich befindet, ist rechtlich verboten. Daher müsste die ehrliche Frage lauten: hat dieses Verbot etwas gebracht, und falls nicht, was sind die Gründe hierfür?
Implizites “victim blaming”: Letztendlich sind doch die Opfer selbst schuld…
…. wenn sie nicht aussagen. Oder eben das Prostitutionsgesetz. Beides ist falsch. Dass Verfahren gegen Menschenhändler nur aufgrund der Aussagen der Opfer geführt werden können, hat nichts mit dem Prostitutionsgesetz oder mit dem Paragraphen zur Zuhälterei zu tun, sondern mit den Bestimmungen darüber, welche Beweismittel zugelassen sind. Die Wiedereinführung alter, untauglicher Gesetze oder eine Kriminalisierung der Kunden würde daran auch nichts ändern, denn die schwierige Beweisführung bei Fällen von Zuhälterei oder Menschenhandel hat mit den Arbeitsrechten von Prostituierten nichts zu tun.
Darüber hinaus würde eine Gesetzesänderung im Bereich Prostitution die Aussagebereitschaft der Opfer auch nicht erhöhen. Hierzu sind Änderungen an anderen Gesetzen nötig, , z.B. beim Aufenthaltsrecht oder dem Opferentschädigungsrecht. Beide lassen die Autor_innen gänzlich unerwähnt. Wenn Opfer nicht aussagen, haben sie im Allgemeinen gute Gründe dafür – oft bestehen Zusammenhänge mit der rechtlichen Lage des betreffenden Landes – und gute Journalist_innen sollten versuchen, diesen Gründen nachzuspüren. Stattdessen erinnert die Argumentation der Autor_innen an den Spruch: „Eine Lösung hatte ich, aber sie passte nicht zum Problem.“
Die Klagen der Polizeibeamten, die glauben, zu wenig Eingriffs- und Abhörrechte zu haben, sind wenig überzeugend. Wie im eingangs empfohlenen Beitrag von Dona Carmen nachzulesen ist,ist die „Razzien- und Kontrolldichte im bundesdeutschen Prostitutionsgewerbe so hoch wie in keinem anderen Wirtschaftszweig.“ Razzien in Bordellen finden ständig statt. Wer möchte, dass die Polizei überwachen kann, wen und wann sie will, und ohne richterlichen Beschluss, der oder dem sei ein Umzug in einen Polizeistaat empfohlen. Ganz gleich auf welcher Seite der oft hitzigen Prostitutionsdebatte man steht, Übereinstimmung sollte bei einem Punkt herrschen: ein moralischer Dissens in der Gesellschaft über das Für und Wider von Prostitution darf nicht zur Aushebelung von Bürgerrechten und der Unschuldsvermutung führen.
Lästige Interessenvertretungen und das demokratische Ideal
Prostitutiertenorganisationen, im Englischen „sex workers’ rights groups“ genannt, wie z.B. das International Committee on the Rights of Sex Workers in Europe und zahlreiche andere Organisationen, werden von den Autor_innen als „lautstark[e] Minderheit“ bezeichnet. Sie vermitteln dabei den Eindruck, als hätten diese Organisationen mehr Macht als mancher Konzern. Kein Gesetz, das die Wirtschaft betrifft, wird ohne vorheriges (und teures) Lobbying der Wirtschaftsunternehmen verabschiedet. Sexarbeiter_innen, jedoch, die sich am politischen Prozess beteiligen wollen, werden von den Autor_innen als Anomalie abqualifiziert.
Spätestens an dieser Stelle entsteht beim Lesen des Artikels der Eindruck, als hätte Alice Schwarzer den Beitrag redigiert, sodass selbstbestimmte Sexarbeit wieder einmal nur als Zerrbild dargestellt wird; Fakten stören da nur. Selbstbestimmte Sexarbeiter_innen werden als Gegner_innen stilisiert, obwohl sie als direkte Betroffene von Prostitutionsgesetzen die Ersten sein sollten, die in den demokratischen Prozess miteinbezogen werden. Aber offensichtlich hat Der Spiegel noch immer ein Problem damit, dass Prostituierte in einer Demokratie mitwirken wollen, und dass ihre politische Partizipation die Erfüllung des demokratischen Ideals darstellt. Das wöchentliche Nachrichtenmagazin mit der bundesweit höchsten Auflage setzt somit einen repressiven Diskurs fort, in dem Prostituierte ausgeschlossen, stigmatisiert, kontrolliert und degradiert werden – so wie es auch nach wie vor der LGBT-Community widerfährt.
Als Historikerin kann ich sagen: das ist nichts Neues. Was wirklich neu und berichtenswert ist, ist, dass sich Sexarbeiter_innen immer erfolgreicher organisieren, um für Ihre Rechte einzutreten. Dafür verdienen sie positive Anerkennung – nicht paternalistische Ablehnung. Dass Organisationen, die sich für die Rechte von Sexarbeiter_innen einsetzen, nicht nur wichtig sondern dringend notwendig sind, zeigen doch die immer zahlreicheren Berichte, z.B. von der WHO, über Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung von Sexarbeiter_innen (oft durch die Polizei) – in den USA, in China, Südafrika, Uganda, Kenia, Ghana, Großbritannien, Kanada, in Zentral- und Osteuropa, sowie in Zentralasien und Südkorea.
In den meisten Ländern müssen Prostituierte gar durch die Polizei Gewalt und sexuelle Übergriffe in Kauf nehmen, weil Prostitution verboten ist und Prostituierte teilweise als Menschen zweiter Klasse, und somit als Freiwildangesehen werden. Die Spiegel-Autor_innen verschließen vor diesen Tatsachen die Augen und erwähnen die Diskriminierung, der sich Sexarbeiter_innen meist ausgesetzt sehen, mit keiner Silbe.
Völlig vergessen haben die Autorinnen des Spiegel auch die wichtige Arbeit der Beratungsstellen gegen Menschen- und Frauenhandel – zumindest jene in Deutschland, wie z.B. den bundesweiten Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess (KOK e.V.). Doch das hätte vermutlich den reißerischen Erzählstil durcheinandergebracht, in den auch nicht die schon seit einer Ewigkeit gestellte Forderung passt nach einer unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung für Menschenhandelsopfer, die nicht an eine Kooperation mit den Behörden bei der Strafverfolgung gekoppelt ist. In Italien ist diese Regelung bereits Wirklichkeit geworden, wie ich auch im Rahmen eines Podcast des Europarats argumentiert habe. Nicht ohne Grund hat Italien die europaweit höchste Rate an identifizierten Opfern von Menschenhandel.
Stattdessen wird der Ausdruck „migrantische Sexarbeiterinnen“ in Anführungszeichen gesetzt und als Trugbild einiger Politker_innen und Sozialwissenschaftler_innen abgetan.
Feminismus und Sexarbeit
Es gibt kaum eine kontroversere und polarisiertere Debatte als die um Prostitution und Sexarbeit und um das Verhältnis mit dem Menschenhandel. Wichtig ist, dass es einen breiten Konsens darüber gibt, dass Prostitution nicht mit Menschenhandel gleichzusetzen ist, und dass die Vermischung dieser Begriffe einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen darstellt, dem endgültig Einhalt zu gebieten ist. Auch die EU-Kommissarin Cecilia Malmström bestätigt, dass Menschenhandel und Prostitution keine Synonyme sind – erst recht nicht, wenn es um Statistiken geht.
Der KOK e.V. weist darauf wie folgt hin:
„Häufig wird Prostitution mit Frauenhandel und Zwangsverhältnissen gleichgesetzt. Beide Begrifflichkeiten werden vermischt und führen dadurch zu falschen Darstellungen und zu pauschalen Stigmatisierungen von Prostituierten. Prostitution ist jedoch nicht gleichzusetzen mit Menschenhandel – nicht jede Prostituierte ist von Frauenhandel betroffen.“ (KOK e.V.)
Im Spiegel-Artikel wird jedoch vorgetäuscht, dass es keine feministische Stimmen von Nicht-Sexarbeiter_innen gibt, die sich für eine Stärkung der Rechte von Prostituierten einsetzen. Diese Darstellung ist eine glatte Lüge. Feministische Argumente für Sexarbeit und Rechte in der Sexarbeit sind zahlreich und die Debatte ist wesentlich komplexer und differenzierter, als es die deutsche Presse hier wieder einmal glauben lässt. Wer die Aussagen von Alice Schwarzer als feministische Leitkultur betrachtet, wird andere Strömungen und Feminismen, der Plural ist hier angebracht, nicht bemerken.
Auch die Beratungsstellen gegen Frauenhandel setzen sich für eine Stärkung der Rechte von Sexarbeiter_innen ein, wie z.B. Ban Ying e.V. in Berlin, Lefö in Österreich, oder die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) in der Schweiz. Letztere hat erst kürzlich einen Gasteitrag auf diesem Blog zum Thema „Sexarbeit im Kontext der Geschlechtsverhältnisse” veröffentlicht.
In Kanada setzt sich die Feminist Alliance in Solidarity for Sex Workers’ Rights (FAS) für die Rechte von Sexarbeiter_innen ein, während die Journalistin Julia Seeliger auf Twitter einen #Aufschrei für Sexarbeiter_innen forderte – ein Aufruf, der längst überfällig war und nur zu unterstützen ist. Wir brauchen endlich auch in Deutschland selbstbewusste Feministinnen, die Sexarbeiter_innen zuhören und sie unterstützen, wie es die Jura-Professorin Chi Mgbako in den USA bereits tut.
Bilder
Was haben die im Artikel verwendeten Bilder von leeren Zimmern mit Sexarbeit oder Frauenhandel zu tun? Was sollen sie aussagen?
Vor einiger Zeit wurde eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um Bilder, die im Kontext von Berichten über Prostitution verwendet werden, zu analysieren. Fazit: Es werden immer die gleichen Bilder gezeigt, ganz gleich ob es Berichte über Sexarbeit oder Menschenhandel sind. Zitat:
“Der reduzierte und voyeuristische Blick dieser Symbolbilder, so Aeby, gebe die Vorurteile mancher Leser und wohl auch mancher Redaktoren wieder – und zementiere sie.”
Menschenhandel ist vielmehr als nur Frauenhandel – Ohne Scheuklappen durch die Welt
Menschenhandel ist per definitionem ein transnationales Problem. Um so mehr sollte man sich damit befassen, wie das Problem woanders aussieht – und wie es woanders diskutiert wird. Während die deutsche Presse das Problem weiterhin im Sumpf der Prostitutionsdebatte belässt, sind in der internationalen Presse immer häufiger besonders gute und differenzierte Analysen über Menschenhandel zu finden sind. (Dazu empfehlen wir unseren englischsprachigen Twitter-Auftritt.)
So gibt es sowohl kritische Beiträge zu statistischen Berichten (und nicht nur die Reproduktion von „Fakten“, die längst widerlegt sind), als auch menschenrechtsbasierte Forschungsprojekte wie rightswork.org, The Trafficking Research Project (UK und Singapur), ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit Beteiligung der Harvard University, das Projekt Focus on Labour Exploitation, und die Anti-Trafficking Review.
Auch wir haben inzwischen ein neues Blog erstellt, um wissenschaftliche Forschung einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Um der Vermischung der Bereiche entgegenzuwirken, haben wir für Sie separate Blogs zum Thema Menschenhandel und Sexarbeit erstellt.
Formen von Menschenhandel
Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung stellen genauso Formen von Menschenhandel dar, wie Fälle sexueller Ausbeutung es tun. Einen Info-Film zu diesem Thema hat das Deutsche Institut für Menschenrechte erstellt. Für eine Titel-Story im Spiegel fehlt diesem Thema jedoch das Tabu des Sexuellen, das die Prostitution verspricht, und mit dem Der Spiegel seine Verkaufszahlen kalkuliert in die Höhe treibt.
In Deutschland gibt es nahezu keine Verurteilungen wegen Menschenhandel zu Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit. Der Begriff Zwangsarbeit fällt tendenziell nur im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus. In den USA ist dies anders. Dort hat inzwischen die American Civil liberties Union (ACLU) einen Prozess gestartet hat, um gegen Menschenhandel und Arbeitsausbeutung von migrantischen Arbeitnehmer_innen zu kämpfen.
Das schwedische Modell – Freier kriminalisieren
Fälle von Menschenhandel und Zwangsarbeit gibt es auch in Schweden, wo versucht wurde, Menschenhandel durch eine Kriminalisierung der Freier zu bekämpfen. Dabei wurde übersehen, dass es nicht nur in der Sexindustrie Menschenhandel gibt. So waren dort z.B. migrantische Beerenpflücker und Holzfäller Opfer von Menschenhandel. Auch in Schweden kann man – mangels Beweisen - nicht rechtlich gegen die Täter vorgehen. Wird Schweden als nächstes den Konsum von Holz und Beeren verbieten, um die Nachfrage nach diesen Produkten einzuschränken? Oder wird vielleicht eine sachlichere Debatte über Menschenhandel (und nicht über Sexarbeit) angestoßen werden?
Doch auch abgesehen davon gibt es inzwischen zahlreiche Studien, die die Schwächen der schwedischen Prostitutionspolitik beleuchten und sie als gescheitert ansehen. Prostitution sei weniger sichtbar – doch was sagt das aus?
Das schwedische Modell wird gelobt, weil es mit Blick auf die „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ formuliert worden sei. Das ist schön – aber à propos Gleichberechtigung: in Schweden sind Prostituierte auch „weniger gleich“ als Nicht-Prostituierte. Wie sonst ist es begründbar, dass man Prostituierte aus jenem demokratischen Prozess ausschließt, der zu einem Gesezt führt, der sie direkt betrifft? Selbst in Schottland, wo ein ähnliches Gesetz eingeführt werden sollte, wurde eine Konsultation über das Gesetzesvorhaben ausgeschrieben – die zweite, übrigens, nachdem das Gesetzesvorhaben in erster Instanz abgeschmettert wurde. Sexarbeiter_innen konnten so Stellung beziehen. Diese Chance der politischen Partizipation, die zentral für jegliche politische Willensbildung in einer Demokratie ist, hatten Sexarbeiter_innen in Schweden nicht.
Frauenhandel mit Hausangestellten
Hausangestellte, die fast ausschließlich Migrantinnen sind, werden häufig Opfer von Menschenhandel – in Deutschland, in Europa, in den USA und vor allem in den reichen Golfstaaten. Untersuchungen haben gezeigt, dass Hausangestellte in den Golfstaaaten oft flüchten und lieber als Sexarbeiterinnen arbeiten, da sie als Hausangestellte wie Gefangene behandelt werden und meist den Hausherren auch jederzeit sexuell zur Verfügung stehen müssen. Das Rechtssystem sieht sogar vor, dass eine Frau, die aus einem Arbeitsverhältnis als Hausangestellte flüchtet, bestraft wird – der gewalttägige Arbeitgeber bleibt straffrei. Hausangestellte werden weltweit nicht behandelt wie andere Arbeitnehmer_innen und verfügen nicht über die gleichen Arbeitsrechte, die andere Arbeitsnehmer_innen innehaben.
Zwar wurde inzwischen ein neues Internationales Abkommen über die Rechte von Hausangestellten verabschiedet und Deutschland plant, das Abkommen zu ratifizieren. Doch viele Länder – auch Deutschland – weigern sich es auch konsequent durchzusetzen. Vor allem für Hausangelstellte ohne regulären Aufenthaltstitel wird sich wenig ändern.
So erfuhr ich auf einer Veranstaltung der Böckler-Stiftung, dass die Bundesregierung die Konvention für die sogenannten „live-in Hausangestellten“, also solche, die am gleichen Ort leben und arbeiten, nicht gelten soll. Über Gründe konnte nur spekuliert werden, aber angeblich sei die Freizeit von der Arbeitszeit bei diesen Arbeitnehmer_innen zu trennen problematisch. Diese schwierige rechtliche Regelung kann man von der Bundesregierung natürlich nicht erwarten zu meistern, geschweige denn die Arbeitnehmer_innen zu schützen.
Während also viele nach dem Verbot der Prostitution rufen, wenn Sexarbeiter_innen dort leben, wo sie auch arbeiten, interessiert es niemanden, dass das bei Hausangestellten sogar erwünscht ist.
Arbeitsrechte und Arbeitsbedingungen stärken
Ein Ergebnis eines Panels des Symposiums „Verletzte Leben – verwehrte Rechte. Menschenhandel im 21. Jahrhundert” an der Humboldt-Universität zu Berlin war, dass die begriffliche Trennung zwischen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung wenig sinnvoll ist, ja gar kontraproduktiv ist. Diese Trennung habe man ohnehin nur vorgenommen, um den Begriff „Arbeit“ zu verdrängen und somit eine Gleichstellung von Sexarbeit mit anderer Arbeit zu vermeiden.
Prostitution als Sex-arbeit anzuerkennen und die Menschen- und Arbeitsrechte von Sexarbeiter_innen und migrantischen Arbeitnehmer_innen zu stärken, gemeint sind hier alle Arbeitnehmer_innen, ist die einzig erfolgsversprechende Strategie gegen Menschenhandel.
Arbeitsrechte zu stärken bedeutet, dass ein Mindestlohn eingeführt werden muss – in allen Branchen. Arbeitsrechte zu stärken bedeutet auch, dass Arbeitskontrollen auch Arbeitsbedingungen kontrollieren, was aktuell nicht der Fall ist. Solange das nicht geschieht, wird die auch im Spiegel-Artikel erwähnte Forderung nach mehr Polizeibefugnissen mitnichten zu einer Stärkung von Arbeitsrechten führen – schließlich ist es ja auch nicht die Aufgabe der Polizei für die Einhaltung von Arbeitsrechten zu sorgen.
Menschenhandel, globale Konzerne und Zulieferketten
Das Problem von Arbeitsbedingungen in Zulieferketten globaler Konzerne verbindet man in Deutschland vor allem mit dem Apple-Zulieferer Foxconn und den Fabrikbränden und -unfällen in Bangladesh, oder aber mit von Kinderhand gepflückten Kakaobohnen. Dabei ist das Problem eines von weitaus größerem Ausmaß.
Seit 2012 müssen in Kalifornien Großkonzerne auf ihrer Webseite Informationen darüber veröffentlichen, ob es in ihren Zulieferketten Formen von Menschenhandel, Zwangsarbeit oder Kinderarbeit gibt – wissen sie es nicht oder können sie es nicht ausschließen, muss das ebenfalls angegeben werden. Das schreibt das Supply Chain Transparency Act vor. Beispiele für diese Methode können Sie auch den Webseiten von einigen Firmen nachlesen. Auch wenn den dort aufgeführten Informationen noch einige Substanz fehlt, müssen sich die Firmen nun aber zumindest mit dem Problem befassen.
Es ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit geworden, dass Formen der Zwangsarbeit und des Menschenhandels in Zulieferketten von Konzernen vorkommen können. Deshalb ist es unablässig, diese Konzerne dazu zu bringen, sich dafür einzusetzen, diesen Trend umzukehren. Die schier endlos scheinende Debatte über das Prostitutionsgesetz, gepaart mit der Vermischung der Prostitution mit Menschenhandel, wird einen ähnlichen Gesetzesentwurf in Deutschland vermutlich bis auf weiteres verhindern, denn am Ende einer Debatte, die nicht auf das richtige Problem abzielt, wird kaum ein sinnvolles Gesetz gegen den Menschenhandel auf den Weg gebracht werden können.
Das Pentagon, der Irak-Krieg und Menschenhandel
Während des Irak-Krieges kamen Fälle von Menschenhandel ans Licht, die von Sub-Unternehmen zu verantworten waren, die die US-Regierung beauftragt hatte. Sub-Unternehmen wurden beauftragt, billige Arbeitskräfte aus Drittstaaten einzustellen, um die für den Krieg notwendige Logistik aufzubauen. So wurden geschätzte 70.000 Köche, Reinungskräfte, Bauarbeiter und andere Arbeitskräfte rekrutiert. Diese wurden oft mit falschen Versprechungen in den Irak gelockt. Es war für sie unnmöglich, aus den einmal unterzeichneten Verträgen auszusteigen. Daher forderte US-Präsident Obama im September 2012 eine stärkere Kontrolle der durch die US-Regierung beauftragten Sub-Unternehmer.
Würde Der Spiegel Nachforschungen anstellen, ob ähnliche Verhältnisse auch in Afghanistan herrschen, wäre das ein wichtiger, investigativer Journalismus!
Die Armut ist an allem Schuld.
Ein Prostitutionsverbot wird die Wirtschaftskrise und das Problem der steigenden Armut in Deutschland nicht lösen. Anstatt für eine inklusive Sozialpolitik in den Herkunftsstaaten und eine Einbindung von Betroffenen von Menschenhandel in die politischen Prozesse in Deutschland zu plädieren, wird in den Medien und der Politik immer lauter und pauschal gegen die Prostitution gewettert. Nur: nach einem Verbot der Prostitution wird es die Armut, den Willen zur Migration, die Hoffnung auf ein besseres Leben in einem EU-Staat, Zuhälter und Menschenhändler immer noch geben.
Was es aber nach einem Verbot nicht mehr gäbe, sind arbeitsrechtliche Schutzmechanismen für Sexarbeiter_innen, was übrigens auch die Lage der Betroffenen von Menschenhandel verschlimmert, denn schließlich fürchten diese, als Kriminelle angesehen und abgeschoben zu werden. Die Stimmungsmacher_innen vom Spiegel gaukeln den Leser_innen jedoch vor, ein Prostitutionsverbot wäre die Wunderwaffe, die mit einem Schlag alle Probleme löse.
Menschenrechtsverletzungen im Namen des Kampfes gegen Menschenhandel
Die Überschrift mag Sie verwundern, aber im global geführten Kampf gegen Menschenhandel sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung – und geschehen ironischer Weise mit der Begründung Menschenrechte schützen zu wollen. Ein paar Beispiele.
In Nigeria werden Frauen, die so aussehen (sic!), als könnten sie Opfer von Menschenhandel werden, an der Grenze gestoppt und in Wahrsam genommen. Obwohl es ein Menschenrecht auf das Verlassen des eigenen Landes gibt, wird inzwischen in vielen Ländern die Migration von Frauen eingeschränkt, damit diese nicht Opfer von Menschenhandel werden. Nicht überall werden sie wie in Nigeria eingesperrt, um sie so vor der Gefangenschaft des Menschenhandels zu schützen.
Andere berichten über “shelters”, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, in denen ihre Bewegungsfreiheit “zu ihrem Schutz” ebenfalls eingeschränkt wird. In diesem Fall vergleicht die Autorin die Unterkünfte mit den irischen “Magdalenen Heimen”, in denen sogenannte “gefallene Mädchen”, gemeint sich sexuell freizügige Frauen, sowie Prostituierte unter der Vorgabe, ihre Moral zu verbessern, zur Arbeit gezwungen wurden. Die taz bezeichnete diese Heime als “moderne Sklaverei“.
An einer Stelle erwähnt der Spiegel-Artikel Kriminalhauptkommissar Paulus aus Ulm, der “in Bulgarien und Weißrussland Frauen davor warnt, sich nach Deutschland locken zu lassen”. Pauls hält damit die Mär aufrecht von Frauen, die sich „locken“ lassen, als hätten sie keinen eigenen Willen zur Migration, und wären schon von vornherein willenlose Marionetten potentieller Zuhälter, die nur auf den alten deutschen Mann warten, der sie vor dem Übel in der Welt warnt. Dass Autor_innen, denen offenbar das Wohl von Frauen am Herzen zu liegen scheint, dieses sexistische und frauenfeindliche Weltbild des Herrn Kommissars unkommentiert lässt, spricht Bände.
Es ist offensichtlich, dass Praktiken, die sich ausschließlich gegen Frauen richten, die zutiefst frauenverachtenden Elemente einer auf Sicherheitspolitik fixierten Anti-Menschenandelspolitik sind. Selbst der Einsatz von FRONTEX und Grenzkontrollen werden mit Verweis auf Menschenhandel begründet, obwohl Menschenhandel, der eine Form der Ausbeutung ist, an der Grenze per definitionem nicht erkannt werden kann. Wer dort aber erkannt wird, sind unerwünschte Migrant_innen, die man auf diese Weise rechtzeitig von der Einreise abhalten kann. Wie oben erwähnt, gehen manche Länder einen Schritt weiter, in dem sie die schon die Ausreise verhindern – eine Verletzung des Menschenrechts, das eigene Land verlassen zu dürfen. Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass:
1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
2. Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.
Nicht-intendierte Folgen von Anti-Menschenhandelspolitiken wurden bereits häufig untersucht. Frauen im Migrationsprozess spüren sie am stärksten – egal welcher Arbeit sie im Ausland nachgehen wollen.
Auch die Anthropologin Pardis Mahdavi weist auf negative Folgen von Anti-Menschenhandelspolitiken hin – vor allem jene, die nur “Sexarbeit” in den Blick nehmen. Ein verengter Blickwinkel, wie ihn auch der Spiegel-Artikel verbreitet, führe nämlich dazu, dass andere Opfer unerkannt bleiben – das sind oft Hausangestellte, aber auch männliche Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und zur Arbeitsausbeutung.
So ein reißerischer Artikel, wie der Spiegel Artikel, trägt also im Zweifelsfall dazu bei, dass sich die Öffentlichkeit, die Politik, die Polizei noch weniger für jene anderen Formen von Menschenhandel und Ausbeutung interessieren, die nicht ins Skandal-Raster der jungen, unschuldigen, vergewaltigten, zur Prostitution gezwungenen Frau passen.
Migration und Menschenhandel
Der Spiegel-Artikel erweckt den Eindruck, als ginge es beim Menschenhandel alleine um die Folgen von unglücklich gestalteten, liberalenProstitutionsgesetzen. Gleichzeitig wird das Prostitutionsgesetz wird auch für die Unzulänglichkeiten anderer Gesetze und Kontexte verantwortlich gemacht. Die existierenden Migrations- und Ausländer_innengesetze scheinen in der Frauenhandelswelt des Spiegels schlichtweg nicht zu existieren.
Increasingly stringent immigration and anti-trafficking laws have the opposite of their intended effect as some of the survivors of various sectors of illicit networks articulated. (Quelle)
Wie die amerikanische Soziologin Rhacel Salazar Parreñas feststellte, sind es jedoch nicht Prostitutionsgesetze, sondern Migrationsgesetze, die die Migration von jungen, alleinstehenden Frauen einschränken, und die Abhängigkeiten und Menschenhandel Vorschub leisten.
In Deutschland ist die Lage nicht anders. Opfer von Menschenhandel aus Nicht-EU-Drittstaaten oder aus Rumänien und Bulgarien werden abgeschoben, wenn sie nicht mi den Strafverfolgungsbehörden kooperieren. Selbst wenn sie jedoch aussagen, werden sie sofort nach dem Prozess abgeschoben, zurück dahin, wo sie von Menschenhändlern rekrutiert wurden. Für die Autor_innen des Spiegel-Artikels scheint es unerklärlich zu sein, dass unter diesen Umständen keine Zusammenarbeit mit Betroffenen von Menschenhandel zu erreichen ist, und ihr Staunen ist an Naivität, die sie allerdings bei anderen vermuten, wohl kaum zu übertreffen. Die Forderung des KOK e.V. und anderen Frauenorganisationen nach einer Aufenthaltserlaubnis für Opfer von Menschenhandel war im vergangenen Jahr kaum zu überhören: den Spiegel-Autor_innen ist es dennoch gelungen.
Epilog
Dieser Text ist sehr lang geworden, und an mancher Stelle mag sich der eine oder die andere Leserin gedacht haben, ich schweifte ab. Der Text spiegelt jedoch nur das wider, was ich im Titel angekündigt hatte: die allzu breiten Lücken in einem reißerisch und sachlich uninformierten Artikel über “Frauenhandel”, der sowohl die wirklichen Probleme und ihre Ursachen, als auch die wachsende Bewegung für die Rechte von Sexarbeiter_innen unerwähnt lässt.
—
Danksagung:
Ich möchte mich herzlich bei Matthias Lehmann bedanken, der für diesen Text als sehr engagierter Lektor verantwortlich zeichnete. Meine Entrüstung über die eklatanten Schwächen der journalistischen Arbeit der Spiegel-Autor_innen, die im ursprünglichen Entwurf dieses Textes noch deutlicher zu spüren war, lenkte er geschickt in, wie er es nannte, „Wendy Lyonsche“ Bahnen. Matthias Lehmann ist ein unabhängiger Forscher, der sich insbesondere für die Rechte von Sexarbeiterinnen in Südkorea engagiert. Den Blog über sein Forschungsprojekt finden Sie hier.
http://menschenhandelheute.net/2013/05/ ... auf-lucke/
von Sonia Dolinsek .
Wie lückenhafter Journalismus dazu beiträgt, dass in Deutschland eine sachlich fundierte Auseindersatzung zum Thema „Menschenhandel“ ausbleibt.
Diese Woche erschien die Ausgabe DER SPIEGEL 22/2013 ("Bordell Deutschland"). Obwohl der deutsche Verteidigungsminister De Mazière gerade um seinen Job bangt, ob des Eurohawk- Skandals , wartet der Spiegel mit einem Titelblatt auf, das man eher von der BILD erwarten würde, nebst einer sachlich mehr als fragwürdigen Überschrift, die den Staat der Förderung des Menschenhandels bezichtigt.. Die Kritik am Staat wäre angesichts der über 600 Millionen Euro an verschwendeten Steuergeldern an anderer Stelle weitaus passender gewesen.
Vorab möchte ich Ihnen einen Kommentar der im Spiegel interviewten Berliner Sexarbeiterin Carmen, sowie die Stellungnahme der Prostituiertenorganisation Dona Carmen e.V (Frankfurt) empfehlen.
Das angeblich gescheiterte Prostitutionsgesetz (ProstG) und der Menschenhandel
Seit 1927 ist Prostitution in Deutschland legal. (Die NS-Zeit bedarf hierbei einer gesonderten Untersuchung). Bordelle gab es auch schon vor 2000 zu Genüge, was historische Strichführer belegen. Daher stellt die Legalität der Prostitution keine Besonderheit der Ära nach 2002 dar. Auch Steuern müssen Prostituierten in Deutschland schon seit 1964 zahlen, und so ist es nur gerecht, dass sie sich nun seit 2002 auch kranken-, sozial- und rentenversichern dürfen.
Der Staat, schreiben die Autor_innen, gerate in eine “merkwürdige Lage”, weil z.B. in Bonn Sexarbeiter_innen am Straßenstrich Steuern zahlen müssten, noch bevor sie etwas einnähmen. Merkwürdig sei dies, weil damit die Prostitution gefördert würde. Weniger merkwürdig scheinen die Autor_innen es finden, Prostituierte zu besteuern, wie es über 30 jahre lang getan wurde, ohne im Gegenzug sozialstaatliche Gegenleistungen zu erbringen, oder jemanden überhaupt zu besteuern, bevor Einkünfte erziehlt wurden. Wie wohl Investmentbanker auf so einen Vorschlag reagieren würden – Besteuerung vor Gewinn? Die Autor_innen moralisieren, kommen aber zu keinem richtigen Schluss, denn sie fordern z.B. nicht einmal die Abschaffung der Besteuerung der Prostituierten. Wollen sie das vielleicht gar nicht? Die Tatsache, dass nicht viele Prostituierte die Möglichkeiten des ProstG in Anspruch nehmen, bedeutet mitnichten, so wie an vielen Stellen behauptet wird, dass das Gesetz schlecht ist. Die Professorin Rebeacca Pates der Universität Leipzig schrieb kürzlich im Artikel “Liberal Laws juxtaposed with rigid control: an analysis of the logics of governing sex work in Germany” (2012), dass viele der Bundesländer, darunter insbesondere Bayern und Sachsen, alles getan hätten, um die Umsetzung des Prostitutionsgesetzes zu vermeiden bzw. unmöglich zu machen. Auf die gleichen Ergebnisse kam der erste Bericht der Bundesregierung über das ProstG aus dem Jahre 2007, ein Fazit, das die Autor_innen, die den Bericht erwähnen, „übersehen“ haben müssen.
Anstatt das Prostitutionsgesetz zu kritisieren, wäre es hilfreicher, es – auf Länderebene – genau zu untersuchen und sich zu fragen, warum die Umsetzung des Prostitutionsgesetzes in bestimmten Ländern besonders schlecht funktioniert. Pates vermutet, dass es z.B. aus moralischen Gründen unterbunden werden soll. .
“The ProstG might in fact have the distinction of being the only federal law intentionally not implemented by Germany’s public administration (von Galen, personal communication).” (S. 214)
„Das ProstG mag die Besonderheit haben, dass es das einzige bundesstaatliche Gesetz ist, das absichtlich nicht von der Verwaltung umgesetzt wird. (van Galen, persönliches Gespräch)“ (S.214)
Zuhälter
Wo der Artikel das Thema Zuhälter behandelt, drängt sich die Frage auf, ob die Autor_innen mit Beate Merk von der CSU telefoniert haben oder ihre Pressemitteilung schlicht abgeschrieben haben, und, falls dem so sei, warum sie dann die Quelle nicht nennen. Andererseits hat dieses Prinzip der Forschung ja ein bekannter CSU-Politiker vorgemacht… nicht mal sagen). Die Ähnlichkeit ist frappierend: die Abschaffung des Tatbestandes der “Förderung der Prostitution” sei daran schuld, dass man jetzt nichts mehr gegen Menschenhandel und Zuhälterei tun könne. Dass es jedoch weiterhin ein Gesetz gegen Zuhälterei und eines gegen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung gibt, halten die Autor_innen offenbar nicht für erwähnenswert. Schließlich klingt es so, als wollten sie das alte Gesetz wieder einführen – jenes nämlich, für das Beate Merk sich auch einsetzt.
Die Autor_innen biegen die rechtliche Definition von Zuhälterei zurecht, um für alte, verstaubte Gesetze plädieren zu können. Das Gesetz aber definiert ganz eindeutig, dass ein Zuhälter ist, wer:
“seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben” (§181a StGB)
Ein bisschen Geschichtsunterricht (und Rechercheunterricht)
Die Autor_innen schreiben kritisieren die Abschaffung der “Förderung der Prostitution” als Tatbestand. Im Jahr 2000 seien noch 151 Zuhälter verurteilt worden, 2011 waren es nur noch 32. Aus unerfindlichen Gründen scheint es sich für die Autor_innen dabei um keinen Trend zu handeln.
Die Antworten einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung aus dem Jahre 1997 zeigt zweierlei: erstens war die Zahl der Opfer von Menschenhandel damals dreimal so hoch wie heute, und zweitens war die Zahl der verurteilten Zuhälter genauso hoch.
“Nach der vom Bundeskriminalamt erstellten Polizeilichen Kriminalstatistik sind 1995 919 und 1996 1.094 Fälle des Menschenhandels (Verstöße gegen § 180 b Abs. 1, § 190 b Abs. 2 Nr. 1, § 181 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Strafgesetzbuch) bekannt geworden. Die Zahl der Opfer hat sich von 1.196 im Jahr 1995 (davon 1 158 weiblich) auf 1.473 im Jahr 1996 (davon 1.445 weiblich) erhöht.
Nach den Angaben in der Strafverfolgungsstatistik wurden im Jahre 1995 12 Personen wegen § 180 b Abs. 1 Strafgesetzbuch (Menschenhandel, Einwirken zwecks Prostitutionsausübung oder zwecks Vornahme sexueller Handlungen), 27 Personen wegen § 180 b Abs. 2 Strafgesetzbuch (Menschenhandel, Einwirken zwecks Prostitutionsausübung in Kenntnis auslandsspezifischer Hilflosigkeit oder auf eine Person unter 21 Jahren) und 81 Personen wegen § 181 Strafgesetzbuch (schwerer Menschenhandel) verurteilt.” (Antwort auf eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, 1997)
Dass der Menschenhandel in Deutschland nicht zunimmt sondern abnimmt, bestätigt auch die Auskunft der Bundesregierung vom März 2013: 2011 waren in Deutschland 640 Personen Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Selbst wenn man mit den potentiell höheren Dunkelziffern argumentiert, würden man für damals eine höhere Anzahl annehmen müssen als für heute.
Somit ist auch die These von Axel Dreher et al., die im Artikel erwähnt wird und die auf diesem Blog und andernorts schon vor einiger Zeit widerlegt wurde, hinfällig. Die Legalisierung der Prostitution führt nicht zu einer Zunahme von Menschenhandel – sie könne, so schreiben es selbst Axel Dreher und sein Kolleginnen, auch zu einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen führen.
Working conditions could be substantially improved for prostitutes—at least those legally employed—if prostitution is legalised. (Quelle)
Das Problem der Mieten: dass Frauen horrende Mieten zahlen, hat weder etwas mit dem Prostitutionsgesetz zu tun, noch ist es eine kürzliche Entwicklung., Vielmehr ist es u.a. die Folge davon, dass es keine Gesetze gegen Wuchermieten gibt. Selbst wenn Prostitution wieder verboten würde, würden irgendwo geeignete Räume gesucht und gefunden werden. Zu glauben, dass diese dann billiger für die Sexarbeiter_innen wären, ist mehr als nur naiv.
Die 16-jährige Sina im Flatrate-Bordell
Dass die Qualität des Artikel zu wünschen übrig lässt, wird spätestens bei der Erzählung von Sinas Geschichte klar Es ist laut § 180a verboten “einer Person unter achtzehn Jahren zur Ausübung der Prostitution Wohnung, gewerbsmäßig Unterkunft oder gewerbsmäßig Aufenthalt” zu gewähren. Eine 16-jährige in einem Bordell arbeiten zu lassen ist verboten und ihre “Arbeit” zu schützen, war nicht Ziel des Gesetzes – es ist ja verboten. Das hält die die Autor_innen nicht davon ab, die folgende Suggestivfrage zu stellen.
“Hat das deutsche Prostitutionsgesetz die Lage von Frauen wie Sina verbessert?”
Die Situation, in der Sina sich befindet, ist rechtlich verboten. Daher müsste die ehrliche Frage lauten: hat dieses Verbot etwas gebracht, und falls nicht, was sind die Gründe hierfür?
Implizites “victim blaming”: Letztendlich sind doch die Opfer selbst schuld…
…. wenn sie nicht aussagen. Oder eben das Prostitutionsgesetz. Beides ist falsch. Dass Verfahren gegen Menschenhändler nur aufgrund der Aussagen der Opfer geführt werden können, hat nichts mit dem Prostitutionsgesetz oder mit dem Paragraphen zur Zuhälterei zu tun, sondern mit den Bestimmungen darüber, welche Beweismittel zugelassen sind. Die Wiedereinführung alter, untauglicher Gesetze oder eine Kriminalisierung der Kunden würde daran auch nichts ändern, denn die schwierige Beweisführung bei Fällen von Zuhälterei oder Menschenhandel hat mit den Arbeitsrechten von Prostituierten nichts zu tun.
Darüber hinaus würde eine Gesetzesänderung im Bereich Prostitution die Aussagebereitschaft der Opfer auch nicht erhöhen. Hierzu sind Änderungen an anderen Gesetzen nötig, , z.B. beim Aufenthaltsrecht oder dem Opferentschädigungsrecht. Beide lassen die Autor_innen gänzlich unerwähnt. Wenn Opfer nicht aussagen, haben sie im Allgemeinen gute Gründe dafür – oft bestehen Zusammenhänge mit der rechtlichen Lage des betreffenden Landes – und gute Journalist_innen sollten versuchen, diesen Gründen nachzuspüren. Stattdessen erinnert die Argumentation der Autor_innen an den Spruch: „Eine Lösung hatte ich, aber sie passte nicht zum Problem.“
Die Klagen der Polizeibeamten, die glauben, zu wenig Eingriffs- und Abhörrechte zu haben, sind wenig überzeugend. Wie im eingangs empfohlenen Beitrag von Dona Carmen nachzulesen ist,ist die „Razzien- und Kontrolldichte im bundesdeutschen Prostitutionsgewerbe so hoch wie in keinem anderen Wirtschaftszweig.“ Razzien in Bordellen finden ständig statt. Wer möchte, dass die Polizei überwachen kann, wen und wann sie will, und ohne richterlichen Beschluss, der oder dem sei ein Umzug in einen Polizeistaat empfohlen. Ganz gleich auf welcher Seite der oft hitzigen Prostitutionsdebatte man steht, Übereinstimmung sollte bei einem Punkt herrschen: ein moralischer Dissens in der Gesellschaft über das Für und Wider von Prostitution darf nicht zur Aushebelung von Bürgerrechten und der Unschuldsvermutung führen.
Lästige Interessenvertretungen und das demokratische Ideal
Prostitutiertenorganisationen, im Englischen „sex workers’ rights groups“ genannt, wie z.B. das International Committee on the Rights of Sex Workers in Europe und zahlreiche andere Organisationen, werden von den Autor_innen als „lautstark[e] Minderheit“ bezeichnet. Sie vermitteln dabei den Eindruck, als hätten diese Organisationen mehr Macht als mancher Konzern. Kein Gesetz, das die Wirtschaft betrifft, wird ohne vorheriges (und teures) Lobbying der Wirtschaftsunternehmen verabschiedet. Sexarbeiter_innen, jedoch, die sich am politischen Prozess beteiligen wollen, werden von den Autor_innen als Anomalie abqualifiziert.
Spätestens an dieser Stelle entsteht beim Lesen des Artikels der Eindruck, als hätte Alice Schwarzer den Beitrag redigiert, sodass selbstbestimmte Sexarbeit wieder einmal nur als Zerrbild dargestellt wird; Fakten stören da nur. Selbstbestimmte Sexarbeiter_innen werden als Gegner_innen stilisiert, obwohl sie als direkte Betroffene von Prostitutionsgesetzen die Ersten sein sollten, die in den demokratischen Prozess miteinbezogen werden. Aber offensichtlich hat Der Spiegel noch immer ein Problem damit, dass Prostituierte in einer Demokratie mitwirken wollen, und dass ihre politische Partizipation die Erfüllung des demokratischen Ideals darstellt. Das wöchentliche Nachrichtenmagazin mit der bundesweit höchsten Auflage setzt somit einen repressiven Diskurs fort, in dem Prostituierte ausgeschlossen, stigmatisiert, kontrolliert und degradiert werden – so wie es auch nach wie vor der LGBT-Community widerfährt.
Als Historikerin kann ich sagen: das ist nichts Neues. Was wirklich neu und berichtenswert ist, ist, dass sich Sexarbeiter_innen immer erfolgreicher organisieren, um für Ihre Rechte einzutreten. Dafür verdienen sie positive Anerkennung – nicht paternalistische Ablehnung. Dass Organisationen, die sich für die Rechte von Sexarbeiter_innen einsetzen, nicht nur wichtig sondern dringend notwendig sind, zeigen doch die immer zahlreicheren Berichte, z.B. von der WHO, über Menschenrechtsverletzungen und Diskriminierung von Sexarbeiter_innen (oft durch die Polizei) – in den USA, in China, Südafrika, Uganda, Kenia, Ghana, Großbritannien, Kanada, in Zentral- und Osteuropa, sowie in Zentralasien und Südkorea.
In den meisten Ländern müssen Prostituierte gar durch die Polizei Gewalt und sexuelle Übergriffe in Kauf nehmen, weil Prostitution verboten ist und Prostituierte teilweise als Menschen zweiter Klasse, und somit als Freiwildangesehen werden. Die Spiegel-Autor_innen verschließen vor diesen Tatsachen die Augen und erwähnen die Diskriminierung, der sich Sexarbeiter_innen meist ausgesetzt sehen, mit keiner Silbe.
Völlig vergessen haben die Autorinnen des Spiegel auch die wichtige Arbeit der Beratungsstellen gegen Menschen- und Frauenhandel – zumindest jene in Deutschland, wie z.B. den bundesweiten Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess (KOK e.V.). Doch das hätte vermutlich den reißerischen Erzählstil durcheinandergebracht, in den auch nicht die schon seit einer Ewigkeit gestellte Forderung passt nach einer unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung für Menschenhandelsopfer, die nicht an eine Kooperation mit den Behörden bei der Strafverfolgung gekoppelt ist. In Italien ist diese Regelung bereits Wirklichkeit geworden, wie ich auch im Rahmen eines Podcast des Europarats argumentiert habe. Nicht ohne Grund hat Italien die europaweit höchste Rate an identifizierten Opfern von Menschenhandel.
Stattdessen wird der Ausdruck „migrantische Sexarbeiterinnen“ in Anführungszeichen gesetzt und als Trugbild einiger Politker_innen und Sozialwissenschaftler_innen abgetan.
Feminismus und Sexarbeit
Es gibt kaum eine kontroversere und polarisiertere Debatte als die um Prostitution und Sexarbeit und um das Verhältnis mit dem Menschenhandel. Wichtig ist, dass es einen breiten Konsens darüber gibt, dass Prostitution nicht mit Menschenhandel gleichzusetzen ist, und dass die Vermischung dieser Begriffe einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen darstellt, dem endgültig Einhalt zu gebieten ist. Auch die EU-Kommissarin Cecilia Malmström bestätigt, dass Menschenhandel und Prostitution keine Synonyme sind – erst recht nicht, wenn es um Statistiken geht.
Der KOK e.V. weist darauf wie folgt hin:
„Häufig wird Prostitution mit Frauenhandel und Zwangsverhältnissen gleichgesetzt. Beide Begrifflichkeiten werden vermischt und führen dadurch zu falschen Darstellungen und zu pauschalen Stigmatisierungen von Prostituierten. Prostitution ist jedoch nicht gleichzusetzen mit Menschenhandel – nicht jede Prostituierte ist von Frauenhandel betroffen.“ (KOK e.V.)
Im Spiegel-Artikel wird jedoch vorgetäuscht, dass es keine feministische Stimmen von Nicht-Sexarbeiter_innen gibt, die sich für eine Stärkung der Rechte von Prostituierten einsetzen. Diese Darstellung ist eine glatte Lüge. Feministische Argumente für Sexarbeit und Rechte in der Sexarbeit sind zahlreich und die Debatte ist wesentlich komplexer und differenzierter, als es die deutsche Presse hier wieder einmal glauben lässt. Wer die Aussagen von Alice Schwarzer als feministische Leitkultur betrachtet, wird andere Strömungen und Feminismen, der Plural ist hier angebracht, nicht bemerken.
Auch die Beratungsstellen gegen Frauenhandel setzen sich für eine Stärkung der Rechte von Sexarbeiter_innen ein, wie z.B. Ban Ying e.V. in Berlin, Lefö in Österreich, oder die Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) in der Schweiz. Letztere hat erst kürzlich einen Gasteitrag auf diesem Blog zum Thema „Sexarbeit im Kontext der Geschlechtsverhältnisse” veröffentlicht.
In Kanada setzt sich die Feminist Alliance in Solidarity for Sex Workers’ Rights (FAS) für die Rechte von Sexarbeiter_innen ein, während die Journalistin Julia Seeliger auf Twitter einen #Aufschrei für Sexarbeiter_innen forderte – ein Aufruf, der längst überfällig war und nur zu unterstützen ist. Wir brauchen endlich auch in Deutschland selbstbewusste Feministinnen, die Sexarbeiter_innen zuhören und sie unterstützen, wie es die Jura-Professorin Chi Mgbako in den USA bereits tut.
Bilder
Was haben die im Artikel verwendeten Bilder von leeren Zimmern mit Sexarbeit oder Frauenhandel zu tun? Was sollen sie aussagen?
Vor einiger Zeit wurde eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um Bilder, die im Kontext von Berichten über Prostitution verwendet werden, zu analysieren. Fazit: Es werden immer die gleichen Bilder gezeigt, ganz gleich ob es Berichte über Sexarbeit oder Menschenhandel sind. Zitat:
“Der reduzierte und voyeuristische Blick dieser Symbolbilder, so Aeby, gebe die Vorurteile mancher Leser und wohl auch mancher Redaktoren wieder – und zementiere sie.”
Menschenhandel ist vielmehr als nur Frauenhandel – Ohne Scheuklappen durch die Welt
Menschenhandel ist per definitionem ein transnationales Problem. Um so mehr sollte man sich damit befassen, wie das Problem woanders aussieht – und wie es woanders diskutiert wird. Während die deutsche Presse das Problem weiterhin im Sumpf der Prostitutionsdebatte belässt, sind in der internationalen Presse immer häufiger besonders gute und differenzierte Analysen über Menschenhandel zu finden sind. (Dazu empfehlen wir unseren englischsprachigen Twitter-Auftritt.)
So gibt es sowohl kritische Beiträge zu statistischen Berichten (und nicht nur die Reproduktion von „Fakten“, die längst widerlegt sind), als auch menschenrechtsbasierte Forschungsprojekte wie rightswork.org, The Trafficking Research Project (UK und Singapur), ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit Beteiligung der Harvard University, das Projekt Focus on Labour Exploitation, und die Anti-Trafficking Review.
Auch wir haben inzwischen ein neues Blog erstellt, um wissenschaftliche Forschung einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Um der Vermischung der Bereiche entgegenzuwirken, haben wir für Sie separate Blogs zum Thema Menschenhandel und Sexarbeit erstellt.
Formen von Menschenhandel
Zwangsarbeit und Arbeitsausbeutung stellen genauso Formen von Menschenhandel dar, wie Fälle sexueller Ausbeutung es tun. Einen Info-Film zu diesem Thema hat das Deutsche Institut für Menschenrechte erstellt. Für eine Titel-Story im Spiegel fehlt diesem Thema jedoch das Tabu des Sexuellen, das die Prostitution verspricht, und mit dem Der Spiegel seine Verkaufszahlen kalkuliert in die Höhe treibt.
In Deutschland gibt es nahezu keine Verurteilungen wegen Menschenhandel zu Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit. Der Begriff Zwangsarbeit fällt tendenziell nur im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus. In den USA ist dies anders. Dort hat inzwischen die American Civil liberties Union (ACLU) einen Prozess gestartet hat, um gegen Menschenhandel und Arbeitsausbeutung von migrantischen Arbeitnehmer_innen zu kämpfen.
Das schwedische Modell – Freier kriminalisieren
Fälle von Menschenhandel und Zwangsarbeit gibt es auch in Schweden, wo versucht wurde, Menschenhandel durch eine Kriminalisierung der Freier zu bekämpfen. Dabei wurde übersehen, dass es nicht nur in der Sexindustrie Menschenhandel gibt. So waren dort z.B. migrantische Beerenpflücker und Holzfäller Opfer von Menschenhandel. Auch in Schweden kann man – mangels Beweisen - nicht rechtlich gegen die Täter vorgehen. Wird Schweden als nächstes den Konsum von Holz und Beeren verbieten, um die Nachfrage nach diesen Produkten einzuschränken? Oder wird vielleicht eine sachlichere Debatte über Menschenhandel (und nicht über Sexarbeit) angestoßen werden?
Doch auch abgesehen davon gibt es inzwischen zahlreiche Studien, die die Schwächen der schwedischen Prostitutionspolitik beleuchten und sie als gescheitert ansehen. Prostitution sei weniger sichtbar – doch was sagt das aus?
Das schwedische Modell wird gelobt, weil es mit Blick auf die „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ formuliert worden sei. Das ist schön – aber à propos Gleichberechtigung: in Schweden sind Prostituierte auch „weniger gleich“ als Nicht-Prostituierte. Wie sonst ist es begründbar, dass man Prostituierte aus jenem demokratischen Prozess ausschließt, der zu einem Gesezt führt, der sie direkt betrifft? Selbst in Schottland, wo ein ähnliches Gesetz eingeführt werden sollte, wurde eine Konsultation über das Gesetzesvorhaben ausgeschrieben – die zweite, übrigens, nachdem das Gesetzesvorhaben in erster Instanz abgeschmettert wurde. Sexarbeiter_innen konnten so Stellung beziehen. Diese Chance der politischen Partizipation, die zentral für jegliche politische Willensbildung in einer Demokratie ist, hatten Sexarbeiter_innen in Schweden nicht.
Frauenhandel mit Hausangestellten
Hausangestellte, die fast ausschließlich Migrantinnen sind, werden häufig Opfer von Menschenhandel – in Deutschland, in Europa, in den USA und vor allem in den reichen Golfstaaten. Untersuchungen haben gezeigt, dass Hausangestellte in den Golfstaaaten oft flüchten und lieber als Sexarbeiterinnen arbeiten, da sie als Hausangestellte wie Gefangene behandelt werden und meist den Hausherren auch jederzeit sexuell zur Verfügung stehen müssen. Das Rechtssystem sieht sogar vor, dass eine Frau, die aus einem Arbeitsverhältnis als Hausangestellte flüchtet, bestraft wird – der gewalttägige Arbeitgeber bleibt straffrei. Hausangestellte werden weltweit nicht behandelt wie andere Arbeitnehmer_innen und verfügen nicht über die gleichen Arbeitsrechte, die andere Arbeitsnehmer_innen innehaben.
Zwar wurde inzwischen ein neues Internationales Abkommen über die Rechte von Hausangestellten verabschiedet und Deutschland plant, das Abkommen zu ratifizieren. Doch viele Länder – auch Deutschland – weigern sich es auch konsequent durchzusetzen. Vor allem für Hausangelstellte ohne regulären Aufenthaltstitel wird sich wenig ändern.
So erfuhr ich auf einer Veranstaltung der Böckler-Stiftung, dass die Bundesregierung die Konvention für die sogenannten „live-in Hausangestellten“, also solche, die am gleichen Ort leben und arbeiten, nicht gelten soll. Über Gründe konnte nur spekuliert werden, aber angeblich sei die Freizeit von der Arbeitszeit bei diesen Arbeitnehmer_innen zu trennen problematisch. Diese schwierige rechtliche Regelung kann man von der Bundesregierung natürlich nicht erwarten zu meistern, geschweige denn die Arbeitnehmer_innen zu schützen.
Während also viele nach dem Verbot der Prostitution rufen, wenn Sexarbeiter_innen dort leben, wo sie auch arbeiten, interessiert es niemanden, dass das bei Hausangestellten sogar erwünscht ist.
Arbeitsrechte und Arbeitsbedingungen stärken
Ein Ergebnis eines Panels des Symposiums „Verletzte Leben – verwehrte Rechte. Menschenhandel im 21. Jahrhundert” an der Humboldt-Universität zu Berlin war, dass die begriffliche Trennung zwischen Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung wenig sinnvoll ist, ja gar kontraproduktiv ist. Diese Trennung habe man ohnehin nur vorgenommen, um den Begriff „Arbeit“ zu verdrängen und somit eine Gleichstellung von Sexarbeit mit anderer Arbeit zu vermeiden.
Prostitution als Sex-arbeit anzuerkennen und die Menschen- und Arbeitsrechte von Sexarbeiter_innen und migrantischen Arbeitnehmer_innen zu stärken, gemeint sind hier alle Arbeitnehmer_innen, ist die einzig erfolgsversprechende Strategie gegen Menschenhandel.
Arbeitsrechte zu stärken bedeutet, dass ein Mindestlohn eingeführt werden muss – in allen Branchen. Arbeitsrechte zu stärken bedeutet auch, dass Arbeitskontrollen auch Arbeitsbedingungen kontrollieren, was aktuell nicht der Fall ist. Solange das nicht geschieht, wird die auch im Spiegel-Artikel erwähnte Forderung nach mehr Polizeibefugnissen mitnichten zu einer Stärkung von Arbeitsrechten führen – schließlich ist es ja auch nicht die Aufgabe der Polizei für die Einhaltung von Arbeitsrechten zu sorgen.
Menschenhandel, globale Konzerne und Zulieferketten
Das Problem von Arbeitsbedingungen in Zulieferketten globaler Konzerne verbindet man in Deutschland vor allem mit dem Apple-Zulieferer Foxconn und den Fabrikbränden und -unfällen in Bangladesh, oder aber mit von Kinderhand gepflückten Kakaobohnen. Dabei ist das Problem eines von weitaus größerem Ausmaß.
Seit 2012 müssen in Kalifornien Großkonzerne auf ihrer Webseite Informationen darüber veröffentlichen, ob es in ihren Zulieferketten Formen von Menschenhandel, Zwangsarbeit oder Kinderarbeit gibt – wissen sie es nicht oder können sie es nicht ausschließen, muss das ebenfalls angegeben werden. Das schreibt das Supply Chain Transparency Act vor. Beispiele für diese Methode können Sie auch den Webseiten von einigen Firmen nachlesen. Auch wenn den dort aufgeführten Informationen noch einige Substanz fehlt, müssen sich die Firmen nun aber zumindest mit dem Problem befassen.
Es ist inzwischen eine Selbstverständlichkeit geworden, dass Formen der Zwangsarbeit und des Menschenhandels in Zulieferketten von Konzernen vorkommen können. Deshalb ist es unablässig, diese Konzerne dazu zu bringen, sich dafür einzusetzen, diesen Trend umzukehren. Die schier endlos scheinende Debatte über das Prostitutionsgesetz, gepaart mit der Vermischung der Prostitution mit Menschenhandel, wird einen ähnlichen Gesetzesentwurf in Deutschland vermutlich bis auf weiteres verhindern, denn am Ende einer Debatte, die nicht auf das richtige Problem abzielt, wird kaum ein sinnvolles Gesetz gegen den Menschenhandel auf den Weg gebracht werden können.
Das Pentagon, der Irak-Krieg und Menschenhandel
Während des Irak-Krieges kamen Fälle von Menschenhandel ans Licht, die von Sub-Unternehmen zu verantworten waren, die die US-Regierung beauftragt hatte. Sub-Unternehmen wurden beauftragt, billige Arbeitskräfte aus Drittstaaten einzustellen, um die für den Krieg notwendige Logistik aufzubauen. So wurden geschätzte 70.000 Köche, Reinungskräfte, Bauarbeiter und andere Arbeitskräfte rekrutiert. Diese wurden oft mit falschen Versprechungen in den Irak gelockt. Es war für sie unnmöglich, aus den einmal unterzeichneten Verträgen auszusteigen. Daher forderte US-Präsident Obama im September 2012 eine stärkere Kontrolle der durch die US-Regierung beauftragten Sub-Unternehmer.
Würde Der Spiegel Nachforschungen anstellen, ob ähnliche Verhältnisse auch in Afghanistan herrschen, wäre das ein wichtiger, investigativer Journalismus!
Die Armut ist an allem Schuld.
Ein Prostitutionsverbot wird die Wirtschaftskrise und das Problem der steigenden Armut in Deutschland nicht lösen. Anstatt für eine inklusive Sozialpolitik in den Herkunftsstaaten und eine Einbindung von Betroffenen von Menschenhandel in die politischen Prozesse in Deutschland zu plädieren, wird in den Medien und der Politik immer lauter und pauschal gegen die Prostitution gewettert. Nur: nach einem Verbot der Prostitution wird es die Armut, den Willen zur Migration, die Hoffnung auf ein besseres Leben in einem EU-Staat, Zuhälter und Menschenhändler immer noch geben.
Was es aber nach einem Verbot nicht mehr gäbe, sind arbeitsrechtliche Schutzmechanismen für Sexarbeiter_innen, was übrigens auch die Lage der Betroffenen von Menschenhandel verschlimmert, denn schließlich fürchten diese, als Kriminelle angesehen und abgeschoben zu werden. Die Stimmungsmacher_innen vom Spiegel gaukeln den Leser_innen jedoch vor, ein Prostitutionsverbot wäre die Wunderwaffe, die mit einem Schlag alle Probleme löse.
Menschenrechtsverletzungen im Namen des Kampfes gegen Menschenhandel
Die Überschrift mag Sie verwundern, aber im global geführten Kampf gegen Menschenhandel sind Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung – und geschehen ironischer Weise mit der Begründung Menschenrechte schützen zu wollen. Ein paar Beispiele.
In Nigeria werden Frauen, die so aussehen (sic!), als könnten sie Opfer von Menschenhandel werden, an der Grenze gestoppt und in Wahrsam genommen. Obwohl es ein Menschenrecht auf das Verlassen des eigenen Landes gibt, wird inzwischen in vielen Ländern die Migration von Frauen eingeschränkt, damit diese nicht Opfer von Menschenhandel werden. Nicht überall werden sie wie in Nigeria eingesperrt, um sie so vor der Gefangenschaft des Menschenhandels zu schützen.
Andere berichten über “shelters”, Unterkünfte für Opfer von Menschenhandel, in denen ihre Bewegungsfreiheit “zu ihrem Schutz” ebenfalls eingeschränkt wird. In diesem Fall vergleicht die Autorin die Unterkünfte mit den irischen “Magdalenen Heimen”, in denen sogenannte “gefallene Mädchen”, gemeint sich sexuell freizügige Frauen, sowie Prostituierte unter der Vorgabe, ihre Moral zu verbessern, zur Arbeit gezwungen wurden. Die taz bezeichnete diese Heime als “moderne Sklaverei“.
An einer Stelle erwähnt der Spiegel-Artikel Kriminalhauptkommissar Paulus aus Ulm, der “in Bulgarien und Weißrussland Frauen davor warnt, sich nach Deutschland locken zu lassen”. Pauls hält damit die Mär aufrecht von Frauen, die sich „locken“ lassen, als hätten sie keinen eigenen Willen zur Migration, und wären schon von vornherein willenlose Marionetten potentieller Zuhälter, die nur auf den alten deutschen Mann warten, der sie vor dem Übel in der Welt warnt. Dass Autor_innen, denen offenbar das Wohl von Frauen am Herzen zu liegen scheint, dieses sexistische und frauenfeindliche Weltbild des Herrn Kommissars unkommentiert lässt, spricht Bände.
Es ist offensichtlich, dass Praktiken, die sich ausschließlich gegen Frauen richten, die zutiefst frauenverachtenden Elemente einer auf Sicherheitspolitik fixierten Anti-Menschenandelspolitik sind. Selbst der Einsatz von FRONTEX und Grenzkontrollen werden mit Verweis auf Menschenhandel begründet, obwohl Menschenhandel, der eine Form der Ausbeutung ist, an der Grenze per definitionem nicht erkannt werden kann. Wer dort aber erkannt wird, sind unerwünschte Migrant_innen, die man auf diese Weise rechtzeitig von der Einreise abhalten kann. Wie oben erwähnt, gehen manche Länder einen Schritt weiter, in dem sie die schon die Ausreise verhindern – eine Verletzung des Menschenrechts, das eigene Land verlassen zu dürfen. Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass:
1. Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
2. Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.
Nicht-intendierte Folgen von Anti-Menschenhandelspolitiken wurden bereits häufig untersucht. Frauen im Migrationsprozess spüren sie am stärksten – egal welcher Arbeit sie im Ausland nachgehen wollen.
Auch die Anthropologin Pardis Mahdavi weist auf negative Folgen von Anti-Menschenhandelspolitiken hin – vor allem jene, die nur “Sexarbeit” in den Blick nehmen. Ein verengter Blickwinkel, wie ihn auch der Spiegel-Artikel verbreitet, führe nämlich dazu, dass andere Opfer unerkannt bleiben – das sind oft Hausangestellte, aber auch männliche Opfer von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung und zur Arbeitsausbeutung.
So ein reißerischer Artikel, wie der Spiegel Artikel, trägt also im Zweifelsfall dazu bei, dass sich die Öffentlichkeit, die Politik, die Polizei noch weniger für jene anderen Formen von Menschenhandel und Ausbeutung interessieren, die nicht ins Skandal-Raster der jungen, unschuldigen, vergewaltigten, zur Prostitution gezwungenen Frau passen.
Migration und Menschenhandel
Der Spiegel-Artikel erweckt den Eindruck, als ginge es beim Menschenhandel alleine um die Folgen von unglücklich gestalteten, liberalenProstitutionsgesetzen. Gleichzeitig wird das Prostitutionsgesetz wird auch für die Unzulänglichkeiten anderer Gesetze und Kontexte verantwortlich gemacht. Die existierenden Migrations- und Ausländer_innengesetze scheinen in der Frauenhandelswelt des Spiegels schlichtweg nicht zu existieren.
Increasingly stringent immigration and anti-trafficking laws have the opposite of their intended effect as some of the survivors of various sectors of illicit networks articulated. (Quelle)
Wie die amerikanische Soziologin Rhacel Salazar Parreñas feststellte, sind es jedoch nicht Prostitutionsgesetze, sondern Migrationsgesetze, die die Migration von jungen, alleinstehenden Frauen einschränken, und die Abhängigkeiten und Menschenhandel Vorschub leisten.
In Deutschland ist die Lage nicht anders. Opfer von Menschenhandel aus Nicht-EU-Drittstaaten oder aus Rumänien und Bulgarien werden abgeschoben, wenn sie nicht mi den Strafverfolgungsbehörden kooperieren. Selbst wenn sie jedoch aussagen, werden sie sofort nach dem Prozess abgeschoben, zurück dahin, wo sie von Menschenhändlern rekrutiert wurden. Für die Autor_innen des Spiegel-Artikels scheint es unerklärlich zu sein, dass unter diesen Umständen keine Zusammenarbeit mit Betroffenen von Menschenhandel zu erreichen ist, und ihr Staunen ist an Naivität, die sie allerdings bei anderen vermuten, wohl kaum zu übertreffen. Die Forderung des KOK e.V. und anderen Frauenorganisationen nach einer Aufenthaltserlaubnis für Opfer von Menschenhandel war im vergangenen Jahr kaum zu überhören: den Spiegel-Autor_innen ist es dennoch gelungen.
Epilog
Dieser Text ist sehr lang geworden, und an mancher Stelle mag sich der eine oder die andere Leserin gedacht haben, ich schweifte ab. Der Text spiegelt jedoch nur das wider, was ich im Titel angekündigt hatte: die allzu breiten Lücken in einem reißerisch und sachlich uninformierten Artikel über “Frauenhandel”, der sowohl die wirklichen Probleme und ihre Ursachen, als auch die wachsende Bewegung für die Rechte von Sexarbeiter_innen unerwähnt lässt.
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Danksagung:
Ich möchte mich herzlich bei Matthias Lehmann bedanken, der für diesen Text als sehr engagierter Lektor verantwortlich zeichnete. Meine Entrüstung über die eklatanten Schwächen der journalistischen Arbeit der Spiegel-Autor_innen, die im ursprünglichen Entwurf dieses Textes noch deutlicher zu spüren war, lenkte er geschickt in, wie er es nannte, „Wendy Lyonsche“ Bahnen. Matthias Lehmann ist ein unabhängiger Forscher, der sich insbesondere für die Rechte von Sexarbeiterinnen in Südkorea engagiert. Den Blog über sein Forschungsprojekt finden Sie hier.
http://menschenhandelheute.net/2013/05/ ... auf-lucke/
Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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