Prostituierte kriminalisiert?
Friederike Strack über den internationalen Hurentag
Am Sonntag ist Internationaler Hurentag. Deutschland ist eines der wenigen Länder, in denen Prostitution seit 2002 umfassend legalisiert ist. Sie sagen, es gibt trotzdem keinen Grund zum Feiern. Warum?
Uns geht es darum zu zeigen, dass die Legalisierung nur halbherzig war und die Debatte weiterhin moralisierend geführt wird. Es gibt noch immer Gesetze, die Prostituierte diskriminieren.
Welche sind das?
Beispielsweise die Sperrgebietsverordnung, durch die Sexarbeit oft in weit abgelegene Industriegebiete verbannt wird. So hat die Stadt Dortmund 2012 das gesamte Stadtgebiet zur Verbotszone erklärt. Eine Sexarbeiterin hat aber erfolgreich dagegen geklagt und ihr Recht auf einen Arbeitsplatz durchgesetzt. Ein anderes Beispiel: Mit dem Gesetz von 2002 wurde das Werbeverbot nicht aufgehoben. Das ist absurd, weil Prostituierte nicht für »Safer Sex« werben dürfen, was sie schützen würde, denn dann würde in der Anzeige das Wort Sex auftauchen.
Sie kritisieren auch, dass es Tendenzen gibt, Prostitution wieder stärker zu kriminalisieren.
Ja, in der Bundesregierung gibt es eine Debatte, mehr zu kontrollieren. Wir befürchten dadurch Einschränkungen in der Arbeit statt bessere Arbeitsbedingungen. Diskutiert wird auch die Bestrafung von Freiern bei Zwangsprostitution. Ausbeutung und Vergewaltigung stehen jedoch schon jetzt unter Strafe, dafür brauchen wir keine Sondergesetze für Prostituierte. Das zeigt, dass Sexarbeit nicht als Beruf angesehen wird, sondern noch immer moralisierend bewertet wird.
Sie trennen Zwangsprostitution sehr klar von Sexarbeit.
Leider wird in der Diskussion sehr oft Menschenhandel mit Sexarbeit gleichgesetzt. Aber es gibt Menschen, die sich bewusst für Mi-gration und diesen Beruf entscheiden. Wir wollen das klar trennen: Sexarbeit ist Arbeit und Menschenhandel ist Ausbeutung.
Die Regierung führt den Rückgang von Zwangsprostitution auf das Prostitutionsgesetz zurück.
Unserer Meinung nach liegt der Rückgang an der grundsätzlichen Anerkennung als Beruf. Wenn ich legal ein Bordell betreiben kann, ist das mit Transparenz verbunden. Das führt zu besseren Arbeitsbedingungen und entzieht kriminellem Handeln den Boden.
Kriminalisierung trifft besonders migrantische Sexarbeiterinnen aus Nicht-EU-Ländern.
Diese leiden in starkem Maß unter Polizeirazzien, die dazu führen, dass sie nicht geschützt und in Ruhe arbeiten können, sondern eher auf der Flucht vor der Polizei sind. Deshalb fordern wir, ihnen eine Arbeitserlaubnis zu geben. Nur so können sie auch ihre Rechte wahrnehmen.
Am Sonntag wollen Sie auf die Straße gehen. Was ist geplant?
Der Internationale Hurentag findet seit 1975 statt. In dem Jahr besetzten Prostituierte am 2. Juni in Frankreich Kirchen, weil sie immer stärkeren Repressionen ausgesetzt waren. Der Tag wird als Beginn der Hurenbewegung gesehen. 2013 gibt es weltweit Aktionen. In Berlin werden wir in der Oranienburger Straße, die einen Straßenstrich hat, für Selbstbestimmung auf die Straße gehen und zeigen: Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter wollen für sich selbst sprechen. Fragen: Haidy Damm
www.neues-deutschland.de/artikel/823130 ... siert.html
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Wer glaubt ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich.Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht. (Albert Schweitzer)
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Fakten und Infos über Prostitution
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